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Vollständige Version anzeigen : Ab wann sollte man unterrichten?



jkdberlin
23-08-2013, 12:18
When To Start Teaching and Why It Helps Your Game - Gameness Blog (http://blog.gameness.com/when-to-start-teaching-and-why-it-helps-your-game/#axzz2cQRLpNNK)

eigentlich für mich eher eine persönliche Frage, ab wann würdet ihr euch zutrauen zu unterrichten? Ab wann hat man das "Zeug" dafür?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man durch das Lehren erst selber richtig lernt, weil man Sachen verstehen muss, immer wieder gefragt und gefordert wird, und somit Konzepte und Zusammenhänge erarbeiten muss. Aber natürlich ist das schwierig und nicht jeder traut sich das zu. Was wäre eine annehmbare, gute Grenze, ab der man unterrichten sollte?

Belva
23-08-2013, 12:29
Selber unterrichten kann jeder der graduiert wurde. Ab diesen Zeitpunkt macht es Sinn z. Bsp. für Blue-Belts White-Belts zu unterrichten. Blue-Belts haben das Gelernte noch frisch in Erinnerung und können diese dann mit der eigene Erfahrung weitergeben. Dadurch prägt sich das Gezeigte auch stärker beim Graduierten.

Logischerweise heisst es nicht das Blue-Belts eine Schule leiten sollen. Bei Open-Mat (wenn die Graduierten rollen) dürften sie aus meiner Sicht aber diese Aufgabe übernehmen.

SSebi1
23-08-2013, 12:37
Gute Frage, ich denke es kommt sehr drauf an wen man unterrichtet. Ich hätte z.B.: kein Problem Kinder Unterricht als neuer Blue Belt zu machen, wo es um die wirklichen Basics bzw. einfache Bewegungsabläufe geht. Ich finde als gestandener Blue Belt am Weg zum Purple Belt zahlt es sich sicher aus zu unterrichten und bringt einen weiter. Unser BB verlangt das z.B.: auch von Leuten die einen PB haben wollen...

Generell kann bei uns im BJJ Lab jeder mal Techniken zeigen wenn er auf einem Seminar war oder sonst was neues gesehen hat und er sich das auch zutraut.

Ich habe zB.: einen Kollegen der Purple Belt ist und 3 x pro Woche das Anfänger Training in seiner Academy (Alliance Helsinki) leitet und er meinte nur, dass er sehr stark davon profitiert hat, weil diese Aussensicht einem ganz neue Blickwinkel öffnet auch wenn es "nur" um die Basics geht.

Hubertus
23-08-2013, 12:40
Ich selber unterrichte zwar kein BJJ, habe darin aber auch guten Unterricht durch einen Blaugut genossen.
Ich würde daher schon sagen, dass ein Fortgeschrittener, welcher die Grundtechniken sauber beherrscht, diese auch unterrichten kann.

Wenn jemand Techniken nicht richtig verinnerlicht hat, es für ihn aber funktioniert, dann kann er noch nicht unterrichten, da die Schüler dann seine Fehler mitlernen und quasi im besten Falle nur sein Game kopieren können und im schlechteren Falle kaum etwas dabei rum kommt.
Mir persönlich wäre daher insbesondere wichtig, dass er die Techniken auch sauber vermitteln kann.


Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man durch das Lehren erst selber richtig lernt, weil man Sachen verstehen muss, immer wieder gefragt und gefordert wird, und somit Konzepte und Zusammenhänge erarbeiten muss.

Diese Erfahrung habe ich auch gemacht, nicht nur bei KK, sondern auch in vielen anderen Bereichen.

JotBot
23-08-2013, 12:50
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man durch das Lehren erst selber richtig lernt, weil man Sachen verstehen muss, immer wieder gefragt und gefordert wird, und somit Konzepte und Zusammenhänge erarbeiten muss.
Das sehe ich genauso. In Sachen Musik habe ich genau das erlebt: als ich begann zu unterrichten, mußte ich massiv nachlegen. Obwohl ich "graduiert" war, um in der Terminologie von Belva zu bleiben.

Wenn ich das auf meine magere Kampfsport/SV-Erfahrung umlege, dann kann ich das - nach zwei Jahren - so nicht umlegen. Ich spüre an allen Ecken und Kanten, dass noch viele Jahre vergehen müssen, sollte ich je unterrichten.

Denn entweder würde ich meinen "Schülern" ständig offenbaren müssen, dass ich das selber nicht weiß oder nicht kann, oder ich müßte das verbergen. Beides ist für einen Schüler nicht akzeptabel.

Ein fixes Niveau festlegen zu wollen halte ich ebenfalls für schwer machbar, gleichwohl ich sofort zustimme, dass ein Unterrichtender ein gewisses Maß an Erfahrung in den wichtigsten Bereichen die er unterrichtet mitbringen sollte.

Ich spüre das immer, wenn mal bei uns einer der beiden Haupttrainer aussetzt und einer der Graduierten diesen vertritt: das Training hat einfach ein anderes, ein weniger hohes Niveau. Abgesehen davon, dass auch neue und interessante Aspekte hinzukommen können, fühle ich mich nicht ganz so aufgehoben.

Um dahin zu kommen, braucht es aber wieder einige Schüler, die man "verschleißt", bzw. sich dennoch den noch nicht so guten Trainern anvertrauen. So ist das einfach, so ging es mir auch. Diese Schüler sind ja nicht auf Dauer "verschlissen", sondern haben quasi mit dem "Anfängertrainer" für eine Zeit vorlieb genommen, und ja: sie hätten in der Zeit bei einem besseren mehr Gewinn gehabt. Von meinen ersten Schülern vor über 20 Jahren bekomme ich ganz andere Rückmeldungen als von denen in den letzten Jahren.

So wird es in den Kampfkünsten und Kampfsportarten wohl auch sein: der Lehrer muss und will (in der Regel) ja auch wachsen.

Mir fällt der Spruch vom Sikora (thema Musik)ein:
Wer übt ohne zu denken, hat verloren.
Wer auf der Bühne noch denkt hat ebenfalls verloren.

Ich denke, wer noch viel nachdenkt bei seinen Bewegungen, die Bewegung oder den Reflex also noch nicht absorbiert hat, der sollte eher nicht ans Unterrichten denken. Ich will dem Schüler ja vormachen, wo er hinkommt, wenn das zu lernende quasi im Ziel angekommen ist: in der klaren, "schönen", Anwendung, im KÖNNEN, in der Kunst, usw..

Das wäre schon mal EIN Parameter, der mir einfällt.:)

Bodenknuddler
23-08-2013, 13:40
Ich bin sehr froh, dass sich die blue- und purple-belts immer wieder die Zeit nehmen, mir beim Rollen (v.a. bei der open mat) Dinge zu zeigen, Dinge erklären, mich auf Fehler hinweisen.
Das hat mir geholfen, manche Dinge, die für mich vor kurzem noch völlig unmöglich waren, in greifbare Nähe zu rücken.

Ein Trainer kann sich auch kaum individuell um all seine Schützlinge/Üblinge kümmern. Und ein black-belt (z.B.) muss nicht zum 100000. Mal zeigen, wie nun so ein basic-sweep funktioniert.
Da haben dann die niedrigeren Farb-Gürtel mehr davon, und damit die Weissgurte auch wieder mehr.

tl;dr:
Wenn ich irgendwann in den nächsten X Jahren mal das nötige Zeug habe und vielleicht die Basis-Prinzipien verstanden habe, dann würde ich die gerne auch Leuten weitergeben, wenn der Trainer (z.B. mit einer Graduierung) dieses Basiskönnen bestätigt hat und bin froh, dass einige viele Graduierte mich "on the fly"-unterrichten.

bouncer
23-08-2013, 15:13
When To Start Teaching and Why It Helps Your Game - Gameness Blog (http://blog.gameness.com/when-to-start-teaching-and-why-it-helps-your-game/#axzz2cQRLpNNK)

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Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man durch das Lehren erst selber richtig lernt, weil man Sachen verstehen muss, immer wieder gefragt und gefordert wird, und somit Konzepte und Zusammenhänge erarbeiten muss. Aber natürlich ist das schwierig und nicht jeder traut sich das zu. Was wäre eine annehmbare, gute Grenze, ab der man unterrichten sollte?

Als ich vor 10 Jahren meinen JKD instructor gemacht habe hat mein Trainer zu mir gesagt :" das ist jetzt wie mit dem Führerschein, du darfst fahren, aber richtig lernen wirst du es erst jetzt." Ich glaube das trifft es auf den Punkt. Durch das Unterrichten lernt man soviel mehr über die ganze Materie!

Björn Friedrich
23-08-2013, 16:26
Manchmal ist die Frage auch nicht ab wann soll, sondern ab wann muss man unterrichten.:-)

Gerade weil BJJ ja noch nicht soweit verbreitet ist, gibts manchmal einfach die Notwendigkeit eine kleine Gruppe zu unterrichten um selber weiterzukommen.

Unterrichten hilft sehr viel die Kampfkunst besser zu verstehen, weil man plötzlich nicht nur mit den eigenen Problemen, sondern auch noch mit den Problemen anderer Leute beschäftigt ist und eine Lösung dafür finden muss.

Solange man sich also nicht mit fremden Federn schmückt, oder sich einen Gürtel umhängt, den man nicht verdient hat, sollte man ruhig ein bisschen unterrichten.....

Tschüß
Björn Friedrich

Teashi
24-08-2013, 00:41
Was wäre eine annehmbare, gute Grenze, ab der man unterrichten sollte?
Wenn man versteht, was man unterrichtet.

Schwerthase
24-08-2013, 08:27
Manchmal ist die Frage auch nicht ab wann soll, sondern ab wann muss man unterrichten.:-)


True dat! Bin auch reingestolpert, da unser alter Grapplingtrainer damals Gym gewechselt hat. Denk nicht, dass es einen definierten Zeitpunkt gibt, es is vielmehr eine fließende Entwicklung.

Des Weiteren is es imho das wichtigste didaktisch fähig zu sein, die Graduierung (so man überhaupt welche hat) sagt eigentlich in erster Linie was über die persönlichen Skills aus, nicht so sehr über die Fähigkeiten Wissen zu vermitteln.

sivispacemparabellum
24-08-2013, 13:08
Manchmal ist die Frage auch nicht ab wann soll, sondern ab wann muss man unterrichten.:-)

Gerade weil BJJ ja noch nicht soweit verbreitet ist, gibts manchmal einfach die Notwendigkeit eine kleine Gruppe zu unterrichten um selber weiterzukommen.

Unterrichten hilft sehr viel die Kampfkunst besser zu verstehen, weil man plötzlich nicht nur mit den eigenen Problemen, sondern auch noch mit den Problemen anderer Leute beschäftigt ist und eine Lösung dafür finden muss.

Solange man sich also nicht mit fremden Federn schmückt, oder sich einen Gürtel umhängt, den man nicht verdient hat, sollte man ruhig ein bisschen unterrichten.....

Tschüß
Björn Friedrich

Sehr wichtiger Aspekt. Mir fällt Heute oft auf, wie wenig ich über bestimmte Techniken weiss. Als Anfänger, der aus den von Björn genannten Gründen unterrichtet hat, hatte ich noch keine Ahnung von meinen Problemen in der Zukunft. Es dauert eben alles länger. Mit guten Trainingspartnern und Lehrern geht es eben schneller vorwärts.

g.byt
27-08-2013, 18:36
Manchmal ist die Frage auch nicht ab wann soll, sondern ab wann muss man unterrichten.:-)

Gerade weil BJJ ja noch nicht soweit verbreitet ist, gibts manchmal einfach die Notwendigkeit eine kleine Gruppe zu unterrichten um selber weiterzukommen.

Unterrichten hilft sehr viel die Kampfkunst besser zu verstehen, weil man plötzlich nicht nur mit den eigenen Problemen, sondern auch noch mit den Problemen anderer Leute beschäftigt ist und eine Lösung dafür finden muss.

Solange man sich also nicht mit fremden Federn schmückt, oder sich einen Gürtel umhängt, den man nicht verdient hat, sollte man ruhig ein bisschen unterrichten.....

Tschüß
Björn Friedrich


Denke auch so, oder besser gesagt bin in so einer Situation. Leider aber White Belt.

gruß

Droom
27-08-2013, 21:54
ich finde man sollte beides, es wirklich verstanden haben (denn nur dann kann man es auch richtig erklären) und es auch selber umsetzen können.
ich selber verstehe vieles beim technik-training und zeige es dann auch ggf. meinen Partnern, nur können die das öfter dann teilweise im Kampf deutlich besser umsetzen als ich, weil ich dazu neige im Eifer des Gefechts immer 1-2 wichtige details nicht genug zu beachten :rolleyes: ;)

Die Graduierung heißt aber Lehrtechnisch nicht so viel, hab schon einen Blackbelts gesehen der schlechter unterrichtet als manche Blue-Belts weil er eben didaktisch wirklich nicht gut ist. Ist ja aber auch keine Weltneuheit, gibt ja auch Mitschüler die z.B. besser erklären können als so manch unfähige Mathelehrer