Tiefe Kampfstellung im Ninjutsu - Wie schnell kann man damit sein? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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mac_gyver
02-02-2013, 09:38
Tiefe Kampfstellungen in Ninjutsu

Ich frage mich, wie man in den sehr tiefen Stellungen des Ninjutsu schnell genug sein kann, um effektiv zu kämpfen.

Ich schicke vorweg - ich bin Karateka und weiß von Ninjutsu nur das, was ich in Büchern gelesen habe, speziell in denen von Stephen K Hayes.

Die Kampfstellungen, die Hayes in seinen Büchern zeigt, sind sehr tief, ich denke da besonders an die Stellung Ichimonji no Kamae, die es in Karate so ähnlich gibt und hier Kokutsu Dachi heißt und die Hayes oft einnimmt, um Angriffe abzuwehren.
Nun ist schon die Kokutsu Dachi im traditionellen Karate mit ca. 2 Schulterbreiten recht tief, was Hayes auf den Bildern in seinen Büchern vorzeigt, ist aber nochmal eine Spur extremer.
Im Karate Wettkampf steht kein Mensch jemals so tief, weil man damit schlicht und einfach zu langsam wäre.
Ninjutsu kennt ja angeblich keinen sportlichen Wettkampf, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man in einem echten Kampf so tief stehen und siegen kann, weil ja die Langsamkeit in tiefen Positionen kein Manko ist, das nur Karateka befällt, sondern universal gelten müsste. Da gehts schließlich um Anatomie, Physik und Naturgesetze.

Dass die Fotos nicht versehentlich so tiefe Stellungen zeigen, belegen auch Textpassagen wie z.B. in
"The Ninja and their Secret Fighting Art", wo Hayes auf Seite 60 einen Kampf gegen Tanemura beschreibt:
"Tanemura-san assumed the posture by shifting his hips down and away from me, as though he were going to sit in an invisible chair. His rear foot moved back quickly, and his front foot was dragged into place so that it pointed at me, the two feet forming the letter L. His hips were low on deeply sprung legs."
Hayes versucht mehrmals, ihn zu schlagen oder zu treten, aber
"No matter how far I reached or how quickly I moved, his body was always 3 inches out of reach."

Hayes war damals bereits Karate Danträger, als es zu dieser Begegnung mit Tanemura kam und ich will ihm nicht unterstellen, dass er ein schlechter Karateka war - also frage ich mich: Warum konnte er ihn dann beim besten Willen nicht erwischen, obwohl Tanemura in grundschulmäßig tiefer Position kämpfte?

Rene
02-02-2013, 10:28
Erstmal solltest du Heyesbücher kritisch lesen. Ich hab interessante Sachen gesehen aber auch viel Mumpitz.

In den tiefen Kampfstellungen (Ichimonchi ectr. pp) kämpft man nicht generell. Aber so trainiert kann man eben aus solchen Positionen oder in so Positionen gehen und durch das so geführte Training verbessert seine Muskulatur, sein Körpergefühl, seine Balance. Ich trainiere das mit meiner Gruppe auch heute noch so.

Im Randori sieht das dann anders aus.

mac_gyver
02-02-2013, 18:19
verstehe - dann ist das also blo0 "Grundschule" bzw. Körpertraining, was er da demonstriert.

zur kritischen Betrachtung:
Hast du Beispiele für etwas das brauchbar ist und für etwas, das "Mumpitz" ist?

Sojobo
02-02-2013, 18:45
Ich kenne mich als Karateka auch nicht groß mit BBT aus, aber im Karate sind die tiefen, langen Stände eben keine Stände, sondern Schritte, die - neben dem Muskeltrainingsaspekt im Kihon-Ido - für vieles nützlich sein können, etwa als Überlaufschritt zur Distanzüberbrückung, als Takedown Defense, für Takedowns, als sicherer Stand bei der Fixierung eines zu Boden gebrachten, für Kraftgenerierung et cetera...

Rene
02-02-2013, 18:53
Zum Beispiel seine Abhandlung über die Flucht aus einem fahrenden Wagen. Was haben wir gelacht. Aber ich würd eigentlich so ziemlich alles was der in den 80ern über die Schattenkrieger geschrieben hat eher als Märchenbücher, oder bestenfalls als Marketinghilfen bezeichnen. Schön wenn man die aus sentimentalen Gründen im Regal hat, aber nicht schlimm wenn man da den Mut zur Lücke hat. ^^


"Grundschule" bzw. Körpertraining, was er da demonstriert.

Zu den Wettkämpfen gibts ein Video aus der Reihe Human Weapon (bei 2:45). Seinerzeit haben wir da nur von gehört, aber so wie im Film solls laufen. Ist zumindest mal unterhaltsam und ganz so niedrig stehen die nicht.

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big X
02-02-2013, 22:06
Ich habe zwar keinen plan vom ninjutsu, will aber trotzdem auf die tiefen positionen im capoeira hinweisen. im capoeira roda können mit solchen techniken ganz schöne geschwindigkeiten erreicht werden. in regulären wettkämpfen verwenden teilnehmende capoeiristas diese allerdings nicht (jedenfalls nicht mir bekannt).

aber ich glaube, dass diese tiefen techniken durchaus ihre berechtigung haben. systeme, welche tiefe techniken verwenden sind meistens systeme, die nicht ursprünglich auf wettkampf ausgelegt sind (ninjutsu, capoeira, karate, silat). also muss es im kampf der nicht nach wettkampfregeln abläuft sinn machen tiefe techniken im repertoir zu haben. zb bei rutschigem untergrund ist eine tiefere stellung sicherer. alleine, weil mensch sich besser abstützen kann oder nicht ganz so tief fällt. oder weil solche tiefen techniken einen überraschungsvorteil bieten. oder es waren reine körperertüchtigungsübungen, die sich im laufe der zeit zum selbstläufer gemacht haben.

MichaelII
03-02-2013, 08:54
Hehe die Stände...
Wenn ich als WTF-TKD mal an einem ITF-TKD Trainning teilnehme, ich denke auch ich krieche am Boden :D
Beim TKD WTF wurden ja auch extera die Formen ausgetauscht, um sie an die im 'Wettkampf üblichen hohen Stellungen anzugleichen. Also die hohen Kampfstellungen kommen jetzt auch in den neuen Formen vor.

Die Begründung bei uns ist wie oben schon erwähnt: Tiefe Stellungen stehen bombenfest, man kommt halt aber nicht schnell raus wenn nötig...

Auffällig ist schon, daß tiefe Stellungen meistens in traditionellen Kampfstilen vermittelt werden, in modernen Wettkämpfen aber nicht oft vorkommen... Die Altvorderen waren aber auch nicht dumm, waren ja auch Kriegskünste die die gelernt haben...

Grüße