Wenn die Kücken flügge werden … [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Cillura
09-04-2014, 10:28
Hallo ihr Lieben,

heute mal zur Abwechslung kein Jammer-Fred von mir, sondern mal ein kleiner Abriss des Trainingsstandes zweier unserer Kids nach ca. 3.5 Jahren.

Die beiden Buben, um die sich diese Geschichte dreht, sind heute 9 und 10 Jahre alt und haben vor etwa 3.5 Jahren bei uns mit dem Kindertraining begonnen.
Damals waren beide noch sehr zurückhaltend und schüchtern. Das legte sich recht schnell und nach etwa einem halben Jahr waren beide voll von der Gruppe aufgenommen und machten genauso viel Blödsinn wie alle anderen auch. Für Quatsch und Blödeleien waren sie sich eigentlich nie zu schade. Dennoch wussten sie ganz genau, wann etwas mehr Ernst gefragt war.
Und so durchwanderten Sie letztlich 5 von 6 unserer Zwergenprüfungen von weiß-gelb bis weiß-braun. Gab es anfänglich noch viele Tränen bei kleinsten Verletzungen, werden diese nun teilweise übergangen oder bei ernsteren Vorfällen beiläufig dem Trainer gemeldet – fast so, als würde man sich nur mal zum Pinkeln abmelden :D Sie sind also alles in allem etwas robuster und härter im Nehmen geworden.
Sie üben jetzt auch wesentlich konzentrierter, als so manch anderer im gleichen Alter. Man merkt ihnen richtig an, dass sie Spaß am Training haben und lernen wollen – nicht nur neues erlernen, sondern auch alt bekanntes vertiefen. Quatsch machen Sie noch immer, aber auf eine sehr positive Art, die ich so auch im Erwachsenentraining sehr schätze.
Sie sind wesentlich selbstbewusster geworden und trainieren sehr gern mit den älteren Kids in der Jugendgruppe. Wenn mal ein Treffer durchrutscht, reizt sie das eher, noch besser zu werden, statt sich wie anfangs weinend an den Rand zu setzen.
Auch von den Eltern habe ich in den Jahren viel positives Feedback erhalten. Zum einen, dass die Jungs viel selbstbewusster geworden sind und zum anderen, dass sich ihre schulischen Leistungen verbessert haben und sie wesentlich konzentrierter lernen als vorher. Nur um das mal zu relativieren, die Jungs sind ja jetzt auch etwas älter. :)
Gerade auch innerhalb des letzten Jahres – ja sogar innerhalb der letzten drei Monate, haben sie riesige Fortschritte gemacht. Ich hatte in den letzten Wochen jede Woche eine von drei Trainingseinheiten genutzt, um mir den aktuellen Trainingsstand anzuschauen. Die Fortschritte waren von Woche zu Woche sehr deutlich. Und trotz, dass sie „Spezialtraining“ von mir erhalten haben, haben sie damit nicht vor den anderen Kindern angegeben. Es war halt einfach Training für sie und dieses haben sie (für ihr Alter) sehr solide angenommen und umgesetzt.
Natürlich gab es nicht nur sonnige Zeiten in den letzten Trainingsjahren. Beide haben ihre Klapps- und Spinn-Phasen gehabt, in denen natürlich gar nichts ging. Bei einem ging es sogar so weit, dass ich einen Elternbrief mit nach Hause gegeben habe, in dem ich darum bat, mit dem Jungen zu reden, ob er wirklich noch bei uns trainieren möchte, oder doch lieber zum Fußball will. Er hatte wirklich massiv gestört und bei jeder – JEDER – Übung herumgenölt, dass die Übung doof ist. Egal was wir gemacht haben. Nach dem Elternbrief hatte sich die Sache komplett erledigt und der Bub war wieder richtig aktiv im Training. Klar hat er auch heute noch seine Phase, wo er gar keine Lust auf Training hat und lieber im Park Fußball spielen will. Aber hey, wer hat das nicht? Da geht’s uns großen doch genauso. :)
Charakterlich haben Sie sich jedenfalls sehr gut entwickelt. Sie sind ausdauernd und entschlossen, nehmen auf ihre Trainingskollegen immer Rücksicht - auch wenns mal etwas ruppiger zu geht. Sie bringen Kritik sachlich! an und gehen auch mit kontruktiver Kritik sehr gut um. Der eine hatte mich vor einer Weile nach dem Training mal gefragt: "Du Cill, kann ich dich dann mal unter vier Augen sprechen?" :ups: der Junge ist 9! :ups:
Und das wichtigste: Sie kennen alle "Deine Mutter"-Witze, sie kennen alle "Chuck Norris"-Witze, sie kennen sich mit Star Wars bestens aus und sie wissen wie man einen Satz mit "Ey" und "Alter" sowie einem "Deine Mutter"-Witz korrekt formuliert. :cool:

Und wie es die Sache so will, steht diesen Freitag ihre Prüfung zum weiß-schwarzen Gurt unseres Zwergenprogramms an und zeitgleich die damit verbundene Einstuftungsprüfung im Jiu Jitsu. JJ-Gelb wird mit Sicherheit drin sein, in einigen Prüfungsbereichen bewegen Sie sich sogar schon auf dem Niveau unserer Grüngurte. Zum Beispiel Faust- und Fußtechniken sowie Abwehr gegen Faustangriffe und anschließendes zu Boden bringen – oder auch Fallschule. Einen Großteil des Kontakangriffsprogramms haben sie auf Orange-Niveau drauf und der Rest – bis auf die Themen Waffen und Würgen (fällt weg) – ist locker auf Gelb-Nivau. Das Thema Festlegen und Transport steht im Kinderprogramm auch etwas hinten an, die sollen sich erstmal verteidigen können, später können sie immernoch Festlegen und Transportieren ;)
Einen Großteil der Prüfung werden Boxsack- und Pratzenübungen ausmachen. Aber auch lockeres Randori im Stand und am Boden mit verschiedenen Aufgaben. Sie können sogar Wurfansätze verhindern und umgehen. :ups: Die machen das einfach … so … ok, meist um den andern zu ärgern. :D Alles in allem sollen Sie in lockerer Umgebung zeigen, was sie alles können und ich bin mir sicher, dass Sie in einigen Prüfungsbereichen so gut sind, dass sie andere Bereiche, die keine Trainingsschwerpunkte waren, problemlos ausgleichen werden. Ich freue mich sehr auf die Prüpfung. Die Jungs sind wirklich top. :yeaha:

Alles in allem bin ich mächtig stolz auf die Jungs. Sie sind auch die einzigen beiden in ihrem Alter, denen ich ein lockeres Sparring über alle Distanzen zutrauen würde – ohne dass hinterher einer kaputt ist. :D

Grüße,
Cill

washi-te
09-04-2014, 10:51
Ich glaube das ist das, wofür mans macht. :halbyeaha

Cillura
09-04-2014, 12:32
Ja, definitiv. Zu sehen, dass sie etwas aus dem Training für sich mit nach Hause nehmen, ist den ganzen Aufwand in jedem Fall wert. Sie sind zwar manchmal etwas frech und um keinen Spruch verlegen, aber sie wissen auch ganz genau, wo aller Spaß seine Grenze hat. Wer solche Sprößlinge hat, muss sich nicht verstecken und kann mit Recht Stolz auf sie sein. :)

Cillura
15-04-2014, 12:23
So kleines Update.

Die Prüfung war letzten Freitag. Die Jungs haben sich echt Klasse geschlagen und eine richtig gute Prüfung gezeigt. Sie waren auch sehr sicher in der Anwendung (im Vergleich zu paar andern Gelbgurten – auch aus dem Erwachsenenkurs). Am Anfang haben sie ihrem Uke noch sagen dürfen, wie sie gern angegriffen werden möchten. Am Ende haben sie sich mit verschiedenen Kontaktangriffen ohne Ansage immer wieder angegriffen und erfolgreich und kontrolliert abgewehrt. War echt schön, das zu sehen. Die Techniken sitzen schon sehr gut und erstes taktisches Verhalten und Positionieren war auch schon erkennbar. Der weiß-schwarze Gurt unseres Bambini-Programms ist auf jedenfall gerechtfertigt. :)

Alles in allem haben wir uns dafür entschieden, beiden den gelben Gurt im Jiu Jitsu zu geben. Auch wenn die Leistung locker gelb-rot entsprochen hätte. Grund war folgender: So ist die Vorbereitungszeit bis zum nächsten Gurt nicht soo lang und sie können schneller mal wieder ne Prüfung machen. Sie sind ja auch noch recht jung mit ihren 9 und 10 Jahren. :)

Gestern haben sie am regulären Training mit ihren neuen weiß-schwarzen Gurten teilgenommen. Da haben einige andere ganz schön blöd aus der Wäsche geschaut und andere mussten natürlich gleich erstmal fragen, warum die und nicht sie, eine Gurtprüfung machen durften :D

Wie dem auch sei, wir sind ganz stolz auf die beiden und hoffen, dass sie noch lange Freude am Kampfsport haben werden. :halbyeaha

Bubatz
15-04-2014, 12:26
:yeaha:

Gast
17-04-2014, 12:11
Wie dem auch sei, wir sind ganz stolz auf die beiden und hoffen, dass sie noch lange Freude am Kampfsport haben werden.
Finde ich Klasse.
:)
Aber schau mal in zwei Jahren, ob die beiden noch mittrainieren.
Schau mal in drei Jahren, in vier ...
Die Wahrscheinlichkeit, daß sie dann nicht mehr trainieren, ist sehr, sehr hoch.

Hab ich im Laufe der vergangenen 30 Jahre oft erlebt.

Übrigens ... so schön das auch ist, hier von den beiden eifrigen Zwergen zu lesen ...
Täusche ich mich, oder gibt es immer weniger Kinder, die so sind wie von Cillura beschrieben?
Ich hab unendlich viele Enttäuschungen erlebt ... und kann nur davor warnen, als Trainer / KK-Lehrer sein Herz an "Zwerge" zu hängen.
Man wird IMMER enttäuscht.

Zwei Beispiele aus einer unendlich lange Liste:
Ich hatte noch vor drei, vier Jahren einen Jungen im Training, der extrem verhaltensgestört war. Mit viel Mühe und Geduld hab ich ihn nach zwei sehr anstrengenden Jahren so weit gehabt, daß er in unserer Trainingsgruppe nicht mehr auffiel. Er war halt ein Junge wie alle anderen, konnte sich endlich in die Gruppe einordnen, hatte Spaß am Judo und kam gern zum Training.
Tja ... und dann wurde er 11, und plötzlich stand sein Vater vor mir (den ich vorher nie zu Gesicht bekommen hatte, ich hab immer nur mit der Mutter geredet und die war keine große Hilfe!).
Und dieser Vater meinte nur: "Lars ist jetzt endlich so weit, daß ich ihn mit zum Karate-Training nehmen kann, ohne mich zu blamieren. Ab heute kommt er nicht mehr zum Judo. Tschüß!"
Neben ihm ein heulender Lars, der dauerd schrie, er wolle weiter zum Judo und Karate wäre ganz doof ...
Hat den Vater nicht die Bohne interessiert.

Anderes Beispiel:
10jähriger kommt zu uns zum Training, sein schwerbehinderter kleiner Bruder (7), dem ein Bein amputiert wurde, schaut sehnsüchtig zu.
Ich bringe die Eltern dazu, den Kleinen auch mitmachen zu lassen.
Er übt Bodengriffe, darf sogar Randori mit den anderen Kindern machen, wird richtig gut im Bodenkampf ...
Er blüht auf, wird lebhaft, redet wie ein Wasserfall, scheint glücklich zu sein ...
Sein älterer Bruder hat nach zwei Jahren keine Lust mehr, will lieber vorm Computer hocken.
Und die Eltern versuchen nicht einmal, ihn zum weiteren Training zu bewegen.
Und weil der Weg zum Training (ca.5km) "ja so weit ist", und weil "sich das ja für ein Kind nicht lohnt, wenn das andere nicht auch mitmacht", darf nu der kleine Bruder auch nicht mehr zum Training kommen.
Er müßte ja gebracht und wieder abgeholt werden - und das wäre "viel zu aufwendig".

So sieht's aus.
Und in meinen beiden Beispielen hab ich von Kindern erzählt, die trainieren wollen.
Es gibt aber auch jede Menge Kinder, die das nicht wollen und die von den Eltern einfach bei uns abgekippt wurden.
Oder jene Kinder, deren Eltern, mit Verlaub, irgendwas an der Waffel haben müssen ...

"Guten Tag, das hier ist mein Tjarg-Ole." Die Dame lächelt mich hoheitsvoll an. "Tjarg-Ole soll mal für ein Jahr bei Ihnen Judo machen, damit er Disziplin lernt!"

"Guten Tag, wir kennen uns noch nicht ... mein Finn-Malte trainiert jetzt seit einem halben Jahr bei Ihnen. Ich möchte ihn nun abmelden, damit er auch mal andere Sportarten kennenlernt!"

Enttäuschungen sind vorprogrammiert, wenn man Kinder trainiert.
"Damit mußt du leben!"
Nöö.
Da es kaum noch Kinder gibt, die wirklich Interesse am Training haben und sich nicht von allem möglichen anderen Kram ablenken lassen, habe ich die Notbremse gezogen. Es schont meine Nerven, daß ich keine Kindergruppe(n) mehr trainiere.
Übrigens ist mir eine Sache aufgefallen ...
Die Kinder, die zum Judo (oder zum Training einer anderen KS) kommen, sind sehr, sehr selten jene Kinder, die in ihrer Schulklasse "den Ton angeben". Es sind im Gegenteil fast immer jene, die eher als "Mitläufer" eingestuft werden müssen. Und das hat zur Folge, daß diese Kinder ziemlich abhängig sind von dem, was die "coolen" Kinder der Klasse für toll oder eben für "langweilig" halten.
Und das heißt: selbst wenn so ein Kind das Judo selbst ganz toll findet, hört es damit auf und schließt sich seinen "Kumpels" an, wenn die den Ton angeben und bspw. Handball "viel cooler" finden.

Welche Kinder werden uns denn vor allem ins Training geschickt?
Es sind Kinder, die schwere motorische Defizite haben, die ebenso schwere Defizite in ihrem Sozialverhalten aufweisen und/oder sich mobben lassen - und wir sollen nun für ein mittelprächtiges Wunder sorgen, diese Defizite wie durch Zauberhand beheben und dem Kind "ein gesundes Selbstbewußtsein" vermitteln. Natürlich ohne die Eltern dabei irgendwie zu belästigen. Und wenn das Kind mal nicht zum Training kommt, sehen die Eltern auch keinen Grund, vorher Bescheid zu sagen ...
Der Trainer ist ja ein Dienstleister. Soll er sich mal nicht so haben! Er bekommt das schließlich "gut bezahlt!" Diese Eltern sind immer baß erstaunt, wenn man ihnen erklärt, daß "Ehrenamt" genau das heißt: ohne Bezahlung.
Dann sehen sie einen verächtlich an, und man kann förmlich hören, wie sie denken: "Trottel!"
Auf die Idee, daß sie mit ihren 8 bis 10 Euro Monatsbeitrag (die sie für absolut "angemessen, aber schon ein wenig hoch" halten), nicht dazu beitragen, daß der Trainer wenigstens eine symbolische Aufwandsentschädigung erhält, kommen sie nie.
"Dann machen Sie es doch nicht, wenn die Bedingungen so unzumutbar sind!"
Danke, gnädige Frau ... Ihr Rat wurde angenommen.
"Das können Sie doch nicht machen, Sie lassen ja die Kinder im Stich!" (Ich übersetze mal: "Wo krieg ich denn jetzt eine andere kostenlose Ergotherapie für mein bewegungslegasthenisches Kind her und wo lasse ich denn nun zweimal pro Woche meinen nervtötenden verhaltensauffälligen Sprößling, damit ich nachmittags meine Ruhe habe?!")


Und wenn man all diese Klippen umschifft hat ... und wenn ein paar Kinder trotz alledem beim Training geblieben sind ...
Dann schlägt vor allem bei den Jungs die Pubertät zu, und sie werden komplett unzurechnungsfähig.
Und hören DANN auf, weil sie selbst nicht mehr wissen, was sie wollen.
So oder so - man verliert sie.
Die einen früher und die anderen noch früher.

Schön, wenn sie "flügge" werden ... nur sind sie dann eben auch weg.
;)

Little Green Dragon
17-04-2014, 12:21
@rambat

Das würde ich (zumindest bis zur Pubertät) aber in den wenigsten Fällen wirklich den Kindern ankreiden wollen, sondern - wie Du ja auch selbst schreibst - sind es häufig eher die Eltern die dafür sorgen dass auch schon kleine Kindern nicht mehr wissen wo ihnen der Kopf steht.

Und ja natürlich sind auch gerade kleinere Kinder sprunghaft(er) was ihre Interessen angeht - kann und muss man aber mit klarkommen wenn man auch Kindertraining anbietet. Aber zwischen einem temporären Desinteresse und einer "Ich will gar nicht mehr" Haltung gibt es da auch noch große Unterschiede.

Und hier wären eben auch wieder die Eltern gefragt die eben nicht jede Meinungsschwankung der Kids dann gleich als Anlass nehmen mit Sport A zu brechen und mit Sport B oder sonstigem anderen Kram anzufangen nur um dort nach 6 Monaten wieder die Flinte ins Korn zu schmeißen (oder im umgekehrten Fall wie bei dem armen Lars überhaupt nicht auf das zu hören was ihre Kinder wollen).

Man kann und sollte bestimmt niemanden zwingen irgendwo zum Training zu gehen - aber man sollte es sich und den Kids eben auch nicht zu leicht machen einfach wieder irgendwas aufzugeben...

Cillura
22-04-2014, 07:11
@rambat:

Ich verstehe durchaus was du meinst. Allerdings habe ich zu dieser Sache eine etwas andere Einstellung als du. :)

Mir ist durchaus bewusst, dass die Kinder vielleicht nicht für lang bei uns sind. Kinder werden oft von den Eltern geschickt - gerade auch in den ganz jungen Jahren. Ich erwarte von einem Kind nicht, dass es in 10 oder 20 Jahren immer noch im Training ist. Woher soll denn ein Kind auch wissen, dass Kampfsport genau das ist, was es sein restlichtes Leben machen möchte? Es ist also abzusehen, dass viele der Kids nicht für ewig da sind. In der Tat sind auch schon viele der Kids nach einiger Zeit abgesprungen. Für die meisten von denen war Kampfsport einfach nix - es hat halt nicht gepasst. Das stört mich nicht sonderlich. Einige mussten leider aufhören, weil die Eltern beruflich weggezogen sind. Da gabs schon dicke Tränen bei den Kids. Ändern kann man das aber nicht. Andere sind gegangen worden, weil sie im Training massiv gestört haben. Das war leider notwendig.

Eine hat bei uns angefangen, ein halbes Jahr mitgemacht. Dann aufgehört und dann ein Jahr getanzt. Dann hat sie wieder 2 Jahre bei uns mittrainiert und auch an paar Wettkämpfen teilgenommen (und auch gute Plätze belegt). Jetzt hat sie wieder aufgehört und geht wieder zum Tanzen. :D Ich mag die Kleine. Sie ist wirklich gut und ein ganz fröhliches nettes Mädel. Ich hab mich mit ihr unterhalten und sie gefragt, warum sie denn aufhört. Das Kuscheln mit den Jungs am Boden war nicht so ganz ihrs :D Sie war aber auch traurig, dass sie aufhört und hat gesagt: "Ich hoffe, dass ich endlich was finde, das ich für länger machen kann." Ich hab ihr viel Glück dafür gewünscht und ihr gesagt, dass sie jederzeit bei uns willkommen ist. Mehr kann man da leider nicht machen.
Sie erinnert mich aber bisl an mich selbst. Ich war als Kind auch immer total unentschlossen und sprunghaft, was meine Hobbies angeht. Ich hab so ziemlich alles gemacht, auf was ich grad Lust hatte. Fußball, Basketball, Volleyball, Geräteturnen, Inlinen, Radfahren, Wandern, Schwimmen, Gärtnern, Schnitzen, Lesen, Zeichnen, Kochen, Computerspielen, Programmieren, Reiten, Bogenschießen etc. Das hat teilweise im Wochenrythmus gewechselt. Ich war nie ein Vereinskind, und das war auch gut so. Ich wollte alles machen, wann und mit wem ich will. Das war echt Klasse. Zum Kampfsport habe ich erst vor ein paar Jahren gefunden und bin dabei geblieben. Die anderen Sachen mache ich immernoch sehr gern, aber nichts so ausdauernd und hingebungsvoll wie Kampfsport.
Ich kann die Kleine also durchaus verstehen und bin nicht verärgert, dass sie geht. Sie muss letztlich ihren eigenen Weg finden und ich denke, wenn sie sich ausprobieren kann, wird sie den auch finden. :)

Und genau das ist es, was ich von den meisten Kindern bei uns erwarte. Dass sie sich ausprobieren können, dass sie Spaß in ihrer Freizeit haben, dass sie ein rücksichtsvolles Miteinander lernen und dass sie Selbstvertrauen entwickeln, damit sie sicher durchs Leben gehen. Und wenn das bei einigen eben nur zwei Jahre so ist, dann ist das eben so. Ich heule da nicht hinterher. Ich freue mich, wenn ihnen das Training bei uns geholfen hat, etwas positives für sich zu finden. Und man sieht bei einigen ganz deutlich, dass der Kampfsport einen Teil dazu beigetragen hat, selbstbewusster und sicherer zu werden. Ich klammere da jetzt nicht so an den Kids, dass ich jedes mal total enttäuscht wäre. Es ist schade, wenn sie aufhören, mehr aber auch nicht. Wir haben bei uns über 70 Kids. Wären alle Kinder der letzten vier Jahre noch da, hätten wir locker mehr als die doppelte Anzahl. So viel Platz hätten wir gar nicht :D
Es gibt nen harten Kern, von dem ich denke, dass er in einigen Jahren noch da ist. Es gibt auch drei, die schon vor 10 Jahren bei meinem Trainer begonnen haben und seit dem bei uns sind. Vor paar Jahren habe ich die Jugendgruppe und somit auch die Jungs von meinem Trainer übernommen. Seit einem Jahr trainieren sie bei den Erwachsenen und somit wieder bei meinem Trainer. Sie sind richtig gut und man merkt ihnen die vielen Trainingsjahre an. Was wird, wenn sie studieren oder arbeiten, wird sich zeigen. Aber daran kann man nichts ändern und das muss jeder für sich selbst wissen. Ich sehe darin jedenfalls kein Problem und freue mich für die Kids, wenn sich sehe, dass sie voran kommen. :)

Klaus
23-04-2014, 11:51
Ich find's gut dass Du nicht aufhörst es zu probieren. :)

Lieber das eine halbe oder die zwei Jahre eine Basis gelegt haben die hängen bleiben wird, als dass die das erst gar nicht erleben. So können sie dann vielleicht ihren sauberen Eltern frühzeitig sagen, ok, war nicht nett mit euch, man sieht sich nicht, und ich schreibe auch keine Karte, danke für nichts. Dazu sind sie sonst vielleicht nie fähig.

Cillura
23-04-2014, 12:52
Ich find's gut dass Du nicht aufhörst es zu probieren. :)

Lieber das eine halbe oder die zwei Jahre eine Basis gelegt haben die hängen bleiben wird, als dass die das erst gar nicht erleben. So können sie dann vielleicht ihren sauberen Eltern frühzeitig sagen, ok, war nicht nett mit euch, man sieht sich nicht, und ich schreibe auch keine Karte, danke für nichts. Dazu sind sie sonst vielleicht nie fähig.

Viele Eltern, die ihre Sprößlinge bei uns vorbei bringen, haben zu mir gesagt "... dass sie das früher auch mal gemacht haben ..." (Judo, Karate etc.). Und zwar durchweg positiv gemeint. Ich denke die meisten von ihnen wollen ihren Kids auch eine solche positive Erfahrung vermitteln. Sie sollen genauso positiv an ihre Vergangenheit zurückdenken wollen, wie sie selbst. Sofern die Kids Spaß an der Sache haben, wird das gewiss auch klappen. Blöd ists nur, wenn die Eltern nicht erkennen, dass ihre Kinder das absolut nicht wollen.

N kleiner Vorteil bei uns ist wohl, dass das Kindertraining bei uns (im Vergleich zu den umliegenden Vereinen) relativ teuer ist. Bei 30 Euro im Monat überlegt man sich, ob man den Sprößling zu etwas zwingt, was er absolut nicht will. :D

Sensei-T
23-04-2014, 13:04
[...] Bei 30 Euro im Monat überlegt man sich, ob man den Sprößling zu etwas zwingt, was er absolut nicht will. :D

Nicht zwangsläufig (welch Wortspiel ;)) - ihr sortiert nur vorher die aus, die sich das ohnehin nicht leisten können. Auch in der "Kategorie" gibt es diese Spezis. Natürlich weniger aber eben auch nicht unbedingt weniger, die Mist im Kopf haben und eigentlich nur mit ihren Freunden abhängen wollen, anstelle zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu sein.

Cillura
23-04-2014, 14:00
Ja, ist durchaus richtig. Aber es reduziert den Anteil derer, die gar nicht wollen, sehr stark. Bis auf ein oder zwei, machen alle sehr gern mit. Die beiden andern sind mal so mal so drauf. Die die gar nicht wollen, kriegen ob des Preises ihre Eltern meist sehr schnell überredet nicht hin zu gehen, sich abzumelden oder sich gar nicht erst anzumelden. Störungen diesbezüglich halten sich also sehr stark in Grenzen. ;)

Sensei-T
23-04-2014, 14:56
Hallo,

dat is doch jut. Ich kenne auch genug Dojo, die, ähnlich wie rambat, keine Kindergruppe(n) mehr haben - aus den von ihm angebrachten Gründen: zuviel Aufwand für zu wenig was bei rumkommt.
Bei uns gibt es auch einge Kiddies,
- die richtig gut sind und von denen ich mir wünschen würde, dass sie weiter machen,
- andere, die es eigentlich nur darauf absehen, den anderen, die was lernen wollen das zu vermiesen und
- wieder andere, die eigentlich nicht wissen was sie wollen

Und natürlich ist die Fluktuation gerade im Alter, wo ein Schulwechsel ansteht oder wo es ans Abi geht, enorm hoch. Daher ist gerade im Jugendbereich zwischen 14-19 nicht ganz soviel los.

Cillura
29-04-2014, 11:54
Ich verstehe rambat sehr gut, warum er aus den genannten Gründen keine Kindergruppe mehr hat. Wenn das bei uns so laufen würde, würden wir vermutlich auch keine Gruppe mehr haben. Alles in allem macht es nämlich keinen Spaß, wenn man derart negativ konfrontiert wird, obwohl man mit allen Kräften daran arbeitet den Kurzen (nachhaltig) was beizubringen und offensichtlich Erfolg damit hat. In den von rambat beschriebenen Fällen waren ja eher die Eltern für den Bruch verantwortlich und nicht die offensichtlich begeisterten Kinder. Wie gesagt, hätte ich da dann auch keinen Bock mehr.

Glücklicherweise ist das bei uns nicht so. Im Gegenteil, wir bekommen sehr viel positiven Zuspruch von den Eltern und werden von ihnen durchaus unterstützt. Hatte von einer Weile ein Gespräch mit einem Neuen, weil der bei Erklärungen immer wieder dazwischen geschwatzt hat. Selbst nach Ansage und an den Rand setzen ging die Klappe immer wieder auf. :rolleyes: Hab ihn mir nach der Stunde zur Seite genommen und ihm die Sache noch mal nahe gelegt. War ein "4-Augen"-Gespräch. Allerdings so positioniert, dass die Mutter alles sehen und hören konnte. Sie hat sich nicht eingemischt und blieb auch außerhalb des Sichtfeldes ihres Sohnes stehen. Hab den Bub dann ins Wochenende geschickt. Die Mutti ist dann mit ihrem Sohn gegangen und noch auf dem Gang hör ich von ihr "Mein Freund, wenn du dich hier nicht benimmst, dann mach ich dir Feuer unterm Hintern ...!"

:D Ach ja, ne tolle Mutti. :) Bei uns sind einige Eltern, die ganz gut hinterher sind, damit sich ihre Zwerge ordentlich benehmen. Und das sind meist die Eltern, die genau wissen, dass ihre Kids keine Engel sind. Wir haben einige bei uns in der Gruppe, wo ich sagen kann: "Ja, die sind rotz frech und habens faust dick hinter den Ohren." Aber das sind alles Kinder, mit denen man sehr gut reden und arbeiten kann. Bei denen die Sachen, die man vermittelt, ankommen. Und bei denen auch die Eltern hinterher sind, dass aus ihnen was wird. Und sie haben Spaß bei der Sache. :)

Klar gibts auch Ausnahmen. Aber die sind soooo selten, dass es mich nicht weiter kümmert. Gibt halt immer schwarze Schafe. Solange das nicht zur Regel wird und der Großteil zufrieden ist und positives Feedback kommt, ist alles in Ordnung.

Ich werd auf jeden Fall weiter machen, weil es mir sehr viel Spaß bereitet. :)