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Vollständige Version anzeigen : Liechtenauer Verse und Anweisungen



JuJon
25-03-2014, 16:48
Moin!

In den diversen Fechtbüchern, die die Fechtkunst von Liechtenauer behandeln, ist es ja so, dass zu den Versen immer Anweisungen (von anderen Meistern?) vorhanden sind.

Wie sind diese Anweisungen zu werten?
Sind es Erklärungen anhand von Beispielen?
Wieviele Freiheiten haben sich die Meister bei zusätzlichen Stücken genommen?
Besteht der Kern allein aus den Versen?

Dreiven
25-03-2014, 19:37
Sollten sich manche dieser Fragen nicht mit einem Blick in die Quelle klären lassen?
z.B. Hammaborg - Historischer Schwertkampf: Transkriptionen (http://www.hammaborg.de/de/transkriptionen/peter_von_danzig/02_langes_schwert.php)

T. Stoeppler
25-03-2014, 19:58
Hi, das mal nur auf die Schnelle:



Wie sind diese Anweisungen zu werten?
Es sind die jeweiligen Erklärungen der Verse und konkrete Anweisungen. Die Glossen nehmen sicher den grössten Teil der Informationsquellen ein; aber nicht nur - daneben stehen auch die Verse selbst und die Bildquellen.



Sind es Erklärungen anhand von Beispielen?
Die Erklärungen sind sowohl prinzipieller Natur als auch klare technische Anweisungen.



Wieviele Freiheiten haben sich die Meister bei zusätzlichen Stücken genommen?
Jeder Meister hat seinen Stil. Es gibt verschiedene Arten, wie die Stücke ausgeführt werden, das kann man anhand der Bildquellen sehen. Und nicht jeder schreibt die Glossen genau gleich auf/ab.



Besteht der Kern allein aus den Versen?
Der Kern der schriftlichen Überlieferung der Liechtenauer Tradition besteht in der Tat aus den Versen. Die Art der praktischen Überlieferung lässt sich nur durch die übrigen Quellen und den historischen Kontext erschliessen.

Gruss, Thomas

Axel_C_T
26-03-2014, 07:41
Moin!

In den diversen Fechtbüchern, die die Fechtkunst von Liechtenauer behandeln, ist es ja so, dass zu den Versen immer Anweisungen (von anderen Meistern?) vorhanden sind.

Wie sind diese Anweisungen zu werten?
Sind es Erklärungen anhand von Beispielen?
Wieviele Freiheiten haben sich die Meister bei zusätzlichen Stücken genommen?
Besteht der Kern allein aus den Versen?

Moin,

In dem GNM 3227a stehen die Liechtenauer Merkverse.

Die (zeitlich) nachfolgenden Quellen beziehen sich auf die Merkverse, jedoch wird teilweise diskutiert, ob die Techniken der Folgequellen auch so sind, wie sie in den Merkversen beschrieben werden. Das macht die Rekonstruktion nicht unbedingt einfacher ;-).

Die Anweisungen sind meiner Meinung nach Handlungsanweisungen für bestimmte Situationen bzw. taktische Anweisungen.

Was meinst du mit: "Wieviele Freiheiten haben sich die Meister bei zusätzlichen Stücken genommen?"

Noch ein Hinweis, da ich nicht weiß, in wie weit du dich mit dem Thema beschäftigt hast. Ein kleiner Knackpunkt bei der Lehre nach Liechtenauer. Sie ist für Fechter, die bereits fechten können, was immer das auch bedeutet ;-).

JanPSV
26-03-2014, 08:55
Meinen Vorrednern ist kaum noch etwas hinzuzufügen. Insbesondere den Erläuterungen von Thomas mölchte ich mich hier anschließen. Zwei Ergänzungen nur:
Da die Verse oft ehr Prinzipien oder kategorien oder grundlegende Techniken, und nicht immer ganz konkrete Stücke beschreiben, so beschreiben manche Glossen auch lediglich "Beispielstücke". Diese Beispiele können bei den verschiedenen Autoren natürlich anders gewählt sein. Oder genauer: Sie fügen zum Teil unterschiedliche weitere Anwendungsbeispiele/Stücke hinzu.

Das 3227a ist zwar das buch, was am nächsten dran ist am Lichtenauer selbst, aber es ist "unvollständig". Also bei vielen der verse fehlen noch die Glossen.

JuJon
26-03-2014, 11:47
Euch allen erstmal vielen Dank für die Antworten :-)

Wenn die Verse für sich stehen, sieht das ganze nach einem sehr durchdachten und gleichzeitig schmalen System aus, dass sich nach den 5 Meisterhauen von reinen technischen Abläufen trennt (verallgemeinert gesagt).

Deswegen kam bei mir einfach die Frage auf, ob die anderen Meister hier ihre Stücke zur besseren Erklärung hinzugefügt haben, oder ob die auch so zum System gehören, bzw ob die quasi völlig austauschbar sind.

Ich selbst bin gerade neu in der Materie (merkt man ja :-D ), aber mein interesse steigt immer weiter :-)

JanPSV
26-03-2014, 12:46
Euch allen erstmal vielen Dank für die Antworten :-)

Wenn die Verse für sich stehen, sieht das ganze nach einem sehr durchdachten und gleichzeitig schmalen System aus, dass sich nach den 5 Meisterhauen von reinen technischen Abläufen trennt (verallgemeinert gesagt).

Deswegen kam bei mir einfach die Frage auf, ob die anderen Meister hier ihre Stücke zur besseren Erklärung hinzugefügt haben, oder ob die auch so zum System gehören, bzw ob die quasi völlig austauschbar sind.

Ich selbst bin gerade neu in der Materie (merkt man ja :-D ), aber mein interesse steigt immer weiter :-)

Ich denke das siehst du richtig.
Beim Zornhau als sehr schönem Besipiel, gibt es manchmal eben AUCH sehr konkret beschriebene Stücke in den Versen selbst:

Der dir oberhawet
czornhaw ort deme drewet
Wirt her is gewar
nym is oben ab ane vaer
Pis sterker weder
wint stich
siet her is nym is neder

Die konkrete Auslegung in den Glossen sieht bei den unterschiedlichen meistern aber unterschiedlichen aus. Schon die Verse selbst werden mit leichten Abweichungen zitiert.