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Vollständige Version anzeigen : Neues Video von unserem Freifechten mit Schwert & Buckler



Roland Warzecha
03-02-2014, 20:44
Besten Dank an Karen fürs Schneiden und Hochladen.
Hoffe, es bereitet Euch soviel Vergnügen wie mir:
Bittesehr! (http://vimeo.com/85750549)

Liebe Grüße,
Roland

Althalus
04-02-2014, 07:44
Ui, da höre ich schon wieder den Aufschrei: "Stiche zum Gesicht OHNE MASKE! Verantwortungslos! Gefährlich!" :D

Mir gefällts. :)

Roland Warzecha
04-02-2014, 10:22
Und mit Recht! Es ist gefährlich. Schwerter sind Waffen, oder?

Roland Warzecha
04-02-2014, 10:24
… und es freut mich natürlich, dass es Dir gefällt, Althalus. Karen und die Jungs haben jahrelang hart gearbeitet, um diese Kontrolle und Finesse zu erreichen.

Althalus
04-02-2014, 10:32
Und mit Recht! Es ist gefährlich. Schwerter sind Waffen, oder?
Jup - aber in der Rosa-Wattebausch-Wohlfühlwelt des HF darf man sowas doch nicht machen! :devil:

Karen und die Jungs haben jahrelang hart gearbeitet, um diese Kontrolle und Finesse zu erreichen.
Du weißt, dass du als Trainer etwas richtig gemacht hast, wenn deine Leute ohne jeden Schutz in lockerem Tempo frei fechten können, dabei grinsen und die schlimmsten Verletzungen ein paar schmale Striemen sind.

Ist halt kein "Sparring" im herkömmlichen Sinne. Na und? ;)

BloodRage
04-02-2014, 14:51
Sehr schönes Vid. :yeaha: Und auf die Unkenrufe der anderen einfach nicht hören. :D

timito
04-02-2014, 15:30
Dem kann ich mir nur anschließen!
Macht immer wieder Spaß euch zuzuschauen!

Beginner`s Mind
04-02-2014, 16:27
Ist halt kein "Sparring" im herkömmlichen Sinne.

Das ist mir beim Betrachten auch zuerst in den Sinn gekommen. Wirkt wie ein gut kontrolliertes Aufgabensparring zwischen gut ausgebildeten Leuten.
Verständnisfrage: Sind weit ausholende, schwingende Angriffe und auch Attacken auf die Beine dabei nicht gestattet ?

Auf jeden Fall scheint dort eine gute, kooperative Unterrichtssatmosphäre auf hohem technischen Niveau zu herrschen.
Würde ich mir gerne persönlich ansehen, wenn es in der Nähe wäre.

Esse quam videri
04-02-2014, 18:27
ich bin beim anschauen etwas zwiegespalten. Ich habe aber auch von Schwert und Buckler auch wenig Erfahrung, nur ohne. Gab es Aufgaben beim freikampf?

Was man schön sehen kann, ist das man ohne Ego auch ohne grossen Schutz frei trainieren kann. Klar ist nicht schnell etc, aber beide halten sich dran und dann passt es auch.


gruss

Roland Warzecha
04-02-2014, 18:40
Danke für die Anerkennung, freut mich.


Das ist mir beim Betrachten auch zuerst in den Sinn gekommen. Wirkt wie ein gut kontrolliertes Aufgabensparring zwischen gut ausgebildeten Leuten.

Ja, das trifft es. Idealerweise würde es ja immer so aussehen, wenn sich technisch versierte und konditionierte Kämpfer treffen, oder?
Es gab hier aber keine speziellen Aufgaben, auch wenn es natürlich immer Training ist und das geübt werden soll, was man schließlich lernen will!


Verständnisfrage: Sind weit ausholende, schwingende Angriffe und auch Attacken auf die Beine dabei nicht gestattet ?
Erlaubt wäre das schon. Macht nur keiner, weil das nicht erfolgversprechend ist. Für weites Ausholen und Schwingen brauchst Du einen längeren Weg und damit mehr Zeit. Lange Wege = langsames Fechten, kurze Wege = schnelles Fechten.
Sollte der Gegner also konsequent seine Klinge im Zentrum platzieren, um von dort zu stechen, wird er wegen des viel kürzeren Weges immer schneller sein, als derjenige, der mit Ausholen beschäftigt ist. Und mit weitem Ausholen und wuchtigem Dreinschlagen hast Du beim Schwert keinerlei Vorteil. Die Klinge erfordert vielmehr Präzision und macht ihren Job dann mühelos, wie sich in Schnittübungen immer wieder zeigt.

Hiebe zu den Beinen haben den Nachteil, dass sie eine kürzere Reichweite haben, als Attacken auf Kopf- und Schulterhöhe, weil sich der Waffenarm ja um das Schultergelenk dreht. Du müsstest also dichter rankommen. Und dann hat man wieder das eingangs beschriebene Problem: Längere Wege bedeuten höheren Zeitaufwand. Anders gesagt: Bevor Du in Reichweite der Beine kommst, bist Du bereits in Reichweite des Gegners, der dich weiter oben attackiert.
Sichere Hiebe zu den Beinen sind immer dann möglich und empfehlenswert, wenn man die Waffen oder Arme des bedrängten Gegners mit dem Schild hochgedrückt hat, und man seine Körperhaltung aufgefaltet hat. Das klappt immer wieder, ist auch historisch, kann aber nicht als Auftakt gemacht werden, sondern ergibt sich im Fechten aus dem Band.
Übrigens hat der tiefe Stand der Bucklerfechter genau hier seinen Ursprung: Wenn ich konsequent tief stehe und mich nach vorne beuge und den nötigen Abstand einhalte, werden meine Beine nahezu unangreifbar. Der Kampf konzentriert sich dann auf einen viel begrenzteren Raum, was man im Video auch ganz gut sehen kann.


Auf jeden Fall scheint dort eine gute, kooperative Unterrichtssatmosphäre auf hohem technischen Niveau zu herrschen.

Dankesehr, freut mich sehr, dass man das so wahrnimmt.

Beginner`s Mind
04-02-2014, 21:50
Vielen Dank für Deine sehr guten Erläuterungen :halbyeaha

Roland Warzecha
04-02-2014, 22:51
Bitte, mache ich doch gerne.

Günther
05-02-2014, 09:54
Scheint als ob in angenehmer Trainingsatmosphäre über Jahre hinweg anständig & mit Hirn dafür trainiert worden wäre - Respekt.


Gesendet von meinem iPhone mit Tapatalk

Roland Warzecha
05-02-2014, 12:13
Danke Günter.
Ja, ich bin sehr froh, dass meine besten Schüler bei meinem Weggang von meinem alten Verein mitgekommen sind.

Wenngleich Kampfkunsttraining ohne den nötigen Biss sinnlos ist, kämpfe ich zumal immer dann am besten, wenn ich nicht durch die Gier nach dem Siegtreffer gesteuert werde. Um die richtige Einstellung zu verinnerlichen, braucht es aber auch eine entsprechende Trainingsatmosphäre, bei der der Wille, die jeweilige Kunst zu lernen im Vordergrund steht, und nicht der flüchtige Triumph des schnellen Sieges im Sparring (auch wenn jeder lieber gewinnt, als verliert – klar!).

Genau so eine Atmosphäre haben wir in den letzten Jahren aufbauen können und bisher ist es uns noch jedesmal gelungen, diese gelöste aber zugleich konzentrierte Stimmung auch bei den Berlin Buckler Bouts (https://www.facebook.com/media/set/?set=a.400286110104922.1073741883.266934476773420&type=3) zu erzeugen, eine internationale Freifechtveranstaltung für Schwert & Buckler.
Darüber bin ich sehr glücklich, denn die übertrieben druckvollen und leider häufig technisch nur mäßig versierten Schlagabtäusche in ständig optimierter Power-Ranger-Rüstung, wie sie mittlerweile in vielen Turnieren des sogenannten Historischen Fechtens zu beobachten ist, finde ich für mein Teil wenig ansprechend.

Liebe Grüße aus dem Norden,
Roland

Beginner`s Mind
05-02-2014, 13:48
Darüber bin ich sehr glücklich, denn die übertrieben druckvollen und leider häufig technisch nur mäßig versierten Schlagabtäusche in ständig optimierter Power-Ranger-Rüstung, wie sie mittlerweile in vielen Turnieren des sogenannten Historischen Fechtens zu beobachten ist, finde ich für mein Teil wenig ansprechend...

Da gibt es in anderen Kampfsportarten ganz ähnliche Entwicklungen. Die Schutzausrüstung führt bei vielen Teilnehmern dazu, durch gegnerische Schläge durchzumarschieren ohne sich darüber bewusst zu sein, dass sie längst verstümmelt oder tot wären. So wird die Technik pervertiert.

Aranha_UNICAR
05-02-2014, 15:00
respect! :)

ich bin ja ahnungslos und kenn sowas nur aus filmen. allerdings siehts da irgendwie anders aus. nicht so schlängelnd. woher kommt dieser unterschied? (ich mein das nicht abwertend oder so, ich bin einfach nur neugierig)

Dreiven
05-02-2014, 21:49
Es gibt noch keinen Film, der die europäischen Kampfkünste anständig darstellt. (Rapier und so ausgenommen, da kenn ich micht nicht aus :D).

Vor allem Schwert und Buckler hab ich glaub noch nie in einem Film gesehen. Gibts da was?

Dreiven
05-02-2014, 21:51
Es gibt noch keinen Film, der die europäischen Kampfkünste anständig darstellt. (Rapier und so ausgenommen, da kenn ich micht nicht aus :D).

Vor allem Schwert und Buckler hab ich glaub noch nie in einem Film gesehen. Gibts da was?

JanPSV
05-02-2014, 23:02
Das wär doch mal ne Idee für nen Martial-Arts-Blockbuster "The rise of Grandmaster Talhoffer - Sommer 2014 in ihren Kinos!" Oder "Luitgerus vs Liechtenauer - clash of the grandmasters" :D

Althalus
06-02-2014, 05:48
Rapier ist in "Alatriste" ziemlich gut umgesetzt (da hat man sinnvollerweise einen Experten für Destreza als Fight Choreographer genommen). Vor allem hat mans hier geschafft, den "schmutzigen Stil" von Alatriste dem "geschulten" gegenüberzustellen.

woher kommt dieser unterschied?
Grundlegend aus der Intention. Roland arbeitet auf einen potentiell letalen Treffer hin, im Film versucht man, Drama zu erzeugen.

Eskrima-Düsseldorf
06-02-2014, 07:47
... wie sie mittlerweile in vielen Turnieren des sogenannten Historischen Fechtens...

Das wundert mich eh, wiederholt die Szene des HF da nicht nur die Entwicklung die das Sportfechten schon in den letzten 200 Jahren gemacht hat? Von der tödlichen Kampfkunst zu einer Sportart.

Althalus
06-02-2014, 08:08
Das wundert mich eh, wiederholt die Szene des HF da nicht nur die Entwicklung die das Sportfechten schon in den letzten 200 Jahren gemacht hat?
Die Diskussion wird hier ähnlich geführt wie in anderen Bereichen hier am Board - die Turnierfechter meinen, dass nur der Kampf im Turnier eine effektive Vorbereitung auf den "realen" Kampf darstellt, die "Kampfkünstler" weisen auf das Regelsystem hin.

Das Problem ist IMHO, dass hier die Modalitäten einer waffenlosen KK auf eine bewaffnete 1:1 übertragen werden. Nur geht das eben nicht. Wenn ich nen Schwinger fresse, überlebe ich den wohl in den meisten Fällen. Einen Schwerthieb ins Gesicht - eher weniger ...
Insofern ist eigentlich jedes Punktesystem schon fernab aller Realität.

Aus dem Punktesystem folgt aber auch die Konzentration auf das Punkte-machen. Das führt wiederum zur Vernachlässigung des Eigenschutzes - und damit zu grottigem Fechten.

Was du auf Rolands Video sehr deutlich siehst, ist der Eigenschutz als erstes Gebot. Erst danach folgt der Treffer in der Wichtigkeit. Wollte man das in ein Regelsystem umwandeln, müsste man eigentlich die abgewehrten Attacken zählen, nicht die gelandeten Treffer.

Eskrima-Düsseldorf
06-02-2014, 09:01
Die Diskussion wird hier ähnlich geführt wie in anderen Bereichen hier am Board - die Turnierfechter meinen, dass nur der Kampf im Turnier eine effektive Vorbereitung auf den "realen" Kampf darstellt, die "Kampfkünstler" weisen auf das Regelsystem hin.


Das stimmt, aber das meine ich gar nicht. Mir geht es eher darum, dass es diese Entwicklung "bei Euch" doch schon seit 200 Jahren gibt. Diese Entwicklung gipfelt halt im Moment im olympischen Fechten.

itto_ryu
06-02-2014, 10:01
Rapier ist in "Alatriste" ziemlich gut umgesetzt (da hat man sinnvollerweise einen Experten für Destreza als Fight Choreographer genommen). Vor allem hat mans hier geschafft, den "schmutzigen Stil" von Alatriste dem "geschulten" gegenüberzustellen.
:halbyeaha

OliverJ
06-02-2014, 10:42
Das stimmt, aber das meine ich gar nicht. Mir geht es eher darum, dass es diese Entwicklung "bei Euch" doch schon seit 200 Jahren gibt. Diese Entwicklung gipfelt halt im Moment im olympischen Fechten.

Das stimmt. Positiver Weise muss man aber sagen, dass sich die Ausrichter mit den Bewertungssystemen schon Mühe geben. Funktioniert mal besser mal schlechter.

solange Turniere und Wettkämpfe als Ergänzung zum Training gut funktionieren und eine "Bestätigung" des Trainings darstellen können, finde ich das sogar gut.

Wenn man dann aber auch im Training unter Wettkampfbedingungen auf "Punkte holen" trainiert, ändert sich das Fechten schon gewaltig.
Wenn man nicht gegensteuert wird es über kurz oder lang eine Spaltung in der Szene geben (wenn diese nicht schon längst existiert).
Im DJJV hat man das ja auch super hinbekommen ein Wettkampfsystem zu schaffen, in dem man mit nicht wettkampforientiertem Training keine Schnitte hat :(

Mahmut Aydin
06-02-2014, 11:29
sieht stark nach training von leuten aus die wissen was sie machen... schönes video

BloodRage
06-02-2014, 11:37
Rapier ist in "Alatriste" ziemlich gut umgesetzt (da hat man sinnvollerweise einen Experten für Destreza als Fight Choreographer genommen). Vor allem hat mans hier geschafft, den "schmutzigen Stil" von Alatriste dem "geschulten" gegenüberzustellen.


:halbyeaha

Außderdem ist eine europäische, sprich spanische Produktion und keine amerikanische.:D Das ist per se keine Allgemeingültigkeit. Es gibt genug grottige europäische Produktionen und gute amerikanische.:)

Chihab
06-02-2014, 12:22
Grundlegend aus der Intention. Roland arbeitet auf einen potentiell letalen Treffer hin, im Film versucht man, Drama zu erzeugen.

Jo, das Problem liegt auf beiden Seiten. Die meisten FIlmemacher verstehen nicht, dass ihre Choreos lächerlich aussehen, die meisten die sich auskennen verstehen nicht das ein Film ein Medium ist das nunmal eine künstliche, verfremdete Nachbildung der Realität darstellt. In Filmen wird anders geredet als in Echt, anders Gehandelt, es gibt Spannungsbögen und es wir halt auch anders gekämpft. Schlimm wirds erst wenn diese Dinge zu offensichtlich von der Realität abweichen, so das sie einem das Hineinversetzen in die Handlung verunmöglichen.
Alatriste fand ich da super, nach den meisten Rapierquellen immer noch zu verspielt und ein zu langes Hin und Her, aber wenigstens an historischen QUellen orientiert. Bei jedem Film mit Gladiatoren wäre ich schon froh wenn sie wenigstens korrekte Ausrüstung und Paarungen vewenden würden. (Da war der alte Spartakus mit Kirk Douglas bei weitem nicht so peinlich wie einige heutige Produktionen)

Was die Turniere angeht - ich denke solange mein Ziel ist Punkte zumachen und nicht, zu verhindern das ich welche verliere (ich steige mit einer bestimmten Punkte Zahl in den Kampf ein, werde ich getroffen sind die weg, auch bei einem Nachschlag/Doppel) und mich somit (auch im Angriff) aktiv schützen muss, wird man eher Swordfishartiges gekloppe sehen.

Und das sich das HF wie jede andere KK auch in die eher sportlich orientierten und die anderen aufspalten wird ist denke ich bereits im Gange und eine völlig normale Entwicklung in jeder Kampfkunst.

Was das Video betrifft - Hut ab, wir haben gestern das erste mal für die Analyse Kamera laufen lassen und es war zum Heulen. Echt schlimmer als alles bisher, muss der Vorführeffekt sein.
Wenn ich mir Rolands Zeug so ansehen dann weis ich dass ich noch lange, lange zu trainieren hab.

Eskrima-Düsseldorf
06-02-2014, 12:47
Und das sich das HF wie jede andere KK auch in die eher sportlich orientierten und die anderen aufspalten wird ist denke ich bereits im Gange und eine völlig normale Entwicklung in jeder Kampfkunst.


Diese Entwicklung ist nicht im Gange, sie ist abgeschlossen... Ihr wiederholt diese Entwicklung nur. Ich würde gerne mal sehen wie das "neue historische Sportfechten" in 100 Jahren aussieht.

Althalus
06-02-2014, 13:13
Ihr wiederholt diese Entwicklung nur.
Wie mans nimmt. Das moderne Fechten entstand aus der Motivation, das Fechten zur Körperertüchtigung zu nutzen und ihm den militärischen Charakter zu nehmen. Der Prozess begann schon im 19. Jhdt und wurde nach dem 2. WK endgültig abgeschlossen.

Beim HF dürfte die Entwicklung wohl eher ähnlich zum Kenjutsu/Kendô laufen, wobei hier das ganze rituelle Brimborium (zum Glück) fehlt.

itto_ryu
06-02-2014, 13:29
Beim HF dürfte die Entwicklung wohl eher ähnlich zum Kenjutsu/Kendô laufen, wobei hier das ganze rituelle Brimborium (zum Glück) fehlt.
Wobei zumindest in Sachen Disziplin und Etikette es gut tut, das einige HF-Gruppen (unbewusst/unbeabsichtigt) dem Kendo "nacheifern". Eine gewisse Förmlichkeit ist auch Tradition der europäischen Fechtkultur und gehört einfach auch zur Charakterbildung, wofür das Fechten ja schließlich auch irgendwann gedacht war.
Lustigerweise ist vieles im Kendo, was den Leuten als "rituelles Brimborium" erscheint, das Amalgam von westlich-europäisch-militärischem Einfluss und japanischer Traditionsstrenge. In Kenjutsu-Gruppen im Westen ist manchmal das "japanischer sein wollen als jeder Japaner" arg überzogen. Vom Kendo kenne ich hierzulande da meisens ein gesundes Verhältnis von Tradition, Disziplin und Lockerheit, auch bei den Japanern selbst.
In Hamburg konnte ich bei den Säbelprüfungen zum Christmann sehr schön sehen, wie mit Ernst, Strenge und Disziplin und damit einhergehend einer gewissen Förmlichkeit an die Sache rangegangen wurde, das war sehr erfrischend positiv und hat sich auch auf die Leistung und das Auftreten der Prüflinge super ausgewirkt. Hatte mich im Anschluss da auch sehr interessant mit den Organisatoren drüber unterhalten.
D.h. nicht, dass HF ein "unorganisierter Lotterhaufen" wäre. Aber von der "Individualisten-Spielwiese" hin zu einer gewissen Kasernenhierachie und Disziplin, wie sie in (guten) Kendo-Gruppen vorhanden ist, das begrüße ich.

Althalus
06-02-2014, 13:43
Eine gewisse Förmlichkeit ist auch Tradition der europäischen Fechtkultur
Na ja, stimmt auch nicht ganz. Was du meinst entspringt den Benimmregeln vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jhdts. Für den Säbel z.B. passts.
Davor war wohl eher überzogene Freundlichkeit en vogue, usw.

Es gibt nicht DIE europ. Fechtkultur. Die typische Fechtschul war für unser Verständnis wohl ein durchaus unhöfliches Ereignis.

Aber von der "Individualisten-Spielwiese" hin zu einer gewissen Kasernenhierachie und Disziplin
Kasernenhierarchie braucht keiner im HF, die braucht man beim Militär um die Befehlskette zu wahren. Disziplin ist so ein uneindeutiger Begriff ... Diszipliniertes Training kann zielgerichtet bedeuten oder dass keinem ein Lacher auskommt.

Chihab
06-02-2014, 15:07
Wobei zumindest in Sachen Disziplin und Etikette es gut tut, das einige HF-Gruppen (unbewusst/unbeabsichtigt) dem Kendo "nacheifern".

Nach meine Erfahrung braucht es Disziplin und Benimmregeln einfach ab einer bestimmten Gruppengröße.
Da besteht bei uns etwa ein großer Unterschied zwischen der 1.33 und der Rapiergruppe. Einfach weil 4 Leute, die zwischendurch hin und wieder mal quatschen das nur können wenn der Trainingsleiter mitmacht, währen 12 Leute sich damit ihre eigenen Pausen schaffen und dann kaum was im Training weitergeht. Bei der kleinen Gruppe brauchen wir auch keine konkreten Regeln für Diskutieren über Übungsannahmen, sobald einem etwas auffällt sagt er es dem Trainer, bei der Großen, kann es vorkommen das der Trainingsleiter an einem Ende der Halle ist und am anderen 4 Leute am fröhlichen Cerebralmasturbieren sind.
Ein kurzes Aufstellen und Grüßen vor dem Training, wie wir es machen, mag auf manche auch etwas lächerlich wirken, aber ich sehe darin Vorteile.
Es ist dann einfach festgelegt ab wann das Training beginnt und Konzentration und Disziplin gefragt ist. Da sind wir halt auch wieder bei dem Problem das es ab einer bestimmten Menge an Leuten Strukturen braucht.
Das ist etwa auch das was bei uns ein geregeltes Training, von einem formlosen Sparrings, oder (auch geleiteten) Übungstreffen unterscheidet.

itto_ryu
06-02-2014, 15:20
@Atlthalus: Da hast du natürlich recht, also wegen der Charakterschule bzgl. Fechtunterricht. Auch das war in Japan ja eher eine Entwicklung aus 300 Jahren quasi Frieden. Für uns Übende heute ist dies sicherlich aber förderlich als Aspekt des Fechtens als Körper- und Geistesschule, um das HF auf vielfältige Weise interessant zu machen. Die "Kasernenhierachie" war als Metapher gedacht, wobei natürlich aufgrund dessen, wenn man mit einem Militärfechtstil arbeitet, dieser Aspekt nicht völlig fern liegt.

@Chihab: Ich sehe es ähnlich, wie du. Ich habe festgestellt, seit ich eine festgelegte Trainingsordnung mit gewissen kleinen Ritualhandlungen eingeführt habe, wirkt sich das aufgrund einer gewissen Seriösität auch auf die innere Disziplin der Gruppe aus.

Insgesamt muss ich sagen, bin ich eben sehr durch meine 10 Jahre Kendo geprägt, ich bin als Übungsleiter natürlich schon locker, aber im Grunde meines Herzens sehe ich es so, dass man seine demokratischen Grundrechte an der Tür zur Übungshalle abgibt ;) Insofern sind mir die japanischen Leistungsschmieden mit ihrer disziplinierten höflichen Strenge wie im Kendo, Judo oder Kyokushinkai von Grund auf deutlich näher. Aber das ist mein persönliches Denken, irgendwo zwischen den zwei Extremen kann man sich sicherlich auf einen Schnitt einigen. Ein gewisses Reiho/Förmlichkeiten/Fechtsaalregeln gehört sich einfach. Es ist auf jeden Fall ein spannendes Thema für alle Übungsleiter/Vorturner/Trainer.

OliverJ
06-02-2014, 16:06
Diese Entwicklung ist nicht im Gange, sie ist abgeschlossen... Ihr wiederholt diese Entwicklung nur. Ich würde gerne mal sehen wie das "neue historische Sportfechten" in 100 Jahren aussieht.

Es gibt von mancher Seite durchaus Bemühungen sich dem Sprotfechten in Richtlinien, Struktur, Ausrüstung etc. anzunähern bzw. anzuschließen.
Sodass, salop gesagt, eine Erweiterung der Waffen auf Florett/Degen/Säbel/Schwert stattfinden soll/angestrebt wird.

Was solche Themen angeht dürften schon die nächsten 10 Jahre interessant werden.

Roland Warzecha
06-02-2014, 20:31
respect! :)

ich bin ja ahnungslos und kenn sowas nur aus filmen. allerdings siehts da irgendwie anders aus. nicht so schlängelnd. woher kommt dieser unterschied? (ich mein das nicht abwertend oder so, ich bin einfach nur neugierig)

Das mit dem "Schlängeln" hast du gut beobachtet. Das trifft es.

In Filmen wird immer weit ausgeholt um (völlig unnötig) wuchtig zuzuschlagen. Kreuzen sich die Klingen, wird dieser Kontakt gelöst – und erneut ausgeholt.

Wenn man sich vorstellt, was wohl passieren würde, wenn einer der beiden Filmfechter einfach seine Klinge stehen ließe, wo er sie soeben platziert hat, während der andere seine Waffe nach hinten wegnimmt, um auszuholen, dann kann man sich gut vorstellen, wie der Kampf wohl ausginge: Der Ausholverweigerer sticht oder schneidet dem Ausholer ins Gesicht oder in den Hals!

Wenn nun aber beide das erneute Ausholen verweigern und nach einem initialen Klingenkontakt darum ringen, dem anderen eine zu verpassen, ohne die eigene Deckung aufzugeben, dann ist man schnell bei diesem schlängelnden Eindruck: Die Schwertspitze will die ganze Zeit zum Ziel, und zwar auf dem kürzesten, sicheren Weg. Der gefühlte Druck des Gegners, den man durch das Schwert wahrnimmt, sagt einem, wohin man sich wenden muss – wie bei anderen KKs auch.

Ist das einigermaßen verständlich?

Liebe Grüße,
Roland

Eskrima-Düsseldorf
07-02-2014, 07:13
Nach meine Erfahrung braucht es Disziplin und Benimmregeln einfach ab einer bestimmten Gruppengröße.
Da besteht bei uns etwa ein großer Unterschied zwischen der 1.33 und der Rapiergruppe. Einfach weil 4 Leute, die zwischendurch hin und wieder mal quatschen das nur können wenn der Trainingsleiter mitmacht, währen 12 Leute sich damit ihre eigenen Pausen schaffen und dann kaum was im Training weitergeht. Bei der kleinen Gruppe brauchen wir auch keine konkreten Regeln für Diskutieren über Übungsannahmen, sobald einem etwas auffällt sagt er es dem Trainer, bei der Großen, kann es vorkommen das der Trainingsleiter an einem Ende der Halle ist und am anderen 4 Leute am fröhlichen Cerebralmasturbieren sind.
Ein kurzes Aufstellen und Grüßen vor dem Training, wie wir es machen, mag auf manche auch etwas lächerlich wirken, aber ich sehe darin Vorteile.
Es ist dann einfach festgelegt ab wann das Training beginnt und Konzentration und Disziplin gefragt ist. Da sind wir halt auch wieder bei dem Problem das es ab einer bestimmten Menge an Leuten Strukturen braucht.
Das ist etwa auch das was bei uns ein geregeltes Training, von einem formlosen Sparrings, oder (auch geleiteten) Übungstreffen unterscheidet.

:beer:

Linus
07-02-2014, 13:06
Das mit dem "Schlängeln" hast du gut beobachtet. Das trifft es.

In Filmen wird immer weit ausgeholt um (völlig unnötig) wuchtig zuzuschlagen. Kreuzen sich die Klingen, wird dieser Kontakt gelöst – und erneut ausgeholt.

Wenn man sich vorstellt, was wohl passieren würde, wenn einer der beiden Filmfechter einfach seine Klinge stehen ließe, wo er sie soeben platziert hat, während der andere seine Waffe nach hinten wegnimmt, um auszuholen, dann kann man sich gut vorstellen, wie der Kampf wohl ausginge: Der Ausholverweigerer sticht oder schneidet dem Ausholer ins Gesicht oder in den Hals!

Wenn nun aber beide das erneute Ausholen verweigern und nach einem initialen Klingenkontakt darum ringen, dem anderen eine zu verpassen, ohne die eigene Deckung aufzugeben, dann ist man schnell bei diesem schlängelnden Eindruck: Die Schwertspitze will die ganze Zeit zum Ziel, und zwar auf dem kürzesten, sicheren Weg. Der gefühlte Druck des Gegners, den man durch das Schwert wahrnimmt, sagt einem, wohin man sich wenden muss – wie bei anderen KKs auch.

Ist das einigermaßen verständlich?

Liebe Grüße,
Roland

Als interessierter Laie => sehr schönes Video macht Lust es mal auszuprobieren und vielen Dank für die anschauliche Erklärung, dadurch habe ich das Video nicht nur genossen, sondern auch das Gesehene verstanden :)

Aranha_UNICAR
07-02-2014, 13:39
Danke für die schöner erklärung, Roland. :)

ThomasL
07-02-2014, 20:47
Schönes Video, Roland. Da bekomme ich direkt Lust mal wieder Schwert und Buckler aus dem Schrank zu holen.

Roland Warzecha
11-02-2014, 11:42
Hi Thomas,

lange nichts gehört. Vielleicht hast Du ja, wenn Du den Rost vom Schwert gekratzt hast, mal Lust, zu den alle sechs Monate stattfindenden Berlin Buckler Bouts zu kommen? Mehr Info hier (https://www.facebook.com/events/259586004201759/).

Liebe Grüße,
Roland

Sturmnacht
11-02-2014, 14:46
Das mit dem "Schlängeln" hast du gut beobachtet. Das trifft es.

In Filmen wird immer weit ausgeholt um (völlig unnötig) wuchtig zuzuschlagen. Kreuzen sich die Klingen, wird dieser Kontakt gelöst – und erneut ausgeholt.

Wenn man sich vorstellt, was wohl passieren würde, wenn einer der beiden Filmfechter einfach seine Klinge stehen ließe, wo er sie soeben platziert hat, während der andere seine Waffe nach hinten wegnimmt, um auszuholen, dann kann man sich gut vorstellen, wie der Kampf wohl ausginge: Der Ausholverweigerer sticht oder schneidet dem Ausholer ins Gesicht oder in den Hals!

Wenn nun aber beide das erneute Ausholen verweigern und nach einem initialen Klingenkontakt darum ringen, dem anderen eine zu verpassen, ohne die eigene Deckung aufzugeben, dann ist man schnell bei diesem schlängelnden Eindruck: Die Schwertspitze will die ganze Zeit zum Ziel, und zwar auf dem kürzesten, sicheren Weg. Der gefühlte Druck des Gegners, den man durch das Schwert wahrnimmt, sagt einem, wohin man sich wenden muss – wie bei anderen KKs auch.

Ist das einigermaßen verständlich?

Liebe Grüße,
Roland

schöne erklärung...
so kenn ich es aber auch aus dem escrima...
ausholen in der kampfdistanz ist tödlich...

das video konnte ich leider noch nicht angucken... mag der pc hier grad nicht.. hole ich aber nachher gern nach... schwert buckler mag ich sehr gern... freue mich da nachher drauf...

Chihab
11-02-2014, 15:25
hier (https://www.facebook.com/events/259586004201759/).



Wenn Berlin nicht so weit weg wäre und wir nicht noch so schlecht dann würds mich ja auch wirklich reizen.
Vor allem weil ich gemeinsame Sparrings und austausch Treffen um so vieles reizvoller und angenehmer finde als Turniere.

ThomasL
12-02-2014, 18:05
"Vielleicht hast Du ja, wenn Du den Rost vom Schwert gekratzt hast..."
Ist lustig gemeint, aber ich befürchte das müsste ich wirklich erstmal tun ;-)

"...mal Lust, zu den alle sechs Monate stattfindenden Berlin Buckler Bouts zu kommen?"
Würde mich schon reizen mal wieder mit Dir die Klinge zu kreuzen. Allerdings liegen meine Prioritäten inzwischenzeit anders. Falls Du aber mal hier in die Ecke kommst, bitte bescheid geben.

Auf alle Fälle freut es mich zu sehen, wie ihr Euch entwickelt habt!

Jadetiger
13-02-2014, 09:02
Hab den Thread gerade erst gesehen.

Sehr schönes Video! :yeaha:

Die Aktionen sehen sehr schön kontrolliert und präzise aus.

Wir arbeiten beim Säbel im technischen Trainingsteil und beim freien Manschettieren auch ohne Maske. Das ist kein Problem solang man die Leute kennt, mit denen man das macht.

Lowkick Loverboy
14-02-2014, 19:19
In Filmen wird immer weit ausgeholt um (völlig unnötig) wuchtig zuzuschlagen. Kreuzen sich die Klingen, wird dieser Kontakt gelöst – und erneut ausgeholt.

Wenn man sich vorstellt, was wohl passieren würde, wenn einer der beiden Filmfechter einfach seine Klinge stehen ließe, wo er sie soeben platziert hat, während der andere seine Waffe nach hinten wegnimmt, um auszuholen, dann kann man sich gut vorstellen, wie der Kampf wohl ausginge: Der Ausholverweigerer sticht oder schneidet dem Ausholer ins Gesicht oder in den Hals!

Wenn nun aber beide das erneute Ausholen verweigern und nach einem initialen Klingenkontakt darum ringen, dem anderen eine zu verpassen, ohne die eigene Deckung aufzugeben, dann ist man schnell bei diesem schlängelnden Eindruck: Die Schwertspitze will die ganze Zeit zum Ziel, und zwar auf dem kürzesten, sicheren Weg. Der gefühlte Druck des Gegners, den man durch das Schwert wahrnimmt, sagt einem, wohin man sich wenden muss – wie bei anderen KKs auch.


Ja, so macht man das in anderen KKs auch. Zum Beispiel im Wing Chun, was ich meine ganze Jugend durch trainiert hatte. Leider wussten die Thaiboxer, bei denen ich mit 20 ins Training eingestiegen bin, nicht, dass meine Faust eigentlich gerade auf dem kürzestem Weg zu ihrer Nase unterwegs ist, und haben mir mit ordentlich Ausholen und Schmackes auf die Fresse gehauen. ;)

Wir hatten die Diskussion ja schon in Freiburg; Klingenbindung und Fühlen an der Klinge sind wichtig, aber sie sind nicht das Allheilmittel. Hat nicht K. R. Kernspecht selbst einmal festgestellt: "Wing-Tsun-Leute werden süchtig nach dem Chis Sao"? Die Gefahr sehe ich auch im Schwert & Buckler-Fechten, und erst recht, wenn man mit scharfen Waffen arbeitet. Dann ficht man nämlich notgedrungen mit einer Power und Geschwindigkeit, die das fühlen noch erlaubt. Unter Wuchtschlägen, und vor allem dann, wenn die Waffe des Gegners deutlich schwerer ist, kann so ein Vorgehen evtl. nur noch schwierig umzusetzen sein.

--> Live blades im Training, mit den wenigen Freunden, mit denen man das machen kann: auf jeden Fall. Langsames Fechten zum Spürenlernen: auch auf jeden Fall. Powershots mit Rattan, voller Geschwindigkeit und ohne Bindung: aber erst recht auf jeden Fall. In Anlehnung an George Silver: "There is no perfection in the true fight, without both feel and bäm!"

Beste Grüße
Sixt

itto_ryu
15-02-2014, 10:00
Leider wussten die Thaiboxer, bei denen ich mit 20 ins Training eingestiegen bin, nicht, dass meine Faust eigentlich gerade auf dem kürzestem Weg zu ihrer Nase unterwegs ist, und haben mir mit ordentlich Ausholen und Schmackes auf die Fresse gehauen. ;)

:D Das Problem ist bei vielen zentral ausgerichteten Fausthieben ist man leider auch offen für wuchtige Overhands usw. Wie beim Stockkampf spielt da zudem auch die Wuchtwirkung eine wesentlichere Rolle. Berühren allein reicht nicht.

Ich denke, man muss hierbei jedoch unterscheiden, waffenloser Kampf und Klingenkampf und innerhalb des Klingenkampfes ob gerüstet oder ungerüstet. Bei einem schnellen Stich mit dem Schwert ins ungeschutzte Gesicht, klar, da kann die Sache rasch vorbei sein. Und selbst da gibt es Unterschiede, im schottischen Broadsword mit und ohne Schild (Targe) gibt es z.B. Angriffe auf die Beine, auch gibt es weit ausholendere Schläge. Es gibt aber auch die schnellen Stiche und "schlängelnden" Aktionen ähnlich. Deckungsgleich gibt es dies im persisichen Schwertkampf (gerüstet) mit dem Shamshir wuchtige Hiebe zum Bein, geschwungene Hiebe usw. Es ist immer situationsabhängig und die Frage der Kampfweise bzw. genutzten Ausrüstung. Beim Bloßfechten mit Schwert & Buckler (und sicherlich auch anderen Waffen) ist diese Vorgehensweise sicherlich sinnvoll, will nur sagen, man sollte dies nicht allgemeingültig betrachten.

Chihab
15-02-2014, 11:38
Ja, so macht man das in anderen KKs auch. Zum Beispiel im Wing Chun, was ich meine ganze Jugend durch trainiert hatte. Leider wussten die Thaiboxer, bei denen ich mit 20 ins Training eingestiegen bin, nicht, dass meine Faust eigentlich gerade auf dem kürzestem Weg zu ihrer Nase unterwegs ist, und haben mir mit ordentlich Ausholen und Schmackes auf die Fresse gehauen. ;)

Wir hatten die Diskussion ja schon in Freiburg; Klingenbindung und Fühlen an der Klinge sind wichtig, aber sie sind nicht das Allheilmittel. Hat nicht K. R. Kernspecht selbst einmal festgestellt: "Wing-Tsun-Leute werden süchtig nach dem Chis Sao"? Die Gefahr sehe ich auch im Schwert & Buckler-Fechten, und erst recht, wenn man mit scharfen Waffen arbeitet. Dann ficht man nämlich notgedrungen mit einer Power und Geschwindigkeit, die das fühlen noch erlaubt. Unter Wuchtschlägen, und vor allem dann, wenn die Waffe des Gegners deutlich schwerer ist, kann so ein Vorgehen evtl. nur noch schwierig umzusetzen sein.

--> Live blades im Training, mit den wenigen Freunden, mit denen man das machen kann: auf jeden Fall. Langsames Fechten zum Spürenlernen: auch auf jeden Fall. Powershots mit Rattan, voller Geschwindigkeit und ohne Bindung: aber erst recht auf jeden Fall. In Anlehnung an George Silver: "There is no perfection in the true fight, without both feel and bäm!"

Beste Grüße
Sixt

Ich glaube das Prügeln mit Rattan zwar spaßig ist, aber weit mehr Verfremdet, als es hilft.

Wenn du mit Buckler und Klinge im Zentrum bist und der andere holt weit aus - warum führst du deinen Stich nicht grade weiter und Schützt dich mit dem Buckler?
Ich denke das Problem würde mit scharfen Waffen nicht existieren, ich bleib ja nicht exakt in Treffer distanz stehen, wo ich eine kassier, sondern gehe weiter bis meine Waffe bis zum Anschlag drinn ist und ich den andren umstoßen kann.

Unt ich trainiere 1.33 zwar erst seit einem Jahr, aber alles an diesem System sieht mir danach aus als wäre es für leichte, schnelle Schwerter ausgelegt. Und wohl weniger für das 1,7 kg Teil das Torsten Schneyer mal vermessen hat.
Glaube aber auch das im Kontext eines Zweikampfes eine zu hohe Geschwindigkeit eher ein Anachronismus ist, zumindest bei einem Ordal, wenn beide Kämpfen können und das Risiko kennen (Beispiele wo sich beide übereifrig aud die Waffe des anderen warfen kenne ich eigentlich erst von später) würden sie denke ich etwas vorsichtiger vorgehen.

Vor allem bleibt das Problem - Waffe von A ist im Zentrum, greift B direkt zum Mann an sollte A einen Stichschlag setzen. Schlägt B wuchtig auf das Schwert von A, tut er ihm eigentlich einen Gefallen und A wird durchwechseln, durchtreten (oder wenn er auch Rapier ficht cavieren).

Oder hab ich dich jetzt völlig falsch verstanden?

T. Stoeppler
15-02-2014, 12:27
Das ist eine seit langem geführte Diskussion - also wieviel Schlaghärte in den historischen Quellen nun üblich war. Die Kraft braucht man eigentlich nur, um eine Klinge wegzuräumen oder zu blockieren. In beiden Fällen ist ein "wuchtiger" Schlag völlig ungeeignet. Man braucht so etwas wie einen kurzen Impuls mit der Klinge. (die Fechter, die mich kennen, wissen was ich meine) Wenn der Impuls länger also "schiebend" wird, wechselt der Gegner durch. Oder, schlimmer, er sieht es einfach vorher und bewegt sich dann direkter.

Die Leute, die früher versucht haben primär mit "wumms" zu fechten - das gabs ja auch - eliminier(t)en sich über die Zeit einfach schneller als die, die kürzer und bemessener fechten. Das ist einfach der Grund, warum man in den Quellen die Techniken so sieht.

Dazu kommt natürlich, dass man mit einem "Büffel" ebenfalls umgehen muss, man muss es also auch mal üben. Übel ist es immer, (es gibt zahlreiche Anekdoten aus Ost und West) wenn der präziseste Fechtmeister von einem Bauer mit nem Knüppel weggekloppt wird.

Gruss, Thomas

gast
15-02-2014, 20:32
Die Videos finde ich sehr gut, stärkt Gefahrenbewusstsein und "Sinn für die Blöße". Und nebenher auch absolut historisch:)


Das ist eine seit langem geführte Diskussion - also wieviel Schlaghärte in den historischen Quellen nun üblich war. Die Kraft braucht man eigentlich nur, um eine Klinge wegzuräumen oder zu blockieren. In beiden Fällen ist ein "wuchtiger" Schlag völlig ungeeignet. Man braucht so etwas wie einen kurzen Impuls mit der Klinge. (die Fechter, die mich kennen, wissen was ich meine) Wenn der Impuls länger also "schiebend" wird, wechselt der Gegner durch. Oder, schlimmer, er sieht es einfach vorher und bewegt sich dann direkter.

Die Leute, die früher versucht haben primär mit "wumms" zu fechten - das gabs ja auch - eliminier(t)en sich über die Zeit einfach schneller als die, die kürzer und bemessener fechten. Das ist einfach der Grund, warum man in den Quellen die Techniken so sieht.

Dazu kommt natürlich, dass man mit einem "Büffel" ebenfalls umgehen muss, man muss es also auch mal üben. Übel ist es immer, (es gibt zahlreiche Anekdoten aus Ost und West) wenn der präziseste Fechtmeister von einem Bauer mit nem Knüppel weggekloppt wird.

Gruss, Thomas

Also, ich denke, da gibt es relativ wenig Diskussionspielraum, denn in Deutschen Schule steht doch beides auf gleicher Ebene. Man kann hart und weich sein und das beziehe ich nicht nur auf die Bindung. "Richtiges Anbringen der Stärke" ist doch eine Tugend der Kunst des Fechtens, dass man immer weich sein sollte, steht nirgendwo.
Das wird vor allem anschaulich, wenn man in den Talhoffer guckt: der gute Mann hat zwar auch blitzschnelle "freie Haue" aber auch ordentliche, weit ausgeholte Kracher.
Und warum nicht: wenn es taktisch sinnvoll ist, kann ich draufhauen. Wobei man eben auch das systematisch und kontrolliert machen muss. Und genau das ist der Unterschied zwischen einem Fechter und einem Büffel, denn dieser kloppt ohne Sinn und Verstand drauf und macht sich dadurch angreifbar.
Wenn dann gestandene Meister von solchen Leute besiegt werden, dann ist das wohl so wie du sagst: falsches Training. Aber das ist doch heute immer noch so: Graduierungen sagen ja gar nichts über Fähigkeiten aus. :)

Chihab
16-02-2014, 01:52
Zuviel mit Leuten die sich im System bewegen Fechten kann einen etwas aus dem Konzept bringen.

Bei uns setzt zbe kaum einer einen freien Angriff zum Körper, wir haben schließlich gelernt das das wenig bringt, weil mit Schild/Stichschlag einfach zu beanworten, also lieber Zentrum besetzen und dann rein oder über die Bindung.

Wenn mir dann einer tatsächlich im Freikampf mit dem direkten Angriff reinspringt bin ich erstmal so überrascht das er gute chancen hat durchzukommen.
Muss aber dazu sagen das bei uns freies Bucklerspiel (kontrolliert und ohne Maske & dicke Handschue) erst seit ca 3 Monaten auf dem programm steht.

Althalus
16-02-2014, 08:05
Die späteren Quellen sind da etwas präziser, wichtig finde ich aber den Begriff des "sich Verhauens", den wir z.B. beim Hiebfechten vor 1800 schon finden.
Gemeint ist damit, dass ein Hieb so wuchtig geführt wird, dass er den Ort der Klinge aus dem Zentrum befördert - die Bedrohung damit also verschwindet.

Das bitte beim reinen Hiebfechten, ohne Stoß!

Die wuchtigen Hiebe haben also einen gewaltigen Nachteil: wenn sie nicht treffen (und man weicht ihnen deutlich leichter aus, als viele glauben), ist die Waffe damit für ein Tempo verloren. Diese Methodik finden wir sehr häufig im Anonimo Bolognese, der liebend gern mal eben die eigene Klinge aus dem Weg nimmt, um dem Gegner Platz zu machen ...

Dennoch können diese Hiebe natürlich auch funktionieren - besonders gegen die Fechter, die sich prinzipiell nur mit der Klinge decken. Da das gefühlte 98% aller derzeitigen HFler sind, funktionieren auch die Wuchthiebe ...

T. Stoeppler
16-02-2014, 09:41
In der 3227a wird z.B. ganz klar von Ausholen und "wuchten" abgeraten.
Im I.33 wird sowas auch nicht praktiziert und wird auch nirgends in anderen Quellen explizit angeleitet. Dargestellt natürlich schon - gesehen hat man sowas ja auch oft.

Wie gesagt, mit einem harten, kurzen Impuls zu fechten ist eben etwas anderes als rumzuknüppeln.

Gruss, Thomas

Althalus
17-02-2014, 09:49
Ich denke das Problem würde mit scharfen Waffen nicht existieren,
Ich denke, viele Probleme würden mit scharfen Klingen nicht existieren - das hat unser Versuch des Fechtens mit scharfer Klinge bereits gezeigt.
Da wird z.B. eine Bedrohung nicht einfach ignoriert, um einen Treffer zu landen - dazu ist die Bedrohung zu real. Da wird viel weniger linear agiert, einfach weil da ein scharfer Ort droht, usw.

mit einem harten, kurzen Impuls zu fechten
Das funzt mit scharfer Klinge auch deutlich besser als mit stumpfer. Wenn die Klinge nicht einfach abrutscht, ist der harte Impuls deutlich präziser zu übertragen.

Es gibt da einige Artefakte, die der stumpfen Klinge geschuldet sind.

JanPSV
18-02-2014, 18:35
Habe mir die letzten drei Seiten der Diskussion erst heute in Ruhe durchlesen können.
Ich denke im Grunde herrscht doch Konsens hier:
Klar sollte man Stark und Kraftvoll fechten, das vordern auch die Quellen. Aber ganz essentiell ist eben, dass diese Kraft im richtigen Maße und Kontrolliert eingesetzt wird. Man soll sich nicht "verhauen", und die Kraft besser in des Gegners Körper als in seine Klinge richten ;-)
Deshalb sind solche übungen wie langsam Fechten und ohne Schutzausrüstung sehr Sinnvoll, aber eben auch hin und wieder das Üben mit hoher Power in dicker Schutzausrüstung ist sinvoll, weil man so die Erdung bekommt ob die ganzen eintrainierten Bindungsarbeitgeschichten eben auch gegen höheren Widerstand und Druck funktionieren, oder ob man evtl. noch an details wie der Winkelarbeit und stabilität üben muss.
Man kann halt nur immer Einzelaspekte eines realen Kampfes simulieren, nie alles gleichzeitig (Wenn man keine Toten Trainingspartner in Kauf nehmen möchte...), deshalb empfinde ich es als Sinvoll, verschiedene Übungsmodi zu kombinieren (So wie es LowkockLoverboy bereits formuliert hatte).

@ Thomas: Das mit dem kraftvollen, aber nur kurzen Impuls ("Klitzen") ist ein sehr wichtiger Punkt. Da sprechen wir nächste Woche am besten mal drüber ;-)

itto_ryu
19-02-2014, 05:14
@JanPSV: :halbyeaha

Althalus
19-02-2014, 07:21
weil man so die Erdung bekommt ob die ganzen eintrainierten Bindungsarbeitgeschichten eben auch gegen höheren Widerstand und Druck funktionieren,
Das Problem bei der Geschichte ist, dass eben gerade DAS mit stumpfer Klinge nur bedingt funktioniert. Hab ich am Dreynevent mal wieder eindrucksvoll sehen dürfen - die Bindung wird ignoriert, weil man halt wunderbar wegrutschen kann und es wird einfach reingedroschen. Ich würd ja auch die ganzen Helikopter-Fechter gerne mal mit scharfen Klingen sehen ...

Und wenn ich mir die "hohe Power" so ansehe, dann endet die meistens in wildem Rumgekloppe und Doppeltreffer-Orgien ...

Power kommt durch Effizienz und Präzision - und die sehe ich derzeit eher selten (interessanterweise eher bei den Rapierleuten, vereinzelt bei den Säblern).

T. Stoeppler
19-02-2014, 15:02
Sehe ich auch so.

Wenn man durch schneller+fester draufkloppen die Kampfrichter besser erfreuen kann, ist das eben effizienter.

Am Ende sitzt man sich ja meist nicht armlos/handlos/leblos gegenüber und mault sich an "Du bist ja total irre, haust einfach zu wenn ich auch zuhaue..."

Mit scharfen Klingen ist die Technik an der Bindung eine lernenswerte Kunst, da muss man sofort Kontrolle über den Impuls und die Ausrichtung bekommen, sich an die Gegenreaktion des Gegenübers anpassen usw.

Gruss, Thomas