Aufwärmen im Aikido [Archiv] - Kampfkunst-Board

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buntbär
19-03-2014, 10:44
Hallo,
Ich wollte mal von anderen Aikidokas wissen, wie euer Trainer/ ihr selbst beim Training aufwärmt.
Macht ihr Herz-Kreislauf-Erwärmung (Ausdauer), dann Krafttraining und reaktives Dehnen wie es sportmedizinisch sinnvoll wäre oder gehört ihr der "alten Schule" an und praktiziert eher Atem- und Dehnübungen?
Ich erlebe beides und zweifle oft an dem Sinn von zweiteren (Dehnen zum Aufwärmen ist ja nicht sehr sinnvoll und richtig warm wird einem davon nicht...).

Also: Wie wird bei euch aufgewärmt? Warum bevorzugt ihr welche Methoden? Gibt es bei euch eventuell spirituelle Hintergründe, die z.b. in die Atemübungen einfließen?

carstenm
19-03-2014, 11:16
Ich unterrichte ausschließlich traditionelle Übungen.

Keine Kardio-, keine Kraftelemente. Das sind Elemente, die m.E. jeder für sich üben muß und die ds Üben von aikidô massiv behindern, wenn man sie unmittelbar vor dem keiko oder gar am Beginn einbaut.
Dehnen nur sehr wenig und vor allem auch "anders betont", als beim "normalen" Dehnen: Eher Meridiandehnung.

Das aiki taiso, das ich übe, soll dazu dienen, den Körper zu öffnen; es gibt Übungen, die die Verbundenheit des Körpers stärken sollen; und es gibt energetische Übungen.
Spirituelle Elemente, wie z.B. tori fune oder mudren oder kotodama benutze ich derzeit in meinem Unterricht nicht oder nur ganz selten.
In der Regel gibt es nur eine Atmenübung, meist zum Abschluß des aiki taiso.

Diese Vorbereitung dient nicht dazu, auf eine bestimmte "Betriebstemperatur" zu kommen. Sondern das wir erreicht im Zusammenhang mit den ersten Techniken oder Übungen, die dazu auch entsprechend angelegt sind.

buntbär
19-03-2014, 12:50
danke carstenm,
du sagst:

"Diese Vorbereitung dient nicht dazu, auf eine bestimmte "Betriebstemperatur" zu kommen. Sondern das wir erreicht im Zusammenhang mit den ersten Techniken oder Übungen, die dazu auch entsprechend angelegt sind."

Deine energetischen Übungen dienen also eher nicht dem Aufwärmen, wie wärmst du dann auf? Also wie benutzt du die Techniken und Übungen (oder variierst sie) um warm zu werden?

carstenm
19-03-2014, 13:22
Also wie benutzt du die Techniken und Übungen (oder variierst sie) um warm zu werden?Langsam anfangen, einfach anfangen. Langsam steigern.

Ich erlebe es so, daß man das Üben selber recht gut dosieren kann. Und für das Üben von aikidô igeht es doch auch gerade nicht darum, den Kreislauf zu pushen oder die Muskulatur aufzupumpen?

Den Gedanken "warm zu werden", kenne ich aus meinem eigenen Üben und unterrichten eigentlich eher nicht. Wie gesagt: Weich werden, den Körper öffnen, sich zentrieren. Das sind Aspekte, die ich wichtig finde.

Bei Lehrgängen, wenn es nur wenig aiki taiso zu Beginn der Einheiten gibt, macht jeder kurz ein paar Lieblingsübungen, dann sucht man sich Partner und wirft man sich ein bißchen. Ganz entspannt, locker. Und eben möglichst ohne den Kreislauf nennenswert hochzufahren. Dann Meditation und dann geht's lost.
Das aiki taiso im Training ist nicht so sehr als "Aufwärmen" für die kommende Stunde gedacht, sondern dienen der Körperschulung und -veränderung. Es geht dabei um die "Langzeitwirkung" der Übungen. Sie sind selbst auch Inhalt des Unterrichts.

Antikörper
19-03-2014, 13:31
Ich erlebe es so, daß man das Üben selber recht gut dosieren kann. Und für das Üben von aikidô igeht es doch auch gerade nicht darum, den Kreislauf zu pushen oder die Muskulatur aufzupumpen?

Den Gedanken "warm zu werden", kenne ich aus meinem eigenen Üben und unterrichten eigentlich eher nicht. Wie gesagt: Weich werden, den Körper öffnen, sich zentrieren. Das sind Aspekte, die ich wichtig finde.


So unterschiedlich kann Aikido sein :) Ich kann mich noch gut dran erinnern wie wir 15 Minuten und länger Randori gemacht haben, wobei man so alle 30 Sekunden geworfen wurde und wieder aufstehen musste.

buntbär
19-03-2014, 14:06
So unterschiedlich kann Aikido sein :) Ich kann mich noch gut dran erinnern wie wir 15 Minuten und länger Randori gemacht haben, wobei man so alle 30 Sekunden geworfen wurde und wieder aufstehen musste.

:O zum Aufwärmen???

carstenm
19-03-2014, 15:23
So unterschiedlich kann Aikido sein. Ich kann mich noch gut dran erinnern wie wir ...Ich kenne so etwas durchaus auch. Mattenbahnen lang rollen. Sachen auf Schnelligkeit üben. Möglichst viel geworfen werden, wieder aufstehen. Liegestütze. Kraftübungen. ...
Und dergleichen mehr.
Selbst bei uns im Verein gibt es Lehrer, die so üben.

:O zum Aufwärmen???Werfen/Fallen zum Aufwärmen kenne ich auch als gut Methode zum warm werden.

Aber ich selber übe und unterrichte heute halt nicht mehr so, weil ich diese Art des Übens inzwischen kontraproduktiv finde.

Antikörper
19-03-2014, 15:39
:O zum Aufwärmen???

Ne... aufwärmen ganz normal. Locker einlaufen, Gelenke kurz Durchbewegen, 2-3 Übungen für Haltekraft, dehnen. So wurde das gemacht bei uns.

carstenm
19-03-2014, 16:01
ah jetzt ja

So unterschiedlich kann Aikido sein ...Ich meint damit die Gestaltung des Anfangs des Trainings: Da kenne ich es aus meinem Üben nicht als Inhalt, Ziel oder Zweck, sich bzw. die Übenden bewußt warm zu machen.
Daß einem im Verlauf des Übens warm wird und hinterher der gi tropft, kenne ich schon auch so ... ;)

Luggage
19-03-2014, 18:24
Hallo,
Ich wollte mal von anderen Aikidokas wissen, wie euer Trainer/ ihr selbst beim Training aufwärmt.
Macht ihr Herz-Kreislauf-Erwärmung (Ausdauer), dann Krafttraining und reaktives Dehnen wie es sportmedizinisch sinnvoll wäre oder gehört ihr der "alten Schule" an und praktiziert eher Atem- und Dehnübungen?
Ich erlebe beides und zweifle oft an dem Sinn von zweiteren (Dehnen zum Aufwärmen ist ja nicht sehr sinnvoll und richtig warm wird einem davon nicht...).
Sportwissenschaftlich ist Dehnen vor dem Training nicht perse abzulehnen, man muss sich nur im Klaren sein, dass es den Muskeltonus senkt und damit explosive Bewegungen erschwert und bei zu hoher Intensität die Stützfunktion der Muskulatur beeinträchtigt werden kann. Ausserdem ist Dehnen ein aktiver Prozess, der ATP kostet, was dann im eigentlichen Training fehlen kann. Dennoch ist Dehnen vor Aktivitäten, bei denen es auch Beweglichkeit ankommt sinnvoll und besser vorher gedehnt, als nie. "Warm machen" bedeutet übrigens nicht, dass einem warm wird. Es geht dabei darum, Gelenke und Muskeln auf die kommende Belastung vorzubereiten, also zu schmieren und zu durchbluten. Das kann durchaus auch mittels leichtem und dynamischem Stretching geschehen. Dass einem warm wird, ist dabei nur ein Nebeneffekt. Ich habe allerdings gelernt, dass im Aikido die Grundhebel eher als Gymnastik, denn als Kampftechnik zu verstehen sind. Sorgsam an die Grenze geführte Sankyo, Ikkyo etc. stellen also spezifisches Stretching dar und ersetzen ein allgemeines.

Krafttraining ist dagegen besser am Ende des Trainings platziert, da dadurch Explosivität und vorallem Stützfunktion der Muskeln massiv reduziert und die Koordination beeinträchtigt wird. Das gefährdet Sportler und Trainingspartner.

ebrenndouar
28-03-2014, 09:51
Ich habe allerdings gelernt, dass im Aikido die Grundhebel eher als Gymnastik, denn als Kampftechnik zu verstehen sind. Sorgsam an die Grenze geführte Sankyo, Ikkyo etc. stellen also spezifisches Stretching dar und ersetzen ein allgemeines.


Das kannst du auf alle anderen Techniken genauso übertragen, so gesehen wäre dann das gesamte Training "Gymnastik".
Denn jede Technik ermöglicht auch diese Herangehensweise bei der die Dehnung im Vordergrund steht, aber eben auch eine andere, bewegungsintensivere. Das trifft sowohl für Wurf als auch Hebeltechniken zu.
Wir machen deshalb auch beides, am Anfang der Stunde oder in den langsameren Stunden eher die "Gymnastik-variante" (Aiki-taisho) zum Dehnen und zum Öffnen des Körpers, und je später der Abend, bzw. in den fortgeschrittenen Stunden, kommen die normalen Trainingsversionen, wobei es da auch noch Abstufungen im Tempo, mit Rückwärts- Vorwärtsrollen oder mit schnellerem und härterem Werfen gibt.
In manchen Stunden gibt es daher auch überhaupt kein aufwärmen, man steigt dann direkt mit den Aikidobewegungen ein.
Wenn man noch kalt ist sagt man: "bitte erst mal langsam, nur rollen" oder ähnliches, je nach individueller Verfassung.
Es kann dann sein wenn man mit drei oder vier Leuten frei bewegt, dass man den ersten vorwärts wirft, den nächsten nur sanft rückwarts rollen lässt und den dritten wieder richtig wirft.
Im allgemeinen ist das was ich in meinem Training zum aufwärmen mache eigentlich Yoga, wobei ich mit unterschiedlich anspruchsvollen Übungen arbeite. Da kommen dann auch welche, die ein wenig Stützkraft oder Bewegung erfordern vor, eben nicht nur der übliche Gymnastikkram.

buntbär
28-03-2014, 10:56
Sportwissenschaftlich ist Dehnen vor dem Training nicht perse abzulehnen, man muss sich nur im Klaren sein, dass es den Muskeltonus senkt und damit explosive Bewegungen erschwert und bei zu hoher Intensität die Stützfunktion der Muskulatur beeinträchtigt werden kann. Ausserdem ist Dehnen ein aktiver Prozess, der ATP kostet, was dann im eigentlichen Training fehlen kann. Dennoch ist Dehnen vor Aktivitäten, bei denen es auch Beweglichkeit ankommt sinnvoll und besser vorher gedehnt, als nie.

Ich meinte mit meinen Ausführungen nicht "Dehnen vor dem Training", sondern "Dehnen zum Aufwärmen". Ich erlebe es öfters (Auch auf Seminaren), dass als sich allererstes kalt statisch gedehnt wird... Hab mir deshalb angewöhnt schon mal vorzuarbeiten.


"Warm machen" bedeutet übrigens nicht, dass einem warm wird.

Ist aber meiner Meinung nach ein guter Indikator dafür. Wenn man nach dem Aufwärmen noch kalte Füße/ Hände hat, dann läuft was falsch!


Krafttraining ist dagegen besser am Ende des Trainings platziert, da dadurch Explosivität und vorallem Stützfunktion der Muskeln massiv reduziert und die Koordination beeinträchtigt wird. Das gefährdet Sportler und Trainingspartner.

Eigentlich meinte ich Krafttrainingsübungen zum Aufwärmen, nicht im Umfang oder der Intensität eines Krafttrainings. Das kann von Liegestützen und Situps, bis zu komplexen Haltekraftübungen (wie beispielsweise viele Yogaübungen) gehen.

carstenm
29-03-2014, 08:22
Ich erlebe es öfters (Auch auf Seminaren), dass als sich allererstes kalt statisch gedehnt wird. Jup. Mit Absicht. ;)


Wenn man nach dem Aufwärmen noch kalte Füße/ Hände hat, dann läuft was falsch!In meinem Üben geht es im aiki taiso, also den "gymnastischen" Übungen zu Beginn des Trainings nicht darum, gezielt kalte Hände oder Füße warm werden zu lassen.
Ich denke, bzw. weiß, es läuft was falsch, wenn man mit kalten Händen oder Füßen auf die Matte kommt. ;)
qi Blockaden, Kreislaufgeschichten, Verspannungen, schlechte Atemtechnik ... weiß der Geier. Vielleicht der falsche Beta-Blocker. Man sollte so leben und vor allem auch das eigene Üben zu Hause darauf einrichten, daß Hände, Füße und Bauch sich tendenziell immer angenehm anfühlen. Das sollte etwas sein, das man zum Training mitbringt. Nicht etwas, das man dort erhält.


Eigentlich meinte ich Krafttrainingsübungen zum Aufwärmen, nicht im Umfang oder der Intensität eines Krafttrainings. Das kann von Liegestützen und Situps, ...Ist in meinem Training absolut "verboten". Auch das ist etwas, was in das eigene Üben zu Hause gehört und gut abgestimmt sein muß mit den anderen Dingen, die zu üben sind.
Kraftübungen am Beginn des Trainings behindern das Üben vieler Aspekte von aikidô. Jedenfalls der Ausprägung von aikidô, die ich kenne und übe.

Btw.: So, wie ich Yoga-Übungen kenne, funktionieren sie ganz und gar nicht im Sinne von Kraft-Training.

Bubatz
29-03-2014, 15:30
Ich komme meistens von der Arbeit total steif und verspannt auf die Matte. Wenn ich da gleich in den ersten 5 Minuten Würfe oder Hebel über mich ergehen lassen müsste, wär' das glaube ich ziemlich schlecht für mich.

"Warm machen" ist für mich nur eine Metapher, durch Übungen/Tätigkeiten die ganzen Verspannungen los zu werden, damit ich mir im Training nix zerre.

Was das angeht, so wirkt bei mir in der Hinsicht allerdings sowohl statisches Dehnen und yogamäßige Gymnastik (machen wir im Aikido) als auch heftiges Kardiotraining (Sprinten, Seilspringen, Hampelmänner, Zirkeltraining usw. - das machen wir im JJ) beides ganz gut. Hauptsache es geht nicht gleich mit Techniken los!

Eine Ausnahme gibt es: Bahnen-Rollen "zum Aufwärmen" (das kenne ich aus einem Verein von früher) finde ich nicht gut. Bei mir jedenfalls führt das nicht zum Lockerwerden sondern nur zu Schwindel ...