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Vollständige Version anzeigen : Zweihändiges Jian/shuangshou jian



JanPSV
24-12-2013, 13:10
Ich habe im Chinesischen nicht so viel Erfahrung (Bis auf ein Semester Kung Fu beim Hochschulsport und drei Semester Chinesisch am Sprachenzentrum^^), deshalb hoffe ich das dies hier das korrekte Unterforum dafür ist:
Mich interessiert das shuangshou jian sehr, also die zweihändige Ausführung des chinesischen Jian. Nun findet man hierüber sehr wenige Infos.
Hat hier jemand Ahnung und/oder Erfahrung damit? Wer/wo wird sowas trainiert in Dtl.? Wo kann ich Daten&Maße typischer Jian herbekommen? Was weis man zum generellen Einsatzzweck?
Und vor allem, gibt es irgendwo gute Literatur zu verwendung?
Kurz: Ich habe kaum Ahnung ausser dem spärlichen Wikipediawisen dazu und 2-3 Youtubevideos die ich bisher dazu gesehen habe^^ Für sämtliche Informationen zum Thema wäre ich dankbar!
Frohe Feiertage schonmal,
Jan

T. Stoeppler
24-12-2013, 13:25
Hallo Jan,

Da wäre wahrscheinlich Jochen Wolfrgramm vom Bailung ( www.Bailung.de ) eine gute Adresse.

Gruss, Thomas

Tiger5
24-12-2013, 18:03
Hier:

Miao Dao - (http://www.kungfuwebmag.de/033ce29c60017c849.html)
Jian - (http://www.kungfuwebmag.de/033ce29c5e0e3080c.html)
Long Quan Schwerter (http://www.kungfuwebmag.de/033ce29c6000b7e2e.html)

JanPSV
25-12-2013, 17:21
Super, danke für die schnellen Antworten! Da werde ich mich erstmal einlesen.

Bailung in Osnabrück...ich glaube da war ich vor ein paar Jahren sogar schon einmal..

JanPSV
26-12-2013, 23:21
Nachdem ich mir über Weihnachten die hier verlinkten Seiten mal genauer angeschaut habe: Also konkret das zweihändige Jian wird da nirgends erwähnt?! Es ist wohl generell eine sehr selten verwendete Waffe wie mir scheint?

Jadetiger
30-12-2013, 14:12
Was weis man zum generellen Einsatzzweck?
Zur Verbreitung kann ich nichts sagen, aber etwas zum Einsatz.

Zunächst mal ist das zweihändige Jian länger, hat also eine höhere Reichweite. geht man davon aus, dass die meisten Anderen einhändige Waffen haben, kann das von Vorteil sein.

Wie man in den Formenvideos auf Youtube sieht, wird das zweihändige Jian ein- und zweihändig geführt, es ist also potentiell variantenreicher als die rein einhändige Version.

Ähnlich dem europäischen Langschwert ermöglicht die zweihändige Haltung zudem sehr schnelle Schwipphiebe (peitschenartige Schläge mit dem Ort/der Spitze):
Vergleiche hier das Kippen des Schwertes beim Scheitelhau
-il9e3vM3Jk

und hier bei etwa 0:11
iL3c5czO5Fw

T. Stoeppler
30-12-2013, 16:01
Das zweihändige Jian ist in der tat eine recht seltene Waffe. Deutlich häufiger anzutreffen ist da der zweihändige Säbel, aber das grosse Jian war militärhistorisch selten. Mir fällt überhaupt nur eine historische chin. Abbildung ein, wo eins gezeigt wurde.

Ansonsten mal Mike Pattersons DVD dazu anschauen

Xingyi Two Hand Sword - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=HXqm20J15EM)

Gruss, Thomas

P.S.
Das was der Mark Winkelman (ich kenn den ein bischen :) ) da zeigt, (also das schnelle Kippen) ist im chinesischen "Dian" genannt. In dem video gehts aber eine Interpretationsfrage, nämlich darum, wie man mit dem Scheitelhau den Alber bricht.

Jadetiger
30-12-2013, 17:13
In dem video gehts aber eine Interpretationsfrage, nämlich darum, wie man mit dem Scheitelhau den Alber bricht.Ich weiß, ich habe einfach nur nach einem Video gesucht, in dem man die Bewegung gut erkennen kann :D

JanPSV
30-12-2013, 21:02
Das häufige Vorkommen von dem Scheitler ähnelnden, geschnappten Spitzenhieben viel mir auch schon beim Youtubedurchforsten auf. Ausserdem häufig langgezogene Schnitte in enger Mensur, sowie viele Moulinets und überhaupt kreisende Bewegungen, was mich an Francesco Alfieris Spadone erinnert. Dieses wiederum hat ja einen Schwerpunkt auf dem Kampf gegen Gegner in Überzahl (der aber in der regel "normale" einhändige Waffen von unterlegener Reichweite und Masse führt). Kann man dem Chinesischen Gegenstück eventuell eine ähnliche spezialisierung zusprechen?

Kann noch jemand etwas zu den typischen Maßen und Gewichten etwas sagen? Zum einhänfigen Jian finde ich da z.B. unterschiedliche Angaben von "Armlang" über "Bei hängendem Arm mit der Spitze bis zum Ohrläppchen" bis "Im Stehen bis zum Bauchnabel", was bei durchschnittlich großen Männerns etwa eine Spanne von 75-110 cm ergibt..

OliverJ
30-12-2013, 21:43
Hi Jan,
bist du bei deiner Suche über die Jungs gestolpert?
Chinese Straight-Sword ????? (Stances 1 to 12) - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=hrHt6vXMm0o)

Chinese traditional battlefield swordsmanship (http://www.chineselongsword.com/)

wenn du etwas Kleingeld über hast, kannst du dir ja auch die Quelle mit Übersetzung zulegen
Chinese Long Straight-Sword Ancient Manual (http://www.chineselongsword.com/straightswordtranslation.shtml)

Vielleicht fragst du da mal nach, Daten werden die sicherlich auch haben.

Klaus
30-12-2013, 23:11
Man muss da ein bischen vorsichtig sein damit wie man sich das "vorstellen kann", oder was "geht". Sehr lange zweihändig geführte gerade Schwerter gab es quasi in der Urzeit des chinesischen Militärs, bis so etwa bei den Tang. Die Dinger waren bis zu 1,40 lang, und teils wohl (beim Übergang von Bronze auf Stahl) wenn ich das richtig gesehen habe richtig schwer. Da könnte man auf die Idee kommen dass die nur vom Karren oder Pferd in die Gegend gehalten wurden und durch ihre Masse durch die Reihen gepflügt sind. Das was die Tang hatten war eher schmal, die waren somit leichter und eher geeignet sowas wie Fechtmanöver auszuführen. Von da zu Xing-Yi-Stilen oder Mantis aus dem 17.-19. Jahrhundert sind es aber tausend Jahre. Das ist für Mundpropaganda ne lange Zeit.

Grundsätzlich sind solche Waffen in späteren Zeiten selten, und somit etwas das die Leute speziell angefertigt haben, das sind keine Massenfertigungen vom Militär. Da haben sich die Leute also was spezielles bei gedacht, und das ganz sicher nicht Langschwert gegen Langschwert. Die Gegner in solchen Auseinandersetzungen von Leuten im Dorfwächterumfeld haben in der Regel Speere und lange Hackmesser mit Schild. Gegen diese Waffen wird es Manöver gegeben haben, nicht gegen einen identisch Bewaffneten aus der eigenen Familie. Vielleicht noch Spezialaktionen gegen Reiter.

Das hier sieht mir nach Aktionen gegen Speerträger aus:
DkuTaU1VSKo

JanPSV
31-12-2013, 16:28
Hi Jan,
bist du bei deiner Suche über die Jungs gestolpert?
[...]


Ach die Seite hatte ich vor 1-2 Jahren oder so schonmal entdeckt, stimmt. Ist dann aber wieder in Vergessenheit geraten. Die müssten sich ja eigentlich auskennen, werde die mal kontaktieren :-)

JanPSV
31-12-2013, 16:40
... gab es quasi in der Urzeit des chinesischen Militärs, bis so etwa bei den Tang.

Wikipadia verrät mir dass die Tang-Dynastie ca. 600-900 existierte. Das ist verdammt früh für so lange Schwerter, Respekt :-o
Ich verstehe dich jetzt so dass 1,4 m ehr die längsten Exemplare darstellte, als denn einen typischen Mittelwert? Jetzt wäre noch interesdsant zu wissen, wie groß ein durchschnittlicher Chinese der entsprechenden Epoche und Region in etwa war ;-)


Grundsätzlich sind solche Waffen in späteren Zeiten selten, und somit etwas das die Leute speziell angefertigt haben, das sind keine Massenfertigungen vom Militär. Da haben sich die Leute also was spezielles bei gedacht, und das ganz sicher nicht Langschwert gegen Langschwert. Die Gegner in solchen Auseinandersetzungen von Leuten im Dorfwächterumfeld haben in der Regel Speere und lange Hackmesser mit Schild. Gegen diese Waffen wird es Manöver gegeben haben, nicht gegen einen identisch Bewaffneten...

Wenn man hier von deinen Ausschluss der militärischen Serienfertigung mal absieht, könnte man das so auch 1:1 auf Spadone und Konsorten münzen. Das ist ja schonmal eine sehr itneressante Information :-)

Klaus
31-12-2013, 16:42
Warum sollten sich junge Leute aus China die von 1200 Jahre alten Manuskripten ableiten sich mehr damit "auskennen" als ein Deutscher der das tut ? In dem verlinkten Buch steht wortwörtlich, dass die Kenntnisse der Tang verloren gegangen sind, und man das versucht mit dem was in Korea erhalten wurde (die zu der Zeit offenbar Training und Ausrüstung erhalten haben) dieses zu rekonstruieren. Dabei hilft einem aufgrund der Kürze der Beschreibungen nur gesunder Menschenverstand, und es bleibt jede Menge Raum für Spekulation.

Klaus
31-12-2013, 17:05
Wikipadia verrät mir dass die Tang-Dynastie ca. 600-900 existierte. Das ist verdammt früh für so lange Schwerter, Respekt :-o
Ich verstehe dich jetzt so dass 1,4 m ehr die längsten Exemplare darstellte, als denn einen typischen Mittelwert? Jetzt wäre noch interesdsant zu wissen, wie groß ein durchschnittlicher Chinese der entsprechenden Epoche und Region in etwa war ;-)


Das ist ein bischen Stille Post, weil ich das auch nur vor Jahren gelesen habe, die 1,40 bezogen sich auf die ersten Stahlschwerter (siehe Philip Tom unten). Das war also nochmal viel früher (350-200 v.Chr.).

Chronologie: Chronology Table (http://chineseswords.freewebspace.com/about.html)

Tang (~700 n.Chr.)
Home Page (http://chineseswords.freewebspace.com/photo.html)
Tang swords Part 2 (http://chineseswords.freewebspace.com/custom2.html)

Sui (~400 n.Chr.)
Home Page (http://chineseswords.freewebspace.com/catalog.html)



Wenn man hier von deinen Ausschluss der militärischen Serienfertigung mal absieht, könnte man das so auch 1:1 auf Spadone und Konsorten münzen. Das ist ja schonmal eine sehr itneressante Information :-)

Die militärische Massenfertigung gerader Schwerter schliesse ich für die Zeit von Ming an aus, weil die halt zu grossen Teilen schon mit Säbeln ausgerüstet waren die einfach besser funktionierten für ihren Sinn:
Ming Cavalry / Infantry (http://chineseswords.freewebspace.com/photo5.html)

Der Sinn sehr langer gerade Schwerter in der Zeit vor Christus dürfte zu Fuss in Stichaktionen gelegen haben, da man damit einen Gegner der mit Schild und Kurzschwert angreift und noch keine dolle Rüstung hatte einfach viel früher trifft. Da muss man um den Schild herumkommen bevor man in Reichweite kommt, nah heranlassen darf man den nicht, sonst muss man ins Ringen übergehen. Schwungaktionen kosten Kraft und sind sehr gefährlich weil nicht so schnell.

JanPSV
01-01-2014, 20:18
Warum sollten sich junge Leute aus China die von 1200 Jahre alten Manuskripten ableiten sich mehr damit "auskennen" als ein Deutscher der das tut ?

Öhm, hatte ich das irgendwo behauptet?
Wobei man genaugenommen schon einen gewissen Vorteil in der Materie besitzt, wenn man selbst Muttersprachler ist und eben selbst der Kultur entstammt, die man da rekonstruiert. Das merke ich immer bei meiner eigenen Quellenarbeit.

Jedenfalls danke für die Links, ist ja so einiges aufschlussreiches dabei :-)

Jadetiger
02-01-2014, 15:42
Wobei man genaugenommen schon einen gewissen Vorteil in der Materie besitzt, wenn man selbst Muttersprachler ist und eben selbst der Kultur entstammt, die man da rekonstruiert. Das merke ich immer bei meiner eigenen Quellenarbeit.Das empfinde ich auch so! (-> Deutsches Hiebfechten nach A. Fehn :D )

Zur Serienfertigung: Ich hatte ehrlich gesagt bei dem, was wir heute meistens als "Jian" kennen (sehr schlanke, dünne Klinge; auch als Echtwaffe sehr flexibel; sehr kleiner Handschutz), nie angenommen, dass das eine militärische Waffe sein könnte. Dafür ist das Ding doch einfach zu fragil und teuer.
Gleiches gilt natürlich auch für die zweihändige Variante.

Die langen Zugschnitte in naher Mensur finde ich interessant. Evtl., um unter ein geschlossenes Visier stehen zu können?

T. Stoeppler
02-01-2014, 15:50
Die kommen daher, weil der andere Typ normalerweise auf einen zurennt und man die Klinge nicht wegprallen lassen will, sondern auf die schlechter geschützen Körperpartien rutschen lässt.

Ist das gleiche wie beim Reitersäbel (vom Pferd aus eingesetzt) - wenn man den "hackt" fliegt einem die Waffe aus der Hand und/oder prallt ab.

Gruss, Thomas

wudangjian
02-01-2014, 20:04
Das Thema Chinesischer Zweihänder und Chinesische Schwertfechtkünste im
allgemeinen ist spärlich an Informationen besetzt! Daher alles "in Ordnung" ;-)

Wir haben in unserem System einige Zweihänder Formen aus unserem Tang Lang Stil als auch aus anderen Stilen. Unser verstorbener Grossmeister Zhang Wan Fu war eine Koryphäe in Sachen chinesischer Schwertfechtkunst.... Shifu Heiko Klisch (WuDao Hamburg / Wu Dao - Schule für traditionelle Kampfkunst, Tang Lang Kung Fu und Tai Chi in Hamburg (http://www.wudao.de)) könnte dir bei dem Thema Zweihänder in Sachen Infos und/oder Unterricht bestimmt weiterhelfen.

Grundsätzlich gibt es viele Ähnlichkeiten in Sachen Techniken und Prinzipien zwischen dem Ein- und Zweihänder Jian. Nur das beim Zweihänder aufgrund der Reichweite und dem Gewicht andere Ansätze in der Führung und der Körperarbeit erforderlich sind.

Orientiere dich vielleicht einfach auch mal ein wenig an der Europäischen Schwertfechtkunst. Einiges (Techniken/Prinzipien) was ich von den Lichtenauer und anderen Kollegen (auch Live) gesehen habe, ist auch in der Chinesischen Schwertfechtkunst wieder zu finden.... Wobei die Trainingsansätze sowie die Philosophien dahinter natürlich schon kulturell bedingt anders sind.... soweit ich das überhaupt beurteilen kann ... :-)

Hier mal ein Video aus dem Tang Lang.
MZmE1cCgk7c&feature=share&list=FLdAVFmcVYmoDZCVX_dLR54A&index=21

VG
Frank

Klaus
02-01-2014, 23:19
"Sehr flexibel" heisst bei einer echten Waffe aber, dass man das mit Kraft auf einem festen Boden aufgesetzt 90° biegen kann, so wie ein deutsches Langschwert auch. Da flattert nichts einfach nur vom Bewegen, ausser es ist halt eins der Lamettadinger aus dem "Modernen Wushu".

Gong Fu
03-01-2014, 06:15
Tatsache ist dass viele sogenannte "traditionellen Taolu" gar nicht so alt sind.
Yu Chenghui hat sich ausgiebig mit dem Shuangshou Jian beschäftigt. Seine Arbeit hat sich dann auf viele andere Stile ausgewirkt.
So gibt es z.B. im traditionellen Qi Xing Tang Lang Quan keine Taolu mit dem Shuangshou Jian.

In der ganzen Zeit wo ich mich mit antiken chinesische Waffen beschäftige hatte ich bis jetzt nur ein einziges Shuangshou Jian aus der Qing Dai in der Hand.
Und nein, originale chinesische Schwerter sind nicht flexibel wie der neumodische Kram der im modern Wu Shu benutzt wird!

Gruß,
Gong Fu

JanPSV
03-01-2014, 09:36
Unser verstorbener Grossmeister Zhang Wan Fu war eine Koryphäe in Sachen chinesischer Schwertfechtkunst.... Shifu Heiko Klisch (WuDao Hamburg / Wu Dao - Schule für traditionelle Kampfkunst, Tang Lang Kung Fu und Tai Chi in Hamburg (http://www.wudao.de)) könnte dir bei dem Thema Zweihänder in Sachen Infos und/oder Unterricht bestimmt weiterhelfen.
Danke für den Tip, aber Hamburg ist mir dann doch ein wenig weit weg um mal eben vorbeizufahren ;-)



Orientiere dich vielleicht einfach auch mal ein wenig an der Europäischen Schwertfechtkunst. Einiges (Techniken/Prinzipien) was ich von den Lichtenauer und anderen Kollegen (auch Live) gesehen habe, ist auch in der Chinesischen Schwertfechtkunst wieder zu finden....
Ja genau das war auch der Anstoß für das von mir hier eröffnete Thema. Ich schnuppere ja sehr gerne in viele verschiedene Kampfkünste rein; und da habe ich den Eindruck dass Liechtenauer den Chinesischen Kampfkünsten deutlich ähnlicher als den Japanischen zu sein scheint. Aber dazu kenne ich mich halt nciht gut genug aus, um dieses subjektive Gefühl zu verifizieren.
Im gegegenzug empfinde ich z.B. die Italienische Schwerfechtkunst nach Fiore als ehr dem Japanischen ähnlich.. Aber ist halt im moment alles ehr "so ein Gefühl", was ich nur an wenigen Dingen wirklich konkret festmachen kann.

Zu den Flexiblen klingen: Ich dachte eh immer dass die modernen Alufolienklingen nur als Trainingswaffen gedacht waren um einem eine saubere Klingenführung aufzuzeigen mit den Wabbeldingern.

T. Stoeppler
03-01-2014, 15:47
Es gibt ja wirklich diverse chinesische und japanische Schwertstile - die sind stellenweise recht unterschiedlich, also nicht von den Techniken selbst (die sind überall in Ost und West ungefähr gleich) sondern eher von der Gewichtung der einzelnen Kernbewegungen und von der Fechttaktik, die verfolgt wird.

In den chinesischen Schulen gab es m.W. nach (man korrigere mich da, falls nötig) keine reine Duell-Schule - also die reine Idee eines gerichtlichen Duells gabs da nicht so wie hier. Die meisten Schwerttechniken, die man in den Formen bzw sehr kurzen Kurzformen findet, sind eben für das Feld, für mehrere Gegner, für unterschiedliche Waffen etc ausgelegt. Also die Paarung Shuangshou Jian gegen Shuangshou Jian nimmt einen verschwindend geringen Anteil ein. Und manchmal ist das auch nicht so wirklich klar, welcher move wann und gegen wen verwendet wird.

In Japan anders - da ist Schwert gegen Schwert wesentlich bedeutsamer, aber die Kata enthalten, je nach Stil auch ziemlich variable Anteile dort.

In deutscher Fechttradition wird aber fast immer von paarigen Waffen ausgegangen.

Interessant wirds, wenn man sich die Körperarbeit hinter den Waffen anguckt, da wirds spannend, da gibt es echte Unterschiede.

Gruss, Thomas

JanPSV
03-01-2014, 16:16
Schön, das deckt sich zum Teil mit meinen vermeindlichen Beobachtugnen ;-) Dass das Shuangshou Jian in den auf youtube auffindbaren Formen gegen mehrere Gegner gedacht zu sein scheint, ist denke ich recht deutlich sichtbar.

Alle vermeintlichen ähnlichkeiten Deutsch/italienisch/japanisch/chinesisch, die ich beschrieb, sind natürlich unter einer groben Vereinfachung und viel "über einen Kamm scheren" zu verstehen. Aber ich sammle ja noch Informationen ;-)

T. Stoeppler
03-01-2014, 16:34
Ich weiss nicht, ob du das schon gesehen hast, aber hier ist der Scott Rodell:

Rediscovering the Chinese Long Sword - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=wR7RlwSGj50)

Fairerweise ist das auch aus Quellen zum Miao Dao mit rekonstruiert, aber das tut der Sache keinen Abbruch. Das sieht für einen Liechtenauer-Langschwertfechter auch deutlich vertrauter aus.

Gruss, Thomas

Zhen Wu Germany
05-01-2014, 09:56
Ohje, hier wird aber ganz schön durcheinander gewürfelt.
Angelesene Infos sind ja immer schön und gut, ersetzen aber nicht ein ausgiebiges Training mit der jeweiligen Waffe. Da wird dann meist klar, was geht und was nicht.

Shuang Shou Jian ist NICHT zu vergleichen mit Miao Dao oder den europäischen Schwertern. Es ist NICHT für den Einsatz im Feld konzipiert.
Da die Infos und Quellen extrem spärlich sind, wie Gong Fu schon sagte, bezweifel ich auch eine längere aktive Tradition dieser Waffe im Gefecht.
Nichtsdestotrotz ist es eine tolle Waffe um viele Waffenrelevante Dinge zu trainieren.

Das Miao Dao, ein zweihändiges einschneidiges Schwert, ist dagegen genau für den Einsatz im Feld konzipiert. Es ist eine Militärwaffe durch und durch. Dort sind schon eher Parallelen zu europäischen Waffen zu finden. Der Clip von Scott Rodell gibt da einen netten ersten Eindruck.

Gruss Jochen

OliverJ
05-01-2014, 10:18
Na bleib mal fair, zur Infosuche gibts ja dieses Forum auch und Trainer sind ja anscheinend Mangelware.
Du hast zwar recht mit

Angelesene Infos sind ja immer schön und gut, ersetzen aber nicht ein ausgiebiges Training mit der jeweiligen Waffe.
aber wie kannst du dann selber über europäisches Fechten urteilen?

Shuang Shou Jian ist NICHT zu vergleichen mit Miao Dao oder den europäischen Schwertern.

Jeder Anfang muss ja mal gelegt werden, da sind vorabinfos doch nicht schlecht ;)

Klaus
05-01-2014, 13:53
Ich möchte hier keinen Streit, daher nur ganz kurz: zweihändig zu bedienende gerade lange Schwerter aus Stahl gibt es seit ca. 200 v. Chr. (vielleicht etwas früher). Was auch immer heute jemand in irgendeiner Linie lehrt, hat wenig bis gar nichts mit dem zu tun was andere Leute in der Region 100, 200, 500 oder 2000 Jahre vorher gemacht haben. Das war vor der Erfindung des Säbels irgendwann so etwa 600-1000 n.Chr. auch eine Militärwaffe, die ganzen Wächter der Tang, Sui und früher sind damit abgebildet. Die späte Wiederentdeckung am Ende des 2. Jahrtausend n. Chr. (Gong Fu kann sicher mehr dazu sagen) war eine Neuschöpfung, ich behaupte jetzt einfach mal aus der Intuition, einzelner Leute die einfach Spass daran hatten, und Zugang zu einem eigenen Schmied der sowas konnte. Was genau dieser Einzelne dann jeweils gemacht hat blieb im selbst überlassen, manches sieht aus wie Speer, manches wie Säbel, und manches ist eben eigen. Das was ich kenne ist eher speer- oder säbelartig mit eigenen Noten, das ist aber schon so lange her dass ich das nicht mehr recht zusammenkriege, macht aber auch nichts. Gegeben hat es alles drei, nur die Militärtradition dazwischen war etwa 1000 Jahre unterbrochen. Da mag ich nicht recht an mündliche Überlieferung glauben.

JanPSV
05-01-2014, 14:35
Shuang Shou Jian ist NICHT zu vergleichen mit Miao Dao oder den europäischen Schwertern. Es ist NICHT für den Einsatz im Feld konzipiert.
[...]
Das Miao Dao, ein zweihändiges einschneidiges Schwert, ist dagegen genau für den Einsatz im Feld konzipiert. Es ist eine Militärwaffe durch und durch. Dort sind schon eher Parallelen zu europäischen Waffen zu finden.

Das klingt jetzt so als wenn sämtliche Europäische Klingenwaffen für den Feldeinsatz konzipierte Militärwaffen gewesen wären.
Um auch hier Missverständnissen vorzubeugen: Es gab da im Grunde alles und für jeden Einsatzzweck eigene Schwerter/Klingenwaffen, die sich zum Teil nur in Details unterschieden. Zweikampf oder Mehrere Gegner? Formation oder frei? Zivil oder Krieg? Zu Pferde oder zu Fuß? Gerüstet oder Bloß? Ausserdem gab es alle nur erdenklichen Misch- und Hybridformen.
Das was heute zuallermeist an Europäischer Schwertkampfkunst praktiziert wird ist eindeutig der zivile Duellkampf 1 vs 1 ohne Rüstung.

Wenn das Shuang Shou Jian deiner Informationslage nach nicht für das Feld gedacht war, wofür denn dann? Für Wachen, wie es Klaus auch erwähnt?

Klaus
05-01-2014, 15:40
Damit meine ich, dass das zu der Zeit sehr wohl eine Militärwaffe war. Die Wächter waren ja Soldaten. Später halt nicht mehr, da würde man heute wohl von "Self-Defense" sprechen. ;)

Zhen Wu Germany
06-01-2014, 09:14
Wieso klingt das so, als wenn alle europäischen Waffen fürs Militär wären? Hab ich so nicht geschrieben.

Ich schrob auch nicht, das das Shuang Shou Jian keine Militärwaffe ist/war, sondern das es im Feld so nicht einzusetzen ist. Dafür ist es zu lang und durch die gerade Klinge zu flexibel. Damit wäre man kaum durch die Rüstung eines Fusssoldaten gekommen ohne extreme Schwierigkeiten zu haben, es wieder frei zu bekommen. Auch der Einsatz gegen Pferde ist fragwürdig, da es da das Chan Ma Dao oder Miao Dao für gegeben hat.
Für Wachen, hochrangige Militär und Adlige dagegen hat es seinen Sinn gehabt. Ich finde aus der Handhabung und dem Technikrepertoire der Waffe gut erkennen zu können (Achtung: eigene Meinung!), dass die Waffe hauptsächlich gegen leicht oder ungerüstete Menschen mit kurzen oder überhaupt keinen Waffen eingesetzt werden sollte.
Gegen gut gerüstete Lanzenträger gab es bessere Waffen und genug Fussvolk in der Armee ;)

JanPSV
06-01-2014, 12:53
Na ich finde halt dass man die Stelle, die ich von dir zitiert habe, so auffassen kann. Aber ist ja egal, habe jetzt verstanden wie du es meintest.
Damit deckt es sich noch mehr mit dem Einsatz des Europäischen Bidenhänders (den ab der Mitte des 16. Jh.).

Klaus
06-01-2014, 13:16
Irgendwie reden wir hier aneinander vorbei.

Wenn ich das richtig gelesen habe, dann spielten 2händige gerade Schwerter im Militär nach der Verbreitung von Säbeln bei den Ming (entnehme ich einfach mal den Abbildungen der Verbände) tatsächlich keine Rolle mehr, einfach weil ein Säbel für den Zweck besser geeignet ist (vom Pferd in die Gegend oder Pferden vor die Füsse halten). Die Japaner als ständig kriegführendes Volk haben ja auch nicht aus Spass nur noch eine Säbelform eingesetzt, egal wie man die nennt. Normale und kurze Jian waren noch als Ordonanz- und Seitenwaffe, insbesondere als Statussymbol im Einsatz.

Vorher wurden auch im Militär solche langen geraden Schwerter verwendet, einfach weil es nichts anderes gab.

Eine Tradition die die Schwertaktionen aus der Tang-Zeit bis in die Moderne transportiert hätte kann ich mir nicht vorstellen. Die sind möglicherweise im Repertoire für das einhändige Jian aufgegangen, weiss man aber auch nicht. Wahnwitzig ausgefuchst werden 2händige Systeme für besonders lange Teile nicht gewesen sein, einfach weil vieles mit so einem Gerät nicht geht. Das überschneidet sich ziemlich mit der Art wie man mit einem Speer oder einem einhändigen Jian umgeht.

Der wesentliche Zweck eines langen und damit schweren Jian ist, dass man damit leichter mit einem Gegner zurechtkommt der mit seinem Speer umgehen kann. Man kann besser die Energie eines Speers aufnehmen, den Speer beseitigen, und der Weg zum Gegner ist auch nicht so lang.

Ein vernünftiges Jian ist niemals so wabbelig dass man die Spitze wegdengeln kann dass sie quasi umklappt, auch nicht bei einem sehr langen. Das sind Bullsh*t-Teile, die leider viel zu oft benutzt werden. Entweder rutscht man damit an einer Lederrüstung ab, hat nicht die Kraft es zu halten, oder man kommt durch, aber die Spitze wird definitiv nie "umklappen" wie bei einem Sportdegen.

JanPSV
08-01-2014, 19:56
Ich glaube wir haben nicht aneinander vorbeigeredet. Mann muss halt zwischen den verschiedenen Varianten unterscheiden, mindestens halt zwischen der Nutzung solcher Waffen in der Epoche um Christi Geburt, und den im neuzeitlichen wiederaufkommenden shuangshou jian.
Danke für das nochmal verdeutlichende zusammenfassen :-)