Kapap - Wurzeln der Messertechniken [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Willi von der Heide
02-10-2013, 00:04
Woher kommen die Messertechniken ? Wer waren die ersten Trainer und welchen Hintergrund hatten sie ?
Wahrscheinlich doch aus Europa und aus dem Fechten, oder ?

Das man sich heutzutage immer den FMA als Lieferant für Messertechniken bedient, ist nicht ungewöhnlich, aber wie war das Ende der 40er Jahre in Palästina ? Oder hat man auf ein rigoroses Try and Error Verfahren gesetzt ?

Wäre schön wenn jemand etwas Licht ins Dunkel bringen könnte.

StaySafe
02-10-2013, 01:19
Woher kommen die Messertechniken ? Wer waren die ersten Trainer und welchen Hintergrund hatten sie ?
Wahrscheinlich doch aus Europa und aus dem Fechten, oder ?

Das man sich heutzutage immer den FMA als Lieferant für Messertechniken bedient, ist nicht ungewöhnlich, aber wie war das Ende der 40er Jahre in Palästina ? Oder hat man auf ein rigoroses Try and Error Verfahren gesetzt ?

Wäre schön wenn jemand etwas Licht ins Dunkel bringen könnte.


Kurz zum Stockkampf:
Es gab im Grunde genommen zwei Stockkampfsysteme.
Das eine beruhte auf La Canne Vigny bzw. H.G. Langs Walking Stick Method of Self Defense. (Was im wesentlichen La Canne Vigny war)

Und es gab eine Methode für den kurzen Stock, die völlig unabhängig von anderen Einflüssen in Israel im wesentlichen von Maishel Horowitz entwickelt wurde.

Innerhalb der Palmach / im historischen KAPAP, wurde teilweise beides unterrichtet bzw. die technische Schnittmenge beider Methoden mit zwei unterschiedlichen langen Stöcken.

Die Messerkampftechniken kommen im wesentlichen aus dem britischen Militärkampf. Laut Noah Gross, hat ein gewisser Meir Rabinowitz die Techniken von den Briten in die Palmach gebracht. Auf dieser Grundlage haben dann Horowitz, Rabinowitz und andere die Messerkampfmethoden für den Bedarf der Palmach entwickelt.

Laut Gross war das aber auch alles nur sehr sehr wenig und weit weg von einer Art "Messerkampfsystem".

Unter den ersten Ausbildern in der Palmach, die ja alle prägend waren für die Entwicklung des historischen KAPAP, gabs wohl auch den ein oder anderen der mit italienischen und französischen Schulen Kontakt hatte. Aber das war wohl ein nahezu unbedeutendes Beiwerk.

krav maga münster
02-10-2013, 10:33
Die Messersachen kamen tatsächlich aus den britischen Combatives und charakteristisch, war der Einfluß der italienischen Schule.

Man konzentrierte sich auf wenige Sachen und bevorzugte den Stich:

1) Stoccata
2) Inquartata
3) Passata Soto
4) Volte

Auf einigen der überlieferten Fotos, kan man ganz deutlich die ein oder andere Figur sehen.

Gruß Markus

Willi von der Heide
02-10-2013, 11:27
@staysafe

Danke für die Infos ! Das mit den Stockgeschichten war mir soweit bekannt. Irgendwie interessant wie dieses System ( La Canne Vigny/Bartitsu ) um die Welt gewandert ist.

Das mit dem Messer hatte ich fast vermutet, also das Leute, die während des 2. Weltkrieges eine Ausbildung bei den Briten durchlaufen haben die Techniken übernommen haben.

@krav maga münster

Guck mal an, wer wieder da ist :). Auch dir danke ich für die Infos.

Fazit:

Also kein komplettes System, sondern einige Techniken aus den verschiedenen Schulen: Combatives und Fechten.

StaySafe
02-10-2013, 11:44
Fazit:

Also kein komplettes System, sondern einige Techniken aus den verschiedenen Schulen: Combatives und Fechten.

Im Grunde schon. Wie gesagt war, wenn man der Arbeit von Gross folgt, das Grundgerüst der Technikkatalog der damaligen britischen Messerkampfmethoden.

Interessant wäre, falls noch zu rekonstruieren, wo jetzt genau die Unterschiede liegen.

Ebenfalls interessant: Bei einem Gespräch mit Noah Gross wurde mir bestätigt, dass die Messertechniken des historischen KAPAP vor allem in den Krav Maga Linien von Haim Gidon und Haim Zut weiter existieren. Ebenso beim Krav Magen von Eli Avikzar. Außerhalb dieser Organisationen ist aber wohl nicht mehr viel bis nichts mehr davon enthalten.

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:03
Interessant !

Ich habe ja im offenen Bereich hier, einen Thread über Combatives in der britischen Armee gestartet. Da sind ja auch 2 Filmchen wie die älteren Herren einige Techniken vorführen ( Schwedenstich usw. ).
Ich habe einen Freund ( Brite, Ex-Soldat, 65 Jahre alt ), der in den 60er Jahren einen Ausbilder hatte, der während des 2. Weltkrieges Achnacarry durchlaufen hatte.
Dieser besagte Ausbilder hat - immer wenn er in Bierlaune war - immer mal einige Techniken demonstriert. Bei meinem Freund blieb das natürlich hängen.

StaySafe
02-10-2013, 12:06
Interessant !

Ich habe ja im offenen Bereich hier, einen Thread über Combatives in der britischen Armee gestartet. Da sind ja auch 2 Filmchen wie die älteren Herren einige Techniken vorführen ( Schwedenstich usw. ).
Ich habe einen Freund ( Brite, Ex-Soldat, 65 Jahre alt ), der in den 60er Jahren einen Ausbilder hatte, der während des 2. Weltkrieges Achnacarry durchlaufen hatte.
Dieser besagte Ausbilder hat - immer wenn er in Bierlaune war - immer mal einige Techniken demonstriert. Bei meinem Freund blieb das natürlich hängen.

Würd ich gern mal sehen um zu vergleichen! ;)
Wobei das ja eher an der Oberfläche bliebe. Auf jeden Fall ein interessantes Thema wie ich finde.

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:09
Auf die Schnelle, Video 1:

uDGHKyB3T_U

1:20: Bit of a messy job :)

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:11
Video 2

_MpJuMbfnOI

ab Min. 6:25 geht es los. Messersachen ab 8:10.

StaySafe
02-10-2013, 12:11
Danke! Die Videos kenn ich. Ich meinte eher den Austausch mit Zeitzeugen oder anderen bierseligen Briten ;)

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:22
Danke! Die Videos kenn ich. Ich meinte eher den Austausch mit Zeitzeugen oder anderen bierseligen Briten ;)

Zeitzeugen hmmh .. wird etwas schwierig, da die generation natürlich gerade wegstirbt.

Mein Freund ist 1965 als Kadett in die Army eingetreten. Er ist relativ früh nach Deutschland versetzt worden. Damals noch
" Feindesland ". Er hatte zur damaligen Zeit Vorstellungen über uns ... Nun gut, lassen wir das ;).

Einer der Ausbilder in Deutschland, hatte Achnacarry durchlaufen. Mein Freund Mel, war ein junger und etwas linkischer Rekrut damals.
Diese Leute die im 2. Weltkrieg waren, hatten natürlich alle Pulverdampf gerochen, daß waren alles erfahrene Soldaten und so war es nicht verwunderlich, daß man zu ihnen aufsah wenn sie ihre alten Kriegsgeschichten erzählten.
Und ab und an hat er demonstriert, was man mit einem Gürtel, Dolch usw. alles machen kann. Manche der Techniken werden heute noch angewandt.
Ich habe ja dieses Video der Fremdenlegion - ein tatsächlicher Mitschnitt vom Training ! - den müßte ich mal digitalisieren.
Da sind einige Techniken - insbesondere mit dem Gürtel - wieder zu finden.

Wenn du Spaß haben willst mit Briten, fahr einfach nach Paderborn. Geh am Freitag oder Samstag Abend ins Savoy uns schon kann es los gehen :D.
Ist immer ein Schauspiel, wenn die Hauereien losgehen und die
" Rotkäppchen " hinterher aufräumen :boxing::aufsmaul::cooolll:.

Wobei es mittlerweile auch ruhiger zugeht.

krav maga münster
02-10-2013, 12:26
Die Messersachen sind eigentlich noch überall im Krav Maga erkennbar, jedoch nicht in der aktiven Messerführung, sondern in der waffenlosen Abwehr gegen Messer.

Ein 1:1 Umsetzung habe ich damals im "Scherma di Daga" trainert, es war verblüffend.

Gruß Markus

StaySafe
02-10-2013, 12:32
@ Willi: Naja an prügelnden Briten mangelt es hier auch nicht. Auch wenn die meisten wieder zurück auf die Insel gegangen sind.

Man wird wohl dabei bleiben müssen sich alles mühsam zusammen zu klauben um etwas Rekonstruktionsarbeit zu leisten.



Die Messersachen sind eigentlich noch überall im Krav Maga erkennbar, jedoch nicht in der aktiven Messerführung, sondern in der waffenlosen Abwehr gegen Messer.

Ein 1:1 Umsetzung habe ich damals im "Scherma di Daga" trainert, es war verblüffend.

Gruß Markus

Jo, da fällt mir ein: Ich habe mit Gross vor kurzem über unsere "These" gesprochen. Er fand die überaus einleuchtend und vertritt (basierend auf seinen Nachforschungen) die gleiche Sicht. ;)

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:33
Ich müßte mal nachforschen wo die Briten ihre Quellen hatten, bzgl. Combatives in der Prä-WK II Phase. Wie gesagt, ich hatte ja dieses Thema eröffnet was nach dem 2. Weltkrieg gemacht wurde und wird.
Interessant wäre jetzt die Phase davor bzw. während der Entwicklung dieses Programms.
Ich muß mal in mein " Archiv " schauen :).

Willi von der Heide
02-10-2013, 12:42
Ad hoc, kann ich schon mal schreiben, daß in Achnacarry - und auch den anderen Ausbildungseinrichtungen, aber Achnacarry ist nun mal die bekannteste - Ärzte eingeladen waren.
Sie beschrieben die Funktionsweise des menschlichen Körpers und die Folgen von Angriffen auf bestimmte Stellen und Regionen.

Eine andere Quelle, war das kriminelle Milieu. Es gibt nämlich so manch einen alten Gauner- und Ganoventrick der 20er und 30er Jahre der sich auch heute noch nicht zur Veröffentlichung eignet.
Ja, auch solcher Leute und ihren Erfahrungen hat man sich bedient.

Willi von der Heide
02-10-2013, 14:28
Am Wochenende, werde ich einen Thread eröffnen der diesen Teil der Geschichte der Combatives beleuchten wird. Ich sammel schon Material.

gion toji
02-10-2013, 20:34
1) Stoccata
2) Inquartata
3) Passata Soto
4) Voltewarum die irgendwelches Duellgedöns trainiert haben, hat mir noch nie wirklich eingeleuchtet

http://vrazvedka.ru/main/learning/ruk-b/im-styers/70.jpg (http://vrazvedka.ru/training/physical/48-cold-steel.html)
Sieht für mich nicht nach einer typisch militärischen Situation aus

krav maga münster
03-10-2013, 00:21
A.J. Biddle hat es mal passend formuliert !

Grad in Ländern wo es eine Messerkuktur gibt (Asien, Afrika Südamerika etc.), ist es sinnvoll, sich auch mit dem Messer als Verteidigungstool auseinander zu setzen.

Zumindest hat man so in der damaligen Zeit, über den aktiven Messerkampf gedacht.

Gruß Markus

fujikomma
03-10-2013, 01:08
Ausserdem kommt immer jemand der sagt A.J.Biddle Zeug würde nicht funzen..Seit über 10 Jahren immer das gleiche:(
Diese Leute kriegen dann von den Wissenden und Denkenden immer mitgeteilt das man seine Techniken nicht auf 3cm Messerchen übertragen kann und das die offene Stellung eine Falle ist:ups:!
Biddles Techniken sind auf die damals gebräuchlichen Bayonette angelegt.

fujikomma
03-10-2013, 03:10
Zitat aus einem Swordforum.com Beitrag von 2003! :
"A.J. Drexel Biddle based his knife method on a combination of saber, broadsword, and epee technique.
His student, John Styers, seems to have concentrated more on saber.
Both men made allowances for the fact that a knife is not a sword.
Biddle taught the use of a fairly long bayonet 16 inch--one that was ostensibly long enough to parry with (while making an FMA-style safety check, at least), whereas Styers employed a shorter weapon, more akin to a KA-BAR.
Both men of course emphasized counteroffensive actions like cuts to the hand.
Both men advocated a knife-forward stance.

Both men took a JKD approach to using fencing as a base for knife fighting--ie., they took what was applicable, and discarded the rest."
Dann gab es irgendwo noch einen Beitrag Übertragbarkeit Bayonet - Regenschirm! Sorry wenns etwas ot wurde:D

Eskrima-Düsseldorf
03-10-2013, 09:29
warum die irgendwelches Duellgedöns trainiert haben, hat mir noch nie wirklich eingeleuchtet

http://vrazvedka.ru/main/learning/ruk-b/im-styers/70.jpg (http://vrazvedka.ru/training/physical/48-cold-steel.html)
Sieht für mich nicht nach einer typisch militärischen Situation aus

Das habe ich Antonio Merendoni auch mal gefragt. Seine Antwort: Kampfgeist schulen...

Grüße
Christian

gion toji
03-10-2013, 14:43
Das habe ich Antonio Merendoni auch mal gefragt. Seine Antwort: Kampfgeist schulen... in diesem Zusammenhang fällt mir noch ein, dass es unter den Fans des WW2-Nahkampf-Krams Mode ist, über die Einführung des BJJ beim US-Militär die Nase zu rüpfen :D

Willi von der Heide
03-10-2013, 15:07
:ups: Echt jetzt ?

gion toji
04-10-2013, 00:05
vielleicht geb ich mich auch nur mit falschen Leuten ab

Mr.Fister
05-10-2013, 00:22
ja, ist eine der ganz wenigen konstanten: egal, wie spinnefeind sich die ww2-combatives leute untereinander sind, was die einführung von bjj bei der army angeht, sind sich alle einig. :D

besonders lustig war damals, als in englischsprachigen foren aufgrund bestimmter reviews eines buchs von thilo klatt das gerücht aufkam, die deutschen würden seit neuestem eher fairbairn-lastig trainieren... war das ein spass. :p


What’s interesting to note is the fact that the German army, seem to have taken on board the effectiveness of the methods employed by the British and the Americans and have made it applicable to their forces today. Conversely to that the British and American forces have opted to put aside the brutally effective methods of Fairbain and the like, in favor of more dubious martial methods of Asian orientation, go figure.


Urban Combatives (http://www.urbancombatives.com/germanclosecombat.htm)

Lars´n Roll
05-10-2013, 13:40
in favor of more dubious martial methods of Asian orientation

:D

Wie alt ist das Review eigentlich? Lee Morrison hat doch viel bei Kelly McCann trainiert und bei McCann wird ja durchaus gutes Grappling mit deutlichen MMA-Einflüssen gezeigt, nicht nur "oldschool" Combative-Zeug.

Mr.Fister
06-10-2013, 11:50
:D

Wie alt ist das Review eigentlich?

also wenn ich die infos aus dem artikel hernehme...


I have recently obtained a superbly illustrated Close Combat manual, relatively new as it was first published in 2003,

... würde ich mal auf 2004-2006 tippen. is aber geraten. ;)


Lee Morrison hat doch viel bei Kelly McCann trainiert und bei McCann wird ja durchaus gutes Grappling mit deutlichen MMA-Einflüssen gezeigt, nicht nur "oldschool" Combative-Zeug.
McCann macht nach eigenen aussagen ja kein straightes ww2-combatives system, sondern sein eigenes ding - keine ahnung, ob er im rahmen der letzten neuorientierung neben muay thai und mma auch auf den grappling zug aufgesprungen ist...

früher zumindest hätte ich McCanns namen nicht mit grappling in verbindung bringen wollen... mit gutem schon gar nicht. :biglaugh: