Vollständige Version anzeigen : Die Füße eingraben?
1811 erschien die Erzählung "Der Zweikampf" des Autors Heinrich von Kleist. Er beschreibt darin einen Gerichtlichen Zweikampf zwischen zwei adeligen Herren um 1400 herum. Hier ein Ausschnitt:
Herr Friedrich stand, Schild und Schwert vorstreckend, auf dem Boden, als ob er darin Wurzel fassen wollte, da; bis an die Sporen grub er sich, bis an die Knöchel und Waden, in dem, von seinem Pflaster befreiten, absichtlich aufgelockerten, Erdreich ein, die tückischen Stöße des Grafen, der, klein und behend, gleichsam von allen Seiten zugleich angriff, von seiner Brust und seinem Haupt abwehrend.
Aus: Heinrich von Kleist: Der Zweikampf (http://gutenberg.spiegel.de/buch/586/3).
Nun meine Frage. Was hat es mit dieser Kampftaktik auf sich? Ist es im Spätmittelalter wirklich eine gängige Kampfmethode gewesen, sich "bis an die Knöchel und Waden" in die aufgelockerte Erde zu graben, um somit einen festen Stand zur Verteidigung zu erhalten?
itto_ryu
10-03-2013, 19:53
Ich vermute, dass es sinnbildlich gemeint ist, dass er standhaft war, dass er sich einen festen Stand verschaffte, denn bei Gerichtszweikämpfen zu Boden zu gehen, konnte das Ende bedeuten.
Das Buch ist offenbar ein "Remake" einer Episode aus Chroniques de France von Jean Froissart aus dem Jahr 1370. Möglicherweise findet man die Lösung des Rätsels, wenn man mal dort guckt ...
gestern war eine Reportage auf N-TV über das Buch eines "Kampfmeisters" im Mittelalter , da waren Bilder von "Gerichtskämpfen" darin auf denen man sah , dass einer der Kämpfer in einem "Loch" steckte bis zu den Knien.
Bei der Doku sind sie meines Wissens nicht näher darauf eingegangen (konnte nur nebenbei gucken...).
zum Teil waren da auch Kämpfe von Männern in Rüstung gegen Männer ohne Rüstung.
vielleicht wurde mancher bei so einem Gerichtskampf auch "benachteiligt" um den Ausgang eines solchen Kampfes zu beeinflussen ? :rolleyes:
gruss cave
Ich vermute, dass es sinnbildlich gemeint ist, dass er standhaft war, dass er sich einen festen Stand verschaffte, denn bei Gerichtszweikämpfen zu Boden zu gehen, konnte das Ende bedeuten.
Daran hatte ich auch gedacht, bis zur Stelle
[...] er trat mit einem mutigen Schritt aus dem, sich von Anfang herein gewählten Standpunkt, und der Art natürlicher Verschanzung, die sich um seinen Fußtritt gebildet hatte, hervor [...]
Eine Verschanzung, die sich - ganz konkret ausgedrückt - um den Fuß gebildet hat, ist für mich der Dreck, in dem sich der Fuß vergraben hat und keine Metapher. Oder denkst du anders?
Das Buch ist offenbar ein "Remake" einer Episode aus Chroniques de France von Jean Froissart aus dem Jahr 1370. Möglicherweise findet man die Lösung des Rätsels, wenn man mal dort guckt ...
Werd ich mir mal ansehen. Danke.
gestern war eine Reportage auf N-TV über das Buch eines "Kampfmeisters" im Mittelalter , da waren Bilder von "Gerichtskämpfen" darin auf denen man sah , dass einer der Kämpfer in einem "Loch" steckte bis zu den Knien.
Bei der Doku sind sie meines Wissens nicht näher darauf eingegangen (konnte nur nebenbei gucken...).
zum Teil waren da auch Kämpfe von Männern in Rüstung gegen Männer ohne Rüstung.
vielleicht wurde mancher bei so einem Gerichtskampf auch "benachteiligt" um den Ausgang eines solchen Kampfes zu beeinflussen ? :rolleyes:
gruss cave
Die Doku habe ich hier verlinkt: http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/medieval-fightbook-talhoffer-doku-154506/
Die Darstellung von Gerichtskämpfern in Löchern betreffen bei Talhoffer und überall sonst ausschließlich den Gerichtskampf Mann gegen Frau. Der Mann musste bis zur Hüfte ins Loch und ein Arm wurde gebunden, um den als natürlich gesehenen Vorteil des Mannes gegenüber der Frau auszugleichen und so für Chancengleichheit zu sorgen. Hat leider nichts mit meiner zitierten Textstelle zu tun :)
Die Doku ist jedoch auch stellenweise nicht sehr gut recherchiert. Talhoffer wird als eindeutiger Ritter geschildert, das ist aber keineswegs belegt (im Gegenteil, es existieren Hinweise dafür, dass Talhoffer sogar als Lohnkempe tätig war, was als sehr unritterlich gesehen wurde), und was Gerichtskämpfe anbelangt zwischen geharnischten und nicht-geharnischten Männern... die Spiegelrechte sehen auch hier eindeutig Chancengleichheit vor. Nicht alle Kampfdarstellungen bei Talhoffer sind zwangsläufig Gerichtskampfszenen.
DavidBr.
12-03-2013, 21:04
Das ist ne N24-Doku mit den üblichen Verdächtigen. Wer sich mal die tollen Dokus auf N24 zu Fahrzeugen der Wehrmacht, einzelnen Kampagnen des Ostfeldzuges (Platz 1 der Hitliste: Die Kursk-Offensive) und andere Machwerke ansieht, weiß wie die einzuordnen sind.
itto_ryu
14-03-2013, 19:17
Daran hatte ich auch gedacht, bis zur Stelle
Eine Verschanzung, die sich - ganz konkret ausgedrückt - um den Fuß gebildet hat, ist für mich der Dreck, in dem sich der Fuß vergraben hat und keine Metapher. Oder denkst du anders?
Richtig, so sehe ich das auch, ich meinte auch, dass es neben sinnbildlich auch wörtlich gemeint sein kann: "dass er sich einen festen Stand verschaffte, denn bei Gerichtszweikämpfen zu Boden zu gehen, konnte das Ende bedeuten." Also einen richtig festen Tritt und Stand verschafft hat.
Richard22
16-03-2013, 20:34
Kämpfen in der Grube, also immer mindestens einen Fuß in einer flachen Grube haben, ist uns aus dem MA in Europa bekannt.
Fechtergruß
Kämpfen in der Grube, also immer mindestens einen Fuß in einer flachen Grube haben, ist uns aus dem MA in Europa bekannt.
Fechtergruß
Jetzt antworte ich mal sehr spät:
Der Kampf in der Grube ist aber doch was ganz anderes (?). Da steht die "Grube" schon fest, die Regularien sehen vor, dass man die Grube nicht verlassen darf.
Die von mir zitierte Textstelle gibt wieder, wie ein (!) Kämpfer seine Füße selbst in den Boden gräbt, um einen festen Stand zu bekommen.
Ich wollte bloß wissen, ob diese Technik wirklich verbreitet gewesen ist, oder ob das eine neuzeitliche Erfindung von Kleists war. Oder macht man das gar in den historischen Fechtkünsten heute noch?
T. Stoeppler
01-08-2013, 13:42
Nein.. die Füsse buchstäblich einzugraben ist jetzt keine historische Fechttechnik.
Ich kenne überhaupt keine Tradition, die wert auf Immobilität legt. Allerdings ist die IMPRESSION des "Füsse Eingrabens" durchaus denkbar. Wenn man sich stabil hinstellt, ausrichtet etc und der Boden uneben ist, dann rücke ich meine Füsse auch zurecht, bis ich guten Grip habe.
Das kann im Sinne der Beobachtung so verstanden sein.
Gruss, Thomas
Das entspricht meiner Vermutung. Vielen Dank! :)
Pyriander
02-08-2013, 11:23
Man muss ja auch beachten, dass der Text aus dem 19. Jhdrt kommt, in dem man sehr viel weniger über das Mittelalter wusste als heute und in dem gerade in der Literatur viel romantisiert und ausgedacht wurde. Vielleicht wollte der Autor also auch nur den Charakter des 'standfesten' Herrn Friedrich unterstreichen.
T. Stoeppler
02-08-2013, 15:05
Also dazu muss man vielleicht noch sagen, dass HvK durchaus das Fechten gelernt hat; das Motiv der Standfestigkeit gegen Finten und schnelle Angriffe findet sich auch im "Marionettentheater" wieder (da beschreibt er, wie er als Gesell gegen einen festgeketteten Bären ficht)
Es ist also rein taktisch (ich weiss aber nicht, welche Schule er selbst gelernt hat - preussische Militärausbildung, Standfestigkeit ist da eine Tugend...) eine Möglichkeit, das Gefecht auch statisch zu beherrschen, zumindest wenn man genügend Übersicht und "Coolness" hat und es mit einem wenig gemessenen Gegenüber zu tun hat.
Gruss, Thomas
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