Vollständige Version anzeigen : Kiai
Ich möchte die offene Frage in die Runde stellen: der Kiai - was bedeutet er für euch? Verwendet ihr ihn auch außerhalb des Karate, z.B ein innerer,lautloser Kiai? Und wenn ja, warum?
hallosaurus
30-10-2012, 22:24
Ich verwende "ihn" außerhalb des Karate nämlich im Taekwondo.:p
kaffeegeniesser
30-10-2012, 23:09
Verwendet ihr ihn auch außerhalb des Karate, z.B ein innerer,lautloser Kiai? Und wenn ja, warum?
Hallo,
klar auch ausserhalb des Karate. Nicht als Laut "kiai", eher als Ton bei hoher Anstrengung und Kraftübertragung. Z. B. Lösen von Radmuttern, Eindrehen einer Schraube mit Akkuschrauber an schwer zugänglicher Stelle mit ausgestrecktem Arm und hohen erforderlichen Kraftaufwand dabei, ein schweres Türblatt in einem engen Treppenhaus Stufe für Stufe nach oben tragen, ...
Warum? Weils dann "leichter" geht im Augenblick der Anstrengung. Das ist bei mir unbewußt. Vermutlich aus dem selben Grund warum z. B. Kugelstoßer und Speerwerfer im Moment des Abwerfens/Ausstoßens schreien, ein Gewichtheber schreit oder drei Bauarbeiter mit "hauruck" ein schweres Stück rücken.
Gruß Jochen
Luce Bree
01-11-2012, 23:02
[...] oder drei Bauarbeiter mit "hauruck" ein schweres Stück rücken.
Das ist ein super Beispiel aus dem "Alltag", welches auch klar belegt, dass die Kampfkünste in ihren Eigenarten gar nicht so geheimnisvoll sind, wie oft behauptet :D
Alles keine Hexerei..;)
Ich frag mich sowieso, woher dieses Märchen der geheimnisvollen KKs kommt. Liegt das daran, dass man früher im Geheimen trainierte, damit der Gegner nix mitbekommt? Ist die einzig logische Erklärung die mir dazu einfällt. Nur wirklich zeitnah ists nicht. Ist vermutlich wie auf den Mittelaltermärkten die Besucher die kein Feuer kennen. "Ist das Feuer echt?" "Klar, kannste ja mal anfassen." Und dann greifen sie wirklich rein.
:dumm:
Der Kiai ist für mich momentan so ein Loslassen der innern Anspannung. :)
Der Kiai ist für mich momentan so ein Loslassen der innern Anspannung.
Das verstehe ich nicht so richtig: Ich erlebe kiai in erster Linie als Konzetration und Übertragung von "innerer Spannung", die vorher Aufgebaut wurde.
In den japanischen Künsten gibt es unterschiedliche kiai für unterschiediche Aktionen. Zum Beispiel zum Aufnehmen eines Angriffs, beim Schneiden des Angreifers ("Gegenangriff") und beim Abschluß (finaler Schlag).
Gibt es solche Unterschiede im karate auch?
Was ist ein lautloses kiai?
Der Kiai ist für mich momentan so ein Loslassen der innern Anspannung.
Das verstehe ich nicht so richtig: Ich erlebe kiai in erster Linie als Konzetration und Übertragung von "innerer Spannung", die vorher Aufgebaut wurde.
...
Passt doch. Man kann die innere Spannung nur loslassen (übertragen), wenn man sie vorher auch aufgebaut und konzentriert hat. Aber es ging speziell um den Kiai und nicht um den Weg zum Kiai. Also quasi den "Schrei" an sich. Und das ist für mich das "Loslassen" der vorher aufgebauten inneren Spannung. :)
Ein Kiai im Karate, wie ich es gelernt habe, ist absolut kein Loslassen von irgendwelchen Spannungen. Der Kiai wird in Kombination mit diversen Visualisierungen genutzt und beinhaltet diverse Töne, die unterschiedliches bewirken, ebenso der "lautlose" Kiai. All dass geht aber eben erst, wenn die grundlegenen Visualisationen gefestigt sind und angewandt werden können.
Das hat übrigens absolut nichts mit "Mystik", "Esoterik" oder anderem Mumpitz zu tun. Dabei passieren sehr gut erklärbare Dinge im Gehirn. Auch die Art und 'Weise, wie das unterrichtet wird ist sehr "bodenständig" und frei von Mystik und "Qi-Gedöns". Aber auch hier gilt wieder: Man schaue sich die Wurzeln der okinawanischen KK an...
PAlso quasi den "Schrei" an sich. Und das ist für mich das "Loslassen" der vorher aufgebauten inneren Spannung.
Pardon, ich habe mich wohl mißverständlich ausgedrückt.
Bei kiai, wie ich es kenne, wird keine "Spannung" gelöst. Sondern die "Spannung" wird gewissermaßen in das kiai hinein "ausgedehnt". Kiai - so wie ich es kenne - hebt also eine "Spannung" nicht auf. Wie auch ein tsuki z.B. eine Spannung nicht aufhebt.
Interessant: Einen Zusammenhang von Visualisierung und kiai kenne ich gar nicht. Kannst du dazu noch etwas mehr sagen oder ist das nicht möglich/sinnvoll?
KeineRegeln
02-11-2012, 09:12
Sehr schade, dass das Thema Visualisierung so unbekannt ist (mittlerweile) beim.mainstream Karate. :(
Ist ein interessantes Thema.
@du mit den komischen Schriftzeichen ;) : wie."trainiert" ihr denn das Kiai im Akido?
Wir üben ohne "Atemdruck" oder "Spannung" unterschiedliche Laute, bzw. Silben.
Wir üben, durch unterschiedliche Atemmethoden, "Druck" im hara aufzubauen und diesen Druck möglichst natürlich in einen Ruf fließen zu lassen. Dabei geht es nicht darum, laut zu sein, sondern die Stimmorgane durchlässig zu machen.
Wir üben ein "eigenes kiai" zu finden, d.h. Laut, Tonhöhe, intensität.
Wir üben umgekehrt "definierte" kiai: ei-iyah-to.
Das fällt mir jetzt spontan ein.
kiai hat im aikidô wie ich es übe, keine besonders wichtige Rolle. Daher wird es von zumeist nicht so in die Tiefe gehend geübt. Wie gesagt: Ich kenne weder Visualisierungen noch lautloses kiai.
Pardon, ich habe mich wohl mißverständlich ausgedrückt.
Bei kiai, wie ich es kenne, wird keine "Spannung" gelöst. Sondern die "Spannung" wird gewissermaßen in das kiai hinein "ausgedehnt". Kiai - so wie ich es kenne - hebt also eine "Spannung" nicht auf. Wie auch ein tsuki z.B. eine Spannung nicht aufhebt.
...
Ich glaub ich hab mich auch missverständlich ausgedrückt.
Ich versuchs mal bisl zu strukturieren - wobei hier ne Skizze vielleicht besser wäre :(.
Normale Körperspannung
Spannung aufbauen
Zeitpunkt der höchsten Spannung -> Kiai
Normale Körperspannung
Ich meinte nicht, dass nach dem Kiai gar keine Spannung mehr da ist, sondern man zur normalen Körperspannung zurückkehrt.
...
@du mit den komischen Schriftzeichen ;)
...
Ich glaub es wird "Doushite" gelesen .... ja?
Die "Ruderübung" beim Aikido hat was deutlich Kiai-haftes an sich. Im Ganzen geht es in dem Zusammenhang beim Aikido aber eher um das richtige Atmen während der Technikausführung. Ich habe schon gesehen, dass manche Meister in der Phase, in welcher ein Hebel oder Wurf "durchgezogen" werden, oder ein Bokkenschlag gemacht wird, ein tiefes "hrmmm" (oder so ähnlich) von sich geben - das kommt dann ziemlich samurai-mäßig rüber.
Das Thema "Visualisierungen" hatten wir hier im Forum ja schon ein paar mal. Sie dienen dem Erlernen von Bewegungsprinzipien und sind auch Grundlage der Kampfprinzipien (zu denen der Kiai letztendlich auch gehört). Welche Visualisierungen es genau sind gehört nicht in ein Forum, da das nur zu Missverständnissen führt und eh den Effekt nicht beschreiben kann.Kata wie Sanchin oder Tensho sind da grundlegend.
Nimm es mir nicht übel, aber was man da wie genau macht gehört auf die Matte, "Hands on". Zeige ich jedem immer gerne und schon die Anfänger kriegen die ersten Bilder in ihrer ersten Stunde direkt am Anfang gezeigt, ist also mit Sicherheit kein "geheimes Wissen". Es dauert lediglich seine Zeit bis der Körper anfängt diese Arbeit zu verinnerlichen, so dass weitere Bilder schrittweise folgen können. Die BIlder des Kiai sind eher fortgeschritten, dafür muss der Körper schon auf eine gewisse Weise entwickelt sein, damit das dann auch funktioniert.
Grüße
Kanken
Nimm es mir nicht übel, ...
Überhaupt nicht! Kann ich sehr gut nachvollziehen.
Danke für die Antwort.
SKA-Student
02-11-2012, 12:10
...Die BIlder des Kiai sind eher fortgeschritten, dafür muss der Körper schon auf eine gewisse Weise entwickelt sein, damit das dann auch funktioniert.
Wie das? Meinst du physische Attribute oder eher die Körperkontrolle?
Beides. Es müssen bestimmte Muskeln entwickelt sein und es muss eine bestimmte Art der Kontrolle dieser Muskeln erfolgen.
Bilder greifen sowohl in das pyramidalmotorische, wie auch in das extrapyramidalmotorische System ein und bewirken dort auf Dauer Veränderungen der Muskelansteuerung.
Ich denke jetzt sind die meisten hier leider raus. Zum einen ist der Begriff der "Bilder" im Forum hier noch nicht ausführlich dargelegt worden, zum anderen baust du auf diese Basis dann mit medizinischen Fachbegriffen auf.
Ansonsten hat ich auch noch jedem seine eigene Art des Kiai interessiert. Waren ja schon einige dabei.
Das sind meine Gedanken zum Kiai, die ich mit euren einfach mal abgleichen wollte:
Ki = Lebensenergie, auch bzw. gelenkt durch Konzentration (nach Tanaka)
Ai = Harmonie, Vereinigung
Aiki = angemessene Kraft und spirituelle Harmonie (Betonung auf Harmonie)
Kiai = Kanalisiere die Energie in eine Sache ⇒ alles in einen Schlag legen (betontes lenken des Ki)
Koichi Tohei:
Wahre Bedeutung des Kiai ist, positives Ki in Alles was man tut, strömen zu lassen. Der wirkliche Kiai kann lautlos sein, positiv denken und starke mentale Kraft im Tun.
Entschlossenheit
Durchbrechen einer mentalen Barriere
Etwas aufgeben im Sinne von die Konsequenzen der Handlung akzeptieren
Erhebe deine Stimme, erhebe deine Energie
Abernethy oder Geoff Thompson schrieben das sie in Situationen von Angst und zögern, sich irgendwann innerlich selbst sagen "Ach, Fuck it!".
Tanaka hatte vor seinen Wettkämpfen auch immer Angst und machte auf dem Weg zur Kampffläche einen inneren Kiai. Ich denke das ist etwas vergleichbares.
Nun ja extrapyramidalmotoriasch und pyramidalmotorisch sind jetzt keine SOOO großen medizinischen Fachbegriffe. Das sollten eigentlich alle mit einem Trainerschein mal gehört haben, ist ja die Basis für jegliche Bewegungs- /Muskelehre. Medizinische Fachbegriffe fangen bei mir erst auf der Ebene der Verschaltungen in der Formatio reticularis, dem Striatum etc. an. Da wird es dann kompliziert (aber auch interessant). Ich will die Leute damit nicht "rausbringen" sondern will eigentlich nur zeigen, dass Töne und Atmung auch eine sehr konkrete und handfeste anatomische Korrelation haben können, die sich in motorischen Fähigkeiten äußern kann (wenn es denn systematisch gelehrt wird).
Zu den Bildern: Ich habe es oft genug probiert, aber die wenigsten hier können mit Begriffen wie "Annehmen, anhaften, hören, umleiten, spiegeln" etwas anfangen und es ist zu abstrakt, als das man das gescheit in Worte fassen könnte, zumal man dann auch mit einer anderen Motorik arbeiten müßte als es das (in meinen Augen) bewegungskastrierte Mainstreamkarate tut.
Wer hat den dort schon einmal etwas von einer "Zwei-Knochen-Annahme" gehört, geschweige denn kann das als Ganzkörperbewegung auch wirklich umsetzen?
Wenn Leute Kihon-Ippon-Kumite als "kampfuntauglich" abtun, weil sie eben nicht die richtige Bewegungsmechanik gezeigt bekommen und nicht wissen was dort eigentlich gelehrt wird, dann braucht man auch nicht mit Bildern und Prinzipien anfangen.
Versteh mich nicht falsch, ich würde es gerne versuchen zu erklären, aber ohne das zu zeigen und den gegenüber spüren zu lassen wird man es nicht vermitteln können. Der Schüler lernt durch die Berührung des Lehrers undendlich viel. Dieses taktile Feedback ist immens wichtig.
Mich hat erst kürzlich das Training mit einem unglaublich guten Lehrer nur durch das Spüren seiner Anwendungen um Jahre weitergebracht. Vieles hatte ich schon gehört, auch als "höheren Inhalt" in unserer Richtung, aber auch bei uns ist einiges verlorengegangen, da es nur sehr wenige Leute gibt, die das auch körperlich umsetzen können. Durch den körperlichen Kontakt hat mein Körper dann auch vieles umsetzen können und mir viele Impulse gegeben. Interessanterweise war es kein Karatelehrer sondern jemand aus dem Bagua/Xingyi/TaiChi/Yiquan, aber das ist eine andere Geschichte.
Ein Kiai ist nichts weiter als die logische Fortführung der Arbeit, die eigentlich mit der ersten Stunde beginnen sollte, leider wird heutzutage einfach oft nur gebrüllt, die besseren nutzen es dann um die Atmung besser zu kontrollieren, aber auch das ist letztendlich nur ein Teil dessen, was es sein kann. Dann gibt es wieder diejenigen, die damit versuchen gutes Geld zu verdienen, aber auch da habe ich noch nicht die Dinge gehört, die ich gelernt habe und die es so (oder ähnlich) auch in andern KK gibt.
Grüße
Kanken
Luce Bree
02-11-2012, 16:32
Also ich hatte es vorher auch schon verstanden :rolleyes:
Bin aber wie Du auch mehr oder weniger "vom Fach" :D
Und Deinen Hinweis zum "Kihon Ippon Kumite" halte ich für sehr wichtig :halbyeaha
Gruß
Luce (reimt sich immer wieder so schön :D)
@Vegeto
habe gerade erst deine Gedanken zum Kiai gelesen. Du gehst also auf eine andere Ebene der Anwendung hinaus als die rein motorische. Die ist auch sehr sehr interessant, zumal die Arbeit mit dem Kiai sehr schnell (zumindest bei uns) auch in die emotionale Ebene rutschen kann.
Das ist primär ein Nebeneffekt und hat nichts mit den gewollten motorischen Reaktionen zu tun, kann aber auch genutzt werden um mit der Angst umgehen zu lernen. Das fällt dann jedoch in andere Aspekte meines Karate, die wohl eher in die "Philosophiecke" gehören, obwohl sie auch ganz konkrete kämpferische Anwendungen haben (siehe den "Gewalt und Karate"-Faden). Wir sind da weit weg vom eigentlichen Kiai und befinden uns tief in der Arbeit mit den Bildern, die letztendlich zum Kiai führen. Auch zu dieser Seite des Kiai gibt es ein anatomisches Korrelat: N.accumbens, Lymbisches System, Formatio reticularis, PAG und diverse andere Verschaltungen im "Unterbewußtsein", aber auch Verschaltungen, die in den Präfrontalen Cortex gehen.
Auch hier werden wieder Bilder benutzt, aber die sind noch weniger mit Worten in einem Forum zu erklären und bauen eben auch auf den anderen Bildern auf.
Grüße
Kanken
Luce Bree
02-11-2012, 16:42
Jetzt hast Du mich aber so richtig neugierig gemacht :ups:
Müssen wir jetzt damit leben oder wagst Du einen Erklärungsversuch?:(
Würde mich echt weiterbringen, so wie ich das sehe...:o
Kleiner Moderations Hinweis: bitte nicht den ganzen Beitrag zitieren wenn man direkt danach antwortet. Das stört den Lesefluss. Notfalls ein @Name einfügen wenn man jemanden direkt ansprechen will. Das ist wesentlich kürzer
Das sind meine Gedanken zum Kiai, die ich mit euren einfach mal abgleichen wollte:
Ki = Lebensenergie, auch bzw. gelenkt durch Konzentration (nach Tanaka)
Ai = Harmonie, Vereinigung
Aiki = angemessene Kraft und spirituelle Harmonie (Betonung auf Harmonie)
Kiai = Kanalisiere die Energie in eine Sache ⇒ alles in einen Schlag legen (betontes lenken des Ki)
Koichi Tohei:
Wahre Bedeutung des Kiai ist, positives Ki in Alles was man tut, strömen zu lassen. Der wirkliche Kiai kann lautlos sein, positiv denken und starke mentale Kraft im Tun.
Entschlossenheit
Durchbrechen einer mentalen Barriere
Etwas aufgeben im Sinne von die Konsequenzen der Handlung akzeptieren
Erhebe deine Stimme, erhebe deine Energie
Abernethy oder Geoff Thompson schrieben das sie in Situationen von Angst und zögern, sich irgendwann innerlich selbst sagen "Ach, Fuck it!".
Tanaka hatte vor seinen Wettkämpfen auch immer Angst und machte auf dem Weg zur Kampffläche einen inneren Kiai. Ich denke das ist etwas vergleichbares.
Danke für diese Informationen. Hilfreich !
BUJUN
punktpunktpunkt
02-11-2012, 16:57
Für mich haben sich Kiais immer irgendwie unnatürlich angefühlt und angehört, ich kann's aber auch nicht; Vielleicht wüde sich das mit Übung ändern. Wenn mans macht muss das gemutmaßt auch mit der entsprechenden Einstellung einhergehen. Ich finde ruhige Leute die einen einfach "nur" verletzten wollen wesentlich beängstigender.
Hallo Vegeto !
Ich hatte vorhin ( 26 ) bereits angefangen zu schreiben als ich bemerkte, dass ich weg musste.
Außer meinem Danke für den tollen Denkanstoß möchte ich natürlich versuchen, auch was bei zu tragen :
Den Kiai hatte ich im Shotokan vor vielen Jahren so gelernt wie wohl die Meisten: mit der jeweiligen Technik zusammen vom Timing her so, daß Technik + Kiai zusammen ins Ziel kommen ( wie in den Katas vorgegeben ).
Im Laufe der Jahre habe ich dann für mich festgestellt:
Bei eigener Angst / Unsicherheit laut schreien und vor – d.h.. der eigene Schrei löst die notwendige Agrgession aus und das gleichzeitige Vor ist halt kein Zurück mehr.
Kann mich beim besten Willen nicht erinnern, daß das jemals nicht geklappt hätte.
Machen ja auch viele Armeen im Krieg so bzw. als noch Mann : Mann gekämpft wurde.
Hat zumindest bei mir auch Nachteile: lautes Schreien macht mich wesentlich aggessiever wie Pöbeleien oder Rempeleien
( „Falschprogrammierung“ ) – habs natürlich im Griff.
Habe weiter in falschen Übermüdungssituationen ( Nachts alleine im Auto auf der Autobahn ) mit einem lauten Schrei die Müdigkeit deutlich mindern können.
Und auch bei enormem Streß hilft ein Brüller ( soweit in der Situation möglich ).
Das klingt sicher mehr nach Urschreitherapie als nach Kiai – ich vermute mal, dass es durchaus Zusammenhänge gibt.
Beste Grüße
BUJUN
Laut werden funktioniert und ist tief in unseren primitivsten Gehirnarealen verdrahtet. Nicht um sonst chanten/singen/gröhlen in allen Kulturen die Krieger. Das meinte ich mit "Erhebe deine Stimme, erhebe deine Energie". Die Stimme wirkt wie die Atmung wieder auf den Körper und umgekehrt. Du musst aber nicht zwangsweise herumschreien. Reicht schon eine starke Stimme einzusetzen. Der Effekt geht dann sogar innerlich. Die Stimme im Kopf kann auch laut werden.
@Kanken
a)In der Form wurden mir nie Bilder gelehrt und außer hier im Forum ist mir das noch nie begegnet. In keinem Interview, keinem Buch, keiner Dokumentation, keinem Kurs. Auch nicht englischsprachig. Das ist schon seltsam...Den Doppelknochen-Block vom Uchi-Uke und Age Uke kenne ich aber. Nur kam mir das nie kampfrelevant vor, und hab die Anwendung wieder vergessen :o
b) Das der mentale Kiai auf das limbische System (schätzungsweise die Mandelkerne) und den pre-frontalen Cortex wirkt habe ich schon selbst abgeleitet. Muss er ja wenn er mir ermöglicht den ausschlaggebenden Moment unter Angst zu erzeugen. Die beiden Systeme sind ja sozusagen die Adrenalin Kontrolle Schleife. Nor-Adrenalin Rezeptoren im Cortex und umgekehrt Willenskraft getriebene Kontrolle des reflexiven Systems. Die Frage ist, ob der mentale Kiai einfach so funktioniert oder ob man den mit (irgendwelchen) Bildern noch optimieren kann.
c) Da kommt mir gerade was. Tanaka schreibt nicht nur von seinem inneren Kiai, sondern auch das er seine Maai (Kampfdistanz) und die des Gegners visualisiert. Bspw. mit weißem Nebel. Ist das eines dieser Bilder?
Zu a):
Das ist schade, aber wundert mich nicht. Schau lieber in den KK, die das alte Tode beeinflusst haben.
Zu b):
Er funktioniert zu einem Teil auch so, die Bilder optimieren ihn und potenzieren seine Wirkung.
Zu c):
Ich glaube zu wissen was er meint, ist jedoch absolut oberflächlich.
Grüße
Kanken
SKA-Student
03-11-2012, 11:39
Entschlossenheit
Durchbrechen einer mentalen Barriere
Etwas aufgeben im Sinne von die Konsequenzen der Handlung akzeptieren
Erhebe deine Stimme, erhebe deine Energie
Abernethy oder Geoff Thompson schrieben das sie in Situationen von Angst und zögern, sich irgendwann innerlich selbst sagen "Ach, Fuck it!".
So "nutze" ich den Kiai. Wenn's eigentlich vorbei ist, dann ein letzter Versuch, mit endgültiger Entschlossenheit. Die Angst überwinden, ablegen. All in.
Ansonsten ist der Kiai für viele erstmal Hilfestellung zum atmen beim kämpfen, für andere sicher eine gute Übung mal laut zu werden (ich meine für die, die sonst nie ihre Stimme erheben).
Was "Bilder" angeht, hängen bei uns Technik und Atmen eng zusammen. "Breathe out through your knuckles." heißt's zB beim Zuki, um ihn schön "lang" zu machen.
Ob das was mit kankens Bildern zu tun hat, keine Ahnung.
Ich wünsche mir immer noch einen LG von kanken für interessierte KKB-Karateka! :)
Was "Bilder" angeht, hängen bei uns Technik und Atmen eng zusammen. "Breathe out through your knuckles." heißt's zB beim Zuki, um ihn schön "lang" zu machen.
Ob das was mit kankens Bildern zu tun hat, keine Ahnung.
Ich wünsche mir immer noch einen LG von kanken für interessierte KKB-Karateka! :)
Das Bild ist zwar auch nur wieder ein oberflächlicher Teilaspekt, aber geht in die richtige Richtung.
Von Lehrgängen halte ich nix, aber nach MS ist jeder immer eingeladen. Vorher Bescheid sagen und dann treffen und trainieren, dafür braucht man keinen Lehrgang.
Grüße
Kanken
SKA-Student
03-11-2012, 12:44
Das Bild ist zwar auch nur wieder ein oberflächlicher Teilaspekt, aber geht in die richtige Richtung.
Das Gefühl habe ich auch, aber in Verbindung mit bestimmten Übungen ganz brauchbar.
Von Lehrgängen halte ich nix, aber nach MS ist jeder immer eingeladen. Vorher Bescheid sagen und dann treffen und trainieren, dafür braucht man keinen Lehrgang.
Der "Lehrgang" hätte den Vorteil, dass man vielleicht ein paar mehr Interessierte zusammenbekommt und du nicht 5 mal dasselbe erklären/zeigen musst - was ja bei externen (ander Stil, anderer "Jargon") etwas schwieriger sein könnte.
Aber auf jeden Fall danke für diese allgemeine Einladung!
KeineRegeln
03-11-2012, 13:30
Seh ich genauso mit dem Lehrgang. Wäre auch sofort dabei. Und danach alle lecker essen gehen. :)
Ausserdem kann man so mal paar Gesichter zu ihrem Geschreibsel kennen lernen. ;)
Und ich hätte eine Übernachtungsmöglichkeit bei der ich übernachten könnte :D (meine nicht kankens halle!)
Was "Bilder" angeht, hängen bei uns Technik und Atmen eng zusammen. "Breathe out through your knuckles." heißt's zB beim Zuki, um ihn schön "lang" zu machen.
"Durch die Fersen atmen" kenne ich aus einer alten Kikai-Tanden (Hara) Meditation, erscheint mir aber schwierig durch die Knöchel in einem heftigen Kampf anzuwenden.
SKA-Student
03-11-2012, 22:05
"Durch die Fersen atmen" kenne ich aus einer alten Kikai-Tanden (Hara) Meditation, erscheint mir aber schwierig durch die Knöchel in einem heftigen Kampf anzuwenden.
Haha, durch die Füße atmen wird bei uns empfohlen, wenn beim Summer Special Training das 5h-morgens barfuß joggen aufm "Hamburger Hill" ist. "Hamburger" bezieht sich auf die Füße der ganz unglücklichen...
Ernsthaft, das "durch die Faust atmen" soll (glaube ich) diesen Effekt des "unbendable arm" beim Zuki erzeugen, der geht durch und immer weiter - und soll nicht durch Ganzkörperverkrampfung gestoppt werden. Definitiv eher ein Bildchen zum üben.
Dachte ich mir schon, so wie sich vorstellen der Arm wäre eine unendlich lange unbeugsame Stahlstange. Das sind typische Ki Übungen, da sind wir gar nicht so weit entfernt vom eigentlich Thema des Ki-ai.
Hallo,
ich möchte kurz auf einen sehr wichtigen Punkt bezüglich des Begriffs „Kiai“ hinweisen. Im Grunde dreht es sich bei den besprochenen Punkten innerhalb dieser Runde nicht um „Kiai“ 気合 im eigentlichen (engeren) Sinne, sondern um „Koe“ 声 bzw. „Kake-Goe“ 掛声, d. h. Schreie. Der Vorgang der Erzeugung eines Schreis (Koe) und der Schrei selbst haben erstmal nichts mit einem Kiai im engeren Sinne zu tun. Umgekehrt kann aber ein Kiai (lies: wenn ich mich im Zustand eines Kiai befinde) mit einem Koe ausgeführt werden (was nicht heißen soll, daß ein Koe irgendwie für Kiai notwendig sei). Um es noch etwas verwirrender zu machen, muß ebenfalls verstanden werden, daß ein Koe jenseits des Kiai (also nur als Schrei für sich) dennoch ein Element im Budō sein kann.
Koe ≠ Kiai (im eigentlichen Sinn)
Koe = Koe
Kiai + Koe = Kiai
Kiai - Koe = Kiai
Kiai ist ein dynamischer aber vollständig konzentrierter Zustand, für den ein Gegner notwendig ist! D. h. alles was ich so allein mache/trainiere, kann kein Kiai im engeren Sinne haben/sein. Dummerweise wird „Kiai“ manchmal als Synonym für „Schrei“ gebraucht, so daß Mißverständnisse leider unvermeidbar sind. Z. B. gebraucht G. Funakoshi (1868–1957) als er 1935 Schreistellen in seinen Kata einführte, Phrasen wie „[…] rufen Sie einen Kiai mit ‚Ei‘!“. Das wäre dann so etwas wie Kiai im weiteren Sinne, bei dem es eher um Entschlossenheit u. ä. geht.
Kurzum, das einzige „Bild“, das für Kiai im eigentlichen Sinne notwendig ist, ist mein Gegner/Partner.
Unten verlinke ich ein kurzen Filmschnipsel mit H. Nishiyama (1928–2008). Ab 0:26 s demonstriert er dreimal hintereinander sein Kiai, indem er mit einer Hand zuckt. Er führt dort keine Technik vor, die normalerweise an einen Kiai gekoppelt wäre, weswegen das ganze vielleicht etwas künstlich aussieht. Aber ich habe diese Szene gewählt, weil sie eben keine Techniken und technische Wirkungen zeigt. Anhand dieser Demonstration wird klar, daß Kiai im engeren Sinne ohne Partner nicht möglich ist und nichts mit Koe zu tun hat:
Hidetaka Nishiyama sensei - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=N79N0tHS1eg)
Grüße,
Henning Wittwer
Um noch mal auf den Aspekt des "Ai" zu kommen. Das bedeutet "Harmonie", "Balance" und im ersten Augenblick denkt man da normalerweise daran Übermut zu reduzieren oder etwas zu Aufgehitztes abzukühlen. Im Sinne des Kiai denke ich ist es umgekehrt.
In einer Situation die einen Kiai erfordert sind die Vorbedingungen meist die das man selbst in die Ecke gedrängt ist, mental defensiv und in der Hinsicht außer Balance. Die angesprochene Unentschlossenheit. Kiai bedeutet jetzt die Balance durch entschlossene Offensive wiederherzustellen, soviel Ki (Tatendrang, Absicht, Angrifflust) wie möglich in eine entscheidene Handlung zu bringen.
Im Grunde dreht es sich bei den besprochenen Punkten innerhalb dieser Runde nicht um „Kiai“ 気合 im eigentlichen (engeren) Sinne, sondern um „Koe“ 声 bzw. „Kake-Goe“ 掛声, d. h. Schreie.
Den Eindruck hatte ich nicht. Und zumindest für mich selbst geht ein Kiai auch ohne Schrei.
Anhand dieser Demonstration wird klar, daß Kiai im engeren Sinne ohne Partner nicht möglich
An sich ja kein Problem da ein Partner oder Gegner immer da ist wenn ein Kiai benötigt würde. Unter Umständen ist dieser Opponent die eigene innere Stimme.
Luce Bree
04-11-2012, 11:12
Seh ich genauso mit dem Lehrgang. Wäre auch sofort dabei. Und danach alle lecker essen gehen. :)
Ausserdem kann man so mal paar Gesichter zu ihrem Geschreibsel kennen lernen. ;)
Und ich hätte eine Übernachtungsmöglichkeit bei der ich übernachten könnte :D (meine nicht kankens halle!)
:yeaha:
Das wäre doch mal eine Ansage :D
Vor allem das "lecker essen gehen":D
Im Ernst: Ich fände es echt super, wenn Kanken uns an seinem Wissen irgendwie substanziell teilhaben lassen könnte...!!!
Ich hätte auch die eine oder andere Übernachtungsmöglichkeit...
Ist ja schleißlich die Stadt, in der ich Studiosus war ;)
Aber für mich wäre es schon ziemlich weit, so aus den südlichen Gefilden der Republik:rolleyes:
(Ist das jetzt eigentlich schon OT???) :o
SKA-Student
04-11-2012, 11:39
...
(Ist das jetzt eigentlich schon OT???) :o
Äh, ja. Und ich nehme die Schuld auf mich, ich habe damit ja angefangen!
Bleiben wir doch bitte hier beim Kiai!
Hallo,
mein obiger Beitrag besteht aus mehr als zwei Sätzen …
Ich unterscheide zwischen „Kiai im weiteren Sinne“ (Entschlossenheit, schreien oder nicht schreien und all das, was hier noch so angesprochen wurde) und „Kiai im eigentlichen (engeren) Sinne“, der Budō ausmacht, aber bislang nicht Teil dieses Themas hier ist. Schon in der Eingangsfrage dieses Themas wird deutlich, daß nicht der Kiai im eigentlichen Sinne gemeint sein kann, da man diesen nicht einfach mal „außerhalb“ des Trainings verwendet.
Da der Verweis auf die Vorführung von H. Nishiyama erstmal nichts zum besseren Verständnis beigetragen zu haben scheint, folgendes Beispiel. Dieses Beispiel führe ich an, weil es leicht nachvollziehbar ist, aber nicht (!), weil es eine geeignete Übung für Kiai oder gar Kiai auf hoher kampfkünstlerischer Ebene ist. Jeder hier kennt wohl das Reaktionsspiel, bei dem Partner A seine Hände ausstreckt und Partner B seine Hände darunter hält, um dann zu versuchen, von oben auf die Hände von Partner A zu schlagen. Partner A soll das verhindern, indem er seine Hände rechtzeitig wegzieht.
Fall 1: Partner B schlägt auf die Hände von Partner A, der sie gar nicht oder nicht rechtzeitig weggezogen hat – kein Kiai.
Fall 2: Partner B ist dabei, im Bogen von unten nach oben auf die Hände von A zu schlagen, aber A erkennt das und zieht seine Hände rechtzeitig weg – das geht in „die richtige Richtung“, wäre aber so eine Art „Anfänger-Kiai“.
Fall 3: Partner A zieht seine Hände weg, bevor Partner B sich zu bewegen beginnt – Kiai.
Genau das versucht H. Nishiyama in dem Filmschnipsel zu zeigen.
Ich hoffe, ich konnte mich nun verständlicher ausdrücken.
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo Henning,
wäre dies hier ein weiteres Beispiel für das Konzept des Kiai, in dem Fall ohne Koe?
STWpZaqh6Bk
Gruß Holger
Hallo Henning,
ich habe das Video sehr wohl gesehen und finde es sehr gut, allerdings kenne i h den guten Herren nicht und würde mich hüten etwas zu seinen Lehren dazu zu schreiben.
Wie sagte ein guter Lehrer "There is no magic..."
Grüße
Kanken
SKA-Student
05-11-2012, 10:56
...
Fall 3: Partner A zieht seine Hände weg, bevor Partner B sich zu bewegen beginnt – Kiai.
:ups:
DAS heißt Kiai?! Erstaunlich! Nicht das ich das anzweifle, aber wer beschreibt das so im Original? Kommt das aus dem Schwertkampf / Kendo / Iai?
Kann ich auch nicht nachvollziehen... I don't get it..
Sensei-T
05-11-2012, 13:21
Hallo,
nehmen wir mal an ;), dass
- "Ki" = "Energie",
- "ai" = "Harmonie", "Einheit"
bedeutet, so sehe ich schon länger den "Kiai" als solches "Mittel":
Der Kiai, die Geistesbewegung und/oder Versammlung der Energie.
Die Fokussierung der gesamten geistigen und körperlichen Energie in eine Handlung.
, nicht erst inspiriert durch die Quelle, des Zitats (http://www.akka.de/theorie/kiai.htm), die ich eben erst aufgetan habe
Ich glaube, vielfach wird der Kiai (in den meisten Kreisen ja nunmal auch "Kampfschrei" genannt) einfach echt missverstanden. Daher auch danke an kanken und Gibukai. Wenngleich ich den Ausführungen letzterem auch nicht ganz folgen kann (weder der ersten, noch der zweiten). In gewisser Weise würde ich da behaupten, dass es in den Beispielen von Gibukai mit Wahrnehmung zu tun hat und dem Vorwegnehmen der Handlung.
[...]
Kiai ist ein dynamischer aber vollständig konzentrierter Zustand, für den ein Gegner notwendig ist! D. h. alles was ich so allein mache/trainiere, kann kein Kiai im engeren Sinne haben/sein.
[...]
Kurzum, das einzige „Bild“, das für Kiai im eigentlichen Sinne notwendig ist, ist mein Gegner/Partner.
Hinsichtlich meiner oben genannten, zitierten Beschreibung des "Mittels" benötige ich ein Bild, ja, aber dieses muss nicht zwangsläufig real sein, also ich meine im Sinne von realen Partner vor der Nase. Dieses Bild kann ich mir auch vorstellen. Und mit der "Fokussierung der gesamten geistigen und körperlichen Energie in eine Handlung" kann somit das ganze auch auf eine Situation außerhalb des Dojo bezogen werden. Da ist mein Gegner dann kein zweibeiniges Individuum, sondern z. B. 'ne Radmutter, die ich lösen will.
Ob verstanden wurde, so zu "sehen", wird mMn schön an den Kiai innerhalb einer Kata deutlich: kommt das Kiai (oder dann mehr Hennings Erläuterung folgend: "Koe") aus dem Hals ist es echt ein Schrei, wie ein vorweg genommenes Element im Kampf (z. B. zur Verwirrung), kommt das Kiai aus dem Hara, spricht auch der "Körperaufbau" ein ganz andere Sprache.
In gewisser Weise würde ich da behaupten, dass es in den Beispielen von Gibukai mit Wahrnehmung zu tun hat und dem Vorwegnehmen der Handlung.
So habe ich die Beiträge auch verstanden, sehe aber keine Verbindung zu dem Kiai.
Sensei-T
05-11-2012, 13:55
So habe ich die Beiträge auch verstanden, sehe aber keine Verbindung zu dem Kiai.
(Aus-)Atmen... im richtigen Moment... "Geistige und körperliche Handlung im richtigen Moment"
Der Karateka auf der rechten Seite bringt den Oberkörper nach hinten (ich behaupte, dass er in diesem Moment einatmet oder eingeatmet hat) kurz bevor sein Angriff startet.
Aber: das Video finde ich persönlich zu kurz und ohne passenden Ton sowieso nicht eindeutig. Zudem kennen die wenigsten hier wahrscheinlich die wirkliche Intention des Gezeigten. Auf Basis der Deutung des linken Karateka ganz zu Anfang der Szene, die Henning meint, würde ich sogar darauf schließen, dass er auf einen Fehler hinweisen möchte, der sich darauf stützt, dass die meisten Leute auch noch mit geschlossenem Mund (durch die Nase) einatmen oder die Atmung zum Ende hin abreißen durch zukneifen des Mundes, die erste Handbewegung deute ich hier auch eher als "greif mal so an" (aber: alles nur Spekulation: ich war nicht dabei; vielleicht war es Hennig ja)
Hallo nochmal,
ja, „Fall 3“ entspräche einem richtigen Kiai. Aber genau da liegt auch der Knackpunkt, der das ganze „erstaunlich“ macht. Jeder hier hat so seine Vorstellungen davon, was Kiai ist, die, wie ich bereits schrieb, alle am eigentlichen Kiai im Budō vorbeigehen und noch nicht mal in seiner Nähe sind. Der Hauptgrund dafür sind Wissenslücken, die bei der Übertragung des Karate entstanden (oder mit übertragen worden sind). Der fleißig Trainierende fragt sich dann, was er warum überhaupt trainiert und versucht die Wissenslücken, die er selbst zu erkennen vermag, zu schließen. Das ist absolut menschlich. Dumm daran ist nur, daß sie nicht mit Karate-Wissen geschlossen werden, sondern mit allen möglichen persönlichen Interpretationen, angefangen beim sportlichen Wettkampf, über „Bunkai“-Fantastereien und Palaver darüber, was denn nun das Realste vom realen Realfighting sei, hin zu Borgemanövern, bei denen Ideen und Praktiken aus der jeweiligen Person wie auch immer zugänglichen chinesischen Kampfkünsten oder Ch’i-Kung-Ausprägungen genommen und gewaltsam ins „Karate“ hineingepfropft werden. Oder die Wissenslücken werden „philosophisch“ geschlossen. Schließlich wird das dann als „Karate“ weitergegeben …
Im Original wird dieser Ansatz bereits von S. Matsumura (1797–1889) beschrieben. Lies mal bitte in meinem ersten Buch seinen Text „Die Übung der Kampfkunst“ vollständig (S. 2 ff.) Auch G. Funakoshi äußert sich ziemlich ausführlich dazu, z. B. in seinem Text „Erörterung von ‚Seikan‘“, in dem er den Begriff „Kiai“ verwendet (S. 60 ff.). Das Konzept stammt zweifelsohne aus japanischen Kampftraditionen, wie dem Jigen-Ryū, das von S. Matsumura ausgeübt wurde.
Natürlich ist das angedeutete Niveau eines echten Kiai enorm hoch, quasi „unfassbar“ für Anfänger und jene, die so etwas noch nie trainierten. Genau solch ein hohes technisches Niveau war aber immer das Ziel im Budō, so wie es z. B. S. Matsumura beschreibt. Es kann doch keiner ernsthaft glauben, daß diese Leute ihr Leben lang „Bunkai“ u. ä. praktizierten und das auch noch interessant genug fanden, um es täglich zu tun … Sie setzten sich ein echtes technische Ziel, das von einem ihrer Lehrer verkörpert wurde und das sie erreichen wollten.
Eigentlich wollte ich auf eine Übersetzung des Begriffs verzichten, weil dann alles „zu theoretisch“ wird. Aber die immer wiederkehrende „Harmonie“ und „Lebensenergie“ usw. machen das notwendig. „Kiai“ 気合 kommt von der Phrase „Ki ga au“ 気が合う, die zum Ausdruck bringt, daß der Geist (Ki) zweier (oder mehrerer) Menschen zusammenpaßt (au). Sie beschreibt also zwei (oder mehr) Menschen die gut aufeinander eingespielt sind. Vielleicht kennt hier der ein oder andere Situationen, in denen er mit einem Freund oder einer Freundin zusammen ist und plötzlich ganz genau weiß, was er oder sie im nächsten Moment sagen/tun wird. So in etwa ist „Ki ga au“ aufzufassen …
Für die Kampfkunst (Budō) ist es jedoch wichtig, daß klar wird, daß dieser sympathisierende Unterton, den „Ki ga au“ mit sich bringt, weggelassen werden muß. Es geht nur um die Grundidee, nämlich daß der Geist (Ki) paßt (au). In diesem Sinne übersetze ich „Kiai“ als „passender Geist“ oder „rechter Geist“, wobei „Geist“ im weitesten Sinne aufzugreifen ist.
Wer das versteht – ohne sofort wieder sein Weltbild über diese Erklärung zu mantschen, wie es oben bereits passierte –, der kann auch nachvollziehen, weshalb Kiai ohne Partner/Gegner nicht möglich ist. Klar, es gibt Leute, die sind mit einer imaginären Freundin etc. bzw. einem imaginären Freund etc. vollkommen glücklich. Aber es ist letztlich nicht dasselbe wie ein echter Mensch … Genauso verhält es sich im Karate. Ich kann mir Hunderte imaginäre Gegner „vorstellen“; einen echten Kiai aber kann ich eben nur mit einem richtigen Partner mit richtigen Gefühlen, Reaktionen usw. üben. Punkt.
„Wahrnehmung“ hat also absolut etwas mit Kiai im eigentlichen Sinne zu tun, ist aber nur der Anfang bzw. nur ein Bestandteil von vielen (sonst würde es „Wahrnehmung“ und nicht „Kiai“ heißen).
Was den Filmschnipsel mit H. Nishiyama betrifft, nein, ich spekuliere nicht über den Inhalt des gezeigten (danke für die Anspielung!). Ich war nicht bei diesem Lehrgang, aber ich war auf anderen Lehrgängen (Plural) mit ihm und diese Demonstration gehörte zu seinem Standardrepertoire, um Kiai zu erklären und er ließ es uns in dieser Form üben.
In dem weiter oben verlinkten Youtube-Film wird „Kiai“ gezeigt, ja.
Grüße,
Henning Wittwer
Jetzt habe ich verstanden was du meinst, danke für die genaue Ausführung. Ist eine interessante Perspektive.
SKA-Student
05-11-2012, 16:10
Auch von mir danke für die ausführliche Erklärung.
Es ist ja sehr interessant, wie sich die Begriffe "entwickeln". Das, was nach Gibukai das ursprüngliche "Kiai" ist, ist auch bei uns das höchste Ziel, wird aber "Irimi" genannt (was wohl wiederum soviel wie "eintreten" heißt und im Aikido ein gebr. Begriff ist).
Im JKA entspricht es wohl dem "De-Ai", spielt da nach meinen Erfahrungen keine so entscheidende Rolle.
Es ist ja sehr interessant, wie sich die Begriffe "entwickeln". Das, was nach Gibukai das ursprüngliche "Kiai" ist, ist auch bei uns das höchste Ziel, wird aber "Irimi" genannt (was wohl wiederum soviel wie "eintreten" heißt und im Aikido ein gebr. Begriff ist).
Im JKA entspricht es wohl dem "De-Ai", spielt da nach meinen Erfahrungen keine so entscheidende Rolle.
Ich denke da gibt es verschiedene Definitionen, Ziel des Threads war ja möglichst viel darüber herauszufinden. Koichi Tohei, Ueshiba schreiben meines Wissen nichts von der Herkunft über "Ki ga au". Was aber ein sehr interessanter Aspekt ist. Was Tanaka mit innerem Kiai meint ist sicher auch etwas anderes. Wobei "passender Geist" ja ganz schnell auf alle möglichen Situationen übertragen werden kann. Da passt die Balance von Ki wieder. Auch wenn man damit Gefahr läuft "sofort wieder sein Weltbild über diese Erklärung zu mantschen"
Kann jemand gute schriftliche Quellen, Interviews, Kommentare zum Thema Kiai nennen? Scheinbar wird darüber nur wenig geschrieben, gerade in Karate Kreisen.
Gibukai, wenn du mich meinst, kannst du es auch ruhig schreiben ;-)
Du hast nicht die Spur einer Ahnung von "meinem" Karate und den Dingen, die darin enthalten sind. AUßerdem hast du keine Ahnung von den Leuten mit denen ich Trainiere oder welches Wissen mit ihnen geteilt habe oder nicht. Diese Leute stehen in einer sehr langen Tradition und haben sehr sehr valide Informationen. Lege dein Wissen des Karate nicht als Maßstab für das Karate allgemein an, das es so eh nie gegeben hat. Du magst für Funakoshi und das was danach kommt sprechen, allerdings nicht für das, was Itosu oder andere Lehrer dieser Generation getan, oder nicht getan haben.
Ich kenne Varianten von Kata, die du so noch nie gesehen haben wirst und Bewegungsmechaniken, die du so nur hinter vorgehaltener Hand hören wirst. Diese Bewegunsmechanik ist nahazu identisch mit der des Bagua und des Xingyi und, je nach Kata, mit dem Tongbei (wobei das auch viele chin KK beinflusst haben soll). Die Unterweisungen, die ich im Karate bekommen habe habe ich sonst so komischerweise nie von "Karateleuten" gehört, dafür von Lehrern der chin KK. Die Würfe, die ich kenne, habe ich ebenso im chin. Ringen gefunden, die der jap. Koryu sind ähnlich, aber in der Didaktik doch anders (und zwar erheblich).
Sicher, du kannst mir (ähnlich wie Vegeto) natürlich vorwerfen, dass du solche Dinge bisher weder gesehen noch gehört hast, weder in Dtld. noch in Japan oder "auf Englisch". Ich weiß, dass es funktioniert und habe Kontakt zu Leuten, die mir die essentiellsten Dinge (die du aus Unkenntnis als "esoterisch" bezeichnest) genau so bestätigt haben und das sind weder Deutsche noch amerikanische Lehrer und die haben nichts mit unserer "Karateströmung" zu tun, noch nicht einmal mit Karate allgemein.
Anstatt zu versuchen sich abzugrenzen sollte man lieber versuchen nach Gemeinsamkeiten zu suchen, allerdings wird das schwer, wenn man behauptet das "alleinige Karate" zu kennen und auf seiner Deutungshoheit zu pochen. Bücher und schriftliche Quellen sind da leider nicht zu gebrauchen (nimm alleine Toyamas Buch und die Fotos darin). Das war schon immer so, wenn es um schriftliche Übersetzungen von KK-Büchern ging. Schau dir an, was für ein Mist in der chin. Republik gedruckt wurde und was z.B. Sun LuTang mit seinen Büchern angerichtet hat. Ist im Karate nichts anderes.
Wenn du nicht so weit weg wohnen würdest wäre ich schon einmal längst bei dir vorbeigekommen um mit dir gemeinsam zu trainieren eben um nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Du hast ein enormes theoretisches Wissen und anscheinend einen sehr guten Shotokan-Karatelehrer. Richtig ist auch, dass es viel Mist unter dem Deckmantel des Karate gibt und gab, aber dennoch gibt es auch Karate neben dem der Shotokanströmung. Auch über die KK-Quälität eines Funakoshi gibt es verschiedene Meinungen...
Grüße
Kanken
Whoops... können wir uns darauf beschränken wertungsfrei verschiedene Ideen gleichberechtigt nebeneinander zu betrachten? Ohne durchsetzen zu wollen was nun wirklich die "Wahrheit" ist?
Das ich hinterfrage was jemand im Internet schreibt und das gerne mit anderen Quelle abgleiche nimmst du mir hoffentlich nicht übel. Ich werfe niemandem etwas negatives vor.
Das ich hinterfrage was jemand im Internet schreibt und das gerne mit anderen Quelle abgleiche nimmst du mir hoffentlich nicht übel. Ich werfe niemandem etwas negatives vor.
Ich nehme Dir das überhaupt nicht übel, ist doch völlig verständlich, das man sich wundert, wenn da irgendjemand etwas schreibt was man sonst nicht hört! Wieder so ein Fall wo etwas durch Wörter schärfer rüberkommt als im persönlichen Gespräch.
Daher bevorzuge ich ja auch den persönlichen Kontakt. Wenn man jemanden anfasst kann man viel schneller und besser das Können des Gegenüber einschätzen. Graduierungen und auch Lehrernamen bedeuten nichts. Der persönliche Kontakt alleine zeigt Können oder auch Nichtkönnen, wobei Graduierungen seriöser Lehrer einen Anhalt geben können (aber nicht müssen).
Daher bin ich viel mehr für persönlichen Kontakt und das Suchen von Gemeinsamkeiten als unpersönliches schreiben und streiten in schriftlicher Form.
Grüße
Kanken
SKA-Student
05-11-2012, 18:55
Jetzt haben wir historisches über den Kiai gelernt, außerdem dass es physische/medizinische Zusammenhänge zwischen Kiai und Körper gibt.
Danke an Gibukai und kanken, ich finde eure Beiträge hier sehr lehrreich, interessant und wichtig!
@kanken: ich kann da keinen "Angriff" von Gibukai erkennen.
@Gibukai: ich glaube, wir müssen hier mit der modernen "Neu-Interpretation" das Kiai zurecht kommen, wenn auch historisch nicht ganz korrekt.
@alle:
Wir beziehen uns jetzt am besten alle wieder auf Vegetos Ausgangsfrage / -idee für diesen Thread, eure persönliche Bedeutung des "Kiai" ("persönlich" erlaubt je einiges an Interpretation... ;) ):
Ich möchte die offene Frage in die Runde stellen: der Kiai - was bedeutet er für euch? Verwendet ihr ihn auch außerhalb des Karate, z.B ein innerer,lautloser Kiai? Und wenn ja, warum?
KeineRegeln
06-11-2012, 06:19
Schönen Morgen,
ich finde es ebenfalls sehr spannend und interessant beides zu lesen. Gerade die Beispiele die Henning in seinem 2. Post nennt finde ich verständlich. Mir fällt auch ein, dass ich schon mal von dem Zustand im Zusammenhang mit dem Kiai gehört habe. Leider weiß ich nicht mehr wo. Aber erlebt hat den sich jeder von uns (meinet wegen auch gerne in einer Anfängerform), wenn man zum Beispiel irgendwie wusste, was genau der Gegner machen wird, selbst wenn er es zum erstenmal macht. Nicht die Gedanken lesen, sondern fühlen.
Ist halt sehr schwer zu erklären...
Was das Kiai angeht: besonders der Umstand das Henning schreibt, dass es sich um ein einen Umstand (mir ist auf die schnelle nichts besseres eingefallen) aus dem Budo handelt, während kanken darauf hinweist, dass sein Karate noch sehr dem chinesischen Künsten ähnelt liest mich wie Ska vermuten dass wir hier wirklich von 2 verschieden Sachen sprechen:
Dem Kiai vor und nach der Japanisierung.
Für mich ist das kein Problem, wenn dem so ist. Kämpferisch und historisch finde ich beides interessant. Mich würde es übrigens verwundern, wenn im Zuge der Japanisierung von Okinawa NICHT (!) etliche Wörter durch japanische, in ihrer Bedeutung ähnliche (!!) Wörter ausgetauscht wurden. Der Wechsel in eine andere Sprache liest immer Spielraum in dem was man in das neue Wort rein interpretiert. Jeder mehrsprachige müsste wissen was ich meine.
Und da es sowieso nicht das Karate gibt, .....
@Henning: hoffe es ist ok, dass ich dich Duze.
@kanken: das in einem Forum etwas viel schärfer rüber kommt, als es gemeint ist und bei einem persönlichen Gespräch täte, kenne ich nur zu gut. ;)
Gruß
KeineRegeln
Koichi Tohei, Ueshiba schreiben meines Wissen nichts von der Herkunft über "Ki ga au".
Ueshiba hat sich ausführlich zu kiai geäußert.
„Kiai“ 気合 kommt von der Phrase „Ki ga au“ 気が合う, die zum Ausdruck bringt, daß der Geist (Ki) zweier (oder mehrerer) Menschen zusammenpaßt (au).
Danke führ die ausführliche Darstellung deiner Gedanken!
Warum übersetzt du ki mit Geist?
Und wie grenzt du es dann gegen shin - oder evtl. auch kokoro - ab?
Warum gehst du davon aus, daß um die Verbindung zweier Individuen geht und nicht um die Bündelung/Veribung des ki einer Person?
Wie grenzt du kiai gegen aiki ab?
(Und was für ein Buch hast du geschrieben?)
Zitat von Vegeto
Koichi Tohei, Ueshiba schreiben meines Wissen nichts von der Herkunft über "Ki ga au".
Ueshiba hat sich ausführlich zu kiai geäußert.
Dein Kommentar geht ja wohl vollkommen an meinem vorbei. Natürlich hat sich Ueshiba zum Kiai geäußert. Aber hast du ein Zitat wo er etwas von "Ki ga au" schreibt?
Hallo,
ich habe im Grunde jeden einzelnen Mitschreiber zutiefst „beleidigt“, weil ich darauf hinwies, daß sich die Diskussion zunächst nicht um Kiai im eigentlichen Sinne dreht. Ich Schuft, wie konnte ich es wagen!? Dann erklärte ich, wie Wissenslücken entstehen und womit sie gefüllt werden – für jeden Füller gibt es deutschlandweit, z. T. weltweit bekannte und einflußreiche Organisationen/Gruppierungen – die gibt es für Sport, die gibt es für Bunkai, die gibt es für Real-Street-Fight-Karate, die gibt es für Ch’i-Kung-Übernehmer und Karate-Philosophen – manchmal sogar unter einem Dach. Die meisten Mitschreiber und -leser hier wurden mehr oder weniger stark von deren Veröffentlichungen (Bücher, Zeitschriften, Artikel, Online-Propaganda) und Ausbildungen/Lehrgänge beeinflußt. Zumindest was den Kiai (dieses Thema hier) betrifft, tritt deutlich zutage, wie „gut“ oder wie „schlecht“ diese Quellen sind. Nachdem nun geklärt werden konnte, wer das unbekannte Super-Karate mit dem Zeug, von dem ich nicht die Spur einer Ahnung habe, trainiert, seien mir noch ein zwei abschließende Bemerkungen zu den Nachfragen gestattet, die ich an jene richte, die es wissen möchten:
Irimi oder Deai sind eher technische Ausdehnungen des Kiai, d. h. sie sind kein Kiai; mit dem Kiai können alle möglichen „technischen Verfahren“ verknüpft werden, nicht bloß Irimi …
„Ki“, 気 bzw. 氣, übersetze ich mit „Geist“ im weitesten Sinne, weil der Begriff in der japanischen Sprache nicht sofort dieselben Bedeutungsfärbungen hat wie das chinesische Zeichen 氣 (Ch’i). Das ist einfach so. Auch im okinawanischen Sprachgebrauch meint Chī nichts anderes als „Geist“ (wieder im weitesten Sinne). Ein mittlerweile verstorbener okinawanischer Karate-Lehrmeister, den ich selbst ganz nebenbei als den technisch besten okinawanischen Karate-Lehrer, bei dem ich war, betrachte, gab im übrigen eine ziemlich ausführliche Erklärung zu Ki/Chī ab, die genau das bestätigt: Ki/Chī meint nicht mehr als Geist im weitesten Sinne (auch in der okinawanischen Kampfkunst).
„Kokoro“ (Herz) bezieht sich eher auf Gefühle des Menschen, also einen „emotionalen Geist“, was eine eingeschränkte Bedeutung von „Geist“ ist, während „Ki“ wie schon geschrieben eben Geist im weitesten Sinne meint.
Nein, bei „Kiai“ geht es nicht um die „Verbindung“ zweier Menschen (im Sinne von Gleichschaltung/Harmoniesierung), sondern um das Interagieren oder die Fähigkeit einen auf den Partner/Gegner ausgerichteten „rechten/paßenden Geist“ herzustellen. Sich zu konzentrieren ist vielmehr ein Bestandteil, der für Kiai notwendig ist, ebenso wie die „Wahrnehmung“ von weiter oben und weitere Bestandteile …
Da Du Aikidō betreibst, werden meine Bücher eher langweilig für Dich sein …
Grüße,
Henning Wittwer
PS: Im Karate-Magazin "Toshiya" Ausgabe 6/2010 findet sich ein ziemlich ausführlicher Text zum Thema Kiai im Karate
Sage mal Henning, wo schrieb ich denn "Super-Karate"? Ist interessant zu sehen wie du reagierst wenn man deine Meinung und dein Wissen angreift. Da ich weder von Büchern noch von Lehrgängen lerne sondern im direkten persönlichen Kontakt, denn nur da kann man Leute und ihr Können (nicht nur das theoretische Wissen) einschätzen, werde ich es glaube ich lassen dir klarmachen zu wollen, was ich meine. Du willst anscheinend alles in den falschen Hals bekommen, vlt. ändert sich das ja mal wenn man sich persönlich trifft.
Bis dahin kannst du ja den Gral des Karate weiter bewachen.
Grüße
Kanken
@Kanken und Gibukai
Jungs, ganz ehrlich und zwar in zwei Punkten. Erstens bin ich dankbar für euer Wissen und eure seltenen Perspektiven die ihr hier einbringt und zweitens soll das nicht die Bühne werden auf der ihr austragen könnt wer von euch nun von den cooleren Meistern gelernt oder das bessere Wissen hat.
Und was Heilige Kühe betrifft: die dürfen hier gerne geschlachtet oder mit anderen gepaart werden.
Irimi oder Deai sind eher technische Ausdehnungen des Kiai, d. h. sie sind kein Kiai; mit dem Kiai können alle möglichen „technischen Verfahren“ verknüpft werden, nicht bloß Irimi …
Nein, bei „Kiai“ geht es nicht um die „Verbindung“ zweier Menschen (im Sinne von Gleichschaltung/Harmoniesierung), sondern um das Interagieren oder die Fähigkeit einen auf den Partner/Gegner ausgerichteten „rechten/paßenden Geist“ herzustellen.
Ist es dann nicht denkbar den Kiai auch sehr nahe in Bezug auf die Maai zweier Opponenten/Partner zu sehen? (Maai einfach mal mit Kampfdistanz übersetzt)
Wir haben ja dann die Realitäten, Kampfdistanzen, Handlungsspielräumer zweier Menschen und der eine dringt in die Maai des anderen ein. Genau da ist der Kiai doch angebracht.
KeineRegeln
06-11-2012, 11:27
@Kanken und Gibukai
Jungs, ganz ehrlich und zwar in zwei Punkten. Erstens bin ich dankbar für euer Wissen und eure seltenen Perspektiven die ihr hier einbringt und zweitens soll das nicht die Bühne werden auf der ihr austragen könnt wer von euch nun von den cooleren Meistern gelernt oder das bessere Wissen hat.
Und was Heilige Kühe betrifft: die dürfen hier gerne geschlachtet oder mit anderen gepaart werden.
Genau so ist's. Euer Wissen ist viel zu interessant.
@kanken: ich bin sicher, dass Henning auch von echten Menschen lernt ;)
@Henning: kanken schrieb doch gleich, dass es gar nicht so scharf rüber kommen sollte, als er merkte, wie sein Post rüber kam. Du hast ja mehrer Bücher geschrieben. Welches empfehlst du nem Anfaenger zum einlesen oder einfach chronologisch vorgehen?
Da Du Aikidō betreibst, werden meine Bücher eher langweilig für Dich sein …
Das schien mir nicht so. Aber wenn du es sagst.
„Ki“, 気 bzw. 氣, übersetze ich mit „Geist“ im weitesten Sinne, weil der Begriff in der japanischen Sprache nicht sofort dieselben Bedeutungsfärbungen hat wie das chinesische Zeichen 氣 (Ch’i).
Daß sich japanische und chinesische Bedeutung des Begriffes unterscheiden, ist unstrittig.
(Übrigens auch, daß kiai nicht synonym mit Schrei ist.)
Meine Frage war aber, warum du aus dem japanischen Bedeutungsspektrum den Begriff "Geist" als als zentral wählst?
Rein lexikalisch ist das nicht eindeutig. "Geist im weitesten Sinne" läßt sich ebenso mit shin/kokoro abbilden und Geist im Sinne von Gefühl ebenfalls durch ki. Ob man die Begriffe in die eine oder die andere Richtung versteht und ausdeutet, ist lexikalisch nicht absolut gegeben, sondern hängt von Vorentscheidungen ab.
Zudem ist das chinesische Verständnis in vielen japanischen budô stark rezipiert worden, so daß man nicht selten ein daoistisches Verständnis wiederfinden kann, das ki durchaus im Sinne von qi versteht (+ shin + tai ...).
... was eine eingeschränkte Bedeutung von „Geist“ ist, während „Ki“ wie schon geschrieben eben Geist im weitesten Sinne meint.
Ich sehe nicht, daß ki so etwas wie einen "Oberbegriff" darstellt und andere Begriffe dann Spezialisierungen, Färbungen oder Einschränkungen davon bezeichnen.
Ich sehe die Begriffe eher nebeneinander, unabhängig.
In verschiedenen Traditionen, verschiedenen Sprachfeldern, verschiedenen Wirkungsgeschichten nehmen sie unterschiedliche Färbungen oder Konnotationen an. Die Begriffe sind schlicht nicht absolut, sondern ihre Deutung unterliegt je ihrem Kontext.
Dein Kommentar geht ja wohl vollkommen an meinem vorbei.
Ja. Völlig.
Entschuldige: Ich habe nicht sorgfältig gelesen.
Stattdessen:
„Kiai“ 気合 kommt von der Phrase „Ki ga au“ 気が合う, die zum Ausdruck bringt, daß der Geist (Ki) zweier (oder mehrerer) Menschen zusammenpaßt (au).
Das habe ich so noch nicht gehört. Woraus leitest du das ab?
Dein Verständnis von kiai ist interessanterweise dem sehr ähnlich, was in manchen japanischen Schulen unter aiki verstanden wird.
SKA-Student
06-11-2012, 12:36
@kanken & @Gibukai:
Es gibt hier für niemanden einen Grund beleidigt zu sein. So ein unnötiger Streit macht den Thread nur kaputt. Also nicht nach "Anschuldigungen" suchen, wo keine sind, und wenn doch: tief durchatmen und evtl. sachlich antworten.
Danke.
Hallo,
zu den Nachfragen: ja, die Konzepte von Kiai und Maai sind miteinander verknüpft. Wie genau das geschult wird, hängt vom jeweiligen Lehrgebäude ab. Ohne in sich schlüssiges Lehrgebäude läßt sich das nicht lernen und es kommt nur Murks dabei raus …
Die „Vorentscheidung“ für die Wahl von „Geist im weitesten Sinne“ für „Ki“ (oder okin. „Chī“) ist durch den Kontext vorgegeben: Budō bzw. Karate. Und folglich leite ich die Übersetzung von Ki und Kiai aus Budō- bzw. Karate-Quellen ab – mündlichen Erklärungen (japanischer/okinawanischer) Lehrmeister, japanische Texte von Karate-Lehrmeistern und dem Training unter (japanischen/okinawanischen) Lehrmeistern, das ich genießen durfte und im Falle meines eigenen Lehrers darf. Vielleicht hilft ja auch das: ich kann „geistvoll handeln oder geistlos“; alles was im Budō/Karate trainiert wird sollte „geistvoll“ sein.
Was meine Bücher betrifft, da Band II auf dem Stoff aus Band I aufbaut, würde ich empfehlen, erst Band I zu lesen. Allerdings weiß ich nicht, was Du unter „Anfänger“ verstehst. Ich erhielt von zwei sechzehnjährigen Gymnasiasten mit zwei, drei Jahren Karate-Training positive Rückmeldungen zu Band I, d. h. sie fanden ihn gut und verständlich.
Grüße,
Henning Wittwer
... Und folglich leite ich die Übersetzung von Ki und Kiai aus Budō- bzw. Karate-Quellen ab ...
Natürlich.
Ich wäre an einer inhaltlichen Aussage interessiert gewesen, weil andere budô durch schriftliche und mündliche Quellen ein z.T. anderes Verständnis transportieren. Aber eine solche Diskussion gehört auch nicht in das karate Forum.
Bitte entschuldige und vielen Dank für deine Erläuterungen.
Hallo,
Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen (wofür eigentlich?)! Ich hab' ja wohl offensichtlich Deine Frage nicht verstanden, obwohl ich aus meiner Sicht denke, inhaltlich erklärt zu haben, wieso "Geist" betont wird. Oben gab ich zwei Textstellen von G. Funakoshi an, eine, in der er Kiai im weiteren Sinne (als Schrei), eine in der er Kiai im engeren Sinne (mit Bezug auf eine angreifende/gegnerische Partei) beschreibt. Zudem verlinkte ich einen kurzen Film, in dem Kiai in bezug auf einen Angreifer illustriert wird. Und ich formulierte ein Beispiel (Reaktionsübung mit den Händen), um Kiai nachvollziehbar zu machen. Also wenn das alles nicht das ist, was Du wissen möchtest, stehe ich auf dem Schlauch. Vielleicht kannst Du die Frage noch mal anders stellen; wenn Du meinst, das gehöre nicht ins Karate-Forum hier, kannst Du mir auch eine Email schicken, wenn es Dich interessiert ...
Grüße,
Henning Wittwer
HellAdmiral
15-11-2012, 10:19
Hallo,
nachdem ich einige Zeit schmunzelnd gelesen habe, wie einige das/den Kiai interpretieren, finde ich es erstaunlich, bisher nur in einem Thread einen kleinen Hinweis auf die Herkunft innerhalb der japanischen Kultur gelesen zu haben, deshalb möchte ich hier mal meinen Ketchup hinzugeben:
Die Theorien in diesem Thread gehen im Prinzip in einige klar aufzeigbare Richtungen:
- Kampfschrei
- Kompression innerer und äußerer Anspannung, die im Moment des Einschlags der Technik auf den Gegner freigesetzt wird.
- Visualisierung zum Überwinden psychischer und physischer Barrieren
- Atemtechnik
- Zusammenspiel aus dem eigenen Kampf und dem des Gegners
Gehen meiner bescheidenen Meinung nach ALLE in die richtige Richtung, fehlt nur etwas elementares.
Mit einem Shihan konnte ich mal ein Training absolvieren, das sich rund um Kiai drehte und um die Frage "Was ist Kiai?". Er verdeutlichte es mir so:
Ich nahm die Kampfhaltung ein, sollte irgendwann mit irgendeiner Technik angreifen, legte mich innerlich fest und noch bevor ich einen Muskel bewegte, zeigte er ruckartig mit dem Finger auf mich und sagte: "JETZT hast du dich für einen Angriff entschieden!"
Das Ganze funktionierte mehrere Male und er zeigte mir die Wirksamkeit dessen sogar ohne jeden Kampfstand. Ich stand ruhig da, Hände an den Seiten, größtenteils darauf konzentriert, die Verräter-Signale zu verhindern und nur ein kleiner Teil meiner Psyche beschäftigte sich überhaupt mit der Auswahl der Technik, die ich im nächsten Versuch anwenden wollte. Im Moment meiner Entscheidung sagte er mir wieder auf den Kopf drauf zu, dass ich mich entschieden hatte und sogar, in welche Richtung die Technik gehen würde.
Was mir an euren Statements bisher fehlt, ist der Teil, der in der japanischen Geschichte so elementar wichtig ist und doch in der westlichen Kultur so lächerlich gemacht wird...
Ein Budo-Ka stählt nicht nur seinen Körper für den Kampf, sondern auch und sogar viel mehr seinen Geist. Körper, Geist und Seele (Trinität) bilden eine untrennbare Einheit, einen stetigen Fluss an Informationen zueinander und nach außen (Ai). Der Budo-Ka (nicht nur Karate-Do, sondern alle "echten" Kampfkünste) ist in der Lage, zu fühlen, was sein Gegner vorhat und dieses Gefühl in Wissen umzuwandeln. Stichwort "intuitives Wissen".
Man fühlt, wann der Gegner angreift, indem man die Veränderungen der den Kämpfer umgebenen Energie wahrnimmt, deuten lernt, verstehen lernt (Ki).
Ki muss man nicht übersetzen, um Kiai zu verstehen, wenn man es als Begriff kennt: Ki, Chi, Qi usw., denn genau dieses Ki gibt einem das Wissen, das man nur mit einer Einheit (Ai) aus Körper, Geist und Seele verstehen kann, um den Bushido zu meistern.
Insoweit ist es richtig, dass man Kiai nur mit einem Gegner lernen kann, denn die Sinne für das Ki müssen durch Üben geschärft werden.
Insoweit ist es ebenso richtig, dass Kiai ein Überwinden der Angst ist, denn man kann Kiai nur verwenden, wenn man die Angst überwindet und lernt, Kiai zu vertrauen.
Insoweit ist es richtig, dass Kiai auch eine Atemtechnik ist, denn die Atmung ist das effizienteste Mittel, um den Geist in einen Zustand der Empfänglichkeit für die feinen Signale des Gegners zu versetzen, sich zu beruhigen, die Angst zu überwinden, Vertrauen zu schaffen.
Insoweit ist es richtig, dass man sein eigenes Ki in den Moment des Einschlags legt, um größtmögliche Durchschlagskraft zu erreichen und die Verteidigung des Gegners zu brechen.
Insoweit ist es richtig, dass man dies durch Visualisierungen übt, denn "der Fluss des Ki" ist auch nur eine Metapher, die es dem Trainierenden ermöglichen soll, die Existenz des Ki zu spüren.
Insoweit ist es richtig, dass Kiai ein Kampfschrei sein kann, denn dieser kann den Ki-Fluss des Gegners gehörig stören.
Insoweit ist Kiai also die Einheit des Ki. Das eigene Ki, das Ki des Gegners, das Ki der Welt um einen herum, die beständig zu einem sprechen, wenn man in der Lage ist, die Angst davor und das Misstrauen demgegenüber zu überwinden und mit dem Geist zu hören.
(Aber bitte nicht versuchen, den Gegner zur Aufgabe zu meditieren... Wie gesagt, auch der Körper gehört dazu und reagiert auf die Informationen, die der Geist aufnimmt.)
Man kann Kiai allerdings durchaus auch in einer Kata verwenden, wenn man es vorher geübt hat. Um Kiai zu praktizieren, ist ein Gegner nicht mehr notwendig, wohl aber zum Üben.
Viel Spaß!
Schöner Beitrag, danke.
Ich nahm die Kampfhaltung ein, sollte irgendwann mit irgendeiner Technik angreifen, legte mich innerlich fest und noch bevor ich einen Muskel bewegte, zeigte er ruckartig mit dem Finger auf mich und sagte: "JETZT hast du dich für einen Angriff entschieden!"
Das drückt gut aus was ich ich in einem meiner ersten Beiträge meinte.
…
Ich nahm die Kampfhaltung ein, sollte irgendwann mit irgendeiner Technik angreifen, legte mich innerlich fest und noch bevor ich einen Muskel bewegte, zeigte er ruckartig mit dem Finger auf mich und sagte: "JETZT hast du dich für einen Angriff entschieden!"
...
...
Das drückt gut aus was ich ich in einem meiner ersten Beiträge meinte.
Erst dachte ich ja *Ja ne, is klar. Jetzt kommts … *, aber ich glaube ich weiß was ihr meint oder ahne es zumindest. Im KB-Sparring mit meinem Trainer hatte ich mal ein ähnliches Erlebnis. Ich wollte ihn angreifen und hab mich gewundert, warum er meinen Angriff immer und immer wieder auskontert. Sogar bereits zu einem Zeitpunkt, bei dem ich mich noch nicht bewegt hatte, aber mich entschlossen hatte, JETZT. Und knall, war die Faust wieder da -.- . Ich hab ihn gefragt woran er das sieht, und dass ich mich doch gar nicht bewegt habe. Er sagte daraufhin, er merkt das einfach, wenn ich angreifen will.
Noch einen langen Weg ich vor mir habe -.-
Aber Kiai ist ja nicht das Erkennen, sondern das Treffen der Entscheidung an sich, das Commitment zur Handlung. Das sich dann sozusagen im Ki äußert. Kiai eben.
Sorry das war ungenau ausgedrückt. Ich wollte damit andeuten, dass wenn man das/den Kiai kann, dann kann man das auch bei dem andern erkennen.
punktpunktpunkt
15-11-2012, 12:53
Ergibt sich ein guter Kiai eher spontan oder ist's mehr ein bewusster Entschluss? Stichwort Mushin.
SKA-Student
15-11-2012, 15:18
Aber Kiai ist ja nicht das Erkennen, sondern das Treffen der Entscheidung an sich, das Commitment zur Handlung. Das sich dann sozusagen im Ki äußert. Kiai eben.
Äh, ich dachte dieses Erkennen der Entscheidung des anderen ist Teil des "ursprünglichen" Kiai?
Ich finde das alles sehr verwirrend und denke, dass ich das einfach auf mich zukommen lasse. Irgendwann wird ein richtiger Kiai schon von allein gehen. :D
@SKA-Student Ich glaube das war Gibukai's Perspektive basierend auf seinen Studien. Ich für meinen Teil kann das in der Art nicht annehmen, ist aber auch volllkommen ok. Meine Aussage oben dementsprechend auch mein begrenzter Eindruck. Soll ja ein Austausch und Abgleich verschiedenster Ideen sein.
Ergibt sich ein guter Kiai eher spontan oder ist's mehr ein bewusster Entschluss? Stichwort Mushin.
Interessante Richtung. Input bitte :)
SKA-Student
15-11-2012, 16:39
@SKA-Student Ich glaube das war Gibukai's Perspektive basierend auf seinen Studien. Ich für meinen Teil kann das in der Art nicht annehmen, ist aber auch volllkommen ok. Meine Aussage oben dementsprechend auch mein begrenzter Eindruck. Soll ja ein Austausch und Abgleich verschiedenster Ideen sein.
Ach so, ich dachte, weil du dem interessanten Beitrag von HellAdmiral zugestimmt hast, der das ja alles zusammenbringt ("Früherkennung" + Entschlossenheit + ...).
punktpunktpunkt
16-11-2012, 03:26
Interessante Richtung. Input bitte :)
Bewusste Entscheidungen setzen doch ein gewisses Schwanken voraus und je nach Gewichtung fallen Entschlüsse mal deutlicher oder weniger deutlich aus, aber unabhängig vom Ergebnis wägt man immernoch ab. Ich mein, spontan ist nicht spontan wenn ich mich vorher dazu entschließe spontan zu sein, oder schnell und heftig zu reagieren. Echte Spontanität heißt imho einfach aufzuhören zu pendeln.
Den Entschluss zum Handeln selber kann man glaube ich nicht sehen, aber dafür das Flattern davor und wann jemand aufhört zu flattern.
Ok, so weit so gut. Was meintest du mit Stichwort Mushin?
punktpunktpunkt
16-11-2012, 20:40
Eigentlich meinte ich genau diesen offenen Geisteszustand im Zusammenhang zum Kiai bzw. inwiefern die Qualität des Einen die Qualität des Anderen beeinflusst, bezogen auf's Timing zum Beispiel. Kann natürlich sein, dass ich etwas falsches unter dem Begriff Mushin verstehe und ihn falsch verwendet habe.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mushin
HellAdmiral
20-11-2012, 12:30
Genialer Spruch unseres Sensei zum Kiai, als ich ihn bat, meine Ausführungen mal zusammenzufassen und die Frage mit einzubeziehen, wie man zum Kiai kommt:
"Mit den Worten eines weisen, großen Meisters möchte ich dir dazu sagen: >>Fühlen, nicht denken, junger Padawan!<<."
Dem kann ich nichts mehr hinzufügen. ^-^
Fühlen, nicht denken
Das gilt erst wenn man es verstanden hat ;) Denn wer etwas wirklich verstanden hat, der braucht nicht mehr zu denken und macht einfach. Vorher und hier im Internet haben wir die Herausforderung unsere Gedanken zu sammeln und zu schreiben.
Kann natürlich sein, dass ich etwas falsches unter dem Begriff Mushin verstehe
Auf die verschiedenen Verständnisse und Zusammenhänge von Zanshin und Mushin würde ich gerne eingehen. :) Was verstehst du denn darunter?
Ich möchte die offene Frage in die Runde stellen: der Kiai - was bedeutet er für euch? Verwendet ihr ihn auch außerhalb des Karate, z.B ein innerer,lautloser Kiai? Und wenn ja, warum?
Ich benutze mein kihap gedanklich, wenn es um eine größere Anstrengung geht, oder ich vor einer schwierigen Aufgabe stehe, als Motivation.
Warum? Weil es mich dann motiviert und ich weiß, dass ich ja imgrunde "härteres" gewohnt bin. Mir hilft es. :)
punktpunktpunkt
21-11-2012, 09:29
Auf die verschiedenen Verständnisse und Zusammenhänge von Zanshin und Mushin würde ich gerne eingehen. :) Was verstehst du denn darunter?
Vorweg: Das Thema und die jeweiligen Interpretationen interessieren mich selber, aber in meinem Fall wäre es schon übertrieben von groben Halbwissen zu sprechen. Sollte ich also etwas falsches oder sich widersprechendes schreiben wäre ich sehr dankbar falls du oder jemand anderes sich die Zeit nimmt und mich korrigiert, oder eben ergänzt wenn nötig.
Der Zustand den ich jetzt Mushin nenne ist imho schlicht eine andere Betrachtungsweise einer deterministischen Welt, und nichts das man als Teil dieser Welt tun oder lassen könnte. Darauf bezogen gefällt mir als modellhafter Gedanke, dass das Leben einfach nur ein Film ist und eben dieses Bewusstwerden den Durchbruch der Handlung durch die vierte Wand darstellt. Der Film ist zwar immernoch der Film aber die Selbstreflektion im Jenseitigen ist Teil der Geschehnisse geworden und es passiert eben was passiert.
Ein Beispiel für das was ich meine, bzw. inwiefern Bewusstsein die Handlung beinflussen kann, wäre ein Protagonist der sein ganzes Leben lang nach dem "Film" sucht und mit diesem Motiv in Hinterkopf die Welt durchreist, sich zig Strapazen unterzieht, Klöster besucht und so weiter. Ich glaube wenn derjenige sich bewusst würde, dass er schon immer gelebt hat und daraufhin aufhört zu suchen, würde sich dessen Leben wohl ändern. Kann sein, dass er ruhiger wird und es ihm leichter fällt anzunehmen was eben ist, wobei sich gewisse Zustände dann natürlich manifestieren. Oder eben nicht, was auch natürlich wäre.
Zanshin ist glaube ich ein natürlicher Zustand innerhalb des Films. Beispielweise wenn man aufmerksam durch eine dunkle Straße geht, oder eben beim Sparring. Genauso wie es einem manchmal vielleicht danach ist zu schreien, zu kämpfen, oder zu Laufen. Oder halt nicht.
Ich hatte vorher mal erwähnt, dass sich ein Kiai im brüllenden Sinne für mich persönlich unnatürlich anfühlt. Ich schätze mal weil mir einerseits die Automatismen fehlen und zum Anderen, dass ich vielleicht auch nicht richtig will. Naja. Ich kann mir aber vorstellen, dass das eine ganz andere Geschichte wäre wenn sich Wille, Aufmerksamkeit und Können im richtigen Moment spontan ergeben. Ohne Schwanken wie gesagt.
Zanshin ist glaube ich ein natürlicher Zustand innerhalb des Films. Beispielweise wenn man aufmerksam durch eine dunkle Straße geht, oder eben beim Sparring. Genauso wie es einem manchmal vielleicht danach ist zu schreien, zu kämpfen, oder zu Laufen. Oder halt nicht.
Meinst du vielleicht "Zenshin"?
punktpunktpunkt
21-11-2012, 13:18
Meinst du vielleicht "Zenshin"?
Gute Frage :). Ehrlich gesagt wird mir bei den ganzen Begriffen so ein bisschen schwindelig. Zanshin, Zenshin, Sanshin, Mushin... Könnte auch "Fudōshin" sein.
Also Sanshin ist ein Musikinstrument. Sanchin eine Kata. Zenshin - keine Ahnung, könnte was ableiten, aber das lass ich mal.
Für das Thema halte ich es am sinnvollsten bei Zanshin und Mushin zu bleiben, oder wie seht ihr das?
Ich benutze mein kihap gedanklich, wenn es um eine größere Anstrengung geht, oder ich vor einer schwierigen Aufgabe stehe, als Motivation.
Kihap = Kiai? Wenn ja bitte im Karate Bereich unsere Terminologie verwenden.
Wie machst du das, also den Kiai als Motivation zu nutzen?
Schade, noch keine weiteren Eingaben! Ich hatte jetzt aber auch mal Zeit mein Verständnis von Zanshin und Mushin hier einzubringen:
Zanshin - dieses eine Wort beinhaltet einige der wichtigsten Dinge im Leben
- voll aufmerksam, wachsam im Hier und Jetzt sein
- ausbalancierter unbeeindruckter Geist (als Bild wie ein "Ghost" durch den alles hindurchgeht)
- Gleichmut, unbeeindruckt sein, positive Kaltblütigkeit
- Körper und Geist in Balance
- Lockerheit und Spontanität (unbeweglicher Geist meint nicht die Unbeweglichkeit)
Zanshin hat wohl Zeichen die auch als "gebrochenes Herz" gelesen werden können, daher der Gleichmut, von nichts beeindrucken, einschüchtern lassen. Das Herz, den Geisteszustand durch nichts stören lassen.
Basiert auf Mushin "nicht denken", denn wer wirklich verstanden hat braucht nicht mehr zu denken und handelt unmittelbar. Mushin "leerer Geist", das was zwischen zwei Gedanken ist. In Zanshin ist einem alles gewahr was gewissermaßen oberhalb von Mushin vorbeifliesst.
Beispiele wann Zanshin gestört ist:
- Selbstzweifel
- übermäßige Freude
- Wut
- zu stark im eigenen Kopf
- nicht fähig sofort aus der Ruhe in Bewegung zu kommen
- die Zukunft planen
- über vergangene Fehler nachdenken
- Tagträumen
Wenn ich mir die Geisteszustände ansehe die Zanshin, und damit auch Mushin, stören, dann hat ein Kiai auch eine bereinigende Funktion. Die Entschlossenheit mit der ein Kiai negative Gedanken beiseite schiebt passt doch ganz nett in das Bild das Ki (im Sinne von Geist und Absicht) wieder auszubalancieren.
Ich mache eigentlich grundsätzlich einen Kiai, wenn ich meine Anspannung loswerden möchte. Danach bin ich sofort gelöst. Auch im Alltag habe ich das, zwar äußert sich das nicht in einem lauten Schrei (kommt mitten im Unterricht nicht so gut) aber ist dieses Gefühl anschließend so ähnlich wie nach einem Kiai auch. Ich bin nebenher auch Sportschützin, ähnlich wie beim Karate muss ich meine ganze Konzentration für den Bruchteil einer Sekunde auf einen Punkt bringen (im wahrsten Sinne des Wortes). Auch aufn Schießstand kann ich nicht einfach anfangen los zuschreien, also ist ein kräftiges Anspannen in genau diesem Moment angesagt (mein trainer lacht mich immer aus, er sagt immer dass ich den Kime-Moment beim Schießen immer habe, und ich es gefälligst im Karate genau so machen soll).
Ich hoffe ihr versteht einigermaßen, was ich hier eigentlich sagen möchte
lg moni
punktpunktpunkt
25-11-2012, 07:53
Wenn ich mir die Geisteszustände ansehe die Zanshin, und damit auch Mushin, stören, dann hat ein Kiai auch eine bereinigende Funktion. Die Entschlossenheit mit der ein Kiai negative Gedanken beiseite schiebt passt doch ganz nett in das Bild das Ki (im Sinne von Geist und Absicht) wieder auszubalancieren.
Ist ein Kiai vergleichbar mit einem Mantra?
Meine Antwort: Nein. Ein Mantra ist ein Hilfsobjekt in einer Meditation, auf das du deine Achtsamkeit lenkst. Hängt dein Geist anderen Gedanken nach führst du ihn zurück auf das Mantra. Im Yoga sind die Mantras so gewählt das sie bestimmte Schwingungen des Universums verkörpern, die dir dann beim rezitieren nutzen.
Das was du von mir zitiert hast war eher so gemeint: stell dir vor es geht um eine Handlung z.B. einen Schlag und plötzlich sind da nur ablenkende Gedanken im Kopf (Zanshin gestört): diese einfach zu akzeptieren, fallen lassen und deine Absicht entschlossen mit der Handlung zusammen zu bringen und durch zu ziehen - Kiai. Bildlich wie eine Blase aus negativen Gedanken die du durchbrichst.
Im optimalen Fall bist du dann wieder so im Moment, das du zu deiner Handlung wirst, ohne zu denken.
Ich bin nebenher auch Sportschützin, ähnlich wie beim Karate muss ich meine ganze Konzentration für den Bruchteil einer Sekunde auf einen Punkt bringen (im wahrsten Sinne des Wortes). Auch aufn Schießstand kann ich nicht einfach anfangen los zuschreien, also ist ein kräftiges Anspannen in genau diesem Moment angesagt (mein trainer lacht mich immer aus, er sagt immer dass ich den Kime-Moment beim Schießen immer habe, und ich es gefälligst im Karate genau so machen soll)
Danke Moni, ich zumindest verstehe was du meinst. Aber mich würde noch genauer interessieren was dabei in dir vorgeht. Ist es möglich das irgendwie in Worte zu fassen?
Hallo,
zum Thema „Zanshin“ äußerte ich mich an anderer Stelle etwas ausführlicher und möchte – bei Interesse – darum bitten, den folgenden Links zu folgen. Der Begriff ist etwas problematisch … Ich möchte mein dortiges Geschreibe nicht hier herüber kopieren.
Einloggen (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=2970.0)
Aber auch hier:
Einloggen (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=1034.msg14320#msg14320) (weitere Ausführungen darunter)
Zum Begriff „Maai“ versuchte ich hier ein paar Punkte zu erläutern:
Einloggen (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=2914.msg25476#msg25476)
Grüße,
Henning Wittwer
Ich mach den Kiai grundsätzlich. Zum einen um aufgestaute Spannung innerhalb einer Technik loszuwerden,zum zweiten um (bei Formenläufen) Akzente zu setzen und zum dritten hilft es mir beim konzentrieren, da ich nach dem Kiai wieder voll im hier und jetzt und klar bin. Is sehr schwierig zu beschreiben,was ich meine, das Kiai ist für mich so eine Art Resetknopf innerhalb des Trainings. ^^
SKA-Student
04-12-2012, 08:44
Ich mach den Kiai grundsätzlich. Zum einen um aufgestaute Spannung innerhalb einer Technik loszuwerden,zum zweiten um (bei Formenläufen) Akzente zu setzen und zum dritten hilft es mir beim konzentrieren, da ich nach dem Kiai wieder voll im hier und jetzt und klar bin. Is sehr schwierig zu beschreiben,was ich meine, das Kiai ist für mich so eine Art Resetknopf innerhalb des Trainings. ^^
Ist auch schwer zu verstehen... :)
Warum musst du so oft "resetten" im Training?
netz-guru
06-01-2013, 21:41
Wir spielen bei uns im Dojo meist 15 Minuten nicht regelkonformes Basketball zum aufwärmen. Es ergab sich die Situation dass sich der Gegner direkt vor unserem Korb befand, ich jedoch hinter dem Gegner, also hatter der Gegner eigentlich freie Wurfbahn. Ich habe einen Kiai gemacht und der Gegner hat vor Schreck seinen Wurf abgebrochen, da hab ich ihm den Ball weggeschnappt... :)
Meiner Meinung nach ist ein richtiger Kiai in manchen Situationen genauso gut wie ein Tsuki... Wenn beim Kata-Training zuhause die Katzen bei nem Kiai unter das Bett flüchten, war er gut ;)
your mileage may vary...
... Ich habe einen Kiai gemacht und der Gegner hat vor Schreck seinen Wurf abgebrochen, da hab ich ihm den Ball weggeschnappt... :)
...
Funktioniert, aber nur dann, wenn der Gegner nicht damit rechnet. Das machen wir bei uns beim Fußball auch gern. Mittlerweile klappt es nur noch bei den Neuen. :D
KeineRegeln
07-01-2013, 17:33
Funktioniert, aber nur dann, wenn der Gegner nicht damit rechnet. Das machen wir bei uns beim Fußball auch gern. Mittlerweile klappt es nur noch bei den Neuen. :D
Hat da noch nie einer aus Reflex zugeschlagen??
netz-guru
07-01-2013, 22:58
ne, dass passiert nich wenn Du sie von hinten ankiaist ;)
Wir spielen bei uns im Dojo meist 15 Minuten nicht regelkonformes Basketball zum aufwärmen. Es ergab sich die Situation dass sich der Gegner direkt vor unserem Korb befand, ich jedoch hinter dem Gegner, also hatter der Gegner eigentlich freie Wurfbahn. Ich habe einen Kiai gemacht und der Gegner hat vor Schreck seinen Wurf abgebrochen, da hab ich ihm den Ball weggeschnappt... :)
Nicht regelkonformes Basketball kenn' ich nur zu gut... Aber seit dem die ersten mit Nage-waza angefangen haben ist das etwas ausgeufert :D
netz-guru
13-01-2013, 21:24
da schaffen Liegestütze manchmal abhilfe;)
Kiai:
immer und am allerliebsten dann, wenn ich von der Ausführung einer Technik besonders überzeugt bin. Das ist mal mehr, mal weniger der Fall. Wahrzunehmen sind die Unterschiede aber nur von mir selbst. Für andere, auch den Sensei, hört sich mein Kiai immer gleich an,außer ich bin etwas heiser. Die Unterschiede hör nur ich mit meinem inneren Ohr. Bin aber auch besonders bedacht, den Kiai anzubringen, bei anderen in der Trainingsgruppe muß man manchmal Erinnerungszettel "an den Kiai denken" anbringen, das geht von Kyu- bis hoch zu Dangraden.
Zanshin:
Habe mal Bogenschießen gemacht. Immer dann, wenn alles gestimmt hat, ich körperlich und seelisch "in der Mitte" war, flog der Pfeil auch auf größere Distanzen mit traumwandlerischer Sicherheit ins Schwarze. Ich fühlte immer ganz genau, wann alles gestimmt hatte, war aber NICHT in der Lage, diesen Zustand bewußt herbeizuführen. Das klappte mal, mal nicht.
In einem Artikel über Kyudo wurde mal ein Meister dieser Kunst zitiert: "Zuerst DENKST du den Schuß, dann schießt du. Gelingt es dir nicht,alle deine Gedanken auf den Schuß und das Ziel zu richten, schieß nicht.Versuche es erneut !"
Das hab ich heute beim Karatetraining oft im Kopf, es hilft mir bei der Konzentration, Sammlung und Fixierung, nachdem ich damit auch mehr Pfeile ins Ziel bringen konnte.
Ein Meisterschütze bin ich aber nicht geworden, da es mir noch nicht gelungen ist, den Zustand immer und ganz bewußt herbeizuführen. Daran arbeite ich.
In seinem letzten Katabuch von 2009 (engl. Fassung, Japan: 1981f) bemerkt H. K. zur letzten Sequenz in der Shotokan Kata Hangetsu nach dem obligatorischen zweiten lauten Kiai (Mikazuki Geri) zum darauffolgenden Gedan Zuki lapidar: "This technique is performed with a silent Kiai." (p. 141).
Kann sich jemand einen Reim draus machen? Soweit ich sehe, macht er das nur an dieser Stelle.
Danke im Voraus!
Zingultas
21-04-2013, 19:28
Silent Kiai sollte bekannt sein.
Da er an dieser Stelle darauf hinweißt. Kann ich mir denken, dass hier die Kiai bewusst gemacht werden soll. Da hier wenig Interpretationsspielraum ist was die Technik betrifft. Gedan Tsuki. Als Finishblow.
Naniwonai
21-04-2013, 20:47
Man muss beachten das Kiai nicht unbedingt dasselbe ist wie Kakegoe.
Kiai(気合) bedeutet wird zwar meistens mit dem Kampfschrei assoziiert, was im Kontext des Budo auch meistens richtig ist, ist aber weitaus mehr.
気 Steht für das Herz, das Gefühl oder die Einstellung
合 für etwas zusammenführen, etwas in Harmonie bringen.
Kiai ist die Harmonisierung unserer inneren Gefühle zur Entwicklung einer gewissen Geisteshaltung durch richtige Atmung aus dem Unterbauch heraus, die Ausdruck in der Kakegoe findet.
Kakegoe wiederrum ist der Kampfschrei an sich.
Ein silent Kiai ist demzufolge einfach das man das Ausatmen nicht vokalisiert.
Der "stumme Kiai" ist eine fortgeschrittene Variante des Kiai und dient dazu die sich entwickelnde "innere Kraft" (Achtung "Bild", nicht wörtlich nehmen) frei einzusetzen.
Anfänger benötigen den Kiai noch um gewisse innere Vorgänge anzustoßen, später kann (und sollte) man das Äußere weglassen.
Die Sanchin ist eine der besten Möglichkeiten um den inneren Kiai vorzubereiten.
Grüße
Kanken
HellAdmiral
22-04-2013, 00:50
Kakegoe wiederrum ist der Kampfschrei an sich.
Kenn ich als "Tokinokoe". Dass Kiai nichts mit Gebrüll zu tun hat, wissen wir ja, aber bevor mir unser Bundestrainer die Facharbeit für die Danprüfung um die Ohren haut, würde ich nun schon gerne wissen, was gerade unsere Fachleute hier sagen: Kakegoe oder Tokinokoe?
Naniwonai
22-04-2013, 10:30
Du kannst es ja einfach so formulieren:
Der Kampfschrei an sich wird in deinem Dojo als Tokinogoe* bezeichnet, es ist aber auch der Begriff Kakegoe(掛け声) geläufig.
Siehe: Kakegoe - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Kakegoe)
*was ich irgendwie als "Stimme zur rechten Zeit" interpretieren würde, ist aber ohne Kanji immer schwer
HellAdmiral
22-04-2013, 13:39
ist aber ohne Kanji immer schwer
Damit kann ich dienen: 鬨の声 - wörtlich: Schlachtruf, Kampfschrei
Ich finde die Entwicklung des Threads um den "stillen Kiai in der Hangetsu" passt sehr gut in dieses Thema und wird mit einigen Erklärungen hier aufgewertet. Deshalb habe ich die Themen zusammengeführt
Kluge Entscheidung. Danke.
Vermutlich ist meine Frage bzgl. der Hangets ganz einfach zu speziell und kann nur von Kanazawa-Sensei selbst beantwortet werden. Glaube, mal gelesen zu haben, daß er gerade dieser Kata immer wieder sehr zugetan war / ist. Viell. liegt´s ganz einfach daran.
Bin einfach etwas irritiert, daß er "silent kiai" an nur dieser Stelle festmacht.
Grüße
Hallo,
als Ergänzung und vor allem zur Vertiefung meiner obigen Ausführungen zum Thema Kiai kann ich nun auf meine Übersetzung einer Abhandlung von G. Funakoshi (1868-1957) verweisen. In meinem "Band III" stelle ich ab S. 24 G. Funakoshis Text über das Konzept des Kiai vor ...
Grüße,
Henning Wittwer
PhilExpat
26-08-2018, 03:12
Ich nutze und trainiere meinen Kiai derzeit nur im Karatetraining - um den Bumms halt fokussiert und stark ins Ziel zu bringen.
Ausserdem habe ich gelernt LAUT zu sein - denn der Kiai soll den Gegner einschüchtern und verschrecken. Gelingt das habe ich die gegnerische Schrecksekunde zu meinem Vorteil.
Wenn der eigene Kiai gut ist SIEHT man das am Gegner - ausser der ist taub - lach
Ich nutze und trainiere meinen Kiai derzeit nur im Karatetraining - um den Bumms halt fokussiert und stark ins Ziel zu bringen.
Ausserdem habe ich gelernt LAUT zu sein - denn der Kiai soll den Gegner einschüchtern und verschrecken. Gelingt das habe ich die gegnerische Schrecksekunde zu meinem Vorteil.
Wenn der eigene Kiai gut ist SIEHT man das am Gegner - ausser der ist taub - lach
Allerdings hat ein "guter'" "Kiai" nichts mit laut zu tun. Kann man zwar machen (ich schreie auch schön laut), ist aber nicht des Pudels Kern ;)
Spud Bencer
28-08-2018, 19:45
Das sind für mich magische Welten. Ich setze den Kiai ganz pragmatisch ein: Als Schreck- oder Schocktechnik.
Erschrecken ist relativ einfach, man sehe sich nur das "Huh!" der isländischen Fussballer an. Wer brüllt heutzutage noch? Niemand. Wenn man also auf den Gegner zugeht und brüllt wie am Spiess, dann ist der erstmal verunsichert.
Als Schocktechnik: Einfach mal im Clinch dem Gegner herzhaft ins Ohr brüllen. Der macht dann erstmal ne halbe Sekunde gar nichts ausser seinen Kopf reflexartig wegzuziehen, wenn das Trommelfell platzt vielleicht auch noch länger weil Schwindel etc.
Das lässt sich leicht ausnutzen. Ist aber halt grob unsportlich.
Als Vorbild können hier Tiger und Löwen dienen: Die haben laute Infraschalltöne im Gebrüll, die der Mensch zwar nicht wahrnimmt, die aber auch beim Menschen das Nervensystem schocken, so dass man einen Moment paralysiert ist. Und im nächsten Moment ist man dann Tigerfutter.
https://www.sciencedaily.com/releases/2000/12/001201152406.htm
So sollte ein Kiai meiner Meinung nach sein.
Pansapiens
28-08-2018, 20:55
Als Vorbild können hier Tiger und Löwen dienen: Die haben laute Infraschalltöne im Gebrüll, die der Mensch zwar nicht wahrnimmt, die aber auch beim Menschen das Nervensystem schocken, so dass man einen Moment paralysiert ist. Und im nächsten Moment ist man dann Tigerfutter.
https://www.sciencedaily.com/releases/2000/12/001201152406.htm
"When a tiger roars-the sound will rattle and paralyze you,"
says von Muggenthaler. "Although untested, we suspect that this is caused by the low frequencies and loudness of the sound."
wir haben es nicht überprüft, aber nehmen mal an?
Spud Bencer
28-08-2018, 21:15
"When a tiger roars-the sound will rattle and paralyze you,"
says von Muggenthaler. "Although untested, we suspect that this is caused by the low frequencies and loudness of the sound."
wir haben es nicht überprüft, aber nehmen mal an?
Sie haben nicht getestet, ob es wirklich an den Infraschall-Sachen liegt. Dass Tigergebrüll paralysiert ist bekannt.
Sie haben nicht getestet, ob es wirklich an den Infraschall-Sachen liegt. Dass Tigergebrüll paralysiert ist bekannt.
Naja. Man könnte das ja mal prüfen, indem man den Tiger WEGLÄSST. Und die zu "paralysierenden" Testpersonen darüber informiert.
Übrigens: Wenn ich im Wald unterwegs bin und (zu) nah neben mir grunzt eine Sau in der Dickung, dann bleibe ich auch erst mal recht starr stehen. Um mich dann gaaanz zart und langsam in eine sauenfreie Richtung davon zu bewegen.
Spud Bencer
29-08-2018, 09:29
Naja. Man könnte das ja mal prüfen, indem man den Tiger WEGLÄSST. Und die zu "paralysierenden" Testpersonen darüber informiert.
Tiger greifen, wie allgemein bekannt, aus dem Hinterhalt an, die sieht man vorher nicht.
Tiger greifen, wie allgemein bekannt, aus dem Hinterhalt an, die sieht man vorher nicht.
Darum geht es mir ja.
Wenn man irgendwo im indischen Dschungel einen Tiger hört, dann hat man allen Grund "paralysiert" zu sein.
Weil dann in aller Regel auch ein Tiger in der Nähe ist und man in der Konsequenz viel zu sehr mit unwillentlicher Verdauung befasst ist als dass man weglaufen o.ä. könnte.
Das liegt dann aber NICHT an der Akustik des Tigergrollens oder irgendwelchem Infraschallgedöns, sondern an der Tatsache (dem Tiger) DAHINTER.
In der Situation zu behaupten, es wäre der Tigerbrüll, der "paralysiert", ist grob unwissenschaftlich, bzw. schlichtweg Blödsinn.
Nochmal: Spiel den Tigerbrüll ab in einer Situation, in der garantiert KEIN Tiger anwesend ist (und informiere deine Testpersonen darüber) und überprüfe DANN, ob der Ton / das Geräusch OHNE den Tiger irgendwelche relevanten Reaktionen auslöst.
(Gegenprobe: Setze deine Testperson in ein Gehege, in dem hungrige, aber stimmbandamputierte Tiger herum...tigern)
Little Green Dragon
29-08-2018, 09:40
Wie passt Hinterhalt und Gebrüll zusammen?
Die Geräusche zerstören doch das Überraschungsmoment - oder wird erst rechts gebrüllt, dann schnell nach links gelaufen um dann von da aus dem Hinterhalt anzugreifen?
Pansapiens
29-08-2018, 10:24
Dass Tigergebrüll paralysiert ist bekannt.
dem Mahut hier war das wohl nicht bekannt?
https://www.youtube.com/watch?v=6mXeuJOfUNM
Mal ganz ab von Tigern und der Frage, was denn nun den (oder die? Mehrzahl?) "echten", "richtigen", "korrekten" Kiai(s) ausmacht ... ich finde, es lohnt, der Entwicklung der Kiais bei Frauen zu lauschen.
Wenn Frauen mit Karate anfangen, sind sie (Mehrzahl) stumm wie die Fische und müssen quasi mit Befehlsgewalt dazu gebracht werden, um überhaupt einen Laut von sich zu geben, oder sie beschränken sich auf kaum wahrnehmbares, hohes Kopfstimmen-Gekiekse, gerne das Wort K-i-a-i buchstabengetreu wiedergebend (kein Quatsch: zumindest die Tonfolge wurde mir seinerzeit auch genau so nahegelegt).
Wenn sie dann wirklich dabei bleiben, ... ach, es macht einfach Spaß zu HÖREN, wie sich und was sich da tut in dem/den vormals "Weiblein". Also, das ist meine Sicht- und Hörweise.
Hallo,
wie ich zuvor im Thema schon zu erklären versuchte, ist ein Schrei (Koe) an sich nichts Schlechtes, aber ein Schrei ist nicht automatisch ein Kiai, bestenfalls ein Bestandteil des Kiai. Ein bloßes Schreien als Kiai zu bezeichnen, wäre – aus Sicht des Karate der Funakoshi-Linie – eine Banalisierung.
Hier im Forum und andernorts wird häufig herablassend auf „Shōtōkan-Ryū“ als „versportlicht“ (heute zum großen Teil wahr), „inhaltsarm“ (heute zum großen Teil wahr) oder „nicht tiefgründig“ (heute zum großen Teil wahr) gezeigt. In diesem Thema versuche ich aufzuzeigen, dass es im Gegenteil eigentlich alles andere als „versportlicht“, „inhaltsarm“ oder „nicht tiefgründig“ war (teilweise noch ist), und doch erfolgt als Antwort wieder eine Reduzierung des Kiai-Konzepts auf bloßes Schreien – vermutlich eines der am verbreitetsten Karate-Klischees überhaupt …
Grüße,
Henning Wittwer
Das Kiai Konzept ist nicht nur auf das Karate beschränkt, in der "Encyclopedia of Japanese Martial Arts" von D. Hall gibt es auch einen recht ausführlichen Artikel dazu. Unter anderem steht dort "...is not about making noise per se [....] the most advanced practitioners use a silent kiai to dominate an oppenent" Auch lohnt sich das Studium von "kiai" zusammen dem von "aiki". Unter anderem gibt es dort auch den Hinweis darauf, dass "aiki" ein Go no sen Konzept ist, während "kiai" Sen no sen verkörpert.
Hallo,
G. Funakoshis Ausführungen zufolge ist Kiai mit Sicherheit nicht an "Sen no Sen" gebunden, ebenso wenig wie Aiki ...
Grüße,
Henning Wittwer
Unter anderem steht dort "...is not about making noise per se [....] the most advanced practitioners use a silent kiai to dominate an oppenent"
Das kommt der Nutzung in den CMA schon sehr nah...
Vieles ist halt im Mainstream angekommen, ohne dass die dahinterstehenden Konzepte gelehrt wurden und ohne dass man weiß wie man das konkret in den Anwendungen anwendet.
Wenn Fritz Nöpel etwas über die Tiere schreibt, dann hat er absolut Recht. Tiere und ihre Verhaltensweisen haben einen essentiellen Platz in den chinesischen Kampfkünsten und werden sehr konkret genutzt um zu kämpfen.
Sie repräsentieren bestimmte Eigenschaften (mit dem Drachen und dem Tiger als absolut zentralem Element) und ein authentischer Stil lehrt was das ist, wie man das einordnet und vor allem wie man so etwas körperlich umsetzt.
All diese Dinge sind in einem sehr konkreten soziokulturellen Kontext zu sehen und man muss eine „Transkriptionsschablone“ bekommen.
Ich habe es aufgegeben herauszubekommen wie viel von diesem Wissen wirklich nach Okinawa gelangt ist und wie tief die Leute dort die Ideen und Lehren der chinesischen KK verstanden haben und anwenden konnten.
Es gab Austausch mit Südchina (Fujian) und mit Nordchina (Beijing) und immer wieder mit Chinesen, die auf Okinawa gelebt haben. Diese Dinge haben mit Sicherheit Eingang in die okinawanische KK gefunden. Ich denke da besonders an dass Kojo-ryu, das ja explizit die Tiere lehrt.
Das Konzept des lautlosen Kiai, die Tiere, Umgang mit verschiedenen „Energien“, all das war mit Sicherheit mal (in Teilen) in den okinawanische KK vorhanden. Da es nie DAS Karate gab kann man auch nicht sagen dass so etwas „im Karate“ vorhanden ist.
Einige Lehrer kannten es mit Sicherheit und übten es, andere nicht.
Wer sich ernsthaft damit (im Karate) beschäftigen möchte, der sollte sich an den User „ThiS“ wenden. Ich denke einen kompetenteren Karateka als ihn wird man in Dtld. zu dem Thema nicht finden...
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