Vollständige Version anzeigen : HEMA-Quellen zum halblangen Stock?
Jadetiger
26-04-2013, 11:35
Hi Leute,
mich würde interessieren, ob es historische Quellen zum bauch- bis achselhohen Stock (so ca 130-150 cm) gibt?
Das ist ja der typische Wanderstock, den es praktisch überall auf der Welt gab und gibt. In Europa aktuell tradiert z.B. in Italien und Portugal.
Ich beschäftige mich ja schon italienisch damit, würde mich aber auch gern historischen Quellen lesen.
itto_ryu
27-04-2013, 08:43
So halbwegs:
- Ganz klar "Baton de Combat" aus Frankreich, man findet dazu bisschen was in Quellen aus dem 19. Jhd., wobei das auch schon sportlich ist
- Alfred Hutton´s Great Stick, der aber sowohl französisch als auch ital. beeinflusst ist plus was Hutton noch so alles reingepackt hat (Säbel, Bajonett etc.), auffindbar in seinem "Cold Steel"
- von den Kanaren gibt es ja noch Palo Canario/Juego del Palo und Lucha Garotte oder so ähnlich
- Aus England kennt man den Quarterstaff, der ist an sich länger, aber wenn man sich Abbildungen von Swetnam oder Miller anschaut, kommen die einem manchmal gar nicht so lang vor, wobei das nichts bedeuten muss, zumal es ja Zusammenhänge zum zweihändigen "Great Sword" geben soll.
- In Irland gab es wohl nach John W. Hurley auch längere Wanderstäbe als Kampfwaffen.
Die meisten gehen klar auf die Quellen aus dem 19.Jh. zurück, wie Itto schon sagte. An älteren Sachen, hätte ich noch Paulus Hektor Mair im Angebot. nach den Darstellungen variiert die Länge des Stockes zwischen unter und über der Schulter.
In der Handhabung unterscheidet sich Mair deutlich zum rotierenden "Baton".
Quelle ist um 1540.
für früher Lichtenauerquellen gilt wie immer das 3227a ~du hast gelernt wie man das Schwert benuzt, so benutze auch die Stange.
Allerdings ist die bezeichnete Stange auch detlich länger, nämlich 12 Spann. Aber die Grundaussagen bleibt ;-)
"Baton" verwendet doch Spazierstockgroße Stöcke, also ehr 90-100 cm anstatt der im Eingangsposting angesprochenen 130-150 cm. Oder irre ich da?
"Baton" verwendet doch Spazierstockgroße Stöcke, also ehr 90-100 cm anstatt der im Eingangsposting angesprochenen 130-150 cm. Oder irre ich da?
sowohl als auch ;)
beziehungsweise was du meinst ist "canne de combat" der "Baton" wäre in dem Fall der längere Stock
Jadetiger
30-04-2013, 13:38
sowohl als auch ;)
beziehungsweise was du meinst ist "canne de combat" der "Baton" wäre in dem Fall der längere StockYupp, Canne in der heutigen Version 95cm (Spazierstock/Flanierstock), Baton 140 cm (Wanderstock).
Danke für die Tipps Leute! Da waren ja ein paar sehr gute Sachen dabei. Ich denke als nächstes werde ich mal einen Blick ins "Cold Steel" werfen :)
itto_ryu
30-04-2013, 14:43
Hutton wird dir vor allem Gefallen wegen der Verknüpfung zum italienischen Stock/Schwert und der Säbelfechterei, meine ich :)
Jadetiger
30-04-2013, 15:23
Hutton wird dir vor allem Gefallen wegen der Verknüpfung zum italienischen Stock/Schwert und der Säbelfechterei, meine ich :)Das hoffe ich auch :D
ich fand die meisten Baton-Sachen leider immer sehr ernüchternd, weil es meist nur Beiwerk ist.
Sehr schade :(
itto_ryu
30-04-2013, 17:05
Na im Endeffekt ist es auch eine Frage von "This is this... it´s not a sword! It´s not a magic wallet! It´s a Stick!" wie die Dogs mal so schön gesagt haben :) Wenige Techniken und simple Konzepte, das ist für Vollkontakt mit einem langen Stab durchaus sinnvoll.
(übrigens kann ich btw nur allen Stockkämpfern empfehlen sich auch mit dem DVD-Material der Dogs auseinanderzusetzen, ganz universell ist es für jeden interessant, die Langstöcke findet man sehr anschaulich auf der DVD "DBMA Staff") :cool:
Na im Endeffekt ist es auch eine Frage von "This is this... it´s not a sword! It´s not a magic wallet! It´s a Stick!" wie die Dogs mal so schön gesagt haben Wenige Techniken und simple Konzepte, das ist für Vollkontakt mit einem langen Stab durchaus sinnvoll.
Jetzt rutsch mal nicht in die Schiene ab, deine aussage würde bedeuten, dass das la canne auch "simpel" im Vergelich zum scharfen Fechten ist. :rolleyes:
Ich bin der Meinung, dass ich möglichst wenig improvisieren möchte, wenn ich mich nah an der Quelle bewegen will und nicht nur meinen kämpferischen Horizont erweitern möchte. Wahrscheinlich musst du importiere und zwar vom Säbel, die Frage ist nur was und wieviel. Es ist nunmal meist ein Säbelbuch mit ein bisschen Baton im Anhang und nicht umgelehrt.
itto_ryu
30-04-2013, 19:56
Säbelfechten ist auch simpel, das ist auch gut so, insbesondere für den militärischen Gebrauch :) Aber auf jeden Fall hast du Recht, dass z.B. bei Hutton´s "Cold Steel" man die Säbelbasis durcharbeiten muss von ihm, bevor man seinen Great Stick benutzen kann. Noch mehr gilt dies für seine kurze Meldung zum Bajonett als "Nahkampfmesser", wobei man dafür auch seine inspiration, also Marozzo anschauen muss, will man es gänzlich verstehen. Hm, macht dann sicherlich auch Sinn, sich Marozzos Zweihandschwert anzugucken, so als Überlegung.
Anhand von Hutton sehe ich das so, sein Säbelfechten flutscht quasi ebenso in seinen Great Stick rein, wie auch bei seinen "Fixed Bayonets". Ergo: Ohne Hutton´s Säbel, kein Hutton´s Great Stick und Konsorten. Aber vielleicht liege ich falsch.
Alle anderen Ideen, wie Material von den Dogs, das ist nur für den Hausgebrauch des modernen Stockkämpfers, der sich abseits der Quellentreue bewegen möchte, also anderes Thema. Was man da aber allgemein auch von lernen kann ist, dass z.B. die Langstocksachen generell eher universal bestimmten Prinzipien unterworfen sind, als bestimmten Techniken.
Quelle für Jadetiger:
Alfred Hutton's The Great Stick from Cold Steel (1889) ~ Stickgrappler's Sojourn of Septillion Steps (http://www.stickgrappler.net/2013/01/alfred-huttons-great-stick-from-cold.html)
Jadetiger
02-05-2013, 14:38
Säbelfechten ist auch simpel, das ist auch gut so, insbesondere für den militärischen Gebrauch :) Hä?? Und was trainiere ich dann die ganze Zeit?? Warst du auf dem gleichen Symposium wie ich??
Ergo: Ohne Hutton´s Säbel, kein Hutton´s Great Stick und Konsorten. Aber vielleicht liege ich falsch.Das sehe ich ehrlich gesagt nicht so. Den Säbel gelesen zu haben hilft sicherlich ist aber nicht unbedingt notwendig. Gut, irgendwelche fechterischen Vorkenntnisse sollte man natürlich schon haben...
Ich habe den Feiertag genutzt und mir erst auf meiner Couch und dann in meinem Hinterhof Hutton's Great Stick zu Gemüte geführt:
Wie Hutton selbst schreibt ist es eine Mischung aus norditalienischem Bastone (deutlich verschieden zu den apulisch-sizilianischen Techniken) und französischen Bâton. Hinzukommen ein paar von Huttons eigenen Ideen und die Körperhaltung des englischen Offiziers (aufrecht mit ehrengeschwellter Brust).
Die Nummerierung der Schläge und der Paraden ist wie bei Hutton typisch vom Florett inspiriert und wirkt daher im Zusammenhang mit einer Hiebwaffe auf den ersten Blick eigenartig und durchgewürfelt.
Insgesamt ist das System gut erfassbar und wirkt in sich geschlossen (auch wenn aus meiner Sicht 2 Schläge und 3 Paraden fehlen).
Für einen Einsteiger in das Thema Langstock ist es denke ich ein gutes System, ich muss es allerdings noch im Partnertraining ausprobieren, da ich vermute, dass es (ähnlich wie der Hutton Säbel) recht fintenanfällig sein könnte.
itto_ryu
02-05-2013, 14:53
Hä?? Und was trainiere ich dann die ganze Zeit?? Warst du auf dem gleichen Symposium wie ich??
Wieso, simpel ist doch gut und bedeutet nicht gleich leicht zu lernen :) Im Gegenteil, die Komplexität entspringt aus der Einfachheit. Im Sinne von "keep it simple, keep it stupid", aber d.h. nicht, es sei super easy. Zumindest die Quellen, die ich bisher so kennengelernt habe. Vieles der "höheren Fechtkunst" was in einigen Quellen zum Broadsword und Säbel steht, ist meiner Ansicht nach auch on top als "Offiziers-Schnickschnack" gedacht, den man maximal in einem Zweikampf Duell oder Sportumgebung des Salonfechtens einsetzen kann, aber keinen wirklichen "Schlachtfeld-Mehrwert" hat. Aber gut, das ist ein anderes Thema für ein eigenes Topic oder feine Diskussionen beim nächsten ISS :)
Das sehe ich ehrlich gesagt nicht so. Den Säbel gelesen zu haben hilft sicherlich ist aber nicht unbedingt notwendig. Gut, irgendwelche fechterischen Vorkenntnisse sollte man natürlich schon haben...
Ich habe den Feiertag genutzt und mir erst auf meiner Couch und dann in meinem Hinterhof Hutton's Great Stick zu Gemüte geführt:
Wie Hutton selbst schreibt ist es eine Mischung aus norditalienischem Bastone (deutlich verschieden zu den apulisch-sizilianischen Techniken) und französischen Bâton. Hinzukommen ein paar von Huttons eigenen Ideen und die Körperhaltung des englischen Offiziers (aufrecht mit ehrengeschwellter Brust).
Die Nummerierung der Schläge und der Paraden ist wie bei Hutton typisch vom Florett inspiriert und wirkt daher im Zusammenhang mit einer Hiebwaffe auf den ersten Blick eigenartig und durchgewürfelt.
Insgesamt ist das System gut erfassbar und wirkt in sich geschlossen (auch wenn aus meiner Sicht 2 Schläge und 3 Paraden fehlen).
Für einen Einsteiger in das Thema Langstock ist es denke ich ein gutes System, ich muss es allerdings noch im Partnertraining ausprobieren, da ich vermute, dass es (ähnlich wie der Hutton Säbel) recht fintenanfällig sein könnte.
Interessant deine Meinung dazu zu hören. Ich sage ja, kann sein, dass ich mich täusche bzgl. Hutton. Wobei man natürlich sagen muss, in deinem Fall bist du ja auch extrem vorgebildet, ital. Messer, Stock, Säbelfechten und mehr, ich bezog meine Aussage eher auf den "nackten Leser", der quasi in der Theorie nur mal Hutton als Quelle vorliegen hat und sein System lernen soll.
Um das Topic mal zu ergänzen: Ein paar Leute aus der Cateran Society haben schon etwas mit Hutton´s Great Stick gearbeitet:
nNhnpjpq0OA
GERhYq3jF8k
Einen ganz netten Sparringseinsatz haben diese Jungs ausprobiert:
TlZhA3xjSTU
Jadetiger
02-05-2013, 15:59
Wieso, simpel ist doch gut und bedeutet nicht gleich leicht zu lernen :) Im Gegenteil, die Komplexität entspringt aus der Einfachheit. Im Sinne von "keep it simple, keep it stupid", aber d.h. nicht, es sei super easy. Zumindest die Quellen, die ich bisher so kennengelernt habe. Vieles der "höheren Fechtkunst" was in einigen Quellen zum Broadsword und Säbel steht, ist meiner Ansicht nach auch on top als "Offiziers-Schnickschnack" gedachtJa so gesehen, kann ich dir recht geben. Die Komplexität erwächst nicht aus der puren Anzahl der Techniken, sondern aus anderen Aspekten.
Interessant deine Meinung dazu zu hören. Ich sage ja, kann sein, dass ich mich täusche bzgl. Hutton. Wobei man natürlich sagen muss, in deinem Fall bist du ja auch extrem vorgebildet, ital. Messer, Stock, Säbelfechten und mehr, ich bezog meine Aussage eher auf den "nackten Leser", der quasi in der Theorie nur mal Hutton als Quelle vorliegen hat und sein System lernen soll.Ja, wie oben geschrieben. Irgendeine Art fechterische Vorbildung muss man haben.
Um das Topic mal zu ergänzen: Ein paar Leute aus der Cateran Society haben schon etwas mit Hutton´s Great Stick gearbeitet:
[Videos]
Danke für die Links!
Ich finds ungemein witzig, wie sehr man den Leuten ansieht, was sie vorher trainiert haben :D
Besonders das zweite Video ist voller Bewegungen, die absolut nicht zu Hutton gehören, sondern extrem Deutsche Schule Langschwert sind.
Auch im dritten Video sieht man, dass die Jungs normalerweise mit Klingenwaffen arbeiten. Um Wucht in den Stock zu bekommen, müssten sie viel mehr aus den Moulinets heraus arbeiten. Steht etwas versteckt auch drin: "The cuts are in the direction of the moulinets"
Im ersten Video sehe viele Dinge, die ich für nicht korrekt halte. Vor allem die Handhaltung (Hutton: "left hand immediately blow the right"; das kenne ich auch so aus dem norditalienischen Stockkampf) und die horizontalen Moulinets sind definitiv falsch.
Interessant sind die Videos natürlich trotzdem alle! :blume:
itto_ryu
02-05-2013, 16:31
Ja so gesehen, kann ich dir recht geben. Die Komplexität erwächst nicht aus der puren Anzahl der Techniken, sondern aus anderen Aspekten.
Ja, wie oben geschrieben. Irgendeine Art fechterische Vorbildung muss man haben.
Absolut, so meinte ich das, da sind wir uns einig :)
Danke für die Links!
Ich finds ungemein witzig, wie sehr man den Leuten ansieht, was sie vorher trainiert haben :D
Besonders das zweite Video ist voller Bewegungen, die absolut nicht zu Hutton gehören, sondern extrem Deutsche Schule Langschwert sind.
Auch im dritten Video sieht man, dass die Jungs normalerweise mit Klingenwaffen arbeiten. Um Wucht in den Stock zu bekommen, müssten sie viel mehr aus den Moulinets heraus arbeiten. Steht etwas versteckt auch drin: "The cuts are in the direction of the moulinets"
Im ersten Video sehe viele Dinge, die ich für nicht korrekt halte. Vor allem die Handhaltung (Hutton: "left hand immediately blow the right"; das kenne ich auch so aus dem norditalienischen Stockkampf) und die horizontalen Moulinets sind definitiv falsch.
Interessant sind die Videos natürlich trotzdem alle! :blume:
Stimmt, auf jeden Fall, die Bewegungsprinzipien mögen ja gehen, aber es fehlt oft die Wucht, das wird dann entweder fälschlich direkt vom Klingenkampf übertragen wie du sagst oder es wird scheinbar zu sportlich ausgeführt, vielleicht auch aus Angst vor Verletzungen, wer weiß, ergo es geht mehr um Treffer im Sinne von Berührung = Punkt. Ich habe meine ersten Stocksparrings auch mit diesem Gedanken durchgeführt, aber nach und nach lernt man, wie verkehrt diese Denke ist, wenn einem das Zeug um die Ohren gehauen wird :D Wobei manche "Kendo-Aspekte" mir sehr geholfen haben, die ebenfalls Wucht haben, aber Tippitappi generell als Treffer darf nicht sein, wenn man mit dem Fokus "Stockkampf für Ernst" kämpft.
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