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Vollständige Version anzeigen : Historische Arnis / Kali / Eskrima Aufzeichnungen?



Schwabe
04-02-2014, 06:27
Hallo,

gibt es ähnlich wie aus dem historischen Fechten auch Aufzeichnungen von historischen FMAs?
Leider sind mir dazu keine Aufzeichnungen bekannt und auch wenn die für das aktuelle Training wohl nur einen überschaubaren Nutzen haben wäre es einfach interessant, zumindest für mich ;)

Sportliche Grüße aus dem Süden

Beginner`s Mind
04-02-2014, 08:17
Das kann vermutlich nur amasbaal beantworten, da er zusätzlich zu seinem FMA-Background auch studierter Ethnologe ist.
Meiner Kenntnis nach gibt es kaum belastbare FMA Quellen die mehr als rund hundert Jahre zurückreichen.

amasbaal
04-02-2014, 19:25
so ist es wohl.
vor dem 18.jh. gibt es keine schriftlichen quellen.
sagen und legenden gibt es sehr wohl, aber auch die stammen aus "jüngerer" zeit und haben meist den konflikt in der "warzone" zwischen den christlich missionierten teilen und den sultanaten im süden der phils zu tun.
einzige ausnahme: schiffslogbuch und tagebuch eines matrosen mit beschreibung des todes von magelan. hat aber nichts mit fma zu tun - nur steine- und speerwerfer, sowie pfeile und knüppel im masseneinsatz gegen die unterlegenen "entdecker". kein wort übers "kunstvolle kämpfen", kein wort über einen schwertschwingenden lapulapu, der magelan niedermacht (erst recht nicht mithilfe einer benennbaren kampfkunst).
sicher ist jedoch, dass der größte teil der bewohner der phils in vorkolonialer zeit aus dem heutigen malaisia und indonesien eingewandert sind und das zumindest die adels- und kriegerklasse militärisch-kk-mäßig ausgebildet war (angeblich stammt lapulapus großvater von malaiischen seenomaden aus dem gebiet in der nähe vom nordwestlichen borneo / brunei ab. das ist aber auch nicht ganz sicher, sondern von legenden und dem namen lapulapu abgeleitet, sowie von der tatsache, das die inseln rings um cebu von sesshaft gewordenen seenomaden besiedelt wurden.)
da der großteil der philipinos ethnisch malaien sind, wird ein evtl. vor den spaniern vorhandenes kk-system logischerweise eine form/vorform des silat gewesen sein. dazu kommen übliche methoden tribaler kriegsführung, die man aber nicht als kk bezeichnen kann, da solche nicht systematisiert und stark auf einige wenige moves reduziert sind.
fma ist eine sammlung verschiedener stile, die man als teil einer eher modernen kk bezeichnen sollte, deren wurzeln jenseits des europäischen einflusses ziemlich unklar sind.

Gaoli
04-02-2015, 12:37
-

Nagare
04-02-2015, 16:06
Hallo!

Seit geraumer Zeit verfolge ich die Aufbereitung des Wissens über die phil. Geschichte in Bezug auf Kampf- und Kriegskunst. Was mir dabei deutlich aufgefallen ist, ist (so wie es Gaoli bereits kritisiert) eine meist isolierte Betrachtung. Zu meinen, dass bestimmte Gebiete oder gar Kulturen sich nur in eine Richtung oder fast isoliert entwickelt/ausgetauscht haben scheint mir ein großer Irrglaube.
Andere Beispiele von scheinbar "abgeschotteten" Regionen zeigen immer wieder, das dies absolut nicht der Fall war! Die Fähigkeit der Menschen Seefahrt und Handel zu betreiben, sowie eine von mir unterstellte grundsätzliche Neugier Neues zu erkunden, sollte nicht unterschätzt werden ;)
Meist unterliegen wir einem linearen Denken. Wir meinen, heutzutage wäre Globalisierung und zu den damaligen Zeiten wäre dies nicht der Fall gewesen. Forscht man genauer nach (Anthropologie/Ethnologie etc.), zeigt sich, dass es bereits damals "Globalisierung" gab - nur eben in einem anderen Format. Beispielsweise gab es nachweisbaren regen Austausch im ganzen polynesischem, mikronesischem, melanesischem Gebiet. Oder man denke mal an die kleine Inselregion Okinawa, die ziemlich "abgeschieden" im Meer liegt. Ebenfalls dort gab es nachweislich deutlichen Austausch von Waren, kulturellem Wissen etc. pp.
Ein weiteres Beispiel das noch derzeitig erforscht wird sind die Seereisen der Wikinger. Oder aber man nehme mal die Europäer und schaut wo die überall in der Welt rumgesegelt/-gerudert sind.

Mit diesem kleinen Umriss im Hinterkopf wären die Philippinen eine Rarität, wenn dies dort nicht der Fall gewesen wäre!
Worauf ich hinaus will?
Eine deutschsprachige wissenschaftlich fundierte Aufbereitung des Wissens über die phil. Kampfkünste fehlt gänzlich (anders als bspw. die chin. oder jap. KKs durch die Sinologen/Japanologen). Bisher ist (in diesem Forum) Gaoli der mir bekannte einzige User, der Fakten mit Quellenbelege liefern kann!

Wenn Austausch von kutlurellem Wissen stattfand, dann geschah dies auch stets in beide Richtungen. Ebenso zeigen Beispiele von Umsiedlungen in der Weltgeschichte, dass es oft nicht nur einseitig geschah/geschieht. Oft kam es dann auch zu einer ethnischen Vermischung, so dass eine klare Trennung der Ethnizitäten nicht mehr haltbar ist!

Nach allen diesbezüglich bisher von mir geprüften Quellen deutet alles daraufhin, dass es auch in den Phil. vor der Kolonialisierung ein eigenes Wissenssystem über kämpferisch/kriegerisches Wissen gegeben haben muss. Dieses allein auf einen Silat-Vorgänger zu begrenzen erscheint mir eine gewagte These. Ebenfalls stellt sich die Frage, ab wann man etwas als "Kampfkunst" bezeichnen darf. Viele Kampfsysteme bspw. aus China oder Japan waren und sind nur auf "einige wenige moves reduziert" und werden zu recht als Kampfkunst wahrgenommen. Von einer systematisierten Wissensweitergabe darf man auch ausgehen, da dies ein Kernelement der menschlichen Evolutionsgeschichte ist!

Karl
04-02-2015, 17:46
Alles auf ein Ganzes zu reduzieren ist einfach absurd, vor allem wenn man bedenkt das „Philippinen“ aus verschiedene Ethnische Gruppen besteht die auch verschiedene eigene Sprachen haben. Es gibt ein sehr interessantes Buch über die Igorots, geschrieben um 1908 „Bontoc Igorot“
Die Headhunter dort konnten kein Silat und können es heute immer noch nicht.

amasbaal
04-02-2015, 18:14
stimmt.
meine these ist ja, dass es natürlich bei den malaiischen einwanderen aus der zeit kurz vor der kolonisation eine kriegerschicht gab, die einen vorläufer des silat (auch da: klar erkennbare linien/stile erst sehr spät in der geschichte) kannte (und diese massive einwanderung GAB ES, lieber gaoli; auch gibt es in der historischen ethnologie aussagen, die lapu-lapus unmittelbare vorfahren als "niedergelassene" seenomaden bezeichnen, die aus den gewässern des nord-östlichen kalimantan stammen*). dazu kommt natürlich "tribal warfare" mit all den spezialitäten der jeweiligen gruppen.

übrigens habe ich an verschiedenen stellen darauf hingewiesen, dass ich kein phil.-spezi bin und in vielen fällen, wo keine klaren aussagen zu finden sind, von "wahrscheinlichkeiten" ausgehe, die mit gewissen kulturellen parallelen im malaiischen raum zu tun haben.

das problem ist, dass - zumindest mir, der ich da keinerlei "forschungen" betreibe - keine originalquellen vorliegen.
wenn gaoli da zugang hat und einiges berichtigen kann - toll. freut mich.

zu allgemeiner militärgeschichte in soa hab ich mich eh nie geäußert.

ja, es stimmt: es ist überwiegend von magellan die rede, wenn es um lapu-lapu geht. das ist aber nur logisch, denn legazpi hatte damit nichts zu tun. und dass bei ihm krieger und kriegstänze erwähnt werden, wiundert wohl kaum, denn es gab krieger und kriegstänze. hat niemand bezweifelt. hast du einen beleg für das vorhandensein einer klar definierten kk dieser krieger? ich glaube kaum... und genau darum ging es doch immer.
es gab keine systematisierte fma zu jener zeit. das ist so lange gültig, bis mir jemand eine quelle liefert, in der diese benannt wird (das vorhandensein von knüppeln, speeren, äxten, klingen usw., kriegstänze und andere kriegerische rituale mit mehr oder weniger festen abläufen und die tatsache von "kriegsführung" ist in keiner weise ein beleg dafür)

wir arbeiten alle mit hypothesen, solange sie nicht widerlegt werden.

gib mir ne quelle, die belegt, dass es so etwas wie "fma" vor der kolonisation gab und ich bin glücklich!
allgemein historisches über die region (wirklich beeindruckendes wissen, gaoli) hilft hier nicht weiter, was die frage nach der
geschichte der fma angeht, denn dazu kannst du auch nicht viel sagen (was die zeit VOR der kolonisation angeht).

* die aussage kommt von prof. tauchmann, vor 20 jahren einer meiner profs an der uni und einer der weltweit führenden seenomadenforscher in südostasien (passender name, nicht wahr ;) )

Nagare
04-02-2015, 19:05
es gab keine systematisierte fma zu jener zeit. das ist so lange gültig, bis mir jemand eine quelle liefert, in der diese benannt wird (das vorhandensein von knüppeln, speeren, äxten, klingen usw., kriegstänze und andere kriegerische rituale mit mehr oder weniger festen abläufen und die tatsache von "kriegsführung" ist in keiner weise ein beleg dafür)


Was sind denn d.M.n. die zu erfüllenden Kriterien einer "systematisierten Kampfkunst"? Da steige ich nicht ganz hinter...
Für mich beginnt es bei einer intergenerationalen Wissensweitergabe von kämpferischem/kriegerischem Wissen. Mag vllt etwas flach klingen, aber es ist für mich eine De-finition im klassischen Sinn, da mir bisher Ausschlusskriterien fehlen gewisse "Stile" zu "systematischen KKs" zu bezeichnen und andere Formen kriegerischer/kämpferischer Praktiken nicht.

Gaoli
04-02-2015, 20:22
-

Gaoli
04-02-2015, 20:44
-

amasbaal
04-02-2015, 21:39
ist eine Lüge.

mann, mann, krieg dich mal ein.

1.) im 15. jh. hat es die letzte große einwanderungswelle gegeben (in etwa zeitgleich mit dem niedergang des majapahit reiches). einige jahrhunderte vorher gab es ebenfalls eine große malaiische einwanderungswelle. das ist nun mal fakt, oder? (da ich im moment keinen anderen text habe, muss dafür die fischer weltgeschichte, band 18 "südostasien vor der kolonialzeit" herhalten. lügen die?
2.) die islamisierung von großen teilen der phils lange vor der ankunft der spanier (14.jh.) wurde in vielen fällen von malaiischen/indonesischen fürsten betrieben, darunter war zb. sogar ein minangkabau (raja baginda, sulu). auch und besonders stämme aus borneo/kalimantan und minakabau waren an der einwanderung beteiligt. so habe ich das jedenfalls noch im kopf. könnte das auch überprüfen. würde nur was dauern, da ich mit dem thema nichts mehr zu tun hab (seit jahren).
3.) auch nördlich der phils findet man starke malaische bevölkerungsanteile (zb. formosa/taiwan)
4.) wenn schon irgendwelche alten zitate von mir verwenden, dann aber bitte auf grundlage der kenntnis aller texte, die ich zum thema verfasst habe und nicht nur auf grundlage derer, die dir gerade in den kram passen, weil ich da gerade schludrig oder "enthusiastisch" war: ich habe in mehreren texten von bajao gesprochen und den begriff sogar erläutert.

und vor allem:
du kommst hier ständig nur mit allgemeiner "kriegsgeschichte" (manöver der einheimischen usw.) und politisch/kulturellen/wirtschaftlichen kontakten oder sprachwissenschaftlichen details (sehr interessant übrigens) darum geht es mir gar nicht. mir geht es um eine irgendwie benannte kampfkunst. wo ist die?

klar konnten die kämpfen - auch organisiert. das können alle tribalen gesellschaften. wie und ob das irgendwas mit dem zu tun hat, was wir heute fma nennen, bleibt aber unklar.
also: wo ist dein beleg?

was hast du nur für ein problem?

von mir aus kannst du ja gerne die deutungshoheit in sachen sprache und allgemeine geschichte der phils haben. da hast du mehr ahnung von.

ich hacke ja auch nicht auf dingen rum, die du mal geschrieben hast und die zweifelhaft sind (zb. die sache mit den "gürteln", die eben NICHT traditionell sind).
alles mal etwas lockerer.

@negare: worauf ich immer hinaus wollte, ist, dass es eben keine belege für eine kk gibt, die irgend einen namen gehabt hätte. es geht ausschließlich darum, dass alles belegbare in sachen fma (das, was wir im wesentlichen darunter verstehen) aus der jüngeren zeit stammt. alles andere sind mythen und eben vermutungen/hypothesen.
... und die darf man ja doch wohl äußern - auch recht "enthusiastisch".

wie gesagt: wer aus den mythen und hypothesen belegbare tatsachen machen kann... - nur zu!
bis jetzt ist dazu nichts gekommen.

übrigens: da der bezug auf legazpi und "Kriegstanz" vorkam, hier ist einer von einer nicht-malaiischen bevölkerungsgruppe (die erwähnten igorot)

HbfwUWMbAjM

irgendein bezug zu dem, was heute fma genannt wird?

noch besser:

-garAlQyRQo

sogar mit der korrekten umschreibung "martial culture" und nicht martial art xyz... ab 5.22: fma?

Andreasmeier
04-02-2015, 22:17
Schönen guten Abend,

bin durch das historisch im Titel angelockt worden :-)
Zur Philipinischen Geschichte kann ich nichts beitragen.
Aber eve. über den Einfluß der Spanier, es wurde früher hin und wieder darüber diskuttiert. Letzendlich fehlten Belege dafür.
allerdings hat vor einiger Zeit ein Freund im Rahmen seiner Nachforschung zum spaischen Fechten einen interessanten Fund gemacht.
Aufzeichnungen über Fechtmeister die auf den Philipinen tätig waren. Offensichtlich haben auch Einheimische das spanische Fechten erlernt.

hier könnt ihr euch den Artikel ansehen
New Manual section | HROARR (http://www.hroarr.com/manuals-books/new-manual-section/?did=16)
Viel Spaß beim lesen.

Grüße
Andreas

Lowkick Loverboy
04-02-2015, 22:43
hier könnt ihr euch den Artikel ansehen
New Manual section | HROARR (http://www.hroarr.com/manuals-books/new-manual-section/?did=16)
Viel Spaß beim lesen.


:klatsch:
Supergeil Andreas, 1000 Dank! Wie konnte einem das bisher entgehen? :ups:

Nagare
04-02-2015, 23:37
@negare: worauf ich immer hinaus wollte, ist, dass es eben keine belege für eine kk gibt, die irgend einen namen gehabt hätte.

Ich vermute(!) dass die Menschen ihrer Zeit einen Namen für den Krempel gehabt haben werden. Nur ist dieser uns aller Wahrscheinlichkeit nicht bekannt bzw. auch nicht mehr nachforschbar.


es geht ausschließlich darum, dass alles belegbare in sachen fma (das, was wir im wesentlichen darunter verstehen) aus der jüngeren zeit stammt. alles andere sind mythen und eben vermutungen/hypothesen.

Ich bevorzuge "Vermutungen" (s.o.) und daher auch eine weniger eurozentristische Perspektive; und zwar davon ausgehend, dass die Phils eben ein eigenes Ding für Kampf- und Kriegszwecke hatten und man dieses "uns Unbekannte" in so einem Diskurs stets beifügen sollte, in dem Sinne "da muss es wohl mal was gegeben haben, das in dieser Entwicklung mit reingespielt hat, aber es nicht zurück zu verfolgen ist". Das heutige "FMA" als eine Mischung aus (durch spanischem Fechten vermischten) postkolonialem Silat abzutun (und sich mit dieser Erkenntnis zu begnügen) erscheint mir zu simplifiziert. Ich finde, man sollte diesbezüglich den Leuten Lust auf Nachforschungen machen ;)



... und die darf man ja doch wohl äußern - auch recht "enthusiastisch".
Meinetwegen.



wie gesagt: wer aus den mythen und hypothesen belegbare tatsachen machen kann... - nur zu!
bis jetzt ist dazu nichts gekommen.

Darum: Weiterforschen ;)



sogar mit der korrekten umschreibung "martial culture" und nicht martial art xyz... ab 5.22: fma?

Das versteh ich nun nicht. Was macht für Dich die "art" aus?

amasbaal
05-02-2015, 10:15
Ich vermute(!) dass die Menschen ihrer Zeit einen Namen für den Krempel gehabt haben werden. Nur ist dieser uns aller Wahrscheinlichkeit nicht bekannt bzw. auch nicht mehr nachforschbar.



Ich bevorzuge "Vermutungen" (s.o.) und daher auch eine weniger eurozentristische Perspektive; und zwar davon ausgehend, dass die Phils eben ein eigenes Ding für Kampf- und Kriegszwecke hatten und man dieses "uns Unbekannte" in so einem Diskurs stets beifügen sollte, in dem Sinne "da muss es wohl mal was gegeben haben, das in dieser Entwicklung mit reingespielt hat, aber es nicht zurück zu verfolgen ist". Das heutige "FMA" als eine Mischung aus (durch spanischem Fechten vermischten) postkolonialem Silat abzutun (und sich mit dieser Erkenntnis zu begnügen) erscheint mir zu simplifiziert. Ich finde, man sollte diesbezüglich den Leuten Lust auf Nachforschungen machen ;)


Meinetwegen.



Darum: Weiterforschen ;)


sogar mit der korrekten umschreibung "martial culture" und nicht martial art xyz... ab 5.22: fma?

Das versteh ich nun nicht. Was macht für Dich die "art" aus?[/QUOTE]

dem kann ich voll zustimmen.

unter martial culture verstehe ich den gesamtkomplex der lebensweise kriegerischer stämme, unter martial art eine definierte form der kampfkunst.
ich glaube eh, dass das größte problem die verwendung von nicht definierten begriffen ist...

Nagare
05-02-2015, 10:49
ich glaube eh, dass das größte problem die verwendung von nicht definierten begriffen ist...

Logisch, wenn nicht eindeutig klar ist worüber man nun redet, kann es nur zu Missverständnissen kommen.
Allerdings ist das m.M.n. auch sehr 'deutsches Denken'. Wir wollen einen möglichst konkreten Begriff für eine bestimmte Sache haben. Diese Logik findet sich nun mal im O-A-/S-O-A-Raum nicht so vor. Aber das ist ein anderes Thema...

Gaoli
05-02-2015, 11:26
-

Nagare
05-02-2015, 11:37
Ich dachte mir dass diese Leute mit ihrer Inkompetenz das Ganze in den Boden rammen. Leute die keine Ahnung haben, aber sich gerne reden hören und sich gegenseitig gerne auf die Schultern klopfen und glauben dass sie Koryphäen wären.


Das gibt es leider überall :mad:

Sobald das Zepter des Königs aus der Hand gegeben wird, tauchen auch Fälschungen auf dem Touristen-Bazar davon auf. Jedes davon natürlich ein "Original" ;)

Gaoli
05-02-2015, 13:21
-

borni
05-02-2015, 14:45
Bin ab 19. Februar auf den Philippinen (Nord-Luzon). Vielleicht bekomme ich ja etwas Insider-Wissen vermittelt und woher diverse klassische Stile entstammen.
Jedoch versprechen kann ich nichts.......

Nagare
05-02-2015, 16:29
@asambaal

Mich würde mal Deine Definition von "fma" interessieren?!
Scheint sich mit meiner (s.o.) ja nicht zu decken.

amasbaal
07-02-2015, 11:22
hallo gaoli,

nachdem ich mir etwas zeit gelassen habe, um nicht zu impulsiv zu antworten, möchte ich doch noch das ein oder andere ansprechen.
ich habe wenig zeit und kann immer nur einige minuten posten.
deshalb kommt mein statement nun in mehreren, kleinen teilen.
tu mir den gefallen und lass mir den heutigen tag, damit ich stück für stück sagen kann, was ich möchte, ohne gleich wieder auf neues eingehen zu müssen.

zuerst das wichtigste:
aus reiner fairness solltest du die "lügenvorwürfe" wieder zurücknehmen, denn, wie dir bekannt ist, ist eine lüge eine WISSENTLICHE falschaussage.
davon kann nicht die rede sein.

was man mir vorwerfen kann, wenn man denn unbedingt möchte, ist zweierlei:
1. ich haue gerne spontan dinge raus, die mir gerade durch den kopf kommen und "bearbeite" das dann im verlauf der diskussionen. dabei kann ich aber auch gerne wieder zurückrudern, wenn mir gezeigt wird, dass ich daneben lag. die user hier haben sich daran gewöhnt, denke ich mal. ist ja auch eine art des erkenntnisgewinns.
2. du sitzt, wie du schreibst, derzeit an den quellen und hast zugang zur neuesten literatur. ich habe aber in den 90ern studiert und meine "quellen" sind in erster linie die erinnerung an literatur aus den 50ern-80ern, die heute natürlich wieder umstritten ist (das ist der lauf der wissenschaftsgeschichte...) und gespräche mit prof. tauchmann über bajaos/bajos und deren rolle für die verbindung und gegenseitige beeinflussung der kulturen/ethnien im damals noch sogenannten "malayischen raum", sowie über migrationsbewegungen im zuge des falls von majapahit und in zweiter linie, wie bei anderen usern hier auch, literatur aus der "fma-szene" (da bin ich immer sehr skeptisch, fand aber zb. "cebuano eskrima - beyond the myth" recht plausibel). mein stand der dinge in EINIGEN bereichen, ist also wahrscheinlich veraltet.

deinen vorwurf, ich hätte nicht geforscht, verstehe ich nicht, denn ich hab ja immer gesagt, dass ich dazu nicht forsche. in dem ein oder anderen alten post von mir wirst du lesen können, dass ich das ein oder andere vor dem ethnologischen hintergrund, den ich habe, interpretiere. das betrifft die art des verstehens dessen, was ich lese, sehe, höre usw. und das heißt noch lange nicht, dass ich forschungen zur sache anstelle.
dafür habe ich weder zeit noch lust, noch die mittel (bin schon lange nicht mehr "aktiv" und arbeite in anderen jobs).

in einer sache, die ich inzwischen überprüft habe, korrigiere ich mich hiermit sehr gerne:
die sache mit "ethnisch malayischer herkunft".
bis vor einiger zeit, war das ziemlich "in mode" und wird heute, wie ich nun mitbekomme, heftig angegriffen.

ein "friedensangebot" von mir an dich, damit wir hier in zukunft fruchtbar und konstruktiv zusammenarbeiten können (in manchen dingen sicher weiterhin kontrovers, aber konflikte bringen nun einmal entwicklungen in die gänge. das ist nur gut).

Filipinos as Malay: Historicising an Identity | Rommel Curaming - Academia.edu (http://www.academia.edu/2141396/Filipinos_as_Malay_Historicising_an_Identity)

übrigens ist, wie immer, wenn es um ethnizität geht, die abwendung von der "malayischen herkunft" gleich zum politikum geworden:

Are Filipinos Malays? | The Diplomat (http://thediplomat.com/2013/02/are-filipinos-malays/) mag als beispiel dienen

die allgemeinaussage mit der malayischen herkunft der bevölkerungsmehrheit ziehe ich hiermit also zurück.

so funktioniert das ja: eine these steht solange, bis sie widerlegt wurde.

... dennoch gibt es aber starke "malayische" (malaysia, indonesien, brunei usw.) einflüsse in vorkolonialer zeit, die nicht zu leugnen sind - u.a. auch durch die "bajao-connection" zwischen den inseln und in form von einwanderungen nach dem fall des majapahit reiches (wie massiv die nun auch immer gewesen sein mögen).

von mir aus könnten wir es dabei belassen.

ach, falls es dich interessiert, auch wenn kampfkunst dort kein thema ist und es eher um indonesische orang laut geht, hier die dissertation einer meiner kolleginnen, die eine direkte "tauchmann schülerin" war:
http://www.shaker.eu/en/content/catalogue/index.asp?lang=en&ID=21&ISBN=978-3-8322-0359-7&search=yes
sehr lesenswert und dabei sogar recht unterhaltsam, wenn man aufs thema abfährt.

Nagare
07-02-2015, 11:42
so funktioniert das ja: eine these steht solange, bis sie widerlegt wurde.


Das ist eine These die es zu widerlegen gilt! :p :D

amasbaal
07-02-2015, 17:06
:p

edit (hast ja danach gefragt):
für mich ist fma im engeren sinne eine kampfkunst, deren variationen/stile allgemein mit arnis, eskrima oder kali gekennzeichnet werden oder aber auch einen komplett anderen namen tragen, jedoch inhaltlich nicht wesentlich von jenen abweichen und die ihren ursprung auf den philippinen haben.
im WEITEREN sinne verstehe ich unter fma die gesamtheit der auf den philippinen beheimateten oder von dort "exportierten" kampfkünste (martial arts), wozu dann auch zb. silat- und kuntaw-systeme zählen, die in bestimmten ethnien des sulu archipels und auf mindanao bereits seit generationen tradiert werden (also zb. keine silat-stile, die erst vor kurzer zeit aus indonesien "importiert" wurden).
ergänzend dazu: eine kampfkunst ist für mich immer eine benannte art des kämpfens, die systematisch trainiert und tradiert wird und die ein spezifisches technisches und taktisches repertoir hat, das sie von einer anderen kampfkunst differenziert.
p.s. man könnte hier neben technisches und taktisches repertoir auch noch die in einigen stilen so gerne betonten "prinzipien" hinzuziehen. frag mich jetzt bloß nicht, was das nun wieder sein soll. das ist ein weites feld und das scheint jeder irgenwie anders einzugrenzen.

amasbaal
07-02-2015, 17:52
Wir wollen einen möglichst konkreten Begriff für eine bestimmte Sache haben. Diese Logik findet sich nun mal im O-A-/S-O-A-Raum nicht so vor. Aber das ist ein anderes Thema...

doch, es hat m.e. ENORM viel mit dem thema zu tun, denn wenn ich eine "kategorisierung" oder eingrenzung brauche, um etwas "klar" zu erforschen bzw. zu benennen, jedoch etwas erforschen/benennen möchte, dass sich aus seiner eigenen logik heraus einem (aus westlich-wissenschaftlicher sicht) "konkreten begriff für eine bestimmte sache" entzieht, gibt es ein methodisches problem -> klassisches ethnologisches dilemma.
mit diesem problem hat man auch zu kämpfen, wenn man die geschichte der fma beleuchten möchte und v.a. auf erzählungen/oral history angewiesen ist.
einfach runterfahren und fragen "sag mal, wie war das denn mit deinem stil?" bringt erst mal nur eine erzählung als ergebnis (AN SICH ist das schon ein gutes ergebnis, das viel über die kultur der erzähler aussagt). will man nun aber wissen, wie es "wirklich" war (im sinne von klar definierte fakten), reicht das nicht.

Huangshan
08-02-2015, 09:50
Interessante Diskussion.


Als ich damals diesen ganzen Müll sah den die Deutschen verzapften meinte ich zu den anderen in meiner Familie und im Freundeskreis dass man das doch korrigieren sollte. Erwidert wurde mir, dass ich die Leute doch machen lassen sollte; Ich wisse was ich weiß und wenn irgendwer meint Unsinn zu treiben solle er dies machen. Das ist der Grund weswegen hier keine Asiaten sind, die wollen nichts mit den Leuten hier zu tun haben. Die lassen die Leute einfach reden, selbst wenn es Mist ist, dann lassen sie einen halt Mist reden. Als es dann damals sogar soweit ging, dass die Deutschen im Internet so einen Schwachsinn verzapften wie dass sich Anting-Anting eine mystische Kraft innere Kraft sei hatte ich genug davon. Ich dachte mir dass diese Leute mit ihrer Inkompetenz das Ganze in den Boden rammen. Leute die keine Ahnung haben, aber sich gerne reden hören und sich gegenseitig gerne auf die Schultern klopfen und glauben dass sie Koryphäen wären.


Gaoli:
Es gibt allgemein im Kampfkunstbereich nur wenige gute Bücher in deutscher Sprache die sich mit der Historie der jeweiligen Kampfkünste beschäftigen.
Wie wäre es, wenn du mal ein Skript,Buch... verfasst,herausbringst, dass die Fehlinformationen ausräumt?

Das Kampfkunstboard ist kein anspruchsvolles akademisches Forum, es ist eher mit einer Boulevardzeitung zu vergleichen.

Nur wenige westl. Kampfsportler/Kampfkünstler beschäftigen sich tiefgehend(akademisch) mit der Geschichte des Landes,der Kampfkünste... die sie ausüben,es werden stattdessen oft Legenden,Fehlinformationen..... nachgeplappert.

Z.B. in den chin. Kampfkünsten die Bodhidharma Legende,im jap. Ju Jutsu/Yawara die Chin Gempin Legende.....


Gruss
Huangshan

Gaoli
09-02-2015, 20:39
-

Nagare
09-02-2015, 20:45
für mich ist fma im engeren sinne eine kampfkunst, deren variationen/stile allgemein mit arnis, eskrima oder kali gekennzeichnet werden oder aber auch einen komplett anderen namen tragen, jedoch inhaltlich nicht wesentlich von jenen abweichen und die ihren ursprung auf den philippinen haben.
im WEITEREN sinne verstehe ich unter fma die gesamtheit der auf den philippinen beheimateten oder von dort "exportierten" kampfkünste (martial arts), wozu dann auch zb. silat- und kuntaw-systeme zählen, die in bestimmten ethnien des sulu archipels und auf mindanao bereits seit generationen tradiert werden (also zb. keine silat-stile, die erst vor kurzer zeit aus indonesien "importiert" wurden).
ergänzend dazu: eine kampfkunst ist für mich immer eine benannte art des kämpfens, die systematisch trainiert und tradiert wird und die ein spezifisches technisches und taktisches repertoir hat, das sie von einer anderen kampfkunst differenziert.
p.s. man könnte hier neben technisches und taktisches repertoir auch noch die in einigen stilen so gerne betonten "prinzipien" hinzuziehen. frag mich jetzt bloß nicht, was das nun wieder sein soll. das ist ein weites feld und das scheint jeder irgenwie anders einzugrenzen.

Danke, nun weiß ich zumindest wie Deine Sichtweise diesbezüglich ist.
Und das mit den Prinzipien kenn ich - bin in den sogenannten IMAs unterwegs, das sagt wohl alles, oder? :D

uwewhttp
09-02-2015, 22:05
Ebenso wie Hubad ist „Pamalo“ auch ein Term dem man manchmal begegnet. Pamalo beschreibt ein Objekt mit dem man schlägt, in diesem Fall den Stock. Was wäre, und dies ist ebenso eine Hypothese, wenn der Begriff für Arnis „Paluan“ war? Schließlich ist ein geläufiger Begriff für Waffenkampf im Arnis und allgemein ja Sandatahan (von Sandata, Waffe). Ebenso wahrscheinlich wäre es keinen allgemeinen Begriff zu haben.

Mein Wissen in dieser Hinsicht ist zwar unvollständig, aber es gab doch auch in den europäischen Sprachen nur sehr wenige, unspezifische Begriffe für "Kampfkunst". Noch viel weniger Bezeichnungen für das, was wir heute als "Stil" sehen. In einem von Platons sokratischen Dialogen geht es anfangs darum, ob die Unterweisung im bewaffneten Zweikampf für einen Soldaten nützlich ist und die Gesprächsteilnehmer müssen das umschreiben, ein Wort dafür haben sie nicht. Fechten hies fechten, egal was der Fechtmeister unterrichtete oder wie der Comment vor Ort aussah. Mein Großvater hat (bei den Preußen) mit der blanken Waffe bzw. dem Seitengewehr exerziert, aber auch dafür gab es keinen spezifischen Namen.

Ich bin mir sicher, dass lowkick loverboy zu dem Thema auch noch was zu sagen hat, mindestens für Island, vielleicht auch für andere Zeiten und Orte.

Eskrima-Düsseldorf
10-02-2015, 10:31
Mein Interesse für geschichtliches erbte ich von meinem Vater. ....

Sehr schöner Post - Danke.

Huangshan
10-02-2015, 10:56
Interessanter Einblick in die phil. Gesellschaft,Geschichte.

Allgemein wird Geschichte in Asien nicht gerade objektiv dargestellt.

F. Büchner
10-02-2015, 11:05
Allgemein wird Geschichte in Asien nicht gerade objektiv dargestellt.

nirgendwo ;)

Huangshan
10-02-2015, 11:18
F. Büchner:

Ja hast recht, in einigen Ländern in Europa ist es besser geworden, Patriotismus,Nationalismus,Rassismus,Idiologien... . spielen leider oft eine grosse Rolle.;)

Karl
10-02-2015, 11:22
Sehr interessant, Danke.

borni
10-02-2015, 15:56
Wenn ich eine Hypothese bezüglich des Urpsrungs des Arnis aufstellen sollte, dann, basierend auf meinem Kenntnisstand, basierend darauf dass ich unzählige Primär- und Sekundärquellen sowie Studien der Linguistik, der Anthropologie, der Archäologie usw. durchging, basierend auf meinen Reisen, basierend auf dem kulturelle Austausch den ich hatte, basierend auf mehr als zwei Jahrzenten Arnistrainings, basierend darauf dass ich von klein auf an Leute wie Ernesto Presas, Daniel Rolo, Carlos Pulanco, et al. trainieren hab sehen, dann gehe ich nicht davon aus dass Pencak-Silat die nonplus Ultra Quelle sein kann.

Und wenn die Anzahl der Techniken ein Problem sei, so habe ich letztens mit einem Bekannten darüber geredet. Mein Bekannter verwies mich auf Jigen Ryu, eine japanische Schwertschule mit tatsächlich nur einer Technik, dem Hieb von oben. Gleichermaßen erwähnte er den chinesischen Yi Quan Stil was ebenso sehr arm an Technikvielfalt sei. Die Anzahl der Technik war und ist kein Problem der Kampfkunst. Sogar moderne Meister wie Bruce Lee sagen „I fear not the man who has practiced 10,000 kicks once, but I fear the man who has practiced one kick 10,000 times.“ (Ich fürchte nicht denjenigen der 10,000 Tritte einmal geübt hat, sondern denjenigen der einen Tritt 10,000 Mal geübt hat.)

Wichtig bei einer Kampfausbildung war und ist es nie gewesen möglichst viele Techniken zu kennen, sondern ein paar Techniken zu beherrschen und Prinzipien zu erkennen. Es werden in vielen Schulen während des Unterrichts viele Techniken gezeigt damit Schüler eine Auswahl haben, damit sie die Techniken wählen können die ihnen bekommen und diese dann ihrem eigenen Stil anpassen. Wer denkt dass eine Kampfkunst sich dadurch auszeichnet viele Techniken zu haben versteht Kampfkunst nicht. Wer denkt dass ein guter Kampfkünstler jemand ist der viele Techniken kennt, der versteht nicht die Schönheit die in begrenzten Möglichkeiten haust - Kunst definiert sich oft genug auch durch Limitierungen. Das nicht zu verstehen bedeutet ebenso nie gelernt zu haben andere nicht zu unterschätzen und sich selbst nicht zu überschätzen – Grundlagen einer Kampfausbildung.


Super Bericht und endlich mal jemand, der richtig in die Tiefe geht, sowie die Essenz unserer Kampfkunst hervor hebt.........:yeaha:

Putakti
12-02-2015, 18:14
Ich liebe Kontroversen wenn sie vernünftig ausgetragen werden.
So soll es sein. Danke für die Mühe, die ihr euch bei den Antworten gegeben habt. ICH habe was mitgenommen!

Gaoli
13-02-2015, 13:11
-

ommo
13-02-2015, 14:01
Danke Gaoli für die Hintergrundinformationen.

Passend dazu ein Bericht über die philippinische Oligarchie.

Die Macht der Familien (Archiv) (http://www.deutschlandradiokultur.de/die-macht-der-familien.979.de.html?dram:article_id=152323)

Gruß o

Huangshan
13-02-2015, 17:00
Interessante Thesen aus dem südostasiatischen Raum .

Jede Kultur hat eine andere Sicht auf die Weltgeschichte.
Objektivität ist nicht einfach, da man oft von dem Kulturkreis in dem man lebt beeinflusst wird.


Danke für deine Mühe.

amasbaal
13-02-2015, 19:53
Jede Kultur hat eine andere Sicht auf die Weltgeschichte.


nicht nur das, denn auch innerhalb jeder kultur ist die dortige vorherrschende sicht auf die geschichte (der welt, der eigenen gruppe, derer, mit denen die eigene gruppe in kontakt steht) immer auch eine "umstrittene erzählung" ;)

was man HIER halbwegs leisten könnte, wäre doch schon mal eine sammlung der unterschiedlichen "erzählungen" und deren re- und dekonstruktion - immer mit dem hinweis, das man nichts weiß, aber vieles aufgrund von fakten oder logischen schlussfolgerungen ernsthaft vermuten kann :).

Karl
16-02-2015, 18:20
K
Ich wusste beispielsweise aus spanischen Primärquellen dass die Leute Elefanten nutzten und aus Sekundärquellen dass Elefanten zur Zeit der Spanier ausstarben. Wenn man Tagalog spräche, dann wüsste man dass das Wort für Elefant "Elepante" ist und sich vom Spanischen ableitet. Eine mögliche Fragestellung in diesem Moment wäre wie denn Elefanten früher hießen. Und nach nunmehr neun Jahren Suche, oder "nachforschen" (in Anführungsstrichen, da so etwas offenbar kein echtes forschen ist wie der eine Kommentar ja meinte), in denen ich durch unzählige Quellen durchging bin ich Mitte letzten Jahreuf endlich auf welche gestoßen in denen Elefanten benannt werden. Ein Begriff für Elefant war "Gadya".
.

Auf welche Sprache warg "Gadya" ein Begriff fuer Elefant? Und wo wurden benutzt? Bestimmt nicht in die Cordilleras oder??
Danke

amasbaal
17-02-2015, 10:33
ein wort aus den malayischen sprachen.
zb. ein indonesischer pencak silat stil: gadjah putih (weißer elefant). :)

das sind solche malayischen "verbindungen" aus der vorkolonialen zeit, die ich meine.
nur eben mit meiner notwendigen berichtigung: die behauptete dominanz ist wohl tatsächlich eher "nur" einer von vielen einflüssen...
außerdem: was, wenn die elephanten "importiert" waren. zb. von arbeitselephanten abstammen, die aus dem heutigen indonesien/malaysia dorthin exportiert wurden? dann wäre es logisch, das wort für elephant zu übernehmen...

da es hinduisierte gebiete auf den inseln gab, bevor die spanier kamen, ist es auch kein wunder, dass sprache und "gerät" aus den großen hindubudhistischen reichen der region (zunächst sri vijayah und später majapahit) einfluss hatten.
lange zeit war es in der regionalen geschichtswissenschaft "in", zu behaupten, dass insbesondere die gegend um die visayas von leuten aus sri vijayah besiedelt oder aber zumindest enorm "überlagert" wurden durch migrationen aus und/oder verbindungen mit sri vijayah (die spekulationen gingen so weit, dass auch der name "visajas" irgendwie von sri vijayah abzuleiten sei.) auch das: nicht wirklich geklärt. ich persönlich habe da ein eher skeptisches gefühl (ja, "gefühl", denn fakten, außer der existenz "hinduisierter gruppen" gibt es nicht oder sie sind mir nicht bekannt und dass es, ziemlich weit vom kern des reiches, so etwas wie einen "außenposten" gab, kann ich mir nur schwer vorstellen.).

in dem, recht guten, wiki artikel über sri vijayah wird die these von der inklusion der visajas ins reich ebenfalls reproduziert:


By the 12th century, the kingdom included parts of Sumatra, the Malay Peninsula, Western Java, Borneo and the Philippines, most notably the Sulu Archipelago and the Visayas islands (and indeed the latter island group, as well as its population, is named after the empire).
Srivijaya - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Srivijaya)

das ganze beruht u.a. auf einer historischen "erzählung", die auf den phils sehr verbreitet ist. hier wird sie auch so dargestellt, als sei sie zweifelsfreie historische "wahrheit":
Federal Republic of the Visayas: A Remnant of the Sri Vijayan Empire - Alternate History Discussion Board (http://www.alternatehistory.com/discussion/showthread.php?t=258584)
dazu ist zu sagen, dass insbesondere die story von den 10 datus SEHR populär ist, jedoch überhaupt nicht verifiziert werden kann. (dass es eine starke borneo-visayas connection gab, ist allerdings zweifelsfrei - zumindest über die wichtige vermittlerfunktion der badjaos, die ja auch heute noch auf der see zwischen borneo und den visayas, v.a. auf den vielen kleinen inseln rund um cebu, sehr stark vertreten sind.)

hier geht es um hindubudhistische einflüsse und die angebliche rolle sri vijayahs auf ein anderes gebiet der phils - zentral luzon (inklusive einiger sprachlicher ableitungen aus den malayischen sprachen):
Kapampangan Ancient Kingdom (http://rciasia.tripod.com/pangpang.html)

vielleicht versteht ihr jetzt, warum ich immer auf die malayischen einflüsse hingewiesen hab (und dabei allzu überzeugt rüberkam, denn grund zur skepsis haben wir bei dem thema, wie bei vielen anderen themen auch. die "neueren" anfechtungen der malayischen rolle sind nämlich durchaus in der lage, diese thesen auszubremsen!)

übrigens: gibt es aussagen aus der biologie, die besagen, dass elephanten auf den inseln evtl. doch schon in frühester zeit "einheimisch" waren? ... keine ahnung... wäre aber auch gut möglich.

Karl
17-02-2015, 13:29
ein wort aus den malayischen sprachen.
zb. ein indonesischer pencak silat stil: gadjah putih (weißer elefant). :)
.

Danke, aber ich wollte eher wissen ob es in Tagalog war oder eine andere sprache wie vielleicht Cebuano usw usw. In Kankanaey oder in Ilocano gibt es ein begriff fuer elefant nicht..

Gaoli
17-02-2015, 19:54
-

Karl
18-02-2015, 01:23
Also, der Begriff ist aus Cebu, von der Cordillera habe ich noch nichts über Elefanten ich bin da leider noch Mythen und Legenden und steinzeitlichen Ausgrabungen. Die Region ist leider "etwas undurchlässiger" als andere. Tut mir Leid.

Danke, das wollte ich wissen, wo der Begriff herkommt.

Nagare
21-03-2015, 11:46
Kleine Ergänzung zum Thema mit einigen alten Aufnahmen und Erzählung über die Entwicklungen Manilas:

https://www.youtube.com/watch?v=DyGxQhnq-TI