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Vollständige Version anzeigen : Prof. Dr. Klaus Wiemann über das Dehnen



rolfk
12-10-2012, 22:53
Ich bin schon die ganze Zeit am "sammeln" was ich über das Dehnen alles so finden kann. Mich persöhnlich interessierten Artikel aus der wissenschaftlichen Sicht, nicht das allgemeine Zeugs.

Prof. Dr. Klaus Wiemann hat umfassende Untersuchnungen auf dem Gebiet "Dehnungen" gemacht. Die meisten Autoren, die Bücher über Stretching schreiben, greifen auch auf die Arbeiten von Prof. Wieman zurück. Gerade für Kampfsportler ist das Dehnen das A und O. Wer sich auch etwas mit der wissenschaftlichen Theorie befassen will, der kann sich mal die Pupliktionen von Prof. Dr. Klaus Wiemann durchlesen. Auf seiner Webseite hat er seine Arbeiten und Unterschungen veröffentlicht. Wer mag, kann sich das raussuchen was ihn intessiert und sich damit beschäftigen.

Klick mich ---> H I E R (http://www.biowiss-sport.de/publi_dehn.htm)

angHell
13-10-2012, 12:15
Danke, mal schaun wann ichs mal schaffe, aber interessant da es ja auch immer wieder die Meinung gibt, das dehnen nichts bringt, setzt er sich auch mit dieser Position auseinander? Wenn ja kannst du mir vielleicht nen Tip geben, wo?

Jenna Supernova
13-10-2012, 12:21
Wow sehr umfassend!!!
Danke für den Link!
da hat man ja je nach Interesse eine Menge zu lesen :)

Kannix
13-10-2012, 16:36
Danke, mal schaun wann ichs mal schaffe, aber interessant da es ja auch immer wieder die Meinung gibt, das dehnen nichts bringt, setzt er sich auch mit dieser Position auseinander?
Ich hoffe nicht denn es ist einfach eine schwachsinnige Aussage die jeder Grundlage entbehrt;)

angHell
13-10-2012, 16:42
Jo, das habe ich als Exturner auch immer behauptet. ;) Aber hört man ja immer wieder, gibt da auch wissenschaftler auf der Seite, hab das aber nicht so genau aufm schirm...

Simplicius
13-10-2012, 17:00
Danke, mal schaun wann ichs mal schaffe, aber interessant da es ja auch immer wieder die Meinung gibt, das dehnen nichts bringt, setzt er sich auch mit dieser Position auseinander? Wenn ja kannst du mir vielleicht nen Tip geben, wo?

sagen wir mal, er geht wissenschaftlich vorsichtig und differenziert auf das ein, was Dehnen bringen könnte und was eben nicht:):

hier ein Artikel von 1994:

Muskeldehnung Dehnen, Stretching, Dehnungsspannung, Muskellänge, Dehnfähigkeit* Wiemann (http://www.biowiss-sport.de/dehn-wald.html)


Von den eingangs aufgeführten erhofften Wirkungen von Muskeldehnungsmaßnahmen ist lediglich die Vergrößerung der Bewegungsreichweite in den Gelenken durch Steigerung der Dehnfähigkeit der Muskeln gesichert nachgewiesen. Diese gesteigerte Dehnfähigkeit scheint ihre wesentliche Ursache in einer gesteigerten Toleranz des Muskels (bzw. der Versuchsperson) gegenüber Dehnbelastungen zu finden, die sich schon nach wenigen singulären Dehnprozeduren einstellt und durch kurzfristiges und langfristiges Dehnungstraining enorm angehoben werden kann. Außer von der Dehnbelastungsfähigkeit hängt die Dehnfähigkeit der ischiokruralen Muskeln auch von der Ruhespannung und - allerdings nur bei weiblichen Vpn - von der Muskellänge ab, während die Faserlänge offensichtlich keinen Einfluss auf die Dehnfähigkeit ausübt. Ruhespannung und Muskellänge werden - bei den ischiokruralen Muskeln - durch Dehnungstraining nicht verändert, so dass nach derzeitigen Erkenntnissen der Einfluss von Stretching auf die Dehnfähigkeit nur durch die gesteigerte Dehnbelastungsfähigkeit erklärbar ist.und hier aus dem Jahr 2004:

http://www.biowiss-sport.de/kl-wiem-Oostende2.pdf


4 Zusammenfassung: Wirkungen des Dehnungstrainings

Durch die experimentellen Untersuchungen der letzten Jahre wurde gezeigt, dass einige der Effekte, die man vom Dehnen aufgrund theoretischer Überlegungen erwartete, nicht eintreten.
So kann die Ruhespannung durch langfristiges Dehnungstraining nicht gesenkt werden, die Wirkung des Dehnens bei der Verletzungsprophylaxe ist umstritten, die Vermeidung von Muskelkater durch Dehnen konnte nicht nachgewiesen werden und die Leistung durch ein Dehnen während des Aufwärmens lässt sich nicht verbessern, statisches Dehnen wirkt im Gegensatz zum dynamischen Dehnen sogar leistungsmindernd.
Andere Wirkungen wurden experimentell bestätigt, wie die Vergrößerung der Bewegungsreichweite und der maximalen Dehnungsspannung sowohl kurz- als auch langfristig und die kurzfristige Herabsetzung der Ruhespannung.

angHell
13-10-2012, 17:11
Danke! :)

Dafür schreib ich später auch nochwas in Deinem Halstrainingthread. ;) :D

Aber wieso soll statisches dehnen leistungsmindernd sein, stretching aber quasi nix bringen? Komische Sache... Also nur dynamisches Dehnen bringt was? :confused:

Simplicius
13-10-2012, 17:45
Aber wieso soll statisches dehnen leistungsmindernd sein, stretching aber quasi nix bringen? Komische Sache... Also nur dynamisches Dehnen bringt was? :confused:

Wo liest Du das raus? Ich geh mal davon aus, dass Du die Artikel hinter den Links nicht durchgelesen hast?:p
Du musst hier unterscheiden, ob Du vor einer sportlichen Leistung dehnst, oder Dehnen als eigene Trainingseinheit.

Schau Dir doch mal in dem zweiten Link Abschnitt 3, Tabelle eins an:

http://www.biowiss-sport.de/kl-wiem-Oostende2.pdf

Dehnen (=Stretching) bringt vor Sport eine Erhöhung der Beweglichkeit (gut für Turner oder Leute, die zum Kopf kicken müssen), senkt aber die Kontraktionskraft und die Schnellkraftleistung (schlecht für Sprinter).
Die Schnellkraftleistung wird nur durch statisches Dehnen negativ beeinflusst, durch dynamisches nicht.

Als eigene Trainingseinheit steigert Dehnen langfristig die Bewegungsamplitude und die maximal mögliche Dehnungsspannung und es steigt sogar die Kontraktionskraft.

Kannix
13-10-2012, 17:47
Danke! :)

Dafür schreib ich später auch nochwas in Deinem Halstrainingthread. ;) :D

Aber wieso soll statisches dehnen leistungsmindernd sein, stretching aber quasi nix bringen? Komische Sache... Also nur dynamisches Dehnen bringt was? :confused:

Soweit ich mich erinnere verringert Stretching den Muskeltonus das ist für schnellkräftige, explosive Bewegungen nix. Das bezieht sich aber auf Stretching davor. ansonsten ist eine größere Bewegungsamplitude nunmal oft erforderlich. Auch muss man eventuell einer Verkürzung der Muskulatur entgegen arbeiten

Dietrich von Bern
13-10-2012, 17:54
Entscheidend ist mal wieder nicht das ENTWEDER JA ODER NEIN, sondern das WAS WANN WIE...
Wer gar nicht dehnt ist selber Schuld.
Wer zur falschen Zeit die falschen Dinge tut ebenso.
Egal ob das jetzt Stand der Technik ist oder nicht:
Ich fahre ganz gut damit an einem separatem Tag etwas für meine "Flexibilität" zu tun. Ob man das jetzt Stretching, Yoga, GN oder sonstwie nennt ist mir auch egal - ich mache das was für mich passt.

Simplicius
13-10-2012, 17:55
Auch muss man eventuell einer Verkürzung der Muskulatur entgegen arbeiten

dieser Ansatz ist ja zumindest umstritten, weil es keine "verkürzten Muskeln" im eigentlichen Sinn gibt, sondern eher muskuläre Disbalancen bzw. Muskeln mit einem höheren Ruhetonus als der Antogonist.
Duch Dehnen des vermeintlich kürzeren Muskels wird dieser allerdings noch stärker und die Disbalance noch verstärkt.
Der Ruhetonus kann nach obigen Artikeln durch Dehnen nicht langfristig veringert werden, im Gegenteil durch Zug an den Z-Scheiben kommt es u.U. zu sarkomerer Hypertrophie (mehr parallele Sarkomere), damit zu mehr Titin-Filamenten und schließlich zu einer höheren Ruhespannung:

http://www.biowiss-sport.de/filaquell.pdf

Kannix
13-10-2012, 19:39
dieser Ansatz ist ja zumindest umstritten, weil es keine "verkürzten Muskeln" im eigentlichen Sinn gibt, sondern eher muskuläre Disbalancen bzw. Muskeln mit einem höheren Ruhetonus als der Antogonist.
Duch Dehnen des vermeintlich kürzeren Muskels wird dieser allerdings noch stärker und die Disbalance noch verstärkt.
Der Ruhetonus kann nach obigen Artikeln durch Dehnen nicht langfristig veringert werden, im Gegenteil durch Zug an den Z-Scheiben kommt es u.U. zu sarkomerer Hypertrophie (mehr parallele Sarkomere), damit zu mehr Titin-Filamenten und schließlich zu einer höheren Ruhespannung:

http://www.biowiss-sport.de/filaquell.pdf

Das ist interessant, aber eines verstehe ich nicht:

Eher muß man vermuten, daß Menschen in der technisierten Umwelt
zu bestimmten Dauerhaltungen (meist in sitzender Position) tendieren, die die
betreffenden Muskeln aufgrund einer Dauerverlagerung des Aktionssektors zwingen,
sich zu verkürzen (z.B. M. psoas, M. sartorius, Mm ischiocrurales), andere Muskeln
aufgrund verringerter Beanspruchung (z.B. M. glutaeus) atrophieren lassen.In der Praxis merkt man doch dass man Verspannungen lösen kann indem man "verkürzte"Muskeln aufdehnt und ein besseres Spannungsverhältnis erreichen kann.
Auch Moosburger www.dr-moosburger.at/pub/pub046.pdf den ich nicht so gerne zitiere stützt sich auf Wiemann, jedoch kommt er trotzdem zu dem Schluss dass:
Im Gesundheitssport ist Dehnen wichtig und sollte deshalb regelmäßig durchgeführt werden, um die Beweglichkeit zu erhalten bzw. zu steigern (Darin liegt der Sinn und Zweck des Dehnens), Stichwort “Zweckgymnastik“.
Wie das?

Simplicius
13-10-2012, 20:20
Das ist interessant, aber eines verstehe ich nicht:


Eventuell klärt sich dass, wenn man die Definitionen für "kurz" und "lang" in vorliegendem Artikel (http://www.biowiss-sport.de/filaquell.pdf) (S.11) ansieht:


Ein Muskel...
[...]


...ist dehnunfähig:

(...besitzt eine geringe Dehnfähigkeit,
[fälschlicherweise:
...ist kurz bzw. verkürzt,])
wenn er im Zustand der Dehnung (s. 1.) eine
vergleichsweise1) geringe Gelenkreichweite
zuläßt.
[...]


...ist kurz,

(...besitzt eine geringe funktionelle
Länge,)

wenn er das Maximum der Kontraktionskraft
(s. 3.) in einem vergleichsweise1) entdehnten
Zustand (s. 2.) erreicht.


[...->S.13]

Statt dessen deuten die Befunde von Tsunoda
et al. (26) an, daß das Krafttraining von Bodybuildern die funktionelle Länge der Armbeugemuskeln gegenüber untrainierten Personen verlängert hat. Die Versuche von Thepaut-Mathieu et al. (24) lassen vermuten, daß die funktionelle Länge der Armbeuger in denjenigen Arbeitssektor verschoben wurde, in dem das Krafttraining jeweils stattfand. Demgegenüber führte ein 10-wöchiges Dehnungstraining der ischiokruralen Muskeln zwar zu einer Vergrößerung der Dehnfähigkeit, nicht aber zu einer
Veränderung der funktionellen Länge und der Faserlänge (31).
[...]
Verallgemeinert kann somit gefolgert werden, daß die funktionelle Länge eines Muskels nicht durch die Art des Trainings (Krafttraining oder Dehnungstraining), sondern durch den Gelenksektor, in dem der Muskel bei Alltags- und Sportmotorik vorwiegend zu
arbeiten hat, beeinflußt wird.
d.h. um die funktionelle Länge, also die Länge, bei der das Kraftmaximum auftritt, zu verschieben, müsste man den Muskel in einem anderen Dehnungsbereich belasten, anstatt ihn nur passiv zu dehnen.
Ist im Gegenteil der Gegenspieler atrophiert, dann müsste man den auftrainieren.



In der Praxis merkt man doch dass man Verspannungen lösen kann indem man "verkürzte"Muskeln aufdehnt und ein besseres Spannungsverhältnis erreichen kann.


ist dieses Aufdehnen dann von Dauer oder ein kurzfristiger Effekt?
Wird durch dieses Aufdehen vielleicht ein Training des Gegenspielers über einen größeren ROM ermöglicht und so muskuläre Disbalancen beseitigt?
Eventuell ist eine "Verspannung" auch eine Art Dauerkontraktion, die von vorliegenden Artikeln nicht behandelt wird?
Wenn jemand davon redet, er habe Verspannungen, dann ist das ja eher eine akute Muskelverhärtung als eine Dysbalance, die sich eher in der Haltung (z.B. des Beckens) ausdrückt?



Auch Moosburger www.dr-moosburger.at/pub/pub046.pdf (http://www.dr-moosburger.at/pub/pub046.pdf) den ich nicht so gerne zitiere stützt sich auf Wiemann, jedoch kommt er trotzdem zu dem Schluss dass:
Wie das?

unter Zweckgymnastik versteht Dr. Moosburger ja eher ein dynamisches Dehnen als ein langsames "Aufdehnen".
Und er sieht es als Mittel um die Dehnfähigkeit zu erhalten/steigern, worunter er, wie ich meine, die größere Bewegungsamplitude meint, die durch eine größere mögliche Dehnspannung und eine größere Toleranz des Dehnschmerzes erreicht wird.

Vielleicht kann ja mal einer der hier anwesenden Physios/Mediziner was zum Thema, insbesondere "Aufdehen von Verspannungen" sagen?

angHell
13-10-2012, 20:58
Wo liest Du das raus? Ich geh mal davon aus, dass Du die Artikel hinter den Links nicht durchgelesen hast?:p

ertappt. :p

Aber man kann ja auch nicht alles lesen, wobei ichs mir schon gespeichert habe... mal schaun...


Ok, auf jeden Fall sehr interessant.

Meine Erfahrung mit Verspannungen hingegen ist dass die muskeln zu schwach sind, bzw, worauf Simplicius ja denke ich anspielt, bzw. die Theorie dahinter bei Dysbalancen, halt die Antagonisten zu schwach sind. Inzwischen halte ich daher meist gezieltes Krafttraining (natürlich immer im Rahmen eines universellen/ausgeglichenen Trainingsplans) für sinnvoller als Dehnen, gerade bei solchen Geschichten.

Sonst war mein Dehnplan im letzten halben Jahr leider zu klein geraten, was ich auch in manchen Beeichen schon deutlich spüre, aber ne eigene Einheit dafür bekomme ich (mommentan) auch nicht unter. deswegen suche ich immer nach den Optimum was man nach einer intensiven Einheit sinnvoll machen kann. Nach intensivem Krafttraining wird ja immer abgeraten, das hat mich halt zum nachdenken gebracht, und da ich derzeit nach meinem Training noch Krafttraing mache, kommt das dehnen halt zu kurz. Kaltes Dehnen (aufwärmen) und auch dynamisches Dehnen war ich noch nie ein Freund von, habe es anders gelernt und auch die Spezialisten und (damaligen?) Erkenntnisse sprachen mWn dagegen... Aber ist mal wieder Zeit sich damit zu beschäftigen, deswegen war der thread zu einem guten zeitpunkt.

Wisst ihr eigentlich was von diesen Dehnkräftigungssachen? Also den aufgedehnten muskel anzuspannen? Habe das mal ne ganze Weile in manchen Bereichen gemacht, aber weiß nicht obs bessser als normales dehnen war, schlechter jedenfalls nicht... naja... bissl viel geworden...^^ :o

(ps: ah, steht ja sogar schon was - funktionelle Länge...)

rolfk
14-10-2012, 17:54
Das daraus eine Diskussion wird und so viele Interessenten hat, hätte ich jetzt nicht gedacht. Finde ich toll.

Was mich bei der ganzen statischen Dehnsache irritiert ist, das da ja die vermerte Durchblutung des Muskels nicht gegeben ist. Ich erinnere mir jetzt zurück, als ich in meiner aktiven Trainingszeit Dehnungen gemacht hatte, diese nur ausschließlich statisch machte. Nachdem ich mit meinem Dehnungen der Beinmuskulatur (der kompletten Beinmuskulatur, aber insbesondere der ischiocruralen Muskeln) fertig war, spürte ich ein deutliches Wärmegefühl im ganzen Oberschenkel, was natürlich sehr angenehm war.
Ebenso verschiedene "we-we-chen" (unangenehmes Ziehen, Schmerzgefühl im Muskel, Verspannungsgefühl usw) waren nach einem statischen Dehntraining weg, kamen auch Stunden/Tage nach dem Dehnen nicht wieder.

Demnach muß ja doch eine gewisse vermehrte Durchblutung stattfinden, oder war das Währmegefühl doch nur Einbildung...(?)

Simplicius
14-10-2012, 20:21
Nachdem ich mit meinem Dehnungen der Beinmuskulatur (der kompletten Beinmuskulatur, aber insbesondere der ischiocruralen Muskeln) fertig war, spürte ich ein deutliches Wärmegefühl im ganzen Oberschenkel, was natürlich sehr angenehm war.[...]

Demnach muß ja doch eine gewisse vermehrte Durchblutung stattfinden, oder war das Währmegefühl doch nur Einbildung...(?)

vielleicht danach eine vermehrte Durchblutung als Reaktion auf die Minderdurchblutung?