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Vollständige Version anzeigen : Actiontrailer: Gladiatoren in Carnuntum



Schwerthase
18-11-2013, 14:05
hiho,

hier ein kurzer Actiontrailer vom diesjährigen Gladiatorenauftritt in Carnuntum.

Vü Spass

CqpOkODW5W0

EDIT: Video eingebettet

jpk@kkb
18-11-2013, 16:01
Sehr schön, schade, dass der Sommer vorbei ist.

Schwerthase
18-11-2013, 16:07
jo, das waren sehr schöne Tage, wenn auch körperlich fordernde. Zu dieser Zeit sind die Hitzerekorde hierzulande gepurzelt. In der Arena hatte es ca. 45 Grad (39 Grad außerhalb)

AlexAikido
19-11-2013, 00:03
Schwerthase, weißt du wer genau die Kämpfer ausbildet bzw wo und wie die trainieren? Würde mich interessieren :)

JanPSV
19-11-2013, 07:16
Ich nehme jetzt mal stark an dass das der Christian Eckert macht:

Chris Eckert Academy - Trainer - Hochheim (http://www.german-by-nature.de/kampfkunst-trainer.php)

itto_ryu
19-11-2013, 07:47
Soweit ich weiß, sind die Kämpfer bei Junkelmann immer wieder verschiedene Teilzeitkämpfer in seiner Gruppe, manche sind auch "Stammpersonal". Wie intensiv da reguläres Training ist, weiß ich nicht.

Chris Eckert kenne ich gut, er war eine Zeit lang unser Gastgeber, er hat beim Gladiatorenprojekt mit Prof. Löffler mitgemacht, das hatte soweit ich weiß, mit Junkelmann aber nichts zu tun und Chris führt das Gladiatorenprojekt, insbesondere die Ernährungsfrage für sich ebenfalls weiter.

Es gibt ja hierzulande auch noch andere Gladiatorentruppen, z.B. diese hier:
Gladiatorenschule Amor Mortis - Amor Mortis (http://gladiatorenschule.jimdo.com/)

Aber ich weiß nicht, wie weit das der übergreifende Austausch ist.

Sorbus Aucuparia
19-11-2013, 07:59
Wird es eigentlich solche wissenschaftlichen Versuche noch geben? Ich würde da gerne mal mitmachen.

Schwerthase
19-11-2013, 08:06
Der Itto hat da recht. Das ist die Junkelmann Gruppe, der Eckert macht meines Wissens was eigenes.

Training is etwas problematisch. Alle die man hier sieht kommen eigentlich von anderen Stilen, bzw. aus dem Reenactment und sind über Empfehlungen dort gelandet. (Wie z.B. meine Wenigkeit - der Scissor im Video) Bei den Festln trifft man sich dann und haut sich. Klappt eigentlich ganz gut und ist eine nette Abwechslung zum jeweiligen Trainingsalltag.

Ich mach das jetz scho seit 4 oder 5 Jahren und ist jedes mal wieder witzig.

Derzeit sind wir dran in Wien eine Gladiatorenübungsgruppe zu basteln, damit wir auch unterm Jahr was machen können. Is halt nit so einfach, da erst die Ausrüstung mal angeschafft werden muss. (Helme sind net so das Problem, das geht auch mit Fechtmasken, aber das Scutum is halt notwendig...)

itto_ryu
19-11-2013, 08:44
Da es thematisch passt:
oHWcX_oVu9o

AlexAikido
19-11-2013, 15:44
Itto super Zusatzviedeo :) Aber das waren ja jetzt mehr oder weniger "Althistoriker".

Wie siehts mit der historischen Annäherung des Kampfes, bzw. mit der Auseinandersetzung mit diesem Thema bei denen aus. Weiß da zufälligwerweise wer was drüber? Evtl. du Schwerthase? :)

Bubatz
19-11-2013, 15:55
Das zweite Video gefällt mir als solches fast noch besser - hätte ich den Althistorikern ehrlich gesagt gar nicht zugetraut. :)

Schwerthase
19-11-2013, 16:21
kann nur zu der Junkelmanngruppe was sagen. Er selbst ist eigentlich die Koryphäe im Bereich Experimentalarchäologie römische Antike und hat auch einige sehr interessante Bücher zu dem Thema verfasst. Das hier kann ich allen interessierten nur wärmstens ans Herz legen: Gladiatoren: Das Spiel mit dem Tod: Amazon.de: Marcus Junkelmann: Bücher (http://www.amazon.de/Gladiatoren-Das-Spiel-mit-dem/dp/3805337973)

Von den Teilnehmern ist das Feld wie gesagt bunt gemischt. Von Keltologen, Archäologen, aber auch Themenfernen Bereichen, wie meine Wenigkeit, findet sich dort so ziemlich alles. Der kämpferische Ansatz ist dadurch auch unterschiedlich geprägt, jeder lässt seine eigenen Erfahrungen mit einfließen.

itto_ryu
19-11-2013, 20:29
Hier ein paar Links:
Auf Messers Schneide | Regensburg Digital (http://www.regensburg-digital.de/auf-messers-schneide/)

In Regensburg zählte in der Erforschung vor allem das Training und die Ernährung. Letzteres hat Chris Eckert insbesondere weitergeführt:
Die Gladiatordiät - YouTube (http://www.youtube.com/playlist?list=PLe34QhTui76LP5284N4Ow154lHOQKCTbN)

GLADIATOR-ERNÄHRUNG (http://myrmex-gladiator.blogspot.de/)

AlexAikido
20-11-2013, 10:55
Ach der Junkelmann, gut der ist nun wirklich kompetent was die Art der Darstellung und Archäologie angeht! Das Buch kann ich auch nur weiterempfehlen.

Sieht jedenfalls alles interessant und vor allem spannend aus. An meiner Uni hatten wir damals nur ein paar Experimente zur Jungsteinzeit und Bronzezeit gemacht, war aber auch höchst interessant. :)

OlafK
30-11-2013, 23:32
Freut mich zu sehen ,das die Gladiatur auch hier anzutreffen ist.
Leider wird dieses Thema meiner Meinung nach viel zu wenig als Kampfkunst behandelt und zu oft als Schaukampf oder sogar - noch schlimmer - als Kampfsport betrieben.
Dabei muss ich zugeben meine bisherigen Jahre als Gladiator auch in einer eher Schau/Freikampf orientierten Reenactment-Gruppe verbracht zu haben.
Zwar gibt es kein Fechtbuch oder vergleichbare Quelle zum Kampfstil der Gladiatoren, aber es gibt einige Textquellen die auf die damalige Existenz von etwas vergleichbarem hindeuten.
Uns ist heute nur möglich durch Umgang mit möglichst gut rekonstruierten Angriffs- und Schutzwaffen ein Gefühl für den damaligen Fechtstil zu bekommen. Da es aber schon an ausreichenden Realien für die Angriffswaffen fehlt und wir die Konventionen der Kämpfe nur in Teilbereichen kennen, ist nur eine hypothetische Annäherung aus heutiger Sicht möglich.
Um diese Annäherung allerdings plausibel hinzubekommen, muss man die Gladiatur als Kampfkunst verstehen, bei der es genauso auf den Selbstschutz angekommen ist wie dieser in späteren Fechtquellen unterstrichen wird. ei vielen Schau und Freikampf Gefechten sieht man leider, besonders bei den Kampfsport orientierten Gruppen, einen Treffer-orientierten Kampfstil, der jeden scharfen Kampf nach wenigen Sekunden und oft mit zwei verletzten Gladiatoren beendet haben würde. Meine Berührung und Erfahrungen mit den späteren HEMA Quellen haben mich in den letzten Jahren endgültig überzeugt die Gladiatur als Kampfkunst zu betrachten und, mit den oben genannten Einschränkungen, zu rekonstruieren.

rudongshe
01-12-2013, 06:41
Spannend. Vielleicht etwas OT:

Anlässlich einer Ausstellung über Kriminalität im RR hatte ich mich an die Archäologen des Landschaftsverbandes Rheinland (Xanten u.a.) gewaandt, ob es Hinweise auf zivile KK gab.

Hintergrund der Frage war die These, dass man allerorten vor Banditen und Halsbabschneidern nicht sicher und der Eigenschutz sehr wichtig war.

Meine These war, dass sich nicht jeder Leibwächter auf Dauer leisten konnte und dass es eventuell einen Markt für SV gab und entsprechende Lehrer ...

Da ich hier von Messern, Schlagringen und Knüppeln auf der einen Seite ausgehe, glaube ich ncht dass mit denen klassisch gerungen oder geboxt wurde.

Leider alles Spekulation

Zu den Gladioten: Mein Privatehrer Herr Glotze meinte, Caligula hätte die unterschiedliche Bewaffnung und Paarung seinerzeit eingeführt, um die Spannug fürs Publikum zu erhöhen.

OlafK
01-12-2013, 08:00
Den Römern war, ob als Sport oder Kampfkunst praktiziert, das griechische Boxen, Ringen und die Pankration bekannt.
Mehreren Quellen zufolge wurde die Gladiatur auch von Privatpersonen, meist höherer Schichten, als Hobby ausgeübt, die sich wiederum Gladiatoren als Ausbilder leisteten, wenn sie konnten.
Das wohl bekannteste Beispiel eines solchen Hobby Gladiators stellt Kaiser Commodus dar.
Kampfkunst oder Sport im organisierten Sinne wurde in den Unterschichten allerdings wohl weniger betrieben, da dazu wohl weder Zeit noch Geldmittel verfügbar waren.
Die Armaturae haben sich aus dem anfänglichen Brauch entwickelt Sklaven und Kriegsgefangene in ihrer jeweiligen ethnischen Bewaffnung gegeneinander antreten zu lassen.
Augustus hat das System dann aber erst in seiner endgültigen Form reglementiert.
Mindestens 100 Jahre vor Caligula gibt es bereits Darstellung Republikanischer Armaturae, die den späteren Kaiserzeitlichen zugeordnet werden können.

itto_ryu
01-12-2013, 09:14
Ringen ist eine super Basis für den Selbstschutz und das Schlachtfeld, mehr antike zivile KK braucht es doch nicht, um sich diverser Halsabschneider der erwehren. Erweitert mit allerlei Schlägen und Tritten und dergleichen (Pankration) ohnehin. Ich denke, dass man sich durchaus ehemalige Soldaten, Gladiatoren oder Kampfsportler als Leibwächter gehalten haben wird, allein schon weil diese Männer harte Knochen waren, die optisch abschreckten.

rudongshe
01-12-2013, 12:19
Ringen ist eine super Basis für den Selbstschutz und das Schlachtfeld, mehr antike zivile KK braucht es doch nicht, um sich diverser Halsabschneider der erwehren. Erweitert mit allerlei Schlägen und Tritten und dergleichen (Pankration) ohnehin. Ich denke, dass man sich durchaus ehemalige Soldaten, Gladiatoren oder Kampfsportler als Leibwächter gehalten haben wird, allein schon weil diese Männer harte Knochen waren, die optisch abschreckten.

Naja, klar Basis ... aber
1) die Gefährdung durch Rücksichtslosigkeit + Waffe bedarf schon besonderer Herangehensweise
2) die Frage ist inweit der Handwerker von Nebenan sich eine so gute (zeitintensive) Basis legen konnte, die mit bewaffneter Gefährdung zurecht kam

Im Umkehrschluss würde das ja bedeuten, gegen Messerstecher kannst Du mit den waffenlosen Tools relativ gut bestehen (im Sinne eines durchschnittlichen Trainingsaufwandes)

itto_ryu
01-12-2013, 12:46
Unbewaffnet gegen Waffe gibt es immer nur zwei Möglichkeiten, weglaufen oder reingehen. Für letzteres ist Ringen/Grappling die unabdingbare Basis. Nimmt man Pankration hat man durchaus eine Art des Kriegsringens in der die solide Ringerbasis steckt, um sich zu verteidigen, auch wenn der Gegner bewaffnet ist. Optimal ist diese Situation ohnehin nicht. Irgendwelche "One-punch-kill-Wundertechniken" gab und gibt es ohnehin nicht, die 100% sichere Technik insbesondere unbewaffnet gegen einen bewaffneten Angreifer sowieso nicht.

Ich weiß nicht, wie es in Rom mit dem Otto-Normalbürger aussah, weiß ich nicht, im antiken Griechenland dürften die allgemeinen Ringerfähigkeiten des Bürgertums eher vorhanden gewesen sein, von Sparta mal ganz abgesehen mit ihrer speziellen Gesellschaftsstruktur und Ausbildung.

Aber in Rom bin ich mir sicher, da war zwischen einem Berufskämpfer (Soldat, Gladiator, Sportler) als Leibwächter definitv ein qualitativer Unterschied zum Fischhändler Verlehienix von nebenan :) Und die Verbrecherbanden haben ohnehin die drei Elemente benutzt, die heute noch jeder Straßenräuber nutzt: Hinterhalt, Überzahl und/oder Bewaffnung.

Bubatz
01-12-2013, 12:54
Unterschätz' mal den Verleihnix nicht - der ist hinterhältig und verdeckt übelst bewaffnet.

Edit: Link auf Verleihnixbild enfernt wg. copyright (schade jedoch).

rudongshe
01-12-2013, 13:01
Lach ... ich seh nur dass Du, Bubatz, ein Bilderdieb bist
Ich vermute aber einen großen stinkenden Fisch in der Hand eines wütenden Verkäufers.

@Itto

ja klar, ich sag ja ist ein rein spekulatives Thema.
Ich persönlich kann mir gut vorstellen (!) dass es darauf abgestimmte "Hybride" gab --- nicht mit Stilnamen sondern best offs, unter die Kunden gebracht von Veteranen aus der einen oder andern "Gewaltbranche"


Aber vielleicht liege ich auch total daneben ...

Bubatz
01-12-2013, 13:28
[QUOTE=rudongshe;3119372]Lach ... ich seh nur dass Du, Bubatz, ein Bilderdieb bist
Ich vermute aber einen großen stinkenden Fisch in der Hand eines wütenden Verkäufers.

Jo, verlinkten Verleihnix lieber mal wieder entfernt ...

itto_ryu
01-12-2013, 14:09
@rudongshe: Sicherlich denkbar, das sehe ich auch so. Zumal viele ehemalige Soldaten, Gladiatoren etc. aus ihrer Lebensgeschichte durchaus Leute mit einer schlimmen Vergangenheit gab. Das "Gangwesen" im alten Rom muss schon eine harte Nummer gewesen sein, da gab es genug "antike Guvnor", die ihre Fäuste, Messer und Knüppel in Dienste gestellt haben.

Schwerthase
01-12-2013, 22:37
- noch schlimmer - als Kampfsport betrieben.


Gladiatur = Kampfsport

itto_ryu
02-12-2013, 11:32
Gladiatur = Kampfsport

Diese Definition vertreten viele, ich persönlich auch, wobei ich auch die genaue Definitionssuche für unnötig halte. Ich ärgere mich nämlich über dieses alte "Kampfkunst vs Kampfsport" etc., weil ich denke, dass in ihrer Gesamtheit die Kampfweisen immer nur nach dem Einsatzgebiet angepasst wurden und erst später die definitive Trennung entstand. Also beispielsweise Ringen oder Schwertkampf als Sport, SV und Kriegskunst gleichermaßen mit und ohne Rüstung. Da kann ich nur mit süffisantem Lächeln sagen, ein jeder, der sich Kampfkünstler nennt und manches für "nur Sport" hält, kann sich ja mal um die Ecke mit einem Thaiboxer oder MMAler auf eine Kneipenschlägerei treffen, ich sage nur Fingerstiche und Hodengriffe ;) Aber Ironie beiseite, für mich ist alles eine Kampfkunst (vom Terminus "kämpfen können") und unterscheidet sich nur nach Einsatzgebiet Sport, Duell, SV und Schlachtfeld und eben mit oder ohne Rüstung.

In der Gladiatur haben wir somit nach meiner Ansicht eine Kampfkunst, die als Kampfsport ausgeübt wird und deren Basis z.T. in ihrem Ursprung durchaus in den Kampftechniken für den Krieg stammen (davon ausgehend die Theorie stimmt, dass die Gladiatur ihren ursprung in etruskischen Leichenspielen/ritualkämpfen zu Ehren Verstorbener hatten).

Vielleicht liege ich falsch, aber anhand der Sachlage sortiere ich die Theorie so für mich heraus.

rudongshe
02-12-2013, 12:04
Aber Ironie beiseite, für mich ist alles eine Kampfkunst (vom Terminus "kämpfen können") und unterscheidet sich nur nach Einsatzgebiet Sport, Duell, SV und Schlachtfeld und eben mit oder ohne Rüstung.

Denke grad über den Begriff Kunst hier nach: schönes Kämpfen? Besonder gekonntes Kämpfen? Unterrichtes/strukturiertes kämpfen?

Im Prinzip gebe ich Dir recht, wobei es sicher nicht so einfach ist, von einem ins andere Feld zu springen (vielleicht weniger technisch, aber mental und strategisch).

Zum Thema: Herr Glotze (ich glaube es war sogar Junkelmann) sagte, dass es auch in der Gladiatur zu verschiedenen Kämpfen gab: Keiner sollte sterben, einer konnte sterben, einer sollte (?) sterben.

grüße

Schwerthase
02-12-2013, 13:34
es gibt:

-Schiedsrichter
-Reglement
-eine Kampfesweise, die abstrakt ist, und die in dieser Form nicht in der freien Wildbahn vorkommt. (Lethale Stellen ungeschützt, "unwichtigere" geschützt.) Eine Praxisanwendung einer Pons z.B., oder Secutor/Retiarius wär mir nicht bekannt.
-Athleten die exakt auf diesen Kampf hintrainieren.


Für mich erfüllt das eigentlich alle Kriterien für einen Kampfsport. Nimmt man die Wahrnehmung in der jeweiligen Gesellschaft dazu, bzw. die Inszenierung des Ganzen ist es fast Eins zu Eins vergleichbar mit Boxen oder MMA in der heutigen Zeit.

BloodRage
02-12-2013, 13:44
es gibt:

-Schiedsrichter
-Reglement
-eine Kampfesweise, die abstrakt ist, und die in dieser Form nicht in der freien Wildbahn vorkommt. (Lethale Stellen ungeschützt, "unwichtigere" geschützt.) Eine Praxisanwendung einer Pons z.B., oder Secutor/Retiarius wär mir nicht bekannt.
-Athleten die exakt auf diesen Kampf hintrainieren.


Für mich erfüllt das eigentlich alle Kriterien für einen Kampfsport. Nimmt man die Wahrnehmung in der jeweiligen Gesellschaft dazu, bzw. die Inszenierung des Ganzen ist es fast Eins zu Eins vergleichbar mit Boxen oder MMA in der heutigen Zeit.

+1 Volle Zustimmung. :D

itto_ryu
02-12-2013, 13:57
Nach dieser Definition hast Recht, Schwerthase. Das sehe ich auch so. Wenn man dann noch Attribute wie professionelle Kampfschulen, Wettgeschäfte, Werbung, Trainer usw. anführt.

OlafK
02-12-2013, 17:21
Wenn ich mich richtig erinnere klassifiziert Junkelmann die Gladiatur auch nicht als Sport, hat hierfür aber andere Gründe als ich.
Im modernen und antiken Sinne würde ich Kampfkunst als eine Systematik sehern sich unbewaffnet oder mit der Hilfe einer Waffe gegen einen Angreifer zu verteidigen oder diesem Schaden zuzufügen.
Die Kunst liegt hierbei in der Systematik, als Abgrenzung zum "Naturalisten" der eher Instinktiv kämpft.
Hierbei wird bei den meisten mir bekannten Kampfkünsten der Schutz des eigenen Leib und Lebens wichtiger empfunden als die Verletzung oder Tötung des Angreifers.
Kampfsport wiederum ist für mich die Abstraktion eines ernsthaften Kampfes, bei dem Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um schwere Verletzungen und Tötungen zu vermeiden und ein Regelwerk definiert, wie einen Kampf gewonnen werden kann, ohne den Gegner wirklich kampfunfähig zu machen oder ihn zur Aufgabe zu zwingen.
Besonders bei bewaffneten Kampfkünsten ist der Unterschied zum Kampfsport hier sehr groß, da eine Waffe schon von Natur aus ein hohes Verletzungspotential hat.
Diese Versportlichung führt aber zwangsläufig zu einer regelangepassten bis hin zu regeloptimierten Fechtweise, die stark von der ursprünglichen Kampfkunst abweichen kann.
Als die besten Beispiele im Europäischen und Asiatischen würde ich Olympisches Fechten und Kendo anführen.
Da es hier mehr darauf ankommt einen Treffer zu erzielen als keinen Treffer zu erhalten, ändert sich das Kampfverhalten immens.
Oft werden hier - im Realfall schwere bis tödliche - Treffer bewusst akzeptiert um, den eigenen Punkt wenige Zehntelsekunden vorher zu setzen.
Da ein Gladiator nur überleben und erfolgreich sein konnte, wenn er seine Kämpfe mit möglichst wenig schweren Verletzungen überlebt, wird auch in der Gladiatur der Selbstschutz einen hohen Stellenwert gehabt haben.
Dies wird auch in beiden Quellen hervorgehoben, die Bezug auf die Einführung von Gladiatoren zur Nahkampfausbildung des regulären Militärs nehmen.
Auch wenn wir leider keine Angabe zu der Dauer der Arenakämpfe haben, ist fraglich ob sie so populär und als Ausdruck römischer Tugend und Kampfkunst akzeptiert worden wäre, wenn sie schon nach wenigen Sekunden durch schwere Verletzungen an einem oder beiden Kämpfern beendet gewesen wären.
Dies sieht man aber gerade bei Gruppen die Gladiatorenkämpfe als Kampfsport betreiben, und damit den Zug zum Treffer über die eigene Verteidigung stellen.
Man könnte noch argumentieren, das die Prolusio mit Holzwaffen einen sportlichen Charakter gehabt haben könnte.
Da hier aber auch das Können der einzelnen Gladiatoren gezeigt werden sollte, nehme ich an, das sich die Kampfesweise nicht gravierend der entschärften Waffe angepasst hat.

Ein Duell mit Blankwaffen oder einen Ordal würde ich genausowenig als Kampfsport einstufen wie die Gladiatur, auch wenn alle Punkte von Schwerthase auch hier zutreffen.

Natürlich kann man es auch aus Sicht der Anwendung sehen, wobei wie oben für Kendo und Sportfechten beschrieben, die Anwendung als Sport immer zu einer mehr oder weniger starken Veränderung der Fechtweise weg von ursprünglichen KK führt.
Das ist auch nichts Neues, denn auch schon das Federfechten führte zu Fechtbuch-Techniken, die man mit einem Langen Schwert nicht anwenden würde.

Suriage
02-12-2013, 17:45
Derzeit sind wir dran in Wien eine Gladiatorenübungsgruppe zu basteln, damit wir auch unterm Jahr was machen können. Is halt nit so einfach, da erst die Ausrüstung mal angeschafft werden muss. (Helme sind net so das Problem, das geht auch mit Fechtmasken, aber das Scutum is halt notwendig...)

+1

Spitze. Ich hoffe wir werden auf den Laufenden gehalten wie es damit läuft. Das würde mich sehr interessieren.

itto_ryu
02-12-2013, 19:20
@OlafK, ich kann deine Argumentation nachvollziehen, aber sehe darin nicht automatisch einen Widerspruch zur Definition Gladiatur als Kampfsport.

Zudem ist es mitnichten so, dass ein "Sportkämpfer" automatisch nicht fähig ist, abseits seines Reglements dieses wegzulassen und seine Kampfweise etwas anzupassen. Sieht man daran, dass das heute so sportliche BJJ im Ursprung auf der Straße seine Verwendung fand oder dass Judo seinen Kern im gerüsteten Ringen Japans finden kann. Im angesprochenen Kendo ist es z.B. so, dass der Kern des Schwertfechtens immer noch darin steckt und zwar ohne es schönzureden. Ein Kendoka ist sehr wohl fähig, mittels seiner trainierten Attribute auch auf das Ziel Ernstkampf zu fechten abseits des Sportreglements. Voraussetzung natürlich ist, dass er geistig so offen ist und sich darauf einlässt, weißt du, was ich meine?

Anpassungen heißen nicht, dass grundlegend die Kampfkunst im Kern vernichtet ist. Im Gegenteil, oftmals ist es so, dass diese auf die Basis reduzierte Sportkampfweise ein super Fundament errichtet und die körperliche und geistige Ausbildung schafft, um überhaupt erst den Ernstkampf zu überstehen. Was ist Sparring anderes als Sport? Ich überspitze mal bewusst, weil ich persönlich Kampfsport und Kriegshandwerk/Ernstkampf nicht trenne, sondern sie als zwei Seiten einer Münze sehe die eins ist.

Aber das ist nun vielleicht zu allgemein, bleiben wir bei der Gladiatur selbst. Auch wenn natürlich der Blickwinkel durch die eigene Definition geprägt ist, klar.

rudongshe
02-12-2013, 20:16
Was ist Sparring anderes als Sport?

Interessante Frage, manche sehen es als bestmögliche Annäherung an den "echten" Kampf.

Ich sehe sparring mittlerweile nur als eine Partnerübung nehmen anderen

Grüße

OlafK
02-12-2013, 20:20
Ich gebe gern zu das ein Kendoka mit Sicherheit mit einem Schwert umgehen kann und auch ein Kickboxer im Strassenkampf nicht unterschätzt werden sollte, aber die frage ist, ob sich das Verhalten, also die Fechtweise, nicht auf den Ernst der Lage umstellen würde. Damit würde er aber dann nicht mehr seinen sportlichen Stil fechten.
Das Gladiatur auch als Hobby ausgeübt wurde und möglicherweise dort sogar mehr sportlichen Charakter hatte und das auch eine Prolusio mit Holzwaffen existierte ist unbestritten. Aber das die römische Armee sich gladiatorischer Ausbilder und Ausbildungsmethoden bediente und Teilweise Gladiatoren auch als Auxilliartruppen für Spezialeinsätze herangezogen wurden, zeigt welchen Kampfwert man ihnen zusprach.
Die heutige Rekonstruktion der Gladiatur teilt sich hauptsächlich in solche Gruppen, die reinen choreographierten Schaukampf zeigen, solche die sich durch ausprobieren mit rekonstruierter Bewaffnung der Sache nähern-
Die zweite Gruppe, in der ich mich die letzten Jahre getummelt habe, neigt dazu Kämpfe "auf Treffer" und Punktgewinn darzustellen was zu einem Trefferorientierten fechten führt, denn man weis ja das man nicht ernsthaft verletzt wird, wenn man einen Gegentreffer kassiert. Eine gewisse Gruppe aus Italien hat diese Fechtweise auf die Spitze getrieben und ist Vorbild für einige Weitere. Im Gegensatz dazu praktiziert eine Gruppe aus Frankreich, dessen Gründer, neben seiner Karate Laufbahn auch im HEMA Bereich aktiv ist einen Fechstil der wesentlich technisch versierter erscheint, ist damit aber weltweit der Einzige.
Ich persönlich tendiere mittlerweile dazu den letzteren Fechstil als bessere Annäherung an einen ernsten Kampf in der Arena zu sehen, daher meine Aversion gegen die versportlichte Darstellung der Gladiatur.
Um die Gladiatur als Kampfkunst zu rekonstruieren ist es natürlich notwendig nicht nur empirisch mit der Ausrüstung umzugehen, sondern ein entsprechendes Quellenstudium zu betreiben. Wir haben zwar kein Fechtbuch, aber dafür einen großen Schatz an Ikonographie und ein par prägnante Textzeugnisse aus der man einige Schlüsse ziehen kann.

OlafK
02-12-2013, 20:27
Interessante Frage, manche sehen es als bestmögliche Annäherung an den "echten" Kampf.

Ich sehe sparring mittlerweile nur als eine Partnerübung nehmen anderen

Grüße

Auch hier kommt es auf die Denk und Sichtweise der Sparrenden an.
Betreibt man Sparring als Trefferorientierten Wettkampf ist es zweifelsohne Sport.
Ist man sich bewusst das ein Treffer zu Schmerzen, Kampfunfähigkeit und Tod führen könnte und verhält sich dementsprechend, kann es eine Annäherung an den ernsten Kampf darstellen.
Zudem ist es eine gute Möglichkeit unterschiedliche Stile mit und gegeneinander zu fechten und Techniken in Echtzeit zu probieren solange man als Fechter diszipliniert genug ist, rein Quellenkonform zu fechten.

Suriage
02-12-2013, 21:10
Auch hier kommt es auf die Denk und Sichtweise der Sparrenden an.
Betreibt man Sparring als Trefferorientierten Wettkampf ist es zweifelsohne Sport.
Ist man sich bewusst das ein Treffer zu Schmerzen, Kampfunfähigkeit und Tod führen könnte und verhält sich dementsprechend, kann es eine Annäherung an den ernsten Kampf darstellen.
Zudem ist es eine gute Möglichkeit unterschiedliche Stile mit und gegeneinander zu fechten und Techniken in Echtzeit zu probieren solange man als Fechter diszipliniert genug ist, rein Quellenkonform zu fechten.

+1

:halbyeaha

period
02-12-2013, 22:39
*lach* ich hätte nie gedacht, dass unsere Hobbygruppe hier auch mal landet - besten Dank für die Promotion! :) Ich bin inzwischen seit - lass mal rechnen... - gut fünf Jahren bei der Junkelmann-Gruppe aka Familia Gladiatoria Pulli Cornicinis dabei, die letzten viereinhalb Jahre als Retiarius (Kampfname Taxis) ;) Ich war bei dem Filmdreh nicht da, nur bei dem Termin vorher im August. Ich hab mir erlaubt, noch ein paar Bilder meiner Wenigkeit in Aktion anzuhängen - zwei vom ersten Carnuntum-Termin dieses Jahr und zwei mit Henry Maske bei "Brot und Spiele" 2012 in Xanten ;)
Übrigens, die zwei Carnuntum-Bilder wurden geschossen von der Freundin von einem der Wiener Jungs, die hier auf ihrer Website freundlicherweise noch mehr davon hochgestellt hat und die mir sicher nicht böse ist, wenn ich sie verlinke :) Carnuntum | (http://miyuart.com/carnuntum/)

Ich kann das Gesagte über die Junkelmann-Gruppe nur bestätigen: die Leute kommen alle von verschiedenen Hintergründen, sowohl sportlich als auch beruflich - wir hatten und haben klassische Fechter, mindestens zwei aus dem historischen Fechten, diverse Leute aus den japanischen Kampfkünsten, mehrere aus dem Taekwondo, drei ausm K1 / Thaiboxen, ein paar Handballer und Footballspieler, einen ehemaligen Ruderer, einen Grappler / MMA-Kämpfer, einen Ringer (mich) und lustigerweise einen ausm Ultimate Frisbee :D Der hat aber zudem einen Schwarzgurt im Karate, ist also nicht gänzlich aus der Art geschlagen... Beruflich ist auch so ziemlich alles schon dagewesen, vom Archäologen (Junkelmann selber – der bis vor zwei, drei Jahren selber regelmäßig als Eques aufgetreten ist, und das obwohl er inzwischen über sechzig ist und aussieht wie mindestens achzig :D – und wieder ich, allerdings Forschungsschwerpunkt Mittelalter-Neuzeit) über BKA, Dolmetscher, Ex-Fallschirmjäger, Fitnesstrainer, Ingenieure, Juristen, Lehrer, LKW-Fahrer, Kellner, Orthopäden, Physiotherapeuten, Polizisten, Orthopäden, Vertreter für Baustoffe bis hin zum Zimmermeister :) Rekrutiert werden die meisten wirklich auf persönliche Empfehlung hin, ich hab damals allerdings niemanden in dem Umfeld gekannt und bin als Besucher auf einer Vorführung mit den Worten „Na, du schaust doch ganz fit aus, in drei Wochen in Carnutum bräuchten wir noch jemand!“ angeheuert worden ;)
Da die Leute aber über den gesamten süddeutschen Raum (und inzwischen nicht nur – einer ist nach Equador ausgewandert, einer nach Norddeutschland, ein paar sind in der Schweiz und nicht wenige in Österreich ;)) verteilt sind, sieht man sich außerhalb der Auftritte leider selten zum gemeinsamen Training. Ich mache manchmal Netztraining an der Mülltonne, und in Wien trainieren wie schon erwähnt ziemlich einige recht regelmäßig, mindestens einer davon hat sogar in seinem Garten den traditionellen Trainings-Pfahl (Palus) aufgestellt :)

Mir hat das Ringen ehrlich gesagt immer sehr viel geholfen – zum einen geht mir praktisch nie die Puste aus, und zum anderen ist es extrem nützlich, wenn man gut in der Lage ist, im Handgemenge die Arme vom Gegner zu kontrollieren, insbesondere wenn man selbst kampfgattungsbedingt keinen Schild führen darf (siehe die zwei Carnuntum-Fotos). Ich denke, es hat schon seine Gründe, warum zu so gut wie allen Zeiten in den erfolgreichen Armeen der Ringkampf gefördert worden ist – von den Ägyptern über die antiken Griechen, die Mongolen und mittelalterlichen Heere Europas bis in die Neuzeit, wo z.B. Wesley Brown im zweiten Weltkrieg eins der Nahkampfhandbücher der US-Streitkräfte geschrieben hat oder im Tschetschenien-Konflikt angeblich nach wie vor erfolgreiche Ringer bevorzugt zu Rebellenführern befördert werden... Nicht zu vergessen, dass die meisten erfolgreichen Anti-Messer-Systeme wie Silat, Eskrima und Co eine ausgeprägte Standgrappling-Komponente haben.

Außerdem muss man sich vor Augen halten, dass die Gladiatorenschwerter soweit wir wissen (Originale aus Pompeji) eher Langdolche waren – Klingenlängen von ca. 18 bis 30 cm. Dadurch gewinnt der Stich an Bedeutung und wüstes Rumgehacke wird eher sinnfrei, da Schnittwunden immer deutlich oberflächlicher sind (siehe auch Vegetius über die Ausbildung der römischen Legionäre), zweitens soll sich die Mehrheit der Gladiatoren eine ordentliche Speckschicht angefuttert haben, die einen ganz passablen Schnittschutz abgegeben haben soll (ich bin also ein zutiefst unauthentischer Gladiator ;)), und drittens verfügen alle Gladiatorengattungen außer dem Retiarius über einen gepanzerten (na ja, „begambesonten“) Waffenarm, was die Risikobereitschaft fördern soll.

Allerdings muss ich wirklich manchmal aufpassen (insbesondere beim ersten Kampf der Saison), dass ich das Ringermotto „vorwärts immer, rückwärts nimmer“ in der Arena nicht zu wörtlich nehme, das artet nämlich entweder in einem zu schnellen (= für das Publikum langweiligen) Treffer mit Dreizack oder Dolch aus, oder aber in einem Double-Kill, was ja nicht das Ziel sein soll. Es lässt sich leider nicht ganz vermeiden, dass man sich in einem freien, also unchoreographiertem Kampf, wie das bei uns üblich ist, ein bisschen an die Vorgaben anpasst – zum Beispiel weiß man irgendwann, wie oft der Schiri den Kampf im Clinch trennt, landet die Treffer so, dass sie möglichst optimal sichtbar sind und riskiert vor allem am am Anfang und am Ende vom Kampf, weil auf die Treffer besonders geachtet wird. Nicht hundert pro authentisch, ich weiß.


Wenn ich mich richtig erinnere klassifiziert Junkelmann die Gladiatur auch nicht als Sport, hat hierfür aber andere Gründe als ich.

Da muss ich Dich korrigieren, er hat in bisher eigentlich jedem seiner kampfbegleitenden Vorträge, bei denen ich anwesend war (und ich hab die über die Jahre hinweg schon sicher 40x gehört ;)) gesagt, dass die Gladiatur ein „klar reglementierter Kampsport mit festen Regeln“ ist, auf deren Einhaltung auch vom Summa Rudis („oberster Stock“ = Schiri) geachtet wird. Der löst zum Beispiel manchmal den Clinch auf, oder er bestraft Tiefschläge – anhand der Skelettfunde von Gladiatoren aus Ephesos weiß man, dass die de facto nie Stiche in den Unterleib abgekriegt haben, was darauf schließen lässt, dass entweder ein zusätzlicher Unterleibsschutz unter dem Subligaculum (unter den Gladiatorendarstellern besser bekannt als „Windel“ ;)) getragen wurde und / oder solche Stiche tabu waren – vielleicht, um den Eindruck der Gladiatoren als Sinnbilder strahlender Männlichkeit (auch verdeutlicht durch die Doppelbedeutung des lateinischen Wortes „Gladius“) nicht zu, äh, beschneiden? ;)

So, das wars erstmal von mir, gute Nacht :)

Period.

itto_ryu
03-12-2013, 07:28
@OlafK: Ich verstehe deine Intension durchaus, die Argumentationskette lässt sich super nachvollziehen. Ggf. müssen wir aber im speziellen Fall der Gladiatur eine Art Sonderfall betrachten. Treffer- oder Punktefechten in der Gladiatur, da gebe ich dir recht, das ist natürlich Quatsch. Es deckt sich, wie du es beschreibst sogar mit meiner persönlichen Sichtweise über die Begriffe Kampfsport/Kampfkunst/Kriegskunst. Letztendlich haben wir dann doch in der Gladiatur eine Art Buhurt, d.h. einen durch gewisse Voraussetzungen reglementierten Kampf, der durchaus Sportaspekte aufweist, bei der aber die Verwundung (und gar Tötung) des Gegners beabsichtigt ist und somit Aspekte des Ernstkampfes abdeckt, die logischerweise auf dem Schlachtfeld nutzen (somit auch militärische Tauglichkeit). Könnte man in etwa mit den ganz frühen Vale Tudo-Kämpfen vergleichen (bis auf den Tötungsaspekt natürlich) und wäre somit vergleichbar, um mal antik zu bleiben, als eine Art Pankration mit Waffen ;)

@period: Super Post, insbesondere der Aspekt Ringen :halbyeaha

OlafK
04-12-2013, 12:20
Ich habe den entsprechenden Abschnitt in Junkelmann von 2008 noch mal überflogen und hatte den wohl falsch in Erinnerung.
Zwar räumt Junkelmann ein, das der Gladiatur das Merkmal des Turnierwesens fehlt und das die beabsichtigte Tötung des Gegners außergewöhnlich ist, doch trägt die Gladiatur als Institution, wie auch Schwerthase richtig bemerkt hat, sportliche Züge.
Dass ich mich mit der Abgrenzung Kampfsport/Kampfkunst eher auf die Fechtweise und nicht auf die Institution bezog, hätte ich wohl besser klarstellen sollen.
Ob eine Reglementierung bezüglich der eigentlichen Fechtweise bestand, und wie diese aussah, kann mangels Quellen allerdings nur Spekulation bleiben.
Ich würde dies bezweifeln. Die "Schiedsrichter" werden in der Ikonographie nur dann als aktive Teilnehmer im Fechtgeschehen gezeigt, wenn sie nach Aufgabe eines Kämpfers dem anderen in den Arm fallen.
Das würde ich auch als ihre Hauptaufgabe sehen, denn die Entscheidung über den Tod des Unterlegenen sollte ja dem Editor vorbehalten bleiben.
Möglicherweise sollten Sie den Kampf auch bei Schäden oder Mängeln an den Schutzwaffen unterbrechen, wobei es genug Darstellungen gibt, die Kämpfer zeigen die Helm, Schild oder Waffe verloren haben und trotzdem weiterkämpfen.
Frontale Stiche zum Bauch und Unterleib sind generell an Knochen schwerer zu finden als solche zu Extremitäten, dem Brustkorb oder dem Kopf.
Daher würde ich, trotz der Funde in Ephesos, nicht auf ein Tabu oder gar eine regelwidrige Zone schließen.
Das Porta Stabia Relief zeigt einen kampfentscheiden Stich des Murmillo in den Bauch des Hoplomachus und das Chieti Relief zeigt den Stich eines Thraex gegen den vorgesetzten rechten Oberschenkel des Murmillo.
Diesen Stich, von unten gegen den rechten Oberschenkel oder die rechte Hüfte, findet man mehrfach in der Ikonographie als Reaktion auf ein vorgesetztes rechtes Bein.
Zudem ist der Unterleib in der Grundstellung der Scutarii und Parmularii eingezogen und der Oberkörper vorgelegt, so dass diese Stelle ohnehin vom Gegner nur schwer zu erreichen ist, solange das Schildbein (links) vorne und das Waffenbein (rechts) hinten bleibt, wie die Mehrzahl aller Kampfszenen in de Ikonographie zeigen.