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Vollständige Version anzeigen : Seppuku



Dampfhämmerlein
21-10-2013, 01:23
hi,

habe gerade einen Samuraifilm gesehen, und da kam mir die Frage auf, wie die sich auf den Selbstmord vorbereitet haben ?

1.) Gibt es da diverse Meditationstechniken, Mantren,etc. gegen die Schmerzen oder sowas in der Art bzw. waren da Substanzen erlaubt.

2.) Warum wurde das Tanto mit Papier umwickelt ?

3.) Welche Schnitttechniken wurden da angewandt, war das Ryu-Abhängig

KAJIHEI
21-10-2013, 08:55
Wat zu lesen.
Seppuku - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Seppuku)
Ich empfehle übrigens unter den entsprechenden Namen und Begriffen wieter zu googeln, dann wird´s eigentlich erst interessant.

ryoma
21-10-2013, 12:32
Welche Schnitttechniken angewandt wurden? Welche meinst du? Die des Seppuku-sha oder die des Kaishakunin?

Es gibt div. ryûha welche verschiedene Ausführungen für den Kaishakunin bereithalten. Allerdings muss ich dich enttäuschen, falls du nach Seppuku ryûha suchst... ;)

Falls dich das Thema ernsthaft interessiert: Es gibt EIN hervorragendes Buch darüber, und erst noch auf Deutsch (aus dem Französischen).

Maurice Pinquet - Der Freitod in Japan. Ein Kulturvergleich
Das Buch ist etwa zwanzig Jahre alt.
Hier eine ZEIT-Rezension davon: Maurice Pinguets eindringliche Studie über den Freitod in Japan: Der Kaiserschnitt des Samurai | DIE ZEIT Archiv | Ausgabe 30/1992 (http://www.zeit.de/1992/30/der-kaiserschnitt-des-samurai)

gasts
21-10-2013, 12:38
Wat zu lesen.
Seppuku - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Seppuku)


interessant, einerseits aktive Sterbehilfe:


The principal and the kaishakunin agreed in advance when the latter was to make his cut. Usually dakikubi would occur as soon as the dagger was plunged into the abdomen. The process became so highly ritualised that as soon as the samurai reached for his blade the kaishakunin would strike. Eventually even the blade became unnecessary and the samurai could reach for something symbolic like a fan and this would trigger the killing stroke from his second. The fan was likely used when the samurai was too old to use the blade, or in situations where it was too dangerous to give him a weapon in such circumstances.[8]

andererseists ziemlich hart drauf:


A specialized form of seppuku in feudal times was known as kanshi (諫死, "remonstration death/death of understanding"), in which a retainer would commit suicide in protest of a lord's decision. The retainer would make one deep, horizontal cut into his stomach, then quickly bandage the wound. After this, the person would then appear before his lord, give a speech in which he announced the protest of the lord's action, then reveal his mortal wound.

Terao
21-10-2013, 12:57
andererseists ziemlich hart drauf: Naja, ist doch eigentlich vergleichbar mit Leuten, die sich heutzutage aus Protest selbst anzünden. Muss einem halt sehr, sehr wichtig sein.

KAJIHEI
21-10-2013, 13:10
Welche Schnitttechniken angewandt wurden? Welche meinst du? Die des Seppuku-sha oder die des Kaishakunin?

Es gibt div. ryûha welche verschiedene Ausführungen für den Kaishakunin bereithalten. Allerdings muss ich dich enttäuschen, falls du nach Seppuku ryûha suchst... ;)

Falls dich das Thema ernsthaft interessiert: Es gibt EIN hervorragendes Buch darüber, und erst noch auf Deutsch (aus dem Französischen).

Maurice Pinquet - Der Freitod in Japan. Ein Kulturvergleich
Das Buch ist etwa zwanzig Jahre alt.
Hier eine ZEIT-Rezension davon: Maurice Pinguets eindringliche Studie über den Freitod in Japan: Der Kaiserschnitt des Samurai | DIE ZEIT Archiv | Ausgabe 30/1992 (http://www.zeit.de/1992/30/der-kaiserschnitt-des-samurai)

Das Buch ist wirklich gut, blos für Einsteiger in die japanische Kultur viel. etwas schwer.
Was mich daran bis heute stört "; "Freitod", nun ja, freiwillig war da häufig nichts mehr.

bugei
21-10-2013, 13:18
Um nochmal auf die andere Frage des TE zurückzukommen: Warum wurde die benutzte Klinge umwickelt? Das muß ja einen Grund gehabt haben, und ich kann mir nicht recht vorstellen, daß es (nur) daran lag, daß der Seppuku-sha vermeiden wollte, sich in die Finger zu schneiden.

gasts
21-10-2013, 15:45
Naja, ist doch eigentlich vergleichbar mit Leuten, die sich heutzutage aus Protest selbst anzünden. Muss einem halt sehr, sehr wichtig sein.

Die verbrennen sich alerdings meist am Ort des Protestes, und gehen nicht erst brennend zum Bürgermeister.


Um nochmal auf die andere Frage des TE zurückzukommen: Warum wurde die benutzte Klinge umwickelt? Das muß ja einen Grund gehabt haben, und ich kann mir nicht recht vorstellen, daß es (nur) daran lag, daß der Seppuku-sha vermeiden wollte, sich in die Finger zu schneiden.

auf Wikipedia ist ein Bild, da fasst der Seppuku-sha schon gleich bei der Klinge an.:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ec/Seppuku-2.jpg

Sensei-T
21-10-2013, 16:37
Um nochmal auf die andere Frage des TE zurückzukommen: Warum wurde die benutzte Klinge umwickelt? Das muß ja einen Grund gehabt haben, und ich kann mir nicht recht vorstellen, daß es (nur) daran lag, daß der Seppuku-sha vermeiden wollte, sich in die Finger zu schneiden.

Wenn man dem hier (http://www.hanamiweb.com/seppuku.html) glauben schenken darf...


When a white sheet was spread on outside, and the samurai had put on the finest cloth he had, he took his slightly round knife from it's beautiful scabbard and put on a paper or cloth around it. This was to prevent the blood coming out and ruining the visual aesthetics of the event.

EDIT: Und was ist hiermit???


Die Schnitttechnik des Sekundanten ist in die 7. Kata der Seiza-Formen des Muso Jikiden Eishin Ryu, einer Schwertkampfschule, eingegangen und heißt dort Seiza Nanahomme Kaishaku. Sie wird nur geübt, aber weder bei Prüfungen noch zu Demonstrationszwecken gezeigt., Quelle: Seppuku - Kyffhäuser Karate Dojo (http://www.kyffhaeuser-karate.de/wissen/33-wissenswertes/geschichte/307-seppuku)

Terao
21-10-2013, 18:04
Man stellt sich das vielleicht auch zu einfach vor: Wenn Du ein Kurzschwert am Griff fasst, hast Du zum Durchziehen einen blöden Hebel, wenn Du`s nicht gerade bis zur Wirbelsäule durchstößt. Da ist ein kurzes Fassen (=soweit hinter der Spitze, wie`s halt reingehen soll) wesentlich einfacher. Und mit durchschnittenen Fingersehnen lässt sich auch nicht gut weiterschneiden. Von daher ergibt die Papierwicklung schon einen Sinn.

Im Shinto gibts doch auch diese weißen Papiergirlanden. Und Weiß ist, soweit ich weiß(:p), in Japan auch traditionell mit dem Tod assoziierte Farbe (wie bei uns Schwarz). Vielleicht hats auch symbolische Bedeutung?

Dampfhämmerlein
21-10-2013, 23:40
also meine frage betrifft die schnitttechniken des ausführenden, da hab ich unterschiedliches gelesen, unter anderem auch 2 schnitte über kreuz, und eine kurve in den tanden (also ist es korrekt dass man sich da "nur" den halben bauch aufgeschlitzt hat :D)

aber hauptsächlich frag ich mich wie die cool geblieben sind und kein schmerz gezeigt haben, haben die da meditiert oder kiloweise opium gefressen `?

fujikomma
22-10-2013, 00:27
Wenn ich den Wikipedia-Artikel richtig behalten habe wurde Seppuku nicht immer von heut auf morgen verübt sondern es gab gewisse Vorlaufzeiten Wochen und Monate zur Vorbereitung..
Viel interessantere Frage:Bei Änderung der politischen Lage konnte Seppuku-Kandidat sagen: Nö mach isch nischt!Weil meine Fraktion letzlich gewonnen hat und der Sieger bestimmt die Regeln äh schreibt die Geschichte? In"Shogun" gibt es ja eine ähnliche Fragestellung.
Ich kann mir vorstellen das Gleichrangige oder Höhere den Selbstmordkandidaten bitten konnte,dieses Unternehmen sein zulassen damit das Gesicht gewahrt werden konnte.

Dampfhämmerlein
22-10-2013, 00:37
ich glaub das war denen egal, wenn die sich gekränkt,etc. gefühlt haben, dann haben die es einfach gemacht. Nach dem 2. WK haben sich ja auch reihenweise offiziere gekillt, obwohl der kaiser es untersagt hat.

Macabre
22-10-2013, 00:44
"In der Edo-Zeit nahm die Zahl der Rōnin aufgrund des starren Ständesystems Shinōkōshō und der strengen Gesetze immer mehr zu. In den früheren Zeiten konnten Samurai ihren Herren wechseln, einen anderen Beruf ergreifen oder Angehörige anderer Stände heiraten. In der Edo-Zeit hingegen war das den Samurai verboten und sie konnten sich nur einem anderen Herrn anschließen, wenn ihr früherer Herr ihnen das erlaubt hatte. In der japanischen Kultur wurden die Rōnin als ehrlos angesehen und waren Ziel von Hohn und Satire. Ihr Ehrenkodex verlangte von den Samurai Seppuku (die rituelle Selbsttötung) zu begehen, wenn sie ihren Herrn verloren oder sonst ein Leben in Schande führten.

Oft war ein Rōnin an seiner Frisur zu erkennen. Im Gegensatz zu einem Samurai trug er die Haare nicht streng gelegt bzw. rasierte sich nicht die Stirn (Chonmage).

Einer der berühmtesten Rōnin war Miyamoto Musashi, ein berühmter Schwertkämpfer. Er schrieb auch Das Buch der fünf Ringe.

Der Rōnin Iwasaki Yatarō legte 1873 den Grundstein für das Handels- und Firmenimperium Mitsubishi."


Ronin ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Ronin)

Naniwonai
22-10-2013, 06:46
Ihr Ehrenkodex verlangte von den Samurai Seppuku (die rituelle Selbsttötung) zu begehen, wenn sie ihren Herrn verloren oder sonst ein Leben in Schande führten.

Das Problem an dieser Aussage ist das da kein Beleg dafür angegeben ist welcher der vielen verschiedenen Ehrenkodexe zu welcher Zeit den gemeint ist.

"Ihr Ehrenkodex" -> Diese Formulierung setzt ja voraus das der Samurai einen hat. Im gleichen Atemzug des Artikels wird aber von Miamoto Musashi gesprochen der im Zuge seines Lebens mehrmals seinen Herren gewechselt hat und auch längere Perioden seines Lebens Ronin war ... sprich arbeitslos ... und er hat sich nicht wegen irgend einem Ehrenkodexes gleich umgebracht.

Des weiteren wurde der Akt des Seppuku um seinem Herren in den Tot zu folgen auch ziemlich zeitig von der Edo-Regierung unter Strafe gesetzt.
Also der sich selbst entleibte konnte natürlich nicht bestraft werden, dafür wurde dann aber sein gesamter eigener Haushalt mit Verwandten entlassen, enteignet und entehrt per Gesetz.

Das ist auch der Grund warum Tsunetomo Yamamoto, der Verfasser des Hagakure nach dem Tod seines Herren ins Kloster ging und sich nicht den Bauch Aufschnitt obwohl er es sich doch so sehr wünschte ...

Gruß Nani

ryoma
22-10-2013, 08:09
Ja klar, der allseits beliebte "Ehrenkodex". Und wahrscheinlich hiess dieser auch noch "Bushidô".... :rolleyes:

Stefan W
22-10-2013, 14:40
Ja klar, der allseits beliebte "Ehrenkodex". Und wahrscheinlich hiess dieser auch noch "Bushidô".... :rolleyes:

Er hat "Jehowa" gesagt! Er hat "Jehowa" gesagt... ;)

Abgesehen von der Technik würde mich mal interessieren, welchen Stellenwert Seppuku tatsächlich hatte.
War es eher Bestrafung, oder war es eher "freiwillig" aufgrund selbst auferlegter Zwänge? War es zwangsläufige Folge eines (von wem auch immer gestalteten) Ehrenkodexes?
War es gang und gäbe? Oder doch nur eine Ausnahme?

Hier würde mich Eure Meinung interessieren...

Terao
22-10-2013, 15:07
Ich gebe mal zu bedenken, dass Selbstmord in kaum einer Kultur derart allgemein geächtet war wie bei den christlich beeinflussten. In den meisten Kulturen gab es mal mehr, mal weniger eng definierte Bedingungen, unter denen eine Selbsttötung statthaft war, Bewunderung hervorrief oder sogar erwartet wurde. Hält sich in Japan übrigens bis heute, das m.W.n. die weltweit höchste Selbstmordrate aufweist. Bloß die Methode und das Ritual, das sich drumherum herausbildete, war tatsächlich was genuin Japanisches.

Wie hoch die Rate in früheren Zeiten war, weiß ich allerdings nicht, und ich denke auch, dass man da über sehr grobe Abschätzungen nicht hinauskommen wird. Selbst damalige Bevölkerungszahlen sind ja schwierig zu schätzen. Miyamoto Musashi zumindest beschreibt das bereitwillige Sterben um einer Sache willen oder aus Scham als etwas ziemlich Gewöhnliches, das man auch bei Gemeinen findet, als als etwas, das nun in besonderer Weise geeignet wäre, den Krieger zu definieren. Das mag sich aber später gewandelt haben.

Eskrima-Düsseldorf
22-10-2013, 15:09
Ich gebe mal zu bedenken, dass Selbstmord in kaum einer Kultur derart allgemein geächtet war wie bei den christlich beeinflussten. In den meisten Kulturen gab es mal mehr, mal weniger eng definierte Bedingungen, unter denen eine Selbsttötung statthaft war, Bewunderung hervorrief oder sogar erwartet wurde. Hält sich in Japan übrigens bis heute, das m.W.n. die weltweit höchste Selbstmordrate aufweist. Bloß die Methode und das Ritual, das sich drumherum herausbildete, war tatsächlich was genuin Japanisches.

Gab es diese Selbstötungsmethode bei der man seine Gedärme um einen Stein wickelt bei "den Germanen" eigentlich wirklich? Das würde in eine ähnliche Richtung gehen, finde ich.

Terao
22-10-2013, 15:19
Gab es diese Selbstötungsmethode bei der man seine Gedärme um einen Stein wickelt bei "den Germanen" eigentlich wirklich? Das würde in eine ähnliche Richtung gehen, finde ich.Tja, bei den schriftlosen Kulturen, wie Kelten und Germanen, ist es immer ein wenig schwierig. Vieles wissen wir ja nur aus römischen Schriften. Die auch aus, sagen wir, sehr verschiedenen Gründen entstanden sind (sei es als Negativpropaganda, sei es, um in belehrender Absicht den eigenen "dekadenten" Leuten ein urwüchsigeres Bild entgegenzuhalten).

Man bewunderte die Todesbereitschaft aber durchaus an seinen Gegnern:

http://cciv214fa2012.site.wesleyan.edu/files/2012/10/ludovisi-gaul-suicide.jpg

Die Sache mit dem Ausdärmen kenn ich aber bloß als mittelalterliche Hinrichtungsmethode. Aber warum nicht. Machbar ist es.

douwa
22-10-2013, 15:55
Falls dich das Thema ernsthaft interessiert: Es gibt EIN hervorragendes Buch darüber, und erst noch auf Deutsch (aus dem Französischen).Es ist, sofern Du nicht das "hervorragend" herausstellen wolltest (und worüber man sich sinnvollerweise verständigen müsste) meines Erachtens lediglich das bekannteste.

Der deutschen Ausgabe (1991, korrigierte Auflage 1996) Pinguets Buch La mort volontaire au Japon (1984) fehlen leider ein paar Bildseiten. Das Glossar wurde vor allem gekürzt, teils aber auch erweitert, jedoch wurde es sämtlicher kanji beraubt. Sofern möglich und entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden, empfehle ich daher, die franzöische Ausgabe zu nehmen.


Das Buch ist wirklich gut, blos für Einsteiger in die japanische Kultur viel. etwas schwer.Ich finde es im Vergleich zu den entsprechenden mir bekannten Werken noch am einfachsten zu lesen, also für den Einstieg wirklich gut.


Im Shinto gibts doch auch diese weißen Papiergirlanden.shide, spielen u.a. bei Reinigungsritualen eine Rolle (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/12/Types_of_Shinto_shide_en.png/600px-Types_of_Shinto_shide_en.png)


also meine frage betrifft die schnitttechniken des ausführenden, da hab ich unterschiedliches gelesen, unter anderem auch 2 schnitte über kreuz, und eine kurve in den tanden (also ist es korrekt dass man sich da "nur" den halben bauch aufgeschlitzt hat )Es gibt eben verschiedene Möglichkeiten, sowohl beim Schneiden, als auch beim Abpassen des Zeitpunkts und der Art des Kofpfabschlagens.


aber hauptsächlich frag ich mich wie die cool geblieben sind und kein schmerz gezeigt haben, haben die da meditiert oder kiloweise opium gefressen `?Wer sagt denn, dass die immer cool geblieben sind?


Wenn ich den Wikipedia-Artikel richtig behalten habe wurde Seppuku nicht immer von heut auf morgen verübt sondern es gab gewisse Vorlaufzeiten Wochen und Monate zur Vorbereitung..Es gab daneben aber auch die Variante, dem Delinquenten nach der Urteilsverkündung keine Zeit zu lassen, über das Bevorstehende nachzudenken, sondern ihn möglichst schnell dem Tode zuzuführen.


Ihr Ehrenkodex verlangte von den Samurai Seppuku (die rituelle Selbsttötung) zu begehen, wenn sie ihren Herrn verloren oder sonst ein Leben in Schande führten.Beim Reden von diesem angeblich jedem Samurai auferlegten Ehrenkodex wurde aber auch viel überhöht, verdreht und generalisiert, was nie so einheitlich gewesen ist, wir wir oft meinen.


Das ist auch der Grund warum Tsunetomo Yamamoto, der Verfasser des Hagakure nach dem Tod seines Herren ins Kloster ging und sich nicht den Bauch Aufschnitt obwohl er es sich doch so sehr wünschte ...Woher stammt diese Info über seine gefährdete Familie? Ich fand jetzt nur den Hinweis darauf, dass es ihm per Gesetz untersagt war, seinem Herrn in den Tod zu folgen, dazu bedarf es ja nicht zwingend einer Familie oder überhaupt eines echten Willens, sich selbst zu entleiben. Ein Schreibtischtäter ohne echte Kampferfahrung ist für mich nicht unbedingt die beste Quelle, wenn es um die Bewertung des Heldenmuts genau dieser Person geht, da lässt sich nämlich viel schönreden.


War es eher Bestrafung, oder war es eher "freiwillig" aufgrund selbst auferlegter Zwänge? War es zwangsläufige Folge eines (von wem auch immer gestalteten) Ehrenkodexes?Ich würde alles bejahen und genau darin liegt das Problem, denn das Thema ist einfach vielschichtig.
1. selbstauferlegter oder "üblicher" Kodex, der zum freiwilligen seppuku führt = ja sicher.
Das eigene Gesicht wahren, eine Aufrichtigkeit demonstrieren, Schuld auf sich nehmen und so die Familie oder den Clan (möglicherweise) zu retten, den Qualen einer Folter durch den feind entgehen, ...

2. Bestrafung (Kodex oder Gesetz) durch andere = ja sicher.
Bestrafung auf eine edle Art und Weise, die bestimmten Personengruppen vorbehalten war, also ein Privileg darstellte (ehrenvoller Abgang statt schmachvolles abgemurkst werden), ggf. nur eine von mehreren wählbaren Optionen, möglicherweise unausweichliche Folge eigenen oder fremden Verhaltens, ...

ryoma
22-10-2013, 15:57
@Stefan W: Im Lauf der Geschichte nahm die Selbsttötung immer mehr die Form einer Bestrafung an. Insbesondere in der mittleren Edo-Periode waren die Samurai so "verbeamtet", das viele gar keinen Bezug mehr zu ihren Waffen (Schwertern) hatten und diese wenn immer möglich weit weg legten.
Von solchen Leuten einen "freiwilligen" Seppuku zu erwarten steht ausser Frage. Klar, keine Regel ohne Ausnahme: Der Akô-Zwischenfall (ja, das waren die 47 Rônin).

Meistens nahm der "Seppuku" sowieso die Form einer Hinrichtung an. Wenn der Seppuku-sha die Hand ausstreckte um das Schwert zu ergreifen, folgte umgehend die Enthauptung. Das galt in der Edo-Periode immer noch als korrekt vollzogener Seppuku...
(Das alles natürlich sehr verkürzt dargestellt. Die Regularien des jap. Strafrechts dieser Zeit sind äusserst komplex.)

Naniwonai
22-10-2013, 17:07
Woher stammt diese Info über seine gefährdete Familie?

Du hast mich missverstanden.
Über Tsunemoto's Familie wollte ich keine Aussage machen. Sondern um die sozialen Umstände der damaligen Zeit und das selbst Yamamoto der den Weg des Kriegers ja im sterben sah, selber nicht Junshi(Seppuku um seinen Herrn in den Tot zu folgen), sondern den Lebensabend als Mönch wählte.

Ich entschuldige mich für die Verwirrung.

Natürlich spielt auch Yamamotos Herr Nabeshima Mitsushige eine große Rolle bei der Wahl seines Lebensabends, der selber Junshi verabscheute, worauf hin sich Yamamoto nach dessen Tod für das Leben als Mönch entschied.


Auch interessant zum Thema Junshi:
Die jeweiligen Daimyo und ihre Nachfolger waren verpflichtet im Todesfall ihrer Untergebenen die hinterbliebene Familie weiterhin zu versorgen.

Da in der Edozeit viele Samurai aber verarmten und kaum noch ihre Familie versorgen konnten mit ihren schlecht bezahlten Job oder sich einfach furchtbar verschuldet hatten nutzten viele Samurai das dahinscheiden ihres Herren um durch Junshi, wenigstens für ihre Familie durch ihren "ehrenhaften" Tot auszusorgen.

Die Motivation dahinter war also oftmals weniger eine tiefe Verbundenheit zu ihren Herren oder einem Ehrgefühl oder Kodexes als vielmehr ein letzter verzweifelter Versuch als Versorger tätig zu sein.

Diese zweifelhaften Junshi Tode häuften sich immer mehr das die Daimyo mehr und mehr Münder zu stopfen hatten, so das die Tokugawa Regierung einen Schlußstrich ziehen musste und Junshi per Gesetz verbat und die jeweiligen hinterbliebenen Familien bestrafte.(Da man offensichtlich tote Leute nichtmehr bestrafen kann, also müssen die Hinterbliebenen dran glauben)
(Siehe "Handbook to Life in Medieval and Early Modern Japan" von William E. Deal S. 149)

Gruß Nani

fujikomma
22-10-2013, 18:31
Meine Überlegungen zielen auf "kleine" Probleme ab-Wenn zuviele Offiziere und/oder Samurai Ehre bezeugten und Seppuku begingen,verlor man erfahrene Soldaten,dann wurde die militärische Führung ausgedünnt und die Landesverteidigung schwierig.
Deshalb imho auch diese Vorlaufzeiten um den entscheidenen Leuten die Möglichkeit zugeben praktisch zuhandeln,Seppuku zuverbieten oder ähnliches.
Waren die Führer nicht pragmatisch,konnten sie nicht sehen wie eine Seppuku-welle das Land beeinträchtigen konnte?! Oder waren sie so "ehrenhaft" das zurisikieren?!
Oder war es Machtmittel Leute in den Selbstmord zuzwingen...
Wenn ich Naninowais Posting richtig deute gab es je nach Struktur der Gesellschaft immer mehr oder weniger massgeschneiderte Lösungen
-und wenn Selbstmörder ihren Familien eine Rente verschaffen konnten,müssen die Zeiten wirklich hart gewesen sein.
Und was den christlichen Selbstmord angeht,geschieht er für die richtige Sache-ist er erlaubt. Und Verhungern wird nicht als Selbstmord angesehen!(habe ich aus David Morrells-Bruderschaft der Rose).Und Maximilian Kolbes Opfer bestätigt dieses Trivialwissen

Terao
22-10-2013, 18:49
Wenn zuviele Offiziere und/oder Samurai Ehre bezeugten und Seppuku begingen,verlor man erfahrene Soldaten,dann wurde die militärische Führung ausgedünnt und die Landesverteidigung schwierig. Also, ein solches Massenphänomen, dass es die Anzahl der Tode bei nem mittleren Scharmützel überstieg, wirds wohl nicht gewesen sein.

Rechenbeispiel: Nehmen wir mal an, um 1500 hätte es 4 Millionen Menschen in Japan gegeben. Von denen waren 5% seppuku-würdige bushi. Das wären dann 200.000. Nehmen wir an, von denen begehen aus unterschiedlichsten Gründen 2.000 pro Jahr seppuku.
Hört sich viel an? Ist gerade mal 1%. Wenn man bedenkt, dass man bei Ausbruch einer Seuche bei ner Belagerung mal eben 30% seiner Streitmacht einbüßen konnte, dass damals ein Drittel der Seeleute, die sich auf interkontinentale Reisen begaben, nicht zurückkehrte, dass man sogar bei ner größeren Grippeepidemie mit zigtausenden Toten im ganzen Land rechnen konnte, fällt das überhaupt nicht auf.
Wie Napoleon gesagt hat: Eine Nacht in Paris füllt die Reihen wieder auf...

KAJIHEI
22-10-2013, 19:08
Meine Überlegungen zielen auf "kleine" Probleme ab-Wenn zuviele Offiziere und/oder Samurai Ehre bezeugten und Seppuku begingen,verlor man erfahrene Soldaten,dann wurde die militärische Führung ausgedünnt und die Landesverteidigung schwierig.
Deshalb imho auch diese Vorlaufzeiten um den entscheidenen Leuten die Möglichkeit zugeben praktisch zuhandeln,Seppuku zuverbieten oder ähnliches.
Waren die Führer nicht pragmatisch,konnten sie nicht sehen wie eine Seppuku-welle das Land beeinträchtigen konnte?! Oder waren sie so "ehrenhaft" das zurisikieren?!
Oder war es Machtmittel Leute in den Selbstmord zuzwingen...
Wenn ich Naninowais Posting richtig deute gab es je nach Struktur der Gesellschaft immer mehr oder weniger massgeschneiderte Lösungen
-und wenn Selbstmörder ihren Familien eine Rente verschaffen konnten,müssen die Zeiten wirklich hart gewesen sein.
Und was den christlichen Selbstmord angeht,geschieht er für die richtige Sache-ist er erlaubt. Und Verhungern wird nicht als Selbstmord angesehen!(habe ich aus David Morrells-Bruderschaft der Rose).Und Maximilian Kolbes Opfer bestätigt dieses Trivialwissen

Fähige Offiziere und Krieger während der Edo-Zeit. Ich glaube nicht das wir gerade von der Majorität der Samurai reden. Die Höhe gestellten waren zumeist Verwaltungsbeamte, sprich Sesselpupser per exelance, der Rest arme Würstchen ohne Kampferfahrung.
Genua diese Armut machte eben das vermehrte Seppuku erklärbar.
Eingreifen seitens der Obrigkeit ; nun ja, im frühen Edo als kurz nach Sekigahara waren die Tokugawa nicht sonderlich begeistert über die ganzen Ronin. Also wenn sich da einige selber entsorgten, ein Problem weniger !
Die Landesverteidigung ?
Gegen wen bitte ?
250 Jahre war da Ruhe im Karton, keine Langnasen ernsthaft in Sicht.
Das Hauptproblem war es zuerst die Samurai ruhig zu halten.
nicht umsonst wurden bis 1700 Gesetze über zulässige Schwertlängen etc. erlassen.
Danach : Und ewig schnarcht der Samurai......
Bis Perry, wo er sehr unsanft geweckt wurde.

Terao
22-10-2013, 19:46
Die Höhe gestellten waren zumeist Verwaltungsbeamte, sprich Sesselpupser per exelance, der Rest arme Würstchen ohne Kampferfahrung.Entschuldigung, aber übertreiben wir`s nicht langsam in die andere Richtung? Ich meine, dass das mit dem Bushido-Ehrenkodex-Samurai nicht so richtig hinhaut, und man in der Edozeit nicht ständig mit nem abgeschlagenen Kopf zwischen den Zähnen herumlief, ist ja langsam angekommen. Trotzdem glaube ich nicht, dass unser heutiger Begriff vom "Verwaltungsangestellten" den Stand in der Edozeit sehr viel adäquater wiedergibt.

Wie wärs mal mit nem Mittelweg? Oder lassen das Foren nicht zu?




nicht umsonst wurden bis 1700 Gesetze über zulässige Schwertlängen etc. erlassen.Und Duellverbote. :p

Was uns übrigens zeigt, dass man das Schwerteln von Mitbürgern den angeblichen "Sesselpupern" eigens verbieten musste...

Einfach mal ne Sekunde drüber meditieren.

Hafis
22-10-2013, 20:06
hm,
die ollen Griechen haben in solchen Fällen ja den Schierlingsbecher vorgezogen,
das hatte den Vorteil, dass sie ihre Sache bis zum Schluss ausdiskutieren konnten *g*

gruß hafis

fujikomma
23-10-2013, 01:07
Landesverteidigung gegen innere Kräfte z.b. Christen
-Man hatte zwar im 16/17 Jahrhundert einige 10.000 öffentlichkeitswirksam an Kreuze geschlagen,aber sie galten als gefährlich.
Dann wie will man sich wirksam abschotten wenn man keine Streitkräfte mit einem Offizierskorps hat,denn die Küsten können sich nicht selber schützen,oder:cool:!?!
Und wenn man keine Feind an den Grenzen hat ,kann man Spass mit den Nachbarfürsten und entsprechenden Intrigen und dem Einsatz von Ninjas haben.
In dem schlechten Thomas Jane "Punisher" kann man eine kleine Fingerübung im Intrigenspinnen sehen...:ups:
Und jetzt das ganze mit Samurai-Ehrenkodex mit Bürokraten die nichts besseres zutun haben!
Kein "Wetten das",kein "DsdS",keine Demokratie,kein Crystal Meth,kein Fratzebuch(wegen Mobbing!) usw...
Kein"Ich gründe eine Kampfkunst"-Fred der immer leckerer wird:D,keine sonstigen Ablenkungen,da muss man sich schon was nettes einfallen lassen um den Tag totzuschlagen;)

KAJIHEI
23-10-2013, 09:04
Landesverteidigung gegen innere Kräfte z.b. Christen
-Man hatte zwar im 16/17 Jahrhundert einige 10.000 öffentlichkeitswirksam an Kreuze geschlagen,aber sie galten als gefährlich.
Dann wie will man sich wirksam abschotten wenn man keine Streitkräfte mit einem Offizierskorps hat,denn die Küsten können sich nicht selber schützen,oder:cool:!?!
Und wenn man keine Feind an den Grenzen hat ,kann man Spass mit den Nachbarfürsten und entsprechenden Intrigen und dem Einsatz von Ninjas haben.
In dem schlechten Thomas Jane "Punisher" kann man eine kleine Fingerübung im Intrigenspinnen sehen...:ups:
Und jetzt das ganze mit Samurai-Ehrenkodex mit Bürokraten die nichts besseres zutun haben!
Kein "Wetten das",kein "DsdS",keine Demokratie,kein Crystal Meth,kein Fratzebuch(wegen Mobbing!) usw...
Kein"Ich gründe eine Kampfkunst"-Fred der immer leckerer wird:D,keine sonstigen Ablenkungen,da muss man sich schon was nettes einfallen lassen um den Tag totzuschlagen;)

Letzter ernstzunehmender christlicher Aufstand :1637 / 18 Shimabara no ran.
Danach war halbwegs eine himlische Ruhe im Reich diesbezüglich.
Kunststück, ein Dreiviertel der Bevölkerung war schlichtweg nach der Schwert Jagd des Toyotomi Hideyoshi und der zweiten Runde unter Tokugawa ieysu entwaffnet.
Ronin waren auch immer weniger da.
Äussere Kräfte :
Na wozu sollten die denn angreifen ?
Die haben sich über Deshima eine goldene Nase verdient.
Kriege wurden auch damals nur geführt wenn es mit friedlichen Mitteln eben nicht ging das Geldschaufeln.

Innere Gefährdungen :
Ja ohne knete keine Fete, galt auch damals schon.
Genau wie in Frankreich der Sonnenköning sorgten die ersten Shogune des Tokugawa Regimes dafür das die Daimyo hübsch pleite waren. Wer nicht gehorchte wurde zusätzlich gerupft wie z.B. der Enkel des berühmten Date Masamune : Der durfte den ganzen östlichen Schlossgraben des Edo Jo finanzieren.
Was superreiche Daimyiate wie das der Meada zu Kaga anging ; Klar, die waren reich, aber eben nur weil sie fröhlich mit den Tokugawa zusammenarbeiteten. Dito die Hizen Nabeshima Daimyo die fröhlich an der Import / Exportt Geldquelle nuckelten.
Warum sollten die den Aufstand proben ?

Der Bau von neuen Festungen und Schlössern wurde weitegehenst untersagt, die Herstellung von Schusswaffen fast bis auf Null zurückgefahren.
zusätzlich das nette System des wechselnden Aufenthalts.
Kurz, in Edo war immer jemand von der Fürstenfamilie anwesend mit dem man diese prima unter Druch setzen kann.
Zieht man dann noch lustige Dinge wie das Büro für geheime Angelegenheiten hinzu, die Horch und Guck Anstalt des Bakufu, na wo soll da noch der Aufstand herkommen von innen ?
Die Einzigen die einiger massen ihre Ruhe hatten waren die äusseren Herren, aber der ganze Rest : Wilkommen komplett unter der Knute.

Zum Thema Sesselpupser :
Man sehe sich immer das Handwerkszeug des Handwerkers an und mache sich ein Bild über die Ausübung des Handwerks.
Galt für Samurai genauso.
Die Montierungen die ab Kanbun bis fast in´s frühe Shinshinto gebaut wurden waren zwar prächtig ohne Ende, aber besonders praktisch, nun ja...
Die Legende das dieser ganze Goldschmiedefirlefanz nur von dekandenten Kaufleuten getragen wurde, denkste.
Mito eine Hauptprovinz der Tokugawa war eigentlich nur für solchen dekadenten Schwertzierrat bekannt.
Die Majorität der Schwertzierrate aus dieser Zeit ist übrigens solch dekadentes Zeug, also nichts mit Ausnahme !
Was die Verwaltungstätig angeht : Mit Verlaub, die Japaner waren genauso schlimm wie die Preussen. jeder Dreck wurde reglementiert, verwaltet. Holzschnitte zensiert, Druckerein kontrolliert, Kleidung reguliert, Harrpracht bevorschriftet etc. etc...
Zur Durchsetzung dieses bürkratischen Wahnsinns brauchte man natürlich pfundweise Beamte.
Ds es auch einige Samurai gab die wirklich noch Krieger waren, mag ich nicht bestreiten, blos die Zeiten waren eben ungünstig.
En Krieger ohne Krieg macht sich eben sehr schlecht.;)
Soviel um Thema "Mal drüber reflektieren wieviel die Herrschaften noch mit ernsthaften Kriegern zu tun hatten "

Terao
23-10-2013, 11:54
Zum Thema Sesselpupser :
Man sehe sich immer das Handwerkszeug des Handwerkers an und mache sich ein Bild über die Ausübung des Handwerks.
Galt für Samurai genauso.
Die Montierungen die ab Kanbun bis fast in´s frühe Shinshinto gebaut wurden waren zwar prächtig ohne Ende, aber besonders praktisch, nun ja...
Die Legende das dieser ganze Goldschmiedefirlefanz nur von dekandenten Kaufleuten getragen wurde, denkste.
Mito eine Hauptprovinz der Tokugawa war eigentlich nur für solchen dekadenten Schwertzierrat bekannt.
Die Majorität der Schwertzierrate aus dieser Zeit ist übrigens solch dekadentes Zeug, also nichts mit Ausnahme !Wohl wahr. Ich lese mich für mein Schwertaufmöbelungsprojekt gerade ein wenig ein. Sollten wir nochmal in nem Extrathread ausführen, welche Zieratsmoden bloß blingig aussahen, die Nutzung aber zumindest nicht negativ beeinflussten, und welche tatsächlich den Kampfwert eines solchen "Schwertes" senken. Interessantes Thema.


Zur Durchsetzung dieses bürkratischen Wahnsinns brauchte man natürlich pfundweise Beamte.
Ds es auch einige Samurai gab die wirklich noch Krieger waren, mag ich nicht bestreiten, blos die Zeiten waren eben ungünstig.
En Krieger ohne Krieg macht sich eben sehr schlecht.
Soviel um Thema "Mal drüber reflektieren wieviel die Herrschaften noch mit ernsthaften Kriegern zu tun hatten " Schon klar, eigentlich wollte ich auch genau darauf hinaus. Der "alte Geist" (oder das, was man dafür hielt) blieb zumindest in Teilen, so mein Eindruck, tatsächlich durch ganz Edo erhalten. Und kaum witterte man die Gelegenheit, wieder ein wenig zu häckseln, schießen die Shisengumis und wie sie alle heißen wie Pilze aus dem Boden. Die sind ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Neulich hatten wirs ja gerade in diesem Schwertthread, dass man bis weit in die 30er mit dem Shingunto (selbsternannte) Traditionalisten mit ins Boot zu holen für notwendig befand.

Parallele: Mein Großvater hat noch bis in die 30er Kavallerieoffiziere (alte, natürlich durch die Bank adlige Rittmeister) erlebt, die sich durchaus in der Tradition der Ritter von einst sahen. Wie sollte es auch anders sein: Ein Stand, der sich über viele Jahrhunderte vornehmlich übers Kämpfen definierte, wird nicht mal so eben von heute auf morgen Beamter. Das ist ein langer, quälender Prozess, der sich über Jahrhunderte hinziehen kann. Und Duellwesen (und, ja, in diesem Zuge auch viele KKs) war m.E.n. hüben wie drüben ein Substitut und Trost für den verlorengegangenen Sinn und die Existenzberechtigung eines ehemaligen Kriegerstandes.

Aber das führt vielleicht zu weit. Geht mir nur gerade im Kopf herum.

Hafis
24-10-2013, 18:45
..., und da kam mir die Frage auf, wie die sich auf den Selbstmord vorbereitet haben ?


..., hm das ist schon interessant,
und es geht da ja sowohl um die mentale als auch um die praktische Vorbereitung ...

aber dieser Vorbereitung muss natürlich auch ein Grund vorausgehen:
also brauchen wir zunächst eine Begründung für einen gerechtfertigten Selbstmord,
dann einen Grund, weshalb man sich darauf vorbereiten sollte.

Erst dann kann man über die Art und Weise der Vorbereitung sprechen ...

gruß hafis

p.s.: verschrobene Ehrbegriffe kann man in allen Kulturen finden,
und man kann damit 'Kämpfer' hervorragend instrumentalisieren ...

Terao
24-10-2013, 21:32
p.s.: verschrobene Ehrbegriffe kann man in allen Kulturen finden,
und man kann damit 'Kämpfer' hervorragend instrumentalisieren ...Ich weise mal vorsichtig darauf hin, dass "instrumentalisieren" ein wertender Begriff ist, der zum einen ein starkes Individualitäts-, zum anderen ein modernes Entfremdungskonzept voraussetzt... und selbst dann ist oft nicht so recht klar, wer wen zu welchen Zwecken "instrumentalisiert".

Von "verschroben" ganz zu schweigen.

Stefan W
25-10-2013, 11:51
Hallo zusammen,
danke für die Informationen und die konstruktive Diskussion.
Sind schon wieder spannende Infos dabei...:)

douwa
26-10-2013, 04:26
Insbesondere in der mittleren Edo-Periode waren die Samurai so "verbeamtet", das viele gar keinen Bezug mehr zu ihren Waffen (Schwertern) hatten und diese wenn immer möglich weit weg legten.Ist das jetzt nicht etwas wenig an Grau? Die Verbeamtungen hatten aber sicherlich nicht wenig Einfluss, keine Frage.


Du hast mich missverstanden.
Über Tsunemoto's Familie wollte ich keine Aussage machen.Ah danke, dann war es nur schlecht formuliert.:)


Auch interessant zum Thema Junshi:
Die jeweiligen Daimyo und ihre Nachfolger waren verpflichtet im Todesfall ihrer Untergebenen die hinterbliebene Familie weiterhin zu versorgen.

Da in der Edozeit viele Samurai aber verarmten und kaum noch ihre Familie versorgen konnten mit ihren schlecht bezahlten Job oder sich einfach furchtbar verschuldet hatten nutzten viele Samurai das dahinscheiden ihres Herren um durch Junshi, wenigstens für ihre Familie durch ihren "ehrenhaften" Tot auszusorgen.

Die Motivation dahinter war also oftmals weniger eine tiefe Verbundenheit zu ihren Herren oder einem Ehrgefühl oder Kodexes als vielmehr ein letzter verzweifelter Versuch als Versorger tätig zu sein.

Diese zweifelhaften Junshi Tode häuften sich immer mehr das die Daimyo mehr und mehr Münder zu stopfen hatten, so das die Tokugawa Regierung einen Schlußstrich ziehen musste und Junshi per Gesetz verbat und die jeweiligen hinterbliebenen Familien bestrafte.(Da man offensichtlich tote Leute nichtmehr bestrafen kann, also müssen die Hinterbliebenen dran glauben)
(Siehe "Handbook to Life in Medieval and Early Modern Japan" von William E. Deal S. 149)Ich verstehe den Text an dieser Stelle im Buch ausgehend vom Kontext ein wenig anders.


Die jeweiligen Daimyo und ihre NachfolgerEs wird im Abschnitt "junshi" auf seite 149 ausdrücklich nur von "den Erben eines Daimyou" gesprochen, die verpflichtet gewesen seien, die Familien von junshibetreibenden (die ja dem daimyou in den Tod folgten) zu versorgen.
"Daimyou und andere Lehnsherren" als Versorger der "Erben und Ehepartner von Samurai, die einen ehrenvollen Tod starben" werden im vorausgehenden Abschnitt "Seppuku" auf Seite 148 genannt, dort geht es aber eben nicht um junshi.

Daran, dass man an dieser Stelle im Hinblick auf das Buch und junshi die der Veramung entfliehenden (Land)samurai anführen sollte, übrigens interessant behandelt im Schwarzweißfilm harakiri und dessen Neuverfilmung, hege ich leichten Zweifel. Der Autor bezieht sich auf Seite 149 auf die frühe Edozeit, nicht die Problematik der in der Edozeit nach und nach und v.a. gegen Ende ganz massiv auftretenden Verarmung von Samurai (es werden in diesem Zusammenhang gern die jizamurai angeführt und mit junshi, was ja nicht jede Selbsttötung meint, hatte dass oft gar nichts zu tun).

Im Buch wird erwähnt, dass die zum erwähnten frühen Zeitpunkt aufkommende Kritik am ganzen folgendes war: Prestigeanstieg bei daimyou mit besonders vielen sich selbstopfernden Gefolgsleuten, sowie der Verlust an fähigen Leuten als junshi salonfähig wurde und es mehr galt, der eigenen Familie Ruhm oder Vermögen zu sichern, als einer echten Loyalität Ausdruck zu verleihen.


Meine Überlegungen zielen auf "kleine" Probleme ab-Wenn zuviele Offiziere und/oder Samurai Ehre bezeugten und Seppuku begingen,verlor man erfahrene Soldaten,dann wurde die militärische Führung ausgedünnt und die Landesverteidigung schwierig.Vorm edojidai war es wahrscheinlich oft genug egal, ob man von selbst dem besiegten Herrn in den Tod folgte oder vom Gegner gemeuchelt wurde. Ohne konkret Quellen bennennen zu können, denke ich auch, dass man v.a. in solchen Fällen oder bei zu einem Todesurteil führenden Verfehlungen des Herrn junshi beging, jedoch wesentlich seltener bei dessen tödlich verlaufender Jahreszahlensammelei oder Krankheit. Im edojidai wo es, wie bereits erwähnt wurde ja eher wenig kriegerische Auseinandersetzungen gab, geschweige denn das Land als solches verteidigt werden musste, wurde wie im letzten vorigen Absatz erwähnt, in der Tat ein Verlust an fähigen Leuten beklagt. Wie groß die Schnittmenge bei den gefragtesten Fähigkleiten von Samuraikriegern und "Samuraibeamten" gewesen sein mag, darüber ließe sich bestimmt viel diskutieren. Wie dem auch sei, dem Verlust wirkte man jedenfalls mittels Ergänzung des buke shouhatto, das sind Regeln für die Kriegshaushalte, im Juni 1663 entgegen. Man brachte laut buke shohatto nun offiziell durch junshi seinem Herren, sowie auch dessem Sohn und möglichen anderen Nachfolgern Schande, denn der Herr hatte zu Lebzeiten seinen Vasallen unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass er junshi nicht gutheißt.



-und wenn Selbstmörder ihren Familien eine Rente verschaffen konnten,müssen die Zeiten wirklich hart gewesen sein.
Und was den christlichen Selbstmord angeht,geschieht er für die richtige Sache-ist er erlaubt. Und Verhungern wird nicht als Selbstmord angesehen!(habe ich aus David Morrells-Bruderschaft der Rose).Und Maximilian Kolbes Opfer bestätigt dieses TrivialwissenIch finde das jetzt schlecht kommentierbar, ohne völlig abzudriften und belasse es deshalb dabei, mein leichtes Unbehagen bei solchen Rührtopfaussagen zu bekunden.

fujikomma
27-10-2013, 02:21
@ Douwa:
Nun in meiner Schulzeit im katholischen Religionsunterricht hat man jährlich die Maximilian Kolbe Opfertod-Geschichte ohne weitere Erklärung zum Besten gegeben und als ich dann Morrells Buch las konnten in der Prä-Internetzeit einige Lücken geschlossen werden.
Und dann lernte ich eine ehemalige Klosterschülerin kennen die vegane Rastafari war,
sie machte mir den Zusammenhang klar zwischen (Ver)hungern,
Ausschüttung von Endorphinen und Visionen und der Schärfung der Sinne(Jäger haben Fastenzeiten vor der Jagd eingehalten).!.Achja die Evangelen haben Rocky und Rambo usw geguckt und wir Katholen multiple-Choice-Fragebögen zu Ostern und anderen tollen Themen bearbeitet....:ups: