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Vollständige Version anzeigen : Zweischneidiges Schwert - welcher Stahl



Sorbus Aucuparia
12-03-2013, 18:21
Guten Abend an alle in meinem Lieblingsunterforum im KKB:D

Ich hätte da mal eine Frage. Als neues Projekt habe ich vor mir demnächst ein Schwert zu machen. Als Form ist grob ein Schwert der Oakeshott Typ X Variante angedacht. Also Wikinger/Übergangszeitschwert mit kurzer Parierstange und Pilzknauf. Für ein genaues Modell entscheide ich mich noch.
Es soll zu Übungszwecken entstehen also nicht scharf sein.
Das Schwert wird von mir nicht geschmiedet sondern aus einem entsprechend langen Flachstahl ausgeschnitten und kalt bearbeitet.

Ich habe bisher nur Messer mit einer Klinge von höchstens 15 cm hergestellt und meistens aus unlegiertem Kohlenstoffstahl aus alten Feilen. Die haben den Vorteil unglaublich scharf und schnitthaltig zu werden, aber sind auch spröde.
Für ein Schwert bräuchte ich eher einen Federstahl, den ich beim Stahlhandel bestellen würde.
ich weiß allerdings nicht welche Sorte sich da am besten eignen würde und es gibt einige. Bei Wikipedia klingt der 52CrMoV4 "hoch beanspruchte Federn mit großen Abmessungen" am klügsten, aber es gibt keine Angaben die direkt für Waffen sprechen würden. (vermutlich ist der Kreis der Abnehmer zu klein für sowas :D)

Oder gibt es noch bessere Sorten?
Da der Stahl nicht schneiden soll, bzw, es nur eine Trainingswaffe werden soll frag ich mich ob es überhaupt Sinn macht ihn zu härten. Was meint das Auditorium? Oder wenn ich es härte werde ich es wohl eher sehr weich anlassen auf dunkelblau 290 °C

dirtrider4life
12-03-2013, 18:50
Soweit ich weiß werden Schaukampfschwerter aus Federstahl hergestellt.
Gibts als 6m Stange in verschiedensten Dimensionen im einschlägigen Fachhandel.

Das Problem ist nicht was du bestellen willst sondern welche Legierungen der Hersteller als Flachstahl vorhält.
Die Auswahl ist da bei Material von der Stange eher begrenzt.

Sturmnacht
21-03-2013, 19:50
ich hab mal den fehler gemacht und was ausgeschnittenes gekauft...
es hat genau 1,5 schläge gehalten...

ich würde auf jeden fall härten empfehlen...

ich kenne auch einen schmied mit unverschämt teuren preisen, der erst ausschneidet und dann nach härtet...

ich würde es mir nicht holen, aber andere schwören drauf...

wie gesagt ich bin für echtes schmiedehandwerk, aber härten solltest du es in jedem fall...

lg

JanPSV
21-03-2013, 20:57
Bei Verwendung einer vernüftigen Stahlsorte und der richtigen Wärmebehandlung spricht nichts gegen "ausschneiden". Die meisten Industriell gefertigten Schwerter (Albion z.B. auch) sind Spanend hergestellt.

Auch Schmide lassen oft ihre Klingenrohlinge in Form auslasern, und bringen dann nur noch die Materialstärkenverteilung mit dem Hammer bei...

Sorbus Aucuparia
21-03-2013, 21:54
ja Schmieden braucht man heutzutage eigentlich nicht wenn man Flachstähle hat. Es sei denn man will ne Wurmbunte Klinge machen oder sowas.

Ich kann hier vom Feinschmied 65Si7 bekommen. Steht aber in der Broschüre, Anlassen bei 400-600. Das bekomm ich selber nicht hin. Ich werds wohl in die Härterei geben müssen, auch von der Länge.

Nur wieder meine Frage. Obergrenze oder Untergrenze des Anlassens für ein Trainingsschwert was nicht scharf sein soll? Auch wenn ichs in die Härterei gebe muss ich denen sagen auf welche Temp die anlassen sollen.

Klaus
21-03-2013, 22:56
Da musst Du in die Härtetabelle in der Profilbeschreibung für den Stahl sehen, das sollten so 52 HRC sein wenn es ein Fechtschwert sein soll. Ne Schneide hält das dann auch, nur ggf. nicht so gut oder lange. Beim Schleifen unbedingt kühlen, sonst verzieht sich das enorm, also an einer Maschine oder einem grossen Schleifstein mit Wasserkühlung.

Es wird zwar gerne gesagt dass man "heute" nicht mehr schmieden muss, aber es wird wohl einen Grund geben warum die Automobilindustrie belastete Teile (z.B. Teile der Fensterheber- oder Zentralverrieglungsmechanik) auch schmieden lässt und dafür bezahlt, obwohl man das auch anders machen könnte. Fechtfedern, so dieses Projekt je fertig werden wird (:rolleyes:), werden wir in jedem Fall teilschmieden, weil ich das sonst für unverantwortlich halte. Wenn man im Video sieht dass Chinesen im Lowcost-Bereich die Angel nur anlöten, dann wird mir anders.

dirtrider4life
22-03-2013, 15:02
Würde auch sagen dass es nicht so wichtig ist ob geschmiedet oder gelasert,etc. .

Es kommt auf die Wärmebehandlung an und denjenigen der sie macht.
Wenn es dem Anwendungsfall entsprechend gemacht ist hält das auch.
Ggf. nochmal mit dem Menschen der die Wärmebehandlung macht beraten und informieren was der Anwendungszweck ist.
Die Endhärte nach dem Anlassen ist für den Anwendungsfall wichtig.
Wobei ich von Bauchgefühl schon langsam in Richtung einer Vergütung vermuten würde. Letztlich also dem eigentlichen Anwendungsbereich des Stahls entsprechend wärmebehandeln.
D.h. So wie du ne Feder wärmebehandelst da die Schneideigenschaften ja nicht im Vordergrund stehen sondern die Unkapputtbarkeit.

Wenn dem nicht so wäre würden ja ständig alle Federungskomponenten den Geist aufgeben statt dessen halten die ein Autoleben lang.

Geschmiedet wird in der Autoindustrie deshalb weil es wirtschaftlicher ist als andere Verfahren.

-weniger Abfall
-günstiges Materialgefüge
-kurze Taktzeiten

Doof ist halt nur, dass es sich industriell erst bei mittleren bis hohen Stückzahlen lohnt weil man ja ein Gesenk braucht und den entsprechenden MAschinenpark.

Die Gründe weshalb man früher ein Schwert schmieden musste wurden durch heutige Technologien bei der Stahlerzeugung in den Hintergrund gedrängt bzw. sind zur Bedeutungslosigkeit verkommen.

Der Stahl ist bereits im Anlieferungszustand homogen genug und die Faser- Ausrichtung ist als Flachmaterial der Anwendung als Schwert bereits entsprechend. Federstähle sind Qualitäts- bzw. Edelstähle die nach hohen Standards produziert werden.

Darum spricht rein technologisch nichts gegen den Gebrauch eines Schwertes dass aus Flachmaterial hergestellt wurde.

Ich würde das Schwert nach der "Stock Removal-Methode" herstellen und dann zum Härten geben und fertig ist der Lack!
Danach ausgiebig testen ob es den eigenen Ansprüchen genügt.

Klaus
22-03-2013, 15:20
Die Schieber für die Autoindustrie hat der gleiche Schmied gemacht der auch meine ersten Schwerter geschmiedet hat, damit hat der sich über Wasser gehalten. Das war also keine Riesenausrüstung. Und es war auch der gleiche Stahl. Sprich, der hat ausgelaserte oder gestanzte Schieber vom Zulieferer bekommen, und hat die dann nachgeschmiedet = verdichtet. Das muss einen Sinn haben, denn sonst hätte man sich das gespart. Für Wallhanger oder Luftgefechte braucht man das sicher nicht, wenn man mehrmals in der Woche längere Zeit aufeinander eindengelt würde ich es mir überlegen. Es ist halt nur ein anderer Fertigungsaufwand, und wenn das Käuferziel "so billig wie möglich und dann noch 30% weniger" lautet, dann passt sich der Hersteller halt an. Und erzählt natürlich noch dass die aber überhaupt nicht schlechter sind, und praktisch kein Unterschied besteht.

Walzformen für Karnevalssäbel gab es auch schon um die Jahrhundertwende, trotzdem wurden die Kavalleriesäbel da noch geschmiedet. Warum wohl ?

dirtrider4life
22-03-2013, 16:46
Wie willst du den Stahl verdichten?
Der Stahl wurde bereits mindestens einmal warm umgeformt wenn er als Stange bei dir ankommt. Das Walzen im Walzwerk erfüllt diesen Tatbestand bereits.
Was da auf Molekularer Ebene abläuft da streiten sich selbst die Experten.
Wie gesagt wenn du mir das technologisch plausibel begründen kannst geb ich mich geschlagen, aber einfach zu behaupten es ist so, weil es so ist und weil die das früher immer so gemacht haben ist keine Erklärung.

Da ich die von dir erwähnten Teile nicht kenne und ich nicht weiß was damit gemacht wurde kann ich dazu auch nichts sagen.

Seit der Jahrhundertwende hat sich bei den Prozessen der Stahlherstellung auch nochmal so einiges getan. Das mit heutigen Verhältnissen vergleichen hinkt ein wenig.

Da es sich bei Flachstahl in den Dimensionen um ein ziemlich weit ausgewalztes Profil handelt sind auch die Fehlstellen im Gefüge entsprechend günstig verteilt.
Wo wir wieder bei der Homogenität wären sicher läßt sich das noch auf die Spitze treiben wenn man Drähte zieht aber das ist in meinen Augen schon ausreichend gut für ein Schaukampf-Schwert.

Wenn du anfängst den Stahl nochmal zu schmieden und den warm machst veränderst du auch die Zusammmensetzung sprich es brennen auch Legierungsbestandteile ab oder es wandert Kohlenstoff in den Stahl oder er wandert heraus, der Stahl wird mit von jedem Mal, Warmmachen auch nicht besser.


Mein Kenntnisstand ist der wie ich ihn bereits beschrieben habe.
Das muss nicht der Weisheit letzter Schluss sein aber ich wage mich mal auf das Glatteis und behaupte dass der Unterschied marginal ist ob geschmiedet oder nicht. Da in meinen Augen die korrekte Wärmebehandlung der Knackpunkt ist.

Du baust dir ja mit dem zusätzlichen Schmiedegang auch noch eine zusätzliche Fehlerquelle bei der Herstellung des Schwertes ein.
Ein weitere Parameter der Unwegbarkeiten bringen kann.
Gerade wer damit nicht sein täglich Brot verdient ist gut beraten den Herstellungsprozes so einfach wie möglich zu halten, weil da schon genug Stolperfallen warten die das Ergebnis beeinträchtigen können.
Wenn ich Messer mache mach ich das auch so einfach wie möglich und geb die Klingen zur Wärmebehandlung in die Hände wo ich weiß, dass die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Ich bekomm den Stahl zwar auch hart aber die Temperaturführung hab ich mit meinen Mitteln nicht so gut im Griff wie ne gute Lohnhärterei.

"Keep it simple stupid" KISS Prinzip

Klaus
22-03-2013, 20:52
Klar kann man das machen, aber man lehnt sich auch weit aus dem Fenster wenn man einfach behauptet das wäre sowieso das gleiche. Wie erwähnt, ich kann nicht mit einer metallurgischen Dissertation dienen, nur damit dass die Automobilindustrie die ja gerne Cents spart wo es nur geht ihre Schieber in der Verschlussmechanik nachschmieden lässt. Die wird jeden Tag benutzt und soll ein paar Jahre halten, hoch belastet sind die nicht. Ich weiss auch von anderen Teilen im Automobilbau die geschmiedet werden, wobei sich mir da jeweils der Grund entzieht. Man kann gerne behaupten der Unterschied sei so gering dass es sich nicht lohnt, das sind dann Erfahrungswerte, aber es würde längst nicht mehr in der Industrie geschmiedet wenn Walzen gleichwertige Ergebnisse liefern würde. Ansonsten soll jeder damit glücklich werden was er macht, nur ein bischen weniger behaupten. Der Hauptgrund warum Schwerter industriell heute nur noch in Lowcost-Ländern und in kleinen Chargen geschmiedet werden ist der, dass es billiger ist die komplett maschinell zu fertigen, wenn man die Maschinen einmal hat und genug Stückzahlen fertigt. Schlicht und ergreifend. So einfach ist das manchmal, und so kurz. Die Armeen der Welt die noch Chargen auf einem Amboss testen nehmen nicht mal für ihre Repräsentationswaffen gewalzte Säbel, obwohl die nur noch blinken müssen.

Sorbus Aucuparia
23-03-2013, 09:39
Aus dem Schmiedebuch für Anfänger habe ich folgendes "Wissen"

gestanzter, gelastert und geschnittener Stahl durchbricht sozusagen den "Faserverlauf" (ich weiß fasern gibt es nicht aber das Wort erklärts irgendwie am besten), wärend das Schmieden den Faserlverlauf dem Fomrstück anpasst.
Anbei eine kurze Zeichnung wie sie etwa im Buch steht damit ihr versteht was ich meine.

Frag mich was da dran ist.

dirtrider4life
23-03-2013, 11:22
Auf den Faserverlauf bin ich bereits eingegangen und der ist bei gewalzten Erzeugnissen längs der zur Walzrichtung also sollte der für ein Schwert schon sehr gut sein. Das mit dem Faserverlauf kann bei hochbelasteten Frästeilen von belang sein.
Da so ein Schwert aber wenig bis keine Hinterschneidungen hat dürfte das egal sein und bis man das Schwert so gequält hat dass es auffasert und aussieht wie ein ausgefranstes splissiges Haarbüschel da erleidet es eher den Ermüdungsbruch quer zur Faser.


Zu der Nachschmiedethematik, das kann viele Hintergründe haben.

Angefangen bei der Maßhaltigkeit bis hin zu Festigkeitssteigerung

Wird das warm oder kalt umgeformt?

Wie schon gesagt kenne ich die Teile nicht darum kann ich dazu nicht viel sagen.
Aber wenn du sagst dass die Teile dein Schmied gemacht hat klingt das nicht gerade nach Massenteile wenn der wie im Mittelalter jedes Teil per Hand nachschmiedet.

Ich glaube der weltweite Schwertbedarf ist nicht so hoch dass eine großindustrielle Fertigung lohnen würde.

Ich habe nicht behauptet dass Schmieden keinen Effekt hätte ich sage lediglich dass es der Unterschied für den Anwendungszweck eines Schaukampfschwert nicht so groß ausfallen dürfte wenn die Wärmebehandlung ordentlich gemacht wurde.

Walter Neubauer
23-03-2013, 12:35
Hallo,
ob stock-removal oder schmieden die abschließende Wärmebehandlung ist das wichtigste!
Und grade bei einem Schwert würde ich als Laie nicht schmieden da man wenn man die Bearbeitungstemperaturen nicht einhält mehr kaputt als gut macht.

Im Endeffekt muß der Schmied schon genau wissen was er macht um ein besseres Ergebniss zu erzielen als mit spanender Bearbeitung zu erreichen ist.

Bei den heutigen Stahlqualitäten unnötig ausser zur Materialersparniss.
Materialverdichtung bei Stahl ist pysikalisch leider nicht möglich.

Wen das alles tiefer interessiert der sollte sich im Messerforum einlesen. MesserForum.net - Mitteilungen (http://www.messerforum.net)
Dort werden solche Glaubensfragen seit Jahren durchgekaut und das von Leuten die ihr Geld in der Industrie damit verdienen.

Schönes WE
und evtl. viel Spaß beim lesen ;-)

Walter