Vollständige Version anzeigen : Aufzeichungen über den Schnitttest bei europäische Schwertern?
Hallo. Die ganze Debatte Langschwert zerbricht Katana hat mich auf eine interessante Frage gebracht. Zumindest für mich.
Wie haben die Europäer ihre Schwerter eigentlich getestet? Gab es da Tameshigiri ähnliche Testreihen oder hat man was völlig anders gemacht?
Sind da noch welche Aufzeichnungen vorhanden?
Nun ja, gab es: Feder ins Wasser werfen, die Strömung treibt die Feder gegen das Schwert ... ;)
Zum Thema Schnitttests im Mittelalter kann ich nichts sagen, ich hätte aber sowas hier im Angebot:
lange vor Lynn Thompson :D
Wie gesagt, seid dem 16. Jhdt. kann man ohne Probleme japanische Tester aufgabeln. incl. Exponate.
Nu seid ihr dran...:D
Ist nicht wirklich böse gemeint, aber davon weis ich bisher noch nicht soviel.:)
Russische Variante:
Russian test cutting practices Hroarr (http://www.hroarr.com/russia-test-cutting-practices/)
itto_ryu
01-08-2013, 05:09
Wie angedeutet wurde, aus dem 19. Jhd. sind im Zusammenhang auch mit den Grand Assault at Arms solche "sword-feats" bekannt, wie Limone im vollen Galopp cutten, Turk´s Head, zwei Schafe durchhauen, Kürass durchhauen oder auch Apfel auf der Kehle eines Partners cutten.
Krass DURCHhauen? Hast du da mehr Infos zu?
Und in Japan gab es Anno dazumal schon hauptberuflich Qualitätsprüfer für Schwerter? In der Tat, sehr modern..
Danke für die Infos.
itto ryu Dein Bericht ist ja besonders interessant. Würde mich auch über mehr Infos freuen.
Althalus
01-08-2013, 08:33
Wie haben die Europäer ihre Schwerter eigentlich getestet?
Wann? Europa ist in waffenhistorischer Hinsicht bereits oberflächlich komplexer als Japan (dort gehts dann dafür um Details).
Die Frage ist: Worauf testen?
Schärfe? Demnach die meisten Euro-Schwerter eine verlaufende Schärfe besitzen, also vorne schärfer als hinten sind, ist das relativ.
Schnittleistung? Ziemlich belanglos - auch eine 3 mm Schlagkante "schneidet" eine Schweinehälfte durch (so getan 2011 von Dreynschlag in Langenzersdorf).
Abgesehen vom Früh- und Hochmittelalter sind Schwertklingen in Europa zumeist Manufakturwaren, sprich, sie werden vom Klingenschmied "auf Halde" produziert und von der Zunft in großen Stückzahlen verkauft (mal ganz grob dargestellt). Die Schmiedemarke ist zunft- bzw. stadtbezogen (z.B. Passauer Wolf). Somit haben wir es mit Klingenlieferungen mit mehreren hundert Stück zu tun, die z.B. von Passau aus nach Mailand gekarrt werden, um dort gefasst zu werden. Die Mailänder verkaufen die fertigen Schwerter dann an Florenz, Venedig, Madrid und auch wieder zurück nach Passau.
Was würde ein Schnitttest also aussagen? Nichts, da der jeweilige Schmied gar nicht bekannt ist, nur die Stadt/Zunft für die er arbeitet. Die Zunft testete die Klingen so, wie man Werkzeug zu testen pflegt: auf Härte, Elastizität und Verarbeitung. Dazu muss man damit aber nicht schneiden.
Somit beziehen sich solche Tests auf die Fertigkeit des Fechters, nicht der Waffe.
Danke für die Infos.
itto ryu Dein Bericht ist ja besonders interessant. Würde mich auch über mehr Infos freuen.
ich bin mal so frei:
http://www.fioredeiliberi.org/topics/sources/Lessons_in_Sabre-Waite-1880.pdf
Hinten im Buch sind einige Kunststücke aufgeführt. Wie Itto schon schrieb sind das Vorführungen von Können (s. Althalus).
neben dem Zerteilen von Lammkeulen, Schasfskörpern, Bleistücken auch elegantere wie Seidenschals oder Papier, einen Besenstiel auf zwei vollen Weingläseren zerteilen ohne diese zu zerstören oder Wasser zu verspritzen (was ich schon irgendwie cool finde ;)) und, was ich bei Zeiten mal ausprobieren muss: bei einer aufgehängten Orange erst die Schnur zerteilen und dann die fallende Frucht.
@Jan:
Krass DURCHhauen?
auch wenn ein Tippfehler ist, das Wörtchen ohne "ü" beschreibt das schon ziemlich gut :D
itto_ryu
01-08-2013, 10:09
Danke OliverJ, da war einer schneller :D
Übrigens organisierte Schnitttests gab es auch im alten Persien und dabei auch ziemlich krasse Ideen wie z.B. Dromedare oder Kamele inklusive Sattelgarnitur. Wie Althalus schon schrieb, die Frage ist auch, welche Gründe gab es für Schnitttests? Im europäischen Raum waren diese soweit ich weiß vor allem zur Zurschaustellung der eigenen Fähigkeiten/Belustigung gedacht, weniger zur Klingenprüfung.
Allerdings ob das immer wirklich so war oder übertrieben ist, kann man schwer sagen. Auch in den Schlachtberichten weltweit gibt es solche Aussagen wie "durchgehauen vom Scheitel bis runter zum Sattel" usw. Wenn man allerdings selbst Schnitttests macht, merkt man schnell da geht einiges.
was ich bei Zeiten mal ausprobieren muss: bei einer aufgehängten Orange erst die Schnur zerteilen und dann die fallende Frucht.
Im vollen Galopp :)
Hier steht auch noch ein bisschen was:
Journal of Manly Arts (http://ejmas.com/jmanly/articles/2001/jmanlyart_wolf2_0801.htm)
Danke für die weiteren Infos. Ja dann ist das mit den Schnitttests wirklich anders als im alten Japan. Tameshigiri war dort meines Wissens nach eher ein Mittel das Schwert zu testen und nicht den Schwertkämpfer.
So macht das doch echt Spaß !:)
So macht das doch echt Spaß !:)
Sehe ich auch so.
Nur eine Frage noch. Wenn Schnitttests bei uns in Europa eher nicht zur Klingenprüfung da waren, wie hat man dann Anno dazumal in Europa die Kampftauglichkeit der Klingen überprüft? An einem Schwert das bei einem ersten Hieb bereits in seine Einzelteile zerlegt, dürften die damaligen Krieger kein Interesse gehabt haben..
Althalus
01-08-2013, 13:17
wie hat man dann Anno dazumal in Europa die Kampftauglichkeit der Klingen überprüft?
So, wie man eine Axt überprüft, bevor man den ersten Hieb in den Baumstamm macht. ;)
Klinge gerade? Klinge elastisch? Klinge scharf? Gut, passt. :D
Härtefehler lassen sich ohnehin nicht gleich feststellen, das sind halt immer Überraschungen. Schmiedefehler, Ausbrennungen, usw. wurden von den Zünften schon abgelehnt.
Wie schon gesagt - die Europäer waren da sehr pragmatisch.
So, wie man eine Axt überprüft, bevor man den ersten Hieb in den Baumstamm macht. ;)
Klinge gerade? Klinge elastisch? Klinge scharf? Gut, passt. :D
Härtefehler lassen sich ohnehin nicht gleich feststellen, das sind halt immer Überraschungen. Schmiedefehler, Ausbrennungen, usw. wurden von den Zünften schon abgelehnt.
Wie schon gesagt - die Europäer waren da sehr pragmatisch.
Da hab ich mal eine Frage .Wie konnte man bei den europäischen Klingen feine, aber fatale Schmiedefehler überhaupt sehen.* Bei den sehr frühen Klingen gab es richtig gute Polituren, bei den späteren ab dem Mittelalter sah es meiner Kenntnis nach eher mau aus.
Blos wenn ich nichts sehe, wie soll ich da was erkennen.
Gut über den Klang geht so Einiges, aber der Rest ?
* Ich meine damit solche diabolischen Sachen wie mehr als haarfeine Härterisse. Die Dinger sieht man selbst bei der japanischen Toppolitur nur mit dem Vergrößerungsglas. Tödlich sind sie aber trotzdem.
Althalus Ok alles klar. Thx für die Infos.
Althalus
02-08-2013, 07:30
Wie konnte man bei den europäischen Klingen feine, aber fatale Schmiedefehler überhaupt sehen.
Meistens wahrscheinlich gar nicht. Zwar hatten die Zünfte ihre Spezialisten, aber auch die waren auf die Mittel ihrer Zeit beschränkt.
Bei den sehr frühen Klingen gab es richtig gute Polituren, bei den späteren ab dem Mittelalter sah es meiner Kenntnis nach eher mau aus.
Da wäre ich vorsichtig. Nur weil heute keine Spiegelpolitur mehr erhalten ist, bedeutet das nicht, dass sie ursprünglich nicht da war. Die Originale, die ich vermessen hab, könnten jedenfalls ursprünglich durchaus spiegelblank gewesen sein. Bei uns haben halt Restauratoren oft ziemlich viel verpfuscht, gerade in den Museen.
MichaelII
02-08-2013, 09:10
So, wie man eine Axt überprüft, bevor man den ersten Hieb in den Baumstamm macht. ;)
Klinge gerade? Klinge elastisch? Klinge scharf? Gut, passt. :D
...
„Zusammen mit schwarzen Stämmen und einheimischen blonden Knaben hat Eure Brüderlichkeit Schwerter für uns ausgewählt, die sogar imstande sind Rüstungen zu durchschneiden, und die ich mehr noch ihres Eisens als wegen des Goldes auf ihnen preise. So glänzend ist ihre polierte Klarheit, daß sie mit genauer Deutlichkeit die Gesichter derjenigen widerspiegeln, die auf sie schauen. So gleichmäßig verlaufen ihre Schneiden zur Spitze, daß man annehmen möchte, sie seien nicht mit Feilen hergestellt, sondern im Schmelzofen geformt. Ihre Mitte, mit schönen Vertiefungen ausgehöhlt, erscheint wie mit Würmlein gekräuselt, und hier spielen so mannigfaltige Schatten, daß man glauben möchte, das glänzende Metall sei mit vielen Farben verwoben. Dieses Metall ist auf Eurem Schleifstein geschliffen und mit Eurem glänzendsten Pulver so beharrlich poliert, bis sein stählerner Glanz ein Spiegel der Männer wird; dieses Pulver wird Euch unter den natürlichen Schätzen Eures Landes gewährt, sodaß sein Besitz Euch einzigartigen Ruhm bringen möge. Solche Schwerter möchte man in ihrer Schönheit für das Werk Vulkans halten, von dem gesagt wird, daß er mit solcher Geschicklichkeit sein Handwerk veredelt habe, daß alles, was von seinen Händen gestaltet wurde, nicht mitmenschlicher, sondern mit göttlicher Kraft gefertigt zu sein schien.“
Ostgotenkönig Theoderich in einem Dankesbrief an den König der Vandalen Ende des 5. Jhds.
Grüße
Althalus
02-08-2013, 09:35
Ende des 5. Jhds.
Das sind die wurmbunten Klingen, von denen ich oben schon gesprochen habe. Die verschwinden dann aber mit dem Aufkommen besserer Schmelztechniken - und KAJIHEI bezog sich auf die späteren Klingen.
was ich bei Zeiten mal ausprobieren muss: bei einer aufgehängten Orange erst die Schnur zerteilen und dann die fallende Frucht.
Haken dran, erledigt :cool:
war schon irgendwie spaßig
https://www.facebook.com/photo.php?v=476087085820476&set=vb.149254915181308&type=2&theater
itto_ryu
19-08-2013, 19:11
:halbyeaha
danke danke,
Aber ich muss zugeben, der hier hats noch ein bisschen mehr drauf ;)
PHYSICAL TRAINING - British Path (http://www.britishpathe.com/video/physical-training)
itto_ryu
20-08-2013, 17:39
Hey super davon mal originale Videos zu sehen :)
M.Hampel
25-08-2013, 23:38
"§. 3.
Von den Fechtwaffen oder Waffen.
Vorerinnerung.
Jeder Fechter muß natürlich außer der guten Führung seiner Waffen, sofern sie scharfe Waffen sind, auch deren Bestandtheile, ihre Zweckmäßigkeit und Einrichtung kennen, so wie auch im Stande sein, beim Ankauf von Klingen ihre Güte zu beurtheilen.
Letzteres, die Güte und Tüchtigkeit einer Klinge zu ermitteln, hat man mehrere Proben, von welchen ich die untrüglichsten hier anführe. Bei Besichtigung einer Klinge, nachdem man über Form und Schwere entschieden hat, sehe man darauf, daß solche keine feine, dem Auge fast unbemerkbare Brüche und Schieferrisse hat, welches häufig am Ansatz der Angel, aber an letzterer selbst noch häufiger der Fall ist. Die Festigkeit, Haltbarkeit und Dauer der Klinge ermittelt man, wenn man solche flach um einen runden Stamm, oder, was noch besser ist, mit aller Kraft flach mehreremale auf Wasser haut. Nachdem diese Proben bestanden sind, sucht man die Qualität des Stahls durch Biegen der Klinge, bis fast zum Halbkreise, zu prüfen; läßt man sie wieder, zuerst sehr langsam, frei, so muß sie, wenn sie von guter Masse ist, wieder ganz gerade werden. Behält sie aber eine Biegung, so ist die Klinge um so weicher und schlechter, als die Biegung bedeutender bleibt. Diese weichen Klingen nennt man Bleiklingen, und sind solche zum Erlernen des Fechtens wegen ihrer Wohlfeilheit, Zähigkeit und Dauer nur insoweit zu gebrauchen, als sie sich nicht allzu leicht biegen und in dieser Biegung bleiben. Zum ernsten Kampf aber möchten gar bald, wie natürlich, die größten Nachtheile daraus entstehen."
Aus: Theoretisch - praktische Anleitung des Hau = Stoßfechtens und des Schwadronhauens, nach einer ganz neuen Methode bearbeitet und herausgegeben von F. C. Christmann, Professor der Fechtkunst und Mitglied mehrere Academien und Dr. G. Pfeffinger. Offenbach am Main, 1838.
M.Hampel
25-08-2013, 23:39
Nicht ganz Schnitttest aber was zum Test von Klingen.
vBulletin v4.2.5, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.