Ueshiba: Supermann oder Renommist? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Ueshiba: Supermann oder Renommist?



gasts
17-07-2013, 04:58
Hallo,

Dass über berühmte Kampfkunstmeister irgendwelche Legenden erzählt werden, ist ja bekannt.
Wenn die diese Geschichten selbst erzählen, hat das für mich eine andere Qualität.
in dem Seagal-Thread wurde dieses Interview mit Ueshiba Morihei und Ueshiba Kisshomaru gepostet:

The Aikido FAQ: An interview with O Sensei and Kisshomaru Ueshiba (http://www.aikidofaq.com/interviews/interviews.html)

da finden sich dann solche Passagen:

Testangriff von 30 Militär-Polizisten:


It was at the time when I started to teach Aikido to military police. One evening while I was walking through the training grounds, I felt something strange going on. I felt that something was up. Suddenly, from all directions, from behind bushes and depressions many soldiers appeared and surrounded me. They started to strike at me with wooden swords and wooden rifles. But since I was accustomed to that sort of thing I didn't mind at all. As they tried to strike me I spun my body this way and that way and they fell easily as I nudged. Finally, they all became exhausted. At any rate, the world is full of surprises. The other day I met one of the men who attacked me. I am an advisor to the Military Police Alumnae in Wakayama Prefecture. During a recent meeting one individual recognized my face and came up to me grinning. After we had talked for a few minutes, I learned that he was one of the men who had attacked me that day many years ago. While scratching his head he related to me the following: "I'm very sorry for that incident. That day we were talking about whether or not the new professor of Aikido was really strong. A group of us, hot-blooded military police types, were discussing the matter and decided to test the new teacher. About 30 men lay in wait. We were completely amazed that we 30 self-confident men could do nothing against your strength."

Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm:


I extended my right arm and rested the tip of my index finger on the end of a desk and invited them to lay across my arm on their stomachs. One, two, then three officers by themselves over my arm, and by that time everyone became wide-eyed. I continued until six men lay over my arm and then asked the officer standing near me for a glass of water. As I was drinking the water with my left hand everyone was quiet and exchanging glances.

O-Sensei trägt Baumstumpf weg, den sieben Arbeiter nicht gehoben kriegen (erzählt von seinem Sohn):


Some time ago, when we went to a new settlement in the country, we saw seven or eight laborers trying in vain to lift a huge tree stump. My father stood looking at it for a while and then asked them to step aside so he could try it. He lifted the stump easily and promptly carried it away.


O-Sensei kann von starkem SumoRinger nicht bewegt werden, aber er kann den Ringer mit einem Finger festlegen:


Yes. He was from Kishu Province. When I was staying at Shingu in Wakayama, Mihamahiro was doing well in the Sumo ranks. He had tremendous strength and could lift three rods which weighed several hundred pounds. When I learned Mihamahiro was staying in town, I invited him to come over. While we were talking Mihamahiro said, "I've also heard that you, Sensei, possess great strength. Why don't we test our strength?" "All right. Fine. I can pin you with my index finger alone," I answered. Then I let him push me while I was seated. This fellow capable of lifting huge weights huffed and puffed but could not push me over. After that, I redirected his power away from me and he went flying by. As he fell I pinned him with my index finger, and he remained totally immobilized. It was like an adult pinning a baby. Then I suggested that he try again and let him push against my forehead. However, he couldn't move me at all. Then I extended my legs forward, and, balancing myself, I lifted my legs off the floor and had him push me. Still he could not move me


Ist dieses Interview authentisch/hat Ueshiba Morihei solche Dinge erzählt? (das Interview stammt ja angeblich aus "Aikido" von Kisshōmaru Ueshiba)


Berichten persönliche Schüler von derartigen Leistungen (die über die übliche Manipulation von Kraftlinien und Entwurzeln hinausgehen)?


Kann irgend ein anderer Aikidoka ähnlich Sachen?

Naniwonai
17-07-2013, 05:30
Ich denke mal schon das die Berichte auf wahren Begebenheiten beruhen. Das man nur nicht die vollen Umstände um sie kennt.

1.Testangriff von 30 Militär-Polizisten -> Ueshiba war deren Lehrer, auch wenn sie ihn testen wollten, blieb das sicher in einem gewissen Rahmen der sie nicht gleich vors Militärgericht gebracht hätte. Ich denke eher das sie so beeindruckt waren das sich Ueshiba von ihnen nicht einschüchtern lassen hat.

2.Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm -> Typische Aiki-Übung die davon ausgeht das alle in eine bestimmte vorhersagbare Richtung drücken. Daran finde ich jetzt nicht mystisches.

3.O-Sensei trägt Baumstumpf weg, den sieben Arbeiter nicht gehoben kriegen -> Hier muss man sich fragen wer diese sieben Arbeiter den waren ? Während der Besiedlung Hokkaidos kämpfte Japan grad einen Krieg gegen China. Übrig blieben Flüchtlinge, Frauen, Kinder und alte Leute die ihr Glück in Hokkaido versuchen wollten. Und Leute die es sich leisten konnten nicht in den Krieg zu ziehen. Die Nahrung war rar in diesem Land. Wenn wir jetzt davon ausgehen das das sieben ältere Männer waren, vllt schon von Gefangenschaft und Hunger gepeinigt ist es nachvollziehbar das die mitm Baumstumpf vllt Probleme hatten. Dann haben sie halt angefangen die Vorarbeit zu leisten und Ueshiba, der junge starke gut gefütterte junge Stier hat was zu beweisen und siehts raus und schon haben wir ne super Geschichte.
Das ist das Problem, wir hören von der großen Tat, aber nicht von den Umständen.

4. O-Sensei kann von starkem SumoRinger nicht bewegt werden, aber er kann den Ringer mit einem Finger festlegen -> Hier schon wieder, wir wissen nicht auf welche Regeln sich die beiden geeinigt hatten. Womöglich durfte der Sumotori nur in einen ganz bestimmten Kraftvektor schieben und Ueshiba hatte ihn halt gut gepinned. Was auch problemlos geht wenn man weiß wie.

Ich denke mal das sich solche Legenden halt gut aufbauen wenn man bestimmte Details weglässt. Das schmälert jetzt natürlich nicht Ueshibas Lebenswerk. Aber man sollte es halt versuchen im Kontext realistisch zu sehen.

gasts
17-07-2013, 05:53
2.Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm -> Typische Aiki-Übung die davon ausgeht das alle in eine bestimmte vorhersagbare Richtung drücken. Daran finde ich jetzt nicht mystisches.


wenn das typisch ist, dann gibt es doch bestimmt ein Video davon? :)
(Vielleicht stell ich mir das auch falsch vor und die haben sich nur leicht dagegen gelehnt?)



Wenn wir jetzt davon ausgehen das das sieben ältere Männer waren, vllt schon von Gefangenschaft und Hunger gepeinigt ist es nachvollziehbar das die mitm Baumstumpf vllt Probleme hatten. Dann haben sie halt angefangen die Vorarbeit zu leisten und Ueshiba, der junge starke gut gefütterte junge Stier hat was zu beweisen und siehts raus und schon haben wir ne super Geschichte.


das wäre eine Erklärung, die dem tapferen Schneiderlein einen Renommisten-Punkt einbringt:p



Ueshiba hatte ihn halt gut gepinned. Was auch problemlos geht wenn man weiß wie.


Aikidoka können starke unkooperative Leute mit einem Finger problemlos festlegen?




Ich denke mal das sich solche Legenden halt gut aufbauen wenn man bestimmte Details weglässt.

D.h. Ueshiba hat sich gezielt eine Legende gebastelt um seine Kampfkunst zu bewerben?

hand-werker
17-07-2013, 06:35
30 mann greifen an:

die erklärung von nani finde ich nicht schlecht. zusätzlich war es vermutlich so ein "30 mann greifen einer nach dem anderen an"-angriff.


6 mann auf einem arm:

glaube ich erst wenn ich es sehe. selbst wenn die alle nur je 50 kilo gewogen hätten (also eher männlein", wären das 300 kilo. die hält mann nicht mit einem arm, auch nicht, wenn die hand auf einem tisch abgestützt wird.


baumstamm:

wieder gute erklärungsmöglichkeit von nani. wobei die 7 arbeiter dann ja schon fast kz-häftlinge gewesen sein müssen.


legende gebastelt:

ich sag mal so - auch er musste was essen, wenn du verstehst was ich meine ;)

Ki-wi
17-07-2013, 07:30
Ich habe beim ersten Doshu etwas das Gefühl, dass er als Erbe etwas an der Legendenbildung für die junge KK seines Vaters gearbeitet hat. Kinder sind nicht immer die besten Biografen. Ich lese gerade ein anderes Buch von ihm, das durchaus interessant ist, aber ähnliche Anekdoten enthält.

Nani Erklärungsversuche sind schon ein guter Ansatz - mehr als Vermutungen werden wir aber nicht anstellen können.

Es gibt andere Interviews, die ein leichter nachvollziehbares Bild von seinen Fähigkeiten zeichnen und Schwächen nicht verschweigen.

Ki-wi
17-07-2013, 07:35
Ach so, zur letzten Frage - natürlich können wir Aikidoka das, ihr etwa nicht? Dann würde ich mal darüber nachdenken, ob ihr das Richtige trainiert. :D

Bin gespannt wie sich das Thema entwickelt und neugierig, ob sachliche Diskussionen hier möglich sind (d.h. ob das Verhältnis Troll/Forist noch stimmt).

gasts
17-07-2013, 08:04
Es gibt andere Interviews, die ein leichter nachvollziehbares Bild von seinen Fähigkeiten zeichnen und Schwächen nicht verschweigen.

kann ich die irgendwo finden?
Was ist mit den Geschichten über Lichtstrahlen, die den Weg von Angriffen, auch von Kugeln anzeigen?

Dass Ueshiba eventuell über ungewöhnliche Körperkraft verfügte, hab ich auch schon von anderer Seite gehört.

JotBot
17-07-2013, 08:10
D.h. Ueshiba hat sich gezielt eine Legende gebastelt um seine Kampfkunst zu bewerben?
Wieso denn er selbst? Nein, die Fans und Gegner haben das. So sehe ich das auch bei diesen Legenden, wobei man die Gegner in diesem Falle streichen muss ... die hätten andere Legenden gestrickt.;)

Wie auch immer, derart überzogene Legenden erinnern mich an "Die Möwe Jonathan". Die flog am Ende auch durch Felsen...:rolleyes:

Auch schon die Frage "Supermann oder Renommist" ist ja etwas implizierend. Wäre etwas dazwischen auch denkbar?:engelteuf

Die Erklärungsversuche finde ich zum Teil ganz gut, sowohl die natürlichen/physikalischen (einer greift nach dem anderen an), als auch die
psychischen (Kind verehrt Vater, zu hoher Respekt vor der Person,...).

Ki-wi
17-07-2013, 08:16
kann ich die irgendwo finden?
Was ist mit den Geschichten über Lichtstrahlen, die den Weg von Angriffen, auch von Kugeln anzeigen?

Dass Ueshiba eventuell über ungewöhnliche Körperkraft verfügte, hab ich auch schon von anderer Seite gehört.

Das ist ebenfalls eine Geschichte, die ich bisher nur beim ersten Doshu gelesen habe (was nichts heißen muss, habe mit dem Quellenstudium erst dieses Jahr begonnen.)

Ja, in Aikido Pioneers - Prewar Era (St. Pranin) - interessanter Interviewband, da sehr unterschiedliche Menschen über Ueshiba berichten.

Ki-wi
17-07-2013, 08:19
Wieso denn er selbst? Nein, die Fans und Gegner haben das. So sehe ich das auch bei diesen Legenden, wobei man die Gegner in diesem Falle streichen muss ... die hätten andere Legenden gestrickt.;)

Wie auch immer, derart überzogene Legenden erinnern mich an "Die Möwe Jonathan". Die flog am Ende auch durch Felsen...:rolleyes:

Auch schon die Frage "Supermann oder Renommist" ist ja etwas implizierend. Wäre etwas dazwischen auch denkbar?:engelteuf

Ja, die Wahrheit liegt bekanntlich in der Mitte

gasts
17-07-2013, 08:28
Wieso denn er selbst?


Weil diese Geschichten, fand das Interview so statt, direkt von ihm stammen, bzw. er saß daneben, als sein Sohn die Baumstammgeschichte erzählte.
Außer Ueshiba Kisshomaru hätte nicht nur die Geschichten, sondern auch das Interview erfunden.
Ob er sich mit so etwas einen Dienst erweist, weiß ich nicht. Es könnte ja mal einer auf die Idee kommen zu fragen, ob er auch kann, was sein Vater konnte.



Auch schon die Frage "Supermann oder Renommist" ist ja etwas implizierend. Wäre etwas dazwischen auch denkbar?:engelteuf


Entweder jemand kann, was er vorgibt zu können, oder jemand kann nicht, was er vorgibt zu können.

Ki-wi
17-07-2013, 08:37
Außer Ueshiba Kisshomaru hätte nicht nur die Geschichten, sondern auch das Interview erfunden.
Ob er sich mit so etwas einen Dienst erweist, weiß ich nicht. Es könnte ja mal einer auf die Idee kommen zu fragen, ob er auch kann, was sein Vater konnte.


Der erste Doshu ist 1999 verstorben.

gasts
17-07-2013, 08:53
Der erste Doshu ist 1999 verstorben.

das Buch ist von 1957. Das heißt, es waren 42 Jahre Zeit, dass mal irgendeiner auf die Idee kommt, die naheliegende Frage zu stellen.
Außer der Doshu konnte das auch.

carstenm
17-07-2013, 08:53
1.Testangriff von 30 Militär-Polizisten -> Ueshiba war deren Lehrer, auch wenn sie ihn testen wollten, blieb das sicher in einem gewissen Rahmen der sie nicht gleich vors Militärgericht gebracht hätte. Ich denke eher das sie so beeindruckt waren das sich Ueshiba von ihnen nicht einschüchtern lassen hat.
Zum einen bestanden tatsächlich immer gewisse "Regeln" wenn es um sog. Herausforderungen ging: Entweder wurde verabredet, daß nicht geschlagen wird oder man einen Schlag anhälte (Duelle mit bokuto wurden auf der untersten Eskalationsstufe so durchgeführt.) Oder es war tatsächlich so, daß man ein bestimmtes Setting vereinbarte ("Greif mal hier, mach mal so und probier mal ..."), in dem dann der so Herausgeforderte zeigte, daß er mit dem Herausforderer umgehen konnte. Das klingt in Zeiten von Käfigkäpfen ein bißchen luschig. Es ging ja aber bei diesen Herausforderungen nicht darum, den jeweils anderen zu "zerstören", sondern der Herausforderer wollte erleben, erfahren, ob was der Herausgeforderte in seinem Job als Lehrer einer KK taugt. Und entweder wieder gesund mit allen Armen dran nach Hause gehen und verbreiten, daß man den Scharlatan einfach umschubsen kann. Oder aber auf die noch brauchbaren Knie sinken und im Besitz aller Zähne und ohne geschwollene Lippe sagen können: "Meister, ich möchte dein Schüler werden! Bitte zeig mir, wie das geht, was du grad gemacht hast ... und was man dann damit anfangen kann."
Zumeist wurden diese Regeln vorher ausrücklich vereinbart und die Herausforderungen endeten nicht mit abben Köpfen und durchen Ellenbogen, sondern waren eher so etwas wie ein "symbolisches" Kämpfen, in dem aber die charakteristischen Fähigkeiten des Herausgeforderten deutlich werden mußten.

Vor diesem Hintergrund sind zwei Dinge spannend:
Zum einen geht das Verbot von Wettkämpfen im aikidô durch Ueshiba auf ein Ereignis zurück bei sich ein Herausforderer die Schulter so stark verletzt hat, daß er nicht länger budô üben konnte. Er hatte Ueshiba angegriffen, der war ausgewichen und der Angreifer war in die Wand geknallt.
Der Bericht dazu findet sich in irgendeiner der Print-Ausgaben von Stans Aikido Journal. Jedesmal wenn ich drauf zu sprechen komme, nehme ich mir vor, das endlich mal rauszusuchen, damit ich es belgen kann. Jedesmal komm ich drüber hin ...
Interessanter noch aber ist Ueshibas Aufforderung an Shioda, als der ihn herausfordert und fragt, was er machen soll. "Greif mich an, wie du magst.". Klingt, für uns, die wir mit K1 aufgewachsen sind, banal logisch. War aber im damaligen Kontext eine echte Aussage. Und bei der Herausforderung durch Tenryû war's z.B. nicht so.

Ansonsten ist das Setting Ganz-viele-greifen-einen-Ueshiba-an ein für ihn ganz typisches gewesen. Das gibt es in unzähligen Variationen in seinem Üben. Die Angriefer mit verschiedenen Waffen (Bajonet, Stab, Speer, Schwert) oder - wie hier in diesem Video (http://www.youtube.com/watch?v=8V7NHLlmT3Y&feature=player_detailpage#t=77s) - waffenlos.

Das war also zum einen sicher keine Massenschlägerei.
Zum anderen war die Truppe, die er da unterrichtet hat wohl eine etwas besondere Einheit. Also wollte sie wohl auch wissen, was er drauf hat.
Und Ueshiba hat genau diese Siutation als einen grundlegenden Aspekt seines Übens verstanden.


2.Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm -> Typische Aiki-Übung die davon ausgeht das alle in eine bestimmte vorhersagbare Richtung drücken. Daran finde ich jetzt nicht mystisches.
Die Richtung, in der gedrückt wird, verläut senkrecht zur Achse des Arms. Der wird gern auch noch durch einen Stab verlängert, an dem die Leute drücken können.
Hier sieht man diese Übung. (http://www.youtube.com/watch?v=joc7WhUnQHk&feature=player_detailpage#t=77s) Es sind zwar keine sechs, aber ich finde immer wieder, daß es schlicht unmöglich aussieht.
Ich habe allerdings inzwischen auch eine Ahnung, wie das funktioniert, auch wenn ich es selber noch lange nicht reproduzieren kann. Es hat aber jedenfalls eher nichts mit der Richtung zu tun, in der gedrückt wird.




3. ... Wenn wir jetzt davon ausgehen das das sieben ältere Männer waren, vllt schon von Gefangenschaft und Hunger gepeinigt ...
Das ist das Problem, wir hören von der großen Tat, aber nicht von den Umständen.Ist das nicht eine Geschichte, die sich im Rahmen der Besiedelung von Shirataki zugetragen haben soll?
Soweit ich weiß, waren die Siedler, die Ueshiba angeführt hat, junge Männer bis hin zu solchen im sog. "besten Alter". Die sollten da ja aus dem Nix die japanische Zivilsation aufbauen. Das war eher kein Ressort für Alte und Versehrte. Was aber dennoch möglich ist, daß Ueshiba als Anführer öfter bzw. mehr gegessen haben mag, als die anderen. Obwohl die Berichte über sein Leben in der Zeit das nicht andeuten.




Ich denke mal das sich solche Legenden halt gut aufbauen wenn man bestimmte Details weglässt. Bzw. wir verstehen manches an der Erzählung dieser Legenden nicht mehr oder grundlegend falsch.
Für mich persönlich war es damals völlig überraschend, als mir klar wurde, daß Herausforderungen nach Regeln ablaufen die - zunächst jedenfalls - darauf ausgelegt sind, daß möglichst keiner verletzt wird. Und die oft auch nur eng umrissene Formen des Austestens zugelassen haben. Und daß sie vom Grundgedanken her so verstanden wurden, daß der Herausgeforderte seine Fähigkeiten optimal zeigen kann.
Danach habe ich viele Berichte ganz neu lesen können.

ebrenndouar
17-07-2013, 08:56
Ist dieses Interview authentisch/hat Ueshiba Morihei solche Dinge erzählt? (das Interview stammt ja angeblich aus "Aikido" von Kisshōmaru Ueshiba)



Ja, ist authentisch und durchaus glaubwürdig.



Berichten persönliche Schüler von derartigen Leistungen (die über die übliche Manipulation von Kraftlinien und Entwurzeln hinausgehen)?



Ja, tun sie.
Ueshiba hatte unglaubliche Fähigkeiten.



Kann irgend ein anderer Aikidoka ähnlich Sachen?


Jedenfalls nicht auf diesem Level. Einige seiner Schüler, wie z.B. Shioda, verfügten ebenfalls schon über erstaunliche Fähigkeiten, aber nicht wie Ueshiba.
Es gab andere Schüler von Sokaku Takeda, die über ähnliche Fähigkeiten wie Ueshiba verfügten, z.B. Yukioshi Sagawa.

carstenm
17-07-2013, 09:03
... er saß daneben, als sein Sohn die Baumstammgeschichte erzählte.
Stan Pranin hat Interviews mit einigen Zeitzeugen aus Shirataki führen können.
Die bestätigen, daß Ueshiba ungewöhnlich stark war.

edit

Terao
17-07-2013, 09:23
O-Sensei trägt Baumstumpf weg, den sieben Arbeiter nicht gehoben kriegenHab sowas übrigens auch mal erlebt, bei der Bundeswehr. Da haben Leute zu Mehreren die Plane eines hallengroßen Zeltes auf einen LKW zu heben versucht. Das Ding war wahnsinnig schwer und rutschte immer wieder auseinander. Dann kam der Größte bei uns im Zug dazu (2 m groß und einfach ein Wahnsinnsschrank von Natur aus), schob die anderen beiseite, umfasste alleine die Zeltplane und hob die einfach in einem Zug auf den LKW, als wär`s nix. Da haben wir auch mit offenem Mund dagestanden.

Bin aber bis heute absolut sicher, dass da nichts Ungewöhnliches passierte und der Mann trotzdem keinen Gewichtheberwettbewerb unter kontrollierten Bedingungen gewonnen hätte (naja, gegen uns andere schon...).

Und, ja, carstenm`s Ausführungen zu impliziten Regeln und Vereinbarungen beim "Kämpfen" kann ich mir auch sehr gut vorstellen. Gab ja komischerweise wirklich nur das eine Mal eine schwerere Verletzung. Ich gehe sogar noch weiter: Auch Schwertduelle aus früheren Jahren enden häufig mit zwar einer klaren Entscheidung, aber offensichtlich zwei weitestgehend unverletzten Überlebenden. Wie sie`s genau gemacht haben, ist unklar: aber ganz "regellos" war es sicher nicht.

Kurz: Weder Supermann noch Renommist. Einfach nur ein fähiger, begabter und starker KKler seiner Zeit. Und Nachkommende, denen das heute einfach nicht reicht.

Bero
17-07-2013, 09:37
Hab sowas übrigens auch mal erlebt, bei der Bundeswehr. Da haben Leute zu Mehreren die Plane eines hallengroßen Zeltes auf einen LKW zu heben versucht. Das Ding war wahnsinnig schwer und rutschte immer wieder auseinander. Dann kam der Größte bei uns im Zug dazu (2 m groß und einfach ein Wahnsinnsschrank von Natur aus), schob die anderen beiseite, umfasste alleine die Zeltplane und hob die einfach in einem Zug auf den LKW, als wär`s nix. Da haben wir auch mit offenem Mund dagestanden.

Bin aber bis heute absolut sicher, dass da nichts Ungewöhnliches passierte und der Mann trotzdem keinen Gewichtheberwettbewerb unter kontrollierten Bedingungen gewonnen hätte (naja, gegen uns andere schon...).


Etwas ähnliches habe ich auch schon gesehen und es unter "Viele Köche verderben den Brei" eingeordnet.

Wenn etwas Sperrig ist aber nicht so schwer das man es nicht auch alleine heben kann, stehen sich die vielen Helfer gegenseitig auf den Füßen und arbeiten Konträr.
Dann kommt einer mit den physischen Voraussetzungen das Ding alleine zu wuppen und macht dies mal eben.

Ki-wi
17-07-2013, 09:37
das Buch ist von 1957. Das heißt, es waren 42 Jahre Zeit, dass mal irgendeiner auf die Idee kommt, die naheliegende Frage zu stellen.
Außer der Doshu konnte das auch.
Nein, die Fragen wurden erstmalig 2013 von einem Foristen im KKB gestellt. :D

Wenn du dich für das Thema interessierst, würde ich dir aikidojournal.com empfehlen und z.B. den oben erwähnten Interviewband.

Antikörper
17-07-2013, 09:40
Jaja... die Japaner sind ja auch dafür bekannt nur klare nüchterne Fakten zu präsentieren und ihre Geschichten nicht auszuschmücken :rolleyes:

gasts
17-07-2013, 09:58
Ja, in Aikido Pioneers - Prewar Era (St. Pranin) - interessanter Interviewband, da sehr unterschiedliche Menschen über Ueshiba berichten.

danke für den Tip:)


Das war also zum einen sicher keine Massenschlägerei.
Zum anderen war die Truppe, die er da unterrichtet hat wohl eine etwas besondere Einheit. Also wollte sie wohl auch wissen, was er drauf hat.
Und Ueshiba hat genau diese Siutation als einen grundlegenden Aspekt seines Übens verstanden.


ich kann noch einermaßen nachvollziehen, dass einer bei vier oder fünf Gegnern aus dem Kreis raustritt und dann durch die Leute wuselt.
Auf Deinem Video ist er ja noch erstaunlich flink, trotz des wohl schon höheren Alters.
Aber bei dreißig Mann, die es wirklich wissen wollen und sich nicht als Teil einer Vorführung begreifen....?
O.k wir wissen halt das Setting nicht.



Die Richtung, in der gedrückt wird, verläut senkrecht zur Achse des Arms. Der wird gern auch noch durch einen Stab verlängert, an dem die Leute drücken können.
Hier sieht man diese Übung. (http://www.youtube.com/watch?v=joc7WhUnQHk&feature=player_detailpage#t=77s) Es sind zwar keine sechs, aber ich finde immer wieder, daß es schlicht unmöglich aussieht.


das ist, wohl nicht ganz das gleiche:

Wenn jemand aus dem Stand gegen mich (oder eine Verlängerung von mir) drückt, muss er die Kraft aus dem Boden auf mich übertragen können.
Dann kann ich eventuell seine Kraftrichtung manipulieren, dass die Übertragung nicht klappt.
Kennt man z.B. von dem "Unbeugsamen Arm".
Bei dem Stock könnte eventuell eine Rotation um die Längsachse stattfinden.
(Ich glaube auch nicht, dass die alle drücken, sondern eventuell nur versuchen, den Stock festzuhalten.)

In dem Interview wurde allerdings gesagt, dass sich die Männer mit dem Bauch auf den Arm gelegt haben.
D.h. da gab es keine Kraftübertragung vom Boden, die gestört werden könnte. sondern auf dem Arm liegt eine Masse, auf die die Schwerkraft wirkt und die wirkt senkrecht nach unten, egal. ob ich den Arms subtil verschiebe oder rotiere.
Und dann brauch ich Kraft.

Terao
17-07-2013, 09:58
Jaja... die Japaner sind ja auch dafür bekannt nur klare nüchterne Fakten zu präsentieren und ihre Geschichten nicht auszuschmücken :rolleyes:
Auch das. In Japan ist es nun mal üblich, den eigenen Lehrer (und, übrigens, auch andere anerkannte Meister, ganz gleich was sie lehren. Ein Part, der hier gerne vergessen wird) weit über sich zu stellen und zutiefst zu respektieren. Was dem wiederum die Möglichkeit gibt, sich lockerer und entspannter zu geben, als das so mancher "Sensei" hier glaubt, machen zu können. Denke, viele Aussagen sind eher welche auf der Beziehungsebene (http://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Seiten-Modell) (die in Japan ohnehin wahnsinnig wichtig ist, gerade weil sie bloß subtil und symbolisch geäußert wird) und werden im Westen häufig als Aussagen auf Sachebene missverstanden. Hat nix damit zu tun, dass die "Lügengeschichten" erzählen.

ebrenndouar
17-07-2013, 10:07
Bei dem Stock könnte eventuell eine Rotation um die Längsachse stattfinden.
(Ich glaube auch nicht, dass die alle drücken, sondern eventuell nur versuchen, den Stock festzuhalten.)


Nein, die haben mit aller Kraft dagegen gedrückt, ich kenne jemanden persönlich der dabei war.
Seine Aussage ist einfach die, dass seine Kraft "verschwand", so sehr er sich auch anstrengte.
Glaub es, oder nicht, aber so war es.

Ki-wi
17-07-2013, 10:09
In dem Interview wurde allerdings gesagt, dass sich die Männer mit dem Bauch auf den Arm gelegt haben.
D.h. da gab es keine Kraftübertragung vom Boden, die gestört werden könnte. sondern auf dem Arm liegt eine Masse, auf die die Schwerkraft wirkt und die wirkt senkrecht nach unten, egal. ob ich den Arms subtil verschiebe oder rotiere.
Und dann brauch ich Kraft.
Ehrlich gesagt verstehe ich das auch nicht. Mir ist nicht ganz klar wie sechs Männer auf Ueshibas Arm liegen konnten. Geht ja wohl nur gestapelt ;)

Vielleicht ein Übersetzungsfehler oder eine missverständliche, bzw. ungenau Beschreibung des ersten Doshu? Vermutlich war doch eher so etwas gemeint, wie carstenm es beschreibt?!

Terao
17-07-2013, 10:19
Zum anderen war die Truppe, die er da unterrichtet hat wohl eine etwas besondere Einheit.Auch (bzw. gerade) eine besondere Einheit in Japan weiß, wie man sich gegenüber einem Älteren mit hohem Status benimmt. Das ist denen so selbstverständlich, dass sie das nichtmal äußern könnten, wenn sie es wollten.

carstenm
17-07-2013, 11:05
Bei dem Stock könnte eventuell eine Rotation um die Längsachse stattfinden.
(Ich glaube auch nicht, dass die alle drücken, sondern eventuell nur versuchen, den Stock festzuhalten.)
Der Stab rotiert nicht um die Längsachse.
Sie drücken, und zwar fest.
Sie drücken im Winkel von 90° zum Stab.



In dem Interview wurde allerdings gesagt, dass sich die Männer mit dem Bauch auf den Arm gelegt haben. ...
Und dann brauch ich Kraft.
Nein.

Es funktioniert anders. Beides. Wenn ebrenndouar schreibt, daß die Kraft "verschwand" ist das aus meiner Sicht ein deutlicher Hinweis darauf, was Ueshiba da tut.


Auch (bzw. gerade) eine besondere Einheit in Japan weiß, wie man sich gegenüber einem Älteren mit hohem Status benimmt. Das ist denen so selbstverständlich, dass sie das nichtmal äußern könnten, wenn sie es wollten.Jain. Natürlich hast du völlig recht - im Prinzip. Das Austesten eines Ausbilders, wie es im Fall von Ueshiba beschrieben ist, ist aber wohl tatsächlich nicht unüblich gewesen. Wie sich beides "sozial- bzw. hierarchie-verträglich" zusammengefügt hat, kann ich dir nicht sagen. Und ich selber war natürlich nicht dabei.

Mir haben drei Erfahrungen geholfen, das Phänomen nachzuvollziehen. Beide sind vollkommen subjektiv und nicht pe se aussagekräftig. Mir aber machen sie die Berichte plausibler:
1. Meine eigenen Erfahrungen bei des Bundeswehr. Es ging andauernd darum, bestimmte Vorgesetzte dranzukriegen. Natürlich nicht, sie zu vermöbeln. Aber sie auf dem Gebiet ihrer eigenen Kompetenz zu "schlagen".

2. In den Seminaren zu Selbstschutz und Eigensicherung, die ich über ein paar Jahre - in einem völlig zivilen Rahmen, in dem ich aber zumeist der "Ranghöchste" bin und zudem eine Vorstandnahe Stelle habe - gegeben habe, ist immer präzise eine Person, die versucht den Referenten, also mich, zu testen mit dem festen Ziel mir zu zeigen, daß die von mir gezeigten Techniken nicht funktionieren. Immer. Wenn man es zuläßt kristallisiert sich daran zuverlässig eine Gruppe von TeilnehmerInnen, die dieses Ziel dann gemeinsam verfolgt. Mit ein bißchen Erfahrung kann man den "Tester" schon in der Einführungsphase erkennen und direkt bei den ersten Techniken überzeugen, noch bevor er selber weiß, daß er mich eigentlich austesten wollte. Gelingt das, wird er zum "Jünger" und "Missionar". Fast immer.
So oder so: Der Referent muß seinen Stoff "beweisen". Körperlich, technisch.

3. Schließlich eine Erfahrung, die vielleicht am nächsten dran ist an der Ausgangssituation: Die Hierarchie in der Britischen Armee ist - oder war jedenfalls Mitte der 80er als ich es erlebt habe - sehr klar und deutlich. So haben die Offiziere ihren Stock nicht nur als Rangabzeichen spazieren getragen, sondern sie haben ihn auch aktiv, ganz offen und gar nicht so selten an den Manschaftsgraden benutzt. Das Schlagen war keine Strafe sondern eher eine spezifische Form der Kommunikation gewissermaßen. (Ich war gottfroh, daß ich nicht nur in einer anderen Armee war, sondern daß außerdem ein Zaun zwischen denen und uns war. Das wäre definitiv nicht meine Welt gewesen. Und da ist bzw. war damals jedenfalls eine Freiwilligenarmee. Ich hab es nicht verstanden.)
Nichtsdestotrotz gab es definierte Settings, in denen die Hierarchie in dieser Hinsicht aufgehoben war: Beim Fußball z.b.. Oder eben - und das ist mein eigentlicher Punkt - im Rahmen der Nahkampfausbildung. (Es waren Nordirlandeinheiten, die bei uns nebenan ihre Zeit nach- und vorbereitet haben.) Die Ausbilder/Vorgesetzten haben sehr ähnlich dem, was Ueshiba beschreibt, dazu aufgefordert, sie anzugreifen und "fertig zu machen".
Ich habe damals noch längst kein aikidô geübt. Aber ich habe die Gesamtsituation später dann in den Schilderungen Ueshibas "wiedererkannt".

Terao
17-07-2013, 11:26
Diese Erfahrungen sind aber nun mal alle in Europa gemacht worden. Ich glaube, Du unterschätzt da die Unterschiede.

Und, nebenbei, selbst hier kenn ichs überhaupt nicht, dass man bspw. auf ein KK-Seminar fährt, um dort den Lehrer zu "testen". Kenn den Gedanken eigentlich nur aus Foren. Käme mir jedenfalls nie in den Sinn. Ich fahr doch nur dann extra da hin, wenn ich bereits sicher bin, dass der mir was beibringen kann. Und dann bin ich NATÜRLICH dort, um so viel wie möglich aufzusaugen. Was ich davon hinterher evtl. rausschmeiße, weil es mir momentan nicht hilft, steht ja auf nem anderen Blatt.

Trotzdem, eine interessante Frage, die mich auch schon länger beschäftigt, und zu der es bei uns auch verschiedene Meinungen gibt. Wieviel ist (unwillkürlicher) Respekt, wieviel ist "all-out bewiesenes echtes Können"? Wichtig finde ich es aber, dass man sich die Frage überhaupt stellt. Zumindest als Europäer, dem dieser "selbst-verständliche" Zugang nun mal verschlossen bleibt.

Unser Jigeiko mit Lehrern ist ja an der Oberfläche geradezu der personifizierte Hierarchiebruch. Man sollte sich davon nicht täuschen lassen. Echtes "Testen" gibt es nur unter formal einigermaßen "Gleichrangigen".

douwa
17-07-2013, 12:26
Ich halte die Geschichten bestenfalls für übertrieben oder bewusst vielleicht auch unbewusst wesentliche Umstände weglassend, die sie in einem etwas anderen Licht erscheinen lassen würde. Welche Umstände Ergebnisse verfälschen können, dafür wurden ja schion einige denkbare Beispiele genannt. Ich halte es ebenso für möglich, dass ganz bewusst übertrieben wird, um die eigene Kampfkunst oder eigene Erlebnisse mit der Kampfkunst spektakulärer wirken zu lassen.


2.Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm -> Typische Aiki-Übung die davon ausgeht das alle in eine bestimmte vorhersagbare Richtung drücken. Daran finde ich jetzt nicht mystisches.Schließe mich dem Wunsch nach einem repräsentativen Video an.


6 mann auf einem arm:

glaube ich erst wenn ich es sehe. selbst wenn die alle nur je 50 kilo gewogen hätten (also eher männlein", wären das 300 kilo. die hält mann nicht mit einem arm, auch nicht, wenn die hand auf einem tisch abgestützt wird.Es war ja nicht einmal die ganze Hand, sondern nur die Spitze seines Zeigefingers, die er auf dem Tisch ablegte, wenn die Übersetzung stimmt.:D:D:D



Ja, die Wahrheit liegt bekanntlich in der MitteManchmal aber auch nur bei Ja oder Nein und nicht einem sowohl als auch.;)



Die Richtung, in der gedrückt wird, verläut senkrecht zur Achse des Arms. Der wird gern auch noch durch einen Stab verlängert, an dem die Leute drücken können.
Hier sieht man diese Übung.Das scheint mir doch eine etwas andere Übung zu sein, trotzdem immer wieder interessant der Clip. Ich sehe es so wie simplicius.
In dem Interview wurde allerdings gesagt, dass sich die Männer mit dem Bauch auf den Arm gelegt haben.
D.h. da gab es keine Kraftübertragung vom Boden, die gestört werden könnte. sondern auf dem Arm liegt eine Masse, auf die die Schwerkraft wirkt und die wirkt senkrecht nach unten, egal. ob ich den Arms subtil verschiebe oder rotiere.



Etwas ähnliches habe ich auch schon gesehen und es unter "Viele Köche verderben den Brei" eingeordnet.

Wenn etwas Sperrig ist aber nicht so schwer das man es nicht auch alleine heben kann, stehen sich die vielen Helfer gegenseitig auf den Füßen und arbeiten Konträr.Diese Idee halte ich noch für mit am plausibelsten, was vielleicht aber nur daran liegt, dass ich es zur Genüge aus eigener Erfahrung kenne, wenn auch nicht immer gleich mit sieben Leuten.



Nein, die haben mit aller Kraft dagegen gedrückt, ich kenne jemanden persönlich der dabei war.
Seine Aussage ist einfach die, dass seine Kraft "verschwand", so sehr er sich auch anstrengte.
Glaub es, oder nicht, aber so war es."So war es" sagt uns jetzt also jemand, der auch nur irgendetwas gehört statt selbst erfahren hat, richtig? Als Erfahrungsbericht unbekannterweise finde ich Deinen Hinweis zwar interessant aber auch hier müsste man sich die Sache ganz genau ansehen oder besser noch im wahrsten Sinne des Wortes mit am Drücker sein, um sich ein vernünftiges Bild machen zu können. Der psychologische Faktor, das Verhältnis der Beteiligten zueinander und und und wären m.A.n. selbst dann aber auch nochmal gezielt zu betrachten.


Wieviel ist (unwillkürlicher) Respekt, wieviel ist "all-out bewiesenes echtes Können"? Wichtig finde ich es aber, dass man sich die Frage überhaupt stellt.Ein nicht unwesentlicher Knackpunkt bei vielen Geschichten, wo ein Ranghöherer viele Rangniedrigere mühelos bezwingt oder es sich um zumindest ähnliche Konstellationen dreht.

Naniwonai
17-07-2013, 12:32
Das mit dem ausgestreckten Arm habe ich nicht gründlich durchgelesen.
Dachte es ging um die Übung wo der Arm nicht eingeknickt wird.

Verzeihung für die Verwirrung ;)

Schmendrik
17-07-2013, 12:45
Zum einen bestanden tatsächlich immer gewisse "Regeln" wenn es um sog. Herausforderungen ging: Entweder wurde verabredet, daß nicht geschlagen wird oder man einen Schlag anhälte (Duelle mit bokuto wurden auf der untersten Eskalationsstufe so durchgeführt.) Oder es war tatsächlich so, daß man ein bestimmtes Setting vereinbarte ("Greif mal hier, mach mal so und probier mal ..."), in dem dann der so Herausgeforderte zeigte, daß er mit dem Herausforderer umgehen konnte. Das klingt in Zeiten von Käfigkäpfen ein bißchen luschig. Es ging ja aber bei diesen Herausforderungen nicht darum, den jeweils anderen zu "zerstören", sondern der Herausforderer wollte erleben, erfahren, ob was der Herausgeforderte in seinem Job als Lehrer einer KK taugt. Und entweder wieder gesund mit allen Armen dran nach Hause gehen und verbreiten, daß man den Scharlatan einfach umschubsen kann. Oder aber auf die noch brauchbaren Knie sinken und im Besitz aller Zähne und ohne geschwollene Lippe sagen können: "Meister, ich möchte dein Schüler werden! Bitte zeig mir, wie das geht, was du grad gemacht hast ... und was man dann damit anfangen kann."
Zumeist wurden diese Regeln vorher ausrücklich vereinbart und die Herausforderungen endeten nicht mit abben Köpfen und durchen Ellenbogen, sondern waren eher so etwas wie ein "symbolisches" Kämpfen, in dem aber die charakteristischen Fähigkeiten des Herausgeforderten deutlich werden mußten. Ich sehe das ähnlich wie du. Hast du eventuell noch ein paar Quellen dazu? Zum Jûdô gibt es ja auch Mythen von regellosen Kämpfen in der Gründerzeit. An einer Stelle kann man aber auch nachlesen, dass bei diesen Herausforderungskämpfen letztendlich wohl nach Kôdôkan-Regeln gekämpft wurde.

Terao
17-07-2013, 12:49
2. In den Seminaren zu Selbstschutz und Eigensicherung, die ich über ein paar Jahre - in einem völlig zivilen Rahmen, in dem ich aber zumeist der "Ranghöchste" bin und zudem eine Vorstandnahe Stelle habe - gegeben habe, ist immer präzise eine Person, die versucht den Referenten, also mich, zu testen mit dem festen Ziel mir zu zeigen, daß die von mir gezeigten Techniken nicht funktionieren. Immer. Wenn man es zuläßt kristallisiert sich daran zuverlässig eine Gruppe von TeilnehmerInnen, die dieses Ziel dann gemeinsam verfolgt. Mit ein bißchen Erfahrung kann man den "Tester" schon in der Einführungsphase erkennen und direkt bei den ersten Techniken überzeugen, noch bevor er selber weiß, daß er mich eigentlich austesten wollte. Gelingt das, wird er zum "Jünger" und "Missionar". Fast immer.
So oder so: Der Referent muß seinen Stoff "beweisen". Körperlich, technisch.Jetzt wo Du`s sagst: Ich habe genau das schon auf einigen Systemavideos gesehen. Der möglicherweise "Aufmüpfigste" (in der Tat, ein erfahrener Mann erkennt den sehr schnell) wird in einer Übung, in der er unsicher ist, wie weit diese geht, und folglich wie weit er selbst gehen kann (das ist essenziell), zurechtgestellt, und dann wird ihm - möglichst unverhofft - wehgetan (das "unverhofft" ist wichtig. Dann kommt der Lehrer sauber durch, und es tut mehr weh). Er ordnet sich dann sehr schnell unter. Das ist aber eine (möglicherweise ja sogar hilfreiche) Machttaktik für Seminare, bzw., wie Du es so schön von den Stockschlägen gegen Rekruten in der britischen Armee geschildert hast, eine Form der Kommunikation, kein "Beweis" für was-auch-immer. Bitte nicht verwechseln. Gerade, wenn Du selbst unterrichtest. Ist aus meiner Sicht der Anfang vom Ende, wenn der Lehrer selbst das für einen "Beweis" zu halten beginnt.

Übrigens, die in vielerlei Hinsicht recht clevere Serie "Enter the Dojo" hat dieses stellvertretende "Überzeugen des Zweiflers" mit seinem Charakter "Anthony" (der`s immer abkriegt) dargestellt. Übertrieben, natürlich, aber im Kern etwas, das tatsächlich in KKs stattfindet.

carstenm
17-07-2013, 13:12
Nur um das fix klar zu stellen:

Das ist aber eine (möglicherweise ja sogar hilfreiche) Machttaktik für Seminare, ... eine Form der Kommunikation, kein "Beweis" für was-auch-immer.
Natürlich. Dem Tester kommt es schon vor wie ein Ausweis der Fähigkeit des Unterrichtenden.
Für den Unterrichtenden ist nur ein Aspekt der Gruppendynamik und evtl. noch didaktisch nutzbar.
Ein Beweis von Fähigkeit oder Technik ist es definitiv nicht. Genau genommen ist sogar das Gegenteil davon: Wenn ich einen solchen Tester und vor allem mich selber tatsächlich ernsthaft von meiner Technik überzeugen wollen würde, dann würde ich mich dem 1. das ganze Seminar durch aussetzen und ich würde micht 2. nicht in einer Situation testen lassen, die ich vollständig kontrolliere inkl. deren Setting.
Es geht aber hier nur darum, meine Position als Seminarleiter deutlich zu machen. Mehr nicht.

Mein Vergleichspunkt war, das Verhalten des Testers. Nicht das des Seminarleiters.

Was die Mechanismens der japanischen Armee angeht, so habe ich zwar recht viel Kontakt zu Japanern und Menschen, die in Japan gelebt haben, kenne aber in der Tat niemand, der tatsächlich in der Armee lebt.
Ich erlebe aber das Spiel mit Etikette und Hierarchien in anderen Bereichen japanischen Lebens und würde denken, da die grundlegenden Aspekte übertragbar sind.

Wie auch immer. Ich fahr jetzt auf ein Seminar, bei dem ich ein paar Eingeborene treffen werde. Mal schauen, vielleicht komme ich ja dazu, zu fragen ...

gasts
17-07-2013, 18:34
Der Stab rotiert nicht um die Längsachse.
Sie drücken, und zwar fest.
Sie drücken im Winkel von 90° zum Stab.


dann gibt aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten:


Es wirkt eine große Kraft senkrecht zum Stab.

trotz des Drückens wirkt keine große Kraft senkrecht zum Stab


Aus 1.) folgt, dass Ueshiba ein übermenschliches Drehmoment mit seinem Handgelenk erzeugen kann und der Stab recht stark belastet werden sollte, dass er sich biegen oder gar brechen könnte

Wenn 2.) könnte man sich fragen, wo die Kraft hin ist.
eventuell wurde die neutralisiert, durch eine gleich große Gegenkraft.
Von Terao wissen wir ja, dass es für einen japanischen Schüler ein verinnerlichtes No-Go ist, den Lehrer bloßzustellen.
Eventuell spannen die Schüler also unbewusst ihre Antagonisten an, so dass die zwar eine große Anstrengung fühlen, aber unter dem Strich nix rauskommt.
Eventuell zieht der erste Schüler neben O-Sensei sogar den Stab ein wenig in die Gegenrichtung (hat als einziger der Schüler den Stab gegriffen) um den anderen ein wenig Widerstand zu geben.




Nein.


Wenn einer den ausgestreckten Arm mit dem Zeigefinger auf dem Tisch abstütz und den mit mehr als 250kg belastet, dann braucht er MuskelKraft, oder er kann seine Gelenke einrasten lassen, so dass die gesamte Last auf dem Skelett liegt.
Im Gegensatz zum Drücken kann sich jemand nicht entscheiden, ob er nun gerade der Schwerkraft ausgesetzt ist, oder nicht.

Die Erklärung mit der ungenauen Übersetzung erscheint mir da wahrscheinlicher.




Wenn ebrenndouar schreibt, daß die Kraft "verschwand" ist das aus meiner Sicht ein deutlicher Hinweis darauf, was Ueshiba da tut.


was tut er denn Deiner Meinung nach?:)

Ki-wi
18-07-2013, 10:41
Im aikiweb gibt es einen ähnlichen Faden - habe gerade nicht die Zeit das zu lesen. Aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen:

Push Test with Ueshiba - AikiWeb Aikido Forums (http://www.aikiweb.com/forums/showthread.php?t=14991)

gasts
18-07-2013, 19:26
Im aikiweb gibt es einen ähnlichen Faden - habe gerade nicht die Zeit das zu lesen. Aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen:

Push Test with Ueshiba - AikiWeb Aikido Forums (http://www.aikiweb.com/forums/showthread.php?t=14991)

ja, interessant, danke:):

einerseits:


Perhaps only those students who actually practiced with the Founder will truly understand my feelings. As full-time students of the Founder, our respect for him was of course paramount. Especially towards the end of his life, if the Founder asked his students to “push against him as hard as they could”, there was not one student among us who could do that. It was not that we were not able to physically push him, it was that we couldn’t.

Aikido Nippon Kan (http://www.nippon-kan.org/abroad/scotland/sensei_ki_scotland.html)

andererseits:


I thought that this old man was speaking nonsense and slapped his hand down as I grabbed it. But the moment I touched him I was startled. I felt as if I had taken hold of an iron bar. Of course, I knew very well from my experience in Sumo that it would be useless to struggle against him. I immediately knew I had been defeated. However, I couldn’t just leave things like that and attempted to twist his arm up and out. He didn’t move an inch. I tried again with both hands using all my might. But he used my strength against me and I fell down.

Sumo champion Tenryu and Morihei Ueshiba by Stanley Pranin (http://members.aikidojournal.com/public/mr-saburo-wakuta-sumo-champion-tenryu-and-morihei-ueshiba/)

JpWY58LWaRE

Terao
18-07-2013, 20:20
Aikido Nippon KanGuter Artikel. Ich denke, dass der uns schon weiterbringt:

Instructors that use “Ki” power as the basis for their teaching methods, have a variety of demonstrations they use to influence the innocent. “The unbendable arm” and “the unliftable body” are two examples widely used to demonstrate the “power of “Ki”. Both of these demonstrations, I have discovered in my research, originated as side show tricks dating back in Japan to the days of the Samurai. While entertaining, they can easily be explained by physics.
Interestingly, audiences also bring a psychological component to the dynamics of a demonstration. At a demonstration, let’s say an instructor fairly slight in build, chooses a volunteer from the audience. One technique is to choose a volunteer who is much larger in stature than the demonstrator. The volunteer is naturally self-conscious and wants to do a good job. Usually these volunteers also have good hearts, therefore they do not try as hard as they can when asked to bend the arm of the demonstrator. What is disconcerting is if the instructor demonstrating these “Ki” techniques begins to believe in his or her own illusion of power, forgetting the other human dynamics involved. It reminds me of the old fable “The Emperors New Clothes”. It is actually relatively easy to resist “Ki” demonstration techniques. For example, to be able to lift up a demonstrator who claims he can’t be lifted, one just needs to bend his knees and get under the center of gravity of the demonstrator. From that position it is easy to lift anyone up. When these demonstrations are exposed, the power of these imitation Sensei disappears as well.

If you watch a thin elderly instructor that seems to be able to defy anyone to bend his arm, it looks like magic. But there is another factor to examine in these demonstrations; that being the relationship between Sensei and student.
Und auch die Sumogeschichte bringt einen wichtigen Brocken:
Of course, I knew very well from my experience in Sumo that it would be useless to struggle against him. I immediately knew I had been defeated.

Nimmt man all diese Faktoren zusammen, und nimmt dann noch die (unbestrittene) physische Kraft von Ueshiba und sein durch lebenslanges Training ebenso unbestreitbares Gespür für Zug und Druck dazu, bleibt für mich, ehrlich gesagt, kein unaufgeklärter Rest. Was m.E.n. Ueshiba nicht das Geringste von seiner Bedeutung wegnimmt.

Klaus
18-07-2013, 20:36
Sowas hier geht durchaus, und da geht es nicht nur um "Tricks", sondern auch um bestimmte Kraft in Muskulatur die bei anderen Menschen halt unterentwickelt ist, und geschicktes Ausnutzen struktureller Schwächen:

rZf4taeqht0

gasts
19-07-2013, 09:02
Sowas hier geht durchaus, und da geht es nicht nur um "Tricks", sondern auch um bestimmte Kraft in Muskulatur die bei anderen Menschen halt unterentwickelt ist, und geschicktes Ausnutzen struktureller Schwächen:

Im Schneidersitz stell ich mir das allerdings schwieriger vor, insbesondere falls er seine Hände nicht benutzt hat.
Tippe da eher auf JMT.
Wenn selbst die ukedeshis damals keine Fragen stellen durften, dürfte bei einigen Vorführungen der "Sensei-Effekt" eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.
Auf jeden Fall eine faszinierende Persönlichkeit, werde mir die angesprochenen Interviews besorgen. :)

Pünktchen
19-07-2013, 10:41
Hallo,


Testangriff von 30 Militär-Polizisten:



Sechs Männer auf dem ausgestreckten Arm:



O-Sensei trägt Baumstumpf weg, den sieben Arbeiter nicht gehoben kriegen (erzählt von seinem Sohn):



O-Sensei kann von starkem SumoRinger nicht bewegt werden, aber er kann den Ringer mit einem Finger festlegen:




Ist dieses Interview authentisch/hat Ueshiba Morihei solche Dinge erzählt? (das Interview stammt ja angeblich aus "Aikido" von Kisshōmaru Ueshiba)


Berichten persönliche Schüler von derartigen Leistungen (die über die übliche Manipulation von Kraftlinien und Entwurzeln hinausgehen)?


Kann irgend ein anderer Aikidoka ähnlich Sachen?

Geschichten werden immer in Zusammenhängen erzählt, und sollen manchmal beim Zuhörer eine Wirkung erzielen. Ich glaube all dieses erzählte ist für bestimmte Menschen erzählt worden, um bei diesem Menschen etwas auszulösen oder anzuregen. Unsere europäische Welt ist sehr analytisch, ich glaube nicht, dass das alles so real zu verstehen ist.

Dann sind auch Übersetzungen manchmal schwierig, Mehrdeutigkeiten können häufig nicht in gleicher Form übersetzt werden.

Dann gibt es auch noch bei Vorführungen den Effekt einer "hypnotischen" Wirkung. Der Geist spielt dabei eine sehr grosse Rolle.

Was ich von ihm gehört habe und gelesen habe, hat bei mir den Eindruck erweckt, dass er ein durchaus kräftiger Mensch war, mit einer sehr stark ausgebildeten Muskulatur, einer sehr guten Körperbeherrschung, einem grossen weiten Geist und einem extrem starken Willen.

AlexAikido
19-07-2013, 20:47
Ich glaub ich hab des Rätsels Lösung für die "6 Männer auf dem Arm" Technik :D

Wir haben ja gesehen, wie die Männer gegen O-Senseis Stab drücken, vielleicht ist "Liegen auf dem Arm" einfach nur falsch verwendet und muss "lehnen an den Arm" heißen?!

Für jeden "Unmenschliche Kräfte wegtrag Gedöns" Ideengeber ist (neben dem super BW Beispiel von vorher) auch einfach mal ein Umzug interessant:
Da werkeln oftmals mehrere Leute zusammen an einem sperrigen Stück und fluchen und keuchen und dann kommt DER EINE mit der richtigen Grifftechnik und trägt das alleine!

Kurisutian
20-07-2013, 11:06
Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie kam mir nach dem Post dieses Bild in den Kopf... :D

http://memestorage.com/_nw/14/36576631.jpg

KAJIHEI
20-07-2013, 17:05
Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie kam mir nach dem Post dieses Bild in den Kopf... :D

http://memestorage.com/_nw/14/36576631.jpg

Ueshiba war ein russische Landpomerantze ?:D

ebrenndouar
21-07-2013, 14:43
Ein mickriges Kerlchen war er sicher nicht, und er vertrat sein Leben lang die These, dass Kampfkunst und Farmarbeit eine Einheit seien.

http://www.aikidojournal.com/images/articles/morihei-ueshiba-juku-daito-ryu.jpg

Kurzer
21-07-2013, 14:54
Ist das tatsächlich M. Ueshiba? Und wenn ja, aus welchem Jahr etwa stammt dieses Photo?

mrx085
21-07-2013, 15:04
Ist das tatsächlich M. Ueshiba? Und wenn ja, aus welchem Jahr etwa stammt dieses Photo?


Ja das ist Ueshiba. laut dem Buch Invincible warrior stammt das Bild aus dem Jahr 1921.

Kurzer
21-07-2013, 15:46
Danke!

Zu dem Themenkomplex: Gozo Shioda, ein UchiDeshi von Ueshiba, gibt in seinem Buch Aikido Shugyo sein "Ehrenwort", daß sein Meister über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügte.

Als Nachgeborener kann man das jetzt "glauben" oder eben nicht.

Es gibt auch zeitgenössische Augenzeugen, die berichten, daß ein hochgraduierter Karateka nachts sturzbetrunken auf einem Balkongeländer im 2. Stock die Tekkikatas mit Bravour absolvierte.

gasts
21-07-2013, 16:44
Ein mickriges Kerlchen war er sicher nicht

Eher ein massiges Kerlchen.
wenn die Angaben hier stimmen, dann war er wohl ein kleiner Schrank und genetisch vorbelastet:


He was only five feet one-and-a-half inches (156 cm) tall, but weighed around 183 pounds (83 kg.). His paternal ancestors were all very strong and by now Morihei was no less so than his great-grandfather, Kichiemon. Thus, he did not belie his genetic endowment.


Morihei Ueshiba Biography (2) (http://www.aikidojournal.com/article?articleID=219)

83kg auf 1,56m deutet auf einen ziemlich massigen Körper mit guten Hebelverhältnissen hin.

Sein Lehrer Takeda Sokaku war im Vergleich dazu eher mickrig, mit 52kg auf knapp 1,50m

Tsuki Kage Dojo - Aiki Chronology (http://www.tsuki-kage.com/chronology.html)

Terao
21-07-2013, 18:03
Soweit ich weiß, hat er auch nicht nur in jüngeren Jahren Sumo gelernt und geübt (wozu immer intensive Kraftübungen gehören), sondern auch neben seinem Trainingspensum viel körperlich gearbeitet. Der Vergleich mit der "russischen Landpomeranze" ist vielleicht gar nicht so weit hergeholt, wie es auf den ersten Blick scheint.



Zu dem Themenkomplex: Gozo Shioda, ein UchiDeshi von Ueshiba, gibt in seinem Buch Aikido Shugyo sein "Ehrenwort", daß sein Meister über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügte.

Als Nachgeborener kann man das jetzt "glauben" oder eben nicht. Ich glaub sofort, dass er das glaubte. Je nach Definition von "außergewöhnlichen Fähigkeiten" würde ich sogar zustimmen.


Es gibt auch zeitgenössische Augenzeugen, die berichten, daß ein hochgraduierter Karateka nachts sturzbetrunken auf einem Balkongeländer im 2. Stock die Tekkikatas mit Bravour absolvierte. Gut gelernte Bewegungen klappen auch im Vollsuff noch erstaunlich gut (das testen bei uns Leute nachts bei jeder Lehrgangsübernachtung ;)). Gibt ja auch verschiedene Geländer. Und die "Bravour" könnte möglicherweise auch im sicher auch nicht mehr ganz nüchternen Auge der Betrachter gelegen haben...
Also auch damit kein Problem. ;)

KAJIHEI
21-07-2013, 19:13
@Terao : Das war aber auch nicht so unernst gemeint. Aber trotzdem, so eine olle Russin mit Ueshibas Bart, sei nicht sauer..Es entlockt mir ein Lächeln.

Was übrigens Quellenangaben angeht : Man sollte immer überlegen wer etwas geschrieben hat. Nur so als unwichtige Fußnote.

Pünktchen
25-07-2013, 07:52
Eher ein massiges Kerlchen.
wenn die Angaben hier stimmen, dann war er wohl ein kleiner Schrank und genetisch vorbelastet:



Morihei Ueshiba Biography (2) (http://www.aikidojournal.com/article?articleID=219)

83kg auf 1,56m deutet auf einen ziemlich massigen Körper mit guten Hebelverhältnissen hin.


Tsuki Kage Dojo - Aiki Chronology (http://www.tsuki-kage.com/chronology.html)
Danke für die Angaben, ich hatte 1,58 m in Erinnnerung. In seinem Buch heisst es, dass er seinen Körper um 2 cm gestreckt hat, um zum Militär zugelassen zu werden. Da durfte man wohl nur mit einer bestimmten Körpergrösse hin.

ebrenndouar
25-07-2013, 08:29
Danke für die Angaben, ich hatte 1,58 m in Erinnnerung. In seinem Buch heisst es, dass er seinen Körper um 2 cm gestreckt hat, um zum Militär zugelassen zu werden. Da durfte man wohl nur mit einer bestimmten Körpergrösse hin.

Na ja, ob er es tatsächliche geschafft hat ist die Frage (versucht hat er es wohl).
Denn er ist erst beim 2. Versuch angenommen worden, und da auch erst mal für die Reserve. Schnell hat man dann aber seine Fähigkeiten erkannt, und ihn erst mal als Ausbilder eingesetzt, für die Front wurde er als zu wertvoll erachtet.
Später kam er aber dann zum Einsatz an der Front.
Die Zeit nach dem Militär war er sehr depressiv, heute würde man von einer "posttraumatischen Belastungsstörung" sprechen, von der viele Kriegsveteranen betroffen sind.

gasts
25-07-2013, 09:25
Danke für die Angaben, ich hatte 1,58 m in Erinnnerung. In seinem Buch heisst es, dass er seinen Körper um 2 cm gestreckt hat, um zum Militär zugelassen zu werden. Da durfte man wohl nur mit einer bestimmten Körpergrösse hin.

das er fürs Militär zu klein war, steht auch in dem Link:


When Morihei turned 21 he was eligible for military service and underwent a conscription examination which was very strict, with a minimum height requirement of five feet two-and-a-half inches (159 cm.), and proportionate bodyweight. He was heavier than average but slightly below the height requirement and although he strongly wished to serve his country at such a critical moment, he could not fool the examiners. Nonetheless, strong men were desperately needed at such a time and he was finally allowed to join the Wakayama 61st Infantry Regimen.

aber zwei Zentimeter hin oder her, auch 83kg auf 1,60m sind ziemlich massiv.
Oder war der in der Jugend moppelig, weil er Sumo trainierte?

Terao
25-07-2013, 09:58
Glaube ehrlich gesagt nicht, dass sein Körperfettanteil zuverlässig überliefert ist. ;)


Die Zeit nach dem Militär war er sehr depressiv, heute würde man von einer "posttraumatischen Belastungsstörung" sprechen, von der viele Kriegsveteranen betroffen sind.Mit den ex-post-Diagnosen bei historischen Figuren, die nie einem Diagnostiker begegnet sind, wär ich vorsichtig (auch wenn ich "Achill in Vietnam" hochinteressant fand;)).



Schnell hat man dann aber seine Fähigkeiten erkannt, und ihn erst mal als Ausbilder eingesetzt, für die Front wurde er als zu wertvoll erachtet.Auch damit wär ich vorsichtig. Niemand ist im Krieg "zu wertvoll". Man kann ihn bloß sinnvoller und weniger sinnvoll einsetzen.

ebrenndouar
25-07-2013, 10:18
Mit den ex-post-Diagnosen bei historischen Figuren, die nie einem Diagnostiker begegnet sind, wär ich vorsichtig .


Was wäre denn daran verwunderlich, wenn ein junger Kerl Anfang 20 von den Kriegserlebnissen traumatisiert gewesen wäre?
Die Berichte deuten darauf hin.
Die gleichen Symptome zeigen viele Soldaten, die aus Kriegseinsätzen zurückkehren.
Sie wachen nachts auf, sind depressiv, finden nur schlecht ins zivile Leben zurück, empfinden ein Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit.
Es gibt eine Menge Berichte über so etwas. Ich bin da kein Fachmann, für mich gibt es da aber eindeutige Parallelen.

ebrenndouar
25-07-2013, 11:00
aber zwei Zentimeter hin oder her, auch 83kg auf 1,60m sind ziemlich massiv.
Oder war der in der Jugend moppelig, weil er Sumo trainierte?

Seit wann wird man vom Sumotraining moppelig?

Es gibt ein Foto von Takuma Hisa, der ein Yokozuna in der Jugendliga war, bevor er Schüler von Ueshiba wurde.
Zwar kräftig und sportlich, aber durchaus völlig normale Figur.

http://www.aikidojournal.com/images/articles/sumo_champ.jpg

Terao
25-07-2013, 11:18
Seit wann wird man vom Sumotraining moppelig?

Es gibt ein Foto von Takuma Hisa, der ein Yokozuna in der Jugendliga war, bevor er Schüler von Ueshiba wurde.
Zwar kräftig und sportlich, aber durchaus völlig normale Figur.

http://www.aikidojournal.com/images/articles/sumo_champ.jpg
Jetzt unterhalten wir uns also doch über den KFA von Ueshiba...

Gut, mal ganz allgemein: Im Sumo legen sich ALLE Kämpfer eine hervorragend trainierte Muskulatur zu. Wenn sie dann aber richtig viel Gewicht wollen, müssen sie zusätzlich halt noch Fett draufpacken (weil man nur mit Muskeln nicht schafft, die 150 kg, zumal bei gleichzeitig niedrigem Schwerpunkt, zu knacken, und auch Muskelmasse in diesem Grenzbereich ihren Grenznutzen hat).
Was das für 83 kg auf 1,60 bedeutet, hängt von zu vielen Faktoren ab, um hier eine sinnvolle Aussage treffen zu können. Wenn er intensiv Sumo trainierte, ohne zu den ganz schweren Jungs zu gehören, kann man aber mit Sicherheit sagen: Muskulatur muss, Fett kann.

ebrenndouar
25-07-2013, 11:47
Jetzt unterhalten wir uns also doch über den KFA von Ueshiba...


Drei Jahre später, inmitten der Mongolei.
Andere Klamotten, die ihn nicht so aufgeplustert aussehen lassen, (vielleicht auch weniger zu essen).

http://www.aikidofacts.info/images/ueshiba1924mongolei.jpg

Quelle: Stanley Pranin, Aikidojournal

Pünktchen
25-07-2013, 16:05
Drei Jahre später, inmitten der Mongolei.
Andere Klamotten, die ihn nicht so aufgeplustert aussehen lassen, (vielleicht auch weniger zu essen).

http://www.aikidofacts.info/images/ueshiba1924mongolei.jpg

Quelle: Stanley Pranin, Aikidojournal

Wie ein Supermann sieht er da eigentlich nicht aus, aber wie ein Renomist eigentlich auch nicht, aber wie sehen die auch schon aus.

Terao
25-07-2013, 16:24
Wie ein Supermann sieht er da eigentlich nicht aus, aber wie ein Renomist eigentlich auch nicht, aber wie sehen die auch schon aus.Es gibt auch noch Klugscheißer (http://www.youtube.com/watch?v=mbmrCMy9UgM). :D

gasts
25-07-2013, 23:58
aber wie ein Renomist eigentlich auch nicht, aber wie sehen die auch schon aus.

http://www.ewald-rumpf.de/wp-content/uploads/2009/02/mythen-tapfere.jpg

Ewald Rumpf ? Bildhauer Blog Archive Das tapfere Schneiderlein (http://www.ewald-rumpf.de/das-tapfere-schneiderlein/)

tut-ench
26-07-2013, 02:30
Wie ein Supermann sieht er da eigentlich nicht aus, aber wie ein Renomist eigentlich auch nicht, aber wie sehen die auch schon aus.

nana ... wenn schon klugscheißen, dann aber bitte richtig :D

Der Peter war ein Renommist. Ihr wisst vielleicht nicht, was das ist? Ein Renommist, das ist ein Mann, der viel verspricht und wenig kann.

sorry mir war gerade danach :rolleyes:

Pünktchen
26-07-2013, 08:50
http://www.ewald-rumpf.de/wp-content/uploads/2009/02/mythen-tapfere.jpg

Ewald Rumpf ? Bildhauer Blog Archive Das tapfere Schneiderlein (http://www.ewald-rumpf.de/das-tapfere-schneiderlein/)

Danke

Pünktchen
26-07-2013, 09:15
nana ... wenn schon klugscheißen, dann aber bitte richtig :D

Der Peter war ein Renommist. Ihr wisst vielleicht nicht, was das ist? Ein Renommist, das ist ein Mann, der viel verspricht und wenig kann.

sorry mir war gerade danach :rolleyes:

Es war mehr das Aussehen eines solchen gefragt.

tut-ench
26-07-2013, 14:55
War mir schon klar ... die Antwort hast Du ja auch anscheinend erhalten :D

Es war mir halt ins Auge gesprungen, das schöne altdeutsche Wort, welches heute eigentlich nicht mehr gebräuchlich ist ;)

...aber zurück zum Thema... :winke:

gasts
27-07-2013, 09:48
Aus einen anderen Thread:


Eine Kampfkunst entsteht doch erst dann, wenn sie weitergegeben wird. Sonst bleibt es eine persönliche Fähigkeit.

kann man sich an die Fähigkeiten Moriehei Ueshibas durch das Training von heute angebotenen Aidiko einigermaßen annähern, oder sind die in Teilen einzigartig aufgrund der Biographie des Großmeisters und seiner körperlichen/spirituellen Begabung?

carstenm
27-07-2013, 09:57
Hängt das nicht davon ab, wie das Training aussieht?

Ist nicht in jedem Falle das, was sich in Jahrzehnten intensiven Trainings entwickelt, immer auch von Persönlichkeit und Biographie des Übenden abhängig?

Ich meine inzwischen zu wissen, daß das, was man von Ueshiba kennt, keine "Wunder" waren. Sondern daß seine Fähigkeiten prinzipiell auch anderen Übenden möglich sind.
Wie man sich dem annähern kann - und möchte - und wie es sich konkret ausformt, hängt von den Übenden ab, denke ich.

ebrenndouar
27-07-2013, 13:41
kann man sich an die Fähigkeiten Moriehei Ueshibas durch das Training von heute angebotenen Aidiko einigermaßen annähern, oder sind die in Teilen einzigartig aufgrund der Biographie des Großmeisters und seiner körperlichen/spirituellen Begabung?

Bisher ist niemand im Aikido auf ein ähnliches Level gekommen.

Ueshibas Biographie lässt sich nicht nachleben, und so sind auch sicher einige Schlüsselerlebnisse, die zu seinen Wahrnehmungsfähigkeiten und seinem Können geführt haben, individuell und enzigartig.
Dennoch gab es auch andere Leute mit ähnlichen Fähigkeiten, daher muss man davon ausgehen dass theoretisch jeder Mensch bei entsprechendem Training und Talent etwas derartiges erreichen kann.

Das Training heute ist aber meist nicht intensiv genug, enthält oftmals wichtige Elemente nicht, und niemand übt auf diese besessene Art und Weise Tag und Nacht seinen Körper und seinen Geist, wie Ueshiba es getan hat.
Solche Ausnahmen, die zudem auch ein außergewöhnliches Talent mitbringen, gibt es immer nur ein paar wenige.

Kurzer
27-07-2013, 13:55
!! Sorry - OT!!!

Suche ein englischsprachiges Buch, das vor kurzem erschienen ist und die Frühgeschichte des Aikido behandelt. Es ist nicht von Pranin ... Mir ist der Autor dummerweise völlig entfallen. Es wurde damals im KKB schon besprochen.

Danke!

Klaus
27-07-2013, 16:49
Die Fähigkeiten von Ueshiba - zumindest der Art nach - kann auch heute jeder lernen, er muss nur die Übungen dafür machen. Warum er die keinem verraten hat, oder ob er diese Dinge zufällig ohne die Übungen erworben hat, weiss ich nicht. Im Detail mag es durchaus sein, dass er körperliche Voraussetzungen (breit, genetisch mit starkem Muskelbau versehen, und eher kurz geraten) hatte, die man eben nicht erwerben kann. Man hat sie, oder nicht.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob es erstrebenswert ist, solche Fähigkeiten erwerben zu wollen, und in Kauf zu nehmen was mit einem passiert. Kann vorkommen, dass die eigene Zündschnur etwas kurz gerät, vielleicht gibt sich das auch wieder, keine Ahnung.

ebrenndouar
27-07-2013, 17:48
Die Fähigkeiten von Ueshiba - zumindest der Art nach - kann auch heute jeder lernen, er muss nur die Übungen dafür machen.

Die wenigsten Leute kennen die Übungen, die man "nur" dafür machen muss, und auf welche Weise man üben muss.
Wenn das so einfach wäre, gäbe es einige tausende von Ueshibas.
Natürlich gibt es bestimmte Übungen die man machen kann, aber das ist doch längst nicht alles, es ist ein Teilaspekt des Ganzen.



ch bin mir aber nicht sicher, ob es erstrebenswert ist, solche Fähigkeiten erwerben zu wollen, und in Kauf zu nehmen was mit einem passiert.

Es geht dabei nur vordergründig um den Erwerb von "Fähigkeiten". Was glaubst du, was mit einem "passiert"?

gasts
27-07-2013, 18:31
Die wenigsten Leute kennen die Übungen, die man "nur" dafür machen muss, und auf welche Weise man üben muss.
Wenn das so einfach wäre, gäbe es einige tausende von Ueshibas.
Natürlich gibt es bestimmte Übungen die man machen kann, aber das ist doch längst nicht alles, es ist ein Teilaspekt des Ganzen.


sind denn im Aikido irgendwelche Soloübungen überliefert, die Ueshiba betrieben hat?

bei Tohei gibt es ja z.B. Atemübungen, die hat er aber wohl woanders her.

carstenm
27-07-2013, 20:41
sind denn im Aikido irgendwelche Soloübungen überliefert, die Ueshiba betrieben hat?
Konkret weitergegeben und bis heute geübt wurde/wird meines Wissens lediglich chinkon kishin.

gasts
28-07-2013, 04:37
Konkret weitergegeben und bis heute geübt wurde/wird meines Wissens lediglich chinkon kishin.

oh, interessant:

in der Darstellung auf dieser Seite:

Aikido in Neuruppin - den Geist reinigen (http://www.aikido-neuruppin.de/shinji.html)

klingt es wie eine Art Qi-Gong, das mit der Verbindung mit Himmel und Erde arbeitet und mit den drei Dantian.
Stammt das aus dem Ōmoto-kyō?


Die ersten Übungen (des Chinkon Kishin, shinkokyu, torifune, furutama und variationen) sind verbunden mit den drei fundamentalen Prinzipien des Aikido und verkörpern Dreieck, Kreis und Quadrat. In Übung 10 erhebt man sich auf Kami-Level. Sie aktiviert die Kräfte, die es erlauben, das Ziel zu erreichen. Diese Übung hat die Schüler O senseis zu seiner Zeit so verwirrt, dass er sie nur noch ausnahmsweise ausführte.

:cool:

Wird das in vielen Schulen mit diesen Imaginationen geübt?
Ich könnte mir vorstellen, dass das einigen Westlern zu esoterisch ist. :p

Klaus
28-07-2013, 14:25
Also doch Übungen die man einfach machen könnte. Oder, nicht.

Ich "glaube" nicht, ich weiss, was mit MIR passiert ist. Ich wurde, aufgrund diverser Irrungen und Wirrungen meines Lebensweges, ziemlich böse, man schafft es eben nicht grundsätzlich, sich von richtig grosser Körperkraft nicht irritieren zu lassen, und es nicht dauernd einsetzen zu möchten. Da lässt man dann öfter mal Leute in die Wand laufen, weil man keinen Bock auf die und deren besch*ssene Attitüden hat, oder schmeisst die anderweitig aus dem Fenster, Zug, oder wo auch immer man denen begegnet. Dabei gehen dann Zähne zu Bruch, Knie, oder andere Knochen. Nachher denkt man drüber nach, ob das so immer richtig gewesen ist, und setzt sich mit seinen Irrungen auseinander. In meinem Fall hat das dazu geführt dass die Kraft wieder weggegangen ist, aber das muss natürlich nicht immer so laufen.

Man tritt ein in eine Welt, in der der Körper "tierischer" wird, stärker, VIEL stärker, schneller, reaktionsschneller. Aber eben auch der Geist, der reagiert dann schon mal wie der eines Raubtiers auf die Beute, und haut was um weil man so empfunden hat. Und an der Stelle fängt man an nachzudenken, ob das so richtig ist. Was nicht unbedingt eine schöne Erfahrung ist. Wenn man merkt dass man irgendeinem deshalb das Knie zertreten hat, weil irgendwann vorher mal ne dämliche Tussie was von "haha Du Lusche / Schlapp******* / <insert your derogative here>" von sich gegeben hat.

Diese "fantastischen" Fähigkeiten gliedern sich in 2 Teile. Der eine ist schlicht eine animalische Grundfähigkeit, auf Elemente des Körpers zuzugreifen bzw. diese wieder zu reaktivieren, die mal in der Urzeit Komponenten des Flucht- bzw. Raubtiers war von dem wir stammen. Ein Affe ist auch heute noch viel stärker als wir, bei gleichem Gewicht. Lass mal nen 80-Kilo-Bonobo dieser gröberen, grauhaarigen Art wütend werden. Das ist einerseits eine biologische Anpassung, die Strukturen sind da, müssen aber wieder wachsen um der Belastung standzuhalten, und vermutlich notwendige Stoffwechselressourcen ausreichend bereit zu stellen. An der Stelle lernt man dann auch dessen Grenzen kennen, denn wenn die verbraucht sind weil man es übertreibt, geht es einem extrem dreckig. Dieser Mechanismus unterliegt keinerlei Schranken, was soziale Gefühle angeht. Das ist ein Tier, und so agiert man, schnell, auf den Punkt.

Der andere ist ein emotionaler Mechanismus, in dem man sich mit seinen tieferen, bzw. "höheren" Komponenten stärker in Verbindung setzt. Das seelische in einem, dem gefällt nicht wenn man Witwen beklaut oder Kindern den Lolli wegnimmt. Der schaltet auch das Tier aus, wenn es übertreibt. Das ist dann das Reich der Intuition, der Eingebung, des Zugangs zu den Gefühlen anderer Menschen. Ihre Absichten zu erkennen, intuitiv mit denen zu kommunizieren, vorherzusehen was die machen wollen. An dem Punkt verliert es sich dann ein bischen was das alles kann, aber, es kann eine Menge. Nur eben nicht ohne Gefühle. Dieses "Nicht verletzen" ist quasi das womit man es da zu tun bekommt in Reinkultur.

Beides zusammen ist eine tolle Sache. Man macht nie was falsch, aber kann unheimlich tolle Sachen körperlich. Unglücklicherweise ist das nicht automatisch, wenn es Konflikte gibt, ist das ziemlich Arbeit, das miteinander zu versöhnen. Und darum ist das eben auch nicht alltäglich, und etwas das man in jedem Sportverein findet. Grundsätzlich kann das jeder Mensch, nur ist das etwas das viel Intuition, und viel Arbeit an den Gefühlen erfordert, oder voraussetzt. Der Gefühlsmensch der in seinem stillen Kämmerlein handwerklich vor sich hinhämmert hat eher Zugang, weil er von Natur aus stärker mit sich im Reinen ist, als der Kopfmensch der immer alles wissen will, und nicht ohne genauen Plan wie das klappt auf's Klo geht.

So, jetzt kann sich jeder überlegen, ob er "wie Ueshiba" werden möchte oder nicht. Das ist kein Spaziergang, sowas dauert länger.

ebrenndouar
28-07-2013, 15:16
Also doch Übungen die man einfach machen könnte. Oder, nicht.


Nein, es geht nicht darum, einfach Übungen zu machen.
Ueshiba antwortete auf die Frage, wer ihn ein solch phantastische Kampfkunst gelehrt hätte, und ob es Takeda Sokaku gewesen sei.
Die Antwort war nein, Takeda hätte ihm zwar die Augen für Budo geöffnet, aber die Kampfkunst Aikido ist ein Geschenk der Götter.
Ueshibas Weg war religiös geprägt, und viele seiner Übungen waren spirtueller Natur.

Es gibt eine Menge Leute die jede Menge Übungen machen, aber ob man dadurch automatisch Weise oder erleuchtet wird oder ein begnadeter Kampfkunstmeister wird, hängt noch von vielen anderen Faktoren ab.
"Einfach Übungen machen" hat noch niemanden auf eine solches Level gebracht.


Ich "glaube" nicht, ich weiss, was mit MIR passiert ist.

Was auch immer mit dir passiert ist, aus deiner Schilderung kann ich nichts erkennen dass es irgendwas damit zu tun hätte, was Ueshiba gemacht hat.
Er war weder ein böses wildes Tier, noch war er gefühlsbetont, noch eine Mischung von beidem.
Ich schliesse aus deiner Äußerung, dass du deine Erfahrungen, oder Fähigkeiten die du hast (oder gerne hättest) mit denen Ueshibas geleichsetzt?



So, jetzt kann sich jeder überlegen, ob er "wie Ueshiba" werden möchte oder nicht.

ES gibt keine Anleitung, um zu werden wie Ueshiba.
Deine Irrungen und Wirrungen sind dein eigenes Ding.

Terao
28-07-2013, 15:33
"Einfach Übungen machen" hat noch niemanden auf eine solches Level gebracht.Die eingangs erwähnten Dinge, zumindest, dürften sich durch Üben erreichen lassen.

ebrenndouar
28-07-2013, 15:42
Die eingangs erwähnten Dinge, zumindest, dürften sich durch Üben erreichen lassen.

zumindest lassen sie sich nicht OHNE Üben erreichen.

Aber nicht jeder der Übt, kommt auf das gleiche Niveau.

gasts
28-07-2013, 15:46
Die eingangs erwähnten Dinge, zumindest, dürften sich durch Üben erreichen lassen.

sechs Männer mit dem Bauch auf dem ausgestreckten Arm?

carstenm
28-07-2013, 17:38
klingt es wie eine Art Qi-Gong, das mit der Verbindung mit Himmel und Erde arbeitet und mit den drei Dantian.
chinkon kishin hat eher einen schamanistischen Hintergrund.
Es gib ganz sicher Verbindungen zu qi gong, aber ich persönlich erlebe beides als unterschiedlich.



Stammt das aus dem Ōmoto-kyō?
chinkon kishin basiert auf shintoistischen Meditations- und Reinigungsübungen. Die Übungen und deren Zusammenstellung, wie wir sie heute kennen, gehen auf Honda Chikaatsu zurück und wurden von Deguchi Onisaburo überarbeitet in das ômoto kyô integriert.


Wird das in vielen Schulen mit diesen Imaginationen geübt?
Ich könnte mir vorstellen, dass das einigen Westlern zu esoterisch ist.
Ich selber habe chinkon kishin nicht mit diesen Imaginationen geübt und vermute, daß das auch sonst nicht sehr verbreitet ist.

Klaus
28-07-2013, 21:24
Wenn Du meinst, dass Ueshibas Fähigkeiten nichts mit dem zu tun haben was man in den CMA/IMA unter "innerer Kraft" versteht, und er das nur Dank der gütigen Hilfe des Himmels und nicht etwa aufgrund ähnlicher Übungen erlangt hat mit denen das Leute in China seit 1000 Jahren hinbekommen, dann kannst Du diese Meinung natürlich gerne haben. Ich teile sie nicht.

Allerdings weise ich darauf hin, dass das nicht völlig unproblematisch ablaufen muss, und dass man süchtig nach dieser Kraft werden kann. Lernen kann es aber jeder, und das mit teils richtig primitiven Übungen die man einfach nur jeden Tag durchziehen muss, egal was Leute dazu meinen. Nur, wenn der Antrieb dafür ist, sich gegen Unrecht wehren zu können, dann hat das zur Folge dass man sich emotional mit diesen Antrieben wird auseinandersetzen müssen, denn sowas verselbständigt sich dann schon mal.

Es ist allerdings weder übernatürlich, noch braucht man besondere Gene, oder eine unnatürliche "Energie" aus dem Kosmos. Es ist einfach Bestandteil unserer Machart, nur untergegangen im Laufe der Evolution. Das Spirituelle benötigt man, damit man keinen Unsinn anstellt, und es in gütigen Bahnen läuft. Der eine bekommt das besser hin, als der andere, aber können tut es jeder. Auch wenn das jetzt schlimm ist, dass das jeder lernen kann wie Tischtennis spielen, oder Origami.

Terao
28-07-2013, 21:32
Wenn Du meinst, dass Ueshibas Fähigkeiten nichts mit dem zu tun haben was man in den CMA/IMA unter "innerer Kraft" versteht, und er das nur Dank der gütigen Hilfe des Himmels und nicht etwa aufgrund ähnlicher Übungen erlangt hat mit denen das Leute in China seit 1000 Jahren hinbekommen, dann kannst Du diese Meinung natürlich gerne haben. Ich teile sie nicht.

Allerdings weise ich darauf hin, dass das nicht völlig unproblematisch ablaufen muss, und dass man süchtig nach dieser Kraft werden kann.Ich kann immer weniger folgen: Was hinbekommen, welche Fähigkeiten, welche Kraft? Sind wir noch bei den Anfangsbeispielen? Dachte, für die hätten wir im Grunde ganz brauchbare Erklärungen gefunden?


sechs Männer mit dem Bauch auf dem ausgestreckten Arm? Na, also mein Arm ist nicht lang genug für sechs Mann. Ob`s der von Ueshiba war? :D

gasts
28-07-2013, 23:18
Dachte, für die hätten wir im Grunde ganz brauchbare Erklärungen gefunden?


Pluralis Majestatis?



Na, also mein Arm ist nicht lang genug für sechs Mann. Ob`s der von Ueshiba war? :D

vielleicht lagen die ja übereinander?

Terao
29-07-2013, 00:23
Pluralis Majestatis?Nein, wir alle zusammen hier im Diskussionsverlauf. Ich bin ja nicht der Einzige, der kluge Sachen sagt :D

ebrenndouar
29-07-2013, 08:23
Wenn Du meinst, dass Ueshibas Fähigkeiten nichts mit dem zu tun haben was man in den CMA/IMA unter "innerer Kraft" versteht, und er das nur Dank der gütigen Hilfe des Himmels und nicht etwa aufgrund ähnlicher Übungen erlangt hat mit denen das Leute in China seit 1000 Jahren hinbekommen, dann kannst Du diese Meinung natürlich gerne haben. Ich teile sie nicht.


Wovon redest du?
Lies doch mal was ich geschrieben habe.

"Inneres Training" hat nicht zur Folge, dass man ein böses, wildes Tier wird oder ähnlicher Unsinn. Wovon du da redest, sind deine persönlichen "Irrungen und Wirrungen", wie du es selbst ausgedrückt hast.
Deine Darstellungen bezüglich plötzlich auftretender Kräfte durch Übungen, die in inneren chinesischen Kampfkünsten geübt werden, sind völlig überzogen.
Wenn du damit tatsächlich Erfahrungen hast solltest du wissen, dass es ein sehr langer Weg ist, und man nicht von heute auf morgen davon überrascht wird, plötzlich Superkräfte zu besitzen mit denen man selbst nicht mehr klar kommt. Das passiert Superhelden, die von einer Spinne gebissen wurden.
Ich hoffe, du hast nicht mit irgendwelchen Substanzen experimentiert.

carstenm
29-07-2013, 13:20
... könnte man sich fragen, wo die Kraft hin ist. Ja, das sollte man. Genau dieser Effekt scheint mir ein wesentlicher Aspekt der Methode(n), die man versucht, unter dem Begriff "aiki" zu beschreiben.
Wobei ich es nicht so erlebe, daß die erzeugte Kraft neutralisiert wird, sondern eher für mich selber so beschreibe, daß ich nicht in der Lage bin, meine Kraft nach außen hin wirken zu lassen. Es fühlt sich irgendwie an, als ob sie in mir selber bleibt und in mich selber hinein wirkt.
Hm, schwer darzustellen.


Von Terao wissen wir ja, dass es für einen japanischen Schüler ein verinnerlichtes No-Go ist, den Lehrer bloßzustellen.
Meine Erfahrung ist die, daß Lehrer - auch japanische Lehrer - bestimmte Schüler durchaus ganz bewußt dazu benutzen, sich testen zu lassen. Und sich auch nicht scheuen, einen solchen Test "zu verlieren".
Meine Erfahrung ist die, daß diese Lehrer und auch die entsprechenden Schüler es eher als Bloßstellung empfinden würden, wenn der Schüler in einer solchen Situation nicht tatsächlich versucht, seinen Lehrer an seine Grenze zu bringen.
Terao hat aber sicher Recht damit, daß man einen Lehrer, der seine Fähigkeiten aufgrund von Alter oder Krankheit o.ä. eingebüßt hat, nicht blamieren würde.

Als Erklärungshilfe für das Halten des Stabes ist diese Annahme aber ohnehin nicht notwendig.


Eventuell spannen die Schüler also unbewusst ihre Antagonisten an, so dass die zwar eine große Anstrengung fühlen, aber unter dem Strich nix rauskommt.
Eventuell zieht der erste Schüler neben O-Sensei sogar den Stab ein wenig in die Gegenrichtung (hat als einziger der Schüler den Stab gegriffen) um den anderen ein wenig Widerstand zu geben. Es gab und gibt immer wieder Lehrer, die ausgeprochen "sonderbare" Dinge zeigen können. Selbst wenn man selber wahrscheinlich aufgrund mangelnder Trainingsintensität nie dahin kommt, diese Effekte reproduzieren zu können, beraubt man sich doch der Basisarbeit, die diesen Phänomenen zugrunde liegt, wenn man sie als Scharlatanerie abschreibt, anstatt zu versuchen, ihnen durch Lernen und Üben näher zu kommen.

Klaus
29-07-2013, 13:44
"Inneres Training" hat nicht zur Folge, dass man ein böses, wildes Tier wird oder ähnlicher Unsinn. Wovon du da redest, sind deine persönlichen "Irrungen und Wirrungen", wie du es selbst ausgedrückt hast.


Liess doch noch mal selbst was ich wirklich geschrieben habe. Was Du da hineininterpretierst ist Dein Bier, ich habe nichts von wildem bösem Tier geschrieben. Ich wage anzudeuten, dass die Kräfte die man - langsam, oder auch schlagartig wenn in Gefahr - auch (in Ermangelung von Leuten die auf einen schiessen wollen oder mit Handgranaten werfen) mit Übungen über einen längeren Zeitraum erwerben kann, keine kosmischen Himmelskräfte freisetzen, sondern schlicht auf Elemente des Körpers zurückgreifen, die aufgrund unserer Eigenschaft als Säugetiere aus der Ordnung der Primaten noch übrig sind, evolutionsbiologisch aber in den Hintergrund traten. Sonst hätte das jeder immer. Viele Menschen entwickeln in besonderen Situationen enorme Kräfte, einerseits wenn in Lebensgefahr, andererseits auch wenn soziale Sicherungen komplett ausgeschaltet werden. Sie haben nur im normalen Leben kaum oder keinen Zugang dazu. Den erwirbt man langsam durch Übungen, aber vom ersten Auftreten bis dass es ein Teil der allgemeinen Bewegungssteuerung aus dem Unterbewusstsein wird ist es auch ein Weg. Ein Bekannter von mir der im Bereich der Humanbiologie tätig ist meint, dass chemische Inhibitoren ausgeschaltet werden (im Sinne von nicht ausgeschüttet) die die Muskelkonraktion zur Vermeidung von Schäden und Energieoptimierung verlangsamen. Das passiert auf einer so tiefen Ebene dass man das willentlich erstmal nicht schafft, sowas braucht längere Zeit dass sich das Gehirn da was ausdenkt, genau so wie beim Laufen lernen. Soviel zum "tierischen" Hintergrund, der ohne kosmische Kräfte für den von den Göttern Erwählten auskommt.

Nur - das ist nichts, was dann knopfdrucktechnisch immer nur dann kommt wenn man möchte, und es in irgendwelche romantischen Vorstellungen passt. Wörtlich aus dem chinesischen übersetzt basiert das auf "der Kraft sich zu wehren" (Peng Jin). Es ist erstmal ursächlich gebunden an Empfindungen die was mit Gefahr zu tun haben. Beim Raubtier will es sich seine Nahrung erschliessen, beim Fluchttier möchte es weg vom Bösen koste es was es wolle. Solche Fähigkeiten stehen dann nicht wertfrei im Raum, die sind gebunden an Empfindungen. Und wenn man nicht glücklich ist, sorgenfrei aufgewachsen und nie mit Unfairness oder gar Bösartigkeit in Berührung gekommen zu sein, dann greifen Unmutsempfindungen dann auch plötzlich auf diese neu gewonnenen Fähigkeiten zu. Und das wird brenzlig, wenn man nicht lernt damit umzugehen, und mit seinen Unmutsempfindungen höchst friedfertig umzugehen. Nicht mehr und nicht weniger.

Es wird leider in einigen Kreisen zelebriert, dass man ja der Samurai oder Krieger sein muss damit man "wirklich" solche Fertigkeiten erwirbt. Nur, wenn man das tut, dann passiert es schon mal dass da auf einmal einer liegt. Die Wirklichkeit interessiert es nicht ob man das eigentlich nicht wollte. Aus dem Grund möchte ich vorher darauf hinweisen, dass der Punkt kommt an dem man sich damit auseinandersetzen muss. Denn, das ist was ich persönlich erlebt habe - es GEHT diese enorme Steigerung der Körperkraft zu enwickeln. Man wird dabei nur nicht von alleine zum friedfertigen Budoweisen der zärtlich immer nur seinen Bart streicht. Das ist einfach ein Mechanismus der dann da ist, und wenn man einem vor Wut vor den Kopf kloppt, oder auch einfach nur weil einen in der Kneipe ein Idiot anspringt, dann hat das die Wirkung die diese erheblich gesteigerte Körperkraft nun mal hinterlässt. Wenn ich jemanden wunderschön destabilisiere, und perfekt auf den Kopf werfe, und dabei mit doppelt so viel PS wie sonst beschleunige, dann tut das nicht nur ein bischen weh. Der steht nicht mehr auf. Und sowas muss man vorher wissen, und sich damit beschäftigen, nicht wenn es passiert ist.

Darum habe ich auf die "2. Komponente" hingewiesen, die Spiritualität. Das ist das, was solche Impulse dann reguliert. Oder schon mal den Ausknopf drückt, wenn man dabei ist vermeidbares zu tun. Das ist nur etwas das man tun muss, das kommt nicht von alleine. Manche chinesischen Bodyguard-Typen waren, wenn man sich deren Bilder mal ansieht, ziemlich kaputte Knochenbrecher, denen es quasi völlig egal war was mit dem passiert den man vor die Wand knallt. Meine Erfahrung ist, dass das keinen Spass macht, und das eigene Leben sich dann nicht mehr schön anfühlt. Aber sich damit auseinanderzusetzen warum man sowas tun möchte ist keine Kleinigkeit. Und das sollte man eher früher als später anfangen. Die Spiritualität, bzw. Elemente des Geistes, packen dann zu dieser reinen Kraftkomponente auch das eine oder andere an abgefahren "feinsinnigen" Steuerungsfähigkeiten dazu.


Ach so, es ist übrigens eine Beobachtung von Mike Sigman, einem halbwegs etablierten "Guru" der IMA-Szene für Fähigkeiten der inneren Kraft. Der mit seinen Erklärungen auch schon mal ein bischen kreativ umgeht, und sie relativiert wenn er was neues entdeckt. Der hat seinen Weg in der "Forschung" zu dem Thema der ihn letztendlich zu Chen Xiao Wang geführt hat deshalb angefangen, weil ihm aufgefallen ist dass viele Aikidokas eben diese Art Kraft nicht haben, aber einige schon. Bei diesen Aikidokas ist er dem Phänomen auch das erste Mal begegnet, also dass einige wenige davon ihn rumschubsen konnten wie ein Kind obwohl er nicht wirklich schwach gebaut ist. Viele andere aber nicht. Um das zu erklären ist er dem dann nachgegangen und bei Leuten aus dem Taijiquan-Umfeld gelandet, wo er aber das gleiche Phänomen angetroffen hat - viele können es nicht, wenige doch. Warum das so ist, da hat er sich dann ein Modell namens "Faszienanzug" überlegt, ob der Teil des biologischen Systems ist das dahinter steht, lasse ich mal dahingestellt, das ist einfach sehr komplex.

ebrenndouar
29-07-2013, 14:19
Ich wage anzudeuten, dass die Kräfte die man - langsam, oder auch schlagartig wenn in Gefahr - auch (in Ermangelung von Leuten die auf einen schiessen wollen oder mit Handgranaten werfen) mit Übungen über einen längeren Zeitraum erwerben kann, keine kosmischen Himmelskräfte freisetzen, sondern schlicht auf Elemente des Körpers zurückgreifen, die aufgrund unserer Eigenschaft als Säugetiere aus der Ordnung der Primaten noch übrig sind, evolutionsbiologisch aber in den Hintergrund traten.

Das ist aus meiner sicht keine Beschreibung, die dass was in chinesischen Kampfkünsten mit jin, im Daito-ryu mit Aiki und im Aikido mit kokyu-ryoku bezeichnet wird.
Womit du recht hast ist, dass es nicht vom Himmel fällt. Aber was absoluter Unsinn ist, ist diese Theorie mit den Primaten.
Jin ist eine Fähigkeit sowohl des Körpers, als auch des Geistes. Wenn man es beherrscht, hat man es zur Verfügung wann immer man möchte, und man kann es kontrolliert einsetzen.

Was du beschreibst, hört sich eher nach einem gewollten "ausrasten" an.
So etwas wurde zum Beispiel früher im Norden von den Berserkern geübt, bewusstes Hineinsteigern in einen später fast unkontrollierbaren Zustand, oft mit Hilfe von Drogen. Ironischerweise wurde aber gerade diese Kraft als von den Göttern kommend bezeichnet.

So etwas ist nicht Peng-Jin. Auch die Kräfte des Unbewussten, die einen in Notsituationen plötzlich die Kraft verdoppeln lassen, sind nicht Peng-Jin.
Jin ist etwas, was durch den Geist, durch Intention und Absicht geleitet wird, und nicht durch das Reptilienhirn gesteuert wird.
Du verwechselst da einige Dinge wie mir scheint.

carstenm
29-07-2013, 15:39
Ach so, es ist übrigens eine Beobachtung von Mike SigmanWas meinst du hier mit "es"?

Ich habe noch nicht bei Mike geübt. Ich habe mit Menschen geübt, die mit ihm geübt haben.
Die psychologisierten Erklärungen, die du darstellst, klingen deutlich anders als das, was mir von ihm berichtet wurde:
Das, was er -nach den Darstellungen Dritter und soweit ich es aus seinen Texten und Forumsbeiträgen kenne, ist in der etwas, das "dann knopfdrucktechnisch immer nur dann kommt wenn man möchte". Genau um so eine "sachliche" Fähigkeit geht es doch dabei?


... Modell namens "Faszienanzug" ... Gerade das ist doch nun etwas, das sich unabhängig von der psychischen Verfaßtheit üben und aktivieren läßt?

Klaus
29-07-2013, 15:53
Nicht wirklich. Lies Dir mal diverse Äusserungen eines Chen Xiao Wangs und dergleichen dazu durch. Das ist nichts was man "bewusst" hat, das ist etwas das Teil der normalen natürlichen Bewegungen wird, ein Reflex. Da wirft man dann auch mal einen Ball so, oder hebt den Kasten Cola im Keller damit. Das Ausrasten ist nicht der Mechanismus, aber das kann halt passieren wenn man ihn hat, darum sollte man sich auch damit auseinandersetzen bevor man dazu neigt das öfter einzusetzen als nötig. Jeder der mal in einer konkreten Situation Fajin an sich selbst erlebt hat, kennt das als etwas das nicht bewusst kommt, sondern spontan. Eben auch, wenn man nicht wollte. Das ist kein Knopf den man drückt, sondern das wird einfach ein elementarer Bestandteil der eigenen Bewegungen, aufgeladen sein zu können. Von daher ist das nichts was vernünftig zu "Issen Hissatsu" passt oder mit so einer Attitüde trainiert werden sollte. Nicht, wenn einem was am eigenen Leben und der Freude am selbigen liegt.

Oder andersherum: man muss kein weiser, ausgeglichener, spirituell vollkommener Mensch werden, um plötzlich solche Dinge zu können. Wenn man den Zugang bekommt, und ist ein cholerischer, dämlicher, aggressiver Mensch, dann ist man ein cholerischer unvorsichtiger Mensch mit perverser Zugkraft, dessen spontane Reaktionen dann ebenfalls mit dieser Zugkraft stattfinden. Ich empfehle jedem, sich vorher darüber Gedanken zu machen und mit seinen Abwehrempfindungen ins Reine zu kommen, als nachher, wenn er vorhat sich intensiv mit solchen Übungen abzugeben.

ebrenndouar
29-07-2013, 16:37
Sieht aber so aus, als würde er es ganz bewusst, genau an den Stellen der Form machen, wo es hingehört.

Chen Xiao Wang demonstrating Fajin - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=5LosS2vjmek)

Dämliche, aggressive Menschen bringen weder die Geduld auf, noch haben sie die Intelligenz solche Konzepte zu erlernen.

Es gibt natürlich immer welche, die die falschen Pillen essen...

Klaus
29-07-2013, 18:15
Leider ist das nicht so. Es gab genug berufsmässige Knochenbrecher die das durchaus bis zu einem akzeptablen Grad gelernt haben, die haben es nur nicht wirklich freundlich eingesetzt. Die Yang-Familie so ab 1850 hat alle Leibwächter des Kaisers darin ausgebildet, und die haben ihrerseits teils Familienstile daraus gebaut (z.B. die Wu-Familie abstammend von Chuanyu, der so ein Wächter gewesen ist). Den Kaisern war es aber wohl nicht brutal genug, die haben 50 Jahre später dann erst kurz auf Bagua und dann auf Baji zurückgestellt, weil die mehr draufhauen als "überreden". Es sieht aber durchaus so aus, als wäre ein Mangel an Feinsinn ein Hindernis, die höherwertigen Dinge wirklich gut zu lernen.

Das mit dem "gezielt" ist so eine Sache. Natürlich kann man es _später_ halbwegs gezielt einsetzen, wenn sich das mit dem Geist verbunden hat der das steuert. Aber anfangs war es z.B. so, ich habe den Ball fest Richtung Tor geworfen, und dann kam das, oder es kam nicht. Das war ziemlich irritierend, weil entweder der "Boost" eingesetzt hat, und dann war es ein Hammer, oder er kam nicht, und dann war es vergleichsweise eine Rückgabe zum Torwart (ich konnte vorher nie wirklich hart werfen). Es hat etwa ein paar Wochen gedauert, bis das langsam permanent wurde, d.h. jeder Wurf den ich ausgeführt habe, auch Pässe, prozentual eine Menge Jin mitbekommen hat. Das merkt man nicht nur an der Härte, sondern auch daran dass der Arm dabei kribbelt wie man das aus Taiji-Formen kennt, entweder nur die Hand bzw. die Finger, oder die ganze Strecke bis zum Dantien im Unterbauch. Entweder wird da Adrenalin ausgeschüttet, oder es fliesst was, oder beides. Fühlt sich teils an wie kaltes Wasser das unter Druck da im Muskel läuft. Und wenn das im vollen Umfang einsetzt, tut das am Muskelansatz auch schon mal weh, das hatte ich aber nur ein mal, war quasi ein Versehen des Körpers. Das Training selbst bis zu dem Tag wo das aufgetreten ist hat allerdings 8 Jahre gedauert, soll aber bei manchen Leuten auch schon nach 2-3 passieren.

Das was manche Leute wie mich dann aber erschreckt ist, dass es eben ein Eigenleben entwickelt, wenn das "schreckhaft" aktiviert wird. Jemand zieht Dir abrupt eins über, und man reagiert mit einer virtuosen, verzögerungsfreien Kombination von drei Aktionen die denjenigen um einen Türrahmen falten. Und erst dann ist der Verstand wieder dabei und hält es auf. Von besagtem Chen Xiao Wang sind diverse "Unfälle" bekannt, wo der Notarzt kommen musste weil jemand ihn "testen" wollte und sich die Reaktion verselbständigt hat. Normal ist er nicht so, der ist schon ein netter, cooler Typ, Lehrer eben, und hat eine hohe Reizschwelle bei Provokationen. Dem Lehrer eines Freundes von mir ist auch so ein Unfall passiert, als ein kräftiger Herr als Ausdruck seiner Unzufriedenheit seine Bedienung im China-Restaurant geschlagen hat. Von mir aus kann jeder glauben das passiert nicht, solange er nicht wirklich soweit kommt. Ich spreche jetzt nur die Menschen an, die das tatsächlich vorhaben und soweit kommen werden, denn das kann tatsächlich so gut wie jeder mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit im praktischen Üben.

Klaus
29-07-2013, 18:24
Was meinst du hier mit "es"?


Dass ihn anfangs Aikido sehr interessiert hat, und ihm dabei viele Leute über den Weg gelaufen ist die einfach irgendwas wie Judo gemacht haben, und nur wenige die eine besondere Art Kraft hatten. Und er wollte wissen wie diese entsteht und was man dafür tun muss.

Ihr interpretiert hier übrigens lustig wie ihr wollt. Ich sage nicht man braucht einen besonderen Geisteszustand um das zu aktivieren, sondern wenn man dahin kommt dann steht der Mechanismus auch nicht so sozialkompatiblen Empfindungen in einem zur Verfügung. Das sind unbewusste Vorgänge die sich dann eben auch mal manifestieren. Das hat übrigens auch Mike feststellen müssen, aber darüber möchte ich mal schweigen. Dieser Mechanismus aktiviert sich nicht einfach dadurch dass man das nun ganz besonders will, sondern er entsteht und dann ist er da. Und zunächst läuft das ein wenig unbewusst ob und wie sehr sich das aktiviert, und dann wird das mehr und mehr in das normale Agieren integriert. So wie man spucken kann, aber dabei nicht "die Speicheldrüsen ansteuert um 3.5g Saliva mit 79% Wasseranteil zu erzeugen". Gut, es mag Leute geben die es können. Die meisten die mit so einem Kopfansatz drangehen lernen es nie.

Aber ich denke, es ist jetzt genug gesagt.

carstenm
30-07-2013, 08:47
Ihr interpretiert hier übrigens lustig wie ihr wollt.Ich meine eigentlich eher Fragen gestellt zu haben?

Daß mit den Fähigkeiten auch die Verantwortung wächst, ist doch ein klassischer Gedanke? In diesem Sinn jedenfalls deute ich inzwischen den Kern deiner Aussagen?

Ich hatte zuerst verstanden, du seist der Meinung, daß sich bestimmte Fähigkeiten, wie z.B. fa jin, Aufbauen des suit oder anderes nur im Zustand des Kontrollverlust einstellen, oder dann jedenfalls "besser". Oder auch daß Kontrollverlust ein Effekt dieser Fähigkeiten sei.
Beide Aussagen widersprechen meinen Erfahrungen mit innerer Arbeit. Daher meine Nachfragen.
Ob jemand, wie du schreibst "sozialkompatibel", agiert, häng m.E. nur von dessen Persönlichkeit und oder Biographie ab. Nicht von seinen Fähigkeiten in Bezug auf innere Arbeit.