PDA

Vollständige Version anzeigen : Was macht eine eigenständige "Kampfsportart" aus?



chuckybabe
11-11-2012, 23:52
Vorab: Lasst uns hier bitte nicht in Begriffsklaubereien bzgl. "Kampfsport", "Kampfkunst", "SV-Sport", "SV-KK" etc. verfallen. Als Oberbegriff habe ich jetzt einfach mal ganz willkürlich "Kampfsport" gewählt.

Zum Thema dieses Threads:

Im europäischen KKB-Forum hat sich das folgende Thema entwickelt:

Haben die Deutschen auch einen Kampfsport entwickelt? (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/haben-deutschen-kampfsport-entwickelt-149683/)
In der Folge dieser Fragestellung hat sich eine interessante Debatte entwickelt, woran denn eine eigenständige (deutsche) Kampfsportart festzumachen sei? Und diese Fragestellung möchte ich jetzt übergeordnet diskutieren.

Was macht also eine eigenständige Kampfsportart aus? Welche Kriterien müssen also erfüllt sein, damit wir von einer eigenständigen Kampfsportart sprechen können?

Stellen wir vielleicht zuerst mal einen Kriterienkatalog auf, den wir auch anhand von Beispielen aus den Kampfsportarten diskutieren und erarbeiten sollten:

Ich fange einfach mal mit dem Muay-Thai an:
- jahrhunderte alte Tradition
- inkl. Wettkampftradition
- Anwendung eines wohldefinierten Technikrepertoires
- spezielle taktische Verfahrensweisen
- wurde durch das "thailändische" Volk entwickelt
- wird traditionell auf thailändischen Landesgebiet ausgeübt

Welche dieser Kriterien sind wichtig für die Ausgangsfrage oder um welche Kriterien muß diese kleine Aufstellung erweitert werden?

Wie sind innerhalb dieser Gesichtspunkte BJJ, JKD, Boxen, Krav Maga, Karate, Kung Fu usw. usw. zu betrachten? Und welche Kriterien lassen sich ggf. aus der Betrachtung dieser und weiterer Kampsportarten ableiten und definieren?

Und jetzt bitte ich noch um eine konstruktive, ggf. auch kontroverse, aber jederzeit faire Debatte!:)

james cagney
12-11-2012, 03:17
-

chuckybabe
13-11-2012, 00:43
Wie schauts z.B. mit BJJ aus? Eigenständiger KS und wenn ja, aufgrund von was? Oder durch nur ein japanischer Kampfsport, der Verfeinerungen durch die Brasilianer erfahren hat?

MichaelII
13-11-2012, 22:45
Hehe, was ist dann mit "Korean-Karate" :D
Da fehlt wohl die jahrhunderte lange Tradition. Ist aber sicherlich eine eigenständige Kampfsportart.

Grüße

Tracer
13-11-2012, 22:57
Also eigenständige KS bedeutet für mich, dass sie ohne Ableitungen von anderen KS enstanden ist, oder sich so sehr von der ursprünglichen KS entfernt hat, dass sie eine eigene Systematik besitzt die der ursprünglichen kaum oder nicht mehr ähnelt.

Tradition oder Alter würde ich jetzt nicht als Kriteriumspunkte ansehen.

Ayur
13-11-2012, 23:46
Also eigenständige KS bedeutet für mich, dass sie ohne Ableitungen von anderen KS enstanden ist, oder sich so sehr von der ursprünglichen KS entfernt hat, dass sie eine eigene Systematik besitzt die der ursprünglichen kaum oder nicht mehr ähnelt.

Tradition oder Alter würde ich jetzt nicht als Kriteriumspunkte ansehen.

Was bedeutet denn bitte "ohne Ableitungen". Das Kriterium ist meiner Meinung nach ziemlich witzlos, da es immer irgendwo einen Vorgänger gab.
Das 2. passt für mich schon eher. Dazu können sie sich schon noch deutlich ähneln - mir würde schon ein anderer Fokus bzw. eine andere Didaktik (zB. prinzipienbasiert vs. technikbasiert) reichen.
Also für mich sind BJJ und Judo sehr ähnlich, aber doch eigene KK.

Aber da generell scharf abzugrenzen finde ich sowieso schwer - ist das jetzt ein anderer Stil oder nur ein Substil usw. (und was bringt die Unterscheidung?)

Jadetiger
14-11-2012, 14:11
Ich denke auch einen KS "ohne Ableitung" zu schaffen ist nicht möglich. Irgendwo muss man die Kompetenz eine neue KS zu gründen ja herbekommen.

Auch jahrelange Tradition ist per se nicht möglich, denn das würde das Gründen neuer KS ja grundsätzlich ausschließen. Die einzige Möglichkeit wäre dann, immer von einem Substil zu sprechen bis es sich irgendwann in der allgemeinen Wahrnehmung zu einer eigenständigen Sachen entwickelt hat. "Wann" das so ist, ist dann natürlich sehr unscharf und subjektiv.

Ich denke auch, dass man am einfachsten auf Didaktik und Fokus achten kann.

Siehe z.B. Aikido: O-Sensei Ueshiba hat ja auch nicht wirklich was selbst erfunden, sondern hat sich auf Würfe und Hebel spezialisiert und seine Aufmerksamkeitsfokus auf das Prinzip der Kraftumlenkung gelegt.

Zweites Beispiel: I Liq Chuan: Stilgründer Chin Lik Keong hat sich aus verschiedenen von ihm erlernten Kung Fu-Stilen das geminsame Prinzip der Aufmerksamkeit und Empfindsamkeit sowie das Prinzip der Energieumlenkung herausgenommen. Sein Sohn Chin Fan Siong aka Sam Chin hat das Ganze dann in westliche Nomenklatur (Physik und Geometrie) gekleidet und es in einen eigenen Lehrweg zur Vermittlung dieser Prinzipien gegossen (Ganz grob: "From Structure to Relaxation" und "Unify yourself then unify with your opponent").
Fertig war der neue Stil!

Für wie wichtig haltet ihr die Nomenklatur zur Abgrenzung eines Stils?

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 14:58
könnte interessant werden hier...

Tracer
14-11-2012, 15:09
Was bedeutet denn bitte "ohne Ableitungen". Das Kriterium ist meiner Meinung nach ziemlich witzlos, da es immer irgendwo einen Vorgänger gab.


Stimmt schon. Wird man in der Praxis kaum finden. Dennoch ist es ein Kriterium für Eigenständigkeit.

Ausserdem hat nicht immer einen Vorgänger gegeben. Irgendwo am Ende jeder Kette gibt es einen Anfang. Ob wir dieses Ende nun wissen oder nicht ist irgendwie unerheblich. Diese "Eigenständigkeit" ist ja auch nur ein theoretisches Gedankenkonstrukt.



Das 2. passt für mich schon eher. Dazu können sie sich schon noch deutlich ähneln - mir würde schon ein anderer Fokus bzw. eine andere Didaktik (zB. prinzipienbasiert vs. technikbasiert) reichen.
Also für mich sind BJJ und Judo sehr ähnlich, aber doch eigene KK.


Zustimmung. :)



(und was bringt die Unterscheidung?)

Weiß ich nicht. Chukybabe hat gefragt. ;)



Für wie wichtig haltet ihr die Nomenklatur zur Abgrenzung eines Stils?

Für nicht wichtig.

chuckybabe
14-11-2012, 15:17
Wie schaut es mit JKD aus? Bruce Lee hat nicht eine neue Technik geschaffen, aber er hat Handlungsanweisungen formuliert, wie und wann diverse Techniken eingesetzt werden. Macht das schon einen neuen/eigenen Kampfsport aus?

Wie schaut es mit Krav Maga aus? Null eigene Techniken, aber z.B. starke Betonung auf Szenariotraining, macht das eine eigenständige Kampfsportart aus?

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 15:23
Wie schaut es mit JKD aus? Bruce Lee hat nicht eine neue Technik geschaffen, aber er hat Handlungsanweisungen formuliert, wie und wann diverse Techniken eingesetzt werden. Macht das schon einen neuen/eigenen Kampfsport aus?


Ich denke wie so oft geht es weniger um Techniken als um Trainingsmethodik etc.

Grüße
Christian

Donnerfuß
14-11-2012, 15:32
wenn ich mich nicht irre, ist jkd sowieso nicht als stil zu bezeichnen, sondern eher als philosophisches konzept.
der eigentliche stil ist jun fan gung fu, inclusive technikrepertoire etc.

Gast
14-11-2012, 15:35
Wie schaut es mit JKD aus? Bruce Lee hat nicht eine neue Technik geschaffen, aber er hat Handlungsanweisungen formuliert, wie und wann diverse Techniken eingesetzt werden. Macht das schon einen neuen/eigenen Kampfsport aus?

Wie schaut es mit Krav Maga aus? Null eigene Techniken, aber z.B. starke Betonung auf Szenariotraining, macht das eine eigenständige Kampfsportart aus?
Naja was ist mit MT oder MMA? Beide haben eigentlich auch keine eigenen Techniken oder wie stellt man eigentlich fest ob ein Stil eigene Techniken hat?
Oder welcher Stil zuerst diese oder jene Technik hatte?
MMn. kommt hier wirklich eher auf den Überbau an unter dem die Techniken zusammengefasst werden als auf die Einzelnen Techniken an sich.

Jadetiger
14-11-2012, 15:38
Für wie wichtig haltet ihr die Nomenklatur zur Abgrenzung eines Stils?

Für nicht wichtig.Ich weiß, denke ich, was du meinst. Sowas wie "Die sagen Faustschlag, wir aber sagen Fausstoß!". Auf diesem Level stimme ich dir zu.

ABER:
Ganz unwichtig finde ich es aber nicht. Bei mir natürlich wieder das I Liq Chuan-Beispiel:
Hier hat man sich entschieden, von der chinesischen traditionellen Nomenklatur ("Um das Erdelement zu formen mussen Tiger und Bär zusammenwirken")
wegzugehen und eine westliche modern-westliche Begriffswelt zu verwenden ("Wenn die Schulterblätter flach an den Rippen anliegen und die Ellenbogen in einem Winkel >90° gehalten werden, können die Kraftverktoren günstiger Richtung Massezentrum des Gegners wirken").
Dadurch bekomme ich einen ganz anderen Zugang zur Sache, was für mich durchaus Sinn macht.

Number: 8
14-11-2012, 15:43
Es ist auch möglich ohne eigene Erfahrung mit Kämpfen eine KS/KK/... zu entwickeln. Was dabei rauskommt sieht man hier, das wäre dann auch eine Made in Germany KK: http://www.kampfkunst-board.info/forum/f15/ecs-90655/
Wer lieber Videos schaut, anstatt 110 Seiten durchzulesen, googelt "Elemental Claw Style"
Viel Spaß

Tracer
14-11-2012, 15:47
Dadurch bekomme ich einen ganz anderen Zugang zur Sache, was für mich durchaus Sinn macht.


Erstmal - die Namen sind Top :D
Deswegen liebe ich Kung Fu Filme. Die sind so kreativ.

Ok - ich finde es ändert eine KK nicht wenn man sie oder ihre Techniken anders nennt. Deswegen ändern sich die Techniken oder das Training ja nicht. Zumindest nicht für mich. Aber meine Meinung ist natürlich subjektiv.

Diese Worte dienen ja nur der Beschreibung - aber soweit zu gehen an ihnen die Eigenständigkeit einer KS zu messen würde ich nicht gehen.

Wenn ich auf denen letzten Satz eingehe, macht es für dich schon einen Unterschied...also ist es für dich wichtig.
Kompromiss ;)

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 15:51
Naja was ist mit MT ...?

Wenn Du Muay Thai meinst, irrst Du Dich gewaltig...

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 15:52
Ok - ich finde es ändert eine KK nicht wenn man sie oder ihre Techniken anders nennt. Deswegen ändern sich die Techniken oder das Training ja nicht. Zumindest nicht für mich. Aber meine Meinung ist natürlich subjektiv.


Doch, die Trainingsmethodik ändert sich dadurch und ob man eine Erklärung auf Anhieb versteht ist sehr wichtig.

Grüße
Christian

Gast
14-11-2012, 15:55
Wenn Du Muay Thai meinst, irrst Du Dich gewaltig...
Ja ich meine Muay Thai und bitte um Aufklärung.

duoyang
14-11-2012, 15:59
vielleicht sollte man den "Dragona Bato" Erfinder zu Rate ziehen.

Sensei-T
14-11-2012, 16:00
Doch, die Trainingsmethodik ändert sich dadurch und ob man eine Erklärung auf Anhieb versteht ist sehr wichtig.

Grüße
Christian

Jo, ob ich: "Kote Gaeshi" oder "Handgelenksdrehwurf" sage, ändert an der Bezeichnung 'ne Menge. Die Ausführung, die Prinzipien dahinter bleiben jedoch dieselben...

Bubatz
14-11-2012, 16:07
Nur bei "Kote Gaeshi" kommt bei mir das richtige "KK-Feeling auf" - bei "Kipphandhebel" etc. denk ich hingegen immer, ich steh' in der Garage und muss was zusammenschrauben. :D

Tracer
14-11-2012, 16:10
Doch, die Trainingsmethodik ändert sich dadurch und ob man eine Erklärung auf Anhieb versteht ist sehr wichtig.


Klar ändert es etwas an der Lerngeschwindigkeit ob ich etwas richtig verstehe oder nicht. Verständnis ist klarerweise wichtig.
Aber warum ändert sich die Trainingsmethodik wenn ich eine Technik Uppercut oder Hadouken nenne?

Warum sollte das an der "Eigenständigkeit" einer KS etwas ändern?

Sensei-T
14-11-2012, 16:11
nur bei "kote gaeshi" kommt bei mir das richtige "kk-feeling auf" - bei "kipphandhebel" etc. Denk ich hingegen immer, ich steh' in der garage und muss was zusammenschrauben. :d

Mega :D - seh ich auch so...

Jadetiger
14-11-2012, 16:15
Nur bei "Kote Gaeshi" kommt bei mir das richtige "KK-Feeling auf" - bei "Kipphandhebel" etc. denk ich hingegen immer, ich steh' in der Garage und muss was zusammenschrauben. :DExakt! Es geht hier ja nicht darum, was einem besser gefällt oder was sinnvoller ist, sondern nur darum, ob es einen Unterschied macht.

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 16:30
Ja ich meine Muay Thai und bitte um Aufklärung.

Na, Du sagst doch Muay Thai hätte keine eigenen Techniken... das stimmt einfach nicht.

Grüße
Christian

Eskrima-Düsseldorf
14-11-2012, 16:31
Exakt! Es geht hier ja nicht darum, was einem besser gefällt oder was sinnvoller ist, sondern nur darum, ob es einen Unterschied macht.

Na, aber gerade bei chin. Stilen ist es doch wichtig ob Du mit den "Bildern" etwas anfangen kannst.

Grüße
Christian

Jadetiger
14-11-2012, 16:43
Na klar! Die Bilder haben häufig auch noch viele andere Implikationen, die für einen Chinesen aus dem kulturellen Kontext offensichtlich sind und für uns Westler oft nicht, aber das ist nicht der Punkt.

Es geht hier um "Was macht einen eigenständigen Kampfsport aus" und nicht um "Was macht einen guten Kampfsport aus".

chuckybabe
14-11-2012, 16:59
Ja ich meine Muay Thai und bitte um Aufklärung.

Du verarscht uns doch oder? Beim Muay-Thai gibt es Techniken und Taktiken, in der praktischen Anwendung die bis in die späten Achtziger hinein für alle anderen KKs neu und revolutinär waren. Und damit ist nicht die Einzeltechnik in der Theorie gemeint, sondern die Technikkomplexe in der Anwendung, wie z.B. Ellbogen, Lowkicks, Clinch, Angriffstaktiken aus dem diagonalen "Vorbeigehen und Meiden" in Bezug zur Position des Gegners u.v.a.m.!

concrete jungle
14-11-2012, 17:11
Bevor es jemand anderes raushaut:

Savate finde ich da recht spannend.

Vive la France!

Aber hat vom Briten die Handarbeit integriert...

Jadetiger
14-11-2012, 19:30
Von welchem Standpunkt man auch an das Thema rangehen könnte wäre:

"Wann gebe ich als Trainer meinem Kampfsport einen eigenen Namen?"

Ein Anlass, den ich als besonders gerechtfertigt ansehe ist folgender:

Der Trainer beschäftigt sich sehr lang und sehr intensiv mit dem KS, der ihm von seinem Meister beigebracht wird, aber je mehr Erfahrung er hat und je mehr er sich bei anderen Trainern umsieht, wächst immer mehr die Kritik in ihm. "Das könnte man aber anders machen", "das würde der Schüler schneller kapieren wenn, man ich es ihm soundso anders beibringen würde", "Der Name ist aber unglücklich gewählt" und ähnliches

Nun steht der Trainer vor drei Möglichkeiten:
a) Er vertraut auf die Weisheit des Meisters, der aber natürlich auch nur ein Mensch ist, und lehrt die Kunst weiter in der traditionellen Weise. Das heißt aber natürlich auch, die eigenen Erkenntnisse bis zu einem gewissen Grad zu verleugnen;
b) Er zeigt die Inhalte der Kunst auf seine eigene Art. Damit geht er allerdings das Risiko ein seinen Meister zu brüskieren und sich evtl. dem Vorwurf des Etikettenschwindels auszusetzen;
c) Er erweitert die Kunst durch seine eigenen Erkenntnisse und geht seinen eigenen Weg. Dann ist es nur konsequent, dem KS auch einen neuen Namen zu geben.

Ist aus meiner Sicht Abwägungssache.

Sven K.
14-11-2012, 20:21
@Jadetiger

Gute Überlegungen. ;)

Gast
14-11-2012, 22:16
Na, Du sagst doch Muay Thai hätte keine eigenen Techniken... das stimmt einfach nicht.

Grüße
Christian
Naja definieren wir halt mal eigene Technik. Ab wann ist eine Technik einem Stil eigen?? Das habe ich nämlich ein meinem Post auch gefragt.
Welche Techniken haben die Thais erfunden ohne Fremdeinfluss, bitte mit geschichtlichen Quellen wenn möglich. Wäre wirklich interessant und es wäre hilfreich wenn du auch ein bisl ausführen könntest und nicht nur in einem Satz antworten. Das hilft nämlich keinem. Die bitte um Aufklärung war eben nicht so gemeint, dass du deinen vorigen Post einfach um 3 Worte verlängerst.


Du verarscht uns doch oder? Beim Muay-Thai gibt es Techniken und Taktiken, in der praktischen Anwendung die bis in die späten Achtziger hinein für alle anderen KKs neu und revolutinär waren. Und damit ist nicht die Einzeltechnik in der Theorie gemeint, sondern die Technikkomplexe in der Anwendung, wie z.B. Ellbogen, Lowkicks, Clinch, Angriffstaktiken aus dem diagonalen "Vorbeigehen und Meiden" in Bezug zur Position des Gegners u.v.a.m.!
Ich sprach allein von Techniken. Das erstmal. 2tens habe ich gefragt ab wann man von einer eigenen Technik sprechen kann. Darauf könntest du ruhig auch eingehen statt meine Posts immer nur halb zu lesen. 3tens wenn es geschichtlich belegt ist, dass die Thailänder jene oder diese Technik erfunden haben und die gabs davor noch nie und nirgends wäre es interessant Quellen zu posten. Die wirds ja geben wenn man das so genau sagen kann.
Wir können uns ja ganz entspannt nach den Ursprüngen suchen, wenn ich falsch liege lasse ich mich auch gerne ausbessern. Das sollte aber auch ohne den hysterischen Unterton möglich sein.

Kevke
14-11-2012, 22:53
Kannst ja gerne damit anfangen Quellen zu posten anstatt irgendwelche haltlosen Sachen in den Raum zu werfen.



Glaube kaum das man irgendwelche geschichtlichen Daten findet wann welche technik erfunden wurde.

Gast
14-11-2012, 23:06
Kannst ja gerne damit anfangen Quellen zu posten anstatt irgendwelche haltlosen Sachen in den Raum zu werfen.
Schon mal daran gedacht, dass sich Leute auch mal irren können?? Und das ein Forum auch dem Zwecke dienen kann Irrtümer aufzuklären??
Die "Behauptung" war übrigens ans eine Frage gekoppelt. Aber Hauptsache ein Teil rauspicken statt auf die ganzen Post einzugehen.

Glaube kaum das man irgendwelche geschichtlichen Daten findet wann welche Technik erfunden wurde.
Das wäre aber wichtig weil man dann erst sicher sagen Technik X ist kann eindeutig Stil Y zugeordnet werden. Ohne Beeinflussung von außen.
Ohne Quellen ist übrigens keine Behauptung haltbar.

chuckybabe
15-11-2012, 02:45
@Maddin.G,

es ist einfach keine andere KK auf diesem Planeten bekannt (vielleicht vom burmesischen Boxen in gewissen Bereichen abgesehen), die beim Stand-Up ähnliche stilistische und taktische Merkmale über Jahrhunderte kultiviert und hervorgebracht hat. (Und hier geht es nicht um besser oder schlechter als andere ...)

Und die Frage, ob genau am 3. August 1748 nach Christus exakt diese oder jene Technik "erfunden" wurde, ist doch schlichtweg lächerlich und dumm.:o

Was soll so ein Quatsch, das geht doch für keinen Stil der Welt. Trotzdem ist z.B. MT oder BJJ absolut unverwechselbar und man erkennt auch im praktischen Kampf, wo die Wurzeln sind. Was hätten wohl ein Helio Gracie oder ein Bruce Lee oder ein Anderson Silva dazu sagen können bzw. zu sagen, wann ihnen dieses oder jenes in den Sinn gekommen sei.

Gast
15-11-2012, 15:25
@Maddin.G,

es ist einfach keine andere KK auf diesem Planeten bekannt (vielleicht vom burmesischen Boxen in gewissen Bereichen abgesehen), die beim Stand-Up ähnliche stilistische und taktische Merkmale über Jahrhunderte kultiviert und hervorgebracht hat. (Und hier geht es nicht um besser oder schlechter als andere ...)

Und die Frage, ob genau am 3. August 1748 nach Christus exakt diese oder jene Technik "erfunden" wurde, ist doch schlichtweg lächerlich und dumm.:o

Was soll so ein Quatsch, das geht doch für keinen Stil der Welt. Trotzdem ist z.B. MT oder BJJ absolut unverwechselbar und man erkennt auch im praktischen Kampf, wo die Wurzeln sind. Was hätten wohl ein Helio Gracie oder ein Bruce Lee oder ein Anderson Silva dazu sagen können bzw. zu sagen, wann ihnen dieses oder jenes in den Sinn gekommen sei.
Ich habe nie die Frage gestellt ob das jetzt besser oder schlechter ist, ich habe einfach als Interessierter gefragt wo kann man das belegt nachlesen.
Und die Frage in den Raum gestellt ab wann ist eine Technik, ich betone nochmal ICH SPRACH VON TECHNIK einem Stil eigen? Welche Kriterien müssen da erfühlt sein? Sind Knie und Elbogen jetzt dem Muay Thai eigen obwohl die in diversen Stilen eingesetzt werden oder sind das einfach Grundwaffen vieler Stile die auch schon früher eingesetzt wurden. Sind sie dem MT eigen weil sie auf ganz eigene weise eingesetzt werden? Ist dann JKD und Krav Maga nicht doch ein eigener Stil weil sie altes genommen und neu interpretiert haben?
Also nochmal ab wann ist eine Technik einem Stil zuzuschreiben, wenn nur dieser Stil diese benutzt, sie am längsten benutzt oder sie erfunden hat??
Wäre für die Ausgangsfrage mMn wichtig zu klären.

Eskrima-Düsseldorf
15-11-2012, 15:35
Also nochmal ab wann ist eine Technik einem Stil zuzuschreiben, wenn nur dieser Stil diese benutzt, sie am längsten benutzt oder sie erfunden hat??
Wäre für die Ausgangsfrage mMn wichtig zu klären.

Wenn sie diese Technik auf eine eigene Art und Weise nutzt wie z. B. den Lowkick im Muay Thai. Der war - wie Chuckybabe schon schrieb - außerhalb des Muay Thai sehr lange gänzlich unbekannt.

Gerade das Muay Thai hat z.b. eine recht eigene Körpermechanik und einen eigenen Rhytmus.

Gast
15-11-2012, 15:42
Wenn sie diese Technik auf eine eigene Art und Weise nutzt wie z. B. den Lowkick im Muay Thai. Der war - wie Chuckybabe schon schrieb - außerhalb des Muay Thai sehr lange gänzlich unbekannt.

Gerade das Muay Thai hat z.b. eine recht eigene Körpermechanik und einen eigenen Rhytmus.
Gut dann hätten wir jetzt eine wichtige Definition festgelegt.
Nutzung von Techniken auf unverkennbare Art, eigene Körpermechanik und eigener Rythmus.
Jetzt wäre die Frage auf welche Stile das überhaupt nicht zutrifft.

Radioknopf
15-11-2012, 16:45
Gut dann hätten wir jetzt eine wichtige Definition festgelegt.
Nutzung von Techniken auf unverkennbare Art, eigene Körpermechanik und eigener Rythmus.
Jetzt wäre die Frage auf welche Stile das überhaupt nicht zutrifft.

Für die meisten Hybriden und JuJutsu.
Schlau zusammengebastelt vieleicht aber nich eigentständig nach der Definition.

Jadetiger
15-11-2012, 18:10
@Jadetiger

Gute Überlegungen. ;)Danke!


Für die meisten Hybriden und JuJutsu.
Schlau zusammengebastelt vieleicht aber nich eigentständig nach der Definition.Um Mal den Advocatus Diaboli zu spielen: Man kann sich natürlich auch fragen, ob auch eine einzigartige Mischung bereits bekannter Techniken einen Stil ausmachen kann.

z.B.: Choy Lay Fut Kung Fu: Südchinesische Handtechniken kombiniert mit nordchinesischen Beintechniken.
(Ok, bei denen kommt noch ein recht eigenes Konzept des Spiels mit der Kampfdistanz dazu, aber mir fällt grad kein deutlicheres Beispiel ein...)

chuckybabe
17-11-2012, 22:49
Machen wir doch einfach mal ganz willkürlich mit TKD weiter: Eigenständige Kampfsportart ja oder nein?

Fakten:
> TKD ist relativ jung. (Ein einziger Systeminitiator? Gen. Choi Hong Hi?)
> TKD wird nach verschiedenenen Regelwerken gekämpft!?
> Verschiedene Verbände = verschiedene Formen!? (Trotzdem eine einzige und eigenständige Kampfsportart?)
> TKD beruft sich auf koreanische Traditionen.
> TKD ist extrem trittlastig. Womit m. E. auch eine klare strategisch-taktische Richtung verbunden ist.
> ...

Macht all dies TKD zu einer eigenständigen Kampfsportart oder kennt Ihr vergleichbare KK, wo man ganz ketzerisch gesprochen, von einer beliebigen "Austauschbarkeit" mit dem TKD sprechen könnte?

Wo wir gerade bei den koreanischen Kampfsportarten sind:
Wie seht Ihr unter analogen Gesichtspunkten und Fragestellungen z.B. Tang Soo Do oder auch Hap Ki DO?

chuckybabe
17-11-2012, 23:00
Oder wie schaut es mit Judo und Sambo aus, unterschiedliche Herkunftsländer und Wettkampfregelwerke, aber technisch im Grunde genommen alles ein "Soße" und damit beliebig austauschbar und damit auch nicht eigenständig zu betrachten? (Ich weiß, ist alles sehr ketzerisch!:D Oder vielleicht doch nicht?;))

Nite
17-11-2012, 23:29
Machen wir doch einfach mal ganz willkürlich mit TKD weiter: Eigenständige Kampfsportart ja oder nein?

Fakten:
> TKD ist relativ jung. (Ein einziger Systeminitiator? Gen. Choi Hong Hi?)
> TKD wird nach verschiedenenen Regelwerken gekämpft!?
> Verschiedene Verbände = verschiedene Formen!? (Trotzdem eine einzige und eigenständige Kampfsportart?)
> TKD beruft sich auf koreanische Traditionen.
> TKD ist extrem trittlastig. Womit m. E. auch eine klare strategisch-taktische Richtung verbunden ist.
> ...

Macht all dies TKD zu einer eigenständigen Kampfsportart oder kennt Ihr vergleichbare KK, wo man ganz ketzerisch gesprochen, von einer beliebigen "Austauschbarkeit" mit dem TKD sprechen könnte?

Wo wir gerade bei den koreanischen Kampfsportarten sind:
Wie seht Ihr unter analogen Gesichtspunkten und Fragestellungen z.B. Tang Soo Do oder auch Hap Ki DO?
TKD ist eines der Paradebeispiele warum die Diskussion über die Fragestellung überhaupt erst aufkommt. Ebenso zeigt das TKD-Beispiel dass alle hier im Topic angebotenen Definitionen entweder zu kurz greifen, oder aber nur in bestimmten Fällen anwendbar und nicht allgemeingültig sind.

Laut deiner Definition ist TKD heute ein eigenständiger KS, einer Sichtweise der ich durchaus zustimme.
Andererseits ist der Ursprung des TKD, entgegen aller Propaganda aus Korea, ganz klar im Shotokan Karate zu sehen. Insofern ist TKD durchaus auch als Teil der Karate-Stilfamilie zu sehen.

Weiterhin stellt sich die Frage: ab welchem Punkt war TKD eine eigene Kampfsportart, und nicht mehr "nur" die koreanische Interpretation des Shotokan?
- ab dem Moment als man den Namen TKD eingeführt hat?
- als man die Karate-Kata aus dem Lehrplan entfernt hat?
- als man die Verbindungen nach Japan gekappt hat? Wann geschah das konkret?
- ...

chuckybabe
19-11-2012, 09:33
TKD ist eines der Paradebeispiele warum die Diskussion über die Fragestellung überhaupt erst aufkommt. Ebenso zeigt das TKD-Beispiel dass alle hier im Topic angebotenen Definitionen entweder zu kurz greifen, oder aber nur in bestimmten Fällen anwendbar und nicht allgemeingültig sind.

Laut deiner Definition ist TKD heute ein eigenständiger KS, einer Sichtweise der ich durchaus zustimme.
Andererseits ist der Ursprung des TKD, entgegen aller Propaganda aus Korea, ganz klar im Shotokan Karate zu sehen. Insofern ist TKD durchaus auch als Teil der Karate-Stilfamilie zu sehen.

Weiterhin stellt sich die Frage: ab welchem Punkt war TKD eine eigene Kampfsportart, und nicht mehr "nur" die koreanische Interpretation des Shotokan?
- ab dem Moment als man den Namen TKD eingeführt hat?
- als man die Karate-Kata aus dem Lehrplan entfernt hat?
- als man die Verbindungen nach Japan gekappt hat? Wann geschah das konkret?
- ...

Ja, die Fragestellungen gefallen mir und sind wirklich diskussionswürdig. Was sagen die TKD-/TSD-/HKD-Spezialisten dazu?

chuckybabe
19-11-2012, 09:40
Erst nochmal die Frage zu Judo und Sambo:
Von den Sowjets damals einfach abgekupfert (was jawohl von japanischer Seite teilweise behauptet wurde) oder eine systematische Zusammenstellung dessen, was die Völker der ehemaligen Sowjetrepubliken so an Ringertechniken zu bieten hatten und haben?

Und wie schaut es mit dem von Bruce Lee (also einer einzelnen Person) entwickelten JKD aus?

Keinerlei eigenständige Techniken (Übernahme bekannter Techniken aus diversen anderen Stilen), aber ein "Prinzipienkonstrukt" nach dem die Techniken eingesetzt werden. Reicht ein solches Konstrukt, damit man von einem eigenständigen Kampfsport sprechen kann?

Jadetiger
19-11-2012, 12:34
Ja, die Fragestellungen gefallen mir und sind wirklich diskussionswürdig. Was sagen die TKD-/TSD-/HKD-Spezialisten dazu?
Ich bin zwar kein TKD-Expert (TSD und HKD erst recht nicht) aber trotzdem:

Dass TKD heute als eigener KS wahrgenommen wird, ist, denke ich, unstrittig.
Dass natürlich auch dieser KS irgendo seine Wurzeln hat, ist auch klar.

Die Frage ist also wirklich nur AB WANN der Stil als eigenständig wahrgenommen wurde.
Ich denke es handelt sich hier um eine Art "Gewohnheitsrecht"-Phänomen. Irgendwann hat es sich eben etabliert, dass alle etwas für eigenständig halten.
Kennt jemand zufällig soziologische Quellen zum Thema Gewohnheitsrecht?

Bei JKD ist der Fall aus meiner Sicht recht klar: Bruce Lee hat Techniken vieler verschiedener Stile genommen, und sie in ein damals revolutionäres Konzept gegossen (Lee hat ja nie behauptet, Techniken selbst geschaffen zu haben). Dieses Konzept gepaart mit der "Das hat Bruce Lee gemacht"-Ausstrahlung machen JKD aus. Also in diesem Fall eine recht klare Abgrenzung zu anderen KKs.


OT Randbemerkung:
Ich verstehe das mit den koreanischen Kampfkünsten nicht wirklich. Viele haben so starke japanische Wurzeln, dass das wirklich ein Blinder bemerken muss (Shotokan Karate -> Taekwondo , Aikido -> Hapkido, Kenjutsu -> Haidong Gumdo). Trotzdem beruft man sich auf die "lange koreanische Tradition". Naja, man soll ja nicht am Nationalstolz anderer Leute kratzen...

Helmut Gensler
19-11-2012, 12:46
ich habe so den Eindruck, dass einige/viele Stile nur deshalb sich einen eigenen Namen geben, damit die entsprechenden Gründer ihre Wertschätzung bekommen und sie sich gegen andere abgrenzen.
Die Geschichte eines Stils ist für mich unwichtig. Die Zugehensweise zum Menschen und zum Bewegen ist der entscheidende Punkt.

Jadetiger
19-11-2012, 14:02
ich habe so den Eindruck, dass einige/viele Stile nur deshalb sich einen eigenen Namen geben, damit die entsprechenden Gründer ihre Wertschätzung bekommen und sie sich gegen andere abgrenzen.Korrekt. In vielen Fällen dient das nur dem Ego des neuen Stilgründers. In manchen Fällen ist es aber meiner Meinung nach gerechtfertigt, wenn der Stilgründer "sein Ding" machen will, ohne seine Lehrer zu beleidigen.


Die Geschichte eines Stils ist für mich unwichtig. Die Zugehensweise zum Menschen und zum Bewegen ist der entscheidende Punkt.Das Problem hier ist aber, dass gerade der Zugang zum Menschen sehr stark vom einzelnen Trainer abhängt. Ich denke es gibt in jedem KS gute und weniger gute Pädagogen. Das als Maßstab für den ganzen Stil anzulegen, halte ich für schwierig.

chuckybabe
19-11-2012, 15:44
Ich bin zwar kein TKD-Expert (TSD und HKD erst recht nicht) aber trotzdem:

Dass TKD heute als eigener KS wahrgenommen wird, ist, denke ich, unstrittig.
Dass natürlich auch dieser KS irgendo seine Wurzeln hat, ist auch klar.

Die Frage ist also wirklich nur AB WANN der Stil als eigenständig wahrgenommen wurde.
Ich denke es handelt sich hier um eine Art "Gewohnheitsrecht"-Phänomen. Irgendwann hat es sich eben etabliert, dass alle etwas für eigenständig halten.
Kennt jemand zufällig soziologische Quellen zum Thema Gewohnheitsrecht?

Bei JKD ist der Fall aus meiner Sicht recht klar: Bruce Lee hat Techniken vieler verschiedener Stile genommen, und sie in ein damals revolutionäres Konzept gegossen (Lee hat ja nie behauptet, Techniken selbst geschaffen zu haben). Dieses Konzept gepaart mit der "Das hat Bruce Lee gemacht"-Ausstrahlung machen JKD aus. Also in diesem Fall eine recht klare Abgrenzung zu anderen KKs.


OT Randbemerkung:
Ich verstehe das mit den koreanischen Kampfkünsten nicht wirklich. Viele haben so starke japanische Wurzeln, dass das wirklich ein Blinder bemerken muss (Shotokan Karate -> Taekwondo , Aikido -> Hapkido, Kenjutsu -> Haidong Gumdo). Trotzdem beruft man sich auf die "lange koreanische Tradition". Naja, man soll ja nicht am Nationalstolz anderer Leute kratzen...

Klasse Beitrag, auch die Betrachtung, dass das "ab wann" ein Stil als eigenständiger KS wahrgenommen wird, ein wesentlicher Aspekt für die Eigenständigkeit eines Kampfsportes ist, gefällt mir sehr.

Bzgl. der koreanischen Geschichten: Wie verhält es sich mit WTF-TKD und ITF-TKD? Unterschiedliche Regelwerke, unterschiedliche Formen, "unterschiedlich alt" - trotzdem ein gemeinsamer eigenständiger KS oder zwei getrennte eigenständige KS? Wie seht Ihr das?

Vielleicht können wir ja jetzt mal einen eigenen Kriterienkatalog aufstellen, welche Kriterien hinreichend und welche notwendig sind, damit man von einer eigenständigen KK sprechen kann!?

Sven K.
19-11-2012, 17:19
ich habe so den Eindruck, dass einige/viele Stile nur deshalb sich einen eigenen Namen geben, damit die entsprechenden Gründer ihre Wertschätzung bekommen und sie sich gegen andere abgrenzen.
Die Geschichte eines Stils ist für mich unwichtig. Die Zugehensweise zum Menschen und zum Bewegen ist der entscheidende Punkt.

Ja. Das spielt fast IMMER mit rein. Jeder will ganz oben stehen. Wenn man das über Leistung nicht schafft, macht man eben was eigenes. Ist aber nicht neu und wurde auch schon "früher" so gemacht. ;)


@All
Wenn ich mal "uns" nehme. Dann schlagen und treten wir, wie alle anderen auch. Wir benutzen auch sehr viel Techniken, die es woanders gibt. Nur ist bei uns die "Basis" so weit weg, von dem was die "Ursprünge" ausmacht, das wir wohl wirklich sagen können, wir sind etwas eigenständiges. Dazu kommt natürlich auch noch, das wir Prinzipien, die es in "unseren Ursprüngen" so nicht gibt und eine Methodik/Didaktik nutzen, die auch anders ist. Daher sind wir mittlerweile "meilenweit" weg, von dem, das uns "früher" ausmachte.

Neue Techniken werde wohl eher weniger "erfunden", wenn man mal "Eddy Bravo" rauslässt. :D

Wir haben also ein neues "Dach" unter dem "Altes" nach neuen/anderen Prinzipien gelehrt wird.

chuckybabe
19-11-2012, 18:07
...

Nur ist bei uns die "Basis" so weit weg, von dem was die "Ursprünge" ausmacht, das wir wohl wirklich sagen können, wir sind etwas eigenständiges. Dazu kommt natürlich auch noch, das wir Prinzipien, die es in "unseren Ursprüngen" so nicht gibt und eine Methodik/Didaktik nutzen, die auch anders ist. Daher sind wir mittlerweile "meilenweit" weg, von dem, das uns "früher" ausmachte.

...

Damit bin ich jetzt intelektuell echt überfordert.;)

Kannst Du da mal konkreter (Vielleicht Beispiele bringen) formulieren, so daß man evtl. auch etwas für den Kriterienkatalog bzgl. Eigenständigkeit daraus ableiten kann?

OT: Was war denn Euer "früher"? (Sorry, ich weiß das wirklich nicht.:o)

Sven K.
19-11-2012, 18:43
Damit bin ich jetzt intelektuell echt überfordert.;)

Kannst Du da mal konkreter (Vielleicht Beispiele bringen) formulieren, so daß man evtl. auch etwas für den Kriterienkatalog bzgl. Eigenständigkeit daraus ableiten kann?

OT: Was war denn Euer "früher"? (Sorry, ich weiß das wirklich nicht.:o)

Naja. "Ursprung" bzw. "früher" ist halt das, was wir früher gemacht haben. Einflüsse aus Judo, JiuJitsu, Karate, Esdo, KB usw. Mittlerweile sind wir ja fast schon ein FMA-Stil. :D
Wir haben komplett andere Bewegungsformen und Prinzipien als früher, haben die Schwerpunkte verlagert und "arbeiten" ganz anders.

Gast
19-11-2012, 18:46
Aikido -> Hapkido, ...
Stammt beides, wenn man der Entstehungsgeschichte glauben will, vom Daitō-ryū Aiki-jūjutsu ab. Daher wohl die Ähnlichkeiten.
Der Technikpool der neueren HKD-Stile ist aber sehr weit weg von dem was heute so als Aikido trainiert wird. Die Techniken sind direkter und der Rythmus ein ganz anderer. Eine Verwandtschaft ist aber nicht abzustreiten.


Bei JKD ist der Fall aus meiner Sicht recht klar: Bruce Lee hat Techniken vieler verschiedener Stile genommen, und sie in ein damals revolutionäres Konzept gegossen (Lee hat ja nie behauptet, Techniken selbst geschaffen zu haben). Dieses Konzept gepaart mit der "Das hat Bruce Lee gemacht"-Ausstrahlung machen JKD aus. Also in diesem Fall eine recht klare Abgrenzung zu anderen KKs.
Man muss hier ja auch zwischen Concepts und Original unterscheiden. Bruce Lee hat aber mMn. eben alte Sachen genommen, neu kombiniert, und mit einem neuen Überbau, der das ganze sinnvoll verbindet, versehen. Die Techniken wurden neu interpretiert und das ganze bekam einen neuen Rythmus so dass man es eigentlich als etwas eigenständiges sehen muss.

Jadetiger
20-11-2012, 11:14
Man muss hier ja auch zwischen Concepts und Original unterscheide. Bruce Lee hat aber mMn. eben alte genommen, neu kombiniert, und mit einem neuen Überbau der das ganze sinnvoll verbindet versehen. Die Techniken wurden neu interpretiert und das ganze bekam einen neuen Rythmus so dass man es eigentlich als etwas eigenständiges sehen muss.Ich hatte jetzt hauptsächlich an "Jun Fan Jeet Kune Do" gedacht.
Ich bezweifle ja garnicht, dass am Ende was Eigenständiges dabei rauskam. Ich habe JKD ja sogar als Beispiel für einen neuentstandenen Stil angeführt.

Die grundlegenden Techniken nahm Lee aus dem Kung Fu. Rhythmus und Strategie sind sehr stark vom westlichen Sportfechten und -boxen beeinflusst.

Ein bischen kommt mir das so vor wie Hermann Hesses "Glasperlenspiel": Es wird Neues geschaffen aus der Neukombination bereits vorhandener Zutaten.

Das sowas großartig sein kann, dafür ist wohl JKD das Beispiel schlechthin.

Eskrima-Düsseldorf
20-11-2012, 11:23
Ich finde Kickboxen ist ein tolles Beispiel... Techniken aus verschiedenen schlagenden und tretenden Kampfkünsten, ein eigenes Regelwerk, teilweise eigene bzw. den neuen Erfordernissen angepasste Trainingsmethoden etc.

chuckybabe
20-11-2012, 11:30
Auch wenn ich bei dem ganzen JKD Wirrwarr (Original, Concepts, Jun Fan Kung Fu Jeet Kune Do, verschiedene Entwicklungsstufen von BL) nicht wirklich durchschaue, so ist JKD für mich eine klar eigenständige KS. Starke Seite vorne, entsprechend starke Betonung der starken Seite in der Kampfhandlung, Anleihen aus dem Fechten und Boxen, das zusammen macht für mich den Kern des JKD aus. Wie dann jeder JKD-Instructor dem ganzen seinen persönliche taktische Note gibt oder auch "Weiterentwicklungen" in der "Technikperipherie" einbaut, ist für mich erstmal nebensächlich, solange der Kern an sich gewahrt bleibt.

Jadetiger
20-11-2012, 11:36
Könnte man also sagen, dass nicht die eigenständige Technik ("die drehen die Hand aber anders als wir") sondern eher der konzeptionelle Überbau sprich Strategie und Taktik eine KS eigenständig machen?

Das würde dann auch erklären, warum die ganzen Hybride legitime eigenständige Stile sind (was ich grundsätzlich nicht anzweifle).
Im Konzept unterscheidet sich ja auch TKD von Karate.

Björn Friedrich
20-11-2012, 12:56
Für mich persönlich gibt es überhaupt keine Stile. Nur Menschen und ihre Bewegungsmuster.....

Klar braucht man einen "Stil" um sich abzugrenzen und um für etwas Werbung zu machen, aber im Grunde ist es vollkommen sinnlos menschliche Bewegungen in Stile zu klassifizieren.

Wenn man das so sieht, zerfallen auch viele der Streitereien, von wegen mein Stil ist besser als dein Stil. Man kann es dann höchstens auf ein persönliches Niveau herunterbringen und sagen meine Bewewgungen sind effizienter als deine und das trifft es dann auch eher, denn die Unterschiede sind immer in den Menschen und ihrem Körper/Geist.

Stile bedeuten Abgrenzung, ich / wir sind anders, wir haben die Wahrheit, unser Lehrer ist der beste......

Wenn man es auf Bewegungen reduziert, bleibt nur man selber und die Arbeit mit seinem eigenen Körper.......

aber da viele Menschen etwas brauchen an das sie sich klammern können, werden Stile wohl auch in Zukunft Hochkonjunktur haben.:-)

Tschüß
Björn Friedrich

Jadetiger
20-11-2012, 13:44
Sorry Björn,
versteh mich nicht falsch, ich respektiere, das was du machst (ich trainiere selbts für mich zuhause unter anderem nach den Fighter-Fitness CDs/DVDs) und deine Einstellung und Ansicht sehr, aber:

In diesem Thread geht es nicht darum, ob der Einzelne verschiedene Kampfkünste oder Stile oder auf nur die generelle Unterscheidung gut findet.
Es geht darum, dass es eine Tatsache ist, dass es verschiedene Kampfkünste gibt (wofür sonst die ganzen Unterforen hier?) und um die Überlegung, wann man zwei Kampfkünste als verschieden wahrnimmt.

Wie ist es denn bei dir? Siehst du dir einen BJJ-Kampf an und danach einen Boxkampf und sagst dann "Ist doch genau das Gleiche. Ich kann da keine Unterscheidung machen."?

Es geht also nicht darum, ob Abgrenzungen gut sind, sondern darum, was eine Abrenzung überhaupt ist.
Was macht Fighter-Fitness zu Fighter-Fitness?

salurian
20-11-2012, 13:44
Für mich persönlich gibt es überhaupt keine Stile. Nur Menschen und ihre Bewegungsmuster.....

Klar braucht man einen "Stil" um sich abzugrenzen und um für etwas Werbung zu machen, aber im Grunde ist es vollkommen sinnlos menschliche Bewegungen in Stile zu klassifizieren.

Wenn man das so sieht, zerfallen auch viele der Streitereien, von wegen mein Stil ist besser als dein Stil. Man kann es dann höchstens auf ein persönliches Niveau herunterbringen und sagen meine Bewewgungen sind effizienter als deine und das trifft es dann auch eher, denn die Unterschiede sind immer in den Menschen und ihrem Körper/Geist.

Stile bedeuten Abgrenzung, ich / wir sind anders, wir haben die Wahrheit, unser Lehrer ist der beste......

Wenn man es auf Bewegungen reduziert, bleibt nur man selber und die Arbeit mit seinem eigenen Körper.......

aber da viele Menschen etwas brauchen an das sie sich klammern können, werden Stile wohl auch in Zukunft Hochkonjunktur haben.:-)

Tschüß
Björn Friedrich

Jo, aber genau das sind doch Stile. Die Art und Weise eines bestimmten Menschen zu kämpfen. Plus die Art und Weise das an andere weiter zu vermitteln. Da aber alle Menschen unterschiedlich sind und sich deshalb auch unterschiedlich bewegen und unterschiedliche Erfahrungen machen, kommt irgendwann der Punkt an dem Schüler XYZ seinen eigenen Stil aufmacht, welcher nun mal seine Interpretation des ursprünglichen Konzeptes ist bzw. neue Konzepte mit einbezieht und welche sich deshalb vom Originalstil unterscheiden. Und schwups gibts diverse Derivate etc. pp.

Neue Stile wurden doch schon immer so erzeugt das verschiedene Konzepte Ideen zusammen gezogen und mit einem roten Faden durchzigen wurden.
Judo, BJJ oder auch JKD sind Beispiele dafür.

chuckybabe
20-11-2012, 14:59
Sorry Björn,
versteh mich nicht falsch, ich respektiere, das was du machst (ich trainiere selbts für mich zuhause unter anderem nach den Fighter-Fitness CDs/DVDs) und deine Einstellung und Ansicht sehr, aber:

In diesem Thread geht es nicht darum, ob der Einzelne verschiedene Kampfkünste oder Stile oder auf nur die generelle Unterscheidung gut findet.
Es geht darum, dass es eine Tatsache ist, dass es verschiedene Kampfkünste gibt (wofür sonst die ganzen Unterforen hier?) und um die Überlegung, wann man zwei Kampfkünste als verschieden wahrnimmt.

Wie ist es denn bei dir? Siehst du dir einen BJJ-Kampf an und danach einen Boxkampf und sagst dann "Ist doch genau das Gleiche. Ich kann da keine Unterscheidung machen."?

Es geht also nicht darum, ob Abgrenzungen gut sind, sondern darum, was eine Abrenzung überhaupt ist.
Was macht Fighter-Fitness zu Fighter-Fitness?

Jooo, so schauts aus!

Fragen nach besser oder schlechter (gut oder nicht gut finden) sind hier absolut irrelevant.

chuckybabe
20-11-2012, 15:10
Ich finde Kickboxen ist ein tolles Beispiel... Techniken aus verschiedenen schlagenden und tretenden Kampfkünsten, ein eigenes Regelwerk, teilweise eigene bzw. den neuen Erfordernissen angepasste Trainingsmethoden etc.

Jep, Kickboxen ist auch ein schickes Beispiel. Genauso wie das deutsche Ju-Jutsu, verschiedene Techniken aus verschiedenen Stilen zusammengenommen, im ersten Schritt erstmal alles rein anwendungsbezogen auf Technik, schon war dieses Ju-Jutsu zur SV fertig, Wettkampf kam ja glaube ich erst später hinzu. (Seit wann gibt es im deutschen Ju Jutsu eigentlich Wetkämpfe?)

Ist ITF-TKD nun ein Kickboxstil, der nur durch die Formen zum TKD wird? Oder ist das Wettkampfformat unerheblich?:ups:

Kickboxen z.B. definiert sich ja ganz klar über seine Wettkampfformate.

paka
20-11-2012, 15:31
Eine eigenständige KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) von sich sagen sie üben diese KS aus.

Ob die KS darin besteht dem anderen mit der flachen Hand auf den Hinterkopf zu hauen und erst seit gestern nacht existiert, ist dabei irrelevant.

Man muss hier schon unterscheiden ob man hier über ein Idealbild spricht oder einen Zustand beschreiben möchte..

Nite
20-11-2012, 15:43
Ist ITF-TKD nun ein Kickboxstil, der nur durch die Formen zum TKD wird? Oder ist das Wettkampfformat unerheblich?:ups:

Kickboxen z.B. definiert sich ja ganz klar über seine Wettkampfformate.
ITF-TKD ist für mich kein Kickbox-Stil, sondern ein Stil der Wettkämpfe nach einem Kickbox-Reglement durchführt. In meinen Augen ein großer Unterschied.

Zur Verdeutlichung:
Kickboxen war ursprünglich ein Regelwerk, unter dem Stilisten verschiedener Stand-Up-Stile (vornehmlich aus dem Karate) gegeneinander antreten konnten.
So war und ist die Trennung zwischen Karate teilweise doch recht schwammig (Stichwort: All Style Karate).
Kickboxen als eigener Sport beginnt für mich ab dem Moment wo man nicht nur nach Kickbox-Reglement kämpft, sondern man beginnt ausschließlich für dieses Reglement zu trainieren und alles andere, was diesem Ziel nicht dienlich ist, über Bord wirft.
Im Endeffekt ist Kickboxen als eigener Sport so entstanden: man hat Formen, Traditionen, Selbstverteidigung und ähnliches hinter sich gelassen um sich auf das eine Ziel, Wettkämpfe nach einem spezifischen Regelwekr zu bestreiten, zu fokussieren.
Insofern würde ITF-TKD zum Kickboxen werden, wenn man sämtliche anderen Teilbereiche des TKD vernachlässigen würde und sich nur noch auf Wettkämpfe konzentrieren würde.

Jadetiger
20-11-2012, 15:50
Eine eigenständige KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) von sich sagen sie üben diese KS aus.Ok, das kann ich mit einer kleinen Änderung unterschreiben:

"Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) sagen, dass es ein eigenständiger KS ist."

(Elemental Claw Kung Fu üben sicher nicht genug Leute aus, aber es ist DEFINITIV ein SEHR eigenständiger Stil ;) :D )

Bleibt die Frage: Warum sagen die Leute das?

chuckybabe
20-11-2012, 16:11
Könnte man also sagen, dass nicht die eigenständige Technik ("die drehen die Hand aber anders als wir") sondern eher der konzeptionelle Überbau sprich Strategie und Taktik eine KS eigenständig machen?

Das würde dann auch erklären, warum die ganzen Hybride legitime eigenständige Stile sind (was ich grundsätzlich nicht anzweifle).
Im Konzept unterscheidet sich ja auch TKD von Karate.

Mit der Fragestellung des ersten Abschnittes würde ich mit einer Ergänzung (unterstrichen) ein erstes hinreichendes Kriterium für einen eigenständigen Kampfsport formulieren:

1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.

Welche KS erfüllen sofort dieses erste Kriterium? So adhoc fallen mir ein:

JKD
BJJ
LL (? / habe ich fast keinen Plan von ...)
Krav Maga (gibt es dort einen wohldefinierten technischen Kern?)
Hybride (? / da fehlt mir echt der Überblick was es alles gibt ...)
Karate
Capoeira (? / habe ich fast keinen Plan von ...)
*ing*ung
Judo
Kung Fu (? / da fehlt mir ebenfalls der Überblick was es alles gibt ...)
Escrima


Was haltet Ihr noch von folgendem m.E. nach hinreichenden Kriterium:

2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart da.

Dazu fallen mir ad hoc die folgenden KS ein:

Kickboxen
Boxen
Ringen
Sambo
TKD
Schwingen
Türkisches Ölringen
Sanda
Muay-Thai
Grappling
MMA
Shooto
Shootfighting
Savate

Welche KS fallen Euch noch ein, die durch die beiden Kriterien als eigenständig zu bezeichnen sind? Müssen die Kriterien ggf. angepasst werden? Oder fallen Euch noch weitere Kriterien ein, die ggf. notwendig sind oder lässt sich die Frage nach der Eigenständigkeit einer KS auf diese beiden Kriterien reduzieren?

chuckybabe
20-11-2012, 16:15
Ok, das kann ich mit einer kleinen Änderung unterschreiben:

"Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) sagen, dass es ein eigenständiger KS ist."

...

Super, nehmen wir das mal als drittes hinreichendes Kriterium, zumindest unter Vorbehalt:

3. Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) sagen, dass es ein eigenständiger KS ist.

Doch was ist die kritische Masse? Das müssen wir noch näher diskutieren und dann definieren!

chuckybabe
20-11-2012, 16:19
...
(Elemental Claw Kung Fu üben sicher nicht genug Leute aus, aber es ist DEFINITIV ein SEHR eigenständiger Stil ;) :D )

Bleibt die Frage: Warum sagen die Leute das?

Wichtige Frage, aber ich denke, dass ist durch das erste formulierte Kriterium abgedeckt, falls dieser Stil es erfüllt. (Wovon ich wiederum keinen Plan habe ...:D)

Hier nochmal das erste Kriterium:

1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.

Jadetiger
20-11-2012, 16:21
@1. + 2. Kriterium

Gut formuliert!
Was mir spontan an diesen Kriterien gefällt ist, dass die alleinige Abgrenzung durch Verbandszugehörigkeit kein hinreichendes Kriterium für einen eigenständigen Kampfsport ist.

Alle mir bekannten europäischen Fechtstile (egal ob Rapier, Stock, Messer oder anderes) genügen dem ersten und/oder dem zweiten Kriterium.
Sie orientieren sich (oft innerhalb eines Duellreglements) an einer stileigenen Strategie, aus der auch die eingesetzten Techniken resultieren. Oft wurde die Fechtwaffen entsprechend der gewollten Strategie geschaffen und nicht umgekehrt.

@Elemental Claw Kung Fu
Stimmt!

Gast
20-11-2012, 16:22
[
1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.[/B]

MMn. ist der konzeptionelle Überbau das wichtigste weil eben dieser vorgibt wie und in welchem Rahmen, mit welcher Intention Techniken eingesetzt werden.
Dieser Zusammenschluss von Konzepten und Techniken definiert mMn. eine eignen Stil bzw Stilfamilie. Regelwerke sind austauschbar und je nach Stil gibt es gar kein einheitliches.

chuckybabe
20-11-2012, 16:28
Hier noch mal zur Übersicht die drei jedes einzeln für sich hinreichende Kriterium bzgl. der Eigenständigkeit einer Kampfsportart, ohne das ein Kriterium notwendig für die Absicherung eines anderen Kriteriums ist:

1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.

2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart da.

Und unter Vorbehalt das dritte Kriterium (denn was ist die "kritische Masse?):

3. Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) "sagen", dass es ein eigenständiger KS ist.

Und nun Feuer frei - auf zur Debatte. Wobei ich bis heute Abend erstmal Tschööö sage, auf zum Training!

MichaelII
20-11-2012, 19:31
doppelposting

MichaelII
20-11-2012, 19:42
Schwierig wird es erst bei den Kampfkünsten, bei denen man laut Aussge der Meister erst mit dem x-ten Meistergrad die Strategie oder die dahinterliegenden Prinzipien durchschaut hat. Ein Ausenstehender kann also per se nicht erkenne, daß es eine eigenständige KK ist :D

Zu den koreanischen KKs: Korea war von 1910-1945 japanisch besetzt. Die meisten heutigen koreanischen KKs wurden von Menschen, die Zwecks beruflichen Fortkommens nach Japan gingen und in der japanischen Armee/Administration dienten und dort japanische Kampfkünste lernten, nach Korea gebracht und dort später mit koreanischen Namen belegt, abgeändert und im Zuge des aufkommenden koreanischen Nationalismus als koreanisch verkauft.. Anpassungsfähig war z. B. Choi Hong-hi, der nach dem erlernen des Shotokan-Karate in Japan das TWD in Süd-Korea vorantrieb, dann wegen Verbandszwistigkeiten nach Kanada emigrierte und später mit seinem Taekwondo nach Nordkorea migrierte, obwohl er früher in der japanischen Armee diente und dann eine steile militärische Karriere in der Süd-Korenaischen Armee hatte.
Einzige Ausnahme in Korea ist Taekyun, als einzige KK von der koreanischen Regierung als immaterielles Kulturgut anerkannt. Es hat knapp die japanische Besatzung überlebt.

Das nur nebenher, Shotokan-Karate ist ja auch nicht uralt sondern wurde erst wie die anderen Karate-Stile 1922 japanisiert. Die Ursprünglichen Stil-Gründer sind vom Geiste her also nicht "weise" Bewahrer uralter Kampfkünste sondern haben Kampfsport-Techniken anderer Völker eingesammelt und sehr flexibel abgeändert, nationalisiert. Da sie auch politisch und in ihren Verbandsquerelen sehr flexibel waren, gehe ich davon aus, daß die Techniken eben auch sehr flexibel zusammengestellt wurden :D Ist in dieser Zeit auch normal, da es eben keine "Weltverbände" für die verschiedenen KKs gab, sondern z. B. auf Okinawa ohne schriftliche Fixierung und im Geheimen trainiert wurde, also vermutlich in jedem Dorf ein anderer Stil etabliert wurde...

Das gleiche mit Judo, die Entstehung ist auch in diese Zeit zu verorten...

TWD heutzutage immer noch mit Shotokan-Karate in einen Topf zu werfen ist eigentlich lol, beide KKs haben z. T. gegensätzliche Prinzipien, unterschiedliche Trainingsmethoten usw. TWD hat als Weltverband mit Millionen Mitgliedern und bei der Entwicklung des TWD-Freikampfes viel Entwicklung hinter sich und daraus erfolgende Erfahrungen/Erkentnisse in das Training geschrieben, sich also weiterentwickelt. ITF ist mit Sicherheit auch kein Kick-Boxen.

Was ich damit sagen will, für viele heutzutage im Verhältniss zu neueren Hybridsystemen "alten Kampfkünste" hatten ursprünglich auch keine richtige Tradition, waren neu erfunden. Die Stilgründer sollten wohl eine Begabung und Verständnis für Bewegungsabläufe und Zusammenhänge haben. Wichtig finde ich aber auch eine Prüfung in der Praxis vieler Anhänger. Das zur Abgrenzung vieler heutigen Neu-Stile, die schnell zusammengewürfelt und dann in einer oder drei Schulen verkauft werden...
Oder eben doch jahrhunderte alte Tradition, solche KKs gibts auch.

Grüße

paka
21-11-2012, 00:38
Hier noch mal zur Übersicht die drei jedes einzeln für sich hinreichende Kriterium bzgl. der Eigenständigkeit einer Kampfsportart, ohne das ein Kriterium notwendig für die Absicherung eines anderen Kriteriums ist:

1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.

2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart da.

Und unter Vorbehalt das dritte Kriterium (denn was ist die "kritische Masse?):

3. Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) "sagen", dass es ein eigenständiger KS ist.

Und nun Feuer frei - auf zur Debatte. Wobei ich bis heute Abend erstmal Tschööö sage, auf zum Training!

Nehmen wir mal an ich erfinde einen "Stil", dieser besteht darin dem anderen mit dem rechten Zeigefinger in die Augen zu pieksen, es wird nur das trainiert sonst nichts. Bei der Kampfstellung steht man auf einem Bein.
Der einzige konzeptionelle Überbau ist der , dass ich meinem Gegner weh tun möchte (das könnte als alleiniges hinreichendes Kriterium dienen). Es gäbe keine Wettkämpfe oder sonst was. Aber: Tausende von Leuten strömen in meine Schulen (für den Begriff kritische Masse bitte Google benutzen oder "the tipping point" lesen), überall auf der Welt redet man nur noch davon, dass paka-do die krasseste KS überhaupt ist. Auf dem KKB sind sich viele einig, dass paka-do total unnütz ist, andere verteidigen paka-do aufs Blut.... Trotzdem wäre Paka-do dann eine Kampfkunst, von dem Moment an wo andere Kampfkünstler ihren Stil damit vergleichen würden, denn Paka-do würde die beiden (m.M.n. einzigen) Kriterien einer eigenständigen KS erfüllen: 1) Es hat im entferntesten was damit zu tun jemand anderes körperlich zu schädigen oder kampfunfähig zu machen und 2) es üben genügend Menschen aus und grenzen es durch die Bezeichnung gegen andere "Stile" ab

Nehmen wir mal ing ung, die meisten hier nehmen das nicht ernst und sehen es als total unnütz an, aber auch die Gegner akzeptieren es als KK, (nur eben als schlechte KK)

chuckybabe
21-11-2012, 00:46
Die meisten Namensschöpfungen/Stilneugründungen stammen aus den letzten 150 Jahren. Muay-Thai ist viel älter nachweisbar, Jiu-Jitsu wohl auch, sowie diverse Kung Fu Stile und auch das mittelalterliche europäisch-deutsche Ringen, auch der englische Faustkampf ist älter. Von Waffensystemen wollen wir hier erst garnicht nicht reden.

Ich glaube, dass wir über Jahrzehnte einen total verklärten Blick auf viele asiatische "uralte" KS, deren Nutzen, ggf. Sinn und/oder ggf. Sinnlosigkeit hatten. Aber das ist ein anderes Thema für einen neuen Thread.:)

chuckybabe
21-11-2012, 00:57
ITF-TKD ist für mich kein Kickbox-Stil, sondern ein Stil der Wettkämpfe nach einem Kickbox-Reglement durchführt. In meinen Augen ein großer Unterschied.

Zur Verdeutlichung:
Kickboxen war ursprünglich ein Regelwerk, unter dem Stilisten verschiedener Stand-Up-Stile (vornehmlich aus dem Karate) gegeneinander antreten konnten.
So war und ist die Trennung zwischen Karate teilweise doch recht schwammig (Stichwort: All Style Karate).
Kickboxen als eigener Sport beginnt für mich ab dem Moment wo man nicht nur nach Kickbox-Reglement kämpft, sondern man beginnt ausschließlich für dieses Reglement zu trainieren und alles andere, was diesem Ziel nicht dienlich ist, über Bord wirft.
Im Endeffekt ist Kickboxen als eigener Sport so entstanden: man hat Formen, Traditionen, Selbstverteidigung und ähnliches hinter sich gelassen um sich auf das eine Ziel, Wettkämpfe nach einem spezifischen Regelwekr zu bestreiten, zu fokussieren.
Insofern würde ITF-TKD zum Kickboxen werden, wenn man sämtliche anderen Teilbereiche des TKD vernachlässigen würde und sich nur noch auf Wettkämpfe konzentrieren würde.

Diesen Standpunkt kann ich verstehen und auch teilen.

Ist TKD dann aufgrund des dritten Kriteriums eine eigenständige KS? Oder greift auch eines der ersten beiden Kriterien?

Oder allgemeiner gefragt: Welche KS definieren sich aufgrund des dritten Kriteriums als eigenständig?

Nochmals: Was ist die kritische Masse? Welche quantitativen Aussagen können wir formulieren und damit greifbare Definitionen schaffen?

MichaelII
21-11-2012, 16:14
Was ist paka-do?

...

Ist TKD dann aufgrund des dritten Kriteriums eine eigenständige KS? Oder greift auch eines der ersten beiden Kriterien?

...

Ernst gemeint?

Grüße

chuckybabe
22-11-2012, 00:26
...

Ernst gemeint?

Grüße

Präzisier mal bitte Dein Frage!

MichaelII
22-11-2012, 17:39
Du frägst ob TWD nach Punkt eins:
"1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart."

eine eigenständige Kampfsportart ist. Wüsste nicht was da Fehlen soll.

Auch Punkt zwei:
"2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart da."

Was soll hier fehlen? Gehe, auch wenn ich mir mal Feinde mache :D, vom TWD-WT'F aus da es bei weitem die meisten Anhänger hat und bei Olympia anerkannt ist. Dieses Wettkamkpfformat ist doch Einzigartig und sofort von jedem wiedererkennbar, daß es kein z. B. Kick-Boxen oder Muay-Thai ist.

Bei Punkt drei, den hast du ja eigentlich zugestimmt:
"3. Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) "sagen", dass es ein eigenständiger KS ist."

Beim WTF auf jedenfall gegeben. Ca. 30 Millionen Mitglieder.

Grüße

chuckybabe
23-11-2012, 10:36
Du frägst ob TWD nach Punkt eins:
"1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart."

eine eigenständige Kampfsportart ist. Wüsste nicht was da Fehlen soll.

Auch Punkt zwei:
"2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart da."

Was soll hier fehlen? Gehe, auch wenn ich mir mal Feinde mache :D, vom TWD-WT'F aus da es bei weitem die meisten Anhänger hat und bei Olympia anerkannt ist. Dieses Wettkamkpfformat ist doch Einzigartig und sofort von jedem wiedererkennbar, daß es kein z. B. Kick-Boxen oder Muay-Thai ist.

Bei Punkt drei, den hast du ja eigentlich zugestimmt:
"3. Ein eigenständiger KS existiert dann, wenn genügend Leute (>kritische Masse) "sagen", dass es ein eigenständiger KS ist."

Beim WTF auf jedenfall gegeben. Ca. 30 Millionen Mitglieder.

Grüße

Bei Punkt 3 gebe ich dir Recht. Wirklich 30 Millionen Mitglieder? Wow!

Punkt 2 ist für das WTF-TKD wohl auch unstrittig.

Über die Erfüllung des ersten Kriteriums in Bezug auf den Kampfsport TKD in seiner Gesamtheit (nicht reduziert auf den Wettkampf) ließe sich streiten. Doch TKD ist hier nicht das Thema.

Wir haben jetzt hier im Thread ja nun drei hinreichende Kriterien für eine eigenständige KS formuliert, von denen das dritte Kriterium aber wohl nur ein "Scheinkriterium" ist, da es mehr eine Begleiterscheinung bei entsprechender Verbreitung einer KS (ggf. sogar kombiniert mit medialer Präsenz) ist.

Die ersten beiden Kriterien reichen aber vollkommen aus, um zu entscheiden ob es sich bei einer KS um einen wirklich eigenständigen KS handelt. D.h. für mich abschließend sind damit die beiden folgenden Kriterien entscheidend und jedes einzeln für sich genommen vollkommen hinreichend:

1. Ein Kampfsport mit konzeptionellen Überbau, strukturiert formulierten strategisch-taktischen Handlungsanweisungen bezogen auf einen wohldefinierten technischen Kern ist ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart.

2. Die Existenz eines spezielles Wettkampfformates mit eigenem Regelwerk oder einer Gruppe spezieller Wettkampfformate (mit entsprechenden Regelwerken, die in Grundzügen deckungsgleich sind) stellt ein hinreichendes Kriterium für eine eigenständige Kampfsportart dar.