Gesundheitliche Folgen d. hohen Tritte für die Hüfte [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Gesundheitliche Folgen d. hohen Tritte für die Hüfte



MichaelII
08-12-2012, 12:50
Hallo,
gibt es eigentlich Untersuchungen über die gesundheitlichen Folgen der hohen Fußtritte in TKD für die Hüfte des Ausführenden (nicht für den getroffenen :D)
Die ITF und WTF sind ja ein Millionenheer mit profesioneller Betreuung durch Sportverbände. Ich denke an ähnliches wie z. B. "Tennisarm" im Tennis.

Man hört ja immer öfter von künstlichen Hüftgelenken im Alter. Wird durch das TKD eine Abnutzung beschleunigt? Oder eher stabilisiert durch die Ausfühung?

Sind die hohen Fußtritte überhaupt gesund? Ich kann ja auch nicht z. B. das Kniegelenk den Winkel erweitern. Also sind die Bewegungsabläufe überhaupt "natürlich?"

Auf jahrhundertelange Ausführung können sich Karate und TKD ja nicht berufen...

Grüße

Vagabund
09-12-2012, 09:14
Hallo Michael,

ich kenne zwar keine Studien dazu, aber wenn man schon längere Zeit dabei ist, hat man natürlich seine eigenen kleine Statistik.

Die meisten Leute im TKD bekommen meiner Beobachtung nach keine Hüftprobleme, sondern eher Rücken- oder Knieprobleme. Ich kenne nur zwei mit einem Hüftproblem, aber Knie- und Rückenschmerzen kommen durchaus etwas häufiger vor. Entweder durch Verschleiß oder durch Unfälle.

Bei den zwei Leuten mit Hüftproblem ist einer dabei, der einen Unfall beim Wettkampf hatte. Der andere hat ein Kapselproblem, weil er immer unregelmäßig zum Training kam und dann auf Teufel komm raus gedehnt hat. Folge: Wenn er nicht trainiert, ist alles ok, aber wenn er einige Zeit regelmäßig kommt und hoch tritt (seitlich, also Dollyeo oder Yop), fangen die Schmerzen wieder an. Der wird später aber kein künstliches Gelenk deswegen brauchen, denke ich. Ich würde ihm raten, einfach aufzuhören, dann bessert es sich wahrscheinlich wieder nahezu vollständig.*

Ich selbst hab mir mal bei einem kleinen Fahrradunfall die Hüfte verletzt und konnte dann längere Zeit nicht hoch treten. Das wurde aber dann wieder besser. War vermutlich ebenfalls was an der Kapsel (bin komisch aufgekommen bei dem Sturz).

Zu den anderen gesundheitlichen Problemen wie Rücken und Knie: Wenn man Breitensport in Maßen unter einem guten Trainer (!) macht, düfte das Risiko sehr gering sein. Beim Leistungssport ist das Risiko in vielerlei Hinsicht dagegen sehr hoch.

Aber auch beim Breitensport muss man beim TKD in meinen Augen sehr aufpassen, denn die Techniken sind "hochenergetisch". Ein Beispiel ist die Gefahr für den Ellenbogen, bei Fauststößen zu sehr gestreckt zu werden. Da kenne ich einen jungen Mann mit entsprechenden Schmerzen. Deswegen das Ausrufezeichen hinter guter Trainer.

Dazu kommt der militärische Einfluss, aufgrund dessen viele Trainer noch diese "jetzt erst recht" Mentalität haben. Ich kenne einen hier in Norddeutschland, der war früher bei der Marine und ärgert sich heute im fortgeschrittenen Alter, dass er nicht vorsichtiger mit seinem Rücken umgegangen ist. Bei ihm galt immer "wenn es weh tut, ignorieren und weiter machen".

Viele Grüße,
Vagabund

* Wer zu stark dehnt, kann sich in jeder Sportart verletzen. Dieses Risiko besteht auch beim Taekkyon, trotz jahrhundertelanger Ausführung.

shenmen2
09-12-2012, 12:32
Sind die hohen Fußtritte überhaupt gesund? Ich kann ja auch nicht z. B. das Kniegelenk den Winkel erweitern. Also sind die Bewegungsabläufe überhaupt "natürlich?"

Hohe Fußtritte sind selbstverständlich überhaupt nicht natürlich !
Ob sie gesund sind, lässt sich so pauschal nicht sagen. Einerseits erhöht jede wiederholte, übermäßige Belastung das Risiko für Gelenkverschleiß. Andererseits wird bei sorgfältigem Training der Körper so gestärkt, dass Highkicks dann eben keine übermäßige Belastung mehr darstellen.
Ob die Gelenke gesund bleiben, hängt auch stark von der individuellen Empfindlichkeit ab.
In Gefahr, verheizt zu werden, sind wohl am ehesten junge Wettkampf-talente, bei denen zu wenig Zeit auf präzise Technikschulung "verschwendet" wird.
Auch gefährdet sind Breitensportler, die nicht regelmäßig genug trainieren und dann trotz mangelnder Kraft und Dehnung drauflosholzen.

MichaelII
09-12-2012, 14:33
Danke für die Antworten.
Das Beispiel mit den Ellenbogen ist ein gutes, um zu erklären was ich meine.
Das Ellenbogengelenk ist ja nicht dehnbar, alle Versuche in diese Richtung sind ja zum Scheitern verurteilt :D
Was mir nicht klar ist, wo ist die mechanische Grenze bei der Hüfte? Damit ich entsprechend stoppen kann. Oder ist das nur von der Dehnung der Muskeln und Bänder abhängig?

http://www.tvmels.ch/GALA2000/images/Kharkov_Graetsche_14kb.jpg

Ist Grätsche in Taekyon angesagt?

Grüße

Vagabund
09-12-2012, 18:29
Nehmen wir den Yop-Chagi: Wo die mechanische Grenze ist, ist bei jedem Menschen anders. Die Beweglichkeit kann sicher bei jedem vergrößert werden, aber bis wohin, ist individuell verschieden.

Was meinst Du mit "stoppen können"? Wenn man einen sauberen Yop auf 1,70 cm treten kann, ohne dass es weh tut, dann ist das die Grenze.

Es gibt einige (wenige) Menschen, die locker in jede Art von Spagat kommen. Die haben aber nicht selten das Problem, dass sie zu wenig Stabilität in Gelenken haben. Ich bin auch wirklich kein Beweglichkeitswunder, aber lieber so, als ausgeleierte Gelenke.

Man unterscheidet übrigens Beweglichkeit, Dehnfähigkeit und Gelenkigkeit. Erstere bezieht sich auf den gesamten "Range of Motion", zweitere auf die Elastizität der Muskeln und letztere bezieht sich nur darauf, wie die Gelenke gebaut sind. Manchmal sind die Knochen von Hüftpfanne, Oberschenkelhals und "Kugel" so gebaut, dass man mit noch so viel dehnen nicht weiter kommt.

Bänder und Sehnen lassen sich grundsätzlich nicht dehnen.

Übrigens wird meiner Erfahrung nach die Hüfte des Standbeins bei Seittritten wie Dollyeo und Yop mehr belastet als die des Trittbeins.

Grätsche im Taekkyon: Wer diesen sog. "Männerspagat" kann, hat natürlich Vorteile, um Kopftreffer mit Seittritten zu machen, besonders gegen größere Gegner. Größere Beweglichkeit ist immer Das ist eigentlich genauso wie im TKD, allerdings ist die Trittechnik (nicht nur bei den Seit-Tritten) grundlegend anders.

LG,
Vagabund

P.S. Schau auch mal hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gelenkigkeit
und auf bei dort verlinkten Artikeln. Oder natürlich auf anderen Seiten, habe gerade mal diesen Artikel gelesen:
Fitness und Sport Fitness-Lexikon Dehnfähigkeit - Gelenkigkeit (Beweglichkeit) - cardio.de (http://cardio.de/fitness-und-sport/fitness-lexikon/dehnfaehigkeit-gelenkigkeit-beweglichkeit/)

chun tian
10-12-2012, 17:20
Ich schliesse mich mal Vagabund an und sage dass Übernutzung oder falsche Technik bei Tritten generell ein Weg zu Verletzungen sind!
Bsp: Tritte gegen einen schwingenden Sandsack. Ein Trainer hier in einem KB Verein fand die super toll bis sich ein schüler bei nem Frontkick das Knie vollkommen demoliert hat und seitdem Probleme beim Laufen hat.
Wenn man Kicks in der Luft übt muss man vor allem bei den Side Hook und Frontkicks aufpassen mit dem "Snap". Ich hab mir da schon öfters das Knie ganz schön verzogen.
Ansonsten hmmm. Bei ganz vielen hohen Tritten auf einmal bekommen viele Schmerzen im Kreuz.
Zusammenfassend würde ich mal sagen ist das Knie und die LWS stärker von Verletzungen betroffen sind als die Hüfte...

Drax
11-12-2012, 10:54
Ich denke, das es auch viel daran liegen wird, das die Skelettmuskulatur bei vielen nicht so ausgebildet ist, wie es die Technik benötigt.
Gerade in Bezug auf Rückenschmerzen ist es oft so, das die Rumpfmuskulatur die Bewegungskräfte nicht kompensieren kann.
Gleiches gilt für sogenannte "Schnapptechniken".

Ich bin einer von den Leuten, die Vagabund oben erwähnt und eine neue Hpüfte brauchte.
Dies aber aufgrund eienr Wettkampfverletzung und nicht wegen des Trainings.
Ich bin jetzt schon über 40 Jahre dabei und wenn ich mir ansehe, welche Verletzungen der ein oder andere Fuß- oder Handballer aus meinem Bekanntenkreis hat kann ich nur zu dem Schluß kommen, dass es bei mir bsiher keine Einschränkungen gibt - abgesehen vielleicht vom natürlichen Alterungsprozess - und dass Leistungssport immer die Gefhr birgt, das der Körper leidet.
Horcht man aber in sich hinein, merkt man ganz schnell, wann es zuviel wird.
Ich kann jedem nur empfehlen behutsam mit dem umzugehen was an Ressource zur Verfügung steht.

big X
11-12-2012, 16:55
rückenschmerzen beim treten liegen daran, dass teile der beinmuskulatur an der wirbelsäule festgemacht ist. jedes mal, wenn diese muskulatur benutzt wird (beim highkick hält sie das gesamte gewicht des beines) zieht sie an der wirbelsäule. ist die entsprechende rumpfmuskulatur (bauch- oder rückenmuskeln) nicht entsprechend austrainiert, führt das zu rückenschmerzen ;).


Ich kann jedem nur empfehlen behutsam mit dem umzugehen was an Ressource zur Verfügung steht.
kann ich mitterweile auch so unterschreiben. vor 10 jahren hätte ich das aber noch nicht. um sowas korrekt zu verstehen wird eine gewisse reife benötigt ;).