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Vollständige Version anzeigen : Macht es Sinn in Szenariotrainings auch der Deeskalation eine Chance zu geben?



Panther
30-04-2013, 21:38
Hallo Leute,

in einem anderen Beitrag wurde die Meinung geäußert das Szenariotrainings eigentlich immer mit einem Übergriff enden müssen!
Ob dabei dann überhaupt Deeskalation versucht wird ist mir nicht klar / aber meiner Meinung auch egal - denn wenn man davon ausgeht das die Deeskalation eh nie funktioniert, wird diese sicher auch keinen hohen Stellenwert haben.

Also macht es Eurer Meinung nach Sinn in Szenariotrainings die Möglichkeit offen zu lassen das wenn der Verteidiger gut mit der Deeskalation arbeitet - es auch überhaupt nicht zu einem Übergriff kommt?

Viele Grüße

Heiko

PS: Ich sehe auch noch einen anderen Vorteil - wenn der Verteidiger immer weiß es kommt zum Übergriff ist in dem Szenariotraining praktisch keine Überraschung drin - man weiß ja es knallt. Wenn allerdings nicht klar ist zu welchem Ausgang die Situation führt - hat der Übergriff zumindest einen kleinen Überraschungseffekt (zugegeben nicht Groß).
Und Überraschung im negativen kommt z.B. der Angst im wirklichen Leben schon sehr nahe.

Pyriander
30-04-2013, 21:45
PS: Ich sehe auch noch einen anderen Vorteil - wenn der Verteidiger immer weiß es kommt zum Übergriff ist in dem Szenariotraining praktisch keine Überraschung drin - man weiß ja es knallt. Wenn allerdings nicht klar ist zu welchem Ausgang die Situation führt - ...

Finde ich einen guten Punkt.

Ansonsten hat StaySafe im anderen Thread schön geschrieben:


Das stimmt. Dennoch gibt es grundlegende Verhaltensweisen die immer gleich bleiben.

Das wäre z.b. der 4er Schritt aus

Zielauswahl
Positionierung
Manipulation
Übergriff

Im Schritt Manipulation wird es dann vielfältig. Es gibt aber dennoch gewisse Muster die immer wieder auftreten. Aufgrund ihrer Häufigkeit in der Realität lohnt es sich, diese Muster aufzugreifen und sie zum Aufhänger von gezielten Simulationen zu machen.

Und auf jeder dieser 4 Stufen kann der Prozess gestoppt werden / ausgestiegen werden. (mit zunehmender Unannehmlichkeit / Schwierigkeit)Mit teilweise unterschiedlichen Strategien für eine Stufe. Ich denke, es macht grundsätzlich Sinn, das zu berücksichtigen.

Das bezieht sich auf predatory violance (nach R. Miller), bei social violance (z.B. Monkey Dance) hat man ähnlich Schritte, auf denen auf jeder Stufe ausgestiegen werden kann.

Panther
30-04-2013, 22:00
Ansonsten hat StaySafe im anderen Thread schön geschrieben:

Ich habe Ihn falsch verstanden.

Das Thema hier finde ich dennoch nicht falsch - da ich auch schon bei vielen Szenariotrainings mitgemacht habe - wo jeder Art der Deeskalation völlig sinnlos war da es dort immer zum Übergriff gekommen ist.
Teils war sogar jede Person welche einem entgegen gekommen ist immer ein Angreifer

Mr.Fister
30-04-2013, 22:12
Also macht es Eurer Meinung nach Sinn in Szenariotrainings die Möglichkeit offen zu lassen das wenn der Verteidiger gut mit der Deeskalation arbeitet - es auch überhaupt nicht zu einem Übergriff kommt?

es macht nicht nur sinn, es ist vielmehr zwingend notwendig, wenn man den anspruch hat, die realität eines normalen zivilen alltags in den trainingsszenarien abzubilden. würde ich so durchs leben gehen, wie bestimmte szenarien, die ich in einigen sv-trainings durchleiden musste, abliefen, wäre ich jetzt arbeitslos und würde vermutlich gesiebte luft atmen.:rolleyes:

denn jeden wegzuflexen, der einem im alltag feinselig gegenübertritt, ist schlichtweg augenwischerei und hat nichts mit ziviler realität zu tun. das lässt sich meist durchaus anders lösen, wenn man denn will und man mit solchen situationen umgehen kann.

training, dass dem nicht rechnung trägt, ist in meinen augen sogar kontraproduktiv, denn wer die Probleme im Training nur mit dem hammer lösen soll, der sieht dann auch "draussen" irgendwann nur noch nägel... :o

Brodala
30-04-2013, 22:24
Ich würd das so sagen wie der Fister und der Kamerad aus Lübeck bzw. der Sascha. Gute Leute, die.

Sojobo
30-04-2013, 22:25
In deiner Szenario-Ideensammlung hab ich ein paar Übungen genannt, in denen die Deeskalation Hauptziel sind.

Ich finde auch: Wie ein Szenario ausgeht, muss offen bleiben, weil man sich sonst auf einen festgelegten Ausgang einstellt. Wieso deeskalieren, wenn es sowieso immer eskaliert? Genau mit dieser Einstellung geht man dann ja (zumindest unbewusst) auch an den Ernstfall heran. Ein offenes Ende ist auch vom Feeling her realitätsnäher. Die Realität ist auch unberechenbar - und das eben nicht nur im Negativen.

Mr.Fister
01-05-2013, 10:04
kleine ergänzung:

die wohl wichtigste fähigkeit, die vernünftiges training herausbilden kann, ist, gefahrensituationen besser einschätzen zu können und entsprechende entscheidungen anhand der vorhandenen informationen in einem recht knappen zeitfenster zu treffen.

denn das ist doch der punkt, wo in der zivilen sv regelmäßig der hase im pfeffer liegt. man muss unvermittelt anhand spärlicher informationen eine entscheidung treffen, die durchaus lebensverändernde konsequenzen in die eine oder die andere richtung haben kann.

man sollte daher aus dem training gewohnt sei, diesen prozess zu durchlaufen, sprich, entscheiden zu müssen, ob anhand der vorhandenen informationen (körpersprache, stimmlage, mimik etc.) nun entsprechend zu handeln ist oder eben gerade nicht.

wenn man diesen prozess, informationen im knappen zeitraum zu sammeln und die dazugehörige entscheidung zu treffen (und am besten direkt hinterher noch rechtfertigen zu müssen - hat z.b. rich dimitri auf seinem seminar in deutschland so trainieren lassen) negiert, indem man das ergebnis bereits vorwegnimmt und dem trainierenden die entscheidungsfindung abgenommen wird, weil der ja weiss, dass es auf jeden fall physisch wird, verschenkt man enorm viel. bzw., man trainiert gehörig an der realität bzw. deren kernproblem vorbei.

Felix Kroll
01-05-2013, 13:52
kleine ergänzung:

die wohl wichtigste fähigkeit, die vernünftiges training herausbilden kann, ist, gefahrensituationen besser einschätzen zu können und entsprechende entscheidungen anhand der vorhandenen informationen in einem recht knappen zeitfenster zu treffen.

denn das ist doch der punkt, wo in der zivilen sv regelmäßig der hase im pfeffer liegt. man muss unvermittelt anhand spärlicher informationen eine entscheidung treffen, die durchaus lebensverändernde konsequenzen in die eine oder die andere richtung haben kann.

man sollte daher aus dem training gewohnt sei, diesen prozess zu durchlaufen, sprich, entscheiden zu müssen, ob anhand der vorhandenen informationen (körpersprache, stimmlage, mimik etc.) nun entsprechend zu handeln ist oder eben gerade nicht.

wenn man diesen prozess, informationen im knappen zeitraum zu sammeln und die dazugehörige entscheidung zu treffen (und am besten direkt hinterher noch rechtfertigen zu müssen - hat z.b. rich dimitri auf seinem seminar in deutschland so trainieren lassen) negiert, indem man das ergebnis bereits vorwegnimmt und dem trainierenden die entscheidungsfindung abgenommen wird, weil der ja weiss, dass es auf jeden fall physisch wird, verschenkt man enorm viel. bzw., man trainiert gehörig an der realität bzw. deren kernproblem vorbei.

ich frage mich, wie man das sinnvoll trainieren kann.
wie kann ich in einem szenario herausfinden, ob der angreifer (der trainer) handgreiflich wird oder nicht, und was kann ich davon auf die realität übertragen.
da denkt sich der trainer: heute soll die susi mal nicht sofor den angreifer töten, sondern sich herausreden. und diesen versuch belohne ich dann damit, dass ich nicht angreife.
mir scheint, der trainer muss da ein genialer menschen- und szenekenner und schauspieler sein.

Panther
01-05-2013, 14:56
ich frage mich, wie man das sinnvoll trainieren kann.
wie kann ich in einem szenario herausfinden, ob der angreifer (der trainer) handgreiflich wird oder nicht, und was kann ich davon auf die realität übertragen.
da denkt sich der trainer: heute soll die susi mal nicht sofor den angreifer töten, sondern sich herausreden. und diesen versuch belohne ich dann damit, dass ich nicht angreife.
mir scheint, der trainer muss da ein genialer menschen- und szenekenner und schauspieler sein.
Der Aggressor entscheidet ja nicht schon zuvor ob Du heute mit reden raus kommst.

Was aber wirklich recht schwer ist - wenn jemand noch nie Erfahrung mit Gewalt gemacht hat - diesem dann zu vermitteln wie er/sie die Körpersprache richtig aufbauen kann damit diese Realitätsnah rüber kommt.

Pyriander
01-05-2013, 17:22
wenn man diesen prozess, informationen im knappen zeitraum zu sammeln und die dazugehörige entscheidung zu treffen (und am besten direkt hinterher noch rechtfertigen zu müssen - hat z.b. rich dimitri auf seinem seminar in deutschland so trainieren lassen)

Schöne Idee, Danke dafür. Mal wieder ;)



.
mir scheint, der trainer muss da ein genialer menschen- und szenekenner und schauspieler sein.

Bzw. man braucht ganz gute Menschenkenner / Schauspieler in der Gruppe, kann ja auch von Leuten kommen, die den Trainer unterstützen..?!?

Felix Kroll
01-05-2013, 17:37
Bzw. man braucht ganz gute Menschenkenner / Schauspieler in der Gruppe, kann ja auch von Leuten kommen, die den Trainer unterstützen..?!?

was sollen die vielen satzzeichen?
ich habe den eindruck, dass du mich auf einer ganz anderen ebene verstanden
und mir geantwortest hast, als ich geschrieben habe.
um aber trotzdem auf deine antwort einzugehen: das verschiebt doch das
problem nur.

Pyriander
01-05-2013, 17:49
Hallo, die Satzzeichen sollen ein offenes Satzende anzeigen, eine Einladung zum Widerspruch / Einschränkung oder ggf. auch Zustimmung.

Ich bin mir dann nicht sicher, inwiefern ich Dich missverstanden habe. Ich wollte ausdrücken, dass man gute Leute im Bereich Schauspielen / Rollenspielen braucht, damit dass gut funktioniert. Ohne geht es nicht. Aber wenn man welche hat, behaupte ich, ist nicht entscheidend, ob die Trainer sind, noch nicht einmal (wieder eigene Behauptung) ob die irgendeine Trainingserfahrung oder Ahnung vom Kämpfen haben.

Felix Kroll
01-05-2013, 18:06
Hallo, die Satzzeichen sollen ein offenes Satzende anzeigen, eine Einladung zum Widerspruch / Einschränkung oder ggf. auch Zustimmung.

Ich bin mir dann nicht sicher, inwiefern ich Dich missverstanden habe. Ich wollte ausdrücken, dass man gute Leute im Bereich Schauspielen / Rollenspielen braucht, damit dass gut funktioniert. Ohne geht es nicht. Aber wenn man welche hat, behaupte ich, ist nicht entscheidend, ob die Trainer sind, noch nicht einmal (wieder eigene Behauptung) ob die irgendeine Trainingserfahrung oder Ahnung vom Kämpfen haben.

ah, okay.
die satzzeichen haben einen sehr emotionalen eindruck gemacht. na, egal.
weiß ich bescheid.

ich habe halt den eindruck, dass das verdammt schwierig ist.
ich muss mal darüber nachdenken.
vielleicht gibt es ja ein video, wo so etwas gezeigt wird?
der gesamte vorgang, mit offenem ausgang, wo jeder spontan entscheidet,
wie es "weitergeht". und das alles so, dass man daraus für die
realität lernt.

edit: ergänzung:
habe hier und da ein paar texte von tom herold gelesen.
wenn ein paar leute, die keine ahnung von kriminalität haben, so etwas durchspielen,
würde er wahrscheinlich von "schafe schubsen" reden. :D
vermute ich!

Mr.Fister
01-05-2013, 19:05
ich frage mich, wie man das sinnvoll trainieren kann.
wie kann ich in einem szenario herausfinden, ob der angreifer (der trainer) handgreiflich wird oder nicht, und was kann ich davon auf die realität übertragen.

indem man sich (wenns geht sogar noch vorher im training ;)) z.b. mit diversen klassischen pre-contact-cues beschäftigt. die zu erkennen, dafür ist dann - u.a.- das szenario-training da. wie jede art von training, ist das natürlich nur ein näherungswert, denn wer ne garantie will, der soll besser nen toaster kaufen...


da denkt sich der trainer: heute soll die susi mal nicht sofor den angreifer töten, sondern sich herausreden. und diesen versuch belohne ich dann damit, dass ich nicht angreife.
mir scheint, der trainer muss da ein genialer menschen- und szenekenner und schauspieler sein.
nein, er muss lediglich einen groben plan haben, in welche richtung es gehen soll und mit welchem input er den gegenüber füttert.

Felix Kroll
01-05-2013, 19:13
indem man sich (wenns geht sogar noch vorher im training ;)) z.b. mit diversen klassischen pre-contact-cues beschäftigt. die zu erkennen, dafür ist dann - u.a.- das szenario-training da. wie jede art von training, ist das natürlich nur ein näherungswert, denn wer ne garantie will, der soll besser nen toaster kaufen...


nein, er muss lediglich einen groben plan haben, in welche richtung es gehen soll und mit welchem input er den gegenüber füttert.

pre-contact-cues. danke für das stichwort. seh ich mir mal an.

"wie jede art von training, ist das natürlich nur ein näherungswert, denn wer ne garantie will, der soll besser nen toaster kaufen..."

schöner werbespruch!

Mr.Fister
01-05-2013, 19:14
Schöne Idee, Danke dafür. Mal wieder ;)

kein problem - wie immer.:)

lohnt sich aber wirklich, ist ein super drill. ist zum teil sehr interessant, was dann hinterher als rechtfertigung für das eigene handeln herauskommt. ;)

Mr.Fister
01-05-2013, 19:22
pre-contact-cues. danke für das stichwort. seh ich mir mal an.
mach das - spannendes thema. :)


"
wie jede art von training, ist das natürlich nur ein näherungswert, denn wer ne garantie will, der soll besser nen toaster kaufen..."

schöner werbespruch!
der erfolgreiche umgang mit gewaltsituationen ist nun mal leider keine exakte wissenschaft und wie schon gesagt, ist training jedweder art am ende eben immer noch bloss nur training. ;)

concrete jungle
03-05-2013, 09:24
Bei vielen aggresiven Situationen, die ich so erlebt habe, war es gerade unklar und schwer einzuschätzen, wie es gleich weitergeht.

Wenn es knallt ist es dann ,,wenigstens eindeutig" und man fühlt sich mehr wie im fastforward-VK Sparring mit mehr Schmerzen...die Sekunden vorher sind teils unangenehmer gewesen!

Erfahrene Strassenleute manipulieren da sehr gekonnt und dehnen diese Unsicherheit beim Gegenüber genüsslich aus.

Die sozialen Skills sind da sehr wichtig und die sollte man gezielt trainieren!