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Vollständige Version anzeigen : Diplomarbeiten Tai Chi Chuan



martin3
08-06-2013, 22:00
Hi Alle,

hier ein paar Links zu Diplomarbeiten Tai Chi Chuan online und wer kennt noch andere?

1: Die Anwendbarkeit von Taijiquan, Qi Gong als Inhalt und Methode in der Sporttherapie. Wie lassen sich diese Bewegungsformen der Traditionellen Chinesischen Medizin in unser westliches Therapiekonzept einbetten?

http://www.gesundheits-ressourcen.de/diplomarbeit.tajii.qigong.tim.zimmermannpdf.pdf

2: Was ist Tai Chi? Was kann Tai Chi bewirken? Geschichte und Entstehung des Tai Chi
Gibt es Studien zu diesem Thema bezüglich Effekte/ Wirkung ?

http://www.taichi-winterthur.ch/htm/Diplomarbeit%20Viviann.pdf

3: Tai Ji Quan im Westen - Subjektive Theorien zur östlichen Kampfkunst Tai Ji Quan

https://pub.uni-bielefeld.de/luur/download?func=downloadFile&recordOId=2303411&fileOId=2303414

4: SCHWERT & FAUST
Kultureller Austausch OST-WEST / WEST-OST

http://othes.univie.ac.at/5826/1/2009-06-02_8406972.pdf

5: Gesundheitliche Auswirkungen von Taiji-Training,
dargestellt anhand ausgewählter physiologischer Parameter

http://othes.univie.ac.at/2590/1/2008-11-10_9948368.pdf

Viel Spaß

Martin3

Richard22
10-06-2013, 08:20
Ein schwieriges Thema.

Taizu Changquan ist vor allem ein Fechtstil.

Taiji ist ein metaphysisches Konzept.

Traditionell chinesische Medizin ist nur praktisch.

Die beiden großen heutigen Clane, Chen und Yang, haben berechtigte monetäre Interessen.

Die Literatur zum Thema KK in China ist recht dünn.

Die heildende oder fördernede Wirkung von Taiji Quan ist meiner Meinung nach vor allem psychologisch oder psychosomatisch - die Stoffwechselnauswirkungen gründen sich meiner Meinung nach auf dem durchaus massiven Einfluß auf die Psyche.

Fechtergruß

va+an
10-06-2013, 09:28
Die heildende oder fördernede Wirkung von Taiji Quan ist meiner Meinung nach vor allem psychologisch oder psychosomatisch - die Stoffwechselnauswirkungen gründen sich meiner Meinung nach auf dem durchaus massiven Einfluß auf die Psyche.

Fechtergruß

Einfluss besteht auf allen Ebenen. Körper Geist Seele.
Vor allem deshalb, weil der Körper 3D bewegt wird, was sich sehr positiv auf den heutzutage eher sitzenden Menschen auswirkt. Siehe auch Yoga usw.



========================
@mobile

Papatom
10-06-2013, 10:44
Vor allem deshalb, weil der Körper 3D bewegt wird,

Hi,
wie bewegt man sich denn nicht 3D? Danke für die Erklärung...:o

Grüße

tomdada
12-06-2013, 08:12
Taizu Changquan ist vor allem ein Fechtstil.


In diesem Kontext wohl irrelevant. Du versuchst wieder mal eine fragwürdige Aussage so nebenbei fallen zu lassen.



Taiji ist ein metaphysisches Konzept.


Wahrscheinlich haben alle begriffen, dass TJQ gemeint ist, wenn einer der Autoren "Tai Chi" als Übungssystem propagiert, und nicht das Prinzip Tai Chi. Es mag mühsam sein für Diskussionen, aber es hat sich nun mal so eingebürgert, dass "Tai Chi" als Abkürzung für TJQ verwendet wird. Dagegen kannst Du nichts machen, indem Du Dich dumm stellst.



Die beiden großen heutigen Clane, Chen und Yang, haben berechtigte monetäre Interessen.


Und inwiefern passt das nicht in kommerzielle westliche Heilkunst?



Die heildende oder fördernede Wirkung von Taiji Quan ist meiner Meinung nach vor allem psychologisch oder psychosomatisch


Das klingt unwahrscheinlich. Die Wirkung des gymnastischen Aspektes von TJQ dürfte wohl die unbestrittenste sein. Dass es darüber hinaus noch andere Effekte gibt ist anzunehmen, aber deutlich weniger greifbar. Wieso willst Du Dich also vor allem auf die weniger greifbaren stürzen?

Richard22
12-06-2013, 11:36
Nein, Tom, als das Taiji Quan erschaffen wurde, war waffeloser Nahkampf obsolet, Blank- und Schußwaffen waren die Regel - wir haben heute romatische Phantasien über den Alltag im China im 17. Jhd.

Taiji als metaphysisches Konzept ist die Grundlage der Clan-KK, die wir heute als Taiji bezeichnen. Man muß sich dann fragen, was ist "Taiji" als Übungssystem - wenn man von der Gymnastik für Senioren absieht.

Die monetären interessen sind deswegen wichtig, weil die die Erhaltung und Weitergabe der Kunst selbstverständlich verzerren. Man betrachte einfach nur die heutige Forschung in der Medizin, die vor allem von Pharmakonzernen finanziert wird - ein Schelm, wer da nicht an einen Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage denkt.

Als Taiji in China auf dem Höhepunkt seiner Verbreitung war, wurde durchaus in China noch viel manuell gearbeitet (und es wird immer noch dort so gehalten). Es reicht schon sich anzusehen, was Chen Xiaowang über seine Jugend schreibt - die von Landarbeit geprägt war. Die Degeneration des westlichen Menschen ist noch nicht so alt, keine 30 Jahre.

Die gymnastischen Aspekte der KK Taiji sind also absolute Nebenerscheinungen und völlig unwichtig. Hier im Westen wird dieser turnerische Aspekt in den Vordergrund gestellt - und der Vergleich mit dem heutigen Turnen ist 100% authentisch, Turnen war als Wehrsport konzipiert und ist heute ein olymptischer Selbstzweck geworden.

Wenn man also "wissenschaftlich" mit dem Thema Clan-KK arbeiten will, dann muß man sich vor allem mit der Historie des Phänomens KK beschäftigen. Das macht aber niemand heute - weil es dafür keine universitäre Disziplin gibt. Sinelogie ist ja eigentlich ein munteres interdisziplinäres Sammelbecken - die aber die KK nicht kennt.

Fechtergruß

Kamenraida
12-06-2013, 12:14
Nein, Tom, als das Taiji Quan erschaffen wurde, war waffeloser Nahkampf obsolet, Blank- und Schußwaffen waren die Regel - wir haben heute romatische Phantasien über den Alltag im China im 17. Jhd.

Taiji als metaphysisches Konzept ist die Grundlage der Clan-KK, die wir heute als Taiji bezeichnen. Man muß sich dann fragen, was ist "Taiji" als Übungssystem - wenn man von der Gymnastik für Senioren absieht.

Hallo Rich, ich denke, dass deine Aussagen widersprüchlich sind. Mit ersterer - Priorität auf Waffenkampf - hast du sicherlich recht. Aber genau darum haben sich die frühen Vertreter des Chen-Clans noch recht wenig um Philosophie gekümmert. Die Zuschreibung "Taichi" wurde von außen an den Kampfstil herangetragen. Die Durchdringung der Chen-KK mit Elementen der TCM und des Taoismus war und ist ein langer Prozess. Chen Wangting hat hier sicherlich das wichtige Fundament gelegt.



Die monetären interessen sind deswegen wichtig, weil die die Erhaltung und Weitergabe der Kunst selbstverständlich verzerren. Man betrachte einfach nur die heutige Forschung in der Medizin, die vor allem von Pharmakonzernen finanziert wird - ein Schelm, wer da nicht an einen Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage denkt.

Zum Glück ist die Welt vielfältiger als du sie darstellst, auch in der medizinischen Forschung. Im Übrigen ergeben für mich Aussagen wie "monetäre Interessen des Chen- bzw. Yang-Clans" nicht viel Sinn. Besonsers im Yang-Stil ist die eigentliche Familie ein absolut untergeordneter Player. Aber dass Geld die KK stark beeinflusst, und zumeist nicht zu ihrem Vorteil, da hast du bestimmt recht.



Als Taiji in China auf dem Höhepunkt seiner Verbreitung war, wurde durchaus in China noch viel manuell gearbeitet (und es wird immer noch dort so gehalten). Es reicht schon sich anzusehen, was Chen Xiaowang über seine Jugend schreibt - die von Landarbeit geprägt war. Die Degeneration des westlichen Menschen ist noch nicht so alt, keine 30 Jahre.

Solche Aussagen klingen immer toll. Jeder stimmt ins Loblied des Niedergangs ein. Muss aber nicht richtig sein. Ich würde zum Beispiel sagen, dass die Menschen in den westlichen Industrieländern vor 30 Jahren ungewünder und degenerierter waren als heute - pauschal gesagt. Heute ist es viel unübersichtlicher geworden, und einzelne Bevölkerungsgruppen weisen sehr unterschiedliche Zustände in Sachen Gesundheit etc auf.


Die gymnastischen Aspekte der KK Taiji sind also absolute Nebenerscheinungen und völlig unwichtig. Hier im Westen wird dieser turnerische Aspekt in den Vordergrund gestellt - und der Vergleich mit dem heutigen Turnen ist 100% authentisch, Turnen war als Wehrsport konzipiert und ist heute ein olymptischer Selbstzweck geworden.

Das Taichi wurde nach 1910 und auch nach 1949 in China verändert und popularisiert, gerade weil man auf die guten Wirkungen des Taichi als Gymnastik, insbesondere für ältere Menschen, setzte. Hat also nichts mit dem Westen zu tun. Im Gegenteil, der bei weitem größte Teil der Chinesen betreibt Taichi als reine Gymnastik - wie hier im Westen. Auch wenn es vielleicht schmerzt, das muss man zur Kenntnis nehmen.

Auch beim Turnen sehe ich es komplizierter. Es gab in Europa verschiedene, auch philsophisch bzw religiös geprägte Einstellungen zum Turnen (18./19. Jhdt). Richtig ist, dass Jahn militärisches im Sinn hatte. Trotzdem war Turnen kein Wehrsport im engerene Sinne, sondern schon immer Weg zur "Fitness".



Wenn man also "wissenschaftlich" mit dem Thema Clan-KK arbeiten will, dann muß man sich vor allem mit der Historie des Phänomens KK beschäftigen. Das macht aber niemand heute - weil es dafür keine universitäre Disziplin gibt. Sinelogie ist ja eigentlich ein munteres interdisziplinäres Sammelbecken - die aber die KK nicht kennt.


Müssen muss man gar nicht. Die westliche Wissenschaft hat den schönen Vorteil, dass sie sich im Idealfall auf die vielfältigste Art einem Phänomen nähert. Auch historisch, klar. Aber eben auch, indem sie die Dinge in ihrer heutigen Ausprägung erforscht. Darum ist es durchaus sinnvoll, auch das Gymnastik-Taichi auf seine physiologischen und psychologischen Wirkungen hin zu untersuchen.

Aber, Rich, nix für ungut: danke für die Gelegenheit zum Widerspruch. Es bleibt spannend.

Insofern: Nette Idee vom TE - hoffentlich kommen noch viele Links zusammen.

FanzerPaust
12-06-2013, 12:33
Tabek,

aus Zeitmangel ganz kurz:

ich gebe Richard größtenteils recht.

Zum Gesundheitsaspekt, Kämpfen kann nur wer körperlich & geistig fit ist.
Taiji heißt die Dinge zu bewältigen wenn sie noch klein & damit handhabbar sind.
Krankheit soll also erst gar nicht entstehen, sondern im Keim erstickt werden.
Das Deutsche Gesundheitssytem funktioniert ganz anders und muß deswegen auch andere Wege beschreiten.

grüße

Klaus
12-06-2013, 14:12
Dass militärisch der Hauptaugenmerk auf Waffenkampf und Verband liegt heisst nicht, dass ein von irgendeinem Kaiser quasi als Hobby zusammengestellter Kanon von waffenlosem Kämpfen "nicht authentisch" wäre. Wer das alles mal erfunden hat dahingestellt, aber es gab halt die Faszination bezüglich der Artistik und der Wirkung von langjährigem Üben, genauso wie in Indien halt bestimmte athletische Übungen mit Pfählen und dergleichen begeisterte Verbreitung gefunden hat. So wie Tänze bei den einfacheren Völkern waren Kung-Fu-Formen halt der Tanz anderer Kreise, mit direkterer Anwendbarkeit oder Wirkung. Nur halt beschränkt auf die Prügelei im Dorf an der Schenke, oder auf Leibwächter an Orten wo Waffen verboten und kontrolliert wurden. Man war halt historisch davon fasziniert, und so entstanden komplexe Systeme, genau so wie in Japan aufgrund der Gegebenheiten sowas wie Jiu Jitsu historisch entstanden ist - obwohl auch da üblicherweise mit grossen Heeren Krieg geführt wurde, und nicht mit Faustkampf. Wenn die Waffe verloren oder gegangen ist, konnte man sich mit hervorragenden H2H-Skills aber für einige Zeit über Wasser halten bis man wieder eine gegriffen hat die "rumliegt". Hinsetzen und "manno" rufen hätte meistens nicht wirklich funktioniert.

FanzerPaust
12-06-2013, 14:54
Tabek,

ich würde im Zusammenhang mit Taiji nicht von Erfindern sprechen, eher von Wiederentdeckern oder Gewahrwerdern, handelt es sich doch um ein universelles Naturgesetz.

grüße

Klaus
12-06-2013, 15:51
Taiji != Taijiquan. Mit Erfinder meine ich Leute die eine Kunst wie Boxen, Muay Thai, Jiu Jitsu oder eben auch ein Taizu-Langfaust (ohne Waffe!) erfunden haben. Taizu hat ja bekanntermassen Formen gesammelt und katalogisiert, zu einem Kompendium, auch wenn vielleicht nicht mehr so gut erhalten ist wie das genau ausgesehen hat (jenseits von Zeichnungen).

Hafis
12-06-2013, 19:53
Danke an Martin3 für die Links zu den wissenschaftlichen Arbeiten (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/diplomarbeiten-tai-chi-chuan-157291/#post3021304),
werd sie mir auf jeden Fall nach und nach anschauen,
aber womöglich nicht immer ganz richtig verstehen,
weil ich mich nur hobby-mäßig mit solchen Sachen beschäftige.

gruß hafis,
welche immer wieder bewundert,
mit welcher Sachkompetenz hiesige Forumiten sich zu wissenschaftlichen Facharbeiten äußern können ...

FanzerPaust
13-06-2013, 10:22
Tabek,


Taiji != Taijiquan


falls das Taiji ≠ Taijiquan heißen soll, würde ich mich fragen ob es sinnvoll ist die Erscheinungsformen zu unterscheiden.Imho stiftet das nur Verwirrung.

@Papatom

Ich kann nicht für va+an sprechen, aber ich denke er meint mit 3D, dass man sich im Raum nicht nur beispielsweise vor und zurück bewegt, also zwei Dimensional, sondern eben auch simultan nach oben/unten, links/rechts.

grüße

Klaus
13-06-2013, 10:55
Taijiquan ist irgendein Boxtraining das auf den Möglichkeiten des Körpers, der Schwerkraft, der Länge von Armen und Beinen, dem umgekehrt proportionalen Verhältnis von Schlagimpact und Widerstandsfähigkeit von Nerven und Knochen, den Abläufen von Bewegung und Balance, und auf den Möglichkeiten von Reflexen biologischer Lebewesen basiert.

Taiji ist ein philosophisch-spirituelles Konstrukt aus einer spirituellen Erfahrungssammlung namens Taoismus.

FanzerPaust
13-06-2013, 11:38
Tabek,

das Wort Taiji bezeichnet die Unifikation der Naturgesetzte.
Das was allgemein unter Taijiquan verstanden wird, ist der Ausdruck dieser Naturgesetze durch den menschlichen Körper und seine Umgebung.
Wie gesagt halte ich die Unterscheidung für irreführend, was man beispielsweise sehr gut an deinem Satz :"Taijiquan ist irgendein Boxtraining" erkennen kann.

grüße

Klaus
13-06-2013, 12:47
Ich wusste es immer - Sportboxen ist wider die Naturgesetze ! Und Judo erst. Oder Darts werfen.

http://www.goldenelixir.com/taoism/taiji_tu.html

Taijiquan ist eine Methode, innere Kraft zu wecken, den Umgang damit zu lernen, und auf eine spezifische Art davon Gebrauch zu machen. Dabei versucht man, wie übrigens alle "inneren Kampfkünste", möglichst Gebrauch von verborgenen Fähigkeiten oder Elementen des Geists zu machen, der in der Lage ist, auf umfassendere Art und Weise die Umgebung und andere Menschen wahrzunehmen als das das "Gewohnheitsbewusstsein" üblicherweise tut. Am Ende verschmilzt beides zu einem, und der verborgene Geist greift häufig stufenlos in Alltagsaktionen ein. Das ist nicht mehr gegen die Naturgesetze oder mit ihnen als ein NBA-Spieler "in der Zone", oder ein Fussballer bei einer intuitiven artistischen Aktion die er im Training noch nie gemacht hat.

Das Taiji dagegen ist ein kosmologisches Konstrukt, das "für alles mögliche" im Leben verantwortlich ist. Auch für schlechte Fussballspiele, das Wetter, oder die Frisur des Bundeskanzlers. Die Überschneidung mit dem Taoismus, bzw. eine Untermenge der Praktiken, ist, sich in einen Zustand zu bringen in dem das Dao direkt über einen Teil des Geistes der damit immer verbunden ist Intuitionen auslöst, die zu Handlungen führen die man so nie geplant hat, die irgendwas in einem auf einmal einfach tut. Das ist aber weder spezifisch für Taijiquan, noch mal eben so über Knopfdruck lernbar, sondern ein lebenslanger Prozess.

Richard22
13-06-2013, 14:15
Hallo Kamen,
Menschen sind generell widersprüchlich, vor allem in ihren Aussagen oder Forenbeiträgen. Das ist ja das Problem mit der Wissenschaft an sich, das eben jedes menschliche Tun, einschließlich Wissenschaft, subjektiv ist. Nur Laienwissenschaftler glauben an eine objektive Wissenschaft. Glaube ist immer Religion - und die heutige Wissenschaft zeigt alle Züge einer kanonischen Religion.

Man könnte dahingehend generaliseren, das Wissenschaft den Zusammenhang zwischen Subjebt und Objekt zu Gunsten des scheinbaren Objekts zu negieren versucht, der mystisch-philosophische Taoismus diesen Kontrast hingegen bejaht.

Klaus stimme ich wieder einmal zu - nur möchte ich anraten Kaiser Taizu und die waffenlose KK, die wir in groben Zügen bei Qi Jiguang und Chen Wangting finden, nicht in einen Topf zu werfen. Was irgend welche Kaiser wann und wo angeblich gesammelt haben - das sind einfach Legenden, die nicht nachprüfbar sind.

Klaus hat aber vor allem recht damit, das Changquan/Taijiquan tatsächlich irgendein Boxkanon ist - das ist ein Auszug aus einer Reihe von KK's aus dem 17. Jhd. Wenn man so will eine muntere Mischung.

Deswegen ist es generell problematisch, oder schlichtweg tendenziell, wenn man nur einen Aspekt des Changquan/Taijiquan betrachtet. Wenn man so will ist es unwissenschaftlich . . .

Faktisch ist das heutige Phänomen Taiji nichts anderes als Historisches Fechten, nur wird es nicht so wahrgenommen, sondern in eine folkloristische Ecke verbracht.

Taiji ein kosmologisches Konstrukt - ich möchte das einfacher gestalten und einfach behaupten, das Taiji, mit Dschuang Dsi, ein nicht logisch erfassbarer Zustand im Ruhepunkt zwischen den Gegensätzen ist.

Das man es logisch nicht vermitteln kann, nicht erklären und nicht beschreiben kann, das führen Lao Dsi und Dschuang Dsi in ihren Werken mehrfach aus.

Fechtergruß

martin3
13-06-2013, 15:03
Das taiji als philosophischen Fachbegriff daoistisch zu verstehen ist sicherlich eine Möglichkeit.

Im Rahmen des Tai Chi Chuan sollte man jedoch bedenken, dass man es hier auch wesentlich aus der Sicht der Neokunfuzianer verstehen muss (auf diese wird sich explizit in den Tai Chi-Klassikern berufen). Diese habe intensiv über das taiji geschrieben. Hier ein Beispiel von Zhu Xi:

Frage: Das taiji ist nichts, das in einem chaotischen Zustand vor der Erschaffung von Himmel und Erde (tiandi) existierte, sondern vielmehr ein allgemeiner Name für das Prinzip (li) von Himmel und Erde (tiandi) und den Zehntausend Dingen (wanwu). Ist das so?

Antwort: Das taiji ist einfach das Prinzip (li) von Himmel und Erde (tiandi) und den Zehntausend Dingen (wanwu). Von Himmel und Erde (tiandi) gesprochen, in ihnen gibt es das taiji. Von den Zehntausend Dingen (wanwu) gesprochen, in ihnen gibt es das taiji. Bevor Himmel und Erde (tiandi) existierten, gab es sicher das Prinzip (li). Bewegung erzeugte das yang. Auch dies ist nur das Prinzip (li). Ruhe erzeugte das yin. Auch dies ist nur das Prinzip (li).

Gruß

Richard22
14-06-2013, 15:05
Die Sache ist komplizierter - die Neukonfuzianer haben wahrscheinlich einfach versucht den Begriff Taiji (den Dschuang Dsi zum ersten Mal gebraucht) in ihrem Sinne umzudeuten - also fort von der Mystik und hin zum Prinzip.

Ein Prinzip, wenn man so will ein kategorisches Prinzip - das ist für den Konfuzianer, der mit Konfuzius nicht über Geister und Zauberei sprechen soll (aber wohl an diese glaubt) einfach leichter anzunehmen. Etwas anzunehmen, daß allgemein von der Bevölkerung (Taiji) angenommen wird, das schafft Akzeptanz.

Konfuzius selber sah sich wohl offenbar als Daoist, und wird als solcher von Dschaung Dsi beschreiben.

Taiji ist ein mystisch-philosophischer Begriff und sollte durchaus so verstanden werden. Das wird die Konfuzianer, alt und neu, immer schon gewurmt haben - das es eben nicht erklärbar und nennbar ist, weil in vollständiger Harmonie mit den Gegensätzen.

Erklärungen leben aber zumeist von Gegensätzen. Es (das Taiji) einfach ein Prinzip zu nennen macht es, im Sinne der Neukonfuzianer, erklärbar.

Fechtergruß

FanzerPaust
14-06-2013, 15:51
Tabek,

Bamboo People, man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.

grüße

Klaus
14-06-2013, 16:31
Das Taiji ist DIE Wirkkraft hinter allem das ist, von der Thermodynamik bis zur Massenpsychologie ("die Natur"), und das soll "einfach" sein ? Ich halte es angesichts der Tatsache dass Einstein mit seinem Versuch der einfachen "Weltformel" gescheitert ist für vermessen, zu reklamieren das wäre alles ganz leicht, man muss es ja nur mal "verstehen". Klar, so doofe Prinzipien wie, ich warte bis sich der andere bewegt, und bewege mich geschickt mit was die Bewegung des Anderen stört, sprich "Stille und Bewegung im Wechsel", die versteht ein Dreijähriger. Das ist nur kein kosmologisches Prinzip das aus einem verschnörkelten Energiefeld das Materie erzeugt eine Myriade von Dingen verursacht, Schmetterlinge, Sterne, iPads und Leute die es kaufen obwohl sie es gar nicht brauchen, dafür braucht es ein klein wenig mehr. Und ich persönlich bemühe mich auch nach 40 Jahren daoistischer Meditation nicht mehr, das "Grosse" zu verstehen, ich beschäftige mich nur mit den kleinen Dingen. Wie funktioniert Liebe, warum schlägt ein Schwiegersohn eines Rap-Stars ein 2jähriges Kind tot und wie könnte man das verhindern, und so weiter.

Und das hat irgendwie nicht wirklich viel mit Taijiquan zu tun, der Methodik von langsamen Bewegungen, Stand- und Stampfübungen und Ringertraining in einer Art Trance, um spontane reaktive Kraft zu erzeugen die von einer Komponente des Geistes autonom eingesetzt wird um geschickte Effekte zu ermöglichen.

Kamenraida
15-06-2013, 07:04
Das Taiji ist DIE Wirkkraft hinter allem das ist, von der Thermodynamik bis zur Massenpsychologie ("die Natur"), und das soll "einfach" sein ? Ich halte es angesichts der Tatsache dass Einstein mit seinem Versuch der einfachen "Weltformel" gescheitert ist für vermessen, zu reklamieren das wäre alles ganz leicht, man muss es ja nur mal "verstehen". Klar, so doofe Prinzipien wie, ich warte bis sich der andere bewegt, und bewege mich geschickt mit was die Bewegung des Anderen stört, sprich "Stille und Bewegung im Wechsel", die versteht ein Dreijähriger. Das ist nur kein kosmologisches Prinzip das aus einem verschnörkelten Energiefeld das Materie erzeugt eine Myriade von Dingen verursacht, Schmetterlinge, Sterne, iPads und Leute die es kaufen obwohl sie es gar nicht brauchen, dafür braucht es ein klein wenig mehr. Und ich persönlich bemühe mich auch nach 40 Jahren daoistischer Meditation nicht mehr, das "Grosse" zu verstehen, ich beschäftige mich nur mit den kleinen Dingen. Wie funktioniert Liebe, warum schlägt ein Schwiegersohn eines Rap-Stars ein 2jähriges Kind tot und wie könnte man das verhindern, und so weiter.

Und das hat irgendwie nicht wirklich viel mit Taijiquan zu tun, der Methodik von langsamen Bewegungen, Stand- und Stampfübungen und Ringertraining in einer Art Trance, um spontane reaktive Kraft zu erzeugen die von einer Komponente des Geistes autonom eingesetzt wird um geschickte Effekte zu ermöglichen.

Wow, was für ein Geräusch. Oder ist das auch ein Rap?

martin3
15-06-2013, 16:49
Hallo Richard22,

ja die Sache ist komplizierter. Es ist ja die Frage, möchte ich interpretieren - erfahren, was das taiji für mich oder für uns heute oder für die Chinesen in der Bevölkerung oder für die konfuziansiche Elite oder andere bedeutet (hat). Ne Menge verschiedener Menschen über einen sehr langen Zeitraum (2500 Jahre).

Mich persönlich haben da oft die alten Tai Chi-Meister interessiert. Was hat sie inspiriert? Auf welchen Hintergrund haben sie ihr jeweiliges Tai Chi Chuan aufgebaut?

Wir können sie nun schlecht Fragen, aber es ist ja doch eine Menge Literatur erhalten geblieben. Studiert man diese, kann man bezüglich der Familie Wu-Li, Yang und Chen doch einen sehr starken Einfluß der Neokonfuzianer und oft speziell des Zhu Xi feststellen.

Also finde ich es einfach interessant diesen Hintergrund zu studieren, denn so kann man ihr Nachdenken über Tai Chi Chuan auch im philosophischen Rahmen nachvollziehen und so ihre Texte besser mit der Praxis des Tai Chi Chuan in Verbindung bringen.

Gruß

Martin3

Richard22
15-06-2013, 17:51
Hallo Martin,

gewöhnlich wollen Taiji Quan Lehrer oder Berufskämpfer Geld verdienen - das ist etwas vollkommen Normales und überhaupt nicht spirituell oder philosophisch. Das geht mit Chang Wangting los, bis heute zu Chen Xiaowang.

Taiji, das Höchste Letzte, der Fristbalken, der einzelne, ungeteilte Strich, die Mutter von Yin und Yang usw., das ist einfach ein Zustand jenseits der Gegensätze. Dazu muß man erst einmal den Gegensatz wahrnehmen, auf dem eben unsere Wahrnehmung beruht. Lao Dsi schreibt, das jeder seine Wort zu verstehen glaubt - weil sie eben einfach gehalten sind - aber niemand seine Lehre versteht - weil diese eben außerhalb des Gegensatzes beginnt.

Klaus sieht das Problem, meiner Meinung nach, zu theoretisch - jedes Säugetier versteht meiner Meinung nach mehr vom Daoismus als die meisten Menschen. Tiere leben deutlich gegenwärtiger als Menschen.

Die konfuzianische Elite hat vor allem Macht interessiert, nicht der Daoismus - wie alle Eliten.

Von Taiji Quan Meistern selber gibt es so gut wie keine Texte - wohl aber von Exegeten nach ihnen. Nur ein paar Merkzeilen und Verse sind überliefert - aber auch damit sollte man vorsichtig sein, denn es ist nich klar, wer diese schrieb.

Die Praxis des Taiji Quan ist zugleich einfach, aber in der Anwendung sehr subtil. Nachdenken generell ist da eher ein Problem als ein Fortschritt.

Was man nicht übersehen sollte, ist der Einfluß des Buches über die innere Jadelandschaft auf das Taiji Quan oder Chen Wangtings KK - das ist ganz und gar nicht konfuziainisch, sondern sehr stark mystisch-daoistisch.

Der Hintergrund des Taiji Quan ist praktische KK, vor allem mit Blankwaffen, mit dem Hintergrund der Mystik des Daoismus.

Fechtergruß

martin3
15-06-2013, 18:40
Hallo Richard,

meiner Meinung nach gibt es doch eine große Anzahl an Texten der Tai Chi-Meister, zumindest der Meister im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese sind auch in der Regel einem Autor oder einer klaren Familienlinie zuzuordnen.

Es ist klar, dass das Tai Chi Chuan in seinen Wurzel viel älter und daher auch vielen weiteren Traditionslinien ausgesetzt war oder sie in sich vereinigt hat. Deswegen würde ich dir auch nicht widersprechen.

Allerdings ist hier die Quellenlage im Vergleich eher gering. Kann aber auch sehr interessant sein.

Da die Quellenlage für das 19. und Anfang 20. Jhr viel besser ist und die Formen, die die meisten Tai Chi-Freunde heute hier in Deutschland lernen, auch aus dieser Zeit und von den Tai Chi-Meistern dieser Zeit stammen, ist die Erforschung dieser Quellen für mich sehr interessant.

Das auch in dieser Zeit Tai Chi Chuan mit Blankwaffen geübt wurde, steht außer Frage und ist sicherlich einer der wirklich interessanten Aspekte des Tai Chi Chuan.

Gruß

Martin

Hafis
15-06-2013, 19:52
...

Da die Quellenlage für das 20. und Anfang 21.Jhr viel besser ist und die Formen, die die meisten Tai Chi-Freunde heute hier in Deutschland lernen, auch aus dieser Zeit und von den Tai Chi-Meistern dieser Zeit stammen, ist die Erforschung dieser Quellen für mich sehr interessant.
...


hm,
wie soll man das nun verstehen ...?

gruß hafis,
welche auch aus dem 20. Jahrhundert stammt ...

martin3
15-06-2013, 20:08
Hey Hafis,

ups - großen Dank - natürlich 19. und 20 Jhr. - werde das korrigieren.

Gruß

Martin

Hafis
15-06-2013, 20:32
... natürlich 19. und 20 Jhr. - werde das korrigieren.



...
wenn man bedenkt,
welches Diskussionspotential der ursprüngliche Beitrag hätte haben können,
ist das eigentlich schon fast schade ...

gruß hafis

Hongmen
15-06-2013, 23:44
in generale! tai chi kann man mit worten dozieren! aber man kann tai chi nur körperlich beweisen!

Hongmen

Richard22
17-06-2013, 08:16
Hong trifft es gut - Doktorarbieten über Taiji Quan können nur Stückwerk sein und Einzelphänomene erfassen.

Wissenschaft kennt generell keine KK - sie kann das Thema weder verorten noch erfassen.

Einer meiner Schüler ist der Sohn eines Professors im deutschen Unibetrieb. Dieser Sohn arbeitete in den Schulferien beim Vater, dem Prof, an der Uni. Dort hatte die Uni einen Keller, in dem Doktorarbieten aus Papier lagerten. Mein Schüler hatte die bezahlte Aufgabe diese Doktorarbeiten zu schreddern und im Papiermüll zu entsorgen.

Fechtergruß

martin3
17-06-2013, 09:55
Hey Richard,

du beschreibst es sehr gut. Alles Wissen ist nur Stückwerk.
Gerade das macht es doch so spannend sein Wissen auszutauschen - mit denen zu sprechen, die mehr Wissen - denen zuzuhören die weniger Wissen.

Neugierig zu sein. Auf den anderen und auf das, was er tut und sagt. In mündlicher, schriftlicher Form oder in der freundlichen Pushhandsauseinandersetzung oder im weniger freundlichen Kampf.

Das kann hier auf dem Board, in einer Diplom- oder Doktorarbeit, im Club oder einfach unter Taichi-Freunden bzw. Gegnern sein.

Und ist es nicht auch schön zu erkennen, dass das Wissen manchmal überflüssig ist und in die Mülltonne gehört. Wenn man etwas wegschmeißt entsteht Platz für neues.

(oh je - klingt das alles geschraubt - also ab damit in die Mülltonne und zurück zum Training ;) )

Gruß

Martin

FanzerPaust
17-06-2013, 12:19
Tabek,




Und ist es nicht auch schön zu erkennen, dass das Wissen manchmal überflüssig ist und in die Mülltonne gehört. Wenn man etwas wegschmeißt entsteht Platz für neues.


Gruß

Martin

Wahrscheinlich wurden diese körperlichen Arbeiten nur in eine elektronische Form umgewandelt. Auch das ist Taiji ;)


Ich möchte hier an der Stelle auch mal den Beteiligten danken, Richard z.B für seine wirklich informativen Texte, oder Klaus für den Blick in sein Innenleben.Das Forum hier ist wirklich ein netter Zeitvertreib.

grüße

tomdada
24-06-2013, 09:23
Lange nicht mehr reingeschaut ... mindestens das hier benötigt eine Korrektur.



Die gymnastischen Aspekte der KK Taiji sind also absolute Nebenerscheinungen und völlig unwichtig.


Selbstverständlich haben sich auch TJQ-Ausübende in alter Zeit beim TJQ-Üben bewegt, die Bewegung ist sogar ein zentraler Pfeiler des TJQ - stelle Dir TJQ ohne Bewegung vor.

Vor diesem Hintergrund kann man unmöglich behaupten, dass der Bewegungsaspekt des TJQ absolute Nebenerscheinungen und völlig unwichtig sind, es sei denn, man propagiert ein völlig verkopftes TJQ, bei dem die Bewegung nebensächlich ist - ich weiss, dass Du dies nicht tust. Wahrscheinlich hast Du einfach das Wort "gymnastisch" fehlinterpretiert und assoziierst es fälschlicherweise irgendwie mit medizinballschwingenden Turnern.

Wenn man also nach gesundheitlichen Aspekten sucht, wie das in einigen Arbeiten gemacht wurde und auch von Dir angesprochen wurde, dann braucht man nicht weit zu suchen, sondern tatsächlich ist der Bewegungsaspekt hier der naheliegendste und offensichtlichste. Das gilt übrigens nicht nur für den modernen bewegungsfaulen Menschen, sondern auch für den körperlich arbeitenden Menschen früherer Zeiten. Nicht nur das "wie viel", sondern auch das "wie" sind relevant. So kann auch der Bauer, der den ganzen Tag Schwerarbeit auf dem Feld geleistet hat, vom Bewegungsaspekt von TJQ gesundheitlich profitieren.

Richard22
24-06-2013, 11:06
Taijiquan kennt eigentlich keine Form. Es kennt noch nicht einmal Technik im westlichen Sinne.

Wie sollte es dann Gymnastik oder Formen kennen? Diese werden heute aber verkauft.

Taijiquan ist eigentlich nur die Anwendung des Taiji im Gefecht.

Fechtergruß