Malícia [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Chefkoch
15-04-2004, 21:26
ich hab zwei fragen was ist MHO und Malicia?

Gruss,
Chefkoch:soldat: :winke:

Apollo13
15-04-2004, 21:50
@Bolero,
ich hab zwei fragen was ist MHO und Malicia?



MHO:
my humble opinion(s) - meiner bescheidenen Meinung nach

Malicia: die falsche Schreibweise für Malícia :D

Malícia

Die Malícia ist der Dreh- und Angelpunkt der Capoeira und der Capoeirista nutzt sie im Spiel wie im Leben. Der vielschichtige Begriff umfaßt zum einen die Kenntnis des menschlichen Charakters, die sich aus der genauen Beobachtung eines anderen Spielers entwickelt: welche Techniken nutzt er, welche Täuschungen wendet er an, wo sind seine Stärken und wo seine Schwachpunkte? Mit der Zeit vermag der Capoeirista seinen Blick auch im alltäglichen Leben anzuwenden und durch die Art der Bewegung, der Haltung und dem Klang der Stimme die Persönlichkeit eines Menschen sofort zu erfassen.

Zum anderen bezeichnet die Malícia die Eigenschaft des Capoeirista, trotz seiner Kenntnis der menschlichen Natur (insbesondere ihrer finsteren Seiten), seine gute Laune nicht zu verlieren. Der wahre Capoeirista lebt sein Leben mit Genuß und Freude. Er denkt nicht in den Kategorien von Gewinnen und Verlieren und vernachlässigt nicht die Traditionen und Rituale. Durch den spielerischen Kampf, den Gesang der traditionellen Capoeira-Lieder, das Spiel der traditonellen Capoeira-Instrumente und durch das Vorbild des Mestre übt sich der Capoeirista darin, die Heiterkeit zum Wesen seiner Persönlichkeit zu machen.

Zitiert von http://www.citysports.de/bremen/magazin/art_red.php4?ArtNr=167

Je nach dem wichtiger oder nicht so wichtig ... manche Capoeiristas machen auch Voodoo ;)

calma calma

Chefkoch
16-04-2004, 21:09
Ah mat~°~rose hat´s getrennt.

Noch mal Danke.

Gruss,
Chefkoch

Ligeirinho
16-04-2004, 23:36
Die Malícia ist der Dreh- und Angelpunkt der Capoeira und der Capoeirista nutzt sie im Spiel wie im Leben.

Der folgende Auszug stammt aus einer Forschungsarbeit des Geschichtswissenschaftlers Matthias Röhrig, der heute an der University of Essex lehrt. In dieser Arbeit geht er u.a. auch auf die Capoeira-Weltanschauung ein.

"Die Darstellungen der alten Meister ermöglichen einen besseren Einblick in das Spiel. (...) Der Radschlag (au), mit dem die Spieler in den “Kreis” (roda) eintraten, bedeutet auch den Eintritt in eine Welt, in der andere Regeln galten. Die häufigen Radschläge (au) und verschiedenen Formen von Kopfständen spiegeln diese Umkehrung von Werten. Soziale Normen wurden auf den Kopf gestellt, wenn etwa Hinterlist (malícia) und Verrat (traição) als positive Qualitäten angesehen werden, die es dem Spieler ermöglichen, seinen Gegner zu überraschen. Das Spiel entwickelte sich wie ein Dialog, in dem jeder Angriff eine passende Verteidigung bzw. einen Gegenangriff als Antwort erwartet. Es handelte sich weniger um einen Kampf, denn um einen Scheinkampf, in dem sich die Gegner kaum berührten. Diese Form von Dialog beruhte jedoch auf einem fragilen Einverständnis, das jederzeit hinterfragt werden konnte, in dem ein Spieler die Erwartung des anderen enttäuschte. Die Kunst bestand nicht in einer offenen Konfrontation, sondern in der subtilen, unerwarteten Gegenattacke, eingeleitet durch komplizierte Simulationen und dem steten Lächeln des Ausführenden.

In diesen traditionellen rodas von Bahia kam eine Weltanschauung zur Geltung, die nicht auf der Opposition Gut/Böse aufbaute, oder wie Antonio Cândido es nennt, eine “Welt ohne Schuld”. Auch die Perzeption von Zeit unterschied sich grundsätzlich von dem westlichen, linearen Verständnis. Der Capoeirista ‘behielt’ einen Schlag (golpe), der ihn getroffen hatte, um ihn später, anlässlich einer anderen roda wieder einzufordern. Dies reflektiert ein zyklisches Zeitverständnis, in dem jeder “Kreis” die Fortsetzung der vorhergehenden war.

Wer etwas über die Weltanschauung der Capoera und das Verständnis der Praktizierenden erfahren will, sollte sich diese Arbeit zu Gemüte führen. (Der vollständige Artikel liegt als Download bei www.capoeira.de)



... manche Capoeiristas machen auch Voodoo
Eigentlich Condomblé bzw. richtiger Macumba. Ab und zu trifft man auch in Deutschland einen bras. Capoeirista, der das praktiziert.

Chefkoch
17-04-2004, 12:55
MHO:
... manche Capoeiristas machen auch Voodoo ;)

Hi,
schon wieder ne frage was ist Voodoo:confused: ?

Gruss,
Chefkoch:soldat: :winke:

Ligeirinho
17-04-2004, 14:13
Ich kann nur was zum Condomblé sagen. Mestre Bimba, der "Vater" der Capoeira-Regional, war ein Condomblé-Oga, seine Frau Alice war Priesterin. Condomblé ist eine Mischreligion aus Christentum und afrikanischem Götterglauben. In Condomblé gibt es etwa 100 verschiedené Gottheiten (Orixás). Jeder hat seine eigenen Fetische, Feiertage, Charaktereigenschaften und eine Entsprechung in einem katholischen Heiligen. Viele traditionell eingestellte bras. Capoeiristas bekreuzigen sich, bevor sie in die Roda gehen, tragen Amulette oder malen zu Beginn der Roda ein Zeichen auf den Boden, um ihren Respekt vor den Göttern zu bezeugen. Es hat aber eher was mit ihrer Kultur bzw. ihrem Glauben zu tun als mit Capoeira.

Chefkoch
17-04-2004, 15:35
Ah ja,
jetzt bin ich wieder um einiges schlauer.

Gruss,
Chefkoch

Apollo13
17-04-2004, 18:25
Ich kann nur was zum Condomblé sagen. [...] Es hat aber eher was mit ihrer Kultur bzw. ihrem Glauben zu tun als mit Capoeira.

Vielen Dank ... :)

@Chefkock: Voodoo, so wie in den schlechten Filmen mit Puppe, Nadel und so (so wirds dargestellt ...) :ups:

Möchte aber sagen ich kann nicht darüber urteilen. In anderen KK bauen die Mauern aus Luft und das funktioniert auch ... glaubt ihr nicht??? Schaut euch doch mal die Shaolinmönche an mit Qi Gong ;)

Der Kampfschrei (in den harten Stilen - die Capoirista singen glei' [Capoeira Mata um :D :D :D ]) taugt au' meist nur zum Angst machen - Voodoo ist dann halt nur nachhaltiger ...

Nur wir können das nicht nachvollziehen. Der zitierte Text zu Malicia ist gut und beschreibt das auch sehr gut, nur irgendwie wird MIR das alles in zu westlich akademische Denkmuster gepresst ( - okay, hier nur zum Beschreiben) ... aber das ist so ne Krankheit die man manchmal trifft, brasilianischer sein als die Brasilianer ... es gibt manche Leute die machen Capoeira nur um ein anderes Lebensgefühl zu haben. Geht dann aber meiner Meinung total am Ziel vorbei, hopsen da rum, kommen sich so was von toll vor ... aber so was trifft man in jeder KK - nur fasziniert wegen der Exotik :(

Ronaldinho
17-04-2004, 18:34
Viele traditionell eingestellte bras. Capoeiristas bekreuzigen sich, bevor sie in die Roda gehen, tragen Amulette oder malen zu Beginn der Roda ein Zeichen auf den Boden, um ihren Respekt vor den Göttern zu bezeugen.

ich habe auch schon gehört[tm], dass dieses ritual eher dazu dient, dem mitspieler und sich selbst zu zeigen, dass man sich schützen wird.
eine andere alternative wäre, $GOTTHEIT um schutz zu bitten.

Apollo13
17-04-2004, 18:35
Der folgende Auszug [...] Auch die Perzeption von Zeit unterschied sich grundsätzlich von dem westlichen, linearen Verständnis. Der Capoeirista ‘behielt’ einen Schlag (golpe), der ihn getroffen hatte, um ihn später, anlässlich einer anderen roda wieder einzufordern. Dies reflektiert ein zyklisches Zeitverständnis, in dem jeder “Kreis” die Fortsetzung der vorhergehenden war.


MHO: Naja, ob's da um ein Zeitverständniss geht? Du tust halt so ob der Schlag dich nicht wirklich getroffen hat weil Du die harte Sau raushängen lassen willst (Gockelgehabe gehört dazu) oder Du hast momentan keine Möglichkeit weil es sonst eskalieren würde, oder Du tust einfach Gönnerhaft weil dir der Andere nicht wirklich was kann ... aber behälst es halt im Hinterkopf und haust ihm das nächste mal aus Versehen eins auf die Fresse ... dann gibts auch keine Blutrache ect. weil es war ja aus Versehen!

Grüße und ein verletzungsfreies Training :)

Chefkoch
17-04-2004, 19:52
@all,
Thanks für die ganzen Info´s.
Die muss ich erstmal alles verdauen:D .

Gruss,
Chefkoch:soldat: :winke:

Ligeirinho
17-04-2004, 19:58
...ob's da um ein Zeitverständniss geht? Du tust halt so ob der Schlag dich nicht wirklich getroffen hat weil Du die harte Sau raushängen lassen willst (Gockelgehabe gehört dazu) oder Du hast momentan keine Möglichkeit weil es sonst eskalieren würde, oder Du tust einfach Gönnerhaft weil dir der Andere nicht wirklich was kann ... aber behälst es halt im Hinterkopf und haust ihm das nächste mal aus Versehen eins auf die Fresse ... dann gibts auch keine Blutrache ect. weil es war ja aus Versehen!
Sehe ich etwas anders. Die absolut geilsten Spiele, die ich jemals hatte, waren die mit einem brasilianischen Contra-Mestre. Es fing wohl, wenn ich mich richtig erinnere, damit an, daß er mich irgendwann mal auf sehr elegante Weise "vorführte". Ein paar Jahre später, während eines Spiels, fegte ich ihn. Es war das erste Mal, daß mir das bei ihm glückte. Er gab mir grinsend die Hand und verließ die Roda. Zehn Minuten später forderte er mich zum Spiel auf, wo er mich dann (mit einer Banda, glaube ich) aus dem Gleichgewicht brachte. Ein paar Monate später konnte ich eine Tessoura anbringen. Er revanchierte sich bei der nächsten Roda... Irgendwann fiel mir auf, daß er vorzugsweise mich zum Spiel aufforderte. Darauf bin ich auch schon einige Male von anderen Spielern angesprochen wurden. Die Spiele sind nur einmal fast eskaliert, als ich Technik durch rohe Kraft ersetzen wollte. Das Berimbau hat aber dann doch schnell eingegriffen. Keiner hats dem anderen krumm genommen, und ich habe durch diese Spiele eine ganze Menge gelernt.

Apollo13
19-04-2004, 16:01
Sehe ich etwas anders. Die absolut geilsten Spiele, die ich jemals hatte, waren die mit einem brasilianischen Contra-Mestre. Es fing wohl, wenn ich mich richtig erinnere, damit an, daß er mich irgendwann mal auf sehr elegante Weise "vorführte". Ein paar Jahre später, während eines Spiels, fegte ich ihn. Es war das erste Mal, daß mir das bei ihm glückte. Er gab mir grinsend die Hand und verließ die Roda. Zehn Minuten später forderte er mich zum Spiel auf, wo er mich dann (mit einer Banda, glaube ich) aus dem Gleichgewicht brachte. Ein paar Monate später konnte ich eine Tessoura anbringen. Er revanchierte sich bei der nächsten Roda... Irgendwann fiel mir auf, daß er vorzugsweise mich zum Spiel aufforderte. Darauf bin ich auch schon einige Male von anderen Spielern angesprochen wurden. Die Spiele sind nur einmal fast eskaliert, als ich Technik durch rohe Kraft ersetzen wollte. Das Berimbau hat aber dann doch schnell eingegriffen. Keiner hats dem anderen krumm genommen, und ich habe durch diese Spiele eine ganze Menge gelernt.

Sorry für die späte Antwort!

Ja, aber da habt ihr zwei halt ein sehr gutes, sympathisches Verhältnis zueinander! Vielleicht Lehrer/Schüler ect...

Okay, das ist ein anderer Fall. Bin ja überzeugt! Und so sollte es auch sein!

Das wichtigste über Malicia hab ich aber vergessen:

Machst Du irgendwo Kampftraining nimmt Strategie und Taktik eine wichtige Rolle ein. Auch wenn Du der beste Techniker bist, es gibt immer Konter auf Deine Techniken!

Bist Du aber jetzt noch ein Sklave evtl. gefesselt, von harter Arbeit erschöpft und Deine Aufpasser haben Schusswaffen, evtl. musst Du noch Deine Lieben beschützen, ist Strategie und Taktik (=Malicia) von enormer Bedeutung !

Zitiert von "http://www.arsmartialis.com/faq/faq01.html"

Nach Carl von Clausewitz ist die Strategie die ‘Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zwecke des Krieges’. Damit unterscheidet sie sich von der Taktik, welche v. Clausewitz als ‘die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht’ bezeichnet.

Verwendet man die Definition nach v. Clausewitz, so ist die Taktik ist die lokale Planung, während die Strategie eine globale Planung darstellt. Auf den Wettkampf angewendet, würde Taktik die Planung der momentanen Technik bedeuten (z.B. oben fintieren - unten treten) während Strategie die Planung des Kampfverlaufes bedeutet (z.B. bis zur 7. Runde den Gegner ermüden und dann seine Schwäche im Infight ausnutzen).

Suxi
19-04-2004, 17:47
Sehe ich etwas anders. Die absolut geilsten Spiele, die ich jemals hatte, waren die mit einem brasilianischen Contra-Mestre. Es fing wohl, wenn ich mich richtig erinnere, damit an, daß er mich irgendwann mal auf sehr elegante Weise "vorführte". Ein paar Jahre später, während eines Spiels, fegte ich ihn. Es war das erste Mal, daß mir das bei ihm glückte. Er gab mir grinsend die Hand und verließ die Roda. Zehn Minuten später forderte er mich zum Spiel auf, wo er mich dann (mit einer Banda, glaube ich) aus dem Gleichgewicht brachte. Ein paar Monate später konnte ich eine Tessoura anbringen. Er revanchierte sich bei der nächsten Roda... Irgendwann fiel mir auf, daß er vorzugsweise mich zum Spiel aufforderte. Darauf bin ich auch schon einige Male von anderen Spielern angesprochen wurden. Die Spiele sind nur einmal fast eskaliert, als ich Technik durch rohe Kraft ersetzen wollte. Das Berimbau hat aber dann doch schnell eingegriffen. Keiner hats dem anderen krumm genommen, und ich habe durch diese Spiele eine ganze Menge gelernt.
Das ist das Prinzip der Malicia, es wäre dumm, die Banda oder Tesoura sofort zu "rächen", denn damit rechnet der andere ja.
Viel besser ist es dem anderen zu erwischen wenn er damit nicht rechnet.
In diesem Punkt haben Capoeiristas ein Elefantengedächnis.

Im Übrigen ist Malicia etwas, dass man können muss, man kann es aber nur schwer lehren...(Nestor Capoeira)