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Vollständige Version anzeigen : Lagerkoller



küken
24-11-2012, 10:19
Habe gerade ein persönliches Problem. Vielleicht kennt ihr das ja und wißt Rat.

Ich leide seit ein paar Wochen unter Gym-Dojo-Vereins-Lagerkoller. Das bedeutet, ich hab zwar voll Lust auf Training, aber beim Gedanken daran, jetzt ins Dojo gehn zu müssen werd ich wahnsinnig. Das ist natürlich ein Dilemma, denn einerseits will ich unbedingt Trainieren, kann aber nicht hingehn....

Irgendwie hab ich das Gefühl schon eine Ewigkeit ständig jeden Tag, jede Woche, jeden Monat das Gleiche zu machen.

Habt Ihr sowas auch schonmal, denn irgendwie scheint es ja in der Natur der Sache zu liegen, dass man beim Kampfsport, wenn man es intensiv betreibt, immer wieder in die gleiche Sportstätte rennt, immer wieder die gleichen Leute trifft, immer wieder die gleichen Gespräche führt...

Wie soll ich das denn jetzt lösen, denn ich kann mir prinzipiell nichts Besseres für meine Freizeitgestaltung vorstellen...

Bubatz
24-11-2012, 10:48
Ich weiß nicht, ob es dasselbe ist, aber: Ich habe praktisch jedesmal vor dem Training keine Lust auf die üblichen Routinen Tasche packen, hinfahren, umkleiden usw. Wenn ich aber erst mal im Dojo stehe, ist das alles wie weg.

Allerdings habe ich im Laufe der Jahre folgendes festgestellt:

Vereine, die in Riesenturnhallen (z.B. von Schulen) trainineren, und wo vor und nach jedem Training in irgendeiner Ecke die Matten auf- und abgebaut werden müssen, meide ich. In solchen Umgebungen stimmt für mich einfach die "Atmosphäre" nicht. Ich zahle lieber etwas mehr Beitrag und habe dafür ein "richtiges" Dojo mit fest installierten Matten, passender Deko usw.
Die Leute müssen natürlich auch passen. Dabei ist mir eigentlich nur wichtig, dass alle auf ihre Art "das Herz am rechten Fleck haben", dann fühle ich mich wohl. Im Training selbst ist mir dann noch wichtig, dass entspannte Konzentration herrscht und nicht ständig gequatscht und rumgeblödelt wird.

Es könnte also sein, dass in deinem Verein irgendwie "atmosphärisch" was für dich nicht richtig passt. Um das zu testen, könntest du (falls möglich) zum Vergleich mal bei anderen Karatevereinen reinschauen.

BUJUN
24-11-2012, 10:58
Setze die einfach ein Ziel oder besser mehrere Ziele, was du in welcher
Zeit können willst.
Und dann trainiere auf die Ziele zu und beobachte dich selbst, ob du
voran kommst.
"Früher" konnten wir gar nicht genug Trainingszeit haben und ich war
dewegen in 2 Clubs gleichzeitig ( war unterschiedliches Training und hat
was gebracht ).
Gerade im Karate kannst du verschiedene Schwerpunkte setzen
( z. B. Schlag-/Trittkraft, Präzission, Kampftechniken usw. ) - sind alle
gut und gehören ja zusammen.

BUJUN

Indariel
24-11-2012, 11:01
Persönlich versuche ich in so Situationen einfach meinen Hintern hochzubekommen und es einfach trotzdem zu machen. Meistens ist die Welt wieder in Ordnung wenn ich dann im Training bin und der einzige Gedanke ist möglichst viel Leistung zu bringen und Gas zu geben:D.

Solltest du dich gar nicht aufraffen können dann probier doch einfach mal zwischenzeitlich ein paar andere Sachen aus egal ob andere KK/KS, Ausdauertraining wie Laufen, Schwimmen, Radfahren, usw., Krafttraining oder mal einen Mannschaftssport/Ballsport oder ähnliches um ein bisschen aus der Routine rauszukommen und einfach wieder Lust aufs reguläre Training zu schaffen und neue Reize zu setzen.

Hauptsache du bist in Bewegung und vergammelst nicht auf der Couch;)

Cillura
24-11-2012, 11:59
Geht mir auch manchmal so. Besonders Samstags, wenn freies Training ist. Meist verabrede ich mich dann mit Freunden zum Frühstück im Dojo, so dass man hingehen muss um die Absprache einzuhalten. Wenn ich dann dort bin, kommt die Lust auch ganz von allein. Wenn es überhaupt nicht geht, dann macht doch einfach mal was anderes. Oder mal ne Woche Pause. :)

PS: Heute war ich nicht zum freien Training :D - werd heut schön gemütlich mit Freunden zusammen sitzen und was leckeres kochen. Man kann nicht immer nur trainieren :)

Ralph22
24-11-2012, 14:07
Gute Frage : e.v. das Dojo wechseln, eine Alternative suchen z.b. eine Ausgleichssportart.

küken
24-11-2012, 15:20
Also es ist nicht so, als hätte ich keine Lust auf Sport. Im Gegenteil, Kampfsport ist für mich der beste Sport der Welt. Den Hintern hochbekommen ist nicht mein Problem, auch nicht die Ziele, denn ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass die Ziele beim Training eine große Rolle fürs Voran-Kommen sind.

Wahrscheinlich ist es einfach allgemeine Unzufriedenheit, was sich jetzt so äussert, dass ich meinen normalen Trott einfach nicht mehr sehn kann. Sicherlich pures Luxus-1Welt-Problem, aber naja...ist halt gerade so.

Generell bin ich mir halt insgesamt gerade mit Karate etwas unsicher, ich mache zusätzlich noch MMA/Grappling und je mehr ich das mache, desto, hm...naja....sinnloser kommt mir das Karate vor (sorry an alle Karateka...alles rein subjektiv). Obwohl ich es eigentlich immer gerne gemacht habe. Aber den Spass beim Grappling wird sowas von nicht im Karate-Training erreicht. Vielleicht liegt es ja auch daran?!

Der Gedanke ans offizielle Training zu gehn gefällt mir gerade einfach mal gar nicht....böh...

Indariel
24-11-2012, 15:26
Interessen verschieben sich eben mit der Zeit. Wenn du keinen trifftigen Grund hast beim Karate zu bleiben warum steigst du dann nicht um? Das Ganze ist idR ja "nur" ein Hobby und es ist ja nicht so als ob du mit dem Sport verheiratet bist.

Wenn du Spaß an der Sache hast dann mach dass was dir mehr Spaß macht, liegen ja keine Verpflichtungen oder ähnliches vor.

Imho:p

P.S. Hatte etwa die gleiche Situation als ich vom TKD zum MT übergegangen bin. Hab zeitweise beides parallel trainiert und bin dann irgendwannn komplett auf MT umgestiegen. Ist immer so ne Sache alte Zöpfe abzuschneiden, muss aber sagen bisher habe ich es nicht bereut.

Bubatz
24-11-2012, 15:29
Hmm ... das hört sich jetzt ein wenig wie eine Mischung aus Zweifeln an Karate und ner Art "Novemberkoller" an. Da du offenbar keine Motivationsprobleme mit Kampfsport per se hast, intensiviere doch einfach mal für eine Zeit das MMA/Grappling auf Kosten des Karatetrainings.

Bijou
24-11-2012, 19:36
Hat das irgendetwas ausgelöst? Ich meine, irgendein Ereignis im Dojo oder in deinem Privatleben? Vielleicht solltest du dort nach der Lösung suchen.
Die Ursache für deine Gefühle.

Ich habe im Moment mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen,
nach einer Pause.
Neue Gesichter. Leute die ich sehr gemocht habe,
haben aufgehört, es ist nicht mehr dasselbe wie vorher.
Das mit der Sinnlosigkeit kann ich nachvollziehen.
Ich habe das immer im Fitnesstudio.
Diese Eintönigkeit und das Warmmachen auf diesen dämlichen Stepper Geräten, die einem da Herzfrequenz und so was anzeigen. -.-
Dann dieses monotone, ständige wiederholen an den einzelnen Geräten.
Ich guck mir immer die Leute da an, und frage mich wie denen das Spaß machen kann. Allein schon das Joggen auf ein und der selben Stelle. Bah.
Da krieg ich Depressionen von, wenn ich mir das zu lange ansehe.
Diese hypermotivierten vor sich hinkichernden Schwester-Freundinnen Typen die nebeneinander Steppen auf "4" und sich über irgendwas unterhalten.
GEHT DOCH VERDAMMT NOCH MAL KAFFEE TRINKEN!!!!
...:rolleyes:
Dann dieser ganze Les Mills Kram... Ist irgendwie gar nichts für mich.
Gehe trotzdem hin.......

Die Atmosphäre ist für mich auch immer sehr wichtig. * smile *
Da hat mir hier jemand irgendwie ein bisschen aus der Seele gesprochen. :o

Jetzt nach der Pause hatte ich ein ähnliches Gefühl wie du, aber aus anderen Gründen.
Die Meister haben mich ein wenig wieder runtergeholt.
(TKD, Kung Fu) Vorher war ich hochmotiviert und total unmotiviert.
(Ich will, kann aber leider noch nicht wieder so richtig) Voll frustrierend.
Ich habe mein Training für chinesisches Essen sausen lassen, obwohl ich 10 kg aus den 8 Monaten runter kriegen muss, will.
Hab mich total mies danach gefühlt.
Seitdem gehe ich wie vorher, immer hin. Manchmal muss man da durch. Auch wenn es sich komisch anfühlt. Das ist alles denke ich nur eine Phase. Diese geht auch vorüber. Jedenfalls sage ich mir das jetzt.

Ich dachte dann, viel hilft viel und gehe jetzt Freitags immer zum Vereins-Boxen.
Was Neues also.
Zudem überlege ich gerade, ob ich mit Ju Jutsu starte.:p YAY!

Mir hat das Boxen geholfen.
Schöne, große Turnhalle, Altersdurchschnitt queerbeet. Neue, interessante Leute. Coole Trainer. Interessant und wollte ich schon immer mal machen.
Bei uns wird Kick Thai (Kickboxen/Muay Thai) angeboten, aber dass hatte ich schon mal im Probetraining gemacht und es ist nun mal nicht dasselbe, wie Boxen.
Hab dadurch ein wenig was wieder gefunden, was ich vermisst und irgendwie während der Pause ein wenig verloren hatte.
Was genau das ist, kann ich dir leider auch nicht sagen. Motivation ist denke ich was anderes.
Da müsste sich hier schon ein Psychater zu Wort melden. :)
Vielleicht machst du einfach mal irgendwas, was du schon immer mal gewollt hast, wenn es bei dir so etwas gibt. So eine Art "Ablenkung" um dich wieder hochzubringen? Muss ja nicht unbedingt was mit Kampfsport zu tun haben?

Cillura
25-11-2012, 07:21
...
Generell bin ich mir halt insgesamt gerade mit Karate etwas unsicher, ich mache zusätzlich noch MMA/Grappling und je mehr ich das mache, desto, hm...naja....sinnloser kommt mir das Karate vor (sorry an alle Karateka...alles rein subjektiv). Obwohl ich es eigentlich immer gerne gemacht habe. Aber den Spass beim Grappling wird sowas von nicht im Karate-Training erreicht. Vielleicht liegt es ja auch daran?!

Der Gedanke ans offizielle Training zu gehn gefällt mir gerade einfach mal gar nicht....böh...

Ich glaub ich versteh was du meinst. Ich habe mal ein ganzes Jahr Arnis ausgesetzt. Erst verletzungsbedingt ein halbes Jahr. Dann hab ich noch kurz mit gemacht und festgestellt, dass es langweilig ist. Ich hab mir in der Zeit ne Genehmigung vom Trainer für zusätzliche Wettkampfvorbereitung mit den Kids geholt. Aber eigentlich wars nur ne Ausrede, damit ich kein Arnis machen muss und nicht ständig sagen muss "ne, hab keine Lust". Hat gut geklappt. Und nach dem einen Jahr, hab ich wieder richtig Lust auf Arnis gehabt. :)

Warum ich keine Lust mehr hatte kann ich schwer sagen. Teilweise lag es daran, dass die eine Einheit sehr spät abends war und nach 8h Arbeit, 2h Kids-Training und 2,5h eigenem Training nicht noch eine Einheit ging. Aber die andere Einheit war gleich ganz am Anfang nach dem Kids-Training. Es konnte also nicht an der Uhrzeit liegen. Bei längerem drübernachdenken hab ich festgestellt, dass es daran lag, dass ich immer mit den gleichen Leuten trainiert habe. (Die Gruppe war noch sehr klein zu der Zeit) Und so hab ich ständig mit Anfängern trainiert und immer und immer wieder das selbe gemacht. Grundsätzlich war das kein Problem und ich habs gern gemacht. Aber das intensive und schnelle Training mit den Fortgeschrittenen hat einfach gefehlt. Es war schlicht und ergreifend langweilig geworden.

Zum Glück hatte ich bei uns eine große Auswahl an KKs und so hab ich einfach meine Schwerpunkte anders gewählt und mich erstmal auf andere Sachen gestürzt. So blieb ich im Training und vor allem auch in der Kampfsportschule. Hätte es nur Arnis dort gegeben, hätte ich vermutlich komplett aufgehört. Aber so hab ich was anderes gemacht und nach ner Zeit ging es wieder. :D

küken
25-11-2012, 09:53
Auch wenn das jetzt total bescheuert klingt, bin ich froh, dass ich offensichtlich nicht die einzige bin, die in diese Situation durchmacht oder eben, wie Cill, durchgemacht hat.

Ja, es gibt da schon was, was das jetzt konkret ausgelöst hat. Also das Gefühl war vorher schon da, aber dann kam ein Auslöser und es ist vollkommen über mich zusammengebrochen (ziemlich privat, daher geh ich da jetzt mal nicht näher drauf ein). Sind insgesamt einige Faktoren, die da jetzt zusammen gekommen sind, die diese Haltung dem Karate-Training gegenüber hervorgerufen haben...

Man hätte halt schon meinen können, dass ich mit dem Karate und dem Verein verheiratet bin. Ich gehöre quasi zum Inventar und das ist schonmal ein Punkt, der mich wahnsinnig macht. Ich hab dadurch das Gefühl, mich nicht mehr frei bewegen zu können und selbst entscheiden zu können, was ich wann warum mache. Zum andern hat mir das Karate immer wahnsinnig viel gegeben. In den letzten Jahren hat mein Körpergefühl sich enorm verändert und das öffnet einem viele neue Wege. Ich finds super, dass ich quasi in viele Sport- und Kampfsportarten reinschnuppern und mittrainieren kann und muss nicht gleich bei null anfangen und solche Sachen.

Ich hab halt immer gedacht, dass man beim Karate kämpfen lernt. Mit dem Gedanken hab ich das mal angefangen. Wenn mich jetzt aber umschaue, kann ich zwar mit meinem Körper gut umgehn, und einem zweijährigen Privat-Ninja-Training sei Dank kann ich auch ganz gut kämpfen, aber das ist halt nichts, was ich beim Karate gelernt habe.

Und da bin ich vllt. bei meinem Kern-Karate-Problem: Ich kann gut mit meinem Körper umgehn, die speziellen Karate-Techniken aber im Kampf auch anzuwenden, fehlt mir enorm. Und dann kommst Du woanders hin, wo irgendwelche Thai-Boxer, MMA-Ninjas rumrennen und man kommt sich irgendwie total bescheuert vor, wenn man sagt, dass man Karateka ist (wie gesagt bin ich Gott sei dank in der Luxus-Situation, trotzdem kämpfen zu können und die Bedenken dadurch ausräumen zu können). Boah, allein der Satz: ich kann trotz Karate kämpfen....schräg

Zudem scheint es im Karate auch nicht viel Wert zu sein, wenn man kämpfen kann. Die Wettkämpfe sind ein Schnelligkeits-Wettbewerb und ansonsten bekommt man dann immer gleich die Unsauber-Rote-Karte gezeigt. Andererseits begegnen einem dann bei irgendwelchen Leergängen irgendwelche Schwarzgurte, die nicht in der Lage sind auch nur nen geraden Schlag am Partner anzuwenden, aber hey...die Kata die er macht ist voll schön...böh...

Punktum: Karate ist für mich eine super Körperschule, aber wenn man niemanden findet,wie vllt. Kanken, der im Karate-Forum unterwegs ist, dann wirds ab nem gewissen Zeitpunkt echt schwer....

Also die Leute in meinem Verein sind echt nett und generell gehe ich von dem Gesichtspunkt aus auch echt gerne hin. Aber ich schätze wirklich, dass ich mal was andres brauche. Bisher hab ich halt immer gedacht: jetzt bin ich schon soweit gekommen, jetzt aufzuhören ist quatsch. Deswegen kann ich mich auch sehr schwer eingestehn, dass es vllt. besser wäre, mich mal hauptsächlich auf was anderes zu vertiefen. So ne Ehe schmeißt man halt auch nicht einfach so weg :D. Zudem ich wirklich einen wunderbaren Meister habe, der mir schon viel beigebracht hat und den ich sehr schätze. Aber der Fokus bei uns liegt halt einfach nicht auf dem, was ich gerade brauche, schätze ich. Naja, das Karate-Pensum runterschrauben reicht vielleicht auch für den Anfang erstmal...

Und was diesen Fitness-Studio-Les Mills-Kram betrifft. Da bin ich voll bei Dir. Der Hammer: Die machen den Kram echt mit MMA-Handschuhen....großartig...dass die Dinger aber dazu da sind, dass man damit einen Gegner treffen will, das hat ihnen keiner gesagt.

küken
25-11-2012, 10:40
Und das schlimme ist, dass ich ein ganz furchtbar schlechtes Gewissen gegenüber meinen Mit-Trainierenden, meinem Meister und allen andern Karateka habe, wenn ich sowas hier schreibe...

FunFirst
25-11-2012, 10:53
Also ich hab so ein Paar Praktische dinge.
Wenn du kein Bock hast deine Tasche zu packen, wenn du erstmal zuhause bist Pack sie Fertig gepackt ins Auto oder an die Tür dann ist das schonmal erledigt.
Wenn du dann kein bock hast auf Karate such dir gleich ersatz sport z.b. schwimmen(tasche auch packen)

Dann nimmst dir fest vor mache eins von beiden heute abend.

Ansonsten kann ich dein Problematik nachvollziehen, wenn das Kata laufen Langweilig ist mach erstmal was anderes.
Wenn dir dein Verein ans Herz gewachsen ist mach nur manchmal da mit und ansonsten nen andere sportart nebenbei und schau abundzu mal bei deinem Heimatverein vorbei.

Bubatz
25-11-2012, 11:05
Und das schlimme ist, dass ich ein ganz furchtbar schlechtes Gewissen gegenüber meinen Mit-Trainierenden, meinem Meister und allen andern Karateka habe, wenn ich sowas hier schreibe...

Das verstehe ich. Wenn man es aber verdrängt, wird es auf die Dauer immer schlimmer. Man empfindet dann irgendwann so, dass man alles nur macht, weil man es "muß", aus Verpflichtung gegenüber anderen - und auf einmal entwickelt man ohne es zu wollen Resentiments gegenüber Menschen, die man eigentlich gerne mag. Es ist daher besser und richtig, sich über die Sache jetzt klar zu werden. Und das geht, wie ich denke, mit am besten, wenn man alles mal hinzuschreiben versucht.

Cillura
25-11-2012, 13:44
Ich kann es nachvollziehen, dass du dich dabei schlecht fühlst. Aber letztlich wächst der Mensch nur mit seinen Aufgaben. Ich würde dir auch nicht empfehlen gänzlich mit Karate zu brechen. Das muss doch nicht sein. Einmal in der Woche Karate und den Rest der Woche dann MMA oder sonst was. Irgendwann kommt die Lust von ganz allein zurück. Oder vielleicht bleibst du dann ganz beim MMA? Es ist auch nicht verkehrt bei verschiedenen Trainern zu lernen. Mein Trainer hat die unterschiedlichsten Sachen trainiert und in vier KKs seinen Dan gemacht. Die Liste seiner ausgeübten KKs ist aber mehr als doppelt so lang und auch mit höheren Schülergraden gefüllt. Er hat viele Dinge probiert und für sich die beste Mischung herausgefunden. Jetzt bietet er es für seine Schüler an. Für mich ists gut :D Wer sich weiter entwickeln will, muss über den Tellerrand schauen. Daran führt kein Weg vorbei. Stillstand ist Rückschritt. :)

BUJUN
25-11-2012, 14:06
Hallo küken !

Mittlerweile glaube ich aus deinen Posts herauslesen zu können, dass du
schlicht enttäuscht hinsichtlich deines durch Karate erreichten Könnens bist,
vermutlich insbesondere wegen der Schwierigkeit der freien Anwendung
bei Bedarf.

Sei versichert: das geht sehr sehr vielen Leuten in den unterschiedlichsten
KKs / KSs so !

Guck dir aber mal die "alten" KK-/KS-ler an, bei denen der jeweilige Stil
richtig "rund läuft". Die hatten sicher alle auch ihre Zweifel im Laufe der Zeit,
habens aber durchgezogen.

Ich hatte auch meine Probleme mit der Umsetzung des Shotokan - die
Trainings-Distanz war immer viel zu weit und all die Schläge / Tritte in die
Luft und immer so tun "als ob" und vor allem die vielen schönen Techniken,
die absolut keinen Sinn ergaben ( weil diese Techniken für den zivilen
Gebrauch umgedeutet wurden ).

Es kann ja langfristig keinen Spaß machen etwas zu üben, dessen Sinn man
nicht kennt.

Google einmal nach Iain Abernethy und dessen Bunkai oder gib seinen
Namen dierekt bei Youtube ein.

Und suche nach Trainigspartnern aus amderen Stilen und mache Cross-Sparring und
dann hast du reichlich zu tun, deine eigenen Techniken "praktikabel" zu machen.

Vielleicht hilft die das neue Wissen aus dem Karate wieder mehr raus zu holen.

Ansonsten müsstest du doch aufgeben und was anderes machen.

Deswegen wird dir keiner böse sein !

Grüße

BUJUN

BUJUN
27-11-2012, 07:29
Hier noch der Link zu Iain's Videos

Video | Iain Abernethy (http://www.iainabernethy.co.uk/video-list)

küken
27-11-2012, 08:38
Guten morgen zusammen.

Zunächst mal vielen Dank für die unterstützenden Worte hier im Forum. Manchmal hilft es wirklich, seine Probleme einfach mal mit Leuten zu teilen, die man vielleicht nicht kennt oder es eben einfach anonym in ein Forum einzutippen.

Zum Stand der Dinge: Gestern Abend musste ich meine Kata vormachen und danach ist es vollends mit mir durchgegangen. Viele Tränen und Geplärre. Das ging dann so weit, dass ich schon mehr oder weniger die nächste Gürtelprüfung, die in drei Wochen bevorsteht, aufs ungewisse verschoben hatte, weil ich einfach nicht dahinter stehen kann gerade.
Da dies aber, auf Grund der bereits aufgewendeten Vorbereitung, der absolute Quatsch wäre und ich es wahrscheinlich irgendwann bereuen würde, werd ich jetzt mal die Augen zu machen und da einfach durch....

Was danach kommt, weiss ich nicht, Fakt ist aber, dass ich es zurückschrauben werde und mich vermutlich mehr aufs Grappling konzentrieren.

PS: Abernathy kenne ich schon, vielen Dank aber für die Links....

Bubatz
27-11-2012, 09:00
Was danach kommt, weiss ich nicht, Fakt ist aber, dass ich es zurückschrauben werde und mich vermutlich mehr aufs Grappling konzentrieren.



Finde ich sehr gut. Auch weil du dabei eben nicht gleich alle Brücken abbrichst. Du kannst dann in Ruhe sehen, was die kommende Zeit so bringt. Das kann in beide Richtungen gehen. Es ist ja durchaus nicht unmöglich, dass nach einer Weile mit einem gewissem Abstand die für dich positiven Dinge beim Karate wieder stärker "fühlbar" werden und du dich wieder mehr mit der Disziplin, dem Dojo und den Leuten verbunden fühlst als das im Moment der Fall ist.

Cillura
27-11-2012, 09:42
Hallo Küken,

zunächst mal schließe ich mich Bubatz an. Mach einfach was dir Spaß macht. Dinge aus einem anderen Winkel zu betrachten, hilft viel auch andere Dinge zu verstehen.


Und dann noch ein Nachtrag: Was war denn der Auslöser für dein emotionales Tief nach der Kata? Ich hab ja auch so meine Problemchen bei den Kata. Da kommt dann meist der Perfektionismus durch und ich bin unzufrieden, trotz einer sehr guten Leistung (lt. Meinung der anderen). Je nach Tageszeit und fortschreitendem Training wird aus der Unzufriedenheit dann auch noch extrem starke Selbstkritik an völlig überzogenen Anforderungen. Anforderungen, die ich mir selbst auferlegt habe – ohne dass es mir bewusst ist. Teilweise ist es dann so, dass ich mich an Dingen aufziehe, die a) kein Schwein bemerkt hat und die b) völliger Schwachsinn sind. Das wird mir aber immer erst hinterher bewusst.

Was man dagegen tun kann? Mir hilft ein ruhiges Gespräch mit dem Trainer und wenn ich dann wieder bisl runter gekommen bin, eine Video-Aufnahme meiner Kata. Da kommt dann meist der Aha-Effekt und man erhält eine realistische Einschätzung seines Könnens – vor allem sieht man mal, was man kann und was nicht und wie man im Vergleich zu anderen steht.

Das mit dem Video kann aber auch nach hinten losgehen. Zu einem Wettkampf wurde mal meine Kata gefilmt. Ich hab mir hinterher das Video angeschaut und das erste was ich dachte war: „Schei**, was hast du denn da gezeigt. Das das und das war ja absolut mistig.“ ← So nebenher, ich hab den Wettkampf gewonnen. Irgendwer muss also der Meinung gewesen sein, dass es gar nicht mistig war – oder die anderen noch mistiger waren :D . Zum gleichen Wettkampf wurde auch ein Sportkollege gefilmt. Sein erster Kommentar als er sein Video gesehen hat war: „Schei**, ist das geil.“ Da war ich dann schon bisl überrascht, weil ich genau wie in meinem Video sofort Fehler gesehen habe. Aber offenbar geht er viel gelassener mit der Sache um als ich es tue. Und er macht sich dadurch weniger nen Kopf als ich. Und nein, er ist kein arroganter Unterstufengurt. Der hat kämpferisch sowohl im Stand als auch am Boden ne ganze Menge drauf und weiß genau was er kann und was nicht. Ich hingegen weiß ganz genau was ich nicht kann.

Vielleicht hilft dir der Rat meines Trainers: „Du setzt dich zu sehr unter Druck. Das Training muss dir vor allem Spaß machen, sonst bringt es dir nichts. Du muss die Sache lockerer angehen.“
Er sollte es vielleicht mal auf Band sprechen :)

Für deine Prüfung (um welchen Grad handelt es sich denn – und welches Karate? ) : Nimm dir mal Zeit und liste dir sämtliche Anforderungen, die in der Prüfung gestellt werden auf. Plus die, die du dir selbst stellst. Breche das ganzen wirklich mal auf die einzelnen Techniken/Kombinationen runter. Dann stellst du ne ruhige entspannte Atmophäre her und machst es dir mit deiner Liste gemütlich. Mach einfach nen Haken an jede Technik die du gut kannst – wenn du dir irgendwo nicht sicher bist machst du nen Strich. Vermutlich wird deine Selbstkritik die Oberhand gewinnen und du machst bei vielen Techniken nur Striche :D Jetzt nimmst du nur die Techniken her, wo du nur Striche gemacht hast und überdenkst noch mal deine Entscheidung – war es nur zu starke Selbstkritik oder hast du tatsächlich realistisch eingeschätzt? Dann wirst du irgendwann ne ganz kleine Liste haben, mit der du gut arbeiten kannst. Und dann machst du folgendes: Du legst diese verdammte Liste weg und nimmst dir nen schönen heißen Tee und genießt die Ruhe und entspannst dich. Mach dir deine Stärken bewusst.

Beim nächsten Training gehst du deine Schwachstellen an. Und zwar ganz entspannt und ohne Hektik oder Streß. Und wenn die Techniken nicht so werden wie du es dir vorstellst, dann werden sie eben nicht so. Dein Trainer wird deine Fortschritte schon sehen, auch wenn sie dir noch verborgen bleiben. Und gehe mit nem guten Gefühl aus dem Training raus. Sag dir einfach: „Das hab ich heute geübt. Ich kann das jetzt besser.“ ← Perfekt wird es ohnehin nie jemand können.

Lass die Prüfung auf keinen Fall ausfallen. Du wirst dich wirklich nur drüber ärgern. Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann bestimmt. Ich hätte dann immer das Gefühl, dass ich hingeschmissen habe, und das würde mich noch viel mehr ärgern.

Ansonsten: Mach einfach die Prüfung und gehe vor allem mit einem guten Gefühl ran. Bleib locker und setz dich nicht unter Druck. Wenn du ruhig und entspannt bleibst, dann wird die Prüfung auch gut.



OMG: Wall of text :o

Charmaquest
27-11-2012, 10:18
So eine Prüfung ist doch eine gute Möglichkeit einen kleinen Schlusspunkt zu setzen und Dich neu zu orientieren. Im Grunde ist Deine "Treue" eine Menge wert, Dinge denen man lange verbunden war sollte man nicht vorschnell aufgeben. Allerdings muss man eben auch diese Balance finden, wo man sich eingestehen muss, dass man sich sich selber weiter entwickelt hat und was anderes machen muss. Solche Situationen gibt es Beziehungen, bei der Arbeit, ich kenne es aus der Musik. In einer Band trägt jedes Bandmitglied große Verantwortung für die anderen, man muss sich da schon aufeinander verlassen können. Aber wenn das Herz nicht mehr will, muss man sich das eingestehen und die anderen "im Stich lassen". Das ist hart, vor allem für diejenigen für die Treue ein kostbarer Wert ist, alles andere macht auf die Dauer aber krank.

Ich kann von meinen Erfahrungen aber sagen, dass ich nach jeder "richtigen" Trennung aufgeblüht bin, weil ich plötzlich das Gefühl hatte endlich das machen zu können was ich immer machen wollte. Das wichtigste ist dass Du eine Entscheidung fällst und Dein Leben in die Hand nimmst, nicht Deine Umgebung Dein Leben gestalten lässt.

Noch kurz zum Schluss, nicht jede Entscheidung muss endgültig sein. Ich habe z.B. schweren Herzens beschlossen mein Studium abzubrechen und was anderes zu machen. Habe mich voller Elan beworben, dann auch Beratungsgespräche geführt und schließlich festgestellt dass das eine absolute Schnapsidee war. Allerdings hat mir dieser neue Elan dann ermöglicht zurück ins Studium zu finden. Jetzt stehe ich kurz vor meinem Abschluss, war für mich lange Zeit undenkbar. In diesem Sinne: aufstehen, Krone zurechtrücken, weitergehen!! ;) :D