Wie trainieren? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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derOnkel
28-02-2014, 12:13
Hallo
Ich trainiere seit ca einem halben Jahr Tai Chi. Da nur einmal eine Stunde Training pro Woche ist will ich außerhalb der Schule noch was machen.
Wie macht ihr das? Guckt ihr Videos und machts dann nach oder wie? Lg Manu

Klaus
28-02-2014, 14:16
Jeden Tag ne Form je nach Zeit (kurz oder normal), und ein paar Grundübungen. Geht von 10 Minuten bis 2 Stunden pro Tag, je nachdem wie man sich die Zeit nimmt. Wichtig ist aber, täglich ein bischen zu machen.

Du brauchst nicht viele verschieden Formen, sondern eine, die regelmässig richtig und langsam genug gemacht wird. Wenn Du also eine kannst, brauchst Du keine Videos. Du könntest Dir mal Silk-Reeling-Übungen aus dem Chen-Taijiquan ansehen. Für Arbeit mit schwerem Gerät ist es wohl zu früh.

Solche Übungen hier, nur mit einem leichten (!) Ball, das was der benutzt ist eine richtig schwere Steinkugel:
MzJBIe88iSQ

Luggage
28-02-2014, 14:22
Na, nirgends ist das doch leichter als im Taichi! Einfach jeden Tag machen, was du schon gelernt hast, 10-20min/Tag (nicht mehr am Anfang, sonst ruinierst du dir die Knie oä., bevor die richtige Struktur sitzt).

Klaus
28-02-2014, 14:29
Nach nem halben Jahr oder Jahr könnte man mit sowas hier anfangen, aber auch mit einem leichten Waxwood-Langstock der sich leicht biegt:
Y82fJFQzdGs

Als Sportler geht das auch früher.

Luggage
28-02-2014, 15:07
Ich würde nichts machen, was ich nicht vis a vis gezeigt bekommen habe und regelmäßig korrigiert bekomme (was nicht so oft sein muss, aber einmal alle Wochen sollte schon sein). Vom Hinsehen alleine lernt man nicht, woraufs ankommt.

Eistee
28-02-2014, 17:30
Hallo
Ich trainiere seit ca einem halben Jahr Tai Chi. Da nur einmal eine Stunde Training pro Woche ist will ich außerhalb der Schule noch was machen.
Wie macht ihr das? Guckt ihr Videos und machts dann nach oder wie? Lg Manu
Die Frage finde ich etwas seltsam: Wenn ich einmal in der Woche etwas in der Schule gezeigt bekommen würde, dann würde ich eben das zuhause üben. Eigentlich sollte auch der Lehrer mal was dazu gesagt haben, ob er ein solches Üben zuhause erwartet. Sonst würde ich nachfragen. Eine Stunde Unterricht, bei der nicht klar ist, ob das für die Woche alles sein soll oder ob nächste Woche was anderes gezeigt wird, weil erwartet wurde, daß der Stoff der letzten Woche zuhause vertieft wurde, ergibt doch eigentlich gar keinen Sinn. Das sind doch zwei ganz verschiedene Konzepte. Da müßte sich der Lehrer schon entscheiden.

Für ganz ohne Lehrer und ganz ohne Vorkenntnisse würde ich ansonsten die "18 Bewegungen (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/macht-shibashi-bungen-anders-163607/)" für geeignet halten. Kann man sich in ein paar Wochen beibringen. Man kann das auch gut kombinieren, wenn man eigentlich Tai Chi machen will, aber erst einen Teil der Form kann. Dann macht man diesen Teil der Form und füllt den Rest der Übungszeit mit den 18 Bewegungen auf. Je mehr man von der Form kann, desto mehr verlagert sich dann das Verhältnis von Form zu 18 Bewegungen zugunsten der Form. So war es jedenfalls bei mir.

Einfach jeden Tag machen, was du schon gelernt hast, 10-20min/Tag (nicht mehr am Anfang, sonst ruinierst du dir die Knie oä., bevor die richtige Struktur sitzt).
Das ist, finde ich, eine interessante Aussage. Für den Chen-Stil würde ich zustimmen. Zuerst hatte ich mich auch mal allein an der ersten Bewegung "Buddhas Wächter stampft mit dem Stößel" versucht. Aber schon da tat mir die tiefe Stellung nicht gut. Da hab' ich's wieder seingelassen. Gibt schon eine Grenze, was man noch allein machen kann und was nicht.

Mit der Yang Chengfu-Form bin ich allein besser zurechtgekommen (dafür sieht sie halt nicht so cool aus).
Das mit dem "Bogenschritt (http://taijiyang.wordpress.com/2007/12/01/bow-steps-two-important-points/)" sollte man beachten. Ansonsten gibt es noch ein/zwei Gefahren: Insbesondere die Drehung auf dem Standbein sollte man nur auf leicht "glattem" Boden machen, z.B. Strumpf auf Teppich, aber nicht Schuh auf tiefem Sand oder so. Gras als Untergrund finde ich auch nicht gut. Sonst verdreht man sich das Knie des Standbeins. Ist eigentlich logisch, aber da kenne ich zumindest einen Fall von Haar-Riß im Knie deswegen. Blöd.
Beim Übergang von "Der Goldene Hahn steht auf einem Bein" zu "Den Affen abwehren" im dritten Teil muß man das Standbein beugen (darf es also nicht gerade lassen). Aber das merkt man bald an den Schmerzen, die man sonst bekommt.
Mit "Die tiefe Schlange (http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_lower_posture.jpg)" ("Snake creeps down") (ob nicht eher "Drache" gemeint ist (frage ich mich immer)?) muß man sich ein bißchen beschäftigen. Man muß sich halt langsam und kontrolliert absenken und nur soweit gehen, wie man eben kann (darf nicht wehtun). Dabei etwas auf die Spannung in den Achillessehnen achten. Wenn man vorsichtig ist, geht es eigentlich. Ich finde die Dehnung ehrlich gesagt auch etwas einseitig und gehe meist eher in der Mitte runter (praktisch wie in die Hocke gehen). Sieht zwar sch.... aus, aber na und? Das jemals in der Selbstverteidigung einzusetzen, kann ich mir 'eh nicht vorstellen.

Das war's eigentlich. Insgesamt ist die Yang-Chengfu-Form also nicht so gefährlich. Man steht ja auch nicht so tief. Die Gefahr von Knieschäden, wenn man den Bogenschritt falsch macht, halte ich da für relativ gering. Ist schon ein Unterschied zum Chen-Stil.
Yang Zhenduo sagt auf seiner DVD (allerdings in katastrophaler Übersetzung in Untertiteln): "Even if you do it wrong, you won't hurt you". Bezieht sich wie gesagt auf die Yang-Chengfu-Form, und wenn man die einmal am Tag macht (ca. 30-60 Minuten). Ich weiß, ihr Chen-Leute übt auch schonmal den ganzen Tag. Das ist natürlich was anderes ...

Klaus
28-02-2014, 18:15
Die "Gefahr" betrifft auch eher eine Abnutzung / Überbeanspruchung von Gelenken aufgrund fehlender Muskulatur, zu dünnen Strukturen, zu wenig Schmierung, Fehllage im Gelenk, nicht unbedingt weil man nicht genau auf den Millimeter genau was "einhält". Es ist trotzdem richtig, dass man anfangs vielleicht nicht stundenlang Gas geben sollte, weil eben die Gefahr der Überbeanspruchung da ist. Meine Gelenke sind inzwischen auch nicht immer richtig "geflutet", wodurch sich Schmerzen ergeben, die Bewegung ist noch die gleiche. Nach einiger Zeit knackt es dann ordentlich, die Gelenke setzen sich wieder richtig, und das ist wieder gut. Aktiv "korrigieren" muss ich da nichts.

Grundsätzlich muss man Bewegungen aber auch erstmal halbwegs richtig machen. Ich kann es zwar nicht immer verstehen, aber ich habe öfter gesehen wie 10 Leute ganz unterschiedliche Bewegungen machen, obwohl sie einem Vorturner nachmachen sollen.

T. Stoeppler
28-02-2014, 20:56
Kommt einfach auf die Grundkonstitution an. Alle Basisübungen (Jibengong) kann man bis zum Erbrechen üben. Sonst einfach so noch ein bischen fit halten. Pole-Shaking ist super, man kann auch nicht so viel mit falsch machen wenn man es ruhig angeht. Ich würde aber auch sagen, erstmal n Jahr gründlich Basics einschleifen.

Gruss, Thomas

Luggage
01-03-2014, 08:46
Nichts kann man bis zum Erbrechen üben, wenn der Körper noch nicht so weit ist - wie Klaus sagt, wenn die betroffenen Strukturen noch nicht adaptiert sind kann man sich eine Menge Schmerzen einhandeln. Stetige, leichte Arbeit geht immer vor einzelnen, heftigen Reizen. Lieber jeden Tag 10 Minuten, als zweimal die Woche 2 Stunden.

Übrigens steht man meines Erachtens im Chen nicht perse tief und im Yang hoch oder ähnliches, sondern jeder genau so, wie es jetzt, hier und heute für ihn persönlich richtig ist. Das selbe gilt für Handhaltungen usw., Taichi funktioniert nicht nach Schablonen. Das Problem ist, dass Anfänger noch nicht erkennen, wann sie zu tief stehen, um zB. die Hüfte noch lösen zu können oder um die Knie keine ungewollten Seitbewegungen machen zu lassen, wenn die Hüfte dreht.

Eistee
01-03-2014, 13:26
Die "Gefahr" betrifft auch eher eine Abnutzung / Überbeanspruchung von Gelenken aufgrund fehlender Muskulatur, zu dünnen Strukturen, zu wenig Schmierung, Fehllage im Gelenk, nicht unbedingt weil man nicht genau auf den Millimeter genau was "einhält".
Die Muskulatur usw. wird doch gerade durch das Training aufgebaut!
Natürlich muß sich der Körper daran ein bißchen gewöhnen, aber von Null auf einmal Yang-(Chengfu)-Form täglich ist das keine große Sache.
Ich muß mich dafür ja noch nicht mal warm machen, ich kann einfach mit dem ersten Teil der Form beginnen und den als Aufwärmphase betrachten. In welcher Sportart gibt's das schon?

Andere Leute laufen 10 km auf der Straße, obwohl der Asphalt dafür nicht geeignet ist und bei jedem Schritt ihre Knie übermäßig staucht. Deswegen hat man auf Sportplätzen ja auch extra Bahnen aus weichem Kunststoff für teures Geld verlegt. Oder sie machen Seilspringen und stauchen bei jedem Sprung die Knie ruckartig mit dem ganzen Körpergewicht.
Im Vergleich dazu ist das bedächtige und langsame Hin- und Herwiegen des Körpers im (Yang-)Tai Chi doch wirklich schonend. Sanfter geht's doch kaum. Wenn man das richtige Maß hält, sehe ich da wirklich keine großen Gefahren von Überbelastung (bei einem durchschnittlich gesunden Menschen).
Ein bißchen vorsichtige Bewegung wollen die Knie ja auch haben.

Übrigens steht man meines Erachtens im Chen nicht perse tief und im Yang hoch oder ähnliches, sondern jeder genau so, wie es jetzt, hier und heute für ihn persönlich richtig ist.
Bei Yang Chengfu ist es maximal so (http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_diagonal_flying.jpg), weiter runter geht's nicht.
Wenn man den Chen-Stil richtig machen will, geht es dagegen sehr viel weiter runter, z.B. so (http://www.chiflow.com/images/ChenFakeinBlueDragonRisesfromtheWater.jpg).
Es gibt nunmal Unterschiede im Stil.

Beim Karate gibt es schnell ausgeführte High-Kicks wie diesen (http://img.webme.com/pic/k/karate-kickboxing/clip_karate.jpg) (die bei der Geschwindigkeit durch die plötzliche Dehnung die Achillessehnen ganz schön belasten). Im Kungfu gibt es sogar Akrobatik. Tai Chi nach Yang Chengfu legt mehr Wert auf Schonung und bewegt sich vom körperlichen Anspruch am anderen (unteren) Ende der Skala. Chen-Tai Chi ist mit den tiefen Stellungen ungefähr in der Mitte dazwischen. Läßt sich schlecht leugnen.
Natürlich soll jeder jeden Tag das machen, was er gerade kann. Auf die Dauer soll er aber auf das Niveau geführt werden, das der Stil nunmal verlangt. Und dieses Ziel-Niveau kann eben unterschiedlich hoch sein.

gasts
01-03-2014, 21:29
Bei Yang Chengfu ist es maximal so (http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_diagonal_flying.jpg), weiter runter geht's nicht.


http://www.yangchengfu.org/pics/ycf_lower_posture.jpg

Bildquelle (http://www.yangchengfu.org/third_set.html)

Eistee
01-03-2014, 21:51
War klar, daß das jetzt kommen mußte. "Snake creeps down" hatte ich oben ja schon erwähnt und auch auf dasselbe Bild verlinkt. Dabei geht man einmal kurz in die Hocke. Soweit so gut. Es ist aber etwas anderes, wenn man bei der einzelnen Peitsche oder bei vielen anderen Figuren eine ganze Zeit lang so tief steht. Wenn man also so tief steht, daß die Knie fast zu 90 Grad gebeugt sind und man diese Stellung auch längere Zeit hält, also oben wie Chen Fake oder auch so (http://taiji-europa.eu/files/5913/1098/1306/jan-s.jpg). Das macht YCF definitiv nicht.

Klaus
02-03-2014, 13:09
Weil er dafür zu schwer war, und seine Kunden reiche Leute mit wenig Voraussetzungen waren.

LHBF
02-03-2014, 14:38
Man muss zumindest so weit runtergehen, dass ein "firemans carry" leicht machbar ist. Hochheben, eventuell vorher Schulterstoss ins Gemächt zum Destabilisieren und auf der anderen Seite kopfüber runterwerfen. Genügend Beinkraft sollte man dafür schon haben. Da hilft es în der Form etwas tiefer zu gehen.