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Vollständige Version anzeigen : Yang Form - Anwendungen



WingChun77
23-01-2013, 22:48
Liebe Forengemeinde,

in den angehängten beiden Abbildungen sind die Formfiguren "Fächer durch den Rücken" und "Den Bogen spannen und den Tiger schießen" der langen Yang-Form zu erkennen.

Meine Frage an die Allgemeinheit:
Welche Idee der Anwendung(en) steckt hinter diesen beiden Figuren?



LG

Günther

Dao
24-01-2013, 11:48
Hallo Kollegen,

beim Fächer nimmst du mit der rechten Hand die Faust und mit der linken Hand den Ellbogen auf und lenkst ihn um. Wie das steht dir offen. Immer mit den paar kleinen Unzen mit und hinter die Kraft, dann stimmt es wenn du nicht zu langsam bist.
Beim Tiger ist es ein Block um erst mal das Schlimmste zu verhindern. Im Idealfall auch da aufnehmen und umlenken, wie oben beschrieben. Theoretisch leicht vorstellbar in der Praxis un-heim-lich schwierig. Geht nur über üben üben üben.

T. Stoeppler
24-01-2013, 16:08
Also erstmal so rein äusserlich/mechanisch und drillbar (das greift natürlich zwangsweise zu kurz, aber man kommt etwas leichter ´rein)

"fan through back" ist ein Stoss unter die Achsel, für Könner mit den Fingern und für Normalos mit einer kleinen Waffe wie z.B. einem Messer oder dem Ende eines Fächers. Das kann man mit einem outside slip einleiten.

"hitting tiger" sowas ähnliches wie ein Doppelblock gefolgt von einem cross. Das ist eigentlich ziemlich simpel in der Anwendung.

Das Jin der beiden Bewegungen ist beim "fan/Fächer" Eher linear, also wie ein Ausfall beim Fechten und beim Tiger eher peitschend, also wie als würde man einen Bogen ruckartig spannen und loslassen.

Da üblicherweise nicht nur "da"/Schlagen sondern auch "shuai"/Werfen und "na"/Grifftechnik mit den Formenbildern respektive deren Mechanik assoziiert sind, kann man da weiter greifen. Wenns ums Schlagen ohne vorherigen Kontakt geht, muss das Jin eben explosiv sein, beim Werfen/Stadup-Grappling muss man erst nachgiebig sein und beim Halten eben ruckartig.

Z.B. in Dao´s Beispiel kann man erst sanft neutralisieren, und wenn der Arm schön steht und der Gegenüber die Balance verliert, kann man den Arm mit Cai Jin bearbeiten und den Gegenüber zu Boden bringen, Kopfüber wenn nötig.

Beim Tiger kann man z.B. dem Gegner den rechten Arm mit der eigenen linken hand wegziehen und mit der eigenen rechten Hand die vordere Kniekehle greifen und ihn so zu Fall bringen.

Gruss, Thomas

WingChun77
24-01-2013, 20:28
Guten Abend

und an erster Stelle vielen Dank für die Inputs.

Mir geht es immer um eine direkte Anwendung der Prinzipien bzw. Ideen hinter den Figuren, die auch ein Novize zumindest verstehen kann/sollte. Um ganz ehrlich zu sein hat der Funke bei mir bezüglich der beiden Figuren noch nicht ganz gezündet, selbst wenn ich dankbar für eure Ausführungen bin. Habt ihr ggf. Links zu etwaigen Clips?

Überein stimme ich mit der Idee eines Doppelblocks beim "Tiger schießen" am Ende der Form. Wobei es interessant ist, dass diesem ein direkter Doppelangriff ("Siebe-Sterne-Schritt") vorhergeht. Wie genau aber sich dieser Doppelblock in einer Anwendung zeigen soll, da stehe ich aber immer noch im Nebel. Der Gedanke eines Wurfes kam mir auch schon in den Sinn, aber eine konkrete Umsetzung zeigt sich mir nicht.

In der Karate Kata Naihanchi (Tekki) findet sich am Ende eine geradezu unheimlich ähnliche Bewegung, die aber horizontal zum Boden ausgeführt wird. Die Übersetzung ist hier ähnlich dem Fächerprinzip (Zug und Schlag). Alternativ stellt dies auch einen Genickbrecher dar oder aber einen "Link" zum Langstock. In diesem Sinne keine Anwendung der waffenlosen Form, sondern der Cliffhanger zur Waffe. Wobei kein Mensch SO einen Langstock hält...


Auch beim Fächer laufen wir a bissl parallel in den Gedanken zur Ausführung, wenngleich ich keinen Ellenbogenblock im Blick habe/hatte bzw. die Zug und Schlag Idee. Vielmehr sehe ich hier ein reingehen in den Störer und es trifft eben nicht die Handkante, sondern die Ellenbogenspitze des vorderen Arms, wobei mich dieses Konzept nicht überzeugt.


Wo wir gerade dabei sind:
Die Formfigur ziemlich am Ende "Die Hand durchstoßen" stellt mich auch vor ein Rätsel. Was um alles in der Welt steckt hier dahinter? Ein Stich/Stoß zur Kehle kommt mir hier dann doch ziemlich komisch vor...?


LG zum Abend sendet

Günther

T. Stoeppler
25-01-2013, 15:47
Wo wir gerade dabei sind:
Die Formfigur ziemlich am Ende "Die Hand durchstoßen" stellt mich auch vor ein Rätsel. Was um alles in der Welt steckt hier dahinter? Ein Stich/Stoß zur Kehle kommt mir hier dann doch ziemlich komisch vor...?


Ich weiss grad nicht, welches Formelement Du meinst, bzw in welcher Form.

Allgemein sind die Interpretationen ja vielfältig.

Gruss, Thomas

WingChun77
26-01-2013, 12:57
Lieber Thomas,

ich habe dir die besagte Formfigur "Handstoß" folgend angehängt.

Wo wir gerade dabei sind: Ich habe da noch zwei Favoriten, über deren Anwendung ich mich gerne belehren lasse :D.

Der "Schlag zu den Ohren" ist recht offensichtlich und gerade dies stört mich. Beim "Tiger schlagen" kommen mir nur brachiale Anwendungen in den Sinn...



LG

Günther

T. Stoeppler
26-01-2013, 20:08
Hallo Günther,

Alles klar, dann weiss ich auch, was gemeint ist. Also bei dem Schlag zu den Ohren - das ist eben ein Satz heisse Ohren. Dann kenne ich das noch als Wurf aus einer Umklammerung heraus. Tiger ist auch nicht besonders kniffelig.

Der "Handstoss" so wie ich das kenne ist eher ne Handkante aus der Drehung heraus (in der Yang-Version die ich kenne, ist da eine Drehung im Übergang) und beim Bagua ist das ganz ähnlich. Mit einem Stock entwickelt man daraus einen horizontalen Schlag.

Also die technischen Muster selbst sind jetzt nicht so ungewöhnlich und da sollte man auch nicht zu exotisch werden. Das geschickte Neutralisieren, Umlenken und die jeweiligen Jin-Pfade für die Bewegungen sind echt der Knackpunkt.

Gruss, Thomas

WingChun77
27-01-2013, 09:27
Hallo Thomas!


[...]
Der "Handstoss" so wie ich das kenne ist eher ne Handkante aus der Drehung heraus (in der Yang-Version die ich kenne, ist da eine Drehung im Übergang) und beim Bagua ist das ganz ähnlich. Mit einem Stock entwickelt man daraus einen horizontalen Schlag.[...]

Danke für diesen Impuls, damit kann ich was anfangen. In der 1. Form des Wing Chun findet sich im 6. Satz die Technik "schöpfender Arm", deren Parallelität (nun) nicht (mehr) von der Hand zu weisen ist! Ganz erstaunlich! Dabei geht es um das Aufnehmen und dann Ausheben eines Kicks. Es erstaunt mich immer wieder, wie so kleine "Zwischentechniken" bzw. einläutende Bewegungen eine Folgefigur in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.


Noch zu den "heißen Ohren":
Wenn die Hände geöffnet werden, dann ist dies in der Endbewegung ein nicht untyischer Aikido-"Wurf": Störer greift beide Handgelenke, wir stören die Balance beim Zurückrollen und brechen sie vollends beim nach vorne gehen mit der entsprechenden Armbewegung.


Somit hätten wir alles abgehandelt, bis auf die Grauzone des "Fächers". Da fehlt mir nach wie vor der zündende Gedanken. Aber auch dieser wird sich mit der Zeit finden...



LG und noch einen Sonntag

Günther

T. Stoeppler
27-01-2013, 10:56
Hallo Günther,

Die ganzen Kung Fu Techniken sind ja eh alle irgendwie verwandt, wundert mich also gar nicht, dass es im Wing Chun (Da gibts ja auch zig Lineages) sowas auch gibt. Jedenfalls danke ich Dir für die Fragen zu den Formenbildern, die beleben das Forum doch etwas in der konstruktiven Richtung :)

Gruss, Thomas

pilger
28-01-2013, 11:21
Hallo Günther,

kurz zum Fächer:

kann auch folgende Anwendung sein:
Aufnehmen eines Schlages des Gegners zum Kopf mit der rechten Hand bei gleichzeitigem weiterführen der Schlaghand des Gegners am eigenen Kopf vorbei (und ihn damit aus der Balance bringen) und dem gleichzeitigen Stoß mit der linken Hand zur Brust/Hals/Gesicht/Achsel des Gegners.
Aufnehmen mit der einen und Stoßen mit der anderen Hand geschehen dabei gleichzeitig.

Sollte diese Anwendung bereits besprochen worden sein und ich hab sie übersehen, dann sorry.

LG
Pilger

WingChun77
28-01-2013, 18:38
Hallo Pilger,

deine Aussage...

Sollte diese Anwendung bereits besprochen worden sein und ich hab sie übersehen, dann sorry.

...deckt meine nurmehr abgedachte These zum Fächer zu nahezu 90 %! Störer wird regelrecht zur Seite geräumt. Danke für die Bestätigung! In der Ausführung freilich müsste die Formfigur ein wenig tiefer durchgeführt werden, aber dies ist kein Problem.



LG

Günther

pilger
29-01-2013, 13:15
Hi Günther,

es ist auch eine der Anwendungen, die ich bereits gebietsübergreifend mit einem ehemaligen Trainingspartner aus dem Kickboxen genau in der Weise beim "Sparring" wie man so schön sagt, ausgeführt habe.

War natürlich Glück dabei, dass ich seinen Schlag rechtzeitig kommen sah, und er ihn nicht wirklich präzise und schnell ausführte. Er ging vorher nämlich ordentlich "telefonieren".
Aber umso besser hat es dann gefunzt, als er den Stoß mit der Hand auf seinen Solarplexus bekam. Hatte in dem Fall richtig gute Wirkung.

Gerade in solchen Fällen, mit stilfremden Partnern zeigt sich ja oft die "wahre" Tauglichkeit einer Anwendung.

LG
Pilger

Klaus
30-01-2013, 11:56
Wie passen denn so Beschreibungen wie "Yang der nicht kämpft" zu so holzschnittartigen "Anwendungen" einer Form die eher aus Qi Jiguangs Basisübungen zusammengesetzt ist um schlicht Gelenke und Bewegungsräume / -typen abzudecken ?

Soweit ich das bisher gesehen habe machen die Yangs das typische Taiji mit annehmen, entwurzeln und dann quer durch die Gelenke mit richtig Power durchzustossen / wegzuwerfen. Die Fajins kommen eher nicht als Schläge sondern als ruckartiger Push der halt auf Wirbelsäule und Gelenke geht, und einen gegen die nächste Wand pfeffert. Gerne mit dem Kopf zuerst. Solche Übungen habe ich als "Dynamic Push Hands" auch sehr gut von Vincent Chu aus den 80ern oder so gesehen, allerdings war der mir für meinen Geschmack zu brutal bei seinen Partnern. Da war nichts mit gestellt und "sanft", der hat voll durchgezogen was der Körper hergibt, und die Partner sind geflogen wie Gummipuppen.

Ich halte diese "Anwendungen" für weltfremd im Taiji-Umfeld, weil sie versuchen Formbilder umzusetzen die früher mal aus solchen Anwendungen entstanden sind, aber längst einen ganz anderen Zweck haben. Direkte Umsetzungsmöglichkeiten findet man eher beim Baji und Xingyi, im Taijiquan wird das ja separat trainiert und unterrichtet, eben mit Pushing Hands und dergleichen.

Kamenraida
30-01-2013, 12:23
Du sprichst einen interessante Aspekt an, Klaus. Ich würde auch sagen, dass reale Anwendungen im Taichi schnell, direkt und schnörkellos sind - und das Formbilder selten 1 zu 1 dabei sind.

Vielleicht übt man sie in der Form eben dennoch - viele Varianten des immer selben Prinzips. Ich frage mich auch, ob das nicht für fast alle chinesischen KK gilt. Viel Aktrobatisches aus dem Kungfu würde man doch so auch nicht im Kampf machen.

WingChun77
30-01-2013, 14:13
Hallo Klaus,


[...]Solche Übungen habe ich als "Dynamic Push Hands" auch sehr gut von Vincent Chu aus den 80ern oder so gesehen, [...]

Hast du exemplarische Clips von dem guten Manne oder aber vergleichbare optische Eindrücke. Würde ich gerne einmal sehen.

Dann noch eine kleine Bemerkung:
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass solch "Anwendungen" bei sehr vielen Anwendern/innen (egal, ob Novize/in oder Fortgeschrittene/r) sehr gut aufgenommen und umgesetzt werden, um erst einmal eine Grundidee von einer Formfigur bzw. einem dahinter stehenden Prinzip zu bekommen; quasi eine "kleine Idee". Gerade die Kopplung zum Partner-Kontakt und dessen Wechselwirkung bzw. eine mögliche Umsetzung der "kleinen Ideen" wird doch in der Szene nach wie vor sträflich vernachlässigt.



So long

Günther

pilger
30-01-2013, 14:41
Wie passen denn so Beschreibungen wie "Yang der nicht kämpft" zu so holzschnittartigen "Anwendungen" einer Form die eher aus Qi Jiguangs Basisübungen zusammengesetzt ist um schlicht Gelenke und Bewegungsräume / -typen abzudecken ?

Soweit ich das bisher gesehen habe machen die Yangs das typische Taiji mit annehmen, entwurzeln und dann quer durch die Gelenke mit richtig Power durchzustossen / wegzuwerfen. Die Fajins kommen eher nicht als Schläge sondern als ruckartiger Push der halt auf Wirbelsäule und Gelenke geht, und einen gegen die nächste Wand pfeffert. Gerne mit dem Kopf zuerst. Solche Übungen habe ich als "Dynamic Push Hands" auch sehr gut von Vincent Chu aus den 80ern oder so gesehen, allerdings war der mir für meinen Geschmack zu brutal bei seinen Partnern. Da war nichts mit gestellt und "sanft", der hat voll durchgezogen was der Körper hergibt, und die Partner sind geflogen wie Gummipuppen.

Ich halte diese "Anwendungen" für weltfremd im Taiji-Umfeld, weil sie versuchen Formbilder umzusetzen die früher mal aus solchen Anwendungen entstanden sind, aber längst einen ganz anderen Zweck haben. Direkte Umsetzungsmöglichkeiten findet man eher beim Baji und Xingyi, im Taijiquan wird das ja separat trainiert und unterrichtet, eben mit Pushing Hands und dergleichen.

Hallo Klaus,

ich übe nicht den Yang Stil, sondern den Li-Stil. Ist aber auch völlig nebensächlich. Wir haben die ganz ähnliche Figur.
Und ich nehme den Schlag, wie du sagst, mit der einen Hand auf, führe ihn weiter und bringe den Gegner aus dem Gleichgewicht und stoße mit der anderen zeitgleich zu (was vermutlich dem entspricht, was du als ruckartigen Push beschreibst). Und das ganze mit einer ordentlchen Rotation aus der Hüfte heraus.
Natürlich sieht das evtl nicht 1 zu 1 aus wie in der Form!!! Aber doch eben recht ähnlich.
Es berücksichtigt also Prnzipien wie aufnehmen, weiterleiten umleiten und entwurzeln zu meiner Ansicht nach 100 %.
Und natürlich wird Pushhands und Varianten geübt. Es werden aber sehr wohl auch (zumindest in manchen Schulen) Anwendungen aus der Form geübt, die natürlich meist nicht 1 zu 1 sind, aber eben doch ähnlich und auf verschiedene Weise anwendbar.
Sonst bräuchte es auch keine Form, wenn sie denn so gar keine Anwendungsmöglichkeiten enthielte. Die Form ist die Box für die Techniken, Pushhands und Anwendungstraining öffnet die Box und man sieht, was man mit dem Inhalt der Box so alles anfangen kann :)

Es ist aber sowieso immer schwer, das alles in nem Forum zu beschreiben.
Falls du Lust und Laune hast, wir treffen uns kommenden Samstag ja wieder in Köln zum freien Pushen (siehe Fred im Event-Forum), komm doch einfach mal vorbei. Können uns mal wieder ein wenig "schubsen" und ich kann dir zeigen, wie ich das im Fall dieser Anwendung meine.

Viele Grüße
Pilger

pilger
30-01-2013, 14:47
Hallo Klaus,



Hast du exemplarische Clips von dem guten Manne oder aber vergleichbare optische Eindrücke. Würde ich gerne einmal sehen.

Dann noch eine kleine Bemerkung:
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass solch "Anwendungen" bei sehr vielen Anwendern/innen (egal, ob Novize/in oder Fortgeschrittene/r) sehr gut aufgenommen und umgesetzt werden, um erst einmal eine Grundidee von einer Formfigur bzw. einem dahinter stehenden Prinzip zu bekommen; quasi eine "kleine Idee". Gerade die Kopplung zum Partner-Kontakt und dessen Wechselwirkung bzw. eine mögliche Umsetzung der "kleinen Ideen" wird doch in der Szene nach wie vor sträflich vernachlässigt.



So long

Günther

BINGO!! Sehr guter Beitrag!

Klaus
30-01-2013, 14:50
Leider nicht, das was noch zu finden ist aus der Richtung ist Mist. Das waren auch keine Demos sondern Aufnahmen aus dem laufenden Training, in einem Abstellraum oder sowas.

Ist aber nicht kompliziert, das sieht aus wie die besseren Schubsdemos von Gary Lam von früher, als er noch nicht so fertig war. Nur dass die Geschubsten sich eben von der Wucht in der Luft schon verformt haben, daran erkennt man die Nicht-Fakes. Das konnte man auch manchmal bei Mike Martello (und anderen) sehen, wenn der im Training aus Versehen den Arm von jemandem stark getroffen hat, flipperte der rum wie aus Gummi.


@Pilger: Muss ich mal sehen ob ich das schaffe. Ich meinte aber auch nicht primär Dich mit der Anmerkung, sondern Vorstellungen wie "das ist jetzt ein Schlag zum Kopf mit rechts aus der Drehung". Meiner Meinung nach wurden damalige Formelemente anderer Kreise einfach aneinandergereiht, um damit generisches Jin-Training zu machen, und einen möglichst umfassenden Bewegungskatalog abzuarbeiten, damit man alle Möglichkeiten abdeckt die man so allgemein gebrauchen kann. Die Aktionen selbst enthalten noch teils rudimentär sowas, aber oft ist das einfach an die Anatomie und Bewegung angepasstes "Shooting Jin". Man entwurzelt, und so wie der gerade steht schiesst man durch ihn durch. Gibt natürlich zig Abwandlungen, die bei manchen Kreisen wie Wu nach Ma Yueliang / Jiangbao ja auch direkt in echte "Techniken" münden die man so nicht in der Form sieht, ausser ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Dann gibt es die bekannten Qinna-Aktionen, und zum Schluss diverse "Spezialtechniken" die sich einer einfach intuitiv im Laufe der Zeit hat einfallen lassen, während der Praxis.

pilger
30-01-2013, 19:05
@Pilger: Muss ich mal sehen ob ich das schaffe. Ich meinte aber auch nicht primär Dich mit der Anmerkung, sondern Vorstellungen wie "das ist jetzt ein Schlag zum Kopf mit rechts aus der Drehung". Meiner Meinung nach wurden damalige Formelemente anderer Kreise einfach aneinandergereiht, um damit generisches Jin-Training zu machen, und einen möglichst umfassenden Bewegungskatalog abzuarbeiten, damit man alle Möglichkeiten abdeckt die man so allgemein gebrauchen kann. Die Aktionen selbst enthalten noch teils rudimentär sowas, aber oft ist das einfach an die Anatomie und Bewegung angepasstes "Shooting Jin". Man entwurzelt, und so wie der gerade steht schiesst man durch ihn durch. Gibt natürlich zig Abwandlungen, die bei manchen Kreisen wie Wu nach Ma Yueliang / Jiangbao ja auch direkt in echte "Techniken" münden die man so nicht in der Form sieht, ausser ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Dann gibt es die bekannten Qinna-Aktionen, und zum Schluss diverse "Spezialtechniken" die sich einer einfach intuitiv im Laufe der Zeit hat einfallen lassen, während der Praxis.

Danke dir Klaus für die Erläuterungen. Jetzt verstehe ich auch gleich viel besser was du meinst. Und wir liegen auch recht dicht beieinander. Die Formen sind natürlich ein geniales Training, um Jin-Power zu entwickeln! Dafür liebe ich sie ja so. Nicht nur als "Sammelsurium" von Techniken, was einer Form ja eben überhaupt nicht gerecht werden würde, sondern um Pfade in meinem Körper zu entwickeln/zu verstärken, durch die ordentlich Dampf nach außen gebracht werden kann.

Also dann, vielleicht bis Samstag oder wann auch immer ;)

LG
Pilger

Richard22
31-01-2013, 10:48
Fächer durch den Rücken - im Yang kommt davor die - Nadel auf dem Meeresboden.

Der rechte Arm ist also unten. Gegner tritt von seiner linken Seite zu meinen Leib oder Kopf. Meine linke Hand nimmt den Tritt an Gegners Knie an meinen rechten Ellbogen auf. Der Fächer wird dann geöffent - wir das Artefakt, der Fächer. Gegners linkes Bein hängt auf meinem rechten Arm, in/an meinem rechten Ellbogen, fixiert durch meine linke Hand. Ich gehe vor, hebe die rechte Hand zum einen Teil des Fächers - das wirft den Gegner aus seinem Gleichgewicht, weil sein Bein gehoben wird. Zeitgleich schlag ich im meine linke Handlkante mit stehenden Fingern in den Hals.

Leung Ting hat dies als Trittabwehr aus dem Scheren Gan Sao verkauft.

Den Bogen spannen und den Tiger schießen - der Gegner führt einen Faust- oder Handflächenstoß mit seiner rechten Hand gegen mich. Ich nehme den Angriff mit dem rechten Unterarm auf. Der Gegner wendet sich beim Angriff zu weit zu seiner linken Seite oder drückt zu weit. Ich bekommen meinen zweiten Arm, meine linke Hand, an seinen Arm. Ich ziehe mit zwei Armen an einem Arm des Gegners, was ihn aus dem Gleichgewicht nach vorne wirft. Dabei streckte ich ein oder zwei meiner Arme, um den Gegner 45 Grad an mir vorbei zu leiten, damit er mich nicht rammen kann. Habe die die Streckung eines oder beider meiner Arme erreicht, dann schlage ich, mit Gegners Spannung, die rechte Faust in einem Hacken in seinen Hals.

Das findet sich im Ing Un sieben Satz der dritten Form gepackt. Leung Ting hat aus der Körpermechanik immer einen große Sache gemacht.

Den Bogen spannen und den Tiger schießen findet sich in der Chen Form an derselben Stelle mit fast demselben Ablauf - was auf die Authenzität der Technik deutet.

Der Fächer kommt in der Chen Form so nicht vor. Es ist auch nicht dienlich mit einem Tritt anzugreifen - der Fächer ist eine Erfindung von Yang Chengfu.

Fechtergruß

WingChun77
31-01-2013, 16:00
Hallo Richard!

Danke für deine Zeilen - lange ist es her :D ...


[...]Fächer durch den Rücken - im Yang kommt davor die - Nadel auf dem Meeresboden.
Es ist oftmal so, dass die Formfiguren meist in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen und sich die spätere Anwendung eher durch diese unscheinbaren Zwischenbewegungen ergibt, denn durch die Endposition. Aber hier erzähle ich ja nichts neues...



Leung Ting hat dies als Trittabwehr aus dem Scheren Gan Sao verkauft.
DEN meine ich so ziemlich am Ende der Yang-Form entdeckt zu haben, direkt nach der vorletzten Peitsche (-> "Handstoß"). Der eigentliche "Handstoß" ist dann schon die Endposition, wenn der Gegner mit seinem Bein ausgehebelt wird. Auch hier ist es die einleitende Zwischenbewegung, die die eigentliche Technik in sich trägt - beim Übergang von der Peitsche zum "Handstoß".



Das findet sich im Ing Un sieben Satz der dritten Form gepackt. Leung Ting hat aus der Körpermechanik immer einen große Sache gemacht.
Wenn ich dem Folge, dann wird diese Bewegung in zahlreichen TJQ-Büchern falsch demonstriert! Sie macht aber Sinn! Aus der Drehung heraus (den dann folgenden Kick praktiziere ich persönlich nicht) kann sich auch ein solcher Zug ergeben.



Den Bogen spannen und den Tiger schießen findet sich in der Chen Form an derselben Stelle mit fast demselben Ablauf - was auf die Authenzität der Technik deutet.
Wie T.Stoeppler schon so schön geschrieben hat: Irgendwie hängen die Stile dann doch miteinander zusammen und beim genaueren Hinsehen findet sich auch meist ein gemeinsamer Nenner!



Der Fächer kommt in der Chen Form so nicht vor. Es ist auch nicht dienlich mit einem Tritt anzugreifen - der Fächer ist eine Erfindung von Yang Chengfu.
Was ggf. und im weitesten Sinne vielleicht auch die Schwierigkeit erklären könnte, warum sich hierbei die Suche nach einer sinnstiftenden Anwendung recht herausfordernd gestaltet. Interessanter Aspekt: Cheng-Man-Ching, mein persönlicher Luther des Yang-Stils ;) - hat den Fächer aus seiner Kurzform rausreduziert. Nun kann man spekulieren, warum...


LG

Günther

opendoor
31-01-2013, 18:44
..."Fächer durch den Rücken" und "Den Bogen spannen und den Tiger schießen" ....Welche Idee der Anwendung(en) steckt hinter diesen beiden Figuren?

Hi Günther, habe mal vor Urzeiten je eine Mini-Anwendung beider Figuren von C.K. Chu´s Homepage runtergeladen (C.K. Chu ist Schüler von C.C. Chen). Die Dateien sind in Apple´s altem .mov Format, das der kkb-Server nicht darstellen kann. Auch nach Konversion in .mp4 gelingt der Upload nicht. Hallo Admins, da gibts was für euch zu tun! Ich habe sie nun in meinem Video-Album auf FB gepostet. Obwohl sie öffentlich sein sollten, weiß ich nicht, ob jeder sie sehen kann:

bamboo shoot tiger (#98) http://www.facebook.com/photo.php?v=550361574998833&set=vb.100000749878153&type=3
fan through back (#27) fan through back | Facebook (http://www.facebook.com/photo.php?v=550362224998768)

Ich werde sie bald wieder runter nehmen. Aber ihr könnt mir ja pmmen.

opendoor
31-01-2013, 19:16
Den Bogen spannen und den Tiger schießen findet sich in der Chen Form an derselben Stelle mit fast demselben Ablauf, was auf die Authenzität der Technik deutet.
Der Fächer kommt in der Chen Form so nicht vor. Es ist auch nicht dienlich mit einem Tritt anzugreifen, der Fächer ist eine Erfindung von Yang Chengfu...
@Richard: Wie geht LJ #58 Turning Back with Arms Twining/ Shan Tong Bei/ 閃通背 , das dort an Stelle des Fächers ausgeführt wird?


..Cheng-Man-Ching, mein persönlicher Luther des Yang-Stils, ..hat den Fächer aus seiner Kurzform rausreduziert. Nun kann man spekulieren, warum...

@Günther: Es gibt viele Spekulationen, weshalb CMC seine Kurzform in dieser und keiner anderen Weise konzipiert hat. Aestethische Gesichtspunkte, Richtungen, alchemistische Aspekte und Zeitnot spielen da wohl auch eine Rolle. Sein Meisterschüler C. C. Chen hat den Fächer jedenfalls wieder in die Kurzform re-integriert. Außerdem solltet ihr ja mittlerweile unser Mantra kennen: Hinter verschlossenen Türen praktizieren wir nur die JCF-Form.

Richard22
31-01-2013, 19:33
Was der Mann auf den Videos macht ist ein zentraler Fauststoß, daß ist im Chen Stil die Rote Faust - nicht aber Fächer oder Bogen spannen.

Shan tong bei - ist ein über den Rücken gewendetet Ellbogenschlag, abwärts oder parallel zum Boden. Das ist ein Burch gegen einen Armhebel - findet sich in fast der selben Form im Shotakan Karate in der Heian/Pinan 3.

Talhoffer macht das in vielen Sitautionen ebenfalls - 1467 und 1443.

@ wingchun77, welches Stück in der Yang Form meinst Du? Der Tritt in der Chen und Yang Form ist ein eigenes Stück. Es ist ein Kettentritt, der erste Tritt geht diagonal, also mein rechtes Bein, gegen Gegners rechtes Bein innen. Das mache ich, wenn der Gegner Gewicht nach vorne bringt. Der Tritt zerbricht sein Gleichgewicht, der Gegner fällt nach vorne - dann folgt die zweite Bewegung, der zweite Tritt, von Außen gegen Gegners Schläfe. Dazu kann man noch einen Griff setzen, Na Fa, z.B. kleines Fassen und Schlagen - im Ing Un früher der 6-er Angriff mit Doppelarmzug.

Im Yang war der Tritt früher ebenfalls doppelt, der Lotustritt. Das wurde dann immer mehr vereinfacht.

Genau gegen diesen Tritt führt Qi Jiguang ein eigenes Stück aus, den "der Drache tanzt auf dem Boden" - das wurde die Schlange im Yang. Der Kettentritt findet sich heute noch im Shotokan-Karate in der Heian/Pinan 3. Der Fächer ist beim Qi Jiguang Xia Chi. Diesem Stück gibt es heute noch im Chen, nur umgekehrt, was die Armführung angeht - deswegen gibt es den Fächer so nicht im Chen, wie er im Yang vorkommt,Yang Chengfu hat immer alles gespiegelt oder umgedreht, um die Quelle unkenntlich zu machen.

Fechtergruß

Kamenraida
31-01-2013, 23:21
- deswegen gibt es den Fächer so nicht im Chen, wie er im Yang vorkommt,Yang Chengfu hat immer alles gespiegelt oder umgedreht, um die Quelle unkenntlich zu machen.
Fechtergruß

Interessant - kannst du das näher erläutern? (wobei ich nicht ganz sicher bin, ob ich dich richtig verstehe. Niemand im Yang-Stil leugnet doch, dass Yang Luchan bei Chens gelernt hat und die die "Quelle" sind, oder?)

Ansonsten finde ich schon, dass es "fächer-ähnliche" Bewegungen an verschiedenden Stellen der Laojia gibt, zb im 3. Teil vor dem "Webschiffchen")

Richard22
01-02-2013, 09:47
Nein, Kamen,

die Webschiffchen, im Yang schöne Frau am Webstuhl, ist das, was im Ing Un mit Pak und Man Sao beschreiben wird, also ein Unterbrücken-Kontakt, den ich aus dem Weg Räume und mit der Handkante zu treffen.

Ich habe das schon oft getippt und auch schon zig-mal vorgeführt. Yang Chengfu hat fast alle Bewegungen der Chen Form zwar belassen - er hat ja nicht Neues geschaffen - aber alle Bewegungen seiner Form umgedreht oder gespiegelt, um eben ihre Herkunft (Chen) für Unwissende zu verschleiern. Das hat er auch bei Dao und Jian gemacht - so gut es ging.

Das Gute daran ist, daß Yang damit eine Art inverser Chen ist, was hervorragend herangezogen werden kann, um die originalen Stücke zu rekonstruieren. Beide beschreiben eigentlich dieselben Stücke.

In meinen eigene Forum habe ich überdies aufzuzeigen versucht, daß alles, was Cheng Wangting in seiner Zeit zusammenstellte (er hat es ja auch kopiert, von Qi Jiguang und dessen Lehrer Yu Da You) noch in den Formen und Abläufen von Cheng Changxing vorhanden ist - zu 100%.

Yang Luchan hat vieles davon gelernt - aber wohl nicht alles (z.B. Doppelwaffen und Da Dao/ Hellebarde). Diese drei Lehren sind eher für Berufsfechter geeignet, also Doppelwaffen für das Schlachtfeld und Da Dao für das Roßfechten.

Also kann man aus Chen und Yang heutzutage zu 100% rekonstruieren, wie das Taiji zur Zeit von Chen Wangting aussah.

Man darf dabei nie vergessen: Taiji wurde von Wehrbauern für Wehrbauern geschaffen, nicht von Literaten für Literaten. Also eine KK für einfache Leute, die neben ihrer bäuerlichen Tätigkeit ihr Dorf verteidigen müssen und von Zeit zur Zeit als Söldner/Karawanenbegleiter arbeiten (Ortskenntnis der Berge und Pässe ist dafür nötig).

Chen Xin, als Schriftsteller, ist da die große Ausnahme - dafür war er wohl auch nicht der wirksamste KK'ler. Die meisten Chen'er schrieben wenig bis gar nichts - wenn sie überhaupt Lesen und Schreiben konnten.

Ab dem 19. Jhd haben allerlei Kräfte dann aus dem Taiji eine Art KK von Literaten für Literaten gemacht - viel schreiben und wenig üben. Deswegen ist Taiji heute so tief gefallen.

Fechtergruß

Kamenraida
01-02-2013, 10:56
Hi Rich,

danke für die Antwort, spannend.

Bei der Formfigur bin ich übrigens anderer Meinung: Die "Frau/Prinzessin am Webstuhl ist doch im Chen eher die erste Figur aus "Den Kopf umfassen und den Berg schieben" (3. Teil).

Aber letztlich ist das ja auch ganz egal. Die Idee vom Fächer (Ziehen und Stoßen/Aufspannen/Ableiten und stoßen ... wie auch immer) ist auf einer technischen Ebene so grundlegend, dass sie in Variationen vermutlich in so ziemlich jeder chinesischen KK auftaucht.

Gleiches bei der Schönen am Wegstuhl - nach oben öffnen und schlagen/stoßen ... ein Basisprinzip, simpel und wirksam.

Richard22
01-02-2013, 11:46
Ja und nein, Kamen.

Und einerlei ist es auf keinen Fall.

Taiji ist - als Kind des 17. Jhds, auf acht Grundbewegungen aufgebaut worden (genauso wir Ing Un, daß auch aus dem 17. Jhd stammt, genauso wie Bagua und Xingyi - alle sind auf 8 Grundbewegungen gestellt worden).

Diese kennen wir heute im Taiji als die acht Grundtechniken.

Ich nenne sie lieber die acht Kreise, weil alle acht kreisförmig sind, ihrer Natur also zyklisch (das ist eines der großen Mißverständnisse im Ing Un, die Annahme, daß die Techniken linear und nicht zyklisch sind).

Die Anlehnung an Buddhas hohen achtfachen Pfad war im 17. Jhd. wohl bewußt gewählt (in China war/ist der Buddhismus populärer als in seinem Ursprungsland Indien, Buddha war ein Reformator wie z.B. Luther, das kommt oft im Ursprungsland nicht so gut an, weil es die vorhandenen Eliten kompromitiert). Bei Buddha gelten die letzten drei Pfade als besonders wichtig - Im Taiji/ der KK ist das anders herum, hier gelten die ersten drei als besonders wichtig.

Das Webschiffchen werfen ist Kreis Nummer 5 (Lie in den acht Grundtechniken). Findet sich auch so in den Formen des Ing Un oder in den Waffenformen des Taiji.

Den Kopf umfassen und den Berg schieben (Angang 3. Drittel der Form, sie war in 3 Teile und nicht vier geteilt) ist ein Nackenzug. Der Nackenzug kann links oder rechts ausgeführt werden, kann mit Fauststoß, Handkante oder Knie abgeschlossen werden. Das ist Kreis 1. (Peng in den acht Grundtechniken), in der HP Form des Ing Un sehr anschaulich als Nackenzug zu finden. Ähnlich im Shotokan Karate am Ende der Heian/Pinan 4 zu finden. Oder in Empi/Wanshu als Basistechnik.

Fechtergruß

opendoor
01-02-2013, 12:01
..Man darf dabei nie vergessen: Taiji wurde von Wehrbauern für Wehrbauern geschaffen, nicht... als Söldner/Karawanenbegleiter ... Kleine Nachfrage: wie haben sie denn dann die eher militärischen Anwendungen (schwere Waffen, Doppelwaffen, Hellebarden) entwickeln können? Wurden die eventuell aus den imperialen Kampfkünsten abgekupfert, oder sind es eigene Gewächse?


..in meinen eigenen Forum habe ich überdies aufzuzeigen versucht, daß alles, was Cheng Wangting in seiner Zeit zusammenstellte.. Auf stahlaufstahl.de habe ich das nicht gesehen, könntest dus vielleicht mal verlinken? Danke!

Richard22
01-02-2013, 20:04
Du müßtest Dich anmelden - ich habe keine Lust solche Themen in öffentliche Foren zu betippen.

Alles am Taiji kommt aus dem Ming Militär oder den damals üblichen allgemeinen Kanon an militärischen Künsten.

Hellebarde - wir haben auch noch eine ältere Form oder vielmehr ein Fechtbuch von Cheng Zong You's Neffen Cheng Zi Yi. Das deckt sich mit dem Zeugs, das wir in der Chen Form finden.

Dann gibt es noch andere Da Dao Formen und Linien - decken sich aber alle.

Die Form wird zuerst zu Fuß geübt, dann auf einem Holzpferd und dann zu Roß - das haben nicht die Chens erfunden, daß ist eine Kampfweise, die Chinas schwere Reiterei für Jahrhunderte pflegte.

Nächten Monat fangen wir wieder mit dem Roßfechten an - ich werden anfangen die Formenstücke auf Roßfechten umzusetzen.

Denn Schritte kann man auf einem Pferd nicht machen. Man kann die gesamte Form im Reiterstand machen, aber das ist viel schwieriger. Das Holzpferd wäre für die meisten Fechter erst mal die beste Art des Übens.

Jian und Dao Fechten haben die Chens auch nicht erfunden - warum auch? Das Dao war die militärische Waffe für den Nahkampf in der Ming Zeit. Das Jian erlebte seine Blüte Jahrhunderte davor.

Yu Da You hat sein Jian-Kompendium geschreiben, Qi Jiguang hat das eins zu eins in seinem Werk übernommen, die Chens haben das fortgeführt.

Taiji ist eigentlich Historischen Fechten.

Fechtergruß

T. Stoeppler
01-02-2013, 20:26
So, nu mal wieder in bischen langsamer.... Thema sind die Anwendungen des Yang-Stiles. Diesbezüglich gibt es eben die Yangs bzw die Leute in ihrer Tradition, welche die Anwendungen für diesen Stil definieren.

Also mal die Anwendungen von Yang Zhen He anschauen, oder - das ist so mein persönlicher Favorit - Willam CC Chen, der über CMC auch in der Yang-Tradierung steht und überdies auch kein Problem hatte, Übungen aus dem westlichen Boxen für seine Anwendungen zu benutzen.

Gruss, Thomas

opendoor
03-02-2013, 14:57
..Alles am Taiji kommt aus dem Ming Militär.. Wirklich starker Toback :) Also doch keine vom entrückten Bettelmöch abgekuckten Tierformen..


..Also mal die Anwendungen von Yang Zhen He anschauen, oder - das ist so mein persönlicher Favorit - Willam CC Chen.. Dann verlinke doch mal was von YZH. Und ist das Zeug, was ich verlinkt habe, damit identisch?

rudongshe
03-02-2013, 17:33
Ja und nein, Kamen.

Und einerlei ist es auf keinen Fall.

Taiji ist - als Kind des 17. Jhds, auf acht Grundbewegungen aufgebaut worden (genauso wir Ing Un, daß auch aus dem 17. Jhd stammt, genauso wie Bagua und Xingyi - alle sind auf 8 Grundbewegungen gestellt worden).

Diese kennen wir heute im Taiji als die acht Grundtechniken.

Ich nenne sie lieber die acht Kreise, weil alle acht kreisförmig sind, ihrer Natur also zyklisch (das ist eines der großen Mißverständnisse im Ing Un, die Annahme, daß die Techniken linear und nicht zyklisch sind).



Mh ich kann mir etwas darunter vorstellen und auch wieder nicht.
Deiner Meinung nach stecken hinter all den genannten Stilen acht Kreise(-bewegungen).

Durch die verschiedenen Formen sieht man von diesen Kreisen sozusagen "Teilbahnen" und daraus ergibt sich das äußerlich andere Bild bzw Momentaufnahmen (evtl. inkl. Anwendung/Strategie)?

Richard22
04-02-2013, 18:11
Wieder ja und nein.

Ing Un soll von den Doppelmessern auf das Waffenlose übertragen worden sein. Wie ich tippte kommt Ing Un aus dem 17. Jhd.

Das klingt für uns heute erst mal seltsam, einen Waffenstil auf das Waffenlose zu übertragen, weil man heute denkt, es gäbe da nur wenig Schnittmengen.

In der späten Ming Zeit war es aber die übliche Denke. Alle Waffen und waffenloses Kämpfen hat man damals vom Speer abgeleitet. Oder vielmehr, der Speer ist die Grundlage für alle Waffen und für das lange Boxen.

In Kreisen zu denken hat man vor allem bei den Waffen. Im Taiji gab es/gibt es 2 waffenlose Formen und mindestens 6 Waffenformen - also weitaus mehr Waffenformen als waffenlose Formen.

Taiji Quan ist historisch ganz klar ein Fechtstil, also ein Waffenstil. Waffenloses haben damals alle Waffenstile sozusagen nebenher laufen, als Grundübung.

Bei Waffen sind die Grundbewegungen auch sehr leicht auf wenige Bewegungen zu vereinfachen. Von da ist der Weg daraus Prinzipien zu machen nicht allzu weit.

Ich denke, die acht Grundtechniken/Kreise kommen vom Stock- Speerfechten - weil das damals ein absolut übliches Vorgehen war.

Dafür spricht auch die Vermengung der achte Grundtechniken/Kreise mit den Fünf Schritten - auch die Schritte sind ein Konzept aus dem Waffenkampf, welche auf das Waffenlose übertragen wurde.

Kreise - alle diese Bewegungen lassen sich in Kreisbewegungen unablässig üben, was klasse ist um Fühlen zu lernen. Das alle Bewegungen des Menschen kreisförmig sind ist eigentlich Allgemeinwissen, aber heute glauben dennoch viele Menschen das der menschliche Körpr sich geradlinig/ linear bewegen könnte.

Die Formen - was sind einfach willkürlich Anordnungen von Stücken. Die Stücke bestehen aus Grundbewegungen.

Fechtergruß

Richard22
04-02-2013, 18:17
Wie sollten die Yangs die Anwendungen ihres Stils definieren, wenn er über die Chens und Qi Jiguang auf Yu Da You zurückgeht (was wir belegen können)?

Man muß sich eher fragen, wie haben die Anwendungen in historischen Zeiten ausgesehen, als Taiji noch kein Emo-Eso Phänomen war. Die Yangs haben Taiji in großen Teilen zu dem gemacht, was es heute ist - der Yang Stil (oder die Reste davon) ist der am weitsten verbreiteste Stil.

Den Yang Stil kann man ohne den Chen Stil nicht nachvollziehen.

Fechtergruß

rudongshe
05-02-2013, 07:51
Guten Morgen Richard,

ich präzisiere mal meine Frage.

Würde man die Formbewegungen alle Dir genannten Stile auf ihre Flow/Routinen/oder Solodrills eindampfen, wären es die gleichen 8 Kreise?

Grüße

volition
05-02-2013, 11:27
Zum Thema Fächer:

Meines Wissens nach wird mit rechts der Kontakt aufgenommen, Faust Ellenbogen, Schulter egal. Dabei ist es egal ob der andere mit rechts oder links kommt. Durch den Druck des anderen lässt man sich in der Hüfte drehen. Vorraussetzung dafür: lockere Hüfte. Durch die Drehung wird die linke vor gebracht und schlägt, stößt worauf man halt so steht.....

pilger
05-02-2013, 15:46
Zum Thema Fächer:

Meines Wissens nach wird mit rechts der Kontakt aufgenommen, Faust Ellenbogen, Schulter egal. Dabei ist es egal ob der andere mit rechts oder links kommt. Durch den Druck des anderen lässt man sich in der Hüfte drehen. Vorraussetzung dafür: lockere Hüfte. Durch die Drehung wird die linke vor gebracht und schlägt, stößt worauf man halt so steht.....

Yep, in der Art war auch meine Beschreibung in Post Nr 10 gemeint.

Funktioniert gut, und knallt gut rein :D

Richard22
05-02-2013, 20:10
Die acht Kreise finden sich in allen Ing Un Formen und allen Taiji-Formen. Im Ing Un sind die Formen klar auf diesem Konzept aufgebaut (alle haben acht Sätze).

Im Taiji kommen die Kreise in kondensierter Form in einer Reihe von Übungen in der ersten Form alle vor. In Jin gang dao dui werden die ersten drei Kreise mit jeweils drei Bewegungen beschreiben - als Grundlage.

Ing Un und Taiji ja auch Stile aus der selben Epoche. Bagua und Yingyi kenne ich nicht genug, um es zu beurteilen, ich weiß aber, daß Bagua generall auf acht Handstücken aufgebaut ist.

Beim Fächer im Yang ist der rechte Arm der Erstkontakt, die linke Hand wird mit der Handwurzel auf dem rechten Ellbogen aufgesetzt, dann wird der Fächer geöffnet. Das geht nur gegen sehr lange Brücken, wie sie bei Tritten vorkommen. Gegen Faustkontakte ist das völlig ungeeignet.

Fechtergruß

volition
06-02-2013, 11:17
Beim Fächer im Yang ist der rechte Arm der Erstkontakt, die linke Hand wird mit der Handwurzel auf dem rechten Ellbogen aufgesetzt, dann wird der Fächer geöffnet. Das geht nur gegen sehr lange Brücken, wie sie bei Tritten vorkommen. Gegen Faustkontakte ist das völlig ungeeignet.


Rechter Arm Erstkontakt: ja

Linke Handwurzel am Ellenbogen: nicht unbedingt.

Das ganze ist viel freier. Der Kontakt mit rechts kann auch z.B. am Ellenbogen aufgenommen werden wobei die linke dann an die Schulter, Seite oder den rücken geht. Auch die Handwurzel ist nicht fest gelegt. Du könntest auch die Faust, den Ellenbogen oder die Schulter nutzen.

Es geht ja nur um: aufnehmen, drehen lassen und daraus anzugreifen.
Wichtig ist das die Struktur stimmt und die Hüfte dabei flexibel ist.
Alles näher fest gelegte ist schon wieder Technik.

Kamenraida
06-02-2013, 11:29
@volition: gut ausgedrückt, sehe ich genauso.

Um den Bogen zur anderen Diskussion zu machen: Ich denke, der Fächer ist am ehesten eine Ausprägung der Grundtechnik Lie/Trennen. (jedenfalls wenn die obere Hand tendenziell zieht oder führt und die vordere Hand stößt oder schlägt. Wobei auch das von der konkreten Anwendung abhängt.

Ich bin mir nicht sicher, wieso hier von den acht "Kreisen" die Rede ist. Damit sind doch die 8 "Grundtechniken /Grundenergien" gemeint? (bzw 13 Grundtechniken PLUS 5 Schritte).

Kreise? Natürlich sind alle Bewegungen spiralig, aber nicht unbedingt kreisförmig. Gerade der Fächer ist zum Beispiel, wenn man die Bewegung im Raum betrachtet, eher linear - nur die Armbewegungen in sich sind spiralig.

Richard22
07-02-2013, 16:24
Der Fächer ist Lie - das sehe ich genauso.

Wenn man die linke Handwurzel nicht an den rechten Ellbogen bringt (so habe ich es auch gelernt) - dann trifft mich Gegners Tritt am Hals oder Kopf.

Ich hatte ja schon ausgeführt, daß ein Erstkontakt mit dem rechten Arm gegen kurze Stücke, Faustkampf, nicht dienlich ist. Also bleibt nur der Tritt. Tritte tief kann ich nur mit dem Bein aufnehmen, für Tritte über Hüfthöhe bietet sich besser der Arm an.

Das Lustige - früher was das der Scheren Gan Sao im Ing Un - weil aber der Scheren Gan Sao eigentlich in die 7. Sektion gehörte, hat Kerni später die Bewegung reduziert und aus dem oberen Gan einen Pak gemacht, was besser in die 1. Sekton paßt - schon ist man bei der Originalbewegung des Yang.

Wenn der Partner nach dem Tritt zum Kopf oder Leib sein Bein entzieht (was nur mit einem Kniestoß oder Doppeltritt geht), dann wird aus der Übung ein Kreis, weil ich, als den Fächer Ausführender, ein Stück zurück muß.

Alle Bewegungen sind kreisförmig, wenn ich wieder am Ausgangspunkt ankommen. Schritte machen aus Kreise logischer Weise Spiralen.

Lie - 5. Kreis ist aber noch in anderen Ausgaben in der Form vorhanden. Bei den Kreisen geht es vor allem um das Prinzip.

Fechtergruß