Vollständige Version anzeigen : Qi Jiguang 32 Kampftechniken
T. Stoeppler
05-11-2012, 17:15
Ich öffne mal den Thread zur gerne erwähnten, aber selten zitierten historischen chinesischen Quelle.
http://www.dtic.mil/dtic/tr/fulltext/u2/a268051.pdf
Es findet sich ein Überblick über die den bekannten General, eine Übersetzung der Abhandlung über die waffenlose Kampfkunst und eine Diskussion zu möglichen Querverbindungen zum heutigen Taijiquan.
Gruss, Thomas
Hatte ich doch schon einmal in einem anderen Thread gepostet...
Meinst Du dass gewisse Leute diesmal mehr darauf eingehen? Ich glaube nicht-Wir sind doch nur Sinologen und habe doch ALLE keine Ahnung ;)
Gruß,
Gong Fu
T. Stoeppler
05-11-2012, 19:28
Ja, ich bin mir ob eurer Unwissenheit voll im Klaren ;) Aber ich gebe nicht auf, etwas Produktives hier herauszukitzeln, also habe ich das nochmal als Thema aufgemacht...
Wo wir grad dabei sind; hast Du zufällig einen Link, wo man die Abbildungen schön sehen kann? Ich habe die nur als einzel .gif aber ein Dokument als Übersicht hab ich nicht.
Gruss, Thomas
steffen13
06-11-2012, 10:18
Gibt es für diese Abhandlung eine deutsche Übersetzung?
Yangshuo
06-11-2012, 12:10
.
Das ist kein "Dokument" sondern eine Arbeit, die das Leben und Wirken und teilweise eben auch die Verse von QJG in Auszügen vorstellt. Den einen interessiert das, den anderen nicht, da ist der Nutzen immer relativ. Harry Potter zu lesen nützt auch den wenigsten, es tun trotzdem viele, und die freuen sich auch noch.
Yangshuo
06-11-2012, 13:46
.
@Thomas: Ich habe zwei Ausgaben von Qi Jiguangs Werk hier...daher habe ich noch nie nach einer Übersicht gesucht-sorry.
@Yangshuo: Studiere doch mal die ganze Arbeit... ;)
Gruß,
Gong Fu
Richard22
06-11-2012, 15:45
Super Sache - das wird noch ein paar Jahre an Forschung benötigen.
Schade, das nicht die Abbildungen da sind - ohne die es ist nicht möglich den Zusammenhang zu erkennen.
Ich versuche seit gut 2 Jahren die Stücke Qi's im Waffenlosen zu rekonstruieren. Speer ist nicht so schwer, da wir dazu ja Cheng Zong You haben.
Fechtergruß
Yangshuo
06-11-2012, 20:06
.
T. Stoeppler
06-11-2012, 20:46
@ Yangshuo,
Es schadet doch nicht, ein kleines bischen schlauer zu werden, oder? Ich empfehle definitiv, die ganze Arbeit zu lesen.
Gruss, Thomas
Eine KK anhand solcher Texte zu rekonstruieren ist doch genauso an der Realität vorbei wie reines 'emo-eso-taiji'.
Jedem das seine.
YS
Du hast den ganzen Text immer noch nicht gelesen, oder?
Gruß,
Gong Fu
Yangshuo
07-11-2012, 07:46
.
T. Stoeppler
10-11-2012, 10:05
Sooo.. also versuchen wir es nochmal ganz konkret, mit der ersten Figur - ich verlinke mal das Bild (also 1-7, aber fangen wir mal bei 1 an...) :
¼ÍЧÐÂÊé ¾íÊ®ËÄ È*¾*½ÝҪƪ ÆÝ¼Ì¹â£*ѧԱÌåÎò£*[Öйú´«Í³³ÂÊÏÌ«¼«È*ÍøÐ£] (http://www.mahongtj.com/user/script/forum/view.asp?article_id=4552871)
Der übersetzte Text findet ist in der Dissertation.
Wie sähe denn der Ansatz einer Umsetzung bzw einer Parallele zu anderen KK z.B. Tai Zu, den Fujian Systemen (also damit in gewisser Weise auch Karate) und dem Taijiquan aus?
Was kann man damit so machen?
Gruss, Thomas
Richard22
12-11-2012, 14:25
Leider kann ich das Bild nicht sehen/öffnen, Thomas.
Willst Du jetzt hier das erste Stück von Qi besprechen?
Der reine Text ohne Bilder ist realtiv nutzlos - wie ein Comik, bei dem nur der Text der Sprechblasen angeboten wird.
Fechtergruß
T. Stoeppler
12-11-2012, 16:53
Hmm... also bei mir geht der Link.
Der ist zu einem chinesischprachigen Forums-Thread... hat noch jemand Probleme, den Link zu öffnen?
Gruss, Thomas
Hmm... also bei mir geht der Link.
Der ist zu einem chinesischprachigen Forums-Thread... hat noch jemand Probleme, den Link zu öffnen?
Klappt bei mir in drei verschiedenen Browsern (Opera, Firefox, Chrome).
Vielleicht sollte man mal etwas länger warten, sonderlich schnell ist die Seite nämlich nicht, der erste Textblock erscheint lange bevor man Bilder sieht. ;)
Richtig. Es dauert gelegentlich sehr lange bis die Bilder laden, da muss man schon mal ein paar Minuten warten und das im Hintergrund stehen lassen bis man es sehen kann.
Richard22
13-11-2012, 16:07
Oki - ich habe die Bilder selber vorliegen, das ist also nicht das Problem, nur eben was gemeint ist.
Das erste Stück ist generelles Zulaufen, im Taiji in der Chen Form in zwei Arten von Zulaufen überliefert.
Dieselbe Bewegung ist meiner Meinung nach heute noch in allen ersten Sätzen der drei ersten Formen im Ing Un zu finden. Im Karate findet es sich auch, in einer ganzen Reihe von Bewegungen. Habe ich hier schon ausgiebig im Ing Un Forum diskutiert.
Vor allem ist es ein Konzept - was sollte ein Buch auch sonst anders vermitteln.
Vielleicht sollten wir uns wieder einmal treffen - das alles zu tippen wird mühsam und nicht so einleuchtend werden, wie die Praxis.
Fechtergruß
Die Diskussion scheint etwas eingeschlafen zu sein. Schade, jetzt wo's mal konkret werden könnte...
Nun, vielleicht kann ich ja etwas zur Wiederbelebung beitragen. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, sowohl Qi Jiguang's 1. Position sowie Chen Xin's 2. Position (bei Beiden Lan Zha Yi) zu übersetzen. Ich bin ein eher schlechter Übersetzer, vielleicht gibt's dann ja noch wertvolle Präzisierungen. Augenfällig ist aber für mich, sowohl aufgrund von Bild wie Text, dass hier unterschiedliche Ideen zugrunde liegen. Immerhin sind beide Texte "Quellen". So, bin mal gespannt, auf das was kommt.
Kamenraida
19-11-2012, 14:32
Hallo Heping,
vielen Dank für die Mühe, die du dir gemacht hast. Ich muss allerdings zugeben, dass ich wenig mit dem Material anfangen kann - um quellentechnisch/historisch/philologisch darüber zu diskutieren, fehlen mir die sinologischen Kenntnisse.
In systematischer Hinsicht geben diese Quellen, zumindest für mich, nicht viel her. Klar kann ich die Quellen auf meine Übungserfahrungen beziehen, aber ich wüsste nicht, wie das hier zu einer fruchtbaren Diskussion führen könnte.
Ich hoffe aber, dass andere Teilnehmer konstruktiv einsteigen, eine gute Diskussion in Gang bringen und mir vielleicht die Augen dafür öffnen, wie diese Quellen meine Praxis bereichern könnten.
K.
T. Stoeppler
19-11-2012, 16:47
Auch von mir herzlichen Dank für die Arbeit. :)
Wenn man jetzt den Text von Chen Xin gegenüberstellt, kann man durchaus eine Verwandtschaft interpolieren; dabei wäre jetzt also allein von der Bewegung her, die von QJG gezeichnete Figur eine extrapolierte, weiter geöffnete Position, die anschliessend in die tiefe Peitsche wechselt (und dann wieder zurück)
Das an sich ist schonmal eine Soloübung. Es ist ein bischen die Frage, ob dieser Bewgungsablauf dann auch in die Anwendung übernommen wird, oder ob das Einnehmen der Figur (von welcher Ausgangsstellung auch immer) eine Einladung/Finte/Vorbereitung oder was auch immer sein sollte.
Die generellen strategischen Hinweise im folgenden Vers von QJG sind jetzt für die Figur selbst nicht so tragend.
Gruss, Thomas
Sorry fürs späte antworten, bin zurzeit beruflich mehr als ausgelastet. Danke für Deine Ausführungen.
Ich denke da liegt das Hauptproblem, wenn man aus alten Texten etwas etwas rekonstruieren will. Einiges mag durchaus schlüssig sein. Rein vom Bild her bin ich natürlich total bei Chen Xin, da die Lan Zha Yi (Zu faul, das Gewand zu binden) Bewegung auf seiner Illustration mit der heutigen Position nahezu identisch ist. Etwas schwieriger wird es, wenn man den Text hinzu zieht. Beim zerlegen und mehrfachen Lesen kann man aber auch da viel nachvollziehen. Bi Qi's Text ist es dann schon etwas schwieriger, immerhin kann ich aber sowohl mit Lan Zha Yi und Dan Bian etwas anfangen, kenne ich doch beide Bewegungen. Aber eben, ich kenne sie so, wie ich sie heute mache. Was Qi Jiguang ursprünglich machte, kann ich höchstens vermuten. Und hier ist wohl auch das Dilemma bei der Rekonstruktion von historischen Kampfkünsten: Alleine aufgrund des Texts und des Bildes ist wohl nur schwer möglich, das so zu rekonstruieren, wie sich das Qi Jiguang im 16. Jahrhundert ausgedacht hatte. Beispiel:
Master Ngiam: Qi Ji Guang 32 Forms - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=6vgEHLSe2so)
Hier hat wahrscheinlich mal einer rekonstruiert, wie er die 32 Positionen sieht. Zumindest die Position 1 stimmt mit dem Bild überein. Ich selbst hatte aber die Bewegung etwas anders verstanden.
Richard22
22-11-2012, 11:55
Gott der Gerechte.
Man kann Qi's 32 Shi's nicht rekonstruieren, ohne sich erst einmal Gedanken über die Taktik und vor allem die überlieferten Bewegungen der alten Chen Formen zu machen.
Nabils Übersetzung ist für mich die Beste, es gibt natürlich auf andere.
"Träge den Mantel aufhängen ist eine Stellung um aus der Tür zu gehen. Sie kann sich in eine tiefe Stellung, einen plötzlichen Schritt oder in eine einzelne Peitsche/Tragestock wandeln. Wenn es scheint, der Gegner hätte keine Nerven anzugreifen, dann warte selbst mit klaren Augen und lässigen Händen ab."
Dazu muß man Folgendes wissen: Tang Shunzhi hat Qi deutlich beieinflußt, Tang schreibt, das feste Positionen in den Formen eine Vereinfachung sind, um Übergänge oder Wechsel darzustellen. Also ist das Wesentliche and Formen der Übergang zwischen den Positionen, die Positionen selber sind nur ein mathetischer Aufhänger dafür.
Aus der Tür gehen ist Zulaufen, daß als Angriff in Gegners Angriff hinein geführt werden kann. Generell gibt es die große, doppelseitige Tür (Men) und die kleine, einseitige Tür (Hu). Die große Tür ist die Frontalstellung, die kleine die Flankenstellung, die immer nur für einen Kämpfer günstig ist.
Was schreibt Qi?
-Träge den Mantel aufhängen (eine Bewegung) ist für das Zulaufen gut.
-Sie kann drei Ausgänge hben (tiefe Stellung, plötzlicher Schritt, einzele Peitsche/Tragestock).
-Die Bewegung ist für einen eigenen Angriff in Gegners Raum hinein nicht geeignet, es ist ein Stück des Nach.
In der alten Chen Form, aber auch in der Yang Form, besteht den Mantel träge aufhängen aus zwei Sequenzen aus jeweils drei Armbewegungen.
1. Ellenschitt im Zulaufen in Gegners Angriff.
2. Brückenkontakt mit dem anderen eigenen Arm auf Gegners zweiten Arm
- - - jetzt besteht also ein doppelter Armkontakt
3. Einer der beiden Kontakte wir aufgelöst und es erfolgt mein Angriff, der den Gegner kampfentscheident treffen soll.
Diese Dreierkontrakte werden im MTA (Mantel träge aufhängen) in zwei Variationen ausgeführt. Diese beiden beschreibe alle möglichen Dreierkontakt im Zulaufen. In der Yang Form sind sie ebenso enthalten, nur hat Chengfu, wie immer, an den Seiten und Reihenfolgen Veränderungen vorgenommen.
Der erste Dreierkontakt (Chen Form) sieht aus, also ob man seinen Mantel links und rechts von den Schultern streifte.
Zwischen den beiden Dreierkontakten gibt es in der Chen Form eine Bewegung, die einer liegenden "8" mit beiden Händen ähnelt, dies ist der Bruch gegen beide Angriffe/Dreierkontakt.
Im Ing Un gab es vor LT kein Pak-Fauststoß Spiel. LT hat nach eigenen Angaben vor seinem Ing Un Taiji geübt. Wenn man so will ist das heutige Pak-Faust Spiel, als Zweierkontakt, eine Vereinfachung von Qi's Dreierkontakt.
Der Dreierkontakt ist technisch schwieriger, aber viel gestaltungsreicher, und er führt sofort zu einer Entscheidung, wenn man den Bruch nicht kennt. Im heutigen Ing Un hat man den Bruch erst in anderer Form in der 3. Sektion gelernt - Sektionen waren auch eine Erfindung von LT.
Shi/Stücke sind also taktisch geschlossene Erfahrungen oder Konzepte, um im Gefecht den Gegner zu besiegen. Sie beinhalten oft Stück und Bruch, also Gift und Gegengift.
Nur Qi's Buch reicht nicht - ohne die Überlieferung von Chen und Yang ist es fast unmöglich an den Stücken zu arbeiten.
Das Interessant im Verlauf meiner Forschung an den 32 Stücken ist, daß Yang Chengfu offenbar durchaus die Bedeutungen kannte, wenn er sie auch niemals unterrichtete.
In der Chen Form können heute noch alle drei mögliche Ausgänge im Anhang an den MTA vor, was ist als Beleg für die Authenzität der alten Form sehe - wenn man so will eine Überlieferung, die sich auf Bewegungen gründet.
Überdies baut Yang Chengfu aus dem den MTA sein Fasse den Vogel am *******, weil er eben das Problem sah, die 18 Greifen von Buddha Wächter, was die Chen's zu ihrem Markenzeichen gemacht hatten, zu vermeiden. Tang hat in seinem Kompendium zu Kampf die 18 Greifen unter dem kurzen Schlagen (Duanda) aufgeführt, was technisch vollkommen richtig ist. Also sind sie älter als das Chen Taiji und waren im 16. Jhd eher allgemeines KK-Wissen.
Ohne Praxis ist es aber sehr schwer zu beschreiben und noch schwerer zu verstehen - das ist mir klar.
Fechtergruß
Hallo Tai Chi-Freunde,
habe mich auch mal des Qi Jiguang angenommen, ihn übersetzt und als Ebook (wie immer 2,70) rausgebracht. Hier etwas Info:
Leitfaden zum Faustkampf: von General Qi Jiguang eBook: Martin Bödicker: Amazon.de: Kindle-Shop (http://www.amazon.de/Leitfaden-zum-Faustkampf-General-Jiguang-ebook/dp/B00IIW24MY/ref=sr_1_fkmr1_3?ie=UTF8&qid=1392788742&sr=8-3-fkmr1&keywords=bödicker+tai)
Leitfaden zum Faustkampf - von General Qi Jiguang.
Mit dem Leitfaden zum Faustkampf schuf der Ming-General Qi Jiguang (Ch'i Chi-kuang) 1562 ein Standardwerk für die Ausbildung der Soldaten der chinesischen Armee. Er beschreibt 32 Bewegungsfolgen mit je einem Bild und einen vierzeiligen Merkvers. Der Einfluss des Leitfaden reichte weit über das Militär hinaus, denn viele Kampfkünste wurden ebenfalls von ihm beeinflusst.
Tai Chi Chuan ist eine dieser Kampfkünste. Gerade im Chen Tai Chi Chuan wird sich immer wieder direkt auf Qi Jiguang als einer der Vorläufer berufen. Kein Wunder. Schon die Namen seiner erinnern oft an Tai Chi Chuan, z.B.:
- Einfache Peitsche
- Der goldene Hahn steht auf einem Bein
- Auf dem Tiger reiten
So ist ein Studium des Leitfadens sicherlich für jeden Tai Chi-Freund mit Interesse an Geschichte ein großer Genuss.
Gruß und Spaß am schmökern
Martin
Und hier noch etwas dazu zum lesen:
Ein Arbeit über Qi Jiguang zum Bubishi hin zu den Kampfkünsten in Okinawa:
http://www.wslang.de/karatecrb/pdf/bubishi-paper-internet2.pdf
Viel Spaß beim Schmökern
Gruß
Martin
T. Stoeppler
26-02-2014, 07:40
Hallo Martin,
Vielen Dank fürs verlinken! Kennst Du jemanden, der schon mit den 32 Bildern technisch viel gearbeitet und etwas Brauchbares daraus entwickelt hat? Oder Dich selbst mal dran versucht?
Gruss, Thomas
Hallo Thomas,
sorry, leider kenne ich keinen, der die Bewegungen von Qi Jiguang übt. Auf youtube findet man hin und wieder jemanden, der so etwas versucht:
Qi Jia Quan 32 Postures - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=UY8uKue-orI)
In wie fern dies mit dem tatsächlichen Bewegungen zusammenhängt, ist fraglich.
Klar habe ich auch mal über meine Tai Chi-Bewegungen und Qi Jiguang nachgedacht. Da kann man einiges hinein interpretieren, aber nach 500 Jahren, mehr oder weniger nur Spekulation.
Ich fand andere Sachen sehr spannend. Z.B. verwendet Qi Jiguang sehr oft das Wort "kao". Da war ich doch überrascht (Tai Chi hat ja auch ein kao - steht aber bei vielen Übenden nicht so im Vordergrund). Ist das unser Tai Chi kao und wenn es ähnlich ist, welchem Tai Chi kao entspricht das? Siehe die Diskussion, die wir hier hatten:
http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/frage-kao-lehnen-sto-en-161378/
Auch seine deutlich formulierten strategischen Anweisungen fand ich sehr interessant. Zeigt es doch, dass es auch bei Qi Jiguang nicht nur darum geht, schnell und hart zuzuschlagen (ist bei ihm absolute Grundlage), sondern die Techniken auch an die Situation angepasst einzusetzen. Man erkennt hier deutlich, wie allgemein gültige Strategien auf den Faustkampf übertragen werden.
Dieser Punkt ist einer meiner Favorits. Für mich ein Kennzeichen chin, Kampfkunst - das starke Interesse, durch bessere Strategie mit weniger Aktion auszukommen.
Gruß
Martin
Huangshan
26-02-2014, 10:08
Eine Ergänzung ,zum Thema.
Qi Jiguang (戚继光 /戚繼光 )----> Ji Xiao Xin Shu (紀效新書)
die Kampfmethoden aus diesem Werk haben u.a. einige jap. und koreanische militärische Bücher/Kampfmethoden beeinflusst.
Ein Buch das interessant ist , ist das koreanische mil. Buch, Muye Dobo Tong Ji : 무예도보통지/武藝圖譜通志 das vom chin. Buch Ji Xiao Xin Shu beeinflusst wurde.
In diesem Buch werden u.a. einige chinesische Kampfmethoden behandelt.
http://www.amazon.de/Muye-Dobo-Tongji-Complete-Illustrated/dp/1880336480/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1393409979&sr=8-1&keywords=muye+dobo+tongji
Yup, so ist es - schaut doch auch mal hier:
Gwonbeop - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Gwonbeop)
Gruß
Martin
Huangshan
26-02-2014, 10:34
martin3:
Ja, Danke für die Ergänzung! ;)
Besitzte das Buch: Muye Dobo Tong Ji und finde die Parallelen interessant!
China war in der Antike/Mittelalter für andere asiatische Kulturen wie die Kultur von Griechenland--- Rom für Europa einflussreich und hat seine Nachbarländer in vielen Feldern beeinflusst.(Philosophie,Kunst,Technik,Strategie, Kampfkunst....)
z.B. China---Korea---Japan
Yup, es ist wirklich spannend, wie weit der Einfluss Qi Jiguangs reicht.
Andererseits vielleicht auch nicht überraschend. Wieviele Soldaten und Offiziere mögen seine Kampfkunst gelernt haben. Und wieviel von diesen haben sie mitgenommen - nach Hause - in private Schulen - in andere kämpferische Bereiche oder gar in andere Länder? Sicherlich nicht wenige, da diese Form des Kämpfens ja zum Standart in der Armee erhoben wurde.
Gruß
Huangshan
26-02-2014, 10:59
koreanische Kwonbeop/Gwonbeop(Quan Fa) Interpretation, siehe Shippalgi (Hangul: 십팔기 Hanja: 十八技)
???? ??? - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=wQyhyPcBQlY)
http://www.youtube.com/watch?v=JKvOeUtIyZs
http://www.youtube.com/watch?v=SFWaExYh27Y
http://www.youtube.com/watch?v=ibdI6j6_X3M
weiteres Material siehe Internet.
Inwieweit die kor. Interpretation mit dem chin. Orginal übereinstimmt?
Sicherlich nicht wenige, da diese Form des Kämpfens ja zum Standart in der Armee erhoben wurde.
Nein, der Standard der Armee waren Speer, Hellebarde, Bogen, Armbrust, Säbel, Feuerwaffe (je nach Zeitalter).
Waffenloser Kampf fand in der Armee nur sehr am Rande statt (was man ja auch in der Länge des Kapitels im Vergleich zum Gesamtwerk sieht (die gesamte Passage hat er ja auch in einer späteren Ausgabe rausgekürzt...).
Soldaten wurden an Waffen ausgebildet, da Waffen nun einmal Kriege gewinnen (in Kombination mit Masse). Von Pfeil und Bogen auf Streitwägen über Massenheere mit Speeren und Armbrüsten hin zu Armeen mit Feuerwaffen. Unbewaffnet war man auf einem Schlachtfeld sehr schnell tot und daher trainierte man in der Ausbildung natürlich das, was einem im Zweifelsfall nützt.
Das diese Bewegungen dennoch eine breite Überlieferungstradition haben (zu Recht) merkt man dann, wenn man versteht wo sie herkommen und wie sie ursprünglich ausgeführt wurden. Es gibt Richtungen in den CMA wo das geübt wird und wo dieses Wissen vorhanden ist, die findet man jedoch nicht an jeder Ecke und gerade die Massenverbreitung durch Jing Wu und ähnliche Organisationen hat da sehr viel kaputt gemacht.
Grüße
Kanken
Hallo Kanken,
sorry, habe mich vielleicht falsch ausgedrückt. Die Qi Jiguang Faustkampfbewegungen wurden Standard für die Faustkampfausbildung in der Armee Qi Jiguangs.
Das dies nicht der Schwerpunkt der Ausbildung der Soldaten war, schreibt er auch.
Gruß
Martin
Huangshan
26-02-2014, 12:56
Ja, ich stimme Kanken zu:
Früher in China war waffenloser Nahkampf z.B. beim Militär unbedeutener,nicht so Umfangreich.
Primär wurde der Waffenkampf mit Schuß(Bogen,Armbrust..), Langwaffen(Speere...) dann der Umgang mit Schilden+Waffen,einnehmen von taktischen Kampfformationen........, Eisatz von Sekundär Waffen und als letzter Ausweg der waffenlose Nahkampf geübt ,gedrillt.
Der General Qi Jiguang hat wenig vom zivilen Wu Yi/Wushu aus seiner Epoche gehalten.
Ähnliche Ansichten siehe Griechenland,Rom --->Kampf- Sport vs Militärkampfmethoden
Gong Fu beschäftigt sich als Sinologe tiefer ,wie ich es mitbekommen habe mit alten chin. Mil. /Kampfkunst Manuskripten, er kann sicherlich mehr zu diesem Thema schreiben?
Gruß
Huangshan
Hallo Huangshan,
sorry, jetzt geht es wohl durcheinander:
Das Thema dieses Threads lautet "Qi Jiguangs 32 Kampftechniken".
Damit sind die 32 Bewegungen gemeint, die sich im "Leitfaden zum Faustkampf (Quanjing)" des Qi Jiguang finden.
Qi Jiguang hat diesen Leitfaden für die Ausbildung seiner Soldaten entwickelt. Er hat dazu selber diverse Kampfkünste seiner Zeit gelernt. Er schätzte diese durchaus. Er hat in Zhoushan am militärischen Faustkampftraining des Liu Caotoang teilgenommen und war begeistert. Er hat allerdings auch zum Teil zivile Kampfkünste kritisiert und verworfen.
Aus all diesem Material hat er die 32 Bewegungen zusammengestellt, um einen Standard zum militärischen Faustkampf für seine Soldaten zu haben.
Diese Buch von ihm (auch als Teil des Gesamtwerkes) wurde sehr populär und es kann von Interesse sein, welche Kampfkünste außerhalb des Militärs sich davon wie inspirieren ließen. Diese Diskussion ist noch unterwegs (siehe Diskussion, inwiefern Qi Jiguang über Chen Wangting das Tai Chi Chuan beeinflusst hat.)
Der "Leitfaden des Faustkampfes" ist Teil des "Neuen Handbuches erprobter Militärkonzepte (Jixiao xinshu)". Qi Jiguang erläutert selbst, dass der Faustkampf wenig mit den Realitäten des Schlachtfeldes zu tun hat. Trotzdem ist er seiner Meinung nach zum Beginn des Erlernens der Kriegskunst von Vorteil und so wird er Teil seiner Soldatenausbildung, mit den 32 Bewegungen als Standard hierzu.
Die eigentliche Frage von Kanken war, haben nun viele, oder wenige Soldaten die 32er gelernt?
Darüber kann ich nur spekulieren. Das weiß ich nicht.
Da Qi Jiguang aber den Faustkampf als Grundlage und Teil der Ausbildung seiner Soldaten sah (ähnlich, wie z.B Krafttraining mit schweren Säcken - auch kein Standard auf dem Schlachtfeld), denke ich, dass es einfach Teil seiner allgemeinen Ausbildung war und wohl alle Soldaten, zumindest aber alle Ausbilder die 32er beherrschten. Das ist zu mindestens für eine spätere zivile Verbreitung (man bedenke, viele Soldaten Qi Jiguangs waren lokale Bauern - Offiziere habe später oft zu Hause ihre Kampfkunst an Familie und Clan weitergegeben - siehe Chen Wangting - Wu Quanyou usw.) eine gute Basis.
Sollte dies nicht so sein, wäre das für mich von großem Interesse und ich würde hier schon einmal um Literatur bitten.
Was ich auch nicht weiß, wie es weiter ging. Wie lange wurde so ein Standard gehalten. Wurde er verändert oder aufgegeben. Weiß hier jemand etwas?
Gruß
Martin
Hi Martin,
Qi hat den Faustkampf, wie gesagt, später aus seinem Handbuch wieder herausgenommen, da er ihn überflüssig fand.
"Boxen" schult den Körper und den Geist, beides wichtige Grundlagen, gekämpft wird aber mit Waffen.
Was herauskommt wenn man den unbewaffneten Kampf für wichtig erachtet sieht man ja an dem ganzen Bubishi-Hype und dem Mythos der "leeren Hand" im Karate, der sogar so weit geht, das es hieß es gäbe ein Waffenverbot auf Okinawa (was nachweislich Quatsch ist).
Es macht durchaus Sinn unbewaffnetes "Boxen" zu üben, es geht dabei jedoch nicht um den unbewaffneten Kampf als solches. Es sind Übungen um bestimmte Dinge gefahrlos ausprobieren zu können, den Geist zu schulen und den Körper (und die Körpersteuerung) auszubilden. Als ernsthafte Kampfkunst hat man den unbewaffneten Kampf alleine nicht gesehen, auch wenn das aus marketingtechnischen Gründen gerne behauptet wird.
Grüße
Kanken
Hallo kanken,
danke für deine Einschätzung.
Ich habe es so gelernt: Qi Jiguang hat in der ersten Ausgabe des Quanjing nur 24 Bewegungen erwähnt. Später finden sich dann 32 Bewegungen. In dieser Form wurdet der Text in verschiedene Sammelwerke übernommen.
Das Qi Jiguang das Quanjing wieder entfernt hat, da er ihn überflüssig fand, wusste ich nicht.
Hast du eine Quelle dazu, wann das war und wie genau seine Begründung lautet? Auch gerne in Chinesisch - ich lese auch gerne das Original. Würde mich wirklich sehr interessieren.
Ansonsten ist mir leider nicht ganz klar, auf was du hinaus willst.
Ich glaube nicht, dass hier jemand behauptet hat (weder Qi Jiguang noch ich, dass Faustkampf eine große Bedeutung für das Schlachtfeld hat). Ich habe lediglich festgestellt, dass Qi Jiguang bewusst einen Standard in Sachen militärischen Faustkampf (mit all seinen Limitierungen) entwickelt hat.
Ob Faustkampf eine generelle Bedeutung zum Kämpfen hat oder eher eine spannende Form der Körperertüchtigung ist, ist sicherlich ein spannende Frage. Sie ist aber sehr allgemein gehalten und führt vielleicht schnell vom Thema diese Threads weg. Also besser in einem neuen Thread - denke ich.
Meketingtechnische Gründe Faustkampf als ernsthafte Kampfkunst auszugeben kann ich bei Qi Jiguang nicht erkennen.
Gruß
Martin
Die Quelle dazu habe ich entweder von Lorge und/oder Filipiak, weiß aber nicht mehr sicher welches es war und komme an die Bücher gerade nicht ran.
Das "merketingtechnisch" bezog sich auch nicht auf Qi ;)
Grüße
Kanken
Edit:
Habe Lorge als eBook dabei und nachgeschaut. Er schreibt das Qi es wieder herausgenommen hat, gibt dazu aber keine Quelle an, wobei er als Quelle wohl ausreichen sollte (Assistant Professor of Asian Studies an der Vanderbilt Universität u.a. mit Schwerpunkt auf chinesische Militärhistorie)...
Danke, schau da mal rein.
Gruß
Und zu Lorge, schau dir mal die Rezension von Hermann Bohn dazu an:
Chinese Martial Arts eBook: Peter Lorge: Amazon.de: Kindle-Shop (http://www.amazon.de/Chinese-Martial-Arts-Peter-Lorge-ebook/dp/B006H3TR62/ref=sr_1_6?ie=UTF8&qid=1393434169&sr=8-6&keywords=Lorge)
Deswegen hatte ich mir das Buch bisher nicht besorgt. Was denkst du? Ist es sein Geld doch wert?
Gruß
Martin
Ach und noch etwas kleines - noch in der frühen Qing-Zeit findet sich der Leitfaden des Faustkampfes in einer Enzyklopädie - er scheint also auch nach mehr als 150 Jahren noch eine gewisse Bedeutung gehabt zu haben.
Aber wie gesagt, ich will nicht beweisen, dass Faustkampf auf dem Schlachtfeld oder ganz generell irgendeine spezielle Bedeutung hat.
Mir geht es hier um Qi Jiguang und seinen Text.
Was der Text für eine Wirkung zu seiner Zeit und zu späteren Zeiten hatte, wird ja in der Forschung noch diskutiert und ist sicherlich auch nicht so schnell ein abgeschlossenes Thema. Vielleicht braucht es dazu mal einen Übersichtsartikel.
Dann könnte man aufgrund der Einschätzung ganz allgemein zu dem Thema diskutieren.
Gruß
Das Buch ist sein Geld in meinen Augen mehr als wert.
Lorge ist Universitätsprofessor und Kampfkünstler und das Buch sehr gut geschrieben. Sicher, Sinologen haben mehr Quellen und einiges in dem für Nicht-Sinologen geschriebenen Buch mag durch Kürzungen entstellt sein, das kann ich nicht beurteilen, aber dennoch hat er eine einwandfreie wissenschaftliche Vita und ich habe auch viele sehr gute Rezensionen zu dem Buch gelesen, auch von Sinologen.
Ach und noch etwas kleines zu "Assistant Professor" usw.
Ich übersetzte seit bestimmt 10 Jahren chinesische Klassiker der Philosophie und Kampfkunst (meist Tai Chi). Natürlich vergleiche ich meine Übersetzungen mit denen meiner Vorgänger - Übersetzungen und Kommentare existieren ja meist schon in Englisch.
Na - da bin ich doch manchmal (zum Glück jedoch nicht sehr oft) sehr überrascht, was die Kollegen da so schreiben -tz -tz- tz. Sehr mutig.
Man sollte halt auch uns Ostasienwissenschaftlern (meine Person inklusive) nicht alles glauben. ;-)
Andererseits geben sich sicherlich alle große Mühe - ist halt ein großes Abenteuer einen Text aus dem chinesischen Mittelalter in modernes Deutsch bzw. Englisch zu übertragen. Einige Stellen sind entweder nicht mehr wirklich zu verstehen oder sie sollten auch nicht vom uneingeweihten (auch chinesischen) Leser verstanden werden. Wie dann übersetzen? Man kann da nur sein bestes geben und das tun denke ich alle.
Gruß
Martin
Jetzt haben wir uns überlappt - Buch ist bestellt.
Gruß und danke für die Einschätzung.
Martin
Huangshan
26-02-2014, 17:35
Nun einige zusätzliche Quellen: Die chinesische Kampfkunst von Kai Filipiak
The Shaolin Monastery: History, Religion, and the Chinese Martial Arts: Mair Shahar
Chinese Martial Arts Training Manuals: A Historical Survey: A Historic Survey
:Brian Kennedy and Elizabeth Guo
http://www.chinafrominside.com/ma/taiji/chenboxingmanuals.html
http://www.satirio.com/ma/home.html
http://www.plumpub.com/
Hallo Huangshan,
1 und 3 habe ich - 2 klingt spannend. Schau ich mir mal an.
Gruß und danke.
Martin
Habe alle drei und finde alle Klasse (aus meiner Sicht als Nicht-Sinologe).
Als Laie ist man eben auf gute Sekundärliteratur auf Englisch angewiesen und da finde ich die drei, und auch Lorge sehr, hilfreich.
Grüße
Kanken
Gefährlich wird es, wenn jemand aufgrund seiner Verbundenheit zu "anderen" Kreisen anfängt, Dinge so zu übersetzen oder zu interpretieren wie es "passt". Der Grund warum man über Taijiquan, Bagua, wieder zurück zu Baji gegangen ist war nicht politisch, die Leute die aus dem jeweiligen Kontext kamen haben die die da waren schlicht einfach umgepumpt um an deren Job und Kohle zu kommen. Nix politisch. Wenn man das nicht glauben will weil man aus dem Japan-Lager kommt, möchte ich mich darüber nicht unterhalten.
Was den Kommentar von Hermann über grobe Fehler angeht, kann ich das nicht kommentieren. Dazu müsste man das Werk mal komplett lesen, ob da tatsächlich behauptet wird die Mongolen hätten quasi zuhause primär Jian verwendet (???).
Was ich ablehne ist, solche Standards unter dem Aspekt "beste Techniken" zu sehen. Bei Bauern denen man einen Speer in die Hand drückt geht es nicht um die beste denkbare Aktion, sondern um eine die man schnell lernen und benutzen kann, und die für absehbare Zeit das Spektrum des benötigten abdeckt. Mir nützt es nichts, wenn ich von 100 Leuten 2 habe die eine Aktion aufgrund ihrer mitgebrachten Körperkraft hinbekommen und damit erfolgreich sind, wenn 98 sich dabei die Arme verletzen.
Aber wie gesagt, ich will nicht beweisen, dass Faustkampf auf dem Schlachtfeld oder ganz generell irgendeine spezielle Bedeutung hat.
Mir geht es hier um Qi Jiguang und seinen Text.
Was der Text für eine Wirkung zu seiner Zeit und zu späteren Zeiten hatte, wird ja in der Forschung noch diskutiert und ist sicherlich auch nicht so schnell ein abgeschlossenes Thema. Vielleicht braucht es dazu mal einen Übersichtsartikel.
Lorge hat für die Aufnahme des "unbewaffneten" Kampfes in die Ausbildung übrigens eine sehr einfache und logische Erklärung (neben der der Ausbildung physischer Attribute):
Er war mit dem Problem der japanischen Piraten konfrontiert und seine Taktik war die, das er sie entweder auf lange Distanz bekämpfte (Speere, Pfeile) oder die Leute direkt in den Nahkampf schickte um den Piraten die Möglichkeit zu nehmen ihren (überlegenden) Schwertkampf anzuwenden. Wenn man Soldaten an den Nahkampf gewöhnen will läßt man sie den natürlich mehr üben.
Als sich das Problem mit den Piraten erledigt hatte stellte man die Ausbildung also wieder um.
Wenn das so stimmen würde, dann hätte man wohl nur in einem kleinen Zeitraum Wert auf den unbewaffneten Kampf in der militärischen Massenausbildung gelegt.
Das "Boxen" und Ringen natürlich schon früher existierten ist natürlich klar, aber er arbeitet in seinem Buch auch schön heraus in welchem Zusammenhang das gesehen werden muss.
Grüße
Kanken
Hallo Kanken,
danke für die Vorabinfo - bin schon sehr gespannt.
Ich bin ein großer Fan von differenzierter Betrachtung.
Zu sagen - früher wurde in China das soundso gemacht - naja.
Ist in der Regel irgendwann man richtig, irgendwann auch mal nicht.
Meine zwei ersten Sätze im Chinesischunterricht waren:
Zhongguao henlao, zhongguo henda. China ist sehr alt, China ist sehr groß.
Deswegen ist es ja auch so spannend.
Gruß und danke
Martin
Ich weiss nicht ob es stimmt, kann aber sicher jemand mit Quellenzugang sagen. Die einen behaupten, Qi's Taktik gegen die Piraten wäre eine sehr ausgefuchste 6er-Gruppentaktik gewesen, wo zwei Leute mit simplen abgeschnittenen langen Bambusbäumchen die Typen stören, zwei tragen Schilde und Hackmesser und drücken bzw. decken gegen Bogenbeschuss, und 2 machen das Grobe mit langen Säbeln. Eine andere Ecke behauptet, der Mann hätte simpel immer neue Truppen in den Kampf geworfen, und alle Deserteure sofort hinrichten lassen. So hat er die besser organisierten und kämpfenden Piraten einfach ermüdet und die mit Überzahl am Ende überrannt. Das ganze aber um den Preis von immensen Verlusten.
T. Stoeppler
28-02-2014, 20:59
Vielleicht hat er einfach seine Konzeption und Taktik formell erarbeitet, um mehr Männer anzufordern ;)
Na das ist aber alles Spekulation, solange bis man eine nachvollziehbare Quellenreferenz hat.
Jedenfalls sind die 32 Übungen/Techniken irgendwie schwer nachzuvollziehen. Vielleicht gibt es irgendwo eine zeitgenössische Quelle, die einen vergleichbaren Inhalt behandelt?
Gruss, Thomas
Das ist sicher ne Frage für Thomas H. oder Martin, aber aus der Erinnerung war das doch ne Zusammenstellung aus älterem Material was er gelernt hat ? Und zu dem es auch ältere Manuale geben sollte (von Taizu z.B.). Ich meine mal gelesen zu haben dass die eigentlich nicht auf Qi zurückgehen, sondern einen seiner Leute, und er hat das dann veröffentlicht. So richtig bahnbrechend ist das Zeug ja auch nicht. Das komplette Buch hat ja 18 Kapitel, von denen nur ein paar das "Boxen" beschreiben. Und in der nächsten Auflage mit 14 Kapiteln war das Boxen weg und es kam eine Dao-Methode dazu. Meine Zuversicht dass das stimmt liegt bei 60%. :D
Quelle: The dao of Qi Jiquang - Page 3 (http://www.swordforum.com/forums/showthread.php?100651-The-dao-of-Qi-Jiquang&p=1117050#post1117050)
Hallo Klaus,
danke für dein Lob - bin ja leider kein Historiker - so kann ich nur ein wenig zu deinen Fragen sagen. Als ich das Projekt "Übersetzung des Qi Jiguang" gestartet habe, habe ich natürlich auch etwas links und rechts gelesen. Hier eine kleine Zusammenfassung, was ich so gelesen habe, aber nur so aus der Erinnerung, also keine Garantie:
Das besondere an Qi Jiguang ist, dass er selber die Kampfkünste studierte, sie neu Zusammenstellte und mit Bildern veröffentlichte. Soweit mir bekannt, gab es das bis dahin in diesem großem Rahmen noch nicht.
Sein Gesamtwerk wurde in den verschiedensten Formen in Militärleitfäden und allgemeinen Enzyklopädien veröffentlicht. Darüber hinaus hatte es Einfluss auch außerhalb Chinas.
Sicherlich gab es auch älteres Material (bin immer dankbar für einen guten Tipp) - mündlich, wie schriftlich. Man findet ja in vielen Kampfkünsten schriftliche Unterlagen. Diese sind jedoch handschriftlich und nur für die Familie oder die Tudi bestimmt gewesen. Die meisten Veröffentlichungen dazu finden sich ja erst ab 1900.
So steht der Qi Jiguang ziemlich einsam da, weil er einfach zu seiner Zeit stark publiziert und auf Grund seines enormen Rufes auch gelesen wurde.
Mal sehen, was die weitere Literatur dazu bringt. Leider forschen ja nur wenige Historiker an dem Thema Faustkampf. Kanken hat mir hier ja schon weiter geholfen. Mal schauen.
Zu deinen zwei Fragen davor - Qi Jiguang wurde auch bekannt für seine Mandarinenten Formation gegen die jap. Piraten (siehe hier: Qi Jiguang's Mandarin Duck Formation - Chinese Military History - China History Forum, Chinese History Forum (http://www.chinahistoryforum.com/topic/17894-qi-jiguangs-mandarin-duck-formation/)) und er war auch für seine strenge Disziplin und harten Strafen bekannt.
Gruß
Martin
Huangshan
01-03-2014, 09:30
Tai Chi Chuan ist eine dieser Kampfkünste. Gerade im Chen Tai Chi Chuan wird sich immer wieder direkt auf Qi Jiguang als einer der Vorläufer berufen. Kein Wunder. Schon die Namen seiner erinnern oft an Tai Chi Chuan, z.B.:
Hier eine interessante Analyse zu diesem Thema:
http://www.chinafrominside.com/ma/taiji/chenboxingmanuals.html
So, wollte mich mal zum Buch
"Chinese Martial Arts" von Lorke etwas äußern. Ist wirklich sehr spannend und ich lese sehr gerne darin.
Wollte auch etwas zum Thema Faustkampf in China, "Leitfaden des Faustkampfes" von General Qi und seine Bedeutung hier schreiben. Habe gerade das Kapitel Zeit der streitenden Reiche (475 v. Chr. und 221 v. Chr) durch und Lorke weiß folgendes zu berichten:
Der Faustkampf zu dieser Zeit scheint kaum militärische Bedeutung zu haben - er wird kaum erwähnt. Wenn dann mit dem Wort bo oder shoubo und dann auch nur in kurzen Anekdoten zu Zweikämpfen zwischen Adeligen.
Schriftliche Werke über verwendete Techniken, Schule etc. sind nicht bekannt.
Schaun wir mal, wie es weiter geht.
Gruß
Martin
Lorge zur Qin-Han-Zeit (221 v. Chr. - 220 n.Chr.):
Im waffenlosen Kampf war das Ringen als Wettkampf von großer Bedeutung.
Daneben gab es aber auch das Boxen und uns wird von einem Buch "Boxen" berichtet. Leider ist das Buch nicht überliefert. Das Boxen wird auch als "Nackte Klingen mit leeren Händen angreifen" bezeichnet.
Boxen und Ringen waren wohl auch Bestandteil der Bodyguardausbildung.
Es gibt eine Reihe von Abbildungen zum Boxen und Ringen, aber es sind keine schriftlichen Werke erhalten, die über Anekdoten hinaus gehen.
Ach ja,
noch etwas Literatur für die Interessierten zu Qi Jiguang und Chen-Tai Chi. Hier ist eine Menge zu finden:
Ranne Nabil, die Wiege des Taijiquan
Die Wiege des Taijiquan: Der soziokulturelle Kontext der chinesischen Kampfkunsttheorie mitsamt einer Analyse der ältesten Bewegungsformen des Taijiquan: Amazon.de: Nabil Ranné: Bücher (http://www.amazon.de/Wiege-Taijiquan-soziokulturelle-Kampfkunsttheorie-Bewegungsformen/dp/3832524770/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1394558112&sr=8-1&keywords=nabil+ranne)
und dass kleine Ebook von mir zu:
Tai Chi Chuan in der Geschichte der chinesischen Kampfkunst
Tai Chi Chuan in der Geschichte der chinesischen Kampfkunst eBook: Martin Bödicker: Amazon.de: Kindle-Shop (http://www.amazon.de/Tai-Chuan-Geschichte-chinesischen-Kampfkunst-ebook/dp/B00F3EUUUS/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1394558184&sr=8-2&keywords=bödicker+tai)
Gruß und später mehr
Martin
Lorge zur Zeit der sechs Dynastien (220 n. Chr. - 581 n.Chr.):
Ringen hat große Bedeutung - Faustkampf wird auch erwähnt.
Beide aber nur in Anekdoten.
Von Handbüchern oder schriftlichen Anleitungen wird nicht berichtet.
Gruß
Martin
Lorge zur Sui und Tang Zeit (581 n. Chr - 907 n. Chr.)
Ringen und Faustkampf sind im militärischen, wie im Showbereich erwähnt und sind weit verbreitet.
Handbücher oder Anleitungen werden von Lorge nicht erwähnt.
Im Showbereich gibt es die ersten Tänze von Frauen mit Schwert, die offensichtlich keine praktischen Anwendungen mehr zeigten, sondern alleine für die Ästhetik vorgeführt wurden.
Gruß
Martin
Wobei "boxing" für ihn eigentlich immer auch mit Waffen bedeutet und er von "Striking skills" in der Zeit nur im Zusammenhang mit "entertainment" spricht.
Im Kapitel zur Yuan Dynastie wird das noch klarer, wenn er über die 18 Kampfkünste spricht, zu denen die "unarmed fighting skills" nicht dazu gehören. Dort schreibt er auch das "unarmed martial arts were hard to separate from armed martial arts".
Unbewaffnet ist für ihn halt die Grundlage von bewaffnet und wird nicht extra erwähnt. Das arbeitet er später auch noch mal raus, weiß gerade nur nicht wo.
Grüße
Kanken
Hallo Kanken,
danke schon einmal. Ja, wirklich sehr interessant.
Wie schön, dass aus so einem kleinem Missverständnis so eine interessante Diskussion wurde.
Hier noch einmal die zwei Fragen, die in der Diskussion etwas durcheinander gehen. Ich hoffe wir bekommen sie mit Lorge gut beantwortet:
1. Welche Bedeutung hatte der waffenlose Kampf in der militärischen Geschichte Chinas?
2. Welche Bedeutung hatte Qi Jiguangs Leitfaden für den Faustkampf für den waffenlosen Kampf?
Bisheriges Zwischenergebnis nach Lorge 475 v.Chr. bis 907 n. Chr.:
1. Ringen und Boxen waren immer anzutreffen, aber von untergeordneter Bedeutung im Militär.
2. Er spricht nur von einem einzigen Text zum waffenlosen Kampf namens "Boxen", der leider nicht überliefert ist. Sind andere Werke vor Qi Jiguang existent gewesen? Hatten sie Bedeutung? Wir werden sehen, was Lorge noch zu berichten hat.
Gruß
Martin
Huangshan
17-03-2014, 16:28
Hier Dokus als Ergänzung:
?New Frontier HQ? Chinese Kungfu (04) Imperial Exams - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=udNoqpZcCPo)
?New Frontier HQ? Chinese Kungfu (05) The Rise of Chivalry - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=oOA8XEsS774)
http://www.youtube.com/watch?v=DY8hJofI9b8
http://www.youtube.com/watch?v=x2xbEyh8hyA
http://www.youtube.com/watch?v=qzSND3MOqWs ***
http://www.youtube.com/watch?v=o7_TeOJ_vos
http://www.youtube.com/watch?v=D1ry_-VBjls
http://www.youtube.com/watch?v=SYJZ_HJATF0
usw.
So, es geht in der Zeit weiter voran - für die Song- und Yuan-Dynastie, also bis 1368 attestiert Lorge, dass Boxen und Ringen weiter im Militär, wie auch im zivilen Bereich sehr populär sind. Beim Militär allerdings nicht für das Schlachtfeld, sondern für Wettkämpfe und zur körperlichen Stärkung.
In der Song-Zeit gibt es auch das erste, teilweise bebilderte umfassende Werk zum Militär: The Complete Essentials from the Military Classics (Wujing Zongyao).
Inwiefern dort auch waffenloser Kampf Erwähnung findet, beschreibt Lorge nicht.
Gruß
Martin
So, bin jetzt endlich zur Ming-Zeit gekommen.
Lorge schreibt, dass dies Zeit ist, aus der eine Menge Literatur überliefert ist. Dabei werden zum ersten mal die Namen von waffenlosen Kampfkünsten aufgelistet. Das heißt nicht, dass es sie vorher nicht gab, sondern sie wurden halt nur zum erstmal als solche aufgelistet.
Des weiteren wurden Stellungen und kurze Merkverse niedergeschrieben.
Drüber hinaus wurde vermerkt, dass diese Kampfkünste für die körperliche Ausbildung der Soldaten von Vorteil sind, aber im Kampf auf dem Schlachtfeld keine Bedeutung haben.
Qi Jiguang hat in späteren Ausgaben seines Buches auch auf den Faustkampfteil verzichtet.
Insgesamt muss damit gesagt werden, dass es mit Qi Jiguangs Leitfaden zum Faustkampf nach 2000 Jahren Faustkampfkultur zum erstmal ein Handbuch zu diesem Thema mit Bildern und Erläuterungen gibt, dass uns überliefert ist.
Auch wenn es sicherlich keinen allzu großen Wert für das Schlachtfeld hatte, ist sein Handbuch für den historisch interessierten Kampfkünstler von großem Wert.
Ich hoffe, dass weitere Forschungen die Zusammenhänge zwischen Qi Jiguang und anderen Kampfkünsten späterer Zeit klären können.
Gruß
Martin
Und hier noch ein kleiner Übersichtsartikel zum Thema:
General Qi Jiguang und der Leitfaden des Faustkampfes (http://www.taiji-europa.de/taichi-taiji/taiji-klassiker/general-qi-jiguang-und-der-leitfaden-des-faustkampfes/)
Gruß
Martin
Bisher als Ebook, jetzt auch gedruckt als kleines Taschenbuch:
General Qi Jiguang - Leitfaden zum Faustkampf (5,35 Euro)
http://www.amazon.de/Leitfaden-zum-Faustkampf-General-Jiguang/dp/1505806593/
Viel Spaß beim Schmökern
Martin
Huangshan
31-12-2014, 17:16
martin3
Danke für den Hinweis, werde mir beizeiten das Buch zulegen.
Bisher als Ebook, jetzt auch gedruckt als kleines Taschenbuch:
General Qi Jiguang - Leitfaden zum Faustkampf (5,35 Euro)
Leitfaden zum Faustkampf: von General Qi Jiguang: Amazon.de: Martin Bödicker: Bücher (http://www.amazon.de/Leitfaden-zum-Faustkampf-General-Jiguang/dp/1505806593/)
Viel Spaß beim Schmökern
Martin
Danke direkt gekauft :)
karate_Fan
01-01-2015, 09:31
Danke für die Infos martin3. Werde mir das Buch früher oder später auch definitiv kaufen.:D
Danke hier auch schon einmal und ich hoffe, euch macht der Text genauso viel Freude wie mir.
Gruß
Martin
Hallo Martin,
vielen Dank für den Hinweis.
Nachdem ich dein Büchlein vor einiger Zeit bereits als E-Book erworben habe, bin ich froh, dass es dieses jetzt auch in Papierform gibt. Denn modernes Zeitalter hin oder her, ein richtiges Buch in den Händen zu halten und zu lesen ist einfach etwas anderes als Infos auf irgend einem Speicherchip zu haben ;)
Grüße
Pilger
rudongshe
02-01-2015, 13:18
Da gebe ich Dir recht ... ein Schränkchen mit Schätzchen hat was
Yup, ich liebe es auch, ein Buch in der Hand zu haben :).
Daher bin ich über die Möglichkeit des Print-On-Demand auch sehr froh.
Da kann man selbst so Mini-Auflagen wie den Qi Jiguang zu einem guten Preis (5,35 Euro inkl. Porto und Verpackung ist doch was) anbieten.
Erfreut auch das Herz des Herausgebers.
Gruß und viel Freude beim Schmökern
Martin
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