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Vollständige Version anzeigen : Fechtradtionen mit Bogen/Armbrustschießen?



mrx085
21-05-2013, 09:51
Hallo erstmal. Mir kam da vor kurzem ein interessanter Gedanke, den ich gerne mit euch näher diskutieren würde.

Ist etwas über Fechtraditionen bekannt, die auch den Kampf mit Fernwaffen, also mit dem Langbogen oder der Ambrust beschäftigen? Oder beschäftigten sich diese Schulen nur mit dem bewaffneten Und unbewaffneten Nahkampf?

Oder gab es eigene Schulen bzw Tradtionen die sich mit dem Kriegseinsatz des Bogens beschäftigen , ähnlich wie die Kenjutsu Ryuha in den Koryu?

T. Stoeppler
21-05-2013, 16:02
Da muss man sich ein bischen an den Zeiten orientieren. Üblicherweise hat man in der adeligen Kampfausbildung Ringen, Fechten, Reiten und (Bogen)Schiessen enthalten.

Eine systematische Aufspaltung kam dann später; Fechtergilden und Schützen liefen parallel, stellenweise in Veranstaltungskonkurrenz.

Die Schützen haben die Fechter dann überlebt...

Gruss, Thomas

mrx085
22-05-2013, 11:54
Ok thx für deine Antwort.das hilft mir weiter.

Jadetiger
22-05-2013, 17:15
Die Schützen haben die Fechter dann überlebt...

Gruss, ThomasHi, ich sehe das nicht ganz so.
Militärisches Fechten hat durch die Weiterentwicklung der Schußwaffen in zwei Richtungen gespalten:

1) Entwicklung hin zum Duellfechten abseits des Schlachtfeldes. Hier war einerseits die gemischte Ausbildung Nahkampf/Fernkampf nicht mehr vonnöten, andererseits nimmt die Ausbildung eines Duellfechters wesentlich mehr Zeit in Anspruch als eine militärische "Gebrauchsausbildung" (gibt es das Wort?), so dass es schwer ist, beides parallel auf hohem Niveau zu trainieren.
Die modernen Vertreter dieser Richtung sind, wer hätte es gedacht, die Sportfechter.

2) Entwicklung hin zum Überfallszenario. Sprich: Unerkannt nah an den Schützen heran und dann in Nahdistanz drauf! Bei dieser Strategie sind lange Waffen wie Degen oder Säbel hinderlich, weil sie zu sperrig sind und für den Kampf auf maximale Reichweite entwickelt wurden. Die Entwicklung ging daher in Richtung kürzere Waffen und wurde zu dem, was wir heute "militärischen bewaffneten Nahkampf" nennen (Kampfmesser, Klappspaten, Tomahawk etc.).
Die modernen Vertreter dieser Richtung sind alle Spezial- und Kommandoeinheiten. Sie trainieren teilweise sehr intensiv bewaffnete Nahkampftechniken.

Sorry, ich denke das hilft der Topic leider nicht weiter :(

Australische Freunde haben mir erzählt, dass in ihrer polnischen Säbelquelle beschrieben ist, dass der Säbel, "wie ein Bogen" zu greifen sei. Das weist ja schon auf eine gemischte Ausbildung hin. Mehr weiß ich nicht.

Robb
22-05-2013, 17:36
Armbrust und Bogen unterlagen keine Gesetzlichen Einschränkungen. Zur Hof Verteidigung gern genutzt.
Das tragen eines Schwertes\Säbel war ein Symbol des freien Mann. Die unfreien dürften Messer als Werkzeuge und zur Verteidigung vor wilde Tiere haben. Und wer ohne bezahlte Arbeit war dürfte ein Dolch bei sich führen.

Was willst auch großartig mit Fernwaffen trainieren. Kimme und Korn ist leicht zu verbinden. Nun gut beim Bogen schießen ist es nicht so einfach den Pfeil gerade einzulegen. Tipp an der Sehne eine Markierung machen für den Pfeil. Und dann nur kurz anziehen sowie die Sehne nicht ohne Pfeil surren lassen. Wegen den Verschleiß.
Hembarte war auch eine berüchtigte Langwaffe.
Als die Schusswaffe/Gewähr das bayonett bekommen hat wurde es noch etwas interessant.

Jadetiger
22-05-2013, 18:01
Armbrust und Bogen unterlagen keine Gesetzlichen Einschränkungen. Zur Hof Verteidigung gern genutzt.
Das tragen eines Schwertes\Säbel war ein Symbol des freien Mann. Die unfreien dürften Messer als Werkzeuge und zur Verteidigung vor wilde Tiere haben. Und wer ohne bezahlte Arbeit war dürfte ein Dolch bei sich führen.Ich denke nicht, dass man das so verallgemeinern kann. Auf welche Zeit und welche Region beziehst du dich?


Was willst auch großartig mit Fernwaffen trainieren. Kimme und Korn ist leicht zu verbinden. Nun gut beim Bogen schießen ist es nicht so einfach den Pfeil gerade einzulegen.Na, erzähl das mal einem Schützen! ;)


Hembarte war auch eine berüchtigte Langwaffe.Was ist das?


Als die Schusswaffe/Gewähr das bayonett bekommen hat wurde es noch etwas interessant.Das stimmt, Schießen und Bayonettfechten wurden logischerweise meist zusammen unterrichtet. Hatte ich gar nicht dran gedacht :D
Als "Fechtkunst" kann man das aber wohl nur im 19. Jahrhundert bezeichnen.

mrx085
22-05-2013, 18:09
Robb Nun die Ausbildung eines Bogenschützen, dauert schon seine Zeit bis er wirklich gut damit umgehen konnte. Die leichte Anwendbarkeit trifft da schon eher auf die Armbrust, und später auf die Arkbuse zu. Aber eher nicht auf die die Anwendung eines Kriegsbogens.

Die Leute dürfte man sicher irgendwo ausbildet haben. Aber eigene Schulen oder gar Traditionen wie in den japanischen Koryu wird es bei uns in Europa wohl nicht gegeben haben... Zumindest habe ich bei meinen bisherigen Nachforschungen nichts dergleichen gefunden.

Robb
22-05-2013, 18:14
Ich meinte die Helmbarte. Und denke schon den im welchen heutigen Europäischen Bereich war es den nicht so?
Ich glaube seit dem 17. Jahrhundert gab es Schwarzpulver Waffen.:-)

mrx085
22-05-2013, 18:25
Robb Bin natürlich kein Experte, und weiß über das Thema so gut wie gar nichts, sonst hätte ich ja wohl kaum einen Thread aufgemacht, aber noch ein paar Gedanken von mir zum Thema.

Der Bogen war früher wegen der Jagd in bestimmten Kreisen doch sehr verbreitet, und die Leute konnten gut damit umgehen. Er hat ihnen ja schließlich quasi des Essen auf dem Tisch gebracht.

Da liegt der Gedanken doch nähe, dass man sich für den Kriegsfall einfach diese guten Schützen geschnappt hat, die ohnehin schon von Grund auf, sehr gut mit dieser Waffe umgehen können.

In der frühen Neuzeit, hat das Militär in manchen Ländern, diese guten Jäger, samt ihrer Büchsen zu den ersten Scharfschützen gemacht. Eine geschlossene Sniper Ausbildung gab es meines Wissens nach zu Zeiten der Linieninfanterie noch nicht.

Aber ich schweife ab.

Meine These ist ja recht stimmig, aber ein Denkfehler ist, dass der Bogen auf dem Schlachtfeld nur als Massenwaffe effektiv war. Also keine Einzelschüsse auf vereinzelte Ziele ala Robin Hood..

Die Praxis dürfe eher gewesen sein, dass eine ganzer Trupp Bogenschützen, so viele Pfeile wie möglich im Steilfeuer auf die gegnerischen Truppen abfeuert....

So das wäre meine These zum Thema, ohne Anspruch auf Richtigkeit.

Robb
22-05-2013, 18:34
Die Verteidigung wurde nach Zünfte oder Wohnviertel aufgestellt. Wenn man zum Armeedienst ging musste einigerorts seine eigene Ausrüstung mitgebracht werden. Zu Zeiten der Ritter wurde nach Ausrüstung entlohnt. Gut gepanzert mit Harnisch so gab es mehr Taler.
Erst Reihen Bogenschützen dann Reiter und zum Schluss Fußkämpfer.

Jadetiger
23-05-2013, 00:11
Robb, wenn du solche Aussagen zur Historie machst bitte ich dich ganz herzlich genauere Angaben zu Region und Zeitraum zu machen.

Was ist "zu Zeiten der Ritter"?

Ist das Spanien im 10. Jahrhundert oder Russland im 17. Jahrhundert?
In Europa war sehr selten irgendwas überall gleich.

Robb
23-05-2013, 05:40
Robb, wenn du solche Aussagen zur Historie machst bitte ich dich ganz herzlich genauere Angaben zu Region und Zeitraum zu machen.

Was ist "zu Zeiten der Ritter"?

Ist das Spanien im 10. Jahrhundert oder Russland im 17. Jahrhundert?
In Europa war sehr selten irgendwas überall gleich.

Mit Region habe ich das Gebiet des heutigen Europa gemeint. Du hast meine Frage nicht beantwortet. Mit Ritterzeit mein ich die Zeit vor 17. Jhd.

Chihab
23-05-2013, 13:23
Leute, auch auf dem Gebiet des "heutigen Europas" gab es starke Unterschiede. Un in Zentraleuropa haben Ritter ihre dominante Rolle eigentlich mit dem Aufkommen der Spießhaufen verspielt, also deutlich vor 17.Jh.

Nicht umsonst gibts x Datierungen des Mittelalters, je nachdem ob du von wirtschaftlichen, sozialen, militärhistorischen Entwicklungen ode von irgendwelchen "Schlüsselvorfällen" (best. Eroberungen etc.) ausgehst.

Ich bin jetzt wirklich kein Experte für Mittelalter, also jeder der sich besser auskennt bitte ausbessern, aber soweit ich weis war bei uns (Zentral/Mitteleuropa) das Bogenschießen im Hoch und Spätmittelalter nie so wichtig oder prestigeträchtig, wie etwa in Arabischen Ländern oder in Japan. Die Adelige trainierten lieber mit Schwert und Lanze zu Pferd. Später dann die Bürgerlichen mit Schwert und Degen zu Fuss (da dann schon fürs Duell, oder Duellartige zivile Auseinandersetzungen).
Die Jagd war da bereits seit langem ein Privileg des Adels und auch wenn man auf den Abbildungen manchmal Bögen sieht sind Armbrust (wird von einem Knappen oder Diener gespannt und dann an den Adeligen weitergereicht), Greifvogel und Sauspieß häufiger, dazu kommen Büchsen sobald es Feuerwaffen gibt die leicht genug sind um von einem Mann transportiert und bedient zu werden.
Abgesehen davon unterscheiden sich Kriegs - und Jagdbögen von der Zugkraft. Für letzteres war eine lange Ausbildung und viel Training notwendig. und da kenn ich eigentlich nur die Engländer deren Langbogenschützen berühmt geworden sind (aber auch hier keine Adeligen) und aus Genua glaub ich sind mir mal ein Gruppe von 3000 Söldner Armbrustschützen untergekommen.
Wobei laut einem Artikel den ich einmal gelesen habe, die Engländer im Hundert Jährigen Krieg vor allem deswegen mit den Langbögen begonnen haben weil die viel billiger waren als die Men at Arms. Wobei über die effektivität von den Bogenschützen die Französischen und Britischen Historiker schon lange streiten.
Die Englischen Langbogenschützen gingen übrigens durchaus in den Nahkampf über. Auf Bildern Werden Schützen oft mit einem Schwert/Messer und einem Buckler dargestellt. Wenn sie also nach einem bestimmten System fochten, dann können die heute erhaltenen Schwert/Buckler Systeme (1.33) am ehesten Rückschlüsse darauf zulassen (hier ist aber das Problem, dass die eigentlich für Zweikämpfe und nicht für das Schlachtfeld gemacht wurden).

Das Schießen wurde erst später (also durchaus die Zeit wo Fechtschulen bereits existierten) mit den Feuerwaffen und den Schützengilden zu einer allgemeinen "Kunst", die von weiten Kreisen der Bürger betrieben werden konnte, wobei diese Einrichtungen soweit ich weis nicht das Fechten unterichteten. Sieht man sich Bilder aus dem Dreißigjährigen Krieg an, dann sollten die Schützen ja auch a) von den Spießen gedeckt werden und b) gingen einfach mit ihren Schusswaffen in den Nahkampf über (eine Muskete am Lauf gegriffen und zu einem Überkopf-Schlag geschwungen sieht man oft genug).

Ich würd also eher nein sagen. Mir ist keine Manual bekannt das Fechten und Schießen unterrichtet. Es gibt halt aus der Frühen Neuzeit Abbildungen die die korrekte Handhabung der Muskete lehren. Ob man dass jetzt aber mit einem fertigen System wie dem japanischen Bogenschießen vergleichen kann/soll?
Bei einem Italiener (ich glaub es ist Fabris) wird aber ein Angriff auf einen Schützen (der Angreifer ist ein Fechter, mit entweder Rapier oder Sidesword, bin mir nicht mehr ganz sicher) gezeigt.

Eventuell gibts in der Bologneser Schule das etwas dazu, die ist ja eher Miliz orientiert.
Und in Christmanns "Hieb und Stichfechten" (hoffe der Titel ist jetzt korrekt) werden Techniken für Säbel gegen aufgepflanztes Bajonett gezeigt, was eventuell noch irgendwie darunter fallen könnte.

Wie gesagt, ich bin für die Zeit echt kein Experte, aber dass ist mal was ich so an meinem Wissen zusammenkratzen konnte.

Edit:
Schwarzpulverwaffen gab es in Europa schon recht früh. Du hast Infanterie mit Feuerwaffen auf jedenfall schon im Ausgehenden 15. Jahrhundert, da aber glaube ich noch recht klobige Hakenbüchsen. Im 16. Jh. entwickeln sich dann die leichteren Arkebusen und recht früh (das Radschloss wurde glaub ich im 1. Viertel des Jahrhunderts erfunden) Pistolen für die Reiterei.
Gegen ende des Dreißigjährigen Krieges hast du in einigen Heeren 2/3 Schützen (Musketiere und Arkebusiere).

Jadetiger
23-05-2013, 14:58
Ich würd also eher nein sagen. Mir ist keine Manual bekannt das Fechten und Schießen unterrichtet. Es gibt halt aus der Frühen Neuzeit Abbildungen die die korrekte Handhabung der Muskete lehren. Ob man dass jetzt aber mit einem fertigen System wie dem japanischen Bogenschießen vergleichen kann/soll?
Bei einem Italiener (ich glaub es ist Fabris) wird aber ein Angriff auf einen Schützen (der Angreifer ist ein Fechter, mit entweder Rapier oder Sidesword, bin mir nicht mehr ganz sicher) gezeigt.

Eventuell gibts in der Bologneser Schule das etwas dazu, die ist ja eher Miliz orientiert.
Und in Christmanns "Hieb und Stichfechten" (hoffe der Titel ist jetzt korrekt) werden Techniken für Säbel gegen aufgepflanztes Bajonett gezeigt, was eventuell noch irgendwie darunter fallen könnte.Mir ist auch kein derartiges Werk bekannt.
Werke die das Fechten mit verschiedenen Dienstwaffen, darunter auch das Bayonett, lehren, gibt es einige, aber Bayonettfechten ist eben auch eine Form des Fechtens.
Ich nehme an, dass die Bereiche Nah- und Fernkampf in der soldatischen Ausbildung immer zu stark getrennt unterrichtet wurden, um ein Buch über beides zu veröffentlichen.
Ich denke, dass solche Gesamtwerke in den japanischen Koryu nur auftauchen, weil die Japaner generell stark zur Kodifizierung und Ritualisierung neigen.

Falls auch die moderne sportliche Variante interessiert, empfehle ich Modernen Fünfkampf (http://de.wikipedia.org/wiki/Moderner_F%C3%BCnfkampf).

itto_ryu
23-05-2013, 20:09
Na beim Schießen "früher" ging es ja auch um einen Drill, um Disziplin, d.h. im gegnerischen Feuer stehen und unermüdlich ballern, salopp ausgedrückt. Das ist schon was anderes, als ruhig auf eine Zielscheibe der Schießbahn zu schießen. :) Aus dem 18. Jhd. sind mir aus dem britischen Raum zahlreiche Drillbücher bekannt dazu, natürlich auch aus dem 17. Jhd. Musketen und Pikeniere.

Einer der qausi nahezu alles abdeckt ist Wallhausen, der zeigt z.B. die Reiterei-Ausbildung mit Pferd, Fernwaffen, Lanzen, Nahkampf, Kampf zu Fuß, Nahkampf, Bodenkampf.

mrx085
23-05-2013, 22:44
Danke für die weiteren Infos. :verbeug:Da sind ja noch brauchbare Antworten dazu gekommen. Hätte ich nicht gedacht, da ich doch ein ziemlich exotisches Thema aufgegriffen habe.

itto ryu Kann man "Wahlhausen online irgendwo anschauen? Hast du einen Link?

Chihab Herzlich willkommen im Forum und danke das du dich mit deinem Wissen eingebracht hast.

itto_ryu
24-05-2013, 05:43
Ich hatte mal einen Link, aber leider geht der nicht mehr. Ich kann dir was draufpacken zu den Combatives, abgeschickt ist es nämlich noch nicht, okay?

mrx085
24-05-2013, 07:35
ja das wäre nett. Mach das bitte.:)

Chihab
24-05-2013, 23:13
Ok, jetzt muss ich fragen...obwohls mir echt peinlich ist...

Wer ist Wahlhausen?
Von dem habe ich noch nie gehört.

itto_ryu
25-05-2013, 07:52
Johann Jacobi von Wallhausen:

Johann Jacob von Wallhausen ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Jacob_von_Wallhausen)

Übrigens hier gefunden die Quellenlinks @mrx085:
http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/johann-jacobi-wallhausen-kriegskunst-85198/

mrx085
25-05-2013, 09:32
Itto ryu :halbyeaha Danke.

Chihab
25-05-2013, 19:19
Danke : )

Willi von der Heide
07-06-2013, 17:40
Edit