Was zum Thema 'Ringen' [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Was zum Thema 'Ringen'



Jörg B.
04-03-2004, 16:05
Hallo zusammen!

Dankenswerterweise hat Bart von der ARMA Polen eine Webseite mit veschiendenen Transkriptionen ins Netz gestellt.

Mich interessiert, was Ihr von den Anleitungen zum Ringen haltet, schaut mal hier (http://arma.lh.pl/zrodla/zrodla.html) rein.

Taurus
09-03-2004, 18:41
hi,

ich würds gern lesen, gibts das auch in englisch oder deutsch?

grüße taurus

Sven K.
10-03-2004, 04:50
Moin Leude


@Taurus

Wenn Du z.B. auf "Kampffechten" klickst, dann ist das auf Deutsch, Ist leider nur
"Alt" - Deutsch. Geb Dir ein bisschen Mühe, dann kannst Du das auch lesen. :D ;)

Jörg B.
10-03-2004, 08:12
Hallo zusammen!

Danke Sven, ich dachte eigentlich, die Seite sei selbsterklärend. :rolleyes:

Mars
11-03-2004, 08:16
Was ist denn unter "knyepüg" im ersten Absatz bei Peter von Danzig zu verstehen?

Im Übrigen finde ich die Anleitung zum Ringen (Peter v. D.) recht gut aufgebaut und auch ganz gut verständlich.

Gruß

Jörg B.
11-03-2004, 08:29
Hallo Mars!


Was ist denn unter "knyepüg" im ersten Absatz bei Peter von Danzig zu verstehen?

Die Kniekehle. Manche Techniken greifen dorthin, bei anderen 'checkt' man beim Eingang in die Technik die Seite des Knie's oder die Kniekehle des Gegners mit dem eigenen Knie, einfach, aber effektiv, um zu de-stabilisieren.

Deswegen der Hinweis 'Achte bei allen Kontern auf die Kniekehlen'.

Jörg B.
11-03-2004, 09:07
Ich nochmal!

Hier (http://www.freifechter.org/cgi-bin/FFshwcls.pl/fechtbuecher/vondanzig/vondanzig)
findet Ihr übrigens die komplette Transkription von Peter v.Danzig's Fechtbuch.

Mars
11-03-2004, 09:23
@ Jörg
Habe es mir fast gedacht. Der Trick mit dem Knie klappt im "freien Spiel" immer wieder ganz gut. Nur mit dem Hochheben hat man bei schwereren Gegnern schon mal Problem. Dann muss der Stoß am Oberkörper bzw. der Zug dort entsprechend stärker sein (ein weiter Stand bzw. Ausfallschritt ist auch gut).

Gruß

Jörg B.
11-03-2004, 09:31
Exakt!

Druck auf den Oberkörper, Zug am Knie, weiter Schritt, tschüss ;)

Was ganz anderes:

Was mich schon lange wundert ist: die Ringsysteme des Mittelalters sind voll von Würfen, aber nirgendwo wird erklärt wie man richtig fällt.

Setzten die Meister dieses Wissen als bekannt voraus?

Hatten die Leute damals ein soviel besseres Körper- und Bewegungsgefühl, daß sie einfach fallen konnten, ohne sich gleich die Gräten zu brechen?

Hielten die Meister Fallschule für unnötig?

Fragen über Fragen...

Mich ärgert es jedenfalls maßlos, daß ich vor 25 Jahren nicht zum Judo-Training gegangen bin, als ich noch jung und beweglich war, ohne 'richtig' fallen zu können, mit ein paar zum verschieben neigenden Brustwirbeln und fast chronisch entzündeten/verkürzten Rückenstreckern sind viele dieser Techniken doch deutlich unangenehm. ;)

neutral
12-03-2004, 01:48
Im Übrigen finde ich die Anleitung zum Ringen (Peter v. D.) recht gut aufgebaut und auch ganz gut verständlich. :o also nee... wenn dies das verschollene Frühwerk von Wolfram v. Eschenbach, oder bisher unentdeckte Balladen des Walther von der Vogelweide sein sollen, dann super Sache, aber ich würde es doch lieber in einem Germanistenforum lesen :o . Also ich hab da nix verstanden, nicht mal "Bahnhof" :cool:
Was mich schon lange wundert ist: die Ringsysteme des Mittelalters sind voll von Würfen, aber nirgendwo wird erklärt wie man richtig fällt.wozu das denn, das hat mir beim Ringen auch keiner erklärt, wahrscheinlich kannte man damals schon Matten (oder ein Äquivalent) sowie das weltbeste System, fallen zu lernen : Fallen. :) Schließlich sind die meisten Würfe (jedenfalls am Anfang) Selbstfaller, also man lernt fallen und ringen gleichzeitig, weil man das eine vom anderen nicht wirklich trennen kann - so kenn ich das zumindest aus meinem derzeitigen (Anfänger-)Trainmng. :o Außerdem mussten die damals bestimmt alle schon in jungen Jahren reiten lernen - lernt man da nicht auch meistens automatisch (hin-)fallen ? ;) Autsch. ;)

Jörg B.
12-03-2004, 08:00
Hallo Neutral!

Du nix verstehe? Macht nix, ich könne helfe! ;)

Nehmen wir mal das vierte Ringen von Andres Liegnitzer. Hinweis: Dieses 'Stück' beginnt wie alle vorangehenden im 'Gleichfassen an den Armen', wie das geht, wird vorher erklärt.


Daß vierd ringen Var mit deine rechten arm aussen vber sein dencken / vnd greif mit deiner rechten hant für sein prust in sein rechte achsel / vnd spring mit deine rechten pain hinder sein denckß / vnd greif mit dein° deiner dencken hant Inwendig in sein dencke knyepüg / vnd wurf in auf dein rechte seitten ~

Das vierte Ringen: Fahre mit Deinen rechten Arm (von) aussen über seinen linken/und greife mit Deiner rechten Hand vor seiner Brust in seine rechte Achselhöhle/und spring mit Deinem rechten Bein hinter sein linkes/ und greife mit Deiner linken Hand von innen in seine linke Kniekehle/und wirf ihn auf Deine rechte Seite.

Ist doch nicht wirklich schwer zu verstehen, oder ? ;)

Was das Fallen angeht, so sind die wenigsten Würfe Selbstfaller, selbst zu Boden gehen wurde wann immer es geht vermieden.

Mars
12-03-2004, 08:16
Offenbar wollten die Herren gar nicht erst daran denken, auf dem Boden zu kommen. Schließlich war das in einem Kampf auf dem Schlachtfeld oder in einem Kampf, in dem schnell wieder eine Waffe ins Spiel kommen konnte, mit einer Niederlage gleichzusetzen. Und außerdem dürfte es damals vielleicht als "kämpferisch" gegolten haben, sich über ein paar schmerzhafte Stürze nicht zu beklagen ;) .

@ Jörg
Empfehlenswert ist die Fallschule aus dem Systema und Bujinkan Budo Taijutsu. Judo ist eher auf Matten ausgelegt.

@neutral
mit ein bisschen Mühe geht es. Aber wer will sich denn heute noch bemühen, wo doch das Informationszeitalter uns alles so schön in mundgerechten Stücken präsentiert ;)

Gruß

Jörg B.
12-03-2004, 09:02
Hallo Mars!

Die Notwendigkeit, in einer Schlacht den Boden wenn möglich zu vermeiden, ist absolut logisch und auch nicht in Frage zu stellen.

Die mittelalterlichen Ringer-Traditionen waren sowohl für den 'sportlichen' Einsatz, als auch für den Ernstkampf, sowohl in der Schlacht, als auch im gerichtlichen Zweikampf, gedacht, so daß zumindest für die erstgenannte Verwendung (Selbst)Fallen eine Option wäre.

Warum man dann im 'sportlichen' Ringen auf Selbstfaller verzichtet hat, ist Spekulation. Eine Erklärung wäre, daß man nicht zwei parallele Systeme haben wollte, da so unter Streß weniger Gefahr besteht, etwas falsches zu machen, bzw. zu zögern, weil man nicht sicher ist, wie es denn nun genau funktonieren muss. ;)

Und was das Wegstecken von Sturzschäden angeht, das subjektive Schmerzempfinden war vor 500 Jahren mit Sicherheit ein Anderes, die *objektiven* Verletzungsgefahren waren es aber nicht.

Was die Fallschule angeht, haben meine Kollegen bei Ochs diesbzüglich Erfahrungen im Judo, Ju-Jutsu, Aikido, mil. Nahkampf, Sambo, Dumog etc., da gibts genügend Leute mit Ahnung. Leider sitzen die 600 km von mir entfernt, da kommt man nicht so oft zum Training zusammen. :(

El Loco
12-03-2004, 18:57
Hi,

würde auf jeden Fall etwas Fallschule empfehlen, is auf jeden Fall gesünder ;)
Hab früher Judo betrieben, die Fallschule war nicht schlecht, aber wie oben schon genannt eher was für die Matte, bin mit meiner jetzigen Ninjutsu-Fallschule auf jeden Fall nicht schlecht beraten.

@Jörg: Ist in den Traktaten nie die Rede von Fallschule? Bin da leider noch nicht so belesen.

Die Ringtechniken weisen meiner Meinung nach Ähnlichkeiten zum jap. Ju Jitsu und Ninjutsu auf, vor allem in punkto Radikalität stehen sie meiner Meinung nach in keinster Weise nach. Unsere Vorfahren hatten also Gott sei Dank nicht nur blind in der Gegend rumgeprügelt (zumindest nicht nur)!

neutral
12-03-2004, 23:30
Das vierte Ringen: Fahre mit Deinen rechten Arm (von) aussen über seinen linken/und greife mit Deiner rechten Hand vor seiner Brust in seine rechte Achselhöhle/und spring mit Deinem rechten Bein hinter sein linkes/ und greife mit Deiner linken Hand von innen in seine linke Kniekehle/und wirf ihn auf Deine rechte Seite.

Ist doch nicht wirklich schwer zu verstehen, oder ? @ Jörg
doch. :o Ich verstehe das nämlich in der Übertragung immer noch nicht :) Da bin ich auch gewiss nicht der einzige, nur dass das natürlich kaum einer zugeben wird, das ist normal-menschliche Eitelkeit. :rolleyes: Fakt ist, das kein Mensch rein verbale Beschreibungen des Ringsports "versteht", egal aus welcher Zeit und in welcher Sprache. Es sei denn, er hat die betreffenden Übungen alle schon mal selber gemacht, aber selbst dann ist es nicht sicher ob er sie in der Beschreibung wiedererkennt. :p
@neutral
mit ein bisschen Mühe geht es. Aber wer will sich denn heute noch bemühen, wo doch das Informationszeitalter uns alles so schön in mundgerechten Stücken präsentiert @Mars
Harhar... :o Ich kann dir ja mal ne Liste der Bücher zuschicken, die ich zur Zeit lese...- und vor allem eine Liste der Sprachen, in denen ich sie lese, du Schlaumeier ;) Ich nehme an, du hast viel Muße, eine Flatrate, sowie einen 1-A-Bildschirm oder ´nen Laser-Bürodrucker, right ? :cool:
Warum man dann im 'sportlichen' Ringen auf Selbstfaller verzichtet hat, ist SpekulationAbgesehen von der reinen :D deutschen Ethymologie, finde ich es äußerst verwirrend das Ganze als "RINGEN" zu bezeichnen - da es das nicht ist. Man sollte einen eigenen historischen Begriff dafür verwenden. Mindestens "historisches Ringen", "ritterliches Standringen" oder dergleichen, aber nicht einfach "RINGEN" - man kann nicht ein und denselben Begriff fortschreiben, wenn die Bedeutung sich so komplett gewandelt hat.

Mr.Fister
13-03-2004, 01:31
Was die Fallschule angeht, haben meine Kollegen bei Ochs diesbzüglich Erfahrungen im Judo, Ju-Jutsu, Aikido, mil. Nahkampf, Sambo, Dumog etc., da gibts genügend Leute mit Ahnung. Leider sitzen die 600 km von mir entfernt, da kommt man nicht so oft zum Training zusammen. :(
... also sollte ich dich jetzt verwechseln sorry - aber kamst du nicht aus Bn bzw irgendwo aus der nähe ?
falls ja gibt es da sowohl systema als auch bbt trainingsmöglichkeiten, falls du mars ratschlag befolgen möchtest und dir ein wenig fallschule zeigen lassen möchtest ...

fister

El Loco
13-03-2004, 17:21
Hi Mr. Fister,

schön, dass du auch BBT nennst! :)

Mr.Fister
13-03-2004, 17:29
sehe keinen grund es nicht zu tun - es hat auch ne gute fallschule und wird in der gegend angeboten - warum also nicht, besser als gar nit fallen lernen is beides :)

fister

El Loco
14-03-2004, 10:46
Genau,

darum geht´s doch in erster Linie. ;)

Jörg B.
15-03-2004, 10:45
Hallo zusammen!

Erst mal Danke für die Tips zum Thema Fallschule. :halbyeaha

@neutral: Du sagst,
Fakt ist, das kein Mensch rein verbale Beschreibungen des Ringsports "versteht", egal aus welcher Zeit und in welcher Sprache.

Tja, genau so wird aber im Bereich der historischen KK gearbeitet, anhand der Beschreibungen die Technik ausprobieren/rekonstruieren.

Ist halt ein bißchen mühsamer, als sich etwas zeigen zu lassen, das man dann nachmacht, funktioniert aber auch.

Und was die Wandlung der Begrifflichkeiten angeht, man hat es damals 'Ringen' genannt, und solange man sich in dem Kontext bewegt,ist der Name auch absolut richtig, wenn man sich außerhalb des Kontextes der hist. KK bewegt, kann man natürlich noch was ergänzen.

neutral
17-03-2004, 02:55
Tja, genau so wird aber im Bereich der historischen KK gearbeitet, anhand der Beschreibungen die Technik ausprobieren/rekonstruieren.

Ist halt ein bißchen mühsamer, als sich etwas zeigen zu lassen, das man dann nachmacht, funktioniert aber auch.naja, ich bin ja nun, Gott sei´s gelobt und gepriesen, kein Hysteriker äh Historiker :D, aber vielleicht gibts außer Texten ja auch ein paar visuelle Artefakte zum Thema, zu welchem Thema gibts sowas nicht, wobei im christl. MA wahrscheinlich Alltags- und Sportdarstellungen keinen so hohen Stellenwert hatten, aber irgendwas gibts da doch sicher, oder garnichts :( ? Aus der Antike gibts da ja haufenweise, nich ? :cool: Ich stelle mir ehrlich gesagt die Rekonstruktion von sportlichen Techniken anhand rein verbaler Aufzeichnungen in etwa so Labyrinth-artig bis spekulativ vor, wie etwa die Rekonstruktion von Gesängen und Instrumentalmusik rein auf der Basis von unvollständigen Notationen wie Neumen etc, schließlich wurde in der Realität doch wohl beides von Menschen an Menschen (nicht-literal) tradiert, und die Aufzeichnungen dienten zunächst mal eher als persönliche bzw. interne Gedächtnisstütze denn als restloser Ersatz der personalen, oralen, transgenerationalen Vermittlung, sodass in den Aufzeichnungen ergo auch nur ein Teil der strukturell notwendigen Information enthalten war, oder sitzt neutral hier einem Irrtume auf ? :) :p

Und was die Wandlung der Begrifflichkeiten angeht, man hat es damals 'Ringen' genannt, und solange man sich in dem Kontext bewegt,ist der Name auch absolut richtig, wenn man sich außerhalb des Kontextes der hist. KK bewegt, kann man natürlich noch was ergänzen.
wenn man sich außerhalb des Kontextes der hist. KK bewegt, kann man natürlich noch was ergänzenach so... das liegt dann sicherlich an mir, ich pflege mich nämlich an sich nicht in derartigen Kiontexten zu bewegen :D ich las nur "Was zum Thema `Ringen`", von historischen KK als Kontext erfuhr ich dann erst nach und nach so nebenbei :D Wie unterscheidet man dann eigentlich eine Arbeit über mittelalterliches Ringen von einer Arbeit über die Historie des neuzeitlichen Ringens ? Ist doch beides im historischen Kontext ? :p
Jaja. is schon gut ;)

Jörg B.
17-03-2004, 08:24
neutral, wenn man die uns überlieferten Textquellen mit den überlieferten Bild-Handschriften vergleicht, wir ein Schuh draus.

Ich hatte hier (http://www.kampfkunstforum.info/forum/showthread.php?t=14784) ja schon mal eine kleine Zusammenstellung der bislang online verfügbaren Quellen gepostet.