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Vollständige Version anzeigen : Randori in Shorinji Kempo



gion toji
17-01-2014, 12:47
Wie wird Sparring (Randori) in Shorinji Kempo betrieben?
Welche Ausrüstung, nach welchen Regeln, Härtegrad, etc.
Gibt es verschiedene Abstufungen je nach Level des Schülers oder gibt es einfach nur "Randori"?
Wie oft wird das im Training gemacht?

JL..
17-01-2014, 18:38
Hmm, wo fange ich an … am besten am Ende. ;)
Die festesten Regeln und Formalia gibt es für das Randori in Prüfungen. Das ist in der Tat abgestuft nach Graduierung. Die ersten drei Kyu (die es erst seit letztem Jahr gibt) enthalten dabei noch kein Randori in der Prüfung. Ich zitiere mal, was zum Sankyu, dem ersten mit Randori, im Prüfungsprogramm steht:

Use protective equipment . Designate offender and defender. Evaluation is on whether proper defenses and counterattacks are performed against the attacks. Mandatory up to age 49.
[…]
[I]Goho Application:
Offense: Single choku zuki to jodan and chudan
Defense: Any counterattack
Juho Application:
Offense: Attack with grabs to one wrist (katate)
Defense: Defend and counterattack with ryuo ken and ryuka ken

In den weiteren Prüfungen kommen dann nach und nach weitere 'Freiheitsgrade' dazu, wie andere Ziele, fortgesetzte Angriffe etc.

Grundsätzlich muss man hier aber wohl ein paar Prinzipien (und Vokabeln, s. u.) erläutern, um das Ganze verständlich zu machen (Kanji gibt es u. a. auf der englischen Wikipedia-Seite und der schwedischen Homepage sowie tw. auch auf der deutschen, weswegen ich sie jetzt nicht alle raussuche):


Randori wa hokei no unyoho
"Randori ist die Anwendung (unyoho) der Techniken (hokei)."
Shorinjikempo-Techniken bestehen aus einer Partnerübung mit festgelegtem Angriff und Verteidigung, die wechselseitig ausgeführt werden. Die Aufgabe des Randori ist es dann, diese Techniken anzuwenden, wenn man nicht mehr (exakt) weiß, was kommt. Es ist also explizit kein 'Rumprügeln'.
Goho/Juho
Die Hokei teilen sich in 'harte' (Goho, Verteidigung gegen Angriffe mit Schlägen und Tritten) und 'weiche' (Juho, Verteidigung gegen Griffe am Körper) auf, wobei diese Unterteilung immer fließend ist (Goju ittai). Die dritte Gruppe ist Seiho, das sind die Heil- und Massagetechniken.
Diese Einteilung wird im Prüfungs-Randori beibehalten (bis auf Seiho ^^).
Shushu koju
Aufgrund der philosophischen Ausrichtung als Selbstverteidigungskunst, liegt das Augenmerk auf der Abwehr, was natürlich einen Angriff voraussetzt. Ähnlich wie im Aikido (allerdings nicht stilisiert) werden deswegen die Rollen von Angreifer (Kosha) und Verteidiger (Shusha) vorab festgelegt, damit sich einer der Partner auf die Verteidigung konzentrieren kann.

Das Randori wird streng von einem Schiedsrichter kontrolliert und nach jedem Treffer neu gestartet. Punkte werden nicht verteilt, da es nicht um das Besiegen des Partners, sondern um die Demonstration der korrekten Applikation geht.
Die genannten Vorgaben sind natürlich auf die Techniken ausgerichtet, die innerhalb einer bestimmten Graduierung gelernt werden.

Vokabeln (viele werden sicher auch in anderen Stilen regelmäßig verwendet):
choku zuki = gerader Schlag
jodan = obere Stufe (Kopf, Hals)
chudan = mittlere Stufe (Oberkörper)
ryuo ken = Name einer Technikfamilie mit Befreiungen
ryuka ken = Name einer Technikfamilie mit Würfen über Handgelenkhebel

***

Wie das alles nun im Training aussieht, hängt natürlich extrem vom Dojo/Sensei ab. Das reicht von Dojos, in denen Randori fast überhaupt nicht geübt wird, bis zu (finnischen ^^) Dojos, in denen Klopperei zum guten Ton gehört. Das meine ich nicht ganz wörtlich, aber ich denke, der Gedanke wird deutlich. :)
Wir befinden uns irgendwo in der Mitte, räumen dem Randori aber schon etwas mehr Raum ein als der Durchschnitt, denke ich (wie auch dem Seiho).
Das fängt meist mit sehr grundlegenden Übungen an, wie dem einfachen Spiegeln von nicht vorgegebenen Schritten, das sich später um Berührungen z. B. an den Schultern ergänzen lässt, wenn man in einer entsprechenden Distanz ist; dem 'Kämpfen' in Zeitlupe (dafür mit sehr wenig Vorgaben) oder dem Aufstellen in Reihen, die dann in schneller Folge eine Person mit den Angriffen attackieren, die vorher gerade geübt worden sind (meistens nur 2–3 verschiedene). Letzeres finde ich sehr eindrücklich, um den Unterschied zwischen der kooperativen Lernform im Hokei-Teil und einem unwilligen, kraftvollen Angreifer zu demonstrieren.
Im Fortgeschrittenenbereich üben wir dann deutlich freier, allerdings auch relativ selten mit Schutzausrüstung (dauert und wir haben auch nur zwei Helme, die sehr teuer sind). Das bedeutet natürlich, dass der Kontakt nicht voll durchgezogen wird, allerdings je nach Lust und Laune kann sich dann auch schon Bodenkampf usw. entwickeln. In der Regel hängt es von den Partnern ab, was sie sich selbst und gegenseitig zutrauen.

Falls das zu allgemein war, bitte einfach noch mal konkreter nachfragen!
JL

DerLenny
17-01-2014, 23:43
Der Angreifer macht eminent Schlag und lässt sich dann verkloppen?

JL..
18-01-2014, 00:06
Ich bin mir nicht ganz sicher, was mit "eminent" gemeint ist, und worauf es sich genau bezieht, aber ich versuche trotzdem mal, es zu beantworten.

Kosha führt im Randori je nach vorgebenem Rahmen einen freien Angriff aus, auf der ersten Stufe einen einzelnen, und bietet damit Shusha die Möglichkeit, eine eingeübte Technik anzuwenden.
Je nach Vorgabe, (Unterschied in der) Graduierung, Ehrgeiz etc. kann Kosha quasi mit ausgestrecktem Arm einfrieren, damit Shusha sich etwas überlegen kann, oder aber den Arm zurückziehen, komplett blocken, sich ganz zurückziehen oder weiter angreifen. Das hängt immer von der Situation ab.
Bei der zuletzt beschriebenen Übung mit dem Angreifen in Reihen, die ich vor allem für Juho einsetze, ist es üblich, sich durchaus etwas bockig zu stellen, damit Shusha unter Druck gesetzt wird.

Beantwortet das die Frage?

JL

DerLenny
18-01-2014, 18:33
Das hätte "einen Schlag" heißen sollen, sorry. Stummelfummel+ iPad und müde und so