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Bebo
17-09-2013, 16:02
Der Prof. Dr. Dr. Hilarion Petzold, der alles was er macht recht gründlich macht, berichtet am Ende eines langen Artickels (Petzold, H.G., Bloem, Jan, Moget, Petra, 2004, Titel und Quelle am Ende) von seinen persönlichen Erfahrungen und von dem was er herausgefunden hat über die slawisch/russischen Kampfkünste.

" 1.Traditionen slawischer Kampfkunst:
Ich, Hilarion G. Petzold (*1944) praktiziere Kampfkunst von Kind auf, d. h. seit über fünfzig Jahren, begann mit 5 Jahren Judo und habe viele Stile und Richtungen der „martial arts“ seitdem geübt und ausgeübt. Ich beschäftige mich seit über vierzig Jahren, von Studentenzeiten an, fachlich als Psychologe, Bewegungswissenschaftler (Ordinarius für Psychologie und klinische Bewegungstherapie und Psychomotorik) als Psychotherapeut und Pädagoge mit Kampfkunst und habe sie im Rahmen des Studienangebots der „Integrativen Bewegungstherapie“ an der FU Amsterdam an meine StudentInnen vermittelt. Mein primäres Interesse liegt bei diesen therapeutischen und agogischen Aspekten von Budo und Wushu, Kolo, Svebor. Das sollte vom Leser berücksichtigt werden. Bei meinem Vater, der aus seiner russisch-slawischen Tradition – seine Familie kam aus dem russisch-baltisch-polnischen Raum (Petzold 2002h) ‑ Bewegungsmeditation und Atemgymnastik aus der Kampfkunst für seine Gesundheit, geistige Ausgeglichenheit und als Heilmethode bei Erkrankungen praktizierte, sah ich von Kind auf Übungen des Kuresh, aus der Tradition des Ringens in den asiatisch-russischen Kulturen, und des Kolo, eine altslawische Bewegungs-, Heil- und Kampfkunst, die er als Junge mit Nachbarjungen unter Anleitung der „Alten Männer“ und als Jugendlicher mit seinem älteren Bruder Theodor von einem Kosaken (turktatarisch kazak = „freier Krieger“, Schwarz 1992), Anführer einer Schmugglerbande, lernte (der Bruder kam dann von einem Schmugglerzug nicht zurück, blieb verschollen). Diese Bewegungs- und Heilkunst erlernte ich von ihm und seinen Freunden – in strikt gesundheitsorientierter, seiner pazifistischen Grundhaltunge entsprechender, friedfertiger Ausrichtung auf dem Hintergrund einer sophiologischen Kosmosmystik im Sinne einer Sicht, wie sie Pawel Florensky (1995) vertreten hatte, und mir von ihm nahegebracht wurde zusammen mit einer fundierten naturwissenschaftlichen und historischen Einbettung (Petzold 2002h), wie es seine Art war:
Als Pflanzen- und Tierzüchter und aus seiner tiefen Naturliebe, Wurzel für seine Liebe der Naturwissenschaften, brachte er seine biologischen Perspektiven ein: „Unsere Bewegung hat sich als Humanbewegung ganz spezifisch mit dem ‘aufrechten Gang‘ über Millionen von Jahren entwickelt, so daß wir als Art überleben konnten. Sie ist also höchst funktional und kann von ihren Grundpotentialien nicht verbessert werden. Wir können nur dazu beitragen, daß diese Potentiale zum Tragen kommen können, was die Zivilisation oft verhindert. Kolo ist der Weg zurück zur natürlichen Bewegung, die jedem Leib ganz spezifisch eigen ist. Laufen, Springen, Ringen sind unsere natürlichen Fertigkeiten, wir brauchen sie nicht zu lernen, nur zu aktualisieren. Das Kleinkind bekommt nicht die Muster des Laufens gelehrt. Es trägt sie in sich, braucht aber Aktualisierungsraum, muß möglichst schnell sein Lernen aktualisieren, muß Entdecker werden. Bewegen ist sehr oft gemeinsames Bewegen. Wir sind für gemeinsames Laufen, Tanzen, Arbeiten, Ringen und Raufen, Spielen gemacht. Also bewegen wir uns zusammen, wir können es, müssen es nicht lernen! “ So haben wir Kolo erfahren, so habe ich Kampfkunst betrieben, so habe ich Kampfkunstelemente verschiedener Traditionen in die Integrative Bewegungstherapie eingebracht. Es geht aber im Kolo nicht nur um eine Naturtechnik, es geht auch um eine Kulturtechnik, sie wurde im Großraum Rußlandes entwickelt. Er brachte uns deshalb auch die „russische Geschichte nahe, die Mythen des altslawischen Patheons mit dem Donner- und Kriegsgott Perun an der Spitze, mit dem Sonnengott Dashbog, dessen Sonnenkraft yar (ein Äquivalent des chinesischen chi), die Menschen „im Zentrum“ (solar plexus) belebt und stark macht, mit dem Gott des Viehs und des Wohlstands Wolos, dem Feuergott Swarog, den vielgesichtigen Göttern Swantewit und Triglaw. Er erzählte uns von dem heilgen Weltenbaum der alten Slawen und machte uns darauf aufmerksam, daß sich in der nordischen Mythologie ein ganz ähnliches Pantheon und die Weltenesche Yggdrasil finde und und daß die Waräger, die nordischen Raubkrieger und Händler die altslawische Kultur nachhaltig beeinflußt hatten – etwa durch die Gründung des Kiewer Reiches im 9. Jahrhundert durch den den Fürsten Oleg (altnordisch Helgi), der 882 Kiew eroberte. Er las uns aus der Nestor-Chronik vor ... und aus den „Belehrungen“, den „Wegweisungen“ (poutchnie) des Kiewer Großfürsten Wladimir II. Wsewolodowitsch Monomach, d.h. der Einzelkämpfer (*1053, 19.5. 1125), seinem tatenreichen Leben, seinen Kämpfen mit wilden Tieren, die mein Vater mit Erzählungen ausschmückte. Später habe ich mich in Paris mit diesen Fragen des nordischen Einflusses und den Warägern und mit dem „Normannistenstreit“ im Studium der slawischen Geschichte bei meinem Lehrer und kirchenrechlichen Doktorvater Pierre Kovalevsky (1964), einem berühmten Slavisten, Historiker und Kirchenrechtsgeschichtler, auseinandergesetzt“ (Petzold 2002h).
Die mongolischen, sonstigen asiatischen und die tatarischen Völker bzw. Turkvölker im alten Rußland praktizierten seit Jahrunderten verschiedenste Formen des Ringens. Ich selbst war von Kolo und Kuresh fasziniert und begann, um eine Gruppe junger Leute zum trainieren zu haben, mit 12 Jahren mit griechisch-römisch und Freistilringen, einen Sport, den ich im „Ringerverein Düsseldorf Wersten“ und in Paris aktiv über zehn Jahre praktizierte. Als Kampfsport ist Ringen jeder Form des Faustkampfes überlegen (vgl. auch Kernspecht 2004), wenn man in den unmittelbaren Körperkontakt kommt, also die Distanz für Schläge und Tritte aufhebt. Im Bodenkampf ist der Faustkämpfer dem Ringer hoffnungslos unterlegen. Judo, Jujutsu, teilweise Aikido, auf jeden Fall Kolo oder einige Kureshformen verbinden deshalb Methoden des Faustkampfes und des Ringens. Im Kolostil meines Varters waren langsame und kontinuierliche, zuweilen in große Schnellingkeit wechselnde fließende Bewegungsabläufe charakteristisch: „Sei wie Wasser, sanft und weich oder brausend und reißend. Es besiegt den härtesten Stein!“, so seine Worte. In dieser auf innere und äußere Kraft aufbauenden Bewegungsarbeit wird die Härte durch Weichheit in fließenden Bewegungen, oft von tänzerischer Leichtigkeit, bezwungen, und der Partner im Folgen seiner Bewegung kontrolliert. Die Tanzelemente des Kolo lassen Formen von Schwertänzen erkennen. Und vielleicht bestehen Verbindungen zu den bessarabischen, moldawischen und südslawischen Kolotänzen, die als folklore Reste von Kampf- und Schwerttänzen bis heute in diesen Regionen bis nach Mazenonien und Serbien praktiziert werden und auch in den serbischen Formen des Zweikampfes auftauchen, wie ich sie meinen ethnologischen Feldstudien in Jugoslawien in den sechziger Jahren in Gruppen, die diese Traditionen pflegten, kennengelernt habe. Heute werden sie unter dem Namen SVEBOR (= Srpske Vestine BORenja) gelehrt.
Kampftechniken wurden in allen Kriegsgesellschaften – und das war die Mehrzahl der menschlichen Gesellschaften – in ihren elaboriertesten Formen als „Geheimnisse“ weitergegeben, denn sie waren überlebenswichtig. So gab es überall allgemeine Kampfprinzipien und Techniken, die den Jungmännern beigebracht und von den waffenfähigen Männern geübt wurden – besonders in Zeiten und Reichen, die ihren Erfolg in der Totalmilitarisierung der Gesellschaft begründeten, wie die mongolisch-tatarische Reiche der „Goldenen Horde“ (Halperin 1987). Es gab aber auch die in Kriegerfamilien von den Vätern und Onkeln auf die auf die Söhne weitergegebenen, gut gehüteten Kampfformen und Techniken, die einem Klan einen besonderen Status oder Vorherrschaft sicherten. Derartige Phänomene lassen sich in allen Kulturen und Kampftradititionen beobachten – in der slawischen, chinesischen, japanischen, bei den Turkvölkern. Der Kolo-Stil hat mongolische/tatarische Elemente damit auch Einflüsse der Turkvölker aufgenommen, und wurde in den Wirren des 13. und 14. Jahrunderts von der slawischen Bevölkerung, den russischen Waldbauern der steppenahen Fürstentümer und natürlich vom kampfeserprobten Adel – dort unter Einbezug von Waffen ‑ zur Selbstverteidigung bzw. den Abwehrkrieg gegen die immer wieder aus der den Weiten der Steppe einfallenden Reiterhorden entwickelt und unter der Tatarenherrschaft vervollkommnet. Der Legendenbildung nach wird auf die Zweikämpfe von Mstislav, dem Tapferen, 1022, gegen Redida, Fürst der Kosogen oder von Nikita Kozhemiaka gegen den mächtigsten Helden der Pechengen verwiesen. Immer im Geheimen, das scheint das Schicksal der autochthonen russischen Kampfkünste gewesen zu sein: von den Verboten des Faustkampfes durch den Patriarchen Nikon (1652) bis in die jüngste Vergangenheit unter der bolschewikischen und stalinistischen Terrorherrschaft, die nicht im Rahmen des Militärs stattfindenden Kampfsport unterdrückte. Im russischen Mittelalter besingen die epischen Heldenlieder aus dieser Zeit (Bylinen) die heroischen Kämpfer gegen die Steppenreiter. Später sind die kampfstarken Räuber Gegenstand der Balladen, die zuweilen – dem Räuberleben absagend – Mönche wurden, wie die berühmte Ballade „Wanderer lobe den Herren“ über den Mönch Pitirim erzählt. Die serbischen Tradition und Balladen berichten über die „heiligen Krieger“ (Milošević 1989), die gegen die türkischen Eroberer kämpften oder über „Räuber“, die als Partisanen über fünfhundert Jahre der Türkenherrschaft trotzten und denen die „Räuberelster“ Warnungen zuruft, in einer harten Landschaft, wo Männer im permanenten Kampf stehen: „Hier wächst kein Ahorn, hier wächst kein Pflaumenbaum, hier wachsen keine Mädchenherzen, hier wächst der Handschar, hier wächst der Flintenlauf und blüht wie Lilien blühn im Mondschein“, so sangen die serbischen Bergpartisanen, das prägte den Geist der yougoslavischen Partisanen gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg, das findet sich z. T. heute noch in der Kampfkunst SVEBOR und in der serbischen Mentalität (Milošević 2001; Popović Radović 1989; Petzold 2002o). In meinen Feldstudien zur mittelalterlichen serbischen Kultur und Ikonographie und zu Folkore und Totenbrauchtum (1964 - 1969, vgl. u.a. Petzold 1968 II) bin ich immer wieder auf Materialien gestoßen, die Kampf und Spiritualität thematisierten, auf Fresken Kampfszenen darstellten, die für den Kampfstil aufschlußreich sind, habe auch Gruppen getroffen, die serbische Kampfkunst praktizieren, von ihnen gelernt und stehe auch heute noch mit ihnen in Kontakt. Die jüngsten Kriegsereignisse haben die Themen Kampf, Frieden, Trauma aktualisiert und mich in die Diskussionen involviert (Petzold 2002m, o). Die alte serbische Kampfkunst erfährt derzeit ein Revival. Die slawischen Kampftraditionen waren immer mit folklorer Überlieferung, Gesängen (Kosaken-Chöre), Tänzen, Trauerritualen, Rekruten- und Totenklagen verbunden (Petzold 1970 II) und. Die Beziehung von Mönchstum und patriotischer Landesverteitidigung war in slawischen Raum (ähnlich wie bei den chinesischen Klöstern unter den Mandschukaisern) eng. Der Einsiedlermönch und Asket Sergius von Radonezh, Reformer und einer der und bedeutendsten Heiligen Rußlands („Beschützer Rußlands“), der besonders wegen seiner Menschen- und Tierliebe bekannt ist, wurde durch seinen Einsatz für die armen Bauern berühmt. Er brachte ihnen bessere Techniken zur Bebauung ihrer Felder und zu ihrer Verteidigung bei, schuf auch ein spirituelles System zur Förderung des „inneren Friedens im Geiste der Brüderlichkeit“, eine Maxime, die sich in der slawischen Kampfkunst bis in die Konzepte des modernen ROSS von Alexander Retyunskih oder im Kolo-Rivival von Oleg Onopchenko findet. Der heilige Sergius trug durch sein Wirken zur Einigung der verschiedenen Fürsten und Herrscher unter dem Großfürsten Dimitrij Donskoj bei, der 1380 auf dem Schnepfenfeld (Kulikovo Polje) die Tartaren besiegen konnte. Kolo ist eine Kampfkunst aus dieser Zeit der „Goldenen Horde“ (Halperin 1987, Spuler 1965), eine Kunst, die lange im Verborgenen bleiben mußte (Kolowrat 2004).
Im Kolo blieb überdies die Verbindung von gesunder Lebensführung, Kampfkunst und Heilkunst, wie ich sie auch bei meinem Vater und seinen heilkundigen Freunden kennengelernt habe (Petzold 2002h), oder wie sie der Kolo-Meister Onopchenko praktiziert und in seiner Kolo-Schule lehrt (Ostweg 2004; Kolowrat 2004). Unter der Herrschaft der Sowjets betrieb Stalin Initiativen, den „überlegendsten Kampfstil“ entwickeln zu lassen, mit denen er Voroshilov beauftragte, der die Arbeitsgruppe „Dynamo“ zusammenstellte (u.a. A. A. Kharlampiev, V. A. Spiridinov, V. A. Oshepkov), die Kampftraditionen Japans, des chinesischen Wushu und die Kampfformen (überwiegend Stile des Ringens) in den mongolischen, asiatischen und Turkvoltraditionen, bei den Georgiern Azherbeydzhanen, Armeniern usw. in der ehemaligen UDSSR studierten (Kharampiev soll 23 Formen des Ringkampfes untersucht haben, Kozak 1964) und die ursprüngliche slawische Kampftechnik mit diesen Elementen anreicherten, so daß daraus der Sambo geschaffen werden konnte. Die Geschichte der russischen Kampfkunst ist noch nicht geschrieben. Sonnon (2003) orientiert sich mit seiner Einteilung schlicht (und wohl auch richtig, wenn auch verkürzend, schaut man auf die Geschichte der Slawen, vgl. Kovalevsky 1964) an der Geschichtssystematik der russischen/ostslawischen Historiographie: 1. Tribal Period, 2. Northern Period [normannisch-schwedische Einflüsse], 3 Eastern/Southern Period [mongolische und tatarische Einflüsse], 4. Western Period [Einflüsse aus Westeuropa, 5. Global Period [Oktoberrevolution und Folgen], 6. Universal Period [Gegenwart]. Aus all dem läßt sich keine Geschichte der Kampfkunst begründen. Die Materialien sind vage Annahmen, allgemeine Ableitungen (und viel mehr ist vielleicht auch nicht vorhanden, denn waffentechnische, ikonographische und kriegshistorische Quellen wurden bislang noch nicht ausgewertet). So sind – wie übrigens im chinesischen Wushu die Materialien voller Legenden und leider auch Zwecklegenden, um die eigene Richtung, die eigene Schule zu profilieren, oder sie geben eine einseitige Sicht wieder oder zumindest Tendenzen, wie die – ansonsten durchaus nützlichen Texte von Scott Sonnon (2002). Die Situation nach dem Zusammenbruch ehemaligen Sowietunion wird wohl zutreffen so zu sehen sein, daß neben den etablierten Formen des Sambo „several men claimed themselfes as ‘heirs‘ of styles, which as if existed among ancient russian (ukrainian, belorussian etc.) people.“ Nahkampfspezialisten der ehemaligen Sowjetarmee vermarkteten oft in dieser Weise ihr Können (vgl. den nützlichen Text „Russian martial arts“ http://glory.nsu.ru/projects/satbi/satbi-e/martart/ruseng.htm). Aber es gibt auf jeden Fall kleine Gruppen, die lokale Traditionen pflegen und weitergeben. Mit einigen habe ich Kontakt. Insgesamt hat die nun mögliche Öffnung die slawischen Traditionen im Westen bekannt werden lassen (Sonnon 2003; Kolowrat 2004). Kuresh-Formen, Kolo, Hara moriton, später Spetsnaz und (teilweise) Sambo sind – wie die chinesischen Tradition ‑ der sportiven Orientierung vieler japanischer Kampfsportarten, der Verleihung von Gürteln und Rangordnungen abhold. Das war mir sehr sympathisch. (ROSS hat hingegen den sportiven Weg endgültig beschritten). Natürlich ist mit dem Clan-Traditionalismus vieler Wushu-Formen und Schulen und teilweise ihrer Geheimniskrämerei zu technischen „secrets“ auch viel „Familienkommerzialität“ verbunden. Das gefiel mir von Anfang an nicht und hatte mich ‑ als in den sechziger und siebziger Jahren schon an der russischen Psychophysiologie und Neuromotorik (Ukhtomsky 1978; Lurija 1963, 1998 besonders Bernstein 1967, 1988) orientierten jungen Wissenschafler ‑ zu dem Entschluß geführt, dieser Seite von Wushu/Budo nicht zu folgen. Besonders Bernsteins funktionsanatomische Forschungen und seine nonlinearen systemtheoretischen Lösungen für die Erklärung des Zusammenspiels komplexer Bewegungen und für das „degrees of freedom“ Problem, sowie die Wahrnehmungs-Handlungsverschränkung des ökologischen Ansatzes der Wahrnehmung von J. J. Gibson und die biophysikalen Motorik-Ansätze von Kugler, Kelso, Turvey – das Paradigma, dem an meiner sportwissenschaftlichen Fakultät der FU Amsterdam besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird (Bongaard 1996; Whiting et al. 1990) sind für mich überzeugend. Sie bieten eine gute Übereinstimmung mit der Bewegungspraxis von Kolo und ROSS, die den Körper nicht „sektorialisieren“ (Hände und Beine) sondern den „ganzen Körper in Bewegung“ betrachten und nutzen. Die Bewegungen des Gegners haben einen „Aufforderungscharakter“ (affordance), auf die der eigene Körper, wenn er sich frei und natürlich bewegen kann „automatisch“ reagiert (effectivity). Auf dieser Basis habe ich vertreten: „Evolutionsbiologische Muster, allen Hominiden gemeinsam und optimal auf das Bewegungspotential des menschlichen Körpers abgestimmt, müssen als die Grundlagen des Kampfes ‘Mensch gegen Mensch‘ gesehen werden. Überall – bei den Eskimos im Schnee vor den Iglus und bei den Buschleuten im Sand der Kalahari – sind die Kampfmuster der Jungen gleich oder ähnlich: Man versucht attakierend den Gegner in den „Schwitzkasten“ (Gefährdung von Atmung, Karotis, Nackenwirbeln) zu bekommen, Schläge zum Kopf (Schläfenbein, Siebbein, Nasenbein) anzubringen, Würfe einzusetzen und Tritte anzubringen oder defensiv auszuweichen, zu unterlaufen, zu blocken etc., immer das gesamte Bewegungspotential und – vor allen Dingen – die Wahrnehmungs-Handlungs-Koordination, die perception-action-cycles ausschöpfend“ (Petzold 1993) und das Spiel der Spiegelneuronen nutzend (Petzold 2002j). So habe ich auch meine Amsterdamer StudentInnen in der Bewegungsarbeit ausgebildet. Eine solche biomechanisch-funktionalistische und neuromotorische Sicht, wie sie sich mit Kolo und ROSS verbinden läßt, spricht eigentlich gegen artifizielle Stile, etwa Tierstiele, die der menschlichen Bewegungsphysiologie nicht entsprechen. In der slawischen Kampfkunst, z. B. im ROSS geht man deutlich anders vor (Beispiele bei Darby, Young 2001 und Sonnon 2002).
Interessanter Weise hat auch der russische Kampf-Sambo, wie er aus dem „Samoz“ (samozashchitya, Selbstverteidigung), auf den Vorarbeiten von Nil Nikolajewitsch Oznobishin und Iwan Lawrentiejewitsch Solonewitsch von V. A. Spiridonov und Vasili Oshchepkov und ihren Schülern, z. B. den schon erwähnten Anatoly Arkadevich Kharlampiev entwickelt wurde, biomechanische Erkenntnisse aufgenommen. Die japanischen Einflüsse sind insgesamt nicht zu unterschätzen. Vasili Oshchepkov trainierte 1911 bei Jigora Kano und erhielt als erster Russe den 1. Dan für Judo 1914. 1937 wurde er als angeblicher „Spion für Japan“ in einem Gulag erschossen. Auch im Sambo finden sich diese Elemente. Das Wort bedeutet „samozashchitya bez oruzhiya, Selbstverteidigung ohne Waffen“. Durch die Arbeiten von Alexeij .A. Kadochnikov, Professor für theoretische Mechanik an der Militärakademie in Krasnodar, wurde mit dem Zugriff auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse, das Wissen der Biomechanik und Funktionsanatomie beigezogen. Das wurde dann von seinem Schüler Alexander Retuinskih, dem Begründer von ROSS (Rossijskaya Otechestvennaya Systema Samozashchity“, Russian Native System of Self-Defence, auch kurz „Systema“ genannt) und seinem amerikanischen Adepten und Verbreiter des Systems Scott Sonnon – wenngleich nicht mit unmittelbarer akademischer sportwissenschaftlicher Anbindung ‑ fortgesetzt. Der gesamte Bereich slawischer Kampfkunst, insbesondere auch der kleinen lokalen Traditionen bedarf einer gründlichen Bearbeitung, zu der ich in einer weiteren Veröffenlichung beitragen will."

Aus: Aus: Petzold, H.G., Bloem, J., Moget, P. (2004): Budokünste als „Weg“ und therapeutisches Mittel in der körper- und bewegungsorientierten Psychotherapie, Gesundheitsförderung und Persönlichkeitsentwicklung – transversale und integrative Perspektiven. Erschienen in: Integrative Therapie 1-2, 24-100.

Willi von der Heide
17-09-2013, 16:11
:ups: Hallo Bebo,

könntest du bitte noch ein paar Absätze einfügen. Das würde das lesen sehr erleichtern. Mich interessiert das Thema nämlich auch. Vielen Dank.

Grüße

Willi

Bebo
17-09-2013, 16:53
Willi, kann ich nicht und ist auch nicht notwendig. Das ist nur eine Art angehängte Note von Petzold und zu den slawischen Systemen direkt gibt es da auch nicht mehr ausser ein paar Randbemerkungen.
Beim Rest geht es um "Budo" und das Thema Aggression (Definition, Entstehung und mögliche therapeutische und sozialen Antworten darauf und immer in Bezug auf Geschichte und mögliche Anwendung der Budokünste).
Wenns dich interessiert kannst du die Nummer bestellen oder mal in einer Bibliothek suchen.
best
Bebo

Hier der Inhalt der ganzen Nummer
"Integrativen Therapie"
Heft 1-2/2004 (30. Jg)
("Leibtherapie, Kampfkunst, Lauftherapie - Integrative Modelle")

Höhmann-Kost, Anette; Siegele, Frank: Arbeit an sich selbst - der "Weg der Uebung". Kampfkünste in der Integrativen Therapie und Supervision Suchtkranker

Petzold, Hilarion G.; Bloem, Jan; Moget, Petra C.M.: Budokünste als "Weg" und therapeutisches Mittel in der körper- und bewegungsorientierten Psychotherapie, Gesundheitsförderung und Persönlichkeitsentwicklung - transversale und integrative Perspektiven

Bloem, Jan; Moget, Petra C.M.; Petzold, Hilarion G.: Budo, Aggressionsreduktion und psychosoziale Effekte: Faktum oder Fiktion? Forschungsergebnisse - Modelle - psychologische und neurobiologische Konzepte

Schay, Peter; Petzold, Hilarion G.; Jakob-Krieger, Cornelia; Wagner, Martin: "Laufen streichelt die Seele" - Lauftherapie mit Drogenabhängigen

MichaelII
17-09-2013, 17:58
... Das ist nur eine Art angehängte Note von Petzold und zu den slawischen Systemen direkt gibt es da auch nicht mehr ausser ein paar Randbemerkungen.


Hä? Wieso kopierst du dann diesen Endlosbeitrag in dein selbsteröffnetes Thema "Traditionen slawischer Kampfkunst " :idea:

Bebo
17-09-2013, 19:17
Lebe in Italian und schau mehr als selten ins Forum. Vielleicht habe ich am falschen Platz gepostet. Fand das was er da schreibt (persönliche familieninterne Erfahrung und Forschungsliteratur) interessant für mich/Leute die sich mit rma beschäftigen.
best
Bebo

Kannix
17-09-2013, 20:10
So sind – wie übrigens im chinesischen Wushu die Materialien voller Legenden und leider auch Zwecklegenden, um die eigene Richtung, die eigene Schule zu profilieren, oder sie geben eine einseitige Sicht wieder oder zumindest Tendenzen, wie die – ansonsten durchaus nützlichen Texte von Scott Sonnon (2002). Die Situation nach dem Zusammenbruch ehemaligen Sowietunion wird wohl zutreffen so zu sehen sein, daß neben den etablierten Formen des Sambo „several men claimed themselfes as ‘heirs‘ of styles, which as if existed among ancient russian (ukrainian, belorussian etc.) people.“ Nahkampfspezialisten der ehemaligen Sowjetarmee vermarkteten oft in dieser Weise ihr Können (vgl. den nützlichen Text „Russian martial arts“ http://glory.nsu.ru/projects/satbi/s...art/ruseng.htm).
;)

Ich verstehe aber nicht, die Unterrichtung durch seinen Vater und dessen Freunde klingt nach einer Kindheit in Russland, deckt sich aber nicht mit seiner Biographie

Ein link: Oleg Onopchenko (http://www.olegcherne.ru/people/8-oleg-onopchenko/)

Terao
17-09-2013, 20:31
Puh, ja. Ein kleinwenig seltsam kommt mir der Text auch an manchen Stellen vor. Sonnenkraft, Gesundheitslehre, Neuromotorik, Reiterhorden, Fürst Oleg im 9. Jh. und, irgendwo dazwischen, der Vater des Autors, der seinen Sohn mitten in der russischen Steppe das uralte Kolo rein zufällig mit einer exakten Wiedergabe des berühmten "Be water, my friend!"-Zitates lehrt, das wenige Jahre später durch einen gewissen Bruce Lee bekannt wurde...


Sorry, nee.

Dass offenbar mindestens die Hälfte der genannten Quellen vom Autor selbst stammt, er das Ringen nach Kernspecht und den kriegerischen Serbengeist nach Milosevic 2001 zitiert... ääääh, ja.

Vrkah
18-09-2013, 05:29
hmm. Bis jetzt interessante Theorien. Meine ursprüngliche Theorie war ja, dass der Threadersteller ins spätestens 2 Monaten daherkommt und Kolo jetzt in Deutschland anbietet:D

Delbaobao
18-09-2013, 08:02
Der Milosevic von 1989 ist nicht der selbe, wie der von 2001. Erster war ein Präsident. Letzterer ist ein serbischer Professor und Gründer von SVEBOR.

Was den serbischen Part des Textes angeht, liegt der Autor gar nicht so falsch. Ich stamme selber aus einer Familie, die Ihre Wurzeln bei den Hajduk Kriegern (Wiederstandskämpfern) hat. Sowohl während der türkischen Besatzung, als auch im I. und II. Weltkrieg. Ausserdem bedeutet "kriegerisch" in der serbischen Kultur nicht unbedingt kriegslustig, sondern eher wehrbereit und standhaft. Diese Denkweise ist eng verbunden mit dem christlich-orthodoxen Glauben und mit kulturellen Bräuchen.

KeineRegeln
18-09-2013, 11:19
Der Milosevic von 1989 ist nicht der selbe, wie der von 2001. Erster war ein Präsident. Letzterer ist ein serbischer Professor und Gründer von SVEBOR.

Was den serbischen Part des Textes angeht, liegt der Autor gar nicht so falsch. Ich stamme selber aus einer Familie, die Ihre Wurzeln bei den Hajduk Kriegern (Wiederstandskämpfern) hat. Sowohl während der türkischen Besatzung, als auch im I. und II. Weltkrieg. Ausserdem bedeutet "kriegerisch" in der serbischen Kultur nicht unbedingt kriegslustig, sondern eher wehrbereit und standhaft. Diese Denkweise ist eng verbunden mit dem christlich-orthodoxen Glauben und mit kulturellen Bräuchen.

Danke für die Zusatzinfos und Richtigstellung.

Bebo
18-09-2013, 12:34
Vrkah no no, hatte den namen "Kolo" vorher noch nicht einmal gehòrt. Komme von den chinesischen "internal" Stilen und habe erst vor kurzem die russischen Stile entdeckt. War sehr überrascht (positiv) von dem was da gemacht wird und auch, dass der Petzold, den ich aus meiner Zeit in Deutschland als einen Psychotherapie-Pionier kenne, auch was damit zu tun hat.
Das ist ein kluger Mann und dachte der kurze Text birgt Interessantes, gerade auch weil der Petzold indem Bereich keinerlei "professionellen" Interesse hat. Der hat seine Professur an der Uni Amsterdam und auch ansonsten in seinem Ausbildungsinstitut genug zu tun. War auch überrascht zu sehen dass der Jan Bloem, den ich als Systema-Mann auf youtube gefunden hatte, anscheinend beim Petzold studiert hat.


Delbaobao danke für den Beitrag. Wenn du da mehr weist, oder Sachen im Text bestätigen kannst oder richtigstellen etc. wär das interessant.

best
Bebo

Delbaobao
19-09-2013, 07:43
Gerne Leute!
Ich finde der Autor hat sich die Mühe gemacht und seine Recherchen und Erfahrungen aufgeschrieben. Das ist völlig Ok.
Die oft spektakulär wirkenden Geschichten von Naturelementen, Göttern und Co. stammen aus alten Zeiten, als der Paganismus bei den Slawen noch weit verbreitet war (leicht vergleichbar/verwandt mit der nordischen Mythologie - Odin, Thor, usw.). Die Slawen haben eine uralte Kultur, von der einige unserer Leute heute nichts mehr wissen, wieder zu ihren Wurzeln zurück suchen oder sie in die heutige Zeit einpflegen können (so wie wir).
Die einzelnen Kampfkünste wurden schon immer von anderen beeinflusst, genau wie sie auch andere beeinflusst haben und so wird es immer sein.

Das öfter erwähnte Kuresh (Gürtelringen) ist übrigens ein beliebter und sehr anstrengender Wettkampfsport, der aber viel Spaß macht.

Warjag
29-09-2013, 02:19
Von Aufmachung und Niveau her eine deutlich bessere Fantasiegeschichte als sie beim Systema Anwendung findet. Ein Haufen hübsch verbrämtes esoterisches Geschwurbel.

Im slawischen Raum, insbesondere im südslawischen, ist Kolo schlicht und einfach ein Sammelbegriff für diverse Volkstänze, die meist kreisförmig ausgeübt werden. Daraus eine wie auch immer geartete "altrussische" Kampfkunst herbei reden zu wollen entbehrt nicht einer gewissen Komik:

Serbian Saturday Night (Part 6) / Kolo dancing / St. Sava / 2013 / DJ Spaz - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=kwF5fSzUAiQ)

itto_ryu
29-09-2013, 08:26
Das öfter erwähnte Kuresh (Gürtelringen) ist übrigens ein beliebter und sehr anstrengender Wettkampfsport, der aber viel Spaß macht.

Interessant sind auch die Verbindungen vom slawischen in den nahöstlichen Raum, Kurash, Koresh, Köräş, Güreş etc., die Verbindungen Tataren, Usbekistan, Turkmenistan, Iran etc.
— International presentation of Bashkortostan Republic in UNESCO. (http://unesco.bashkortostan450.ru/en/kuresh/)

Das Razmafzar-Team hatte die Möglichkeit u.a. mit Koresh-Ringern zu trainieren im Iran, das sind wirklich starke Kämpfer:
https://www.facebook.com/pages/Razmafzar/349584538487916?fref=ts

Bebo
29-09-2013, 10:53
WARJAG,
wie gesagt, ich selber hatte vorher noch nie von KOLO gehört, sieht aber so aus als ob es eine sich so nennende Kampfkunst gibt, die allerdings unteschiedliche Schwerpunkte haben kann : KOLO - Ki Kolo (http://kolo.do.am/index/0-39)

Bebo

Delbaobao
29-09-2013, 11:13
Interessant sind auch die Verbindungen vom slawischen in den nahöstlichen Raum, Kurash, Koresh, Köräş, Güreş etc., die Verbindungen Tataren, Usbekistan, Turkmenistan, Iran etc.
— International presentation of Bashkortostan Republic in UNESCO. (http://unesco.bashkortostan450.ru/en/kuresh/)

Das Razmafzar-Team hatte die Möglichkeit u.a. mit Koresh-Ringern zu trainieren im Iran, das sind wirklich starke Kämpfer:
https://www.facebook.com/pages/Razmafzar/349584538487916?fref=ts

Auf jeden Fall! Die Kulturen haben sich immer irgendwie beeinflusst. Die Kaukasier sind unglaublich gute Ringer. Hier ein paar alte Bilder aus Serbien.
Google-Ergebnis für http://neohemas.files.wordpress.com/2009/10/l.jpg%3Fw%3D300%26h%3D185 (http://www.google.de/imgres?um=1&sa=N&biw=1366&bih=598&hl=de&tbm=isch&tbnid=7Hx3PXZtZL-IkM:&imgrefurl=http://neohemas.wordpress.com/library/narodno-rvanje/&docid=EPAVj8TogoVCEM&imgurl=http://neohemas.files.wordpress.com/2009/10/l.jpg%253Fw%253D300%2526h%253D185&w=300&h=185&ei=SvtHUoWKIMfDswaXqoCQAg&zoom=1&iact=hc&vpx=1093&vpy=214&dur=2043&hovh=148&hovw=240&tx=144&ty=119&page=2&tbnh=147&tbnw=240&start=20&ndsp=28&ved=1t:429,r:26,s:0,i:169)

Warjag
29-09-2013, 21:42
Delbaobao:

Welche kulturellen Einflüsse (in Bezug auf Kampfkünste, Waffen etc) aus dem Kaukasus gibt es den in Serbien?

Bebo:

Es mag zwar hier und heute Leute geben, die irgendwas machen und als Ki Kolo bezeichnen, aber es gibt keine skytische und auch keine von ihr abstammende slawische Kampfkunst namens Kolo. Nicht mal die Slawen stammen von den Skythen ab (und nein, auch die Kosaken nicht).

Schau dir doch nur mal die Seite an, die du da verlinkt hast. Gleich der erste Blick zeigt eine witzige Comicfigur mit magischem Energieblast, einen Buddha (sehr slawisch), einen Marienkäfer in einer Art subtropischen Dschungellandschaft und ein paar noch sinnfreiere Schwarzweißphotos.

Und was hat eigentlich eine Phantasie-Kampfkunst die erst vor einigen Jahren im Baltikum

International Kolo Organization
135 Dzirnavu, Riga, Latvia

entstanden ist mit altrussischen Kampfweisen zu tun? Der Umstand dass in Riga auch Russen leben und das sich immer Leute finden die bizarren esoterischen Schwachsinn verbreiten ist trotzdem kein Beleg dafür, dass dies überhaupt irgend was mit russischer Kultur zu tun hat.

Das es eine Weltnetz-Seite gibt, auf der behauptet wird, dass es eine altrussische Kampfkunst Ki Kolo gäbe, ist genau so beweiskräftig wie der folgende Film die übernatürlichen Kräfte des dort gezeigten Mediums beweist:

http://www.youtube.com/watch?v=Ulz5nZHnFhM

Verzeihung dass mein Eintrag hier nun recht harsch klingt, aber das beleidigt einfach die russische Nation an sich !

Terao
29-09-2013, 21:47
WARJAG,
wie gesagt, ich selber hatte vorher noch nie von KOLO gehört, sieht aber so aus als ob es eine sich so nennende Kampfkunst gibt, die allerdings unteschiedliche Schwerpunkte haben kann : KOLO - Ki Kolo (http://kolo.do.am/index/0-39)

BeboNa, nach dieser Website und dem bislang hier Geschriebenen wird es aber doch eher vager als konkreter.

Delbaobao
30-09-2013, 07:37
@Warjag
Mein letzter Post ist wahrscheinlich etwas verwirrend, da er mehrere Sachen beinhaltet, die aber nicht unbedingt aufeinander abfärben sollen. Welche Einflüsse der Kaukasus in Serbien hat, weiß ich nicht. Ebenso umgekehrt. Der Einfluss war eher auf manche russische Kampfmethoden und Waffen bezogen.

@die anderen
Vorsicht mit dem ganzen "Esoterikkram" aus Osteuropa! Der ist oft nicht so esoterisch-freundlich wie im Westen. Was vielen an Wissen und Können fehlt, füllen sie mit erschreckendem Fanatismus wieder auf und rechtfertigen ihre Taten mit "alten" und "ursprünglichen" Traditionen.

Bebo
30-09-2013, 12:47
Warjag, Delbaobao,
ja, verstehe ich natürlich.
Für mich ist es einfach interessant, da ich mich seit Jugend auf ausschliesslich mit zuerst japanischen und dann lange mit chinesischen Kampfkünsten beschäftigt habe, zu sehen und mich darüber zu informieren, was es da an, sagen wir mal, "osteuropäischen" Traditionen gibt, von denen ich lange nichts wusste. Die "esoterische" Seite interessiert mich letztlich nicht (und das funktioniert wohl ähnlich wie bei den Legenden vom alten Taoisten in den Bergen bei vielen chinesischen Stilen), bin nur überrascht das es anscheinend genau wie im chinesischen Bereich viele und vielleicht auch eine Unzahl von Traditionen und wohl auch Familienstilen gibt.
Was dieses Kolo angeht scheint mir die Öffentlichkeitsarbeit der Schule die anscheinend die von mir gelinkte Seite betreibt auch recht kommerziell und mit "KI" aufgepeppt ecc. Aber anscheinend hat es oder gibt es noch einen sich so nennenden Familienstil, mit dem wohl auch Petzold über seine Familie Kontakt hat.
Das ist alles.
danke und best
Bebo

Warjag
30-09-2013, 21:08
Bebo:

Es gab in Russland früher eben keine "Familienstile" im Sinne deiner Definition. Und es gab auch keine Vielzahl von Kampfküsnten, wenn man die jeweils regional etwas unterschiedlichen Ringstile mal beiseite lässt. Das was heute als traditionelle slawische Kampfkunst verkauft (sic) wird, reicht von der Tradition meist gerade mal um die 20 Jahre zurück, wenn überhaupt.

Hier und Heute gibt es erst solche "Familienstile" und "Traditionen". Diese haben aber mit slawischen Kampfkünsten so viel zu tun wie Taifun Karate mit japanischen Kampfkünsten.

Um es ganz kurz und einfach zum Ausdruck zu bringen: die Fantasiegeschichten über Ursprung und Geschichte der jweiligen "Stile" die bei fast allen dieser "altrussischen" "Kampfkünste" aufgetischt werden sind schlicht und einfach

freche dummdreiste Lügenmärchen !

Delbaobao:


Welche Einflüsse der Kaukasus ...... Der Einfluss war eher auf manche russische Kampfmethoden und Waffen bezogen.

Ein Musterbeispiel ist die Шашка, die heute von diversen Spinnern als altrussische Waffe und der Umgang damit als altrussische oder skytisch/kosakische Kampfkunst verkauft wird ....

Dabei wurde diese Waffe erst im 19 Jahrhundert von russischen Kavallerieeinheiten übernommen und zwar deswegen, weil die Шашка leichter und führiger war und der Säbel kaum zum Einsatz kam und als reine Sekundärwaffe zu sperrig und schwer war. Offiziell eingeführt wurde sei bei der russischen Armee sogar erst 1881.

Und warum zuerst bei den Kosaken und dort schon um 1830 ? Weil dort der Säbel im Nahkampf eine noch geringere Rolle spielte als bei anderen russischen Kavallerieeinheiten. Die kosakische Waffe schlechthin war die Lanze. Daher übernahmen die Kosaken die Шашка als leichtere führigere Sekundärwaffe um damit Zivilisten niederzumetzeln oder falls die Lanze wegfiel noch was zur Hand zu haben. Im Nahkampf mit anderen Bewaffneten setzten sie aber primär auf ihre Lanzen und der Lanzenkampf war die bei den Kosaken am höchsten entwickelte Kampfkunst.

Aber statt sich mal wirklich mit den früheren Kampfweisen zu beschäftigen betreibt man heute Neo-Paganismus, Esoterik-Schwachsinn und Fantasiekampfkünste.

Delbaobao
30-09-2013, 21:16
Genau. Mir fällt noch die Nagaika und der Kindjal ein.

duoyang
01-10-2013, 09:27
Mit Verlaub, aber hier schreibst Du militärhistorischen Unsinn.

Zitat Warjag:
"Ein Musterbeispiel ist die Шашка, die heute von diversen Spinnern als altrussische Waffe und der Umgang damit als altrussische oder skytisch/kosakische Kampfkunst verkauft wird ...."

Diverse Spinner mögen das behaupten, aber jeder ernsthafte Militärhistoriker in Rußland wird Dir sagen das der Ursprung der Schachka im Kaukasus liegt.
Ebenso unbestritten ist für mich, das es russisch/slawische Kampftradionen gab und gibt.


Zitat Warjag:
"Dabei wurde diese Waffe erst im 19 Jahrhundert von russischen Kavallerieeinheiten übernommen und zwar deswegen, weil die Шашка leichter und führiger war und der Säbel kaum zum Einsatz kam und als reine Sekundärwaffe zu sperrig und schwer war. Offiziell eingeführt wurde sei bei der russischen Armee sogar erst 1881."

Das ist soweit richtig. Übernommen haben ihn als erste die Einheiten der Kuban- und Terek- Kosaken da ihre Siedlungsgebiete an jene der Kaukasierer grenzen. Beschleunigt wurde der Prozeß durch die Expansionpolitik der russischen Zaren zur Erweiterung ihrer Gebiete ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

Die frühen Koasakengemeinschaften (15.-16. Jahrhundert) auf den Gebiet der heutigen Ukraine führten hingegen die Waffen der damaligen Zeit.
Dabei handelte es sich in der Regel um im Handel erworbene, oftmals aber auch um vom Gegner erbeutete Stücke vorzugweise um jene ihrer Nachbarn in diesem Fall der polnische, türkische und russische Säbel und sonstige Waffen..


Zitat Warjag:
"Und warum zuerst bei den Kosaken und dort schon um 1830 ?"

Siehe mein Satz oben.


Zitat Warjag:
"Weil dort der Säbel im Nahkampf eine noch geringere Rolle spielte als bei anderen russischen Kavallerieeinheiten."

Falsch, der Säbel spielte im Gegenteil eine herausragende Rolle und weil die Schaschka leichter und führiger war als bisher benutzte Säbel, wurde er bereitwillige von den Russen übernommen.


Zitat Warjag:
"Die kosakische Waffe schlechthin war die Lanze. Daher übernahmen die Kosaken die Шашка als leichtere führigere Sekundärwaffe um damit Zivilisten niederzumetzeln oder falls die Lanze wegfiel noch was zur Hand zu haben. Im Nahkampf mit anderen Bewaffneten setzten sie aber primär auf ihre Lanzen und der Lanzenkampf war die bei den Kosaken am höchsten entwickelte Kampfkunst."

Die Lanze war die bevorzugte Waffe für schnelle und wuchtige Attacken, war diese verloren oder im Kampfgetümmel zu sperrig griff der Kosak zum Säbel.
Insofern unterschied er sich nicht von anderen Kavallerieeinheiten seiner Zeit, z.B. die Baschkieren die im russischen Heer an den Krieg gegen Napoeon teilnahmen. Diese waren neben der Lanze, mit Säbel und Pfeil und Bogen bewaffnet.
Selbst angefangen bei den Römern über das Mittelalter und noch bis ins 20. Jahrhundert Europas hinein. Stellvertretend genannt sei hier die schwere Schlachtenkavallerie der Polen, oder ihr leichter Nachfolger die Ulanen, welche von fast jeder Armee (Frankreich, Preußen, England) der damaligen Zeit kopiert wurde.
Daneben existierten andere Formationen die keine Lanzen führten so z.B. die Kürassiere, Dragoner (Palasch) oder leichte Einheiten wie Husaren, die wiederum ihren Ursprung in der leichten ungarischen Reiterei hatten und da war wiederum vorrangig der Säbel die bestimmende Waffe.

Zitat Warjag:
"Aber statt sich mal wirklich mit den früheren Kampfweisen zu beschäftigen betreibt man heute Neo-Paganismus, Esoterik-Schwachsinn und Fantasiekampfkünste."

Genau das würde ich Dir mal empfehlen.
Auch wenn ich mit Dir übereinstimme das es eine Unzahl von diesen Neo-Panganismus, Esoterik-Schwachsinn und Fantasiekampfkünsten im heutigen Rußland und Nachbarrepubliken gibt, so sollte man historische Tatsachen nicht einfach ignorieren.

Und jener Herr auf der Homepage KOLO - Ki Kolo ist da keine Ausnahme. Meines Wissens beschäftigt er sich früher mit Karate, Judo und Kobudo bevor sich umorientierte.


Gruß duoyang

Schnitzelsekt
01-10-2013, 09:37
Eventuell wäre es noch sinnvoll, Kosaken und Kaukasus zu trennen. Das hat ziemlich wenig miteinander zu tun.
Ebenso sollte man Begriffe wie "Altrussisch" und Kaukasus völlig getrennt betrachten, weil das noch weniger miteinander zu tun hat. Ja, Einflüsse gab es, aber das wars auch schon.

Warjag
02-10-2013, 22:13
duoyang:


Mit Verlaub, aber hier schreibst Du militärhistorischen Unsinn


Die Lanze war die bevorzugte Waffe für schnelle und wuchtige Attacken, war diese verloren oder im Kampfgetümmel zu sperrig griff der Kosak zum Säbel.

Beschäftige dich mal lieber mit zeitgenössischen Berichten darüber, auf welche Weise die Kosaken ihre Lanzen einsetzten statt mich zu 90% zu wiederholen.

Die Lanze wurde gerade von den Kosaken mit schnellen kurzen Stichen eingesetzt, fechtend, und nicht in wuchtigen Reiterattacken, insbesondere üblicherweise nicht im eingelegten Stoß frontal. Gerade das unterschied beispielsweise die Einsatzweise der Lanzen bei den Kosaken und bei den polnischen Ulanen bzw noch deutlicher von der Husaria (Flügelhusaren).

[quote]Daneben existierten andere Formationen die keine Lanzen führten so z.B. die Kürassiere, Dragoner (Palasch) [/quote}

Wobei gerade in Russland die Dragoner weiter ihrem Ursprung gemäß berittene Infanterie waren und blieben und gerade eben nicht mit dem Pallasch kämpften. Aber vermutlich wirst du als nächstes wieder genau das gleiche schreiben kombiniert mit der Behauptung, ich hätte keine Ahnung.

Wer aber anscheinend von russischer Militärgeschichte nicht so viel weiß wie er tut bist anscheinend du, wenn dir nicht mal klar ist, dass gerade in Russland die Dragoner eine andere Rolle hatten als in anderen europäischen Staaten, wo sie sich zu einer reinen Kavallerie entwickelten.

Zur Шашка sehe ich mir statt folgendem:

Andreas Weitzel, SYSTEMA: Schaschka vs. Säbel / Shashka vs. - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=sNts6k7-k20)

übrigens sehr viel lieber folgendes an (wenn schon keine Kampfkunst, dann wenigstens ästhetisch):

The Dance of Cossack Girl with a Sword - Arkona - Kupala and Kostroma HD - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=C4_PWKOCz0U)

itto_ryu
03-10-2013, 17:05
Der Kamerad hier ist aber auch gut:
DP1yyQQJGFM

:D

Was die Lanzen anbelangt, völlig korrekt, die leichte Stoßlanze von Ulanen unterscheidet sich natürlich von der, welche die polnische Hussaria führte, die lang und schwer war. Der taktische Einsatz von Ulanen war daher auch ein etwas anderer, die ritten keinen eingerüsteten Frontalangriff gegen eine Formation.

duoyang
04-10-2013, 08:31
Warjag,

ich merke schon das Du da eine sehr einseitige Sicht der Dinge vertrittst.

Abschließend kannst Du mir aber vielleicht doch noch erklären, warum die Kosaken soviel Gewichtung in die Ausbildung mit der Schaschka legten, wenn der kämpferische Umgang damit, aus Deiner Sicht, zweitrangig war.

Gruß duoyang

itto_ryu
04-10-2013, 08:43
Nicht mein Fall, aber für die, die es interessiert:

RDTiZVHGcwc

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itto_ryu
04-10-2013, 18:25
Btw. die slawische Kampfkunst die mich bisher beeindruckt hat, ist Szabla Polska wie bei den Sienawskis:
xyfuwLLVUdM

Bebo
05-10-2013, 12:49
Mio dio, wenn ich mir vorstelle dass die echte Waffen in der Hand haben und dass mit dieser Energie und Technik früher in reale Auseinandersetzungen gegangen wurde ist klar dass solche "Begegnungen" wohl recht kurz waren und furchtbare Verletzungen hinterliessen. Krieg ist scheisse.
Bebo

Warjag
05-10-2013, 17:50
Krieg ist geil, nur der Sound ist scheiße (weil langweilig).

duoyang:


Abschließend kannst Du mir aber vielleicht doch noch erklären, warum die Kosaken soviel Gewichtung in die Ausbildung mit der Schaschka legten, wenn der kämpferische Umgang damit, aus Deiner Sicht, zweitrangig war.

Die Techniken die heute hier meist gezeigt werden, können von Pferden so gar nicht eingesetzt werden. Beantwortet dieser Fakt allein schon deine Frage?

Die Gewichtung der Nahkampfausbildung auf die Schaschka ist etwas, was erst zu einer Zeit statt fand, als Nahkampf vom Pferd aus schon gar keine Rolle mehr spielte. Im Endeffekt ist das eine Entwicklung erst nach dem Ersten Weltkrieg, als gar keine Lanzen mehr geführt wurden und man wie beispielsweise im Zweiten Weltkrieg selbst beritten fast nur mit Schußwaffen kämpfte.

itto_ryu
05-10-2013, 18:53
Mio dio, wenn ich mir vorstelle dass die echte Waffen in der Hand haben und dass mit dieser Energie und Technik früher in reale Auseinandersetzungen gegangen wurde ist klar dass solche "Begegnungen" wohl recht kurz waren und furchtbare Verletzungen hinterliessen. Krieg ist scheisse.
Bebo

Mit Sound noch mehr:
r8Qt_9OpgYw
vG-YAEQ7FLw

Huangshan
05-10-2013, 19:23
Zum Thema altrussische Kampfkunst wurde schon genügend diskutiert.

Ich schliesse mich der Sichtweise von Warjag an !

Zu polnischen Kampfarten:

Polen war bis zum Ende des 2 Weltkrieges und der verschiebung der Grenzen nach Westen ein Vielvölkerstaat, in dem verschiedene Kulturen ,Traditionen,Religionen..... ihr Zuhause hatten.

Das fast rein katholische , westslawische Polen wie es heute besteht ist ein nach dem Krieg entstandenes Konstrukt.
Die polnische Kultur wurde von verschiedenen Kulturen beeinflusst.

Der Säbelkampf wurde im späten Mittelalter übernommen als Polen-Litauen eine Grossmacht war.Durch Kriege mit den Türken,Tataren .... wurden Waffen,Kampfarten,Strategien.... übernommen,angepasst

Also kann man von einem rein polnischen Säbelkampf(Szabla) nicht sprechen.

Bebo
05-10-2013, 19:51
[QUOTE=Warjag;3088362]Krieg ist geil, nur der Sound ist scheiße (weil langweilig).

Vielleicht lebe ich zu lange in Italien und mir geht die feine deutsche Ironie ab.
Ich finds nicht witzig und wenns nicht witzig gemeint ist ist das ausserhalb meines ethischen Standarts. Aber vielleicht ist ja Ethik "langweilig" oder du meinst deine Erfahrungen mit Computerspielen, keine Ahnung. Sorry, wenns um menschliches Leid, Gewalt und Tod geht, geht mir der Humor ab.

Bebo

itto_ryu
06-10-2013, 06:40
@Huangsha: Klar, von irgendetwas "reinem" kann man kulturell eh selten sprechen, da die meisten Völker schon immer im Austausch und Einfluss untereinander waren. Im Fall von Polen ist es wirklich spannend zu sehen, wie die Wege des Säbels so bis nach Westeuropa verknüpft wurden. Polen ist da eine sehr spannende Station auf dieser Reise, weil sich dort kulturell Mittlerer Osten, slawische und westeuropäische Einflüsse verbanden. Die Sienawskis haben da auch einen sehr spannenden Artikel geschrieben zum Säbel und die Einflüsse auf das polnische Cross-Cutting:
Sword Forum International - The Saber’s Many Travels (The Origins of the Cross-Cutting Art) (http://www.swordforum.com/forums/content.php?204-The-Saber%92s-Many-Travels-%28The-Origins-of-the-Cross-Cutting-Art%29)

Warjag
06-10-2013, 08:01
ittoryu:


Was die Lanzen anbelangt, völlig korrekt, die leichte Stoßlanze von Ulanen unterscheidet sich natürlich von der, welche die polnische Hussaria führte, die lang und schwer war. Der taktische Einsatz von Ulanen war daher auch ein etwas anderer, die ritten keinen eingerüsteten Frontalangriff gegen eine Formation.

Anbei, dass hatte ich noch übersehen: die Lanzen der Kosaken unterschieden sich von der Form, Länge usw ebenfalls wiederum von den Lanzen anderer Kavallerieeinheiten. Die Lanzen der Ulanen und der Kosaken waren beispielsweise unterschiedlich, auch wenn in der Endzeit der Kavallerie die Kosaken dann die Lanzen der Ulanen teilweise übernahmen.

Das ist überhaupt so ein Punkt: die Begriffe und die Bewaffnung änderten sich im Laufe der Zeit und unterschieden sich auch je nach Land. Die frühen polnischen Ulanen (abgeleitet übrigens vom türkischen Wort Oughlan) waren vom Typ her anders - wie auch anders bewaffnet als beispielsweise die Ulanen des Zweiten Reiches in Deutschland. Während die Dragoner sich in fast ganz Europa von berittener Infanterie über eine leichte Kavallerie hin zu schwerer Kavallerie oder im Deutschen Fall zum Ende hin zu einer Einheitskavallerie entwickelten, blieben sie in Russland berittene Infanterie usw.

Die Kosaken hatten ebenfalls diverse Unterschiede je nach Herkunft und Stellung der Kosakeneinheiten. Manche Einheiten der Kosaken wurden im Laufe der Zeit im Endeffekt reguläre Kavalleriereinheiten und passten ihre Bewaffnung und Struktur an, andere blieben bis zum Schluss ihrem Ursprung treu irreguläre Verbände von Streifzüglern und Plänklern die in der Schlacht von geringem Kampfwert waren und dem direkten Nahkampf mit anderer Kavallerie fast immer auswichen.

Es ist daher immer sehr schwierig, eine pauschale Aussage über Bewaffnung und Kampfweise nur aufgrund eines Namens herzuleiten, da je nach Zeit, Land und dann auch noch innerhalb der gleichen "Truppengattung" zum Teil erhebliche Unterschiede existierten (bspw veschieden bewaffnete Kosakeneinheiten) oder wie beim Beispiel der Einheitskavallerie des Zweiten Reiches sämtliche Arten der Kavallerie gleich bewaffnet waren - mit einer Einheitslanze (wo also auch Kürassiere, Husaren usw etc mit der gleichen Lanze kämpften wie die Ulanen - wobei die Lanze wiederum ebenfalls keine für die Ulanen sonst typisch war).

Die Kosaken die gegen die Türken kämpften,

http://uploads2.wikipaintings.org/images/ilya-repin/cossack-in-the-steppe.jpg

die Kosaken die gegen Napoleon kämpften

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/Lifeguad_Cossacks_by_Courcelle.gif

und die Kosaken die 1905 gegen die Japaner kämpften,

http://imageshack.us/f/524/cossack6wm0.jpg/

unterschieden sich allesamt, die einzige Konstante überhaupt blieb immer die Lanze !

Interessant in Bezug auf Darstellungen kämpfender Kosaken (Fotos wie Malereien/Zeichnungen) im Krieg 1905 ist, dass selbst dort noch die Kosaken fast alle mit der Lanze kämpfend zu sehen sind und selbst zu diesem Zeitpunkt noch die Schaschka nicht die Rolle spielte die sie dann erst nach dem Ersten Weltkrieg erlangte, als die Lanze als Bewaffnung wegfiel. Und das obwohl die Schaschka zu diesem Zeitpunkt (1905) auch schon bei regulären Kavallerieeinheiten eingeführt worden war (nicht alles was eine Schaschka schwingt ist daher ein Kosake, im Gegenteil!). Gerade bei vielen Kosaken aber (wegen ihrem besonderen Schwerpunkt beim Lanzenkampf) wurde zu dieser Zeit nicht mal eine Schaschka mitgeführt. Man führte nur Lanze, Gewehr und einen langen Dolch, weil man primär Schoß oder mit der Lanze focht.

http://www.japanfocus.org/data/r-jwar.jpg

http://wwwdelivery.superstock.com/WI/223/1746/PreviewComp/SuperStock_1746-225.jpg

http://www.eskoff.net/historia/kozak/Cossacks1.jpg

Armin
06-10-2013, 15:03
Krieg ist geil, nur der Sound ist scheiße (weil langweilig).


Auch nochmal die Frage: Was willst Du damit sagen?

Terao
06-10-2013, 15:30
In solchen Momenten hasse ich das Forum. Da breitet jemand Fachwissen aus, inklusive Quellennennung und, soweit ich das erkennen kann, durchaus fundiert. Er leistet damit (endlich mal auch im osteuropäischen Sektor) echte Aufklärungsarbeit gegen die zunehmend wuchernde Mythenwelt. Und alles, was den Leuten dazu einfällt, ist, sich irgendsoeinen dahingesagten Satz, versteckt in 20 fundierten Postings, herauszusuchen und sich daran "moralisch" hochzuziehen. :mad:

Wenn sich überhaupt irgendwer "ethisch am Krieg vergeht", gefüttert von "Computerspielen", dann sinds ja wohl all die Fantasiekrieger, die sich irgendwelche Friemeleien ausdenken und dann steif und fest behaupten, so und nicht anders sei damals in Kriegen gekämpft worden. Da geht mir der Humor ab.

Weiter, Warjag! Ich höre zu.
Die Bedenkenträger können ja derweil einen Stuhlkreis machen, in dem sie diskutieren, ob Krieg nun scheiße ist, oder so richtig total superscheiße, und wie oft man das pro Post erwähnen muss. Aber nicht vergessen, am Dienstagabend pünktlich im Dojo Fischbach-Niederstetten zu stehen und "WarriorsXXX" zu trainieren.

ps.: Wer "deutsche Ironie" findet, darf sie behalten.

Willi von der Heide
06-10-2013, 20:57
@terao

:yeaha: So sieht´s aus. Warjag weitermachen :cool:, liest sich sehr interessant.

dirk2245
07-10-2013, 12:06
Und wenn jemand über noch so fundiertes Fachwissen verfügt und noch so interessante Quellen benennt, dann ändert dieser Umstand nichts daran, dass der Betreffende sich mit der Äußerung "Krieg geil zu finden" als charakterliche Nullnummer geoutet hat.
Punkt.

itto_ryu
07-10-2013, 12:51
Warjag hat doch nur das bekannte, flapsige Sprüchlein "Krieg ist scheiße, nur der Sound ist geil" umgewandelt. Also bitte bleibt alle beim Thema und zieht nicht ständig die Political Correctness-Kappe über Augen und Ohren. Ich bin mir sehr sicher, dass Warjag nicht die feinen Gefühle hier verletze wollte oder dass er das wirklich ernst meint im sachlichen Sinne. Ich glaube, dass sieht man deutlich.

Ist ungefähr so, als würde man einen Pazifisten damit provozieren, indem man ihn fragt, ob er Sahne schlagen würde. Also bitte, sachlich bleiben, das gilt für alle, sonst geht es ohne Gute-Nacht-Geschichte ins Bett.

duoyang
08-10-2013, 08:00
Zitat Warjag:
"Die Techniken die heute hier meist gezeigt werden, können von Pferden so gar nicht eingesetzt werden.
Beantwortet dieser Fakt allein schon deine Frage?"

Nein das tut es natürlich nicht!
Da es die Tatsache nicht berücksichtigt, das parallel dazu, seit frühster Zeit Fechttechniken zu Fuß existieren.


Zitat Warjag:
"Die Gewichtung der Nahkampfausbildung auf die Schaschka ist etwas, was erst zu einer Zeit statt fand, als Nahkampf vom Pferd aus schon gar keine Rolle mehr spielte.
Im Endeffekt ist das eine Entwicklung erst nach dem Ersten Weltkrieg, als gar keine Lanzen mehr geführt wurden und man wie beispielsweise im Zweiten Weltkrieg selbst beritten fast nur mit Schußwaffen kämpfte."

Warum sollte sich ausgerechnet dann erst eine Gewichtung auf die Nahkampfausbildung mit der Schaschka vollziehen, wo Schußwaffen zu der Zeit bereits die dominierende Wahl der Mittel war?
Wenn auch keine Russen so würde der Herr im grauen Kaftan deiner Behauptung energisch widersprechen:

????? ?????? / ?????????? ????? / Circassian Cavalry Sword - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=_uvJyEhdkb8)


Zitat Warjag:
"Anbei, dass hatte ich noch übersehen: die Lanzen der Kosaken unterschieden sich von der Form, Länge usw ebenfalls wiederum von den Lanzen anderer Kavallerieeinheiten. Die Lanzen der Ulanen und der Kosaken waren beispielsweise unterschiedlich, auch wenn in der Endzeit der Kavallerie die Kosaken dann die Lanzen der Ulanen teilweise übernahmen."

Worin bestanden denn die von Dir genannten Unterschiede?

Gruß duoyang

duoyang
08-10-2013, 08:03
Zitat Terao:
"In solchen Momenten hasse ich das Forum. Da breitet jemand Fachwissen aus, inklusive Quellennennung und, soweit ich das erkennen kann, durchaus fundiert. Er leistet damit (endlich mal auch im osteuropäischen Sektor) echte Aufklärungsarbeit gegen die zunehmend wuchernde Mythenwelt."

Welches fundierte Fachwissen wird hier ausgebreitet?
Er belegt lediglich seine Aussagen mit Bildern die nur das zeigen was sie nach seinem Dafürhalten sollen.
Ich empfehle Dir zu den Themen Waffentechnik und Darstellungen mal folgende Bücher:
-Europäische Hieb- und Stichwaffen, herausgegeben vom Militärverlag der DDR 1981
-1000 Uniformen von Keubke, Naumann und Göbel Verlagsgesellschaft Köln
-Russische Uniformen vom 18.-20. Jahrhundert, W.M. Glinka, Leningrad 1988

Gruß duoyang

Warjag
08-10-2013, 08:22
So - jetzt bin ich doch noch dazu gekommen, die exakten Zahlen aus dem 19 Jahrhundert nachzusehen, die in diesem Kontext von besonderem Interesse sind:

Wegen des Könnens das der Umgang mit einer Lanze erforderte (Ausbildungsaufwand) und vor allem wegen der rasant zunehmenden Bedeutung von Schußwaffen für die Kavallerie (Karabiner, Dragonergewehre usw, der Schaffung mehrschüssiger Repetierwaffen mit rauchlosem Pulver) schafften im 19 Jahrhundert fast alle Länder die Lanze als Kavalleriebewaffnung ab.

Schon 1871 wurde die Lanze in Frankreich völlig abgeschafft, dort führten sie dann ab 1881 aber die Dragoner. Die französischen Ulanen hatten also ab 1871 keine Lanze mehr, dafür aber die französischen Dragoner! Die Lanzenschäfte wurden schwerer und kürzer (ca. 2,90 m) und aus Esche gefertigt (manchmal aber auch leichter und dann aus Bambus ca. 2,80 m) gefertigt.

In England hatten immer nur die Ulanen die Lanze geführt, bleibt. Die Lanzenschäfte wurden aber leichter und länger (über 3 m) und wurden aus Bambusrohr gefertigt.

Die Österreicher schafften die Lanze 1883 ab.

In Russland wurde die Lanze 1884 abgeschafft, mit der Ausnahme der Gardeulanen und der Kosakeneinheiten (sic), bei ersteren aus repräsentativen Gründen,

bei letzteren weil diese nicht ausgebildet wurden und damit kein gesonderter Aufwand entstand und: weil die Kosaken deutlich schlechter mit Feuerwaffen ausgerüstet waren als andere Einheiten.

Die Gardeulanen führte Lanzen mit einem Stahlrohr (2,5 m Länge), die Kosaken ihre traditionellen langen Lanzen (über 3 m) mit kurzer kleiner Spitze und Holzschaft. Kosakeneinheiten die zu konventionellen Kavallerieeinheiten geworden waren, führten aber manchmal auch kurze Lanzen wie die Gardeulanen von 2,5 m Länge. Manchmal führten zu rein representativen Zwecken auch die Gardekürassiere in Russland kurze Piken.

1888 wurden in Deutschland die Kürassiere mit Holz-Lanzen bewaffnet.

1890 ging Deutschland dann einen Sonderweg und führte die Lanze einheitlich für alle Typen von Kavallerie ein (also auch Husaren etc). Dazu wurde eine neue Einheitslanze mit einem Schaft aus Stahlrohr eingeführt (Typ M90), nur die sächsischen Kavallerieeinheiten behielten die alten Holzlanzen vom Typ M1876.

Wie man also klar sieht, wäre es ein schwerer Fehler, nur aufgrund der Namensbezeichnung einer Kavallerieeinheit auf deren Bewaffnung oder Kampfweise zurück zu schließen.

Ad extremum gab es Länder und Zeiten, in denen die Ulanen dann keine Lanzen mehr führten, aber die Dragoner (ursprünglich berittene Infanterie) als schwere Kavallerie mit Lanzen kämpften.

Oder in denen (Deutschland) Kürassiere und Husaren dann Lanzen führten.

In Bezug auf die Bewaffnung der Kosaken ist in diesem Kontext vielleicht interessant, dass es immer von der jeweiligen Standardwaffe eine sogenannte Kosakenausführung gab, die meist etwas länger war als die sonst im Dienst befindliche Karabiner-Version anderer Kavallerieeinheiten, immer ohne Bajonettadapter (also immer ohne Bajonett) und die vor dem Mosin Nagant auch immer von schlechterer Qualität war.

Das Mosin Nagant Kosakengewehr war dann der letzte Vertreter seiner Art, ohne Bajonett (weil die Kosaken ja Lanzen dabei hatten) und von einer Länge von 123 cm (und damit länger als der Mosin Nagant Karabiner der 102 cm Länge hat). Die größere Länge der Kosakengewehre zeigt auch auf, dass die Bedeutung der Schußwaffen für die Kosaken hoch war und die Kosaken sehr auf die Wirkung ihrer Gewehre setzten.

Durch ihr sehr gezieltes Plänklerfeuer wurden feindliche Einheiten aufgebrochen und dann erst mit den Lanzen angegriffen, wobei hier keine Frontalangriffe erfolgten (die Lanze wurde im Vorbei reiten eingesetzt) bis die feindliche Formation auseinander brach. Dann wurden die fliehenden zersprengten Gegner niedergeritten und mit Lanze und Schaschka abgeschlachtet.


Ich empfehle Dir zu den Themen Waffentechnik und Darstellungen mal folgende Bücher:
-Russische Uniformen vom 18.-20. Jahrhundert, W.M. Glinka, Leningrad 1988

Speziell dieser Empfehlung kann ich mich übrigens nur explizit anschließen ! Ein hervorragendes Werk.

itto_ryu
08-10-2013, 08:30
Terao meinte wohl damit hauptsächlich, dass die sachliche Diskussion hier interessant ist, nicht die Dauerkritik an Warjags kleinem Sprüchlein zum Krieg. Nehmt nur mal die Egomanie aus euren Texten, dann bleibt es hier interessant ;)

Das von dir verlinkte Video finde ich ganz gut, aber ich finde auch die Bildbelege von Warjag interessant und nachvollziehbar. Einwurf meinerseits: Wie ich Warjag verstanden habe, ist seine These, dass Kosake nicht gleich "echter Kosake im Sinne einer ethnischen Gemeinschaft" bedeuten muss, sondern dass es wie die Bezeichnung "Hussar" als militärische Einheit durchaus auch davon unabhängig zu betrachten ist je nach Epoche usw. Zum anderen ist seine These, dass die Kosaken im Reitergefecht die Lanze vornehmlich als Hauptwaffe nutzten, wenn nicht gar als alleinige Waffe. Ich finde diese These durchaus nachvollziehbar, wenn ich sie korrekt verstanden habe, denn bei Lanzenreitern ist die Stangenwaffe eben die Hauptwaffe und die Seitenwehr nur Backup.
Bei den schon erwähnten polnischen Flügelhusaren war dies ähnlich, die schwere Lanze war die Hauptwaffe für den massierten Angriff, dann kamen Estoc (Stoßschwert) und andere Panzerbrecher wie Reiteraxt, Streithammer oder Streitkolben. Erst dann kam der Säbel. Zwar wurde diese auch vom Pferderücken aus genutzt, andererseits war er aber auch zivile Fechtwaffe und oft für Duelle eingesetzt.
Bei den Kosaken und der Schaschka mag das vielleicht ähnlich gewesen sein. Bei dem von dir verlinkten Video kann man ja nicht eindeutig festhalten, für welchen Zweck diese Übungen gedacht waren, sieht aber schon eher nach zivilen Situationen zu Fuß aus (vieles ist ja eine Art Schaschka-iaido gegen Überfälle). Kann sein, dass ich da aber auch Warjags These missverstehe.


In England hatten immer nur die Ulanen die Lanze geführt, bleibt. Die Lanzenschäfte wurden aber leichter und länger (über 3 m) und wurden aus Bambusrohr gefertigt.
Korrekt. Die Lancers wurden vor allem in Kolonialkonflikten eingesetzt, dort war die lanze wohl noch effektiv nutzbar in indien oder Zululand, aber schon im Kampf gegen die Buren, die ja eher Scharfschützen denn Nahkämpfer waren, waren die Lancers in Feuergefechten.

Althalus
08-10-2013, 10:25
Wie man also klar sieht, wäre es ein schwerer Fehler, nur aufgrund der Namensbezeichnung einer Kavallerieeinheit auf deren Bewaffnung oder Kampfweise zurück zu schließen.
In der k.u.k. Armee gabs Sprüche zu den einzelnen Einheiten - da dürfte die Bewaffnung schon recht typisch gewesen sein.

Ulanen tragen stets die Lanze - nicht nur im Kampfe, auch beim Tanze.

Dragoner sind halb Mensch, halb Vieh - aufgesessne Infantrie.

;)

duoyang
09-10-2013, 09:14
Zitat :Itto-ryu
"Das von dir verlinkte Video finde ich ganz gut, aber ich finde auch die Bildbelege von Warjag interessant und nachvollziehbar. Einwurf meinerseits: Wie ich Warjag verstanden habe, ist seine These, dass Kosake nicht gleich "echter Kosake im Sinne einer ethnischen Gemeinschaft" bedeuten muss, sondern dass es wie die Bezeichnung "Hussar" als militärische Einheit durchaus auch davon unabhängig zu betrachten ist je nach Epoche usw."

Ich habe dazu mal folgenden Artikel angehängt.
Deutlich zu sehen die Bewaffnung mit Lanze, Säbel (Schaschka) und Feuerwaffen, einer Gewichtung nur auf die Lanze dürfte es so nicht gegeben haben. Eher setzte man das ein, was in der Kampfsituation als notwendig und geeignet erschien.


Victor Kuleshov - Die weltberühmten Kosaken
In so manchem Hollywoodfilm erscheinen sie als temperamentvolle mit Säbeln tanzende, trinkfreudige Raufbolde auf feurigen Pferdchen, die weder Gott noch Teufel fürchten. Die Kosaken, denn um die handelt es sich hier, sind wirklich sehr bemerkenswerte Russen. Wie die Riten und die Gesänge der orthodoxen Kirche symbolisieren sie für Millionen Menschen das alte Russland, das für Westeuropäer gerade weit genug entfernt ist, um die Neugier auf fremde, andersartige Kulturen und Völker auf angenehme Weise zu stillen.

Die Niederlande und Deutschland haben erst zu Ende der napoleonischen Besatzung mit den Kosaken Bekanntschaft gemacht. Nach dem Fall des französischen Kaiserreiches im Jahre 1813, der mit der Völkerschlacht bei Leipzig begann, zogen zahlreiche russische Truppeneinheiten, da heißt Kosaken, durch Deutschland und die Niederlande, um ihre französischen Herrscher zu vertreiben. In jener Zeit regten die Kosaken mit ihren Bärenfellmützen und ihrer großen Kampflust die Phantasie der Zeitgenossen an. So wie Amerikaner und Kanadier dies taten, die 1945 Westeuropa von den Nazis befreiten. Denn jeder Befreier, vorausgesetzt er erweist sich nicht als der nächste Besatzer, ist natürlich ein Held.

Seit mehr als 500 Jahren sind die Kosaken bekannt, und in dem halben Jahrtausend haben sie großen Einfluß auf die Entwicklung des Moskauer Fürstentums, des russischen Kaiserreiches und des russischen Imperiums insgesamt ausgeübt.

Der Name „Kosak“ stammt aus dem Türkischen und bedeutet soviel wie „freier, unabhängiger Mann“, ziemlich bedeutsam für ein Land in einer Zeit, in der das Leibeigentum ganz selbstverständlich war. Diese freien, unabhängigen russischen Männer waren eigentlich eine Art Landstreicher, die sich außer der Kontrolle von russischen Fürsten auf freier Bahn aufhielten, namentlich an den Uferndes Don und seiner Nebenflüsse. Durch die Jagd, die Fischerei und das Eßbare, das der Wald hergab, hielten sie sich am Leben. Von Landwirtschaft war keine Rede. Sie führten in jeder Hinsicht ein wildes Leben, in dem für die Gründung von Familien und den Aufbau eines festen sozialen Gefüges kaum Raum war. Eigentlich waren sie Vagabunde. Kleidung und Waffen wurden durch Raubzüge in den am Asowschen Meer gelegenen Dörfern der Krimtataren und Türken erworben, aber auch durch Überfälle auf Handelskarawanen, die den Don und die Wolga entlangzogen. Mit leichten Segelschiffen befahren sie das Kaspische Meer, das Asowsche und das Schwarze Meer bis nach Konstantinopel (heute Istanbul).

Die Blutsverwandtschaft mit dem russischen Volk wurde jedoch nie aus den Augen verloren. So kamen Kosakenverbände - denn im Laufe der Zeit begann sich etwas Ähnliches wie eine militärische Organisation abzuzeichnen – den russischen Truppen zu Hilfe, als Zar Iwan der Schreckliche die Stadt Kasan eroberte. Auch schlugen sie sich an der Ostseeküste, um dem Fürstentum von Moskau die Vorherrschaft über andere Fürstentümer zu verschaffen. Sie waren es, die sich mutig und fanatisch den schwedischen Invasionsheeren entgegenwarfen und sie aus dem russischen Hoheitsgebiet vertrieben. Jahrhunderte hindurch waren sich die Herrscher von Russland der wichtigen militärischen Rolle der Kosaken bewußt: die Befreinug vom Tatarenjoch, der Sieg in den Türkenkriegen und die Vertreibung Napoleons und seiner Armeen war zu einem großen Teil den Kosaken zu verdanken.

Die russischen Zaren bemühten sich, die Kosaken an sich zu binden: Waffen, Munition, Geld, Güter und Nahrungsmittel strömten unablässig an den Don. Dies war eigentlich die einzige Art, überhaupt einen Einfluß auf das unruhige Kosakenvolk zu behalten. Mit soviel bewaffneter Tatkraft im Rücken blieb den Zaren gar nichts anderes übrig. Die Kosaken hätten sich ja auch gegen sie stellen können, aus welchen Gründen auch immer. Die Kosaken nämlich gehorchten nur dem selbstgewählten Ataman!

Um 1800 erreichte der Ruhm der Kosaken, besonders der der Donkosaken, seinen Höhepunkt. Seite an Seite kämpften sie mit den regulären russischen Truppen unter der Führung von Suworow. Unvergänglichen Ruhm ernteten sie im italienischen Feldzug nach einem beschwerlichen Marsch über die Alpen. In Österreich und Preussen kämpften sie gegen Napoleon und seine Armeen, zogen bis an die Nordseeküste und erreichten sogar Paris.

Am Don stand die Wiege aller Kosaken. Zu Beginn dieses Jahrhunderts bildeten sie elf Armeen: am Don, dem Kuban, in Astrachan, dem Terek, in Uralsk, in Orenburg, in Semirjetschensk, am Usuri, am Amur, in Sibirien und in Transbaikalien. Alle diese Armeen bestanden aus sogenannten „Sotnie“ (Hundertschaften) und Regimentern des Donheeres. Sie siedelten dort, wo es Grenzen zu bewachen und nötigenfalls zu verteidigen galt. Allein schon am Don war es möglich, 70.000 „Säbel“ (erfahrene Reiter) zu mobilisieren.

Im 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts gab es keinen vom Kaiserreich Russland geführten Krieg ohne die Teilnahme der Kosakenverbände: sie kämpften im Kaukasus, auf der Krim, im russisch-türkischen Krieg mit, sie beteiligten sich an der Befreiung von Bulgarien und kämpften gegen das deutsche kaiserliche Heer im 1. Weltkrieg von 1914 - 1918.

Die kommunistische Umwälzung von 1917 rief eine gewisse Spaltung in der Kosaken-Gemeinschaft hervor: nur die „Besitzlosen“ unter ihnen folgten den Bolschewiken. Die übrigen verhielten sich neutral bis abwartend, die Loyalität gegenüber dem Land war für sie größer als die dem Zaren gegenüber (der inzwischen abgesetzt worden war). Jedoch dauerte die Zurückhaltung nicht lange. Menschen, die gewohnt waren, ihre Meinung laut und deutlich zu verkünden, bekamen große Schwierigkeiten mit den kommunistischen diktatorischen Machthabern. Ab 1919 wurden die Kosaken als Volk nahezu ausgelöscht, die Kosaken wurden blutig verfolgt. Als militärischer Machtfaktor wurden sie zerstört. Ihnen blieben zwei Möglichkeiten: in die Emigration zu gehen oder die Abstammung mehr oder weniger zu leugnen. Mit anderen Worten, die in der Sowjetunion zurückgebliebenen Kosaken gingen als Gemeinschaft „in den Untergrund“, was siebzig Jahre andauerte.

Nach dem Fall des Kommunismus tauchten sofort Nachkommen des früheren Kosakenheeres auf. Inzwischen gibt es wie von alters her an den Ufern des Don aber auch anderswo wieder Niederlassungen von Kosaken, sogenannte „Stanizij“, geführt vom „Ataman“. Die Kosaken befinden sich wieder am russischen Firmament.


Zitat itto-ryu:
"Zum anderen ist seine These, dass die Kosaken im Reitergefecht die Lanze vornehmlich als Hauptwaffe nutzten, wenn nicht gar als alleinige Waffe. Ich finde diese These durchaus nachvollziehbar, wenn ich sie korrekt verstanden habe, denn bei Lanzenreitern ist die Stangenwaffe eben die Hauptwaffe und die Seitenwehr nur Backup."

Das die Lanze im Reitergefecht eine wichtige Rolle spielte, bezweifel ich gar nicht. Ich stoße mich lediglich an der Aussage von Warjag das die Säbel zu schwer und zu sperrig waren und deshalb kaum eingesetzt wurden.
Beziehungsweise das Fechttechniken zu Fuß erst nach dem 1. Weltkrieg aufkamen, als die Lanze bereits abgeschafft und die Kavallerie im Niedergang begriffen war.


Zitat itto-ryu:
"Bei dem von dir verlinkten Video kann man ja nicht eindeutig festhalten, für welchen Zweck diese Übungen gedacht waren, sieht aber schon eher nach zivilen Situationen zu Fuß aus (vieles ist ja eine Art Schaschka-iaido gegen Überfälle)."

Das sind Fechtmeister der Tscherkessen, einem Volk aus dem Nordkaukasus, dort in Rußland und auch hier in Georgien gibt es eine Jahrhunderte alte Fechttradition mit der Schaschka und diese wurde definitiv nicht erst nach dem 1. Weltkrieg begründet.
Die Übungen dienen der Präzision der Säbelhiebe und dem schnellen und wirkungsvollen ziehen der Waffe.
Noch ein Videobeispiel aus Georgien, man beachte stellenweise die Ähnlichkeiten im Umgang mit denen der Tscherkessen und Russen..????????? (?????????? ??????????) - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=xdffmyuWans)


Gruß duoyang

http://www.don-cossacks.com/history03_small.jpg
http://www.don-cossacks.com/history05_small.jpg
http://www.don-cossacks.com/history04_small.jpg

itto_ryu
09-10-2013, 09:23
Interessantes Video und Artikel. Ich kann deine Argumentationskette schon nachvollziehen, ebenso wie die von Warjag.

Schnitzelsekt
09-10-2013, 11:46
Das sind Fechtmeister der Tscherkessen, einem Volk aus dem Nordkaukasus, dort in Rußland und auch hier in Georgien gibt es eine Jahrhunderte alte Fechttradition mit der Schaschka und diese wurde definitiv nicht erst nach dem 1. Weltkrieg begründet.
Die Übungen dienen der Präzision der Säbelhiebe und dem schnellen und wirkungsvollen ziehen der Waffe.
Noch ein Videobeispiel aus Georgien, man beachte stellenweise die Ähnlichkeiten im Umgang mit denen der Tscherkessen und Russen..????????? (?????????? ??????????) - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=xdffmyuWans)


Gruß duoyang


Auf dem Video sieht man grundsätzlich eine andere Art des Fechtens. Kann man mit der Fechtweise mit der Schaschka nur bedingt vergleichen.

Aber das ist eigentlich auch OT, weil der Kaukasus keine slawische Kultur ist.
Ich glaub, ich mach mal einen Thread auf mit diesem spezifischen Thema...

duoyang
10-10-2013, 09:01
Zitat Schnitzelsekt:
"Auf dem Video sieht man grundsätzlich eine andere Art des Fechtens. Kann man mit der Fechtweise mit der Schaschka nur bedingt vergleichen."

Du hast natürlich recht, grundsätzlich ist es eine ganz andere Art des Fechtens, ich wollte lediglich auf die kleinen Gemeinsamkeiten hinweisen.


Gruß duoyang

Warjag
11-10-2013, 21:58
duoyang:


Da es die Tatsache nicht berücksichtigt, das parallel dazu, seit frühster Zeit Fechttechniken zu Fuß existieren.

Den Kosaken kämpften ja überwiegend zur Fuß ....

Desweiteren sollte man klar trennen zwischen der Kampfweise der Kaukasier (insbesondere jener Völker die tatsächlich in den Bergen lebten) und jener der Russen, insbesondere der Kosaken, der Ursprünge und Wurzel in der Steppe liegen und nicht in den Bergen. Kaukasische Berg-Kampfkünste sind nun mal keine Slawischen und inbesondere keine in der Tradition der Steppenreiter.

Aber hier differenzieren tut ihr hier ja inzwischen wie ich sehe.


grundsätzlich ist es eine ganz andere Art des Fechtens, ich wollte lediglich auf die kleinen Gemeinsamkeiten hinweisen.

Kleine Gemeinsamkeiten gibt es immer, weil Fechten mit einem Säbel oder einer säbelartigen Waffe nun mal nur eine begrenzt Anzahl von Möglichkeiten hat. Genau so gut könntest du aufgrund der kleinen (sic) Gemeinsamkeiten alles mögliche behaupten. Nur weil bestimmte Dinge fast überall gleich sind, hängen sie nicht zwingend miteinander zusammen.

Ich habe dazu mal folgenden Artikel angehängt.
Deutlich zu sehen die Bewaffnung mit Lanze, Säbel (Schaschka) und Feuerwaffen, einer Gewichtung nur auf die Lanze dürfte es so nicht gegeben haben. Eher setzte man das ein, was in der Kampfsituation als notwendig und geeignet erschien.

Was ist in einem Nahkampf vom Säbeltyp her überlegen? Ein Säbel mit einem Korb oder ein Säbel ohne Korb wie die Schaschka? Die Antwort ist: ein Säbel mit Korb ist im Nahkampf besser, weil die Hand durch den Korb geschützt wird, der Säbel besser führbar ist (wegen der Gewichtsverteilung) und viele Techniken so möglich sind die man mit einer Schaschka gar nicht machen kann. Früher hatten die Kosaken deswegen Säbel mit Korb. Dann wurden diese in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhundert erst durch die Schaschka ersetzt!

Warum?! Weil die Bedeutung des Säbels dann nicht mehr so groß war und da man ohnehin überwiegend mit der Lanze kämpfte, konnte man beim Säbel ein leichteres, einfacheres und damit weniger sperriges Modell führen.

Bei der deutschen Kavallerie, wo alle Arten von Kavallerie mit Lanzen bewaffnet waren, hatten die Säbel und Reiterdegen weiter einen Korb. Weil hier trotz der Bewaffnung mit der Lanze für alle Typen von Kavallerie die Waffen wie von dir beschrieben je nach Situation eingesetzt wurden.

Gerade der Schwerpunkt beim Lanzenkampf führte zur Einführung der Schaschka bei den Kosaken, weil man gerade eben wegen dieses Schwerpunktes eine schlechtere Sekundärwaffe führten konnte.


Das die Lanze im Reitergefecht eine wichtige Rolle spielte, bezweifel ich gar nicht. Ich stoße mich lediglich an der Aussage von Warjag das die Säbel zu schwer und zu sperrig waren und deshalb kaum eingesetzt wurden.

Das ist nicht meine Aussage ! Wie schon mehrfach schreibst du einfach an mir vorbei.

meine Aussage ist: dass man die schwereren Säbel mit Korb gerade wegen des Schwerpunktes beim Lanzenkampf durch die Schaschka ersetzte. Nicht weil diese im Kampf besser war (sie war schlechter) - sondern weil der Schwerpunkt beim Lanzenkampf war und eine leichtere, weniger sperrige Sekundärwaffe daher bequemer war.

Wenn man ohnehin primär immer mit der Lanze in den Nahkampf ging, war ein schwerer Säbel mit Korb nicht notwendig ! Und deshalb wurde er ersetzt.

Und eingesetzt wurde die Schaschka durchaus auch, aber nicht im Nahkampf, sondern vor allem zum Niedermachen von Zivilisten oder unbewaffneten fliehenden etc


Warum sollte sich ausgerechnet dann erst eine Gewichtung auf die Nahkampfausbildung mit der Schaschka vollziehen, wo Schußwaffen zu der Zeit bereits die dominierende Wahl der Mittel war?

Bei der regulären Kavallerie gerade aus jenem Grund, weil der Nahkampf auf dem Schlachtfeld auch für die Kavallerie nicht mehr die dominierende Wahl der Mittel war. Dazu muß man noch Wissen, dass in Russland die Kavallerie sehr viel früher und auch bei bestimmten Typen der Kavallerie schon immer sehr weitgehend auf das Schießen setzte und nicht auf den Nahkampf. Deshalb waren die Dragoner in Russland ja beispielsweise weiter berittene Infanterie und konzentrierten sich aufs Schießen.

Gerade weil Schußwafffen das dominierende Mittel wurden, wurde die Schaschka eingeführt ! Weil damit die Bedeutung des Nahkampf und des Säbel als Waffe abnahm. Je größer die Bedeutung der Schußwaffe wurde, wurde der Nahkampf per Säbel im militärischen Bereich weniger wichtig.

Während bei den Kosaken die Gewichtung des Nahkampfs auf die Lanze zur Übernahme der Schaschka führte, war es bei der regulären Kavallerie die Einführung mehrschüssiger Feuerwaffen mit rauchschwachem Pulver.

Die Einführung der Schaschka ist eben kein höhepunkt, keine Weiter- oder Höherentwicklung der Fechtkunst. Sie ist ein Symptom des Niedergangs des Nahkampfs im Militärischen Bereich an sich.

Warjag
11-10-2013, 22:01
Althalus:

k.u.k ist eine Bezeichnung die es ab dem Jahr 1867 gibt. Nur in den Anfangsjahren der k.u.k. Armee führten die Ulanen noch Lanzen. Trotz der von dir zitierten Sprüche wurde die Lanze bei den Ulanen relativ bald nach Gründung der k.u.k Armee abgeschafft.

Und Dragoner waren schon über 100 Jahre vor der k.u.k Zeit in Österreich keine berittene Infanterie mehr.

Warjag
11-10-2013, 22:19
itto ryu:


Die Lancers wurden vor allem in Kolonialkonflikten eingesetzt, dort war die lanze wohl noch effektiv nutzbar in indien oder Zululand,

Und exakt dasselbe gilt auch für die Kosaken, die ja als im Grenzland agierende (teilweise irreguläre) Scharen die Lanze eben noch effektiv nutzen konnten, wo ansonsten der Nahkampf immer mehr zugunsten der Schußwaffe zurück gedrängt wurde - auch bei der Kavallerie. Das Bild der Kavallerie als primär mit Säbel usw im Nahkampf agierendem Verband das wir haben ist eben so nicht richtig. Gerade in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhundert, also der Zeit wo die Schaschka von den Russen übernommen wurde, war die Feuerwaffe bereits die primäre Waffe auch der Kavallerie.


Einwurf meinerseits: Wie ich Warjag verstanden habe, ist seine These, dass Kosake nicht gleich "echter Kosake im Sinne einer ethnischen Gemeinschaft" bedeuten muss, sondern dass es wie die Bezeichnung "Hussar" als militärische Einheit durchaus auch davon unabhängig zu betrachten ist je nach Epoche usw.

Das ist nicht meine These. Im Gegensatz zur Truppengattung der Husaren, waren die Einheiten der Kosaken durchgehend auch ethnisch Kosaken.

Kosake ist daher keine Bezeichnung für einen bestimmten Truppentyp, im Gegenteil: Kosaken dienten auch in vielen anderen, und anders benannten Einheiten. Der Anteil der Kosaken in der Kavallerie insgesamt war hoch, deutlich höher als als ihr Anteil an der russischen Bevölkerung.

Dasselbe übrigens ist heute wieder der Fall: die Kosaken stellen heute deutlich mehr Soldaten für die russische Armee als ihr Anteil an der Bevölkerung beträgt. Deshalb fanden sich Kosaken auch in ganz anderen Einheiten die dann auch ganz anders gekleidet und auch anders bewaffnet waren.


Zum anderen ist seine These, dass die Kosaken im Reitergefecht die Lanze vornehmlich als Hauptwaffe nutzten, wenn nicht gar als alleinige Waffe.

In einem Reitergefecht war die primäre Waffe die Lanze. Die Schaschak wurde nur dann gezogen und eingesetzt, wenn die Lanze verloren ging oder zerstört wurde, also nur zur Not.

Abgesehen davon wurde auch viel geschossen, insbesondere bei den irregulären Verbänden. Da wurde mehr geschossen als der Nahkampf gesucht. Gerade traditionelle Kosakenverbände scheuten eher den Nahkampf und wichen einem Nahkampf wenn möglich aus und suchten erst den Fernkampf und dass schon sehr früh in ihrer Geschichte.

Etwas anderes natürlich, wenn es gegen Wehrlose, Unbewaffnete oder schlecht Bewaffnete (lokale Milizen, aufständische Bauern etc) ging. Gerade die Kosaken wurde ja sehr gerne zur Niederschlagung von Unruhen verwendet.


Erst dann kam der Säbel. Zwar wurde dieser auch vom Pferderücken aus genutzt, andererseits war er aber auch zivile Fechtwaffe und oft für Duelle eingesetzt. Bei den Kosaken und der Schaschka mag das vielleicht ähnlich gewesen sein.

So ist es. Da im zivilen Alltag eine weniger sperrige Waffe eher geführt wird, war der Säbel bzw dann die Schaschka eben eine Waffe, die im Zivilen Alltag der Kosaken am Mann war und die vor allem auch im Nicht-Militärischen Bereich zum Tragen kam - insbesondere für "Polizei"aufgaben.

So wie auch die Polizei in Deutschland früher Dienstsäbel führte und Festzelte bei Unruhen mit dem Säbel geräumt wurden, diente die Schaschka beispielsweise auch vor allem dazu, Menschenmengen zu zerschlagen.

itto_ryu
12-10-2013, 12:47
Ah okay, so klärt sich der Nebel langsam, interessante Erläuterungen.

georgi
12-10-2013, 15:19
Na so was: da ist man mal im Urlaub und dann sowas hier, aber immerhin wurde hier ja von duo-yang schon Einiges dazu geschrieben.

Warjag, Du scheinst ja geschichtlich sehr bewandert zu sein, aber was deine Argumentation im Bezug auf den Säbel und später die Schaschka betrifft, scheinst Du etwas verblendet zu sein.
Soweit mir bekannt gab es zu keiner Zeit in Rußland Säbel mit Korbgefäßen, wenn überhaupt besassen sie lediglich einen Bügel oft aber nur nach türkischen Vorbild eine geschwungene Parierstange.
Deine Aussage weiter oben dürfte somit falsch sein.
Die Schaschka verzichtet bewußt darauf, da ihre Fechtart sich von der mit dem Säbel unterscheidet, siehe die dazu geposteten Videos der Tscherkessen bzw. Polen.
Die Kosaken waren in ihrer Anfangszeit sogenannte Steppenbeuter und siedelten vorzugsweise an den großen Flüssen. Ihre damalige Fortbewegungsart war vorzugsweise das Boot und ihre Beutezüge und der Kampf erfolgten zu Fuß.
Erst viel später als Pferde in ausreichender Anzahl verfügbar waren gewann die Reiterei zunehemend an Bedeutung und führte dann auch erst zum Gebrauch von Reiterlanzen.
Bis dahin waren Säbel, Äxte, Spieße und Pfeil und Bogen später Schußwaffen die dominiernde Bewaffung.
Wenn man sich die Darstellungen von Kosaken mit Lanzen anschaut so wird man feststellen das schon auf Grund der Länge der Lanzen ihr Gebrauch in der Nahdistanz engen Grenzen unterworfen war.
An Hand der Jahrhunderte alten Entwicklungsgeschichte der Kosaken, vom Steppenbeuter zu regulärer Kavallerie der Zaren, erscheint es schon daher unlogisch zu behaupten der Säbel bzw. die Schaschka wäre zu sperrig, schwer oder unwichtig und daher nur selten in Gebrauch gewesen. Es dürfte vielmehr umgedreht der Fall gewesen sein.

Gruß georgi

Warjag
12-10-2013, 23:20
georgi:


Soweit mir bekannt gab es zu keiner Zeit in Rußland Säbel mit Korbgefäßen, wenn überhaupt besassen sie lediglich einen Bügel oft aber nur nach türkischen Vorbild eine geschwungene Parierstange.

Dann sieh dir mal gemalte Original-Bilder russischer Kavallerie aus der Zeit Napoleons an. Selbst viele Kosaken führten zu dieser Zeit Säbel oder Reiterdegen mit Korb.

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/Russian_cavalry_sabers.jpg

Bis die Schaschka diese Säbel verdrängte waren Säbel wie der folgende mit Korb die seit Katharina der Großen typische Sekundärwaffe der Kavallerie in Russland:

http://img0.liveinternet.ru/images/attach/c/7/96/245/96245684_large_Russkaya_kavaleristskaya_sablya_obr azca_1827goda_kladenec.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/45/%D0%A1%D0%B0%D0%B1%D0%BB%D0%B8.jpg?uselang=ru

http://img.welt.de/img/history/crop111599929/7660718368-ci3x2l-w580-aoriginal-h386-l0/Auf-der-Faehrte-Gem.jpg

Desweiteren wurden in Russland von den Gardeeinheiten schon früh auch Reiterdegen mit Korb geführt und Abarten davon auch von regulärer Kavallerie bzw manchmal sogar auch von Kosakeneinheiten:

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/Russian_cavalry_sabers.jpg

TSARS ARSENAL - Russian Swords (http://www.tsarsarsenal.com/long_w/horse_reg_palash/horse_reg_palash.htm)

Die Säbel mit Bügel die du meinst, wurden vor allem von Artillerie, Traineinheiten und Dragonern (in Russland berittene Infanterie) geführt. Die frühen Kosaken führten demgegenüber vor allem Säbel tatarischer Form, dies aber zu einer Zeit, wo die lange Lanze bei den Kosaken schon die Primärwaffe war und der Säbel nur eine Notwaffe die man im Kampf gegen andere Bewaffnete vor allem dann einsetzte, wenn die Lanze ausfiel.


Die Kosaken waren in ihrer Anfangszeit sogenannte Steppenbeuter und siedelten vorzugsweise an den großen Flüssen. Ihre damalige Fortbewegungsart war vorzugsweise das Boot und ihre Beutezüge und der Kampf erfolgten zu Fuß

In dieser sehr frühen Zeit wurden allerdings von den Kosaken Säbel jedweder Art kaum verwendet.

Im weiteren waren nicht alle Kosakenlanzen lang. Die ganz frühen Kosaken auf ihren Booten führten beispielsweise sehr oft kurze Piken. Die ältesten Darstellungen von Jermak und seinen Kosaken in Sibiren zeigen beispielsweise diese Kämpfer selbst auf reinen Poträts fast immer mit kurzen Piken dargestellt.

http://www.kriegsreisende.de/neuzeit/neuz-img/jermak.jpg

http://media.kunst-fuer-alle.de/img/41/m/41_00276658.jpg

Und unter den Sibirischen Völkern wurden Kosaken ebenfalls mit kurzen Piken assoziiert. Abgesehen davon waren zu dieser Zeit noch gerade Schwerter bei den Kosaken weit verbreitet und Säbel kamen vor allem als Beutestücke aus türkischen und tatarischen Beständen vor (vor allem nach den Zügen nach Asow) und hatten daher eine türkische Form.

Vorherrschend waren Säbel aber in dieser Frühzeit gerade eben nicht, weil beim Kampf auf und von Booten sowie zur Fuß die damals verwendeten Säbeltypen zu lang und von der form her nachteilig waren.

Die türkisch/tatarischen Säbel waren nämlich reinrassige Reiterwaffen und verbreiteten sich erst dann bei den Kosaken, als diese mehr und mehr zu einer Kavallerie wurden.

Wenn du also die Frühzeit bemühen willst, dann solltest du dich vom Bild eines Kosaken mit Säbel als primärer Waffe klar trennen, den Säbel tatarischer Art kamen erst mit der Übernahme der Kampfweise der Steppenreiter in größere Verbreitung und nicht, als die Kosaken noch primär auf Flüssen unterwegs waren. In der Frühzeit waren kurze Piken, gerade Klingen und vor allem Feuerwaffen die typisch kosakischen Waffen.


Wenn man sich die Darstellungen von Kosaken mit Lanzen anschaut so wird man feststellen das schon auf Grund der Länge der Lanzen ihr Gebrauch in der Nahdistanz engen Grenzen unterworfen war.

Wenn man eine Lanze von 3 m Länge mittig mit beiden Händen greift, dann ragen vorne gerade mal 1,5m raus. Und man kann damit sehr gut fechten. Auch in der "Nahdistanz". Wird es noch näher, ist ein Dolch schon wieder sinnvoller.

Ich kann dir mit einer Kosakenlanze sowohl in der "Nahdistanz" als auch auf größere Distanz kämpfen. Gerade das ist ja der Vorteil einer Lanze im Vergleich zu einem Säbel. Das Lanzenkampf heute so wenig Beachtung findet steht einfach konträr dazu, dass Lanzen schlicht und einfach überlegene Waffen sind.

Ich schlachte dir jeden Säbelkämpfer mit einer Lanze einfach ab.


erscheint es schon daher unlogisch zu behaupten der Säbel bzw. die Schaschka wäre zu sperrig, schwer oder unwichtig und daher nur selten in Gebrauch gewesen. Es dürfte vielmehr umgedreht der Fall gewesen sein.

Ich habe nicht behauptet dass der Säbel bzw die Schaschka wenig in Gebrauch war sondern das ganze sehr viel differenzierter dargestellt. Gerade die Schaschka wurde ziemlich viel eingesetzt, aber nicht auf dem Schlachtfeld bzw wenn es gegen Bewaffnete ging. Die Kosaken wurden vom Zaren nicht zuletzt auch immer zur Unterdrückung und zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt und da wurden die Säbel durchaus oft benutzt.

Aber der Grund für die Einführung der Schaschka war eben der, dass der Nahkampf für die reguläre Kavallerie angesichts der Sprünge bei den Schußwaffen massiv an Bedeutung verlor und bei den Kosaken war der Grund die steigende Bedeutung der Lanze bei den Kämpfen im Kaukasus-Gebiet womit die bisher verwendeten Säbel an Bedeutung verloren.

Warjag
13-10-2013, 08:24
georgi:

Hier mal ein paar Bilder von Kosaken (sic) aus der Zeit Napoleons:

Mit Korbsäbel:

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/Lifeguad_Cossacks_by_Courcelle.gif

Und hier links mal ein Kosake im Kampf ohne ! Lanze, dafür mit Korbsäbel:

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/cossacks.jpg

Und hier Don- Bug- Ural- und Ukrainische Kosaken mit 3 verschiedenen Typen von Säbeln, Korbsäbeln, Säbel tatarisch/türkischer Art und Säbel mit einfachem Bügel (tatsächlich ist der hier gezeigte Säbel ganz rechts ein Dragonersäbel. Einige Verbände der Kosaken wurden nämlich in dieser Zeit vom Zaren mit bei den Dragonern ausgemusterten Waffen ausgerüstet, auch mit Dragonergewehren :

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/uniforms_of_cossacks.jpg

Und das folgende Bild nochmal mit Erläuterungen, welche Einheiten diese Säbel führten:

http://www.napolun.com/mirror/napoleonistyka.atspace.com/img/Russian_cavalry_sabers.jpg

Picture: 1 - dragoon saber 1806, 2 - cuirassier saber 1810, 3 - cuirassier saber 1798, 4 - light cavalry saber 1798, 5 - light cavalry saber 1809

Insbesondere Modell Nummer 5 war typisch für viele Kosakeneinheiten in dieser Zeit.

MichaelII
13-10-2013, 13:02
georgi:

.....
Im weiteren waren nicht alle Kosakenlanzen lang. Die ganz frühen Kosaken auf ihren Booten führten beispielsweise sehr oft kurze Piken. Die ältesten Darstellungen von Jermak und seinen Kosaken in Sibiren zeigen beispielsweise diese Kämpfer selbst auf reinen Poträts fast immer mit kurzen Piken dargestellt.

http://www.kriegsreisende.de/neuzeit/neuz-img/jermak.jpg

http://media.kunst-fuer-alle.de/img/41/m/41_00276658.jpg

Wie kämpft man mit dieser Waffe? Ein Speer (Wurfwaffe) ist es wohl nicht, zu schwer ?!?




Ich kann dir mit einer Kosakenlanze sowohl in der "Nahdistanz" als auch auf größere Distanz kämpfen. Gerade das ist ja der Vorteil einer Lanze im Vergleich zu einem Säbel. Das Lanzenkampf heute so wenig Beachtung findet steht einfach konträr dazu, dass Lanzen schlicht und einfach überlegene Waffen sind.

Ich schlachte dir jeden Säbelkämpfer mit einer Lanze einfach ab.


Genauer? Lanze = Reiterwaffe, also du besiegst zu Pferd jeden berittenen Säbelkämpfer mit einer Lanze? Oder besiegst du auch zu Fuß einen Säbel/Schwertkämpfer zu Fuß mit einer Pike/Spieß?

Grüße

Warjag
13-10-2013, 14:23
MichaelII:


Wie kämpft man mit dieser Waffe? Ein Speer (Wurfwaffe) ist es wohl nicht, zu schwer ?!?

Es ist kein Wurfspeer. Im Endeffekt ist das eben ein schwerer Speer. Wie man damit kämpft? Wie man halt mit einem Speer kämpft. Aufgrund der geringen Länge kann man einen solchen auch sehr gut einhändig einsetzen und dann zusammen mit einem Schild.

Oder man greift ihn beidhändig ganz hinten womit man mehr Reichweite hat. Oder nimmt ihn wegen des geringeren Gewichtes einhändig ganz hinten mit angewinkeltem Arm. Man kann damit auch theoretisch zuschlagen, schneiden, wobei die Piken der Kosaken in dieser Zeit von der Spitze her dafür nicht geeignet waren und fast reine Stichwafffen waren. Angeblich wurde primär damit so schnell und oft wie möglich (aber sehr gezielt) mit kurzem Weg der Spitze gestochen.

Wobei zu dieser Zeit auch Äxte, Keulen, längere Speer/Lanzen, und auch Säbel durchaus gleichberechtigt verwendet wurden. Insbesondere Äxte waren damals noch sehr weitgehend in Gebrauch, eine Waffe/Werkzeug die dann später bei den Kosaken nicht mehr so verbreitet war.


Genauer? Lanze = Reiterwaffe, also du besiegst zu Pferd jeden berittenen Säbelkämpfer mit einer Lanze? Oder besiegst du auch zu Fuß einen Säbel/Schwertkämpfer zu Fuß mit einer Pike/Spieß?

Gerade auf einem Pferd ist der Lanzenkampf schwieriger und ein Kämpfer mit einer Klingenwaffe wie einem Säbel hat zu Pferde eher eine Chance gegen einen Lanzenkämpfer als zur Fuß. Zur Fuß ist es mit einem Säbel extrem schwer, gegen eine Lanze zu kämpfen. Insbesondere wenn man von einem Einhandschwert/säbel ausgeht. Ohne Schild ist man da im Endeffekt fast immer verloren wenn der Gegner eine Lanze hat.

Zu Pferde kann man die Lanze auch auf ganz verschiedene Weise einsetzen:

Man kann sie über dem Kopf verwenden (dabei hält man sie so als ob man sie werfen würde) - eine solche Haltung ist in dichtem Getümmel und im Kampf gegen Infanterie gut; man kann einen eingelegten Stoß versuchen der dann sehr viel mehr Wirkung hat (Energie des Pferdes wird mehr mit übertragen) aber dafür viel beschränkter ist in seinen Möglichkeiten über einen wuchtigen Stich hinaus zu wirken oder man greift sie wie gerade bei den Kosaken typisch mit zwei Händen und kann damit regelrecht fechten und nach allen Seiten stechen.

Durch Veränderung des Griff am Lanzenschaft kann die Reichweite nach belieben varriiert werden.

Ein Kämpfer mit einem Einhand Schwert-/Säbel hat es dann extrem schwer, gegen die letztgenannte Kampfweise anzukommen. Vom Pferd aus gegen einen Reiter der einen eingelegten Stoß verwendet geht es schon eher mit einem Säbel, was vermutlich der Grund ist, warum gerade bei den Kosaken der eingelegte Stoß nicht die Bedeutung erlangte die er bei anderen Kavallerieeinheiten (Polen, Husaria) hatte.

itto_ryu
13-10-2013, 15:43
Also kann man sagen, dass die Lanze/Speer der Kosaken schon als Allrounder gedacht war?

georgi
13-10-2013, 20:55
Warjag , das mit den Korbgefäßen war eine Fangfrage, aber danke das Du so ausgiebig darauf geantwortet hast.
Jeder der sich etwas mit der Materie beschäftigt, weiß das zu Beginn des 18. Jahrhunderts europäische Plankwaffenmodelle zunehmend in Rußland in Mode kamen.
Man kann drüber streiten ob das eher eine Marotte der jeweiligen Regenten, oder ob es rein taktische Erwägungen waren die dazu führten.
Die Antwort dürfte irgendwo dazwischen liegen.
Die Kosaken gehörten damals noch keineswegs zu den regulären Einheiten und auch später dürften nur die kaiserlichen Kosakenregimenter eine einheitliche Bewaffnung erfahren haben, siehe deine Aussage weiter vorn.

-Die Kosaken der Anfangsjahre bevorzugten nach deiner Aussage eine Art Pike, keinen Speer oder Spieß, war die Bewaffnung überhaupt in irgend eihner Form einheitlich?
Warum bzw. worin lag der Vorzug einer solchen Pike und könnte es sein, das, rein materielle Zwänge dazu führten, da Säbel um ein vielfaches teurer waren?
-Als die Kosaken zunehmend beritten waren, übernahmen sie anfangs tatarische und türkische Säbel.
Warum taten sie dies, obwohl sie nach deinen Dafürhalten die Lanze bereits zu Pferde bevorzugten, könnte es daran liegen das ihre Feinde ebenfalls einer derartig multifunktionalen Bewaffnung den Vorzug gaben?
- Die europäischen Säbelmodelle waren nach deiner Meinung schwer und sperrig, allerdings gab es auch leichte Varianten mit ca. 950g und einer durschnittlichen Länge von knapp einem Meter.
Vorausgesetzt diese Waffen waren gut geschmiedet. warum sollten diese Säbel zu sperrig und zu schwer sein ?
- Der Säbel war ebenfalls nach deiner Aussage im Nahkampf zu Pferd der Lanze überlegen und im Fußgefecht die Lanze dem Säbel?
Also führte man den Säbel keineswegs als nachgeordnete, vielmehr als gleichberechtigte Waffe in Abhängigkeit der Kampfart.
- die Russen übernahmen die Schaschka von den Kaukasiern, lediglich auf Grund der zunehmender Bedeutungslosigkeit im Reiterkampf, oder weil sie sich gegenüber herkömmlicfhen Modellen als besser erwiesen hat?
- Die Völker des Kaukasus sind bekannt für ihre wilde unbändige Art.
Könnte es sein das deren Kampfweise die Russen (Kosaken) so beeindruckt hat, das sie nicht nur deren Kleidung sondern auch deren Plankwaffen übernommen haben?
- Der Säbel fand bevorzugt Einsatz in Rußland bei der Befriedung (Niederschlagung) von Zivilisten. Warum nicht die Nagaika?
- Du beschreibst die Handhabung, aber hast du schon mal mit einer Lanze in Nahdistanz gefochten?
- Kannst Du überhaupt fechten?
-

Terao
13-10-2013, 21:26
Man kann drüber streiten ob das eher eine Marotte der jeweiligen Regenten, oder ob es rein taktische Erwägungen waren die dazu führten.
könnte es sein, das, rein materielle Zwänge dazu führten, da Säbel um ein vielfaches teurer waren?Beides glaube ich sehr gute Hinweise. Wir KKler neigen ja leicht dazu, jedes Detail der Bewaffnung früherer Zeiten ausschließlich unter der Perspektive kampftechnischer Vorteile zu betrachten.

Wirklich untaugliche Waffen wurden ohnehin zu keiner Zeit und in keiner Kultur mit ins Feld geschleppt. Die Details waren aufgrund der Vielzahl denkbarer Situationen und Gegner, auf die man so stoßen konnte, ohnehin nie perfekt anzupassen. Daher gab bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Bewaffnung eben doch oft der Kostenfaktor, Verfügbarkeit oder auch "irrationale" Motive wie Mode oder Marotte den Ausschlag.
Kleines Beispiel aus der Moderne: Ob nun die 7,92 x 57, die 7,62 x 51 oder die 5,56 x 45 für militärische Gewehre rein kampftechnisch das Bessere ist, kann man endlos diskutieren, es gibt für alles davon Für und Wider. Die Entscheidungen wurden letztlich eher politisch-ökonomisch-logistisch motiviert gefällt. "Peng" machen sie alle.

Glaube, das sollte man als allgemeines Paradigma bei derartigen Betrachtungen im Auge behalten.

So, und nun verkrümel ich mich wieder in die Zuschauerränge und höre weiter zu. Tolle Diskussion!

Huangshan
17-10-2013, 19:24
Interessante Diskussion.

Kleiner Beitrag zu den Ulanen und zur der Waffen Diskussion.
Zur Bewaffnung der polnischen Ulanen gehöhrten früher oft Beutewaffen ausser der Lanze.

Säbel,Pistolen,Karabiner......unterschiedlichster Herkunft wurden benutzt,

später erst wurden die Waffen vereinheitlicht.

Warjag
19-10-2013, 02:57
itto ryu:


Also kann man sagen, dass die Lanze/Speer der Kosaken schon als Allrounder gedacht war?

Ja. Speere sind zudem immer Allrounder. Und etliche Lanzen auch (je nach Form und gedachtem Einsatzzweck.

georgi:


Die Kosaken gehörten damals noch keineswegs zu den regulären Einheiten und auch später dürften nur die kaiserlichen Kosakenregimenter eine einheitliche Bewaffnung erfahren haben, siehe deine Aussage weiter vorn.

Es ist etwas komplexer.

"Die" Kosaken gab es damals nicht, so wie es sie nie gegeben hat. Es gab Kosaken wie beispielsweise die im Fernen Osten, im Trans-Baikal-Gebiet oder gar in Russisch-Amerika, die mit dem was hier unter Kosaken subsumiert wird wenig bis nichts zu tun hatten. Der erste Russe der die Beringstraße durchquerte war ein Kosake.

Es gab aber auch Kosaken in der Garde und zwar auch schon zu Napoleons Zeiten. Und innerhalb der Garde wurden diese regulären Verbände dann Kosaken genannt. Es gab aber auch Kosaken die in regulären Einheiten dienten, die dann aber ganz anders hießen. Beispielsweise kämpften in den Reihen der Dragoner vergleichsweise viele Kosaken. Trotzdem wurden diese Einheiten natürlich Dragoner genannt. Das ist wie heute beim russischen Militär wo auch viele Kosaken dienen, prozentual deutlich mehr als ihr Bevölkerungsanteil ausmacht.

Und nebenbei natürlich die Vielzahl der irregulären Verbände die Kosaken genannt wurden. Kosaken dienten also sowohl in regulären Verbänden unter ihrem Namen, in regulären Verbänden die anders hießen wie auch in den irregulären Verbänden unter ihrem Namen.


-Die Kosaken der Anfangsjahre bevorzugten nach deiner Aussage eine Art Pike, keinen Speer oder Spieß, war die Bewaffnung überhaupt in irgend eihner Form einheitlich? Warum bzw. worin lag der Vorzug einer solchen Pike und könnte es sein, das, rein materielle Zwänge dazu führten, da Säbel um ein vielfaches teurer waren?

In dieser Anfangszeit nein. Die Bewaffnung war nicht einheitlich. Primär wurde in dieser Zeit auf die Feuerwaffe als kampfentscheidendem Wirkmittel gesetzt. Auch die Elitetruppen des Zaren, die Strelitzen (Schützen) setzten vor allem auf Arkebusen und Musketen. So auch die frühen Kosaken. Die Piken dienten dabei vor allem als Ergänzung der Feuerwaffen und hatten oft kleine Haken seitlich, auf denen die Feuerwaffen aufgelegt wurden um besser schießen und zielen zu können. Auch die берды́ш wurden als Auflage für die Musketen verwendet und wurden teilweise sicher auch von Kosaken verwendet.

Ansonsten war die Bewaffnung höchst heterogen und je nach Region auch verschieden. Bezüglich der materiellen Zwänge: Da Feuerwaffen damals noch teurer waren, is nicht davon auszugehen, dass die Bewaffnung durch mangelnde Finanzen, also materielle Zwänge bestimmt wurde. Der hohe Anteil an Feuerwaffen-Schützen in Russland zu dieser Zeit ganz allgemein deutet darauf hin, dass die Finanzierung der Bewaffnung nicht so das Problem war.


-Als die Kosaken zunehmend beritten waren, übernahmen sie anfangs tatarische und türkische Säbel. Warum taten sie dies, obwohl sie nach deinen Dafürhalten die Lanze bereits zu Pferde bevorzugten, könnte es daran liegen das ihre Feinde ebenfalls einer derartig multifunktionalen Bewaffnung den Vorzug gaben?[/qote]

Die Kosaken übernahmen eben nicht nur den Säbel, sie übernahmen zeitgleich auch die Lanze. Es gab keinen Zeitabschnitt in der die Säbel alleine, ohne Lanzen geführt worden wären. Die Tataren und teilweise auch die türkischen Einheiten setzten zu dieser Zeit noch stark auf den Bogen und die primäre Bewaffnung war primär Säbel und Bogen. Die Kosaken konterten diese auf den Fernkampf ausgerichtete Bewaffnung indem sie stärker auf den Nahkampf setzten. Außerdem waren die Feinde der Kosaken zu dieser Zeit nicht nur Tataren und Türken, sondern vor allem auch die Polen/Litauer und die Bewaffnung der Kosaken mit Lanzen richtete sich nicht zuletzt in dieser Zeit gegen die polnische Kavallerie.

[quote]- Die europäischen Säbelmodelle waren nach deiner Meinung schwer und sperrig, allerdings gab es auch leichte Varianten mit ca. 950g und einer durschnittlichen Länge von knapp einem Meter.
Vorausgesetzt diese Waffen waren gut geschmiedet. warum sollten diese Säbel zu sperrig und zu schwer sein ?

Die europäischen Säbelmodelle waren meiner Meinung nach nicht allgemein schwer und sperrig. Sie waren nur im Vergleich zu einer Schaschka schwerer und sperriger. Ein Säbel mit Korb ist vom Führen her (insbesondere im Alltag) etwas ganz anderes als eine Schaschka. Der irreguläre Charakter der allermeisten Kosakeneinheiten machte die Schaschka als Alltagsbewaffnung (die ja auch außerhalb des Kriegseinsatzes ständig geführt wurde) im Vergleich zu einem Korbsäbel interessanter.


- Der Säbel war ebenfalls nach deiner Aussage im Nahkampf zu Pferd der Lanze überlegen und im Fußgefecht die Lanze dem Säbel?
Also führte man den Säbel keineswegs als nachgeordnete, vielmehr als gleichberechtigte Waffe in Abhängigkeit der Kampfart.

Da hast du mich dann falsch verstanden. Der Säbel war weder zu Pferd noch zu Fuß der Lanze überlegen.

Meine Aussage war eigentlich: dass man mit einem Säbel in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit auf dem Pferd gegen einen Lanzenkämpfer auf einem Pferd eher eine Chance hat als mit einem Säbel zur Fuß gegen einen Lanzenkämpfer.

Die Unterlegenheit von Säbeln/Reiterdegen führte bei Armeen die noch stark auf den Nahkampf setzten dann sogar zur Einführung der Lanze bei allen Arten der Kavallerie, beispielsweise dann sogar bei den Husaren (Deutsches Reich, Russland).

Im späten 19 Jahrhundert sank aber die Bedeutung des Nahkampf für die Kavallerie ständig ab und viele Armeen schafften daher konträr die Lanze ganz ab und zwar mit der Begründung, dass der Nahkampf immer weniger vorkomme, immer weniger Bedeutung habe und die Ausbildung mit der Lanze schwieriger und langwieriger sei als mit dem Säbel und daher länger dauere, mehr koste etc

Wenn ein Reiter (oder auch Fußsoldat) (wie beispielsweise die Kosaken) Säbel und Lanze führt, war der Säbel immer die nachgeordnete Waffe. Auch bei anderen Kavallerieeinheiten wie beispielsweise der polnischen Husaria oder den türkischen Sipahis.

Meine Aussage war nur in Bezug auf die Chance die man mit einem Säbel gegen einen Lanzenkämpfer hat: dass man zu Pferd noch eher eine Chance hat als zur Fuß. In beiden Fällen aber gewinnt zur Höheren Wahrscheinlichkeit (sic) der Lanzenkämpfer.


- die Russen übernahmen die Schaschka von den Kaukasiern, lediglich auf Grund der zunehmender Bedeutungslosigkeit im Reiterkampf, oder weil sie sich gegenüber herkömmlicfhen Modellen als besser erwiesen hat?

Meiner Meinung nach war kein Grund für sich allein ausschlaggebend. Die Schaschka wurde daher aus einem Bündel von Faktoren übernommen. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass es kein Grund für die Übernahme war, dass die Schaschka besser gewesen wäre als die vorherigen herkömmlichen Modelle, denn diese waren meiner Meinung nach besser.

Wenn ich nun mit Säbeln kämpfen müsste, würde ich wenn ich freie Wahl hätte nicht einen Säbel ohne Korb, ohne Bügel, ohne gar nichts nehmen. Also keine Schaschka. Weil ich gegenüber einem anderen Säbelkämpfer mit Schaschka mit einem Korbsäbel überlegen bin.


- Die Völker des Kaukasus sind bekannt für ihre wilde unbändige Art.
Könnte es sein das deren Kampfweise die Russen (Kosaken) so beeindruckt hat, das sie nicht nur deren Kleidung sondern auch deren Plankwaffen übernommen haben?

Das ist eine interessante These. Schon möglich, ich weiß es aber nicht ob es so gewesen ist. Dem müsste ich mal nachgehen.

Eine weitere These in diesem Kontext ist, dass die Kosaken sich schon früher in diesem Gebiet an den Kaukasiern orientierten. Also in der Zeit vor der Smuta schon und sich in dieser Zeit in diesem Gebiet erheblich mit Tscherkessen vermischten, also beispielsweise viele tscherkessische Frauen hatten und sich damit kaukasische Kultureinflüsse ausbreiteten. Tscherkessische Frauen waren damals weithin begehrt, sogar bis an den Hof der Osmanischen Sultane oder nach Ägypten.

Selbst der Zar Iwan IV hatte eine tscherkessiche Frau. Schon zu dieser Zeit verbündeten sich die Tscherkessen mit Russland wie auch mit den Kosakengemeinschaften gegen die Tataren wie auch gegen die Türken.

Später kam es zu einer Spaltung der Tscherkessen. Ein großer Teil konvertierte zum Islam und kämpfte dann im Kaukasuskrieg gegen die Russen. Die Tscherkessen die sich der Islamisierung wiedersetzten, gerieten unter erheblichen Druck der Osmanen wie des tatarischen Krim-Khanates und der Konvertierten und wurden mit Gewalt nach Norden in russisches Gebiet vertrieben. Sie schlossen sich als landlose Flüchtlinge dann oft den Kosakengemeinschaften an.

Das führte dazu, dass im großen Kaukasuskrieg im 19 Jahrhundert Tscherkessen sowohl auf russischer Seite als auch gegen die Russen kämpften. Die Tscherkessen als Volk wurden dann mit ihrer Niederlage weitgehend aus ihren Siedlungsgebieten vertrieben und es kam zum Völkermord. Ein großer Teil wurde ins osmanische Reich umgesiedelt, viele irrten aber nach der Niederlage und ethnischen Säuberung ihrer Siedlungsgebiete heimatlos in den Steppen nördlich des Kaukasus herum und schlossen sich dann erneut den Kosakengemeinschaften an.

Meiner Meinung nach wäre es ein Fehler, die Kosaken als ethnische Gruppe in all ihren Gebieten frei von Einmischungen zu sehen. Die Kosaken im Gebiet nördlich des Kaukasus vermischten sich dieser These nach schon frühzeitig mit dort lebenden christlichen Kaukasiern (christliche Tscherkessen) und auch noch im 19 Jahrhundert kam es zur Aufnahme prorussischer Kaukasier bzw der Überlebenden der ethnischen Säuberungen denen der Gros der Tscherkessen zum Opfer fiel.


- Der Säbel fand bevorzugt Einsatz in Rußland bei der Befriedung (Niederschlagung) von Zivilisten. Warum nicht die Nagaika?

Dass kann ich dir nicht beantworten. Allgemein wurden Peitschen, Knuten usw in Russland viel eingesetzt. Ich vermute, dass der Säbel bei der Niederschlagung von Volksaufständen wegen seiner größeren psychologischen und physischen Wirkung wegen eingesetzt wurde.


- Du beschreibst die Handhabung, aber hast du schon mal mit einer Lanze in Nahdistanz gefochten?

Ja habe ich (nach meinem Verständnis von Nahdistanz). Gestatte mir die Gegenfrage, was du unter Nahdistanz verstehst?


- Kannst Du überhaupt fechten?

Ja kann ich.

georgi
19-10-2013, 12:06
.
Es ist etwas komplexer.


Das die Entwicklungsgeschichte der Kosaken sehr komplex ist und vielen politischen, gesellschaftlichen waffentechnischen Einflüssen unterlagt bedarf für mich nicht deiner ausschweifenden Erklärungen.

Kann es sein das Du sowohl die Ausführungen von duoyang oder mir nicht ansatzweise gelesen hast.
Oder bist Du schlicht weg der Auffassung in Geschichte das Maß der Dinge zu sein.


In dieser Anfangszeit nein. Die Bewaffnung war nicht einheitlich.


Meine Rede seit fünfundvierzig!
Liest Du auch mal was ich schreibe?


Primär wurde in dieser Zeit auf die Feuerwaffe als kampfentscheidendem Wirkmittel gesetzt.


Von welcher Zeit sprichst Du, 14.-15 Jahrhundert?


Auch die Elitetruppen des Zaren, die Strelitzen (Schützen) setzten vor allem auf Arkebusen und Musketen. So auch die frühen Kosaken. Die Piken dienten dabei vor allem als Ergänzung der Feuerwaffen und hatten oft kleine Haken seitlich, auf denen die Feuerwaffen aufgelegt wurden um besser schießen und zielen zu können. Auch die берды́ш wurden als Auflage für die Musketen verwendet und wurden teilweise sicher auch von Kosaken verwendet.

Die Berdiche ist eine langgeschäfftete Streitaxt, keine Pike!


Ansonsten war die Bewaffnung höchst heterogen und je nach Region auch verschieden. Bezüglich der materiellen Zwänge: Da Feuerwaffen damals noch teurer waren, is nicht davon auszugehen, dass die Bewaffnung durch mangelnde Finanzen, also materielle Zwänge bestimmt wurde. Der hohe Anteil an Feuerwaffen-Schützen in Russland zu dieser Zeit ganz allgemein deutet darauf hin, dass die Finanzierung der Bewaffnung nicht so das Problem war.


Wo bei wem, den Kosaken oder den Strelitzen?
Wenn die Feuerwaffen damals noch sehr teuer waren, wieso stellte dann die Finanzierung kein Problem dar.


Die Kosaken übernahmen eben nicht nur den Säbel, sie übernahmen zeitgleich auch die Lanze. Es gab keinen Zeitabschnitt in der die Säbel alleine, ohne Lanzen geführt worden wären.


Was macht Dich da so sicher?


Die Tataren und teilweise auch die türkischen Einheiten setzten zu dieser Zeit noch stark auf den Bogen und die primäre Bewaffnung war primär Säbel und Bogen.

Wenn dem so war, warum übernahmen die Koasken dann die Lanze?
Brings Du hier langsam etwas durcheinander?



Die Kosaken konterten diese auf den Fernkampf ausgerichtete Bewaffnung indem sie stärker auf den Nahkampf setzten.


Weiter oben schreibst Du die Kosaken hätten den Feuerwaffen den Vorzug gegeben. Warum dann die Hinwendung zum Nahkampf wenn sie im Ferngefecht damit gleichwertig gewesen sein sollten?


Außerdem waren die Feinde der Kosaken zu dieser Zeit nicht nur Tataren und Türken, sondern vor allem auch die Polen/Litauer und die Bewaffnung der Kosaken mit Lanzen richtete sich nicht zuletzt in dieser Zeit gegen die polnische Kavallerie.

Du bist so klug.


Sie waren nur im Vergleich zu einer Schaschka schwerer und sperriger.

Also doch der Grund warum man sie von den Kaukasiern übernommen hat?




Ein Säbel mit Korb ist vom Führen her (insbesondere im Alltag) etwas ganz anderes als eine Schaschka. Der irreguläre Charakter der allermeisten Kosakeneinheiten machte die Schaschka als Alltagsbewaffnung (die ja auch außerhalb des Kriegseinsatzes ständig geführt wurde) im Vergleich zu einem Korbsäbel interessanter.

Nun ich glaube nicht das der Kosak seinen Säbel im Bienengarten oder beim Fischen ständig am Gürtel hatte und das dürfte in Friedenszeiten im Alltag überwiegend der Fall gewesen sein.



Meine Aussage war eigentlich: dass man mit einem Säbel in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit auf dem Pferd gegen einen Lanzenkämpfer auf einem Pferd eher eine Chance hat als mit einem Säbel zur Fuß gegen einen Lanzenkämpfer.


Häääh , wie jetzt?



Die Unterlegenheit von Säbeln/Reiterdegen führte bei Armeen die noch stark auf den Nahkampf setzten dann sogar zur Einführung der Lanze bei allen Arten der Kavallerie, beispielsweise dann sogar bei den Husaren (Deutsches Reich, Russland).


England, Frankreich und Österreich schaffte ihren Lanzenreiter nach 1871 ab. Mit wachsender Kriegshysterie zwischen Deutschland und Frankreich, glaubte die deutsche Armmeführung sich einen taktischen Vorteil gegenüber der französischen Armee verschaffen zu können, wenn sie ihre gesamte Kavallerie einheitlich mit einer langen Lanze ausrüstet.
Zunächst 1886 mit einer holzgeschäffteten Lanze ab 1890 mit einer Stahlrohrlanze.
Die Franzosen reagierten sofort und teilten ebenfalls Lanzen an ihre Kavallerie aus, ausgenommen davon blieben lediglich die Kürassiere.
Im ersten Weltkrieg spielten Lanzen und andere Blankwaffen bei den westlichen Armeen überhaupt keine Rolle mehr, da die waffentechische Entwicklungen Kavallerieattacken absurt machten.
Lediglich in den weiten Steppengebieten des Osten behielt die Kavallerie wegen der weite der Gebiete und unzureichender Motoriesierung noch eine Weile eine taktische Rolle z. B. zu schnellen Besetzten von Räumen oder Umfassung der Gegner.


Im späten 19 Jahrhundert sank aber die Bedeutung des Nahkampf für die Kavallerie ständig ab und viele Armeen schafften daher konträr die Lanze ganz ab und zwar mit der Begründung, dass der Nahkampf immer weniger vorkomme, immer weniger Bedeutung habe und die Ausbildung mit der Lanze schwieriger und langwieriger sei als mit dem Säbel und daher länger dauere, mehr koste etc

Nur ein Grund warum man alle Dragonerregimenter in Russaland mit einer sogenannten Dragonnerschaschka ausstattete
Die Kosaken behielten die Lanze aus Tradition und Statussymbol pflegten aber gleichberechtig den Umgang mit der Schaschka.



Vielmehr dürfte die ständig steigende Feuerkraft der Artillerie und Infantrie Kavallerie attacken

Unnötig machen, wolltest Du sicher schreiben.


Wenn ein Reiter (oder auch Fußsoldat) (wie beispielsweise die Kosaken) Säbel und Lanze führt, war der Säbel immer die nachgeordnete Waffe. Auch bei anderen Kavallerieeinheiten wie beispielsweise der polnischen Husaria oder den türkischen Sipahis.


In den Wäldern Sibiriens und den Gebirgszügen des Kaukasus dürfte die Rollenverteilung vielleicht anders gewesen sein.


Meine Aussage war nur in Bezug auf die Chance die man mit einem Säbel gegen einen Lanzenkämpfer hat: dass man zu Pferd noch eher eine Chance hat als zur Fuß. In beiden Fällen aber gewinnt zur Höheren Wahrscheinlichkeit (sic) der Lanzenkämpfer.

Von Vorteil war die Waffe immer dann,wenn eine Lanzenreitertruppe eine nur mit Säbeln oder Pallaschen bewaffnete Truppe attakierte. Die Lanzen erreichen den Gegner viel früher als mit Griffwaffen. Als höchst wirksam erwiesen sie sich bei der Verfolgung fliehender Kavallerie, Infanterie oder Artillerie. Auch konnte man am Boden liegende Gegner vom Pferd aus leichter als mit einer Griffwaffe errreichen.
Aber das dürfte auch so jeder einleuchten.




Meiner Meinung nach war kein Grund für sich allein ausschlaggebend. Die Schaschka wurde daher aus einem Bündel von Faktoren übernommen.


Welche da wären?



Ich bin jedoch der Überzeugung, dass es kein Grund für die Übernahme war, dass die Schaschka besser gewesen wäre als die vorherigen herkömmlichen Modelle, denn diese waren meiner Meinung nach besser.
Wenn ich nun mit Säbeln kämpfen müsste, würde ich wenn ich freie Wahl hätte nicht einen Säbel ohne Korb, ohne Bügel, ohne gar nichts nehmen. Also keine Schaschka. Weil ich gegenüber einem anderen Säbelkämpfer mit Schaschka mit einem Korbsäbel überlegen bin.


Die unterschiedlichen Formen des Handschutzes beeinflußten den Gebrauch der Blankwaffen eher unwesentlich.


Das ist eine interessante These. Schon möglich, ich weiß es aber nicht ob es so gewesen ist. Dem müsste ich mal nachgehen.

Das ist keine These das ist eine Tatsache.


Eine weitere These in diesem Kontext ist, dass die Kosaken sich schon früher in diesem Gebiet an den Kaukasiern orientierten.


Die Kosaken orientierten sich schon immer an ihren Nachbarn und übernahmen was ihnen dienlich erschien.


Meiner Meinung nach wäre es ein Fehler, die Kosaken als ethnische Gruppe in all ihren Gebieten frei von Einmischungen zu sehen.



Natürlich gab es auch immer Vermischungen.



Dass kann ich dir nicht beantworten. Allgemein wurden Peitschen, Knuten usw in Russland viel eingesetzt. Ich vermute, dass der Säbel bei der Niederschlagung von Volksaufständen wegen seiner größeren psychologischen und physischen Wirkung wegen eingesetzt wurde.

Ich hatte Dir diese Frage gestellt weil Du den Einsatz der Schaschka zur Niederschlagung von Zivilisten mehrfach und expliziet angesprochen hattest.
Die Peitsche kam zum Einsatz und auch die Schaschka wurde sowohl mit der Schneide als auch mit der stupfen Blattseite eingesetzt.
In welcher Abhängikeit dürfte ebenso unwichtig wie nicht belegbar sein.


Ja habe ich (nach meinem Verständnis von Nahdistanz). Gestatte mir die Gegenfrage, was du unter Nahdistanz verstehst?

Auch am Boden in räumlicher Enge, bewaldeten Raum oder im Kampfgetümmel mit mehreren Beteiligten?

Da ich nicht ausschließlich in der Vergangenheit sondern auch in der Gegenwart lebe mache ich eine Definition abhängig von der Art des Gefechtes.




Ja kann ich.

So, so!
Würdest Du auch anderen zugestehen das sie das können?

georgi
19-10-2013, 19:17
Habe da in meinen vorherigen Beitrag noch einen wichtigen Punkt vergessen, der aber unbedingt erwähnt werden sollte.

Im Kampf gegen die Türken im 17. Jahrhundert führten vornehmlich polnische, ungarische und kroatische Reitertruppen die Lanze.
Eine spezielle Waffe dieser Kavalllerieverbände war die Copia.
Der Schaft der Waffe war aus weichen Holz, innen hohl, zur Verstärkung, ganz oder teilweise mit Leinwand umwickelt, welche in Leim getaucht wurde.
Die kurze Klinge steckte mit einem Dorn in der Stirnfläche des Schaftes.
Beim Stich auf den Gegner sollte der Lanzenschaft zerbrechen, damit der stechende Reiter beim Aufprall nicht aus den Sattel gehoben wurde.
König Johann III. Sobieski berichtete 1683 in einem Schreiben an seine Frau, daß bei den großen Reiterangriff während der Entsatzschlacht um Wien, von 6000 polnischen mit Copias bewaffneten Husaren nur zwölf ganze Lanzen unversehrt blieben.
Ferner waren die Husaria mit einer Karabela und einem langen Panzerstecher und 2 Sattelpistolen bewaffnet.

Jetzt kann sich jeder ausrechnen, was die Polen nach den Verlust ihrer Erstwaffe wohl gemacht haben.

Kleiner Tip am Rande , die Türken waren leicht bis gar nicht gepanzert.
Na klingelt da was?

rudongshe
20-10-2013, 08:08
Ich bin sicher nicht der einzige, der hier interessiert mitliest und ich würde mich freuen, wenn die Diskussion sachlich bliebe, es wäre sehr schade drum.

Solche Infos findet man nicht in einschlägigen Seiten und nicht jeder hat Zeit, sich direkt ein neues Spezialgebiet aufzutun.

Bei der Frage der Bewaffnung spielen neben den Herstellungsbedingungen doch auch eine Rolle, welche militärischen Aufgaben ein Truppenteil hat.

Ich meine damit, es geht nicht nur um den direkten Kampf, das "eigentliche" Gefecht, sondern auch das konkrete militärische Ziel.

Klar war es wünschenswert, dabei möglichst viele direkte Gegner auszuschalten und möglichst wenige Leute zu verlieren, aber auch die taktische/militärische Funktion war zu erfüllen ... auch unter Verlusten.

Vielleichst sollte das Thema mehr in den Fokus (wurde ja schon angedeutet), ich finde, dann wird klar dass es die 100% Ausrüstung nicht geben kann, weil konkrete Ziele und Bedingungen schwanken.

Huangshan
20-10-2013, 11:10
Georgi:
Die POLEN von diesem Begriff muss man sich verabschieden wenn man die Geschichte von Polen betrachtet!(Nationalstaaten enstanden erst später)


Im 17 Jh. war das Königreich Polen/Litauen ein Vielvölkerstaat in dem Deutsche,Polen,Litauer,Ukrainer,Weißrussen,Tataren ..... usw. lebten und in der Armee dienten.

http://www.migrazioni.altervista.org/deu/3deutsche_in_russland/kosaken/images/polen_in_den_grenzen_vor_1660.jpg

Zum Thema Hussaria(Flügelhusaren),Bewaffnung..... leider nur in Englisch:

Polish Renaissance Warfare - Army Composition, Polish Hussars (http://www.jasinski.co.uk/wojna/comp/comp06.htm)

http://www.myarmoury.com/feature_hussars.html

PS: An der Schlacht vor Wien(Schlacht am Kahlenberg ) waren auch Kosaken beteiligt die in dem Heer von König Jan Sobieski mitkämpften.

georgi
20-10-2013, 18:43
[QUOTE=Huangshan;3096302]Georgi:
Die POLEN von diesem Begriff muss man sich verabschieden wenn man die Geschichte von Polen betrachtet!(Nationalstaaten enstanden erst später)

Natürlich hast Du recht, aber ich wollte in der Sache jetzt nicht weiter ins Detail gehen, da wir uns ja eh vom eigentlichen Thema schon weit entfernt haben.
Der einfachheithalber, Johann III.Sobiesky war polnischer König, die Husaria bestandt aus Angehörigen des polnischen Adels und Sobiesky führte den polnischen Anteil des kaiserlichen Entsatzheeres.

georgi
20-10-2013, 19:09
Bei der Frage der Bewaffnung spielen neben den Herstellungsbedingungen doch auch eine Rolle, welche militärischen Aufgaben ein Truppenteil hat.

Als die Kosaken mehr und mehr beritten wurden, bestandt freilich die Notwendigkeit, vorausgesetzt man wollte siegreich sein, waffentechisch mit seinen Gegner mitzuhalten.
Daher übernahmen sich zusätzlich zu bereits vorhandenen Griff- und Fernwaffen die Reiterlanze.
Später als sie bereits als geschlossene irreguläre oder leichte Kavallerie operierten behielten sie diese multifunkionalle Bewaffnung bei. So konnten sie auf verschiedene Gefechtssituationen angemessen reagieren.
Freilich verlor auch diese Kampfweise mit zunehmender Technisierung an Bedeutung, insofern teilten sie das Schicksal aller Kavallerieeinheiten.
Es war also eine waffentechische Notwendigkeit die Lanze zu übernehmen, sie als Haupt- bzw alleinig wichtige Waffe zu betrachten geht aber an den wechselvollen reallen militärischen Erfordernissen der Geschichte vorbei.

rudongshe
20-10-2013, 22:27
Als die Kosaken mehr und mehr beritten wurden, bestandt freilich die Notwendigkeit, vorausgesetzt man wollte siegreich sein, waffentechisch mit seinen Gegner mitzuhalten.

[...]

sie als Haupt- bzw alleinig wichtige Waffe zu betrachten geht aber an den wechselvollen reallen militärischen Erfordernissen der Geschichte vorbei.

So in etwa meinte ich das generell :)

itto_ryu
21-10-2013, 08:19
Interessant geht es weiter, nur lass doch bitte die dezente Giftspritzerei aus den Beiträgen raus, georgi.

Terao
21-10-2013, 09:41
Kurze Zwischenfrage: Einig scheint man sich ja zumindest darüber zu sein, dass sich die Kosaken vor allem als Berittene einen Namen machten. Sollte da, wenn überhaupt, nicht eher was von ihrer Reitkunst überliefert sein? Wie sich Reiterspiele ja auch bei anderen vornehmlich vom Pferd aus kämpfenden Kulturen bis heute einiger Beliebtheit erfreuen?

georgi
21-10-2013, 19:49
Kurze Zwischenfrage: Einig scheint man sich ja zumindest darüber zu sein, dass sich die Kosaken vor allem als Berittene einen Namen machten. Sollte da, wenn überhaupt, nicht eher was von ihrer Reitkunst überliefert sein? Wie sich Reiterspiele ja auch bei anderen vornehmlich vom Pferd aus kämpfenden Kulturen bis heute einiger Beliebtheit erfreuen?

Meinst Du so was?

????????? ?????? ?? ?????????? 2012 ? ????????? - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=rMblbDuYuEs)

georgi
21-10-2013, 21:09
Oder so was?

?????????? - YouTube (http://youtu.be/To1YV_5_l00)

itto_ryu
22-10-2013, 07:44
Klasse Videos, toll solche "sword-feats", wie sie die Briten um 1900 nannten, noch in heutiger Zeit zu sehen.

Terao
22-10-2013, 11:08
Klasse Videos, toll solche "sword-feats", wie sie die Briten um 1900 nannten, noch in heutiger Zeit zu sehen.Yup. Genau so würde ich mir nach dem, was hier geschrieben wurde, Traditionsreste kosakischen Kämpfens vorstellen. Nicht irgendein waffenloses (oder, bestenfalls, Schaschka-) Gefriemel (wie das aktuell so gerne unter dem Kosakenbegriff verkauft wird).

Und jetzt kommt mir nicht mit Prinzipien! Berittenes Kämpfen übt man ja nicht aus Spaß auf Pferden. Hat man gerade keins zur Hand, tuts auch ein hölzernes:

http://www.japan-photo.de/YABUSAME-TRAINING.jpg

Huangshan
22-10-2013, 16:07
Hier einige Drills der Kavallerie aus Polen:

http://www.youtube.com/watch?v=OaELMS-Z-z0

http://www.youtube.com/watch?v=tkXMkJ1rBhg


Bogenschiessen vom Pferd.

http://www.youtube.com/watch?v=ZGHPgiOuv_s

http://www.youtube.com/watch?v=ijc99ORmXYs

http://www.youtube.com/watch?v=57YeDRG5l2k

georgi
22-10-2013, 19:02
Yup. Genau so würde ich mir nach dem, was hier geschrieben wurde, Traditionsreste kosakischen Kämpfens vorstellen. Nicht irgendein waffenloses (oder, bestenfalls, Schaschka-) Gefriemel (wie das aktuell so gerne unter dem Kosakenbegriff verkauft wird).

Der Kenner weiß da zu differenzieren!
Nach deiner Aussage wüßte ich gern von Dir, warum nach deiner Vorstellung, ein Kosak nicht in der Lage gewesen sein sollte waffenlos bzw. zu Fuß mit der Schaschka zu kämpfen.

Terao
22-10-2013, 19:10
Der Kenner weiß da zu differenzieren!
Nach deiner Aussage wüßte ich gern von Dir, warum nach deiner Vorstellung, ein Kosak nicht in der Lage gewesen sein sollte waffenlos bzw. zu Fuß mit der Schaschka zu kämpfen.
Klar, daneben wird er auch Würstchen gebraten und Pferde versorgt haben können. Die Frage ist doch: Was davon stellte tatsächlich sicher, ob so ein Kosakentrupp seinen Auftrag erfüllen konnte? Und da seh ich die waffenlosen Raufkünste doch sehr, sehr weit hinten. Reiten und Lanzenstechen hingegen ziemlich weit vorne.

georgi
22-10-2013, 19:36
Klar, daneben wird er auch Würstchen gebraten und Pferde versorgt haben können. Die Frage ist doch: Was davon stellte tatsächlich sicher, ob so ein Kosakentrupp seinen Auftrag erfüllen konnte? Und da seh ich die waffenlosen Raufkünste doch sehr, sehr weit hinten. Reiten und Lanzenstechen hingegen ziemlich weit vorne.

Ja was davon eigentlich?
Du hast lediglich Vorstellungen, aber kann das auch Wissen ersetzen?

Terao
22-10-2013, 19:39
Ja was davon eigentlich?
Du hast lediglich Vorstellungen, aber kann das auch Wissen ersetzen?Natürlich nicht. Wenn ich glauben würde, schon alles zu wissen, würde ich hier nicht diskutieren. Bezweifle auch, ob es zu solchen Fragen DIE EINE ANTWORT gibt (naja, bis dann irgendwann mal die Zeitmaschine erfunden ist). Wär halt so meine Einschätzung auf Basis dessen, was hier so bislang zusammengetragen wurde.
Was ist Deine?

georgi
22-10-2013, 19:51
Natürlich nicht. Wenn ich glauben würde, schon alles zu wissen, würde ich hier nicht diskutieren. Bezweifle auch, ob es zu solchen Fragen DIE EINE ANTWORT gibt (naja, bis dann irgendwann mal die Zeitmaschine erfunden ist). Wär halt so meine Einschätzung.
Was ist Deine?

Gut dann belassen wir es bei deinen Vorstellungen.
Nun meine Einschätzung ist, das die Geschichte der slawischen Kampfkünste nicht allein von den Kosaken geschrieben wurde, allerdings haben sie einen wesentlichen Teil dazu beigetragen.
Es wird ein fortlaufender Austausch- und Lernprozeß gewesen sein, mit sich abwechselnden Schwerpunkten.

Huangshan
23-10-2013, 07:41
Ulanen :

http://www.youtube.com/watch?v=mUrdtriksAU]U?ani Cavaliada 2010 - Sobota


polnischer Husaren Säbel:

http://www.youtube.com/watch?v=LDS0uMgMi8s

Huangshan
23-10-2013, 11:47
Säbel Demo mal anders::)

Przy szabli - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=7CyxMhubmzw)

Warjag
24-10-2013, 09:01
Georgi:


Oder bist Du schlicht weg der Auffassung in Geschichte das Maß der Dinge zu sein.

Nö, ich bin der Auffassung, dass ich ein besserwisserischer Klugscheißer bin und immer Recht habe.


es sein das Du sowohl die Ausführungen von duoyang oder mir nicht ansatzweise gelesen hast. …...Liest Du auch mal was ich schreibe?

Ich habe eher erhebliche Zweifel daran, dass du liest was ich schreibe:

Musterbeispiel:


Die Berdiche ist eine langgeschäfftete Streitaxt, keine Pike!

Wo habe ich behauptet, dass diese Waffe eine Pike sei? (ich weiß dass deine Frage in Wahrheit ja gar nicht ernst gemeint ist - sondern nur ein rethorischer Trick, aber ich antworte dir trotzdem:) Ich habe geschrieben, dass die Kosaken die Piken genau so als Auflage für ihre Feuerwaffen verwendeten (mittels des Seitenhaken) wie die Strelitzen die Berdiche als Auflage für ihre Feuerwaffen verwendeten und dass manche Kosaken anstelle der Pike in dieser Zeit auch die Berdiche verwendeten (so wie übrigens auch viele Finnen, Schwedne und manche Polen/Litauer etc).


Die Kosaken übernahmen eben nicht nur den Säbel, sie übernahmen zeitgleich auch die Lanze. Was macht Dich da so sicher?

Der einfache Umstand, dass es keine einzige geschichtliche Quelle gibt, die nicht Lanze und Säbel zusammen nennt, zeigt, anführt. Und der Umstand, dass die primären Feinde der Kosaken in dieser Zeit ebenfalls immer Lanze und Säbel zusammen führten.


Wenn dem so war, warum übernahmen die Koasken dann die Lanze?
Brings Du hier langsam etwas durcheinander?

Warum die Kosaken verstärkt auf den Nahkampf setzten gegenüber berittenen Bogenschützen? Weil du tatarische leichte Kavallerie nicht in ihrem ureigensten Spiel schlagen kannst, du sie aber sehr leicht im Nahkampf werfen kannst.


Weiter oben schreibst Du die Kosaken hätten den Feuerwaffen den Vorzug gegeben. Warum dann die Hinwendung zum Nahkampf wenn sie im Ferngefecht damit gleichwertig gewesen sein sollten?

Dann triff mal mit einer Muskete einen seitlich zu dir vorbei galoppierenden Reiter der mit dem Bogen mit 10facher Kadenz auf dich schießt. Im übrigen waren Feuerwaffen parallel weiter Primäre Waffen, nur nicht für den Kampf zu Pferde. Die Hinwendung zum Nahkampf erfolgte mit der zunehmenden Dominanz der berittenen Kampfweise, für den Kampf zu Pferd. Du solltest hier mal klar trennen zwischen einem Einsatz als Infanterie und als Kavallerie.


Im ersten Weltkrieg spielten Lanzen und andere Blankwaffen bei den westlichen Armeen überhaupt keine Rolle mehr, da die waffentechische Entwicklungen Kavallerieattacken absurd

Schon im Kaukasuskrieg spielten die Blankwaffen kaum eine Rolle mehr und es wurde von beiden Seiten primär geschossen. Durch das Gelände begünstigt wurde der Kampf zum größten Teil mit Fernwaffen ausgetragen.


Die Kosaken behielten die Lanze aus Tradition und Statussymbol pflegten aber gleichberechtig den Umgang mit der Schaschka.

Die Schaschka stand gerade bei den Kosaken eben nicht gleichberechtigt neben der Lanze. Es gab in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhundert sogar jede Menge Kosaken, die neben der Lanze nur einen Dolch mitführten, Pistolen und Gewehre, und gar keinen Säbel mehr. Die Schaschka erlangte bei den Kosaken erst diese Bedeutung, als die Lanze abgeschafft wurde.


Nur ein Grund warum man alle Dragonerregimenter in Russaland mit einer sogenannten Dragonnerschaschka ausstattete

Damit sich der Leser darunter auch was vorstellen kann:

Hermann Historica - Internationales Auktionshaus für Antiken, Alte Waffen, Orden und Ehrenzeichen, Historische Sammlungsstücke (http://www.hermann-historica.de/auktion/hhm64.pl?f=NR_LOT&c=4519&t=temartic_M_GB&db=kat64_M.txt)

Hermann Historica - Internationales Auktionshaus für Antiken, Alte Waffen, Orden und Ehrenzeichen, Historische Sammlungsstücke (http://www.hermann-historica.de/auktion/hhm64.pl?f=NR_LOT&c=4518&t=temartic_M_GB&db=kat64_M.txt)

Die Dragoner-Schaschka wurde mit einem Bügel versehen und die Klinge etwas abgewandelt. Warum? Weil die russischen Dragoner keine Lanzen hatten, und weil sie in Russland weiter berittene Infanterie waren und der Säbel hier für den Kampf zur Fuß Multifunktionaler sein musste als die ursprüngliche Schaschkaform es erlaubte. Selbst die Klingenform wurde leicht abgewandelt (bspw die Spitze) weil die Schaschka für den Kampf zur Fuß und für einen multifunktionaleren Einsatz des Säbel den konventionellen Infanteriesäbeln unterlegen war.


Jetzt kann sich jeder ausrechnen, was die Polen nach den Verlust ihrer Erstwaffe wohl gemacht haben.

Die Lanzen der Polen und der Kosaken wie auch deren Einsatzweise unterscheiden sich drastisch. Die Polen griffen dicht geschlossen an, die Lanzen im eingelegten Stoß, alles wurde auf den ersten Zusammenprall und einen möglichst wuchtigen massiven Angriff gesetzt. Die Kosaken setzten auf zerstreute Gefechte, und hielten die Lanze nach Art der Tataren mit beiden Händen weiter hinten und setzten auf eine fechtende Kampfweise mit vielen schnellen kurzen Stichen.

Nach dem Zusammenprall setzte polnische Kavallerie dann auf die Seitenwaffen. Aber der Säbel kam hier zuletzt. Zuerst wurden andere Waffen eingesetzt, und die Säbel waren eine Art Backup für diese. Die Kosaken wiederum setzten gar nicht auf einen Zusammenprall sondern vermieden diesen wo immer es ging und die Lanzen der Kosaken waren daher nicht als reine Angriffs/Wuchstoßwaffen konzipiert.


Nun meine Einschätzung ist, das die Geschichte der slawischen Kampfkünste nicht allein von den Kosaken geschrieben wurde, allerdings haben sie einen wesentlichen Teil dazu beigetragen.

Ich möchte diesen wesentlichen Punkt sogar noch weiter drehen: Was haben die Kampfkünste der Kosaken den überhaupt mit slawischen (sic) Kampfkünsten zu tun? Die Schaschka wie ihr Einsatz sind keine slawische Kampfkunst. Ich würde daher sogar sagen: die Kosaken haben zu den slawischen Kampfkünsten nur einen geringen Teil beigetragen, da keine andere Bevölkerungsgruppe so sehr die Kampfkünste ihrer Gegner nachahmte, übernahm, und so wenig eigenes entwickelte.

Anbei: Systema hat mit Kosaken so wenig zu tun wie Kimchi mit Kosaken zu tun hat, auch wenn heutzutage immer mehr Kimchi essen.


(Einsatz der Lanze) Auch am Boden in räumlicher Enge, bewaldeten Raum oder im Kampfgetümmel mit mehreren Beteiligten?

Am Boden?? Am einfachsten wäre es, wir treffen uns im RL und probieren einfach mal verschiedene Dinge aus. Wäre für beide Seiten vielleicht interessant. Anbei: mit einer Lanze kannst du im Wald genau so gut oder schlecht kämpfen wie mit einer Schaschka, und mehreren Beteiligten würde ich ebenfalls lieber mit einer Lanze gegenüberstehen als mit einer Schaschka. Gerade im Massennahkampf bieten Lanzen immense taktische Vorteile für die Beteiligung weiterer Kämpfer gegen ein Ziel oder den Kampf gegen mehrere Ziele.

PS: Du hast PN.

Huangshan
24-10-2013, 10:16
Hallo Warjag


Die Lanzen der Polen und der Kosaken wie auch deren Einsatzweise unterscheiden sich drastisch. Die Polen griffen dicht geschlossen an, die Lanzen im eingelegten Stoß, alles wurde auf den ersten Zusammenprall und einen möglichst wuchtigen massiven Angriff gesetzt.


Nach dem Zusammenprall setzte polnische Kavallerie dann auf die Seitenwaffen. Aber der Säbel kam hier zuletzt. Zuerst wurden andere Waffen eingesetzt, und die Säbel waren eine Art Backup für diese.

Die Polen gab es damals nicht!!!(Nationalstaaten sind später entstanden)
Welche Kavallerie Art meinst du? Meinst du die Hussaria oder die Ulanen?

Hier eine Beschreibung der Bewaffnung der Hussaria, leider nur auf polnisch.
J?drek o husarii - Odc. 1 - Uzbrojenie Husarza - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=aZoN_tb950o)

http://www.youtube.com/watch?v=IDa_1eTptoU&feature=c4-overview&list=UUM4WQEln0emsdgRCypF4CSA

Ulanen benutzen andere Waffen,Taktiken........

georgi
24-10-2013, 18:41
Nö, ich bin der Auffassung, dass ich ein besserwisserischer Klugscheißer bin und immer Recht habe.

Damit ist denn Alles gesagt!



Am Boden?? Am einfachsten wäre es, wir treffen uns im RL und probieren einfach mal verschiedene Dinge aus. Wäre für beide Seiten vielleicht interessant. Anbei: mit einer Lanze kannst du im Wald genau so gut oder schlecht kämpfen wie mit einer Schaschka, und mehreren Beteiligten würde ich ebenfalls lieber mit einer Lanze gegenüberstehen als mit einer Schaschka. Gerade im Massennahkampf bieten Lanzen immense taktische Vorteile für die Beteiligung weiterer Kämpfer gegen ein Ziel oder den Kampf gegen mehrere Ziele.

PS: Du hast PN.

Ich kämpfe wo es mir von Nöten erscheint oder eine Auseinandersetzung unvermeidlich ist.
Da weder das Eine noch das Andere in deinem Fall zutrifft bin ich an deinem Angebot nicht interessiert!

georgi
25-10-2013, 08:07
Noch was zur Pike mit Hacken.
Dabei handelt es sich um einen wesentlich kürzeren Spieß(Schweinsfeder) mit Hackenauflage für die Muskete .
Der Hacken befand sich auf Höhe wo der Schaft ins Eisen geht die Spitzen waren selten länger als 20 cm. eingesteckt in den Boden befand sich der Hacken ungefähr auf Brusthöhe des Schützen, jetzt kann sich jeder vorstellen wie lang das Ding war.
Infanterieeinheiten der Österreicher, Brandenburger und Sachsen führten diese noch bis zum Ende des 17. Jahrhundert.
Es darf hier angemerkt werden das es sich dabei um eine Zweitwaffe mit Doppelfunktion handelte, die allein schon ihrer Länge wegen nicht mit der wesentlich längeren Pike (Langspieß) noch mit einer Kavallerielanze verwechselt werden sollte.
Als Waffenauflage in den Boden gesteckt (ähnliche Handhabung wie die Berdiche)war dies sehr praktisch behinderte jedoch den Schützen beim Transport und der Waffenhandhabung in der Bewegung.
Mit verbesserten Gewehr- und Bajonettmodellen verschwand der Spieß recht schnell aus den Musketiereinheiten.
Ihr Gebrauch bei den Strelitzen ist nicht belegt. Zwar ist nicht auszuschließen das Beutestücke von den Kosaken im 17. Jahrhundert verwendet wurden, allerdings dürfte die Größenordnung taktisch unbedeutend gewesen sein.

Anmerkung am Rande, die Strelitzen führten neben der Berdiche und der Muskete ebenfalls einen Säbel, die Musketiere westlicher Armeen einen Degen.

Tarogh
25-10-2013, 08:58
Noch was zur Pike mit Hacken.
Dabei handelt es sich um einen wesentlich kürzeren Spieß(Schweinsfeder) mit Hackenauflage für die Muskete .
Der Hacken befand sich auf Höhe wo der Schaft ins Eisen geht die Spitze waren selten länger als 20 cm. Somit befand sich der Hacken ungefähr auf Brusthöhe des Schützen, jetzt kann sich jeder vorstellen wie lang das Ding war.
Infanterieeinheiten der Österreicher, Brandenburger und Sachsen führten diese noch bis zum Ende des 17. Jahrhundert.
Es darf hier angemerkt werden das es sich dabei um eine reine Infanteriewaffe handelte die allein schon ihrer Länge wegen nicht mit der wesentlich längeren Pike (Langspieß) noch mit einer Kavallerielanze verwechselt werden sollte.
Als Waffenauflage in den Boden gesteckt (ähnliche Handhabung wie die Berdiche)war dies sehr praktisch behinderte jedoch den Schützen beim Transport und der Waffenhandhabung in der Bewegung.
Mit verbesserten Gewehr- und Bajonettmodellen verschwand der Spieß recht schnell aus den Musketiereinheiten.
Ihr Gebrauch bei den Strelitzen ist nicht belegt. Zwar ist nicht auszuschließen das Beutestücke von den Kosaken im 17. Jahrhundert verwendet wurden, allerdings dürfte die Größenordnung taktisch unbedeutend gewesen sein.

Anmerkung am Rande, die Strelitzen führten neben der Berdiche und der Muskete ebenfalls einen Säbel.

Moinsen,
meinst du mit Haken die Parierstange einer Saufeder? Wenn ja kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dort eine Muskete Halt gehabt hätte.
Oder hast Du ein Bild von einer Saufeder mit diesem besagten Haken?

Gruss Tarogh

georgi
25-10-2013, 09:04
Moinsen,
meinst du mit Haken die Parierstange einer Saufeder? Wenn ja kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dort eine Muskete Halt gehabt hätte.
Oder hast Du ein Bild von einer Saufeder mit diesem besagten Haken?

Gruss Tarogh

Bild ja, aber müßte ich einscannen, dazu fehlt aber die Technik.
Nein, damit ist nicht die Parierstange gemeint, es handelt sich um einen einzelnen nach oben zur Spitze offenen Hacken.

Tarogh
25-10-2013, 09:10
Bild ja, aber müßte ich einscannen, dazu fehlt aber die Technik.
Nein, damit ist nicht die Parierstange gemeint, es handelt sich um einen einzelnen nach oben zur Spitze offenen Hacken.

Ok, danke. Ich versuch mal ein Bild im Netz zu finden.

Gruss Tarogh

Warjag
25-10-2013, 17:48
huangshan:


Die Polen gab es damals nicht!!!(Nationalstaaten sind später entstanden)
Welche Kavallerie Art meinst du? Meinst du die Hussaria oder die Ulanen?

Abgesehen davon, dass es auch schon damals Polen gab, muß ich dir natürlich zustimmen. Aber: die Kosaken gab es damals auch nicht. Meine Ausführungen bezogen sich im weiteren rein auf die Husaria, polnische Adelige usw

Die "polnischen" Ulanen (vom türkischen/tatarischen Oughlan) kämpften mit den Lanzen eher wie die Kosaken. Im Polnisch-Litauischen Königreich lebten übrigens damals auch Tataren bzw eine gewisse tatarisch/weißrussische Mischbevölkerung.

georgi:

Das Angebot steht auch in Zukunft ! Jederzeit RL !

Huangshan
25-10-2013, 18:49
Warjag

Ok , das wäre geklärt !

Ja die Ulanen haben viele Taktiken,Waffen... von den Lipka Tataren übernommen die im Königreich Polen/Litauen lebten.
Einige Tataren dienten in der Kavallerie des Königreichs.

Mythbuster:
Die Hussaria hat die Flügel nur bei Paraden benutzt.
Die Lanze (Kopia) wurde nicht unter dem Arm gehalten sondern an einem Lederiemen mit einem kleinen Lederkorb der am Sattel befestigt war eingehakt siehe 2 Vid. über die Hussaria.
Der Säbel/Kriegshammer(Nadziak) war die letzte Option.

itto_ryu
26-10-2013, 08:35
Der Streithammer und das Bohrschwert waren jedenfalls in der Schlacht die nächste Optiobn nach der Lanze und die ersten Optionen vor dem Säbel bei der Hussaria.

Warjag
26-10-2013, 08:57
Allgemein:

Heute werden Schwerter, Säbel usw in ihrer Bedeutung für den Kriegs-Kampfeinsatz in früheren Zeiten (insbesondere im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, bei machen Ländern auch noch bis in die Moderne) heillos überschätzt. Solche Waffen waren Statussymbole, wurden auch als Zeichen von Wohlstand bzw gesellschaftlichem Stand getragen, waren aber in ihrer Bedeutung für das Kampfgeschehen (insbesondere im Krieg) nachrangig gegenüber anderen Waffen. Nur wo ritualisierte Kampfformen vorkamen (Duelle, Alltagsgewalt) waren solche Waffen von Bedeutung unter der jeweiligen Annahme, dass der Gegenüber die gleiche oder zumindest eine ähnliche Waffe (Klingenwaffe) benutzte.

In jedem ernsthaften Kampf ist eine Lanze jedem Säbel weit überlegen. Und zwar in fast allen Lagen, auch in einem Wald oder Gruppenkampf/Massennahkampf. Wer dies nicht glaubt, kann jederzeit gerne gegen mich kämpfen. Ich verstehe nicht mal im Ansatz, wie jemand der behauptet Kampferfahrung zu besitzen behaupten kann, ein Säbel sei multifunktionaler als eine Lanze oder gleichrangig mit einer Lanze.

Huangshan:


Die Hussaria hat die Flügel nur bei Paraden benutzt.

Eventuell wurden sie auch im Kampf getragen, aber eben nicht systematisch. Allgemein sehen die Flügel einfach gut aus und würden auch im Kampf psychologische Vorteile bieten, weshalb ich es nicht für unwahrscheinlich halte, dass manche Reiter die Flügel auch im Kampf trugen. Die Quellen sind in dem Punkt meiner Kenntnis nach uneindeutig.


Die Lanze (Kopia) wurde nicht unter dem Arm gehalten sondern an einem Lederiemen mit einem kleinen Lederkorb der am Sattel befestigt war eingehakt siehe 2 Vid. über die Hussaria.

Allgemein wurden schwere/längere Lanzen in dieser Zeit am Pferd oder am Mann eingehakt. Dafür gab es auch bei spätmittelalterlichen Lanzen in Westeuropa spezielle Haken und Aufnahmen für diese (Rüsthaken).


Der Säbel/Kriegshammer(Nadziak) war die letzte Option.

Viele hatten zudem nicht mal einen Kriegshammer dabei. Nach der Lanze war der Panzerstecher die nächste Waffe (und den hatte jeder). Da hier noch kein Bild davon gezeigt wurde, es handelte sich um eine spezielle Waffe die so aussah:

http://www.kismeta.com/diGrasse/images/koncerz.jpg

Statt Kriegshämmern führten viele übrigens auch langstielige Äxte mit. Die primäre Bewaffnung war aber Lanze und dann dieser folgend der Panzerstecher. Dazu Pistolen (anstelle dieser anfangs der Bogen, später dann auch kurze Musketen).

Koncerz and Palasz (http://www.kismeta.com/diGrasse/Koncerz.htm)

Anstelle von Säbeln wurde von vielen polnischen Husaren auch ein Pallasch geführt (also ein schwerer einschneidiger Reiterdegen). Das Bild einer säbelschwingenden polnischen Kavallerie (wie es heute oft gezeigt wird) ist daher für die Zeit der Ersten Polnischen Republik so gar nicht richtig. Der Säbel setzte sich in Polen erst nach dem Ende dieser Zeit so weitgehend durch. Davor war der Pallasch gerade im litauischen/polnischen/westlichen Bereich des damaligen Staatsgebietes viel weiter verbreitet.

Huangshan
26-10-2013, 11:34
Warjag:

Ja stimme mit dir überein,Bewaffnung der Hussaria im 17Jh.: Lanze(Kopia) --Steinschloss Pistolen/Arkebusen/Karabiner- Palasz--Koncerz--Nadziak(Kriegshammer)--Kriegsäxte-Säbel

In der Hussaria dienten adlige Polen,Litauer.......


Hier nochmal im Video der Einsatz der Kopia(Reiterlanze) bei der Hussaria.
J?drek o husarii - Odc. 2 - Ko? husarski - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=IDa_1eTptoU&feature=c4-overview&list=UUM4WQEln0emsdgRCypF4CSA)

Warjag
27-10-2013, 00:04
Interessant ist gerade in Polen der Bedeutungswandel beim Säbel. Am Beginn des Litauisch-Polnischen Reiches war der Säbel eine Waffe von Ausländern, Söldnern, Leuten aus dem Volk und natürlich der Tataren. Für einen Adeligen und allgemein auch unter den Polen galt es als unschicklich/unstandesgemäß einen Säbel zu führen.

Im Laufe der Existenz der Ersten Polnischen Republik änderte sich dies dann Stück für Stück und mit der Zeit wurde der Säbel ein Statussymbol der Szlachta (polnischer Adel). Dabei war die Szlachta anfangs ultramilitaristisch, und der Säbel breitete sich dann innerhalb dieser Klasse aus, je mehr sich diese vom Krieg und vom Kriegseinsatz abwandte. Gerade bei der polnischen Husaria breitete sich der Säbel eigentlich erst mit dem beginnenden Niedergang dieser Truppengattung aus bzw erlangte erst dann seine hohe Bedeutung.

In der Spätzeit war der Säbel dann das Statussymbol der Szlachta schlechthin, dies aber eben in einer Zeit, in der die Hussaria militärisch schon keine Bedeutung mehr hatte und auch der Charakter der Szlachta sich geändert hatte. Von einem reinen Militäradel hin zu zivilen Großgrundbesitzern mit jeweils einem solchen unterstellten Kleinadeligen (deren Anteil im Militär mit dem Niedergang der Hussaria fortlaufend sank).

Der Säbel wie der Säbelkampf sind also etwas, was sich in Polen erst mit dem Niedergang der Hussaria und mit dem allgemeinen militärischen Niedergang des polnischen Adel ausbreitete und durchsetzte.


Da es im Video schön gezeigt wird (anbei vielen Dank dafür an Huangshan)

Zum Einhängen der Lanze am Pferd / Sattel / Rüstung: das diente dazu, mehr Energie vom Pferd in die Lanze zu übertragen. Der Unterschied zwischen einem Stoß eines Mannes zur Fuß und einem eingelegten Stoß von einem Pferd aus ist gewaltig. Die Energie die von einem Pferd ausgeht (hohe Geschwindigkeit - größere Masse) ist immens. Gerade deshalb wurden die Lanzen so konstruiert dass sie abbrachen, weil ansonsten Reiter wie Pferd sonst durch den Aufprall ebenfalls zu Schaden gekommen wären.

Konzentriert in der Spitze einer solchen Stoßlanze treten dann bei einem solchen Angriff Energiewerte auf, die jede damalige Rüstung durchschlugen. Salopp gesagt waren diese Lanzen One Hit - One Kill Waffen. Was immer damit getroffen wurde, wurde vollständig durchbohrt. Dafür ist der Einsatz dieser Lanzen viel weniger Flexibel als derjenige der Lanzen der Kosaken.

Entwickelt wurde diese Art des Lanzenkampfes übrigens in Serbien und wurde so auch schon von den serbischen Rittern eingesetzt (und nach deren Vorbild von ungarischen Rittern). Sie bildete im Endeffekt den Endpunkt der Entwicklung des eingelegten Stoßes (im weiteren Sinne) wie er den Kampf der Ritter zu Pferd im Spätmittelalter dominierte. Während sonst in Europa durch das Fortschreiten der Waffentechnologie diese Kampfweise obsolet wurde bzw als unökonomisch aufgegeben wurde, wurde sie auf dem Balkan noch etwas weiter entwickelt und kam dann von dort nach Polen, nachdem die Osmanen Serbien erobert hatten.

Viele serbische Ritter und Kämpfer flohen vor den Osmanen in dieser Zeit in die nördlichen Nachbarregionen und dienten dort dann als Söldner oder traten in die Dienste örtlicher Machthaber. Selbst das Wort Husar kommt ursprünglich nicht aus dem ungarischen, sondern aus dem serbischen. Die Polen begannen dann diese Kampfweise nachzuahmen und entwickelten sie nochmals weiter. Die landlosen herumirrenden serbischen Kämpfer hatten meist keinerlei finanzielle Mittel mehr und daher meist auch keine Rüstungen mehr. Sie setzten daher nach alter Weise noch auf den Kampf mit Schild, Lanze und Schwert.

Die Polen entwickelten daraus dann eine eigene schwere Kavallerie, eben die Hussaria und ergänzten die serbische Kampfweise noch um Waffen wie den Panzerstecher die sie bspw von den Osmanen übernahmen. Während sonst wie in Ungarn die Husaren leichte Kavallerie wurden, ihre Lanzen ablegten und primär mit dem Säbel und Feuerwaffen als Streifzügler, Plänkler usw kämpften, wurde die polnische Hussaria zur letzten schweren Kavallerie nach Art der Ritter, also schwer gerüsteter Lanzenreiter.

Delbaobao
27-10-2013, 12:42
Konzentriert in der Spitze einer solchen Stoßlanze treten dann bei einem solchen Angriff Energiewerte auf, die jede damalige Rüstung durchschlugen. Salopp gesagt waren diese Lanzen One Hit - One Kill Waffen. Was immer damit getroffen wurde, wurde vollständig durchbohrt. Dafür ist der Einsatz dieser Lanzen viel weniger Flexibel als derjenige der Lanzen der Kosaken.

Entwickelt wurde diese Art des Lanzenkampfes übrigens in Serbien und wurde so auch schon von den serbischen Rittern eingesetzt (und nach deren Vorbild von ungarischen Rittern). Sie bildete im Endeffekt den Endpunkt der Entwicklung des eingelegten Stoßes (im weiteren Sinne) wie er den Kampf der Ritter zu Pferd im Spätmittelalter dominierte. Während sonst in Europa durch das Fortschreiten der Waffentechnologie diese Kampfweise obsolet wurde bzw als unökonomisch aufgegeben wurde, wurde sie auf dem Balkan noch etwas weiter entwickelt und kam dann von dort nach Polen, nachdem die Osmanen Serbien erobert hatten.

Viele serbische Ritter und Kämpfer flohen vor den Osmanen in dieser Zeit in die nördlichen Nachbarregionen und dienten dort dann als Söldner oder traten in die Dienste örtlicher Machthaber. Selbst das Wort Husar kommt ursprünglich nicht aus dem ungarischen, sondern aus dem serbischen. Die Polen begannen dann diese Kampfweise nachzuahmen und entwickelten sie nochmals weiter. Die landlosen herumirrenden serbischen Kämpfer hatten meist keinerlei finanzielle Mittel mehr und daher meist auch keine Rüstungen mehr. Sie setzten daher nach alter Weise noch auf den Kampf mit Schild, Lanze und Schwert.

Sehr schön erklärt. Vielen Dank dafür. Im Mittelalterlichen Serbien entwickelte sich auch die Spada Schiavonesca - das slawisches Schwert - mit einer besonderen S-förmigen Parierstange, um gegnerische Schwerter zu binden.

itto_ryu
27-10-2013, 15:24
Sehr schön erklärt. Vielen Dank dafür. Im Mittelalterlichen Serbien entwickelte sich auch die Spada Schiavonesca - das slawisches Schwert - mit einer besonderen S-förmigen Parierstange, um gegnerische Schwerter zu binden.

Damit jeder weiß, was gemeint ist:
http://www.vikingsword.com/vb/attachment.php?attachmentid=85968&stc=1

Später dann die Schiavona als Reiterschwert:
http://www.oriental-arms.com/photos/items/10/004510/ph-0.jpg

Was die Panzerreiter anbelangt, diese Entwicklungen vom Orient zum Okzident ebenso wie die Wanderschaft des Säbels als en vogue Blankwaffe, hat eine lange Geschichte der gegenseitigen militärischen Beeinflussung, begonnen bei den Kataphrakten von Parthern und Sarmaten über die Sassaniden bis nach Rom und Byzanz etc. Auf der anderen Seite Einflüsse wie die fränkischen panzerreiter. Ist jetzt wieder ein spannendes Thema für sich.

Wie Warjag schon ausgeführt hat, da sind die Regionen Osteuropas, des Balkan, am Bosporus und über Russland bis in den Kaukasus sehr miteinander verwoben und ein hochinteressantes Feld zwischen den orientalischen Regionen und West-/Nordeuropa.

Delbaobao
27-10-2013, 15:26
Danke itto, ja ein paar Bilder hätte ich auch noch posten sollen.