Soju im Regenwald [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Soju
31-10-2013, 05:59
Moin,
inspiriert von Willis Geschichten habe ich in meinen alten Reiseberichten gekramt. Ich hab eine Zeitlang immer wenn ich laenger unterwegs war Berichte nach hause geschrieben.

Dies ist ein Beispiel. Ich war 2003 als Trainee fuer DaimlerChrysler in Brasilien und hab Weihnachten im Regenwald gefeiert.

Manaus
Da die Firma über Weihnachten und Silvester dicht macht habe ich mich kurzfristig entschlossen zusammen mit einem Kollegen aus der Nachwuchsgruppe, der z.Zt. ebenfalls in São Paulo ist nach Manaus, Hauptstadt im Bundesstaat Amazonas, zu fliegen. Die Stadt ist gross geworden als der Weltweite Bedarf an Gummi für Autoreifen stark angestiegen ist. Klein ist sie wieder geworden als ein Engländer Gummibaum-Samen aus dem Amazonas - Gebiet geklaut hat und damit das brasilianische Monopol für Naturgummi gebrochen hat. Heute ist es eine Stadt mit 1,4 Mio. Einwohnern (die Hälfte der Einwohner im Bundesstaat Amazonas) mitten im Regenwald und neben Belem immer noch der wichtigste Hafen am Amazonas (obwohl sie genau genommen am Rio Negro liegt. Der Amazonas wird erst 20 km flussabwärts vom Rio Negro und Rio Solimoes gebildet).

Erste Probleme tauchten schon am Flughafen in São Paulo auf, weil ich in meiner Vermessenheit meinen Leatherman (Multitool unter anderem mit einer kleinen Klinge) mit an Bord nehmen wollte. Das ging nicht, wie ich feststellen durfte. Ja, ich hätte es mir denken können, aber ich war auch schon in Europa mit einem Taschenmesser an Bord gelassen worden, allerdings in Schottland, die sehen das wohl nicht so eng. Also musste ich noch mal zurück zum Schalter um meinen kleinen Helfer als Gepäck aufzugeben. Der kam dann in ein Tütchen und wurde beim Piloten geparkt. Der Kollege war schwer beeindruckt von meiner Reiseplanung

Am Flughafen in Manaus wollten uns erst mal jede Menge Leute einen Jungeltrip andrehen. Das ist in der Gegend das grosse Geschäft, weil es ausser dem Hafen und dem Regenwald nichts gibt. Und wie Kapitäne sahen wir offenbar nicht aus. Da wir aber davor gewarnt worden waren, dass die Anbieter am Flughafen mehr als dubios sind und manchmal nicht mal einen Trip anzubieten haben haben wir höflich abgelehnt und sind in die Stadt in unser Hotel. Das erste was dort passierte war, dass der Portier an unsere Zimmertür klopfte und uns ebenfalls einen Jungeltrip von irgendwelchen Verwandten von ihm andrehen wollte. Den ersten Tag haben wir damit verbracht uns die Stadt ein wenig anzusehen, die ganz anders ist als São Paulo. Irgendwie läuft alles langsamer, wahrscheinlich wegen dem Klima. Sie ist auch dreckiger als São Paulo (ja, das geht tatsächlich), vor allem in der Hafengegend. Die sollte man nach Anbruch der Dunkelheit angeblich auch lieber meiden. Ist aber gar nicht so schlimm, ich hab zumindest noch alles an mir dran. Sie hat auch eine Gelassenheit, die mir sehr gut gefällt, zumindest im Urlaub. Ich glaube wenn ich da arbeiten müsste würde ich Wahnsinnig werden. Es ist ja nicht schlecht, wenn man Dinge ruhig angehen lässt, aber SO ruhig???

Am nächsten Tag haben wir uns dann ernsthaft um unseren Trip gekümmert, das heisst wir haben erst mal das Hotel gewechselt und sind in ein billigeres gezogen, 14 Euro für ein Doppelzimmer statt 45, dafür aber auch nur 1,5 Sterne oder so statt 4. Interessant war die Konstruktion zum erhitzen des Wassers in der Dusche. Ich war zwar nicht gerade Klassenbester in E-Technik, aber diese Kombination von Wasser und Strom finde ich schon recht spannend. Die Kabel sind mit Klebeband am Duschkopf befestigt und es wird geraten, die Einstellung der Wassertemperatur (passiert am Duschkopf) nicht während des Duschens vorzunehmen.

Bevor wir uns ernsthaft um unsere Expedition kümmern konnten mussten wir einen furchtbar nervigen Touranbieter mit schwäbischen Vorfahren abwimmeln. Die schwäbischen Vorfahren alleine haben ihn in meinen Augen schon disqualifiziert. Entschuldigung an alle Schwaben, aber ich muss meine norddeutschen Wurzeln verteidigen. Erst wollte er uns in ein anderes Hotel vermitteln, in dem wir einen wahnsinnigen Rabatt kriegen würden, aber nur wenn wir mit ihm da wären. Danach wollte er uns unter dem absondern von viel Verkaufs – bla – bla, anbieten von vorgetäuschten Ermässigungen und zeigen von (wahrscheinlich) gefälschten Bildern von seinen wahnsinnig spannenden Touren einen Trip in einer 10-12 Mann starken Gruppe anbieten. Wir haben ihm dann zu verstehen gegeben, dass wir einen seriösen Anbieter vorziehen würden (nicht ganz so grob, aber er hat es verstanden und ist beleidigt abgezogen).

Also los um einen Anbieter zu finden, der uns passte. Unsere Wahl fiel auf „Amazonas Indian Tourism“. Die waren erstens billig (140 Euro für 5 Tage/4 Nächte), nervten zweitens niemanden mit Leuten, die auf der Strasse versuchten Kunden zu ködern und haben drittens keine grossartigen Versprechungen gemacht was man alles an Viehzeug auf deren Trips sehen würde, sondern meinten, dass man das nicht vorhersagen kann, weil wir nun mal nicht in den Zoo gehen sondern in den Regenwald. Das fanden wir Sympathisch und haben uns für den nächsten Tag für 0530 Uhr morgens/nachts verabredet.


Base camp (Cabana)
Der Trip war so geplant, dass wir erst eine Nacht in einem Base Camp (Cabana, eine Art offener Hütte) schlafen sollten und danach 3 Tage/2 Nächte im Regenwald unterwegs sein sollten um dann noch eine Nacht in der Cabana zu verbringen.

Unsere Cabana lag ca. 200 km nordöstlich von Manaus am Rio Urubu (Geierfluss). Das bedeutete, dass wir erst mal 3 Stunden mit dem Bus fahren mussten und dann 1 Stunde flussaufwärts mit einem motorisierten Kanu. Das Dorf von dem wir mit dem Boot losgefahren sind erinnerte stark an etwas aus einem Road Movie: Kleine Baracken, die meisten davon Bars, an einem Highway von nirgendwo nach nirgendwo mitten im Regenwald. Alles recht trostlos, aber gleichzeitig interessant, weil es eine grosse Ruhe ausstrahlte (was auch sonst, da war einfach nichts was Hektik hätte verbreiten können). Auf dem Weg zur Anlegestelle haben wir dann auch unsere erste Schlange gesehen, eine Anaconda (wer den Film „Anaconda“ gesehen hat weiss wovon ich rede). Diese war allerdings ca. 40 cm lang und hätte wahrscheinlich grosse Probleme gehabt einen Goldhamster zu erwürgen.

Auf unserer Kanufahrt zur Cabana haben wir dann auch schon unser nächstes Reptil gesehen, einen Alligator, ca. 1,5 m lang. Und leider zu schnell im Wasser um ein Foto zu machen. Beruhigend zu wissen, dass das Vieh Angst vor uns zu haben schien. Weniger beruhigend war die Geschwindigkeit mit der besagtes Vieh sich bewegen konnte.

Geschlafen wurde in Hängematten. Die sind ja ganz nett, nur nicht wenn man normalerweise auf dem Bauch schläft! Und auch nicht, wenn man den grössten Sonnenbrand südlich des Äquators auf den Schultern hat. Aber sonst wirklich gut. Vor allem gibt es einen gewissen Abstand zu dem Krabbelgetier auf dem Boden. Und davon gibt es viel.... sehr viel......mit allen möglichen Stacheln, Zangen usw. glaub ich!

Den Nachmittag haben wir mit Baden auf der einen Seite des Flusses verbracht und den Abend mit Piranha fischen auf der anderen Seite. So wie jedes Kind in Europa habe auch ich die Geschichten von Piranhas gehört, die in Minutenschnelle einen Menschen essen können. Das geht auch, aber tatsächlich ist es so, dass mehr Piranhas von Menschen gegessen werden als umgekehrt. Unser Führer Ney meinte, das Baden wäre kein Problem, da es erstens mehrere Arten gibt von denen nur eine Aggressiv sei und zweitens keine Piranhas auf der Seite des Flusses geben würde an der wir baden. Ich habe ihm geglaubt, da ich (obwohl nicht aus dem Marketing Bereich kommend) eine gewisse Logik darin gesehen habe, dass es eine schlechte Werbung für das Unternehmen wäre, wenn regelmässig Kunden als Fischfutter enden würden. Allerdings wurde dem Führer eines anderen Touristen am letzten Tag ein Stück aus dem Finger gebissen.....wortwörtlich, hat geblutet wie Schwein. Er hat das dann mit Cachaca (Zuckerrohrschnaps) desinfiziert und verbunden. Und viele Piranhas weisen bisspuren von ihren Artgenossen auf. Sie können also, wenn sie wollen.

Nach dem Abendessen sind wir dann los um Alligatoren zu finden. An diesem Abend haben wir allerdings keine gefunden (oder sollte man sagen von denen hat uns keiner gefunden?). Haben es dann am letzten Abend noch einmal woanders versucht, dazu später mehr.

Soju
31-10-2013, 06:06
Regenwald
Am Morgen des 24.12. sind wir also los auf unseren Waldspaziergang.

Um es vorwegzunehmen: Bis auf den sehr schnell verschwindenden Hintern eines Wildschweins haben wir kein Grossgetier gesehen. Die waren immer schon weg wenn wir da waren.

Das was den Regenwald ausmacht ist neben dem Regen (min. 1800 mm pro Jahr über das ganze Jahr verteilt) vor allem die relative Luftfeuchtigkeit von knapp unter 100% und eine relativ konstante Temperatur von ca. 30 Grad. Es ist vor allem die Luftfeuchtigkeit, die einem zu schaffen macht, man ist eigentlich konstant am Schwitzen und die Klamotten kleben an einem. Da der Schweiss wegen der hohen Luftfeuchtigkeit aber nicht so recht verdampfen kann kühlt er auch nicht richtig (wer von euch mal Thermodynamik gehabt hat weiss was ich meine, der Rest bildet sich bitte selber weiter). Kurz: Es ist ein wenig anders als ein Spaziergang durch den Schwarzwald. Wir sind nicht quer durch den Wald gerannt, sondern auf einem Pfad, den die Führer immer nutzen. Dieser darf allerdings nicht mit einem deutschen Waldweg verwechselt werden. Es geht andauernd über oder unter umgestürzte Bäume oder umgestürzte Bäume werden als Brücken über kleine Bäche genutzt. Der Wald an sich ist recht schwer zu beschreiben, es ist einfach eine grosse Masse aus verschiedenen Grüntönen.

Irgendwann durften wir auch Tarzan spielen. Die Liane war ungefaehr 30 mm dick und hing 15 m ueber uns am Baum. Wir selber waren etwa 4 m ueber dem Boden. Was los waere falls ich abschmier und mir mitten im regenwald was breche hab ich tapfer verdraengt.

Die Übernachtungen waren jeweils in einer Art Unterstand, die von unserem Unternehmen (also „Amazonas Indian Tourism“, nicht DC, die machen nicht in Wohnungsbau) errichtet waren. Das Foto zeigt die Übernachtungsstelle der ersten Nacht. Wasser bekam man aus einem Bach, der auch als Waschgelegenheit (und weiter Flussabwärts als Toilette) diente und aus dem Ney am nächsten Morgen einen Fisch zum Mittagessen angelte.

Anfangs bin ich übrigens immer Barfuss im Camp rumgelaufen. Das habe ich mir aber abgewöhnt, nachdem am Morgen ein Skorpion durchs Camp krabbelte und ich am zweiten und dritten Tag jeweils fast auf eine Schlange getreten bin (allerdings hatte ich da Schuhe an). Der Kollege hatte Badelatschen mit, an die ich natürlich nicht gedacht hatte. Er hatte allerdings auch einen Pyjama mit in den Regenwald, an den ich auch nicht gedacht hatte.

An unserem Abendessen merkte man nicht, dass Weihnachten war, es gab Reis, Hühnchen und Spaghetti. Am ersten Weihnachtstag nur noch Reis und Spaghetti, da wir unseren einzigen Fisch schon zum Mittag gegessen hatten und kein Glück beim Angeln hatten.

Soju
31-10-2013, 06:12
Letzter Teil

Was beim Übernachten im Urwald vor allem auffällt ist der Lärm. Es gibt einen Hintergrundlärm, der von Insekten herrührt und eine Menge anderer Geräusche, die von grösserem Getier kommen. Da es aber Nacht ist und wirklich Stockdunkel sieht man leider nichts davon. Nach Aussage des Kollegen gibt es allerdings jede Menge Mücken, er war nämlich ziemlich zerstochen am nächsten Morgen. Ich nicht, wahrscheinlich weil ich es nicht verdient habe . Nach Aussage des Veranstalters ist das Gebiet aber kein Malariagebiet. Der hat allerdings auch gesagt, dass es dort keine Mücken gibt!!!! Ich hab natürlich auch meine Malariaprophylaxe nicht genommen (im Gegensatz zu Ba Hung), weil ich mal davon ausgegangen bin dass mir schon nichts passiert. Seit unserer Rückkehr betrachte ich also meinen Kollegen mit ausgeprägtem medizinischen Interesse!

Am nächsten Tag sind wir ein wenig in der Gegend herum gelaufen und Ney hat eine Tarantel aus ihrer Höhle gelockt (die wohnen in Erdlöchern, man sollte also seine Finger nicht überall reinstecken). Sonst haben wir bis auf die oben erwähnte Schlange an diesem Tag leider keine Tiere gesehen.

Die Übernachtungsstelle für die zweite Nacht war so ähnlich wie die erste. Nur die Waschgelegenheit war besser. Es war ein kleiner Wasserfall mit einer Art natürlichem Becken oder Wanne darunter.

Am nächsten Tag sind wir dann zurück zur Cabana. Einziges besonderes Vorkommnis war das Tempo mit dem unser Führer voran marschierte um vor dem Regen nach hause zu kommen, nachdem er von mir die Führung übernommen hatte (ich durfte das erste Stück vorangehen). Habe ich aber durch mein ausgesprochen gemächliches Tempo am Anfang zu verhindern gewusst, so dass wir noch mal nass wurden.

Zurueck zur Cabana
„Zu hause“ gab es erst mal nichts zu essen, weil die Alte (die war wirklich alt, das ist nicht abfällig gemeint), die normalerweise das Essen machte sich am Abend zu viel Cachaca (Zuckerrohrschnaps) eingeflösst hatte und unpässlich war. Ney war nicht beeindruckt!!!

Der Rest des Tages verging recht gemächlich bis wir zum Fischen gefahren sind. Dort habe ich dann meinen Meister gefunden....der liebe Kollege. Piranha fischen geht so vor sich, dass man eine Leine mit kleinen Bleigewichten hat, an dem vorne der Köder am Haken hängt. Das ist irgendein Stück Fleisch oder Fisch, wir haben toten Piranha benutzt (die Viecher schrecken vor gar nichts zurück). Die Leine wird dann geschwungen, möglichst weit ins Wasser geworfen und man wartet bis einer ein Stück abbeisst. Dann wartet man bis er noch mal richtig zubeisst und zieht mit einem kräftigen Ruck um den Haken in seinem Mund zu versenken und zieht ihn an Land. Der Kollege hat seine Leine 3 von 4 mal wahlweise 2 Meter vor sich ins Wasser geschmissen oder in den nächsten Baum schräg hinter sich geschleudert. Manchmal auch quer über unsere Leinen. Und auf einmal hat er einen Fisch am Haken, den wir eigentlich gar nicht fangen wollten. Der war gross (zumindest grösser als ein Piranha.....zumindest grösser als MEIN Piranha) und sah aus wie eine Art Wels und schmeckte auch noch gut. Danach haben er und Ney dann noch einen Eimer voll Piranhas gefangen. Ich dagegen, der eine ausgesprochen elegante Wurftechnik drauf habe, habe 2 Piranhas von der Grösse von Stichlingen gefangen. Offenbar gibt es da keine Haltungsnoten. Ja, ich gebe es zu, ich hätte mich im Urwald verstecken können, so grün war ich.

Nach dem Abendessen sind wir dann los um noch mal Alligatoren zu fangen. Der Kollege ist nicht mitgekommen, da er sich ein wenig kaputt fühlte (lag wahrscheinlich an der Anstrengung, seinen Pottwal aus dem Fluss zu ziehen. Nein, ich bin nicht missgünstig). Stattdessen ist Olivier und sein Guide mitgekommen. Olivier ist ein Franzose, der in Alaska lebt und dort als IT Fachmann und Touristenführer arbeitet. Und ausserdem ein netter Kerl, obwohl er Franzose ist.

Wie sind dann also zu viert in einem Holzkanu Nachts flussaufwärts unterwegs. Das Kanu hat ein Freibord (Abstand Wasser bis Oberkante Reling) von ca. 4 cm. Gleichzeitig hat Ney uns jede Menge Stories von Anakondas bis 20 m länge erzählt und Alligatoren bis 8m. Obwohl es eher realistisch ist von maximalen Grössen von 10 und 4 m auszugehen (und auch das ist selten) ist das immer noch grösser als unser Kanu, das dazu noch recht unstabil auf dem Wasser liegt, da es keinen Kiel hat. Ney hatte uns noch ganz stolz erzählt, dass dieses Kanu schon 15 Jahre alt war. Ich wäre schon ziemlich zufrieden gewesen wenn es auch noch 15 Jahre und einen Tag schaffen würde. Da gehen einem sämtliche Filme durch den Kopf in denen eine Riesenschlange, ein Alligator, ein Schwarm Piranhas oder irgendein anderes Wassertier eine tragende Rolle hatte. Aber wie auch schon vorher bin ich selig davon ausgegangen, dass die uns schon nicht irgendwo hinführen wo wir verspeist werden könnten. Wobei das auch keiner mitkriegen würde, da kein Mensch wusste wo wir sind. Angefangen nachzudenken habe ich kurz als unser Führer meinte, er würde nicht gerne Flussaufwärts fahren, weil er das Gebiet nicht gut kennt und Angst hat. Ich hab das nachdenken dann lieber gelassen, wer weiss wo das hinführt. Er wird uns nirgendwo mit hinnehmen wo er selber hopsgehen kann! Er wird uns nirgendwo mit hinnehmen wo er selber hopsgehen kann! Er wird......

Nach ungefähr einer halben Stunde Kanufahrt waren wir dann an einem Igarapè angelangt, das ist ein kleinerer Seitenarm des Hauptflusses. Dieser kleinere Seitenarm war immer noch ungefähr so breit wie der Neckar (für die Norddeutschen, das ist ungefähr 15 mal so breit wie die Treene. Alligatoren werden gesucht indem man mit einer Taschenlampe das Ufer ableuchtet, die Augen reflektieren dann rot. Dann kann man hinfahren und sich die Biester schnappen und an Bord holen. So weit die Theorie.....und es hat tatsächlich funktioniert. Ney ist aus dem Boot geklettert und hat das Monster an Bord geholt. Das Monster war ganze 40 cm lang und sehr ruhig. Dass es ruhig war, war allerdings ganz gut, da Alligatorenmamas es nicht besonders wohlwollend betrachten wenn man ihren Nachwuchs betatscht. Das bedeutete in dem Moment wo der kleine anfangen würde Radau zu machen sollten wir ihn schnellstmöglich ins Wasser lassen. Er war aber gut erzogen und hat die Klappe gehalten.

Olivier, der ohne T-Shirt unterwegs war hat beim warten im Kanu den Fehler gemacht sich mit den Schultern an einen umgestürzten Baum zu lehnen. Die Warnung von seinem Führer, dass er das lieber lassen sollte kam etwas zu spät, so dass Olivier eine schlaflose Nacht hatte, weil na dem Baum irgendeine Flechte war, die einen höllischen Juckreiz verursachte. Toll, wenn einen die Viecher nicht verspeisen vergiften einen die Bäume. Eine Seeschlange haben wir auch noch gesehen bevor wir abfuhren. Und jetzt zu den schlechten Ausreden. Das Foto auf dem ich das Alligatörchen halte ist nichts geworden. Aber ich hab ihn gehalten, jawohl.

Nach all diesen Heldentaten sind wir dann in unsere Hängematten und haben von riesigen Alligatoren geträumt, die wir mit blossen Händen erwürgen. Bis auf Olivier, der sich seinen Juckreiz pflegen durfte. Und bis auf Ney und seinen Kollegen, die derartige Touren andauernd machen. Und bi auf Ba Hung, der nicht mit war. Aber ich hab von riesigen Alligatoren geträumt.

Am nächsten Tag haben wir Blasrohre gebastelt. Das heisst hauptsächlich hat Ney Blasrohre gebastelt, er wollte uns nichts machen lassen, so dass wir uns das angesehen haben bis er fertig war. Blasrohre der Indianer sind normalerweise recht lang und es werden vergiftete Pfeile verschossen. Unsere sind etwa einen halben Meter und das Gift haben wir auch weggelassen. Aber sie können trotzdem auf ca 8 m fest in einer Palmblätterwand stecken.

Soju
31-10-2013, 06:19
Wieder in Manaus
Eigentlich wollte ich an diesem Tag auch meinen Rückflug organisieren. Ging aber nicht, da das Boot das uns holen sollte mit 4 Stunden verspätung kam. Es hatte geregnet und der Fahrer hatte keine Lust gehabt nass zu werden. Nicht nur die deutsche Bahn lässt sich offenbar vom Wetter aufhalten. Da es ich aber glaube, dass sich nicht mal was geändert hätte wenn ich die Luft angehalten hätte und mit dem Fuss aufstampfen würde habe ich mich in mein Schicksal ergeben.

Letztendlich habe ich einen Flug um 2 Uhr morgens 2 Tage später bekommen.
Die Zeit bis zum Flug habe ich Caipirinha trinkend und Schwitzend in einer Strassenbar verbracht, unterbrochen von Besuchen im "Alligator Night Club", eine Disco, die ueberwiegend von Zuhaeltern, Nutten und brasilianischen Touristen frequentiert wurde.

Am Flughafen habe ich dann Pflichtbewusst meinen Leatherman abgegeben. Ich konnte aber der Versuchung nicht widerstehen die Blasrohre samt Pfeilen mit an Bord zu nehmen (ich hatte auch das vom Kollegen mit), nur um zu sehen ob es möglich ist. Der Kollege war nicht mit (er war früher nach Rio geflogen), so dass ich keinen vorwurfsvollen Blicken ausgesetzt sein würde wenn ich schon wieder Blödsinn mit der Sicherheitskontrolle machen würde. Höchstens Brasilianischem Knast, hab ich aber nicht mit gerechnet. Ney sagte, man kann die Pfeile gut in eine gefaltete Zeitung legen um sie durch die Sicherheitskontrolle zu kriegen. Hab ich aber gelassen, da ich fand, dass das dann doch ein wenig zu offensichtlich aussehen würde und ich hatte keine Lust rauszufinden was ein brasilianischer Sicherheitsbeamter sagen würde, wenn er die Dinger findet. Die Pfeile steckten also im Blasrohr, so konnte ich notfalls noch dumm spielen falls die was sagten. Mein Rucksack ging durch die Kontrolle und es passierte.......nichts. Ich konnte es erst nicht ganz glauben, man muss die Dinger sehen können. Mein Werkzeug muss als Einzelgepäck mit und zwei Blasrohre mitsamt Pfeilen kommen anstandslos durch. Ich hab aber nicht angefangen über Sinn und Unsinn dieser Regelung zu diskutieren. Dazu hätte mein Portugiesisch auch nicht gereicht.

hand-werker
31-10-2013, 06:34
:halbyeaha

Sorbus Aucuparia
31-10-2013, 07:20
Toller Bericht. Ich will auch bald in den Dschungel, da kann man sich gut vorstellen was auf einen zukommt.

Soju
31-10-2013, 07:41
Es muss dabei gesagt werden, dass es keine hardcore survival tour war. Es war ein urlaub in dem wir ein wenig im Wald rumgelaufen sind.

Aber geil war es schon :D

Horrido
31-10-2013, 08:23
Danke für den schönen Bericht :)

gion toji
31-10-2013, 11:00
Ja, ich hätte es mir denken können, aber ich war auch schon in Europa mit einem Taschenmesser an Bord gelassen worden, allerdings in Schottland, die sehen das wohl nicht so eng.Du hast einfach tierisches Glück gehabt. Mir haben die Briten ein Cold-Steel-Gummimesser abgenommen (ich hatte da nur Handgepäck - nichts abzugeben)

Soju
31-10-2013, 12:53
Du hast einfach tierisches Glück gehabt. Mir haben die Briten ein Cold-Steel-Gummimesser abgenommen (ich hatte da nur Handgepäck - nichts abzugeben)

Das hast du wohl recht, denke auch nicht dass es normal ist.

Es war allerdings vor 9/11 dass ich in Schottland war und seitdem hat sich in dem Bereich so einiges geaendert.

itto_ryu
31-10-2013, 14:38
Mir haben sie in Irland den Hurlingschläger auf dem Rückflug "beschlagnahmt" :mad:

Sorbus Aucuparia
31-10-2013, 14:52
Es muss dabei gesagt werden, dass es keine hardcore survival tour war. Es war ein urlaub in dem wir ein wenig im Wald rumgelaufen sind.

Aber geil war es schon :D


Ich glaub es muss unglaublich sein. Ich bin praktisch in Wäldern aufgewachsen und habe gewissermaßen eine besonderes Beziehung zu ihnen. Ich bin gespannt wie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Wälder der Tropen mit den mir bekannten sind.

Stixandmore
31-10-2013, 15:16
Meine Schwägerin ist Ärztin und hat ein freiwilliges Jahr bei der Marine abgeleistet-sie war auch in Manaus stationiert und die sind mit Schnellbooten den Amazonas rauf und runter geschippert und haben die abgelegenden Dörfer medizinisch versorgt- der Fernsehsender "arte" hat darüber eine Doku gedreht; ist ziemlich interessant, wie unterschiedlich das Leben in Brasilien sein kann

aplundnei
31-10-2013, 16:28
Danke für den Reisebericht! :halbyeaha

Klaus
31-10-2013, 16:38
Klingt super, aber zahlt DB im Ausland so schlecht, dass man sich kein Zimmer für 45 Euro leisten kann im Urlaub ???

Soju
01-11-2013, 03:32
Klingt super, aber zahlt DB im Ausland so schlecht, dass man sich kein Zimmer für 45 Euro leisten kann im Urlaub ???

Nein, die zahlten wegen der Zulagen sogar sehr gut. Aber die Unterschiede zwischen den Zimmern waren eher marginal (die 4 Sterne waren mehr auf dem Papier als in der Realitaet). Und da wir nur eine Stelle brauchten den rausch auszuschlafen haben wir uns fuer ein billigeres Zimmer entschieden.

Soju
07-11-2013, 03:26
Meine Schwägerin ist Ärztin und hat ein freiwilliges Jahr bei der Marine abgeleistet-sie war auch in Manaus stationiert und die sind mit Schnellbooten den Amazonas rauf und runter geschippert und haben die abgelegenden Dörfer medizinisch versorgt- der Fernsehsender "arte" hat darüber eine Doku gedreht; ist ziemlich interessant, wie unterschiedlich das Leben in Brasilien sein kann

Ja, die Unterschiede sind (oder waren zumindest damals) enorm. Es gab in Sao Paulo Haeuser mit eigenem Landeplatz fuer den Heli, waehrend 2 Strassen weiter Leute ums taegliche Essen kaempfen mussten. Wenn man dann andere Landesteile sieht sind dazu auch noch enorme kulturelle Unterschiede da, es ist als ob man in ein anderes Land kommt.

das gleiche habe ich in vietnam und China erlebt.