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Vollständige Version anzeigen : Link: Chin. Waffen - Alte Texte und Clips



martin3
20-06-2013, 20:28
Da gerade chin. Waffen hier diskutiert werden, ein Link dazu:

Chinese traditional battlefield swordsmanship (http://www.chineselongsword.com/)

Es gibt hier alte Texte mit Abbildungen und Clips dazu.

Viel Spaß

Martin

Primo
20-06-2013, 21:42
Ich ergänze mal , wenn ich darf .

....auch ganz interessant Weapons | Kung Fu Tea (http://chinesemartialstudies.com/category/weapons/)


Gruss

martin3
20-06-2013, 21:46
Super - danke

Klaus
21-06-2013, 10:55
Bei den "Rekonstruktionen" zum Waffengebrauch sollte man vorsichtig sein. Solange man nicht selbst den Text im Original hat und lesen kann, ist jede Interpretation mit Vorsicht zu geniessen. Insbesondere der Versuch, ein einhändig geführtes Schwert von 70cm mit einem Stab von 2m oder länger gleichzusetzen sagt schon alles. Speer und Stock sind ziemlich ähnlich, weil man mit einem Speer halt auch nicht schneiden kann, die 2händigen Säbel haben ein gewisses Maß an Überschneidungen aber auch schon Manöver die mit Holzwaffen einfach nicht gehen, und ein einhändiges Schwert verhält sich völlig unterschiedlich. Gewicht, Balance, Drehpunkte, Körpermechanik, Strömungsverhalten, das verhält sich wie eine Bowlingkugel zu einem Volleyball. Meine unmassgebliche Vermutung ist, dass man so begründen will, warum Leute deren Bürgerwehr nur Stöcke hatten die Meister des Schwerts sein sollen die man fragen soll.

Richard22
21-06-2013, 12:29
Sehe ich ganz anders, Klaus - wir finden schon bei Yu Da You den Gedanken Speer und Schwert/Jian gleichzusetzen - im 3227a finden wir dasselbe, aus dem langen Schwert ist die Stange genommen.

Das ist einfach die Einteilung der Waffen in lange und kurze - eine sehr praktischer Gedanke.

Die Übereinstimmungen sind prinizieller Natur, denke ich, Speer (der überdies auch schneiden kann) und Schwert/Jian töten vor allem im Stich. Ein Messer/Dao schneidet und haut mehr, als das es sticht.

Es ist, meiner Meinung nach, vor allem die Ausbildung - die ist mit einem Stock am Anfang billig zu führen.

Der Stahlspeer Chinas - als Kriegswaffe, fechtet sich faktisch wie ein langes Schwert bei uns im Westen.

Lange Waffen erfordern eine ganz andere Steuerung, als kurze Waffen. Kurze Waffen haben den Schwerpunkt auch Schrittarbeit, lange Waffen auf Arbeit mit den Händen.

Bürgerwehren in China hatte in Henan wohl zwei Systeme: Den roten Speer und die rote Faust. Der rote Speer ist militärisches Speerfechten, die rote Faust (finden wir heute noch in der Chen Form 1, Hand verdeckt Faust und Herz und im Ing Un) ist ein waffenloses Nahkampfsystem der langen Faust.

Die Textwerke von Chineselongsword finde ich klasse - ihre Rekonstruktionen sind nicht so gelungen, da fehlt es einfach an ein oder zwei Jahrzehnten Praxis.

Fechtergruß

Klaus
21-06-2013, 12:35
Da sollte man aber auch die jeweilige Länge des "geraden Schwerts" beachten, die waren nämlich in manchen Epochen bis zu 1,40 lang und eher Stichwaffen.

Siehe hier:
ScCx4F9TGYo

Wo bitte schön kommen solche Bewegungen bei einem längeren 2händig geführten Stock vor ? Das war auch vor 200, 500 und 1000 Jahren Geschwätz, das gleichzusetzen. An Geschwätz hat es nur leider nie gemangelt. Ein "Schwertstil" der einfach nur die Bewegungen eines Stocks nimmt, weil man zufällig nur das gelernt hat, ist ein Witz, und unvollständig. Shaolin hin oder her. Ich lerne Basketball auch nicht von einem Fussballtrainer und sage "ist eh das gleiche".

Richard22
21-06-2013, 12:53
Gerade mit dem Stock wird mehr geschlagen als gestochen, Klaus - beim Speer umgekehrt.

Das gesamte erste Drittel der Form auf dem Video sind überdies Haue mit einem Stock - der Rest ist speerlastiger.

Vielleicht sollten wir uns mal treffen und uns über Speer und Jian austauschen. Was China-Quellen mit dem Schwert machen ist daselbe, was unsere europäischen Quellen mit dem Schwerte machen. Selbst die Stücke sind gleich - was mich immer wieder erstaunt.

Außerdem wäre es mal schön mit Dir und Thomas über Changquan/Taijiquan praktisch zu diskutieren - Thomans sah ich das letzte Mal 2007. Außderdem könnte ich dann mal Deine sehr gut aussehenden Jians betrachten.

Shaolin ist auch für keinerlei Blankwaffen bekannt gewesen, nur eben für den Gun/Stock.

Was der gute Mann auf dem Video macht sind nur noch tote Bewegungen - er sollte die Stücke einzeln mit einem Partner machen - Soloformen scheinen recht neu zu sein, im 17. Jhd. sollen Formen oft Partnerformen, also geübte Stücke gewesen sein. Vor allem sollte ein ein Jian dieser Länge zweihändig führen - schlüge ihm einer mit einem ähnlichen Schwert zweihändig zu, würde er rasch sehen, warum.

Aber: Die Jian Stücke des 17. Jhds sind zumeist gegen den Speer gerichtet - also das Fechten mit ungleichen Wehren. So ist auch diese Form zu sehen - wie die Jian Form des Yang Taijiquan ist sie vor allem gegen den Speer gerichtet - weil es eben sehr ähnliche Waffen sind.

Fechtergruß

Klaus
21-06-2013, 13:32
Die Schlagmechanik ist aber anders. Je nachdem ob der "Erfinder" einer Aktion einen gepanzerten Gegner im Sinn hatte bei dem man nicht auf Unterarm oder Knie schlagen konnte, oder jemanden der so einen Panzer nicht hatte, macht es auch mehr oder weniger Sinn bestimmte Aktionen zu üben. Wenn die einzige freie Stelle der Kopf mit der Helmöffnung ist, dann braucht man andere Manöver gar nicht erst zu überlegen ausser da hin zu kommen. Oder die Aktion braucht soviel Power dass man die Spitze durch einen Lederpanzer treiben kann. Ging es um Wegelagerer ohne schwere Rüstung, dann gelten andere Bedingungen. Im Gegensatz zu einem Stock wo man Wirkung nehmen kann indem man den Winkel ändert, ist es bei einem scharfen Säbel relativ egal ob der richtig fest oder nur ein bischen fest trifft. Entweder das Körperteil ist ab oder "nur kaputt", akzeptabel ist das beides nicht. Und mit einem Schwert kann man auch in der Nulldistanz noch Schaden anrichten, das ist mit einem Stock schon schwierig. Kampf mit einer Lederrüstung ggf. mit Kette drunter ist auch was völlig anderes als Kampf mit einer Robe und Gottvertrauen, das sollte in die eigene Kampfführung mit einfliessen wenn man noch einen Backup hat. Wie gesagt, leider kam es häufiger eher darauf an wie gut etwas klang, als darauf ob es richtig oder nicht richtig ist. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, waren Qi Jiguangs Methodiken auch nicht besser als die der jeweiligen japanischen Kombattanten, er hat die schlicht müde kämpfen lassen indem für jede gefallene Reihe flugs die nächste an den Start musste. Da stellt sich dann die Frage, ob man nicht gleich lieber die Leute fragen sollte, die die ersten Reihen mühelos weggemäht haben.

Jedenfalls unterschreibe ich das "Stock und Schwert sind eh das gleiche" nicht.

Klaus
22-06-2013, 16:49
Noch ne Ergänzung: ich würde sowas im Original lesen, oder jemand fragen der es kann was da wirklich steht, wörtlich. Ich interpretiere lieber selbst, als dass mir jemand ne "freie Übersetzung" gibt, die seine Ansicht enthält. Akzeptieren würde ich eine Interpretation, dass jemand der mit einem kurzen Speer oder Stock Kampf inklusive Positionieren, Schrittarbeit, Binden, Winkel, Timing usw. lernt schon all diese Vorschulungen kennt, und ein Schwert nur noch neue "Details" liefert. Jemand der nur gerlernt hat mit 10 anderen Leuten Schulter an Schulter in ner Reihe vorzumarschieren und zu stechen kann das nicht.

T. Stoeppler
23-06-2013, 09:59
Akzeptieren würde ich eine Interpretation, dass jemand der mit einem kurzen Speer oder Stock Kampf inklusive Positionieren, Schrittarbeit, Binden, Winkel, Timing usw. lernt schon all diese Vorschulungen kennt, und ein Schwert nur noch neue "Details" liefert.

Ich denke, so war das auch zu verstehen - Mit dem Stock bzw der Lanze kann man erstmal eine Riesenmenge an Grundlagen inklusiver Körperarbeit, funktionaler Stärke etc üben. Wenn man dann ein Schwert bzw jede andere Waffe in die Hand nimmt, kann man schonmal solide Grundlagen und muss sich dann mit den Eigenheiten und Möglichkeiten vertraut machen. Heisst ja nicht umsonst:
Speer - 100 Tage
Säbel(+Schild) - 1000 Tage
Schwert -10.000 Tage
(wobei die Zahlenwerte ja auch immer subjektiv im Sinne von "ne Weile" über "Viel" bis "sehr viel") zu verstehen sind.

Gruss, Thomas

Richard22
24-06-2013, 11:01
Ich will Euch nicht widersprechen - Yu Da You's 180 Stücke des Jian/Schwert werden aber von ihm explizit und mit Absicht am Gun/Stock unterrichtet. Ich halte das Zeugs für sehr hochwertig und man kann sehr leicht Liechtenauer darin erkennen - es gibt eben nicht allzuviele Wege zu Fechten.

Beide, Jian und Gun, arbeiten nach demselben Prinzip - der Gegner wird entweder im Innenkreis/ der kleinen Tur abgestochen, oder ich baue mir eine Brücke über den Außenkries/ der großen Tür - die oft über die vordere Hand/ Waffenhand führt.

Stiche im Innenrkeis gehen fast immer in die linke Achselhöhle - wir wissen aus unserem westliche Harnischfechten, daß dies auch bei uns als wichtige Blöße angesehen wurde. Xenophon nennt es im Roßfechten sogar als Primärblöße.

Generell möchte ich noch anmerken, daß die Verwendung von Bauern (Qi wollte keine Städter) im Kriege als Klingenfutter zwar Kriegskunst ist - aber nicht so viel mit KK zu tun hat, wie man denken möchte - Krieg ist immer unmenschlich und nicht zu angetan Grundlage zur schöngeister Erbaung zu sein. Qi's Buch ging in erster Line um Massenkampf - Kriegskunst.

Fechtergruß

Klaus
24-06-2013, 14:53
Vielleicht irritiert hier der Unterschied "Stock" und Shaolin-Stab. Ich kann mit einem Shinai genauso fechten wie mit einem Schwert, aber wie Shaolin-Laienmönche mit ihrem Bambus-Langstock umgingen war halt eine spezifische Methode.

Richard22
25-06-2013, 12:42
Schaut man sich Yu Da-You an - immer unter dem Vorbehalt, daß die Übersetzungen Annahmen sind (wie alle Auslegungen), dann fällt sofort auf, das er von Xu Zhou-Zhao das Chang Jian erlernte - also das lange Jian - wir würden es langes Schwert nennen.

Diese Waffe wird zumeist zweihändig bewegt, im Ringen gibt es natürlich viele Linkshandarbeit abseits vom Gehilz. Gleiches gilt für Mao Yuan Yi.

Erinnerungen daran sieht man noch heute in der Yang Stil Jian Form, die einhändig und zweihändig gefochten werden kann - oft sind auch beim Jian zwei Hände am Gehilz, was durch die Schwerthandfingerstellung nicht immer klar wird.

Bei den Stücken im Stock/Gun in Yu Da-You fällt dem geneigten Leser sofort auf, daß alle Stücke mit dem rechten Beine vorne gefochten werden (also Ausgangsstellung) - das ist die Schwert/Jian Stellung - ein Speer würde zumeist mit dem linken Bein vorne gefochten werden - ein Stock wird hingegen durchaus auch mit dem rechten vorne gefochten, meistens aber links vorne begonnen.

Yu Da-You zeigt also am Gun Stücke des Chang Jian - mit voller Absicht. Er spricht oft in Verdeckter Rede und nennt zwar alles beim Namen, aber man kommt nicht immer gleich darauf, was er meint.

Seine Stücke des Dreizack stehen für alle schweren Hiebwaffen - Yu Da-You hat also - was er ja auch angibt - ein Kompendium aller ihm damals bekannten KKs erstellt.

Yu (angeblich 1503–1579) ist älter als Qi (angeblich 1528-1588), und Qi übernahm Yu's Werk vollständig in das seine und nennt Yu als seinen Lehrer. Zu dieser Zeit ist ein Shaolin Kloster selbst eher Legende denn historisch nachvollziehbar. Dasselbe gilt von der KK der Shaolin.

Das sind Stange und LS ähnlich fechten wissen wir aus unseren westlichen Quellen.

Deswegen ist Yu Da-You als Quelle hochinteressant - und Quellenarbeit ist immer Mutmaßung, weil jede Rekonstruktion Mutmaßung ist.

Fechtergruß