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Vollständige Version anzeigen : Artikel: Peng, die elastische Kraft



martin3
17-06-2013, 16:15
Und hier noch ein alter Artikel für die Praktiker des Pushhands:

Die Tai Chi-Ecke: Artikel: Peng, die elastische Kraft (http://taichi-ecke.blogspot.de/2013/06/artikel-peng-die-elastische-kraft.html)

Gruß

Martin3

Kamenraida
17-06-2013, 17:33
Hallo Martin,

interessanter Artikel, vielen Dank.

Meine Nachfrage bezieht sich auf einen der letzten Sätze:

"Im Unterricht von Ma Jiangbao wird peng daher erst unterrichtet, wenn man in der Lage ist, mit großen Kräften umzugehen, ohne zuviel eigene Kraft wirken zu lassen."

Wie sieht das konkret bei Meister Ma aus? Ich hätte meinerseits eher formuliert, das Peng Jin eben genau eine Methode ist, um mit großer Kraft umzugehen, und eben nicht unbedingt selbst eine noch größere Kraft aufzuwenden. Offenbar gibt es in Eurer Methode andere Möglichkeiten?

martin3
17-06-2013, 17:45
Hallo Kamenraida,

du hast es genau so beschrieben, wie es Ma auch meint.

Durch die Elastizität kann man auf große Kräfte mit einer kleineren Kraft antworten und sie doch beherrschen. Wie sagte schon Ma Yueliang als Motto für das Pushhands: Weniger Kraft - mehr Technik.

Die Formulierung unten ergibt sich aus der Beobachtung, dass Schüler, wenn sie peng noch nicht gut beherrschen, bei einem starken Angriff eher den Partner mit harter Kraft statt mit elastischer Kraft zurückwerfen. Sie denken dann oft: "Aha - hat doch geklappt." Aufgrund ihres scheinbaren Erfolges können sie sich dann nicht mehr vom Einsatz harter Kraft lösen und werden weiterhin Schwierigkeiten mit peng haben. (Ein Problem, das ich oft gerade bei starken Tai Chi-Spielern beobachtet habe.)

Daher bevorzugt Ma, peng erst dann zu unterrichten, wenn der Schüler sicher zwischen peng und dem harten Zurückwerfen des anderen unterscheiden können. Dann können auch große Kräfte ohne Einsatz eigener harter Kraftsicher beherrscht werden.tSo kommt es erst gar nicht zu Missverständnissen über die peng-Kraft.

Gruß und danke der Nachfrage

Martin

Richard22
18-06-2013, 13:39
Technik ist Kraft, und Kraft ist Technik, denke ich.

Beim Peng, glaube ich, ist es einfach wichtig das Volumen oder den Raum, den man kontrollieren kann, auszudehnen, ohne dabei abseitig zu drücken oder zu schieben.

Jeder Mensch kann Peng instinktiv, wenn mann z.B. eine Tür stoppt, die auf einen zufällt oder die Hände benutzt, um etwas, das in Richtig Kopf geht, abzufangen.

Das Problem mit Peng ist der Augenblick nach dem Kontakt - im perfekten Fall stoppt mein Peng nicht nur den Angriff, sondern richtet dessen Kraft gleich gegen den Angreifer - aber nur, wenn mein Druck nicht abseitig wird.

Nach dem Kontakt fangen viele Menschen an sinnfrei herumzudrücken - im Fechten Chinas des 17. Jhds. hat man dafür den passenden Namen alte und junge Kraft - die Alte ist verbraucht oder hat sich zu weit ausgedehnt.

Das nicht Loslassen können von alter Kraft, denke ich, ist der Hauptgrund für ein Peng, das eher für mich als für den Gegner gefährlich ist.

Fechtergruß

martin3
18-06-2013, 14:35
Hey Richard,

super formuliert. Besonders, dass peng eigentlich etwas instinktiv normales ist und dass das Timing das eigentliche Problem ist. Danke.

Gruß

Martin

Kamenraida
18-06-2013, 14:43
Ich bin anderer Ansicht,

Peng ist alles andere als natürlich - es ist eine hochgradig kultivierte Art der Bewegung/Körperstrukturierung (die sich nach Jahren des Trainings zunehmend natürlich anfühlt).

Instinktiv schließt der Körper, wenn er unter Druck gerät - das heißt, tendenziell gehen alle Muskeln in Spannung. Das ist die natürliche Reaktion.

Peng dagegen, nach meinem Verständnis, zeichnet sich durch ein fein justiertes Zusammenspiel aus Spannung und Entspannung, Geschlossen und offen aus.

Es macht übrigens auch nur eingeschränkt Sinn, gegen eine Tür oder einen herabfallenden Ast mit Peng zu antworten, weil Gegenstände nicht in Interaktion gehen.

martin3
18-06-2013, 15:06
Hey Kamenraida,

auch wieder super formuliert.

Ich kann irgendwie beiden zustimmen.
Für mich ist peng natürlich - aber und gerade in der Anwendung gegen einen aggressiven Gegner braucht es feines Timing erlangt durch einen hohen Grad der Kultivierung.

Hier trifft sich auch für mich das Paar Natürlichkeit - Kultur.

Kampfkunst verwendet oft ursprünglich natürliche Bewegungen, die aber folgend in Bezug auf Anwendung und Einsatz hochgradig kultiviert werden.

Passt das vielleicht so?

Gruß

Martin

Kamenraida
18-06-2013, 15:24
Yep, volle Zustimmung ;-)

Klaus
18-06-2013, 19:20
Ist das nicht ein bischen diffizil, einmal Peng als Aktion, einmal Peng Jin als eine spezielle Form von Muskelkraft/-kontraktion ? Peng Jin ist meiner Meinung nach durchaus natürlich, aber evolutionsbiologisch "reserviert" für Momente wenn es drauf ankommt. Es für den Alltag zu wecken, und zu fördern, das ist Trainings- und Stimulationsmethodik. Und ich bin immer noch sicher, dass sich Peng Jin bei jedem ohne Hirnakrobatik und chinesische Termini stimulieren lässt, indem man sich einfach richtig langsam bewegt, über eine gewisse Zeit. Hintendran kommt dann Akrobatik und Handwerkskunst im Umgang damit, was das ermöglicht.

T. Stoeppler
18-06-2013, 20:34
Ich denke, das kommt zustande, weil das technische Prinzip des Aufnehmens+Abgebens im Taijiquan üblicherweise mit Pengjin *zusammen* verwendet wird (Das sagt MJB ja auch). Also das Aufnehmen/Umlenken (koordinativ eher sportlich) und anschliessend der mehr oder weniger subtile Expansionsimpuls durch das Pengjin, also durch die spezielle funktionale Kraft.

Zum Beispiel kann man Aufnehmen/Umlenken auch mit Cai-Jin verwenden, das ist nur weniger hübsch anzusehen, weil dabei der Gegenüber dann Schädel voran in den Boden gerammt wird. Die Anwendung von "Peng" ist die Grundlage für sowas, wenn man im Taijiquan bleiben möchte.

Gruss, Thomas

Kamenraida
18-06-2013, 22:49
Ich vermute mal so: Wo zwei Leute zusammenkommen, die Taichi machen, gibt es drei Meinungen darüber, was Peng Jin ist. Von daher: Eine nette Diskussion, in der wir eher sammeln, als uns überzeugen sollten.

Vermutlich liegt es daran, dass sich dahinter zahlreiche Aspekte verbergen, die die Chinesen halt einfach mit einem Begriff zusammenfassen, darunter eben Timing, Finetuning der Muskeln, Gesunkenheit, Verbundenheit, etc.

Mir gefällt ganz gut, was in Martins Artikel und einigen klassischen Texten steht - Peng ist wie Wasser unter einem Boot.

Wenn man Leute berührt, die das kultiviert haben, weiß man es sofort: Sie geben ihrem Gegner einen sanften, aber unwiderstehlichen "Auftrieb", gegen den auch mit Kraft kaum beizukommen ist.

Was sie dann daraus machen - wegschleudern mit An, Fallenlassen mit Lu, etc - ist der nächste Schritt. Peng Jin aber bleibt Grundlage.

Hau.drauf.wie.nix
19-06-2013, 00:33
Peng :ups::ups::ups:

Richard22
19-06-2013, 10:02
Peng ist ohne eine Wirkung gegen Gegenstände wie Türen, aber auch Blankwaffen, nicht zu denken, Kamen, es wäre vollkommen nutzlos.

Kultivieren ist, meiner Meining nach, generell Irrsinn und unnatürlich - womit ich Klaus zustimme - Peng ist/muß vollkommen natürlich sein.

Jedes Tier führt Peng aus - schaue Dir mal an, die Kalzen sich balgen.

Öffenen und Schließen sind Fechtbegriffe (Jungfrau von Yue bringt sie zum ersten Mal), das hat nicht mit Muskeln zu tun - niemand kann seine 600 Muskeln bewußt steuer und wozu auch - sondern mit dem öffenen und schließen von Blößen.

Wir würden zum Öffenen und Schließen sagen, Öffnen ist bloß geben und schließen Schützen (Abwehren). Konkret geht es um das Öffenen und Schließen von Türen - Türen sind die Blößen - das gibt es keine Verwechselungsmöglichkeiten, selbst die Analogie ist eindeutig - heute ist das aber vergessen, denke ich, weil keiner mehr Fechtet und sich fast keiner mehr haut.

Auch ist Aufnehmen und Abgeben nicht Peng, Peng ist nur die Kraft, die dagegen geht und den Angriff stoppt, oder, wenn sie eingedrückt wird, mir haptisch zu verstehen gibt, das ich jetzt besser aus dem Wege gehe. Das aus dem Weg gehen ist eine eigene Handlung und Kraft (Kong, Zhe, Huo mit Lü oder Ji, es gibt da viele Möglichkeiten und Vorlieben). Ich kann ohne Mühe drei oder viel Mal Peng nacheinander ausführen - ich gebe das weder ab, noch nehme ich auf. Ich kann aufnehmen, ich kann abgegen - doch das ist eine andere Sache.

Das Problem mit Peng ist nicht, denke ich, Timing, also auf Deutsch Vor und Nach, sondern das Hengen an seiner eigenen, alten oder toten Kraft - was dann für den Gegner zur direkten Brücke wird.

Das an der alten Kraft hengen oder nicht loslassen können ist vor allem ein psychologisches Problem - anale Fixierung in der heutigen Psychologie.

Wenn mir jemand einen sanften Auftrieb gibt - dann ist der Weg zum Hals und Kopf frei - das geht nur, wenn man eben nicht schlägt. Beim Fechten mit Blankwaffen wird das noch deutlicher offenbar - das ist ein schwerer Fehler, den ich kaum wieder gutmachen kann.

Gutes Peng stoppt die Kraft des Gegners, ohne ihn in seiner Lage des Schwerpunkts zu verändern. Es stoppt seine Arme, ohne diese wegzuschieben.

Dann steht der Gegner mit alten oder toten Armen da - schlimmer kann es für ihm nicht kommen. Lian und Sui - Verbinden und Folgen, sind dann kaum mehr aufzuhalten.

Zhan und Nian - Anhaften und Kleben, das ist nur mit Peng möglich - also ist Peng zumeist auf die erste Kraft/ Jin in einem Gefecht.

Fechtergruß

Klaus
19-06-2013, 11:13
Peng ist ohne eine Wirkung gegen Gegenstände wie Türen, aber auch Blankwaffen, nicht zu denken, Kamen, es wäre vollkommen nutzlos.


Äh, nein. Peng Jin wirkt genauso auf Feuerschutztüren die ich zu damaligen Zeiten "mühelos" gegen die Wand geworfen habe (das war mein Training, in einem Gebäude mit zig davon auf einem Flur), und auch auf Bälle. Das "Manöver" entfällt, insofern die nötigen Gegebenheiten nicht da sind. Eine Tür kann ich nicht Richtung Emptiness führen, die ist einfach nur da und hat einen Widerstand, und sie rotiert.

Terao
19-06-2013, 11:20
Jedes Tier führt Peng aus - schaue Dir mal an, die Kalzen sich balgen.Schon beneidenswert, die müssen dafür nicht mal Artikel lesen. Bloß von klein auf balgen.

martin3
19-06-2013, 11:37
Yup, aber leider können sie dafür das Schwertführen nicht erlernen. Geht für Katzen halt nicht. Ihr Hirn macht das nicht mit.

Man hat halt leider nur die Wahl - natürliches peng als Katz oder peng und Schwert lernen können als Mensch.

Gruß

Dietrich von Bern
19-06-2013, 11:58
Für mich klingt es so als wird hier über etwas "paranormales" diskutiert.
Geht es hier nicht um Gleichgewicht, timing, Reaktion, Körpergefühl, Muskel- und Faszienspannung? Ist es nicht das gleiche wie wenn ein Gegner nach einem Vorwärtstritt in die Ecke segelt weil sich einige Kräfte (u. a. die elastische Kraft der Faszien) aufaddiert haben?

gasts
19-06-2013, 12:04
Für mich klingt es so als wird hier über etwas "paranormales" diskutiert.


Wegen der Katzen?



Ist es nicht das gleiche wie wenn ein Gegner nach einem Vorwärtstritt in die Ecke segelt weil sich einige Kräfte (u. a. die elastische Kraft der Faszien) aufaddiert haben?

Wenn der Gegner zutritt und dann in die Ecke segelt, wahrscheinlich schon.
Ansonsten gehen hier eventuell die Meinungen auseinander.:)

Klaus
19-06-2013, 14:00
Für mich klingt es so als wird hier über etwas "paranormales" diskutiert.


Es fühlt sich tatsächlich so an, auch wenn ich mich bemühe immer zu versuchen es in "normale" Worte zu bringen.



Geht es hier nicht um Gleichgewicht, timing, Reaktion, Körpergefühl, Muskel- und Faszienspannung?

Ja, aber es ist erstaunlich, wo das hinführen kann, und eine komplexe Sache. Wenn man sein Leben lang Sport gemacht hat, und plötzlich entsteht ein deutlichst kribbelnder "Nachbrenner" so dass man wesentlich stärker wird - ohne zusätzliches Training - dann fühlt sich das komisch an. Und cool. Bei mir ist das auch wieder komplett verschwunden, so dass ich deutlich die Unterschiede fühle zwischen "mit" und "ohne". Und ich habe das Gefühl dass sehr viele Leute das "mit" gar nicht kennen, weil es (noch) nicht entstanden ist. Das Technische von IMAs ist "mit" aber noch mal ne andere Welt.

Interessant ist auch, dass tatsächlich bei grossen Kraftanstrengungen die in alten Schriften beschriebenen Effekte auftreten, dass also "im Dantien" was kribbelt, und kurze Zeit später kommt erst der Hauruck mit enormer Kontraktion vieler Muskelpartien, teils so stark dass es mir weh getan hat. Meistens ist es verzögerungsfrei, ich habe aber eben auch schon "Ladeeffekte" gehabt wo quasi der Körper ne Kartusche durchlädt für den grossen Schuss. Sowas hat sich für "Ungebildete" ohne grosses Vorwissen sicher reichlich magisch angefühlt, und unser "mechanisches" Medizinwissen aus der Schule ist keine 100 Jahre alt.

T. Stoeppler
19-06-2013, 15:36
Für mich klingt es so als wird hier über etwas "paranormales" diskutiert.

Nein, keine Sorge - etwas paranormales ist das nicht, nur ein Attribut der Kampfkunst.
Man muss sich als "Aussenstehender" bei den IMAs eben dran gewöhnen, dass einige Effekte und Attribute eben sehr deutlich hervorgearbeitet werden. Manchmal bis zum Selbstzweck - aber wenigstens beim "Pengjin" ist das nicht der Fall, das kann jeder gut brauchen.

Ich verlinke mal eine Referenzerklärung zum Pengjin (welche, der Vollständigkeit halber leichtestens auch den Begriff bzw die Assoziation eines Teilaspektes des oft so fragwürdigen Terminus "Chi" mit einschliesst ;) )
SCHATTENBLICK - MODELLE/002: Das CH'I-Konzept - Teil 2 (MA) (http://www.schattenblick.de/infopool/ma/theorie/chi-2.html)

Gruss, Thomas

Terao
19-06-2013, 15:43
Also, Katzen haben durchaus was Paranormales. Man könnte sogar sagen: Die sind völlig durchgeknallt.
Peng.

Dietrich von Bern
20-06-2013, 08:32
...beim "Pengjin" ist das nicht der Fall, das kann jeder gut brauchen...
SCHATTENBLICK - MODELLE/002: Das CH'I-Konzept - Teil 2 (MA) (http://www.schattenblick.de/infopool/ma/theorie/chi-2.html)

Gruss, Thomas

Vielen Dank! Sehr interessant :)

Richard22
20-06-2013, 09:32
Peng wird mit allen Waffen ausgeführt - und viele Menschen scheinen, was die KK angeht, ein ähnlich mechanisches Weltbild wie deine Drehtüren zu haben, Klaus. Man kann eine Drehtür auch in das Leere führen - warum sollte das nicht gehen, solange die Tür sich eben dreht.

Cheng Zong You bringt seine gesamte KK 1621 auf folgenden Satz. Bullen benutzen ihre Hörner, Tiger nutzen Krallen und Zähne.

Horn/Bulle ist der Stich oder Stoß.

Krallen sind der Hau, Zähne der Schnitt.

Was Klaus beschreibt, findet sich tatsächlich in verschiedenen Schriften zu KK und ist nichts Außergewöhnliches, ähnliches haben Soldaten der WKs beschreiben, oder Ziviisten in Notlagen.

Der Unterschied in der KK ist nur, daß man versucht diese Effekte einigermaßen zu steuern.

Man muß aber immer wieder herausstellen, das es nicht wirksam ist stark oder stärker zu werfen, sondern zu treffen ohne Getroffen zu werden.

Fechtergruß

va+an
20-06-2013, 10:58
Ich lese immer nur... Ich vermute.. Ich denke... Meine Meinung..

Scheinbar hat keiner eine wirkliche Praxiserfahrung

========================
@mobile

Kamenraida
20-06-2013, 12:36
Ich verlinke mal eine Referenzerklärung zum Pengjin (welche, der Vollständigkeit halber leichtestens auch den Begriff bzw die Assoziation eines Teilaspektes des oft so fragwürdigen Terminus "Chi" mit einschliesst ;) )


Immer wieder schön, diese alten Artikel von HB zu lesen. Bei ihm würde es sich übrigens lohnen, über Paranormales zu reden, auch wenn er hier ganz den Physiker macht ;-)

Der Artikel stammt übrigens aus den 80ern. Die Auseinandersetzung mit dem Chi-Modell wirkte heute ein wenig überholt, da wohl kaum noch jemand in der Taichi-Szene die Dinge so ausschließlich mit dem Energie-Modell erklärt. Man redet verbreitet über Körpermechanik, und das ist ja auch richtig.

Der übrige Erklärungsansatz von Barthel ist schon ziemlich gut. Wobei sich mir auch der Gedanke aufdrängt, dass er ein chinesisch-abstraktes Modell (Chi) durch ein europäisch-abstraktes Modell (Physik/Vektoren) ersetzt. Aber gut, die Entmystifizierung war damals sicherlich ein wichtiger Schritt. (Und in der Praxis macht ihm eh niemand was vor).

Übrigens lässt sich auch hier nachlesen, wie für die gewünschten Effekte eine Kobination aus Spannung/Entspannung nötig ist. Darum teile ich die Gleichsetzung von Peng Jin mit der menschlichen "Notfallschaltung" überhaupt nicht. Beides kann sehr beeindruckende Wirkungen entfalten, aber deshalb hat es dennoch nicht viel miteinander zu tun.

Klaus
20-06-2013, 15:06
Leading to emptiness heisst ja entwurzeln, und eine Tür die hängt kann man nicht entwurzeln, die fällt ja nicht. Aber man kann einige Vektordinge gut üben.

Ich halte übrigens von "Entmystifizierungen" überhaupt nichts, die existierende Phänomene einfach wegdiskutieren die bei manchen Menschen wie Thomas Stöppler, mir, und noch einigen anderen Leuten da sind, und bei anderen halt nicht. Da würde ich mir mal Gedanken über das Training machen wenn da bei einem selbst einfach was fehlt.

T. Stoeppler
20-06-2013, 15:49
Darum teile ich die Gleichsetzung von Peng Jin mit der menschlichen "Notfallschaltung" überhaupt nicht. Beides kann sehr beeindruckende Wirkungen entfalten, aber deshalb hat es dennoch nicht viel miteinander zu tun.

Ich bin mir da nicht ganz sicher - möglicherweise doch; Ich bilde mir ein (wirklich - das ist jetzt nicht speziell überprüft) dass mein Körper zwei Dinge "auf einmal" tut, wenn ich überraschend von irgendwas (Leuten, Fahrräder, Dachziegel..) getroffen werde. Das Eine ist sowas wie ein komplettes Nachgeben für eine Millisekunde und dann baut sich mit "Fajin" Qualität etwas dagegen auf.

Das ist mir nur ein paar mal passiert, aber jetzt wo ich den Thread lese, fällt mir das in dem Zusammenhang wieder ein. Da ist jetzt einfach die Frage, ob das ein "Notfall-Peng" ist.

Natürlich ist das jetzt nicht die bewusst-technische Variante, wie sie z.B. von Herrn Barthel beschrieben ist.

@Klaus
Sehe ich auch so - wobei ich gut 95% aller IMA-Sachen mit meinem derzeitigen Kenntnisstand recht einfach "Entmystifizieren" kann, einen kleinen Teil allerdings nicht... den behalt ich mir offen.

Gruss, Thomas

Richard22
21-06-2013, 12:45
Unser Leben ist generell von Unerklärlichem umgeben - Mystik ist ein Teil der menschlichen Natur. Ein mechanisches Weltbild führt -meiner Meinung nach - zu einer mechanischen Art zu Leben.

Eine bewußt-technische Variante von Peng-Jin wird im Notfall immer scheitern. Eben weil es unbewußt und natürlich abläuft, ist Peng-Jin von praktischem Wert. Changquan/ Taijiquan soll ja gerade natürlich und nicht verkopft ablaufen.

Eine Tür kann man durchaus entwurzeln, Klaus - ich habe schon Türen eingetreten und aus den Angeln gehoben, mit der Faust eingeschlagen - vielleicht bin ich einfach durch Holzpuppenüben/ Palus mehr gewohnt mit Gegenständen zu üben als Du. Viele Menschen haben deutlich weniger Verwurzelung als die meisten Türen (das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen, hehe).

Wenn das Ganze so schnell abläuft, daß man selber nicht mehr weiß, wie und was man tat, dann ist man in der KK in einem Bereich, den man mit der Verstand nicht mehr erfassen kann - das ist nicht echte Mystik, sondern eben nur die Grenze unserer Wahrnehmung.

Das ist wie schnelles Pistolenschießen - bewußt zielen geht da nicht mehr. Oder mit dem Karabiner mit dem linke Augen das Ziel in der Ferne auffassen und mit dem rechten Auge nur noch das Korn scharf sehen und schießen - das geht zu schnell, um zu denken.

Van, "ich denke, vermute" usw ist eine Höflichkeitsform. Da geht es darum einfach seine eigenen Ansichten als das Darzustellen, was sie sind - Meinungen. Ich habe schon einige Leute umgehauen, zum Glück aber niemanden töten müssen. Das ganze Fechten mit Blankwaffen ist aber auf das Töten von Menschen ausgelegt - wir tippen deswegen über Theorie.

Du kannst mich gerne besuchen kommen und Dich praktisch davon überzeugen - meine Adresse findest Du im Link meiner Webseite.

Fechtergruß

Klaus
21-06-2013, 13:02
Eine Tür kann man durchaus entwurzeln, Klaus - ich habe schon Türen eingetreten und aus den Angeln gehoben, mit der Faust eingeschlagen - vielleicht bin ich einfach durch Holzpuppenüben/ Palus mehr gewohnt mit Gegenständen zu üben als Du.


Mit Entwurzeln meint man eher eigentlich, dass man die Balance stört so dass jemand anfängt zu fallen und sich abzustützen. ;)

Für einfache Aktionen die drücken ist eine schwere Tür ein guter "Partner".

Sascha Broich
21-06-2013, 13:33
Unser Leben ist generell von Unerklärlichem umgeben - Mystik ist ein Teil der menschlichen Natur. Ein mechanisches Weltbild führt -meiner Meinung nach - zu einer mechanischen Art zu Leben.
Das ist eine typisch romantische Einstellung und dient meist dazu, die eigene Unkenntnis zu verteidigen.
Nur, weil man etwas wissenschaftlich erklären kann, muss es noch lange nicht seine Faszination verlieren. (Und nur, weil man etwas nicht erklären kann, muss man es nicht mystifizieren. Ein einfaches: "funktioniert, weiß aber nicht, warum" trauen sich aber auch nur die wenigsten.)


Eine bewußt-technische Variante von Peng-Jin wird im Notfall immer scheitern. Eben weil es unbewußt und natürlich abläuft, ist Peng-Jin von praktischem Wert. Changquan/ Taijiquan soll ja gerade natürlich und nicht verkopft ablaufen.
Auch hier wieder: Wissen, warum etwas funktioniert, muss nicht zu einem "verkopften" Verhalten führen.
Nur, weil ein Biologe genau weiß, wie die Atmung bis in die Zelle hinein funktioniert, macht er das doch auch nicht "bewußt".
Hingegen kann das Wissen um die Funktionsweise helfen, Abläufe zu optimieren.
Genau das scheint ja das Problem des Chi und hier des Peng zu sein. Weil keiner weiß, was da warum passiert, kann man es auch nicht wirklich lehren, sondern man kann es mehr zufällig erlernen - oder eben auch nicht.

Klaus
21-06-2013, 13:35
Es gibt schon zuverlässige Methoden das zu lernen, die will nur keiner haben. Und ich würde das auch mit keinem machen wollen.

peep
21-06-2013, 14:10
Auch hier wieder: Wissen, warum etwas funktioniert, muss nicht zu einem "verkopften" Verhalten führen.


Yep. Jeder kann zwischen Erklärung und Anleitung unterscheiden und sogar widersprüchliche und stark begrenzte Erklärungsmodelle unter einen Hut bringen - wenn er denn will und sich nicht absichtlich dumm stellt.



Genau das scheint ja das Problem des Chi und hier des Peng zu sein. Weil keiner weiß, was da warum passiert, kann man es auch nicht wirklich lehren, sondern man kann es mehr zufällig erlernen - oder eben auch nicht.

Einige Aspekte dieser IMA-Sachen werden in letzter Zeit anatomisch nachvollziehbar, andere sind noch rätselhaft. Aber zufällig ist das Lernen und Lehren in einer gut überlieferten Lehrlinie eigentlich nicht.

Es gibt aber bei diesen ganzen Diskussionen sprachliche Probleme. Qi, Jin, Li und so weiter sind keine mathematisch exakt definierten Begriffe sondern haben jeweils eine gewisse Bedeutungsbandbreite. Der situative und sprachliche Kontext einer Verwendung ist ebenso wichtig wie die implizite oder explizite Abgrenzung gegenüber synonymen Begriffen in diesem Kontext. Und natürlich haben unterschiedliche Lehrer und Schulen dann auch noch unterschiedliche Sprachgewohnheiten.

Innerhalb einer Lehrlinie sollte diese sprachliche Schwammigkeit nicht existieren. Man macht was nach genauer Anleitung. Dann passiert nach einer Weile was, und der Lehrer gibt diesem Phänomen einen Namen. Zufällig sind die Lernerfolge nur, wenn der Schüler die Korrekturen nicht annimmt und/oder der Lehrer mangels Können oder mangels Willen nicht gründlich genug unterichtet.

steffen13
21-06-2013, 19:31
Es gibt schon zuverlässige Methoden das zu lernen, die will nur keiner haben. Und ich würde das auch mit keinem machen wollen.

Das klingt etwas kryptisch. Kannst (willst) du die näher erklären?

Klaus
22-06-2013, 16:44
Ich haue Dir solange auf die Fresse bis Du mich hinderst. Und dann lernt man welche Instinkte wie funktionieren, damit das Innere frei reagieren kann. Ist ne doofe Methode, darum nehme ich auch lieber eine lange die freundlicher arbeitet, und mehr mit dem Wunsch des Geistes sich frei zu entfalten. Eine längere wird von Marc Salzman beschrieben, ich würde es so machen wenn es sinnvoll wäre.

Klaus
23-06-2013, 02:54
Wenn der Schüler reagieren darf, und in den "Ward-off"-Mode gehen, dann geht das durchaus. Was gar nicht klappt ist, wenn der Schüler auch nicht reagieren darf, oder gar mitkloppen. Das muss er aber, wenn man das so macht. Man sollte da aber _langsam_ hinkommen, es geht um den "Modus" in dem das Hirn läuft. Man muss in einen Reflexmodus, alle hochwertigen Jin-Skills laufen über einen Abwehrreflex, aus dem Überlebensteil eines "Urbewusstseins". Der "schiesst" dann damit, und das schon mal auf abgefahren hohem Niveau, von der Komplexität her. Das ist wie wenn einem siedend heiss was einfällt, was man vergessen hat. So ähnlich, nur dass da plötzlich Kraftaktionen "geschossen" werden, als Schutz, um sich zu schützen. Und darum muss man sich das auch erlauben, und keinen an die Birne faseln von immer total weisch un entschpannt un so, ein Fajin ist relativ unentspannt, jedenfalls in dem Teil der Muskulatur die gerade agiert. Und weil das der Kopf nicht schafft auseinander zu dividieren, welche Faser gerade mit 100% Spannung laufen muss und welche mit 0% darf, überlässt man sowas bitte dem Körper und dem Geist der den immer steuert, von klein auf, als man noch keine Bücher lesen konnte. Jemand der sich partout immer hypnotisiert er muss stets, immer, und jederzeit total entspannt un ohne Graft nur minner Graft vom Geschner, der wird niemals diese Kraftspitzen bekommen, weil das so nicht geht. Das ist wie "entspannt Niessen", entweder man ist entspannt, oder man niesst, beides gleichzeitig klappt schlecht.

va+an
23-06-2013, 07:38
@rich
Zu mir ist der Weg genauso weit. Aber du brauchst nicht kämpfen bei mir. Bist herzlich zu einem Tee eingeladen.

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@mobile

steffen13
23-06-2013, 20:17
Ich haue Dir solange auf die Fresse bis Du mich hinderst. Und dann lernt man welche Instinkte wie funktionieren, damit das Innere frei reagieren kann. Ist ne doofe Methode, darum nehme ich auch lieber eine lange die freundlicher arbeitet, und mehr mit dem Wunsch des Geistes sich frei zu entfalten. Eine längere wird von Marc Salzman beschrieben, ich würde es so machen wenn es sinnvoll wäre.
Gott sei dank leide ich nich an eener Verteidigungshemmung. Die Lektion des Hindern habe ich damit schon mal absolviert.
Habe ich mir schon gedacht, dass ich mein Training vieleicht mit Boxen kombinieren sollte? Bei mir gibt es Umkreis von 150km keine kämpferisch orientierte Taiji-schule.

Klaus
23-06-2013, 21:07
Und das ist auch überhaupt nicht schlimm, wir leben nämlich weder im Urwald, noch vor 500 Jahren.

Richard22
24-06-2013, 10:50
Klaus - wenn man eine Tür entwurzelt - wie auch einen Baum - dann fällt er. Auch der Mensch fällt, so man ihn entwurzelt.

Mystik ist der Logik nicht zugänglich und seit wir uns erinneren können Teil der menschlichen Natur und Überlieferung. Mystik ist nicht unlogisch - sie ist eher überlogisch - nur eben jenseits der Grenze der menschlichen Wahrnehmung.

Die Abläufe der Natur kann man nicht verbessern - das lernen wir als Kultur gerade unter Schmerzen. Man kann die Abläufe der Natur nachmachen, oder es versuchen, mehr nicht.

Unsere Wissenschaft kann nichts erklären und versucht es auch nicht - nur Populärwissenschaftler und Halbgebildete versuchen dies.

Erklärungen wie Glauben gehören in die Kirche. Wissenschaft versucht sich nur an Modellen - die immer krasseste Verallgemein sind. Aus diesen Modellen versucht sie Vorhersagen über Ereignisse und weitere Verallgemeinereungen zu machen. Wer das nicht versteht schaut sich einfach die Eigenschaften von Wettervorhersagen an.

Nichts davon klappt in der Praxis - deswegen gibt es in der Wissenschaft Theoretiker und Praktiker. Letztere basteln vor allem.

Das kann man gut am neu entstehenden Airbus in Hamburg sehen, als angewandte Wissenschaft- einer meiner Bekannten arbeitet dort als Elektritker. Der Airbus wurde berechnet - bis zur letzten Titanschraube - nur funktioniert davon nichts. Die Prototypen werden von Hand gebaut - von Handwerkern Schritt für Schritt verbessert. So entsteht dann ein neues Flugzeug - trotz massivster Rechen- und Ingenieursarbeit.

Klaus hat - wie so oft - vollkommen recht - Schüler werdeng geschlagen, um KK zu lernen. Peng lernt man nur durch Schlagen und Geschlagen werden. Viele meiner Schüler sind erstaunt, daß sie Haue bekommen und sagen dann auch, daß ich der erste Lehrer sei, der sie schlägt. Das ist aber natürlich nicht Jedermanns Sache.

Weichheit wird leider vollkommen falsch verstanden und mit Aufgeben verwechselt. Weichheit bedeutet aber Kraft/Energie hören und zumindest verstehen zu können - wenn man so will ist es Ichfrei- Die meisten KK'ler haben aber große Probleme damit, weil sie ihr Gegenüber gar nicht wahrnehmen können, weil sie vollauf mit ihrer eigen Psyche beschäftigt sind.

Ich nenne das den Egokrieg.

Aus dem Egokrieg führen zwei Wege: Langsames Üben, um sich über sich selber bewußt zu werden, oder Haue, die mir deutlichst zeigen, das ich mir möglichst schnell darüber bewußt werden muß, was hier abgeht - also was ich tue und was der Gegner macht.

Fechtergruß

Sascha Broich
24-06-2013, 13:01
Die Abläufe der Natur kann man nicht verbessern - das lernen wir als Kultur gerade unter Schmerzen. Man kann die Abläufe der Natur nachmachen, oder es versuchen, mehr nicht.
Das ist eine nichtbelegbare Behauptung deinerseits.


Wer das nicht versteht schaut sich einfach die Eigenschaften vonWettervorhersagen an.
Die Wetter-Modelle sind sehr exakt, was die Formeln angeht. Nur ist das Wetter ein so komplexer, weil weltweiter, Vorgang, dass es eben nicht exakt vorherbestimmt werden kann. Das hat nix mit "krassesten Verallgemeinerungen" zu tun.



Unsere Wissenschaft kann nichts erklären und versucht es auch nicht - nur Populärwissenschaftler und Halbgebildete versuchen dies.
Falsch. Wissenschaft ist gerade der Vorgang, aus Beobachtungen heraus Erklärungen (Modelle) zu finden, die mit weiteren/neuen Beobachtungen konsistent sind. (Es sei denn, du meinst mit "Erklären"die Sinnfrage. Die kann und will die Wissenschaft nicht beantworten.)

Nicht umsonst sind die sportlichen Höchstleistungen in dem Maße gestiegen, wie wissenschaftlich gestütztes Training Einzug gehalten hat.
Insofern dürfte eine (sport)wissenschaftliche Untersuchung dieses "Peng" genannten Vorganges zu einer Entmystifizierung führen. Und dadurch nachvollziehbar werden.


Klaus hat - wie so oft - vollkommen recht - Schüler werdeng geschlagen, um KK zu lernen. Peng lernt man nur durch Schlagen und Geschlagen werden. Viele meiner Schüler sind erstaunt, daß sie Haue bekommen und sagen dann auch, daß ich der erste Lehrer sei, der sie schlägt. Das ist aber natürlich nicht Jedermanns Sache.
Das Getroffenwerden ist doch die direkteste und unmittelbarste Kontrolle einer Technik. Das muss ja nicht in einem KO enden. Aber ohne derartige Rückmeldungen wird aus einer KK meist eine exotische Tanzform.

Klaus
24-06-2013, 14:49
Um eine Tür zu entwurzeln im Sinne hochwertigerer Ansätze müsste man ihr Gleichgewicht manipulieren damit sie fällt - das geht nicht, weil sie an Zapfen hängt. Man kann aber sowas ähnliches an einer Tür lernen, das Streifen mit Kippanteil. Was man prima mit einer Tür machen kann ist, aus dem Gehen elegant Druck annehmen und an einer Art Totpunkt den Impuls mitgeben. Alles was ich mit einem Körper mache, kann ich üben, aber einer Tür fehlen die Arme, und was Menschen damit machen um ihr Gleichgewicht zu steuern. Martin ist z.B. einer der wenigen "Westler" die ich getroffen habe, die später das drauf hatten dass man plötzlich das Gefühl hat leicht zu werden und aufzusteigen wie von einem Ballon, das können nicht viele Leute. Da fängt Taijiquan quasi erst an, Peng haben alle IMAs.

volition
25-06-2013, 11:15
Hat nicht mal einer ein Video?

Klaus
25-06-2013, 12:05
Klar. Vereinzelt hier zu sehen:

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Richard22
25-06-2013, 12:21
Was man da sieht, Klaus, ist kooperative Schieben und ein sehr williger Schüler, der alles mit sich machen läßt. Viel Lü, viel Cai, denke ich - so gut wie kein Peng, meiner Meinung nach.

Peng würde man viel mehr im Zerstreuen der Hände sehen.

Dazu ist der ältere Herr meines Erachtens schwerer als seine beiden Schüler auf den beiden Videos.

Das generelle Problem bei solchen Vorführungen ist, das Schieben (der Hände) keine Gefechtsübungen sind. Die Schüler überdehnen ihren Bereich/ ihren Raum und rennen dann einfach beim älteren Herrn gegen eine Wand. Sie würden sich auch bei einer Türe so verhalten - wenn sie der Türe genauso vorauseilenden Gehorsam entgegenbrächten.

Der Schüler greift bei einer sich schwingenden Tür an den Türgriff, die Tür schwingt, der Schüler greift in das Leere und fällt. Da hat dann die Türe, im Sinnes des Taiji, Kong benutzt.

Man kann Türen auch aus ihren Angeln reißen - ist eine super Peng/ Cai Übung.

Fechtergruß

steffen13
25-06-2013, 12:44
So schlecht sieht es nicht aus. Wobei ich gern einmal Pengjin in Anwendung sehen würde. Also gegen unkooperative Jungs, die wie Klaus sagt "in die Fresse" kriegen und aus der Reaktion heraus u.a. Peng anwenden.

Richard22
25-06-2013, 12:50
Ich habe niemanden unterstellt, daß es schlecht aussieht - der alte Herr arbeitet in der Tat sehr fein und wartet geduldig auf seine Schüler, die irgendwann aus Höflichkeit oder Nervosität Fehler machen.

Nur hat das wenig mit Peng Jin zu tun, denke ich - weil eben das Szenario nicht dazu angetan ist.

Fechtergruß

Klaus
25-06-2013, 13:50
Darum schrieb ich auch vereinzelt, meistens benutzt er Kippaktionen, die auch freundlicher sind. Wenn die Leute aber gerade von ihm weg stolpern ist das Peng. Und "kooperativ" ist da keiner, ausser in dem Sinn dass die bei der Übung bleiben und nicht plötzlich Kickboxen.

Kamenraida
25-06-2013, 15:08
Im Gegensatz zum Glauben funktioniert Wissenschaft auch so.
Da aber Wissenschaft von Menschen betrieben wird, gibt es auch Irrtümer und Irrwege. Im Gegensatz zur Religion gibt die Wissenschaft aber zu, dass sie sich geirrt hat.

Ich danke dir für diesen und auch deine obigen Einwürfe! Tut gut - und ich finde es erstaunlich, wie sehr dieses Verständnis von Wissenschaft offenbar eine Mindermeinung ist. Man kann nicht oft genug betonen, dass gerade die westliche Wissenschaft die Reflektion auf die eigenen Bedingungen, Methoden und auch Fehlentwicklungen hochhält. Das ist in den meisten anderen Wissenssystemen, die die Menschheit hervorgebracht hat, nicht so.

Zum Thema:
Nach meinem Verständnis ist es streng genommen nicht Pengjin, wenn Leute in hohem Bogen wegfliegen. Pengjin ist eher vergleichbar damit, wenn man einen Tischtennissball auf einem Fön balanciert - es hält den Gegner in der Schwebe. Ausgreifende, wegschleudernde, werfende Aktionen sind andere Energien - eben An, Ji, Cai oder was auch immer. Darum kann man Pengjin eigentlich auch nicht auf Videos sehen, man muss es fühlen.
Aber gut, im "Alltagsverständnis" ist Pengjin eben das, was man auf allen Videos sieht, zB von Ma Jingbao.

martin3
25-06-2013, 15:44
Hallo Kamenraida,

auch danke für deinen berechtigten Einwurf:

Gerade deswegen wird in dem Artikel ja auch zwischen einem "kleinen" und einem "großem" peng unterschieden.

Gruß

rudongshe
25-06-2013, 16:46
Aaalso... nur mal auf die Schnelle

was jeder von uns als Peng oder sonst kennt hängt doch immer auch vom eigenen Level ab ...

Mal ein Vorschlag für die Herangehensweise.

Gibt es Techniken, welche die Energien am besten ausdrücken/erzeugen, sozusagen als Lehrstück?

Entsprechend wäre die Energie/Jin das, was sich so ähnlich "anfühlt" wie im Lehrstück?

Beim peng denke ich da an den ward-off.

Grüße

T. Stoeppler
25-06-2013, 18:05
Aufräumarbeiten beendet, bitte beim Thema bleiben.

Gruss, Thomas

FanzerPaust
26-06-2013, 10:54
Tabek,

mich würde mal interessieren wie ihr "peng" unterbindet, abgesehen davon natürlich, dass man dem anderen nichts gibt.

gruß

Klaus
26-06-2013, 11:29
Besser sein ? In die Eier treten ? Kopfstoss ? Rooting ? Gegenfajin ? Aus der Kraftlinie gehen ? 1000 Möglichkeiten.

FanzerPaust
26-06-2013, 11:54
Tabek,

ich meinte das schon ein wenig spezifischer. Wenn ich mein Zentrum nicht dicht mache oder kein Kontakt habe erledigt sich eh jeder weiter Diskussion.

gruß

Richard22
26-06-2013, 12:32
Yu Da-You, um 1620 vermutlich, man verzeihe mir das englische Zitat.

"I shall move and surpress with force first, just as he intends to move. In the situation where he has exerted energy and made a move, I shall make use of the opportunity and counter with gentleness after his move."

Der erste Satz ist der Einsatz von Peng - aber natürlich auch Ji. Der erste Satz bezieht sich auf Zhan/Nian, der zweite Satz auch Lian/Sui.

Peng (Jin) unterbindet man natürlich am besten mit Nachgeben - was aber nicht mit Aufgeben verwechselt werden darf. Die Kräftepaare sind Peng/ Ji und Lü/ An - diese neutralsieren sich generell.

Da aber die Wenigsten Peng fein und gut gerichtet einsetzen kann man Peng mit jeder der acht Grundbewegungen kontern - je nachdem, wo der Ansatzpunkt beim Gegner liegt.

Fechtergruß

Klaus
26-06-2013, 12:43
Ich möchte ja Leute nicht auf Ideen bringen, aber es ist nun nicht wirklich schwierig, aber auch nicht "generell" zu beantworten. Eigentlich gibt es ja Push-Hands-Übungen für jede Höhe, da sollte im Kern schon mal so gut wie alles vorkommen. Spätestens mit Schrittarbeit gibt es immer eine Antwort, die muss nur früh genug kommen, und stimmen.

FanzerPaust
26-06-2013, 12:45
Tabek,

da geht es um das bessere timing. Ist natürlich die Grundvorraussetzung für Peng.Es gibt aber zumindest noch einen anderen Punkt an dem man Peng nutzlos machen kann. Ich würde aber gerne noch auf weitere Antworten warten.

gruß

T. Stoeppler
26-06-2013, 16:43
Ist ja schon quasi alles gesagt. Dazu vielleicht noch - das Pengjin, was man als normaler Taijiler hat, klappt beim Bodenkampf nicht gut, da muss man so einiges modifizieren. Ansonsten kann man jemandem durch einen Strukturbruch daran hindern, Peng zu benutzen. Ist aber auch da die Frage, wer was besser kann.

Gruss, Thomas