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Vollständige Version anzeigen : Karate-Geschichte im DJKB-Magazin 1/2014



Gibukai
09-04-2014, 13:01
Hallo,

im aktuellen DJKB-Magazin findet sich ein längerer Artikel zur Geschichte des Karate:

http://www.djkb.com/fileadmin/user_upload/DJKB-Website/Downloads/JKA-Magazine/2014/DJKB-MAGAZIN_2014-01_WEB.pdf

Mich beschlich die leise Hoffnung, dass sich in den letzten Jahren das Interesse an historischen Tatsachen ein wenig gesteigert hat und dass eine kritische Betrachtung oder wenigstens ein paar neuere Erkenntnisse in der deutschen Karate-Welt Einzug gehalten haben, jedoch ...

Grüße,

Henning Wittwer

Vegeto
09-04-2014, 13:20
Danke für die Verlinkung. Gleich doppelt, da mich auch eine ätzend langwierig Adduktorverletzung plagt ;)

Lese ich deinem Beitrag heraus das du mit der Abhandlung zur Geschichte des Karate nicht einverstanden bist?

ThiS
09-04-2014, 13:29
Mich beschlich die leise Hoffnung, dass sich in den letzten Jahren das Interesse an historischen Tatsachen ein wenig gesteigert hat und dass eine kritische Betrachtung oder wenigstens ein paar neuere Erkenntnisse in der deutschen Karate-Welt Einzug gehalten haben, jedoch ...


Naja..

Die Studienbegleitende Arbeit von Frau Tomie Ochi über „Hintergründe und Entwicklung der Kampfsportart Karate in Japan“ erschien im Oktober 1981.
[...]
Hinzu kamen Erläuterungen aus Werner Linds "Ostasiatische Kampfkünste. Das Lexikon"


Also auch nur alter Wein in neuen Schläuchen...

Vegeto
09-04-2014, 14:17
Hinzu kamen Erläuterungen aus Werner Linds "Ostasiatische Kampfkünste. Das Lexikon"
Das könnte man jetzt auch so deuten, dass der DJKB Linds Lexikon (auch noch) im Jahr 2014 als Quasi-Standard empfiehlt - soviel zum Thema still geworden um ihn.

Obelix1977
09-04-2014, 18:17
Hallo,

oder man liest es so, dass ein 20-30 Jahre alter Artikel (mit alten falschen Fakten) einfach mal kurz neu gedruckt wurde...

Meine Vermutung

Kurzer
09-04-2014, 18:53
Ja. Macht auch insgesamt einen eher "schlampigen" Eindruck. Schade.

Für 1982 war das aber nicht schlecht.

Jetzt warten wir mal auf den letzten großen wissenschaftlichen Wurf zur Entstehung und Enwicklung des "Karate"!!

kanken
09-04-2014, 19:09
Jetzt warten wir mal auf den letzten großen wissenschaftlichen Wurf zur Entstehung und Enwicklung des "Karate"!!

Den hat es schon gegeben. Nennt sich "Karate 1.0" und wurde von Andreas Quast geschrieben. Für mich das beste Geschichtsbuch zum Thema Karate, das ich je gelesen habe (und das waren nicht wenige...). Ein "must have" für jeden der sich für Geschichte und Karate interessiert.
Für ein Review habe ich leider momentan keine Zeit, es gibt aber genug (allesamt positiv) im Netz.

Grüße

Kanken

AkushonWasi
09-04-2014, 19:27
Sehr...erkenntnisreich der Artikel

Vegeto
09-04-2014, 19:38
@kanken


Düsseldorf 2013, by Andreas Quast.
Scheint ein Deutscher sein, richtig? Dann liest der doch sicher das KKB mit....Gibt es das Buch nur englischsprachig? Und nicht bei Amazon? 75$ ist auch saftig. Lange her das ich so viel für ein Buch gezahlt habe

kanken
09-04-2014, 20:38
Ja er ist Deutscher, der lange auf Okinawa gelebt hat. Da er es über "Lulu" verlegt und es in den USA gedruckt wird gibt es es auch nicht über Amazon. In Englisch erreicht er einfach eine größere Leserschaft, daher wohl auch die Publikation in der "internationalen" Sprache.
Wenn man sich die Papierqualität anschaut weiß man auch warum man Fachbücher auf Papier haben will. Ich habe in letzter Zeit kein so qualitativ gedrucktes Buch in den Händen gehabt. Es wäre eine Schande daraus ein eBook zu machen.

Das Geld ist absolut gut investiert, glaube mir. Andreas widerlegt sehr imposant das die Geschichte des Karate vor 1900 "im Dunkeln" liegt.

Meine Empfehlung: Kaufen, lesen und staunen!

Grüße

Kanken

Vegeto
09-04-2014, 21:06
Ich habe in letzter Zeit kein so qualitativ gedrucktes Buch in den Händen gehabt.
Ich glaube dir das, obwohl ich mit Lulu nicht unbedingt gute Druckqualität verbinde...

ky0han
09-04-2014, 21:44
Tach,

ich kann Kankens Aussagen zum Quast Buch nur bestätigen. Die Buchqualität (Papier, Druck, Bindung) ist echt hochwertig. Ich musste wegen dem Buch extra zum Zoll, weil die dachten, dass es extrem teuer war. Groß und Schwer muss wohl teuer sein. Ich finde der Preis ist angemessen für die hohe Qualität des Mediums an sich und der Hülle und Fülle an Informationen. Für alle die sich für die Geschichte Okinawas bzw. des Königreiches Ryukyu interessieren ist es eine absolute Kaufempfehlung.

Zum Artikel naja... Aus den 80iger Jahren mit Informationen aus einem Buch aus dem Jahre 1996, was will man da erwarten. Lind schreibt ja selbst auf den Seiten des Budostudienkreises, dass die Erkenntnisse von damals fehlerhaft sind in vielerlei Hinsicht.

Gruß Holger

Gibukai
10-04-2014, 07:55
Hallo,

2005 begann ich damit, mich quasi „Vollzeit“ mit Karate und seiner Geschichte zu beschäftigen und veröffentlichte meine ersten Artikel. Seit dem saugt mich das Thema auf. Als ich diesen Text las, war das für mich wirklich ernüchternd. Wenn in Internet-Foren Schlaumeier ihre Meinungen herumposaunen, sind das ganz klar Privatmeinungen von Leuten und als solche stören sie mich kaum (selbst wenn sie inhaltlich völlig daneben liegen bzw. der Posaunist nicht über die Mittel verfügt, tatsächlich überblicken zu können, wovon er da posaunt, was oft der Fall ist). Doch dieser Artikel erschien im Organ des DJKB, einem der beiden mitgliederstärksten „Fachverbände“ für Karate. Mir zeigt diese Tatsache, dass diese Verbände keinerlei Interesse daran haben, sich ernsthaft mit den Hintergründen des Karate auseinanderzusetzen, die über ihr Sport-Karate (Breitensport ohne Wettkampf und Spitzensport mit Wettkampf) hinausgehen. Trauriger Weise vertreten sie aber „Karate“ und lassen keine Gelegenheit aus, genau das zu betonen. Weil es ein Verbandsorgan ist, werden diese „Erkenntnisse“ in die breite Masse getragen. Einen „großen Wurf“ erwartete ich mir von dem Text sicher nicht – aber auch nicht so was …

Grüße,

Henning Wittwer

Gawan
10-04-2014, 08:01
Eine Leseprobe zu Quasts Buch gibt es hier: http://ryukyu-bugei.com/wp-content/uploads/2013/12/preview2.pdf

Macht auf mich einen sehr guten Eindruck. Man kann dabei sicher sehr viel über fernöstliche Geschichte im Zusammenhang mit der Entwicklung von Karate lernen. Wirklich schade, dass es das nur in Englisch gibt (Karate 1.0: Parameter of an Ancient Martial Art de Andreas Quast (Couverture rigide)*?*Lulu FR (http://www.lulu.com/shop/andreas-quast/karate-10-parameter-of-an-ancient-martial-art/hardcover/product-21341328.html)).

Den Artikel im DJKB-Magazin finde ich schon sehr enttäuschend. Offenbar wurde da einfach nur ein alter Text recycled. Der DJKB sieht sich als Vertreter des „traditionellen“ Karate. Anscheinend meint der Begriff Karate seit 1970. :ups:

Vegeto
10-04-2014, 08:35
Danke für die Leseprobe.


Vertreter des „traditionellen“ Karate. Anscheinend meint der Begriff Karate sein 1970.
Das ist wohl auch eines der wichtigsten Dinge die sich ein Neuling im Karate Bereich klar machen muss. Das der Begriff "traditionelles Karate" von verschiedensten Personen mit jeweils anderer Bedeutung verwendet wird.

ThiS
10-04-2014, 10:03
Das ist wohl auch eines der wichtigsten Dinge die sich ein Neuling im Karate Bereich klar machen muss. Das der Begriff "traditionelles Karate" von verschiedensten Personen mit jeweils anderer Bedeutung verwendet wird.

Ja, im DJKB bezieht man sich auf traditionelles Japanisches JKA-Shotokan Karate.
Wobei das traditionell in dem Fall eigentlich nur bedeutet, dass an JKA-Gliederung (Kihon, Kata, Kumite) festgehalten wird.

Huangshan
10-04-2014, 10:09
Nun diese Unedlichegeschichte beginnt bereits in Japan wo die Wurzeln des Karate von Einigen verwischt,verändert.... wurden.(Dai Nippon Butoku Kai,japan.Imperialismus,Nationalismus......)

Kara Te(China Hand)---> Leere Hand ;)

Deshalb wundert es mich nicht, dass Verbände die sich an Japan orientieren , nicht an der Geschichte,Konzepten...... des Okinawa,Ryukyu Karate tiefgehend interessiert sind.

Terao
10-04-2014, 11:02
@kanken


Scheint ein Deutscher sein, richtig? Dann liest der doch sicher das KKB mit....Gibt es das Buch nur englischsprachig? Und nicht bei Amazon? 75$ ist auch saftig. Lange her das ich so viel für ein Buch gezahlt habeGute Bücher dürfen auch teuer sein. Tausendmal besser als ein ganzer Regalmeter mit immer demselben Schrott vom Okinawabauern.

Ob das ein gutes Buch ist, weiß ich aber nicht. Ich wünsch`s der Karateszene.

Gibukai
11-04-2014, 11:33
Hallo,

interessanter Weise wurden die „Wurzeln“ (wahrscheinlich sind chinesische „Einflüsse“ gemeint) des Karate von den Pionieren in Japan nicht wirklich „verwischt“. Im Gegenteil, chinesische Einflüsse wurden von ihnen immer erwähnt und beschrieben. Daher darf auch die tatsächlich komplexe Entscheidung von G. Funakoshi (1868–1957), die Bezeichnung „leere Hand“ in seinem Wirkungskreis zu nutzen, nicht mit einem Schlagwort wie „Nationalismus“ banalisiert werden.

Unabhängig von all den Fehlern und Ungereimtheiten in dem Artikel, spricht für mich sein Fazit Bände:

„Unter Beachtung der geschichtlichen Entwicklung ist es möglich, Karate in der Form weiterzubetreiben, zu dem es sich bis heute entwickelt hat – als Kampfkunst.“

Diese Art von Argumentation zeigt, dass das eigentliche Ziel des Artikel vordergründig keine geschichtliche Aufarbeitung ist, sondern dass Geschichte (die hier ja eh in vielerlei Hinsicht völlig mangelhaft dargestellt wird) DJKB-Karate als authentische „Kampfkunst“ legitimieren soll. Ähnlich verfahren Bunkaiisten und Vitalpunktgurus: sie schreiben ein paar „geschichtliche Tatsachen“ nieder (natürlich nur solche, die zweckdienlich sind und die für sie greifbar sind [was die Auswahl stark einschränkt]) und erklären dann – ohne echten Zusammenhang –, dass ihre Praktiken authentisch(er) seien. Sie würden das weiterführen (oder wenigstens wiederherstellen), was historisch verbürgt sei.

Grüße,

Henning Wittwer

ThiS
11-04-2014, 13:58
[...]
„Unter Beachtung der geschichtlichen Entwicklung ist es möglich, Karate in der Form weiterzubetreiben, zu dem es sich bis heute entwickelt hat – als Kampfkunst.“

Diese Art von Argumentation zeigt, dass das eigentliche Ziel des Artikel vordergründig keine geschichtliche Aufarbeitung ist, sondern dass Geschichte (die hier ja eh in vielerlei Hinsicht völlig mangelhaft dargestellt wird) DJKB-Karate als authentische „Kampfkunst“ legitimieren soll.
[...]


Mal abgesehen davon, dass das Fazit irgendwie null Sinn ergibt (ich kann Karate auch ohne Beachtung der geschichtlichen Entwicklung als KK betreiben), ist es verwunderlich, dass ein Verband, der in erster Linie von seinen Mitgliedern lebt, sich nicht selbst die Legitimation entzieht?
Bedauerlich, klar, aber wundern tut mich das kein bisschen.

Vegeto
11-04-2014, 14:06
sondern dass Geschichte (die hier ja eh in vielerlei Hinsicht völlig mangelhaft dargestellt wird) DJKB-Karate als authentische „Kampfkunst“ legitimieren soll.
Damit implizierst du, dass DJKB-Karate keine authentische Kampfkunst sei. Ist das richtig? Auch JKA und WKF/DKV Karate? Oder ist lediglich die Legitimation an sich fehlerhaft?

Gawan
12-04-2014, 02:31
Man kann unter „authentischer Kampfkunst“ alles verstehen, was in einem realen Kampf Aussicht auf Erfolg hat, d.h. was geeignet ist, den Gegner möglichst rasch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln außer Gefecht zu setzen oder gar zu töten.

Ich vermute von diesem Standpunkt aus gesehen ist praktisch kein Kampfsport und keine Kampfkunst, die heute von „normalen“ Leuten betrieben wird, eine „authentische Kampfkunst“.

Auch wenn ich jetzt ein paar Jahre authentische Kampfkunst lerne — kämpfen kann ich nicht. Es liegt also nicht nur am Namen dessen, was man macht (bspw. Karate, MMA oder meinetwegen auch Rugby), sondern vielmehr an der Trainingsintensität und Härte gegen sich und andere. Und natürlich an der Persönlichkeit des Kampfkünstlers.

Dass der DJKB behauptet, traditionelles Karate zu betreiben, finde ich etwas befremdlich. Traditionell ist doch eigentlich nur, was die JKA als Tradition festgelegt hat. Mit den echten berüchtigten Karate-Kämpfern aus alten Zeiten hat das nicht mehr viel zu tun. Aber irgendwie bin ich auch froh darüber. Ich habe keine Lust, mich an Schlägereien zu beteiligen und sehe für mich auch keine Notwendigkeit darin, eine „Kampfmaschine“ zu werden. Man mag es bedauern, wenn das Karate viel von seiner ursprünglichen Brutalität verloren hat und heute überwiegend kultiviert und gezähmt daherkommt.

Ich freue mich einfach daran, dass ich in den Kata langsam aber sicher Fortschritte mache und auch im Kumite allmählich sicherer werde (naja, mein Mawashi-Geri ist echt übel). Mein JKA-Shotokan-Karate tut mir gut, es spielt für mich keine Rolle, ob es irgendwie traditionell oder authentisch ist. Vermutlich würde mir fast jeder andere Karate-Stil (oder eine andere Kampfsportart/Kampfkunst) ebenso gut gefallen, aber der große Vorteil ist für mich, dass der Weg zum Training unschlagbar kurz ist, der Preis niedrig (örtlicher Sportverein), die Lehrer (soweit ich das beurteilen kann) kompetent und die Leute sympathisch.

Gibukai
12-04-2014, 08:45
Hallo,

das Schlüsselwort des Fazits ist das Verb „weiterbetreiben“, mit dem ausgedrückt wird, dass die dargestellte „Geschichte“, die im Artikel bei G. Funakoshi endet, (im DJKB) weitergeführt wird, und zwar im historisch „authentischen“ Sinn. Folgt man dieser Logik, hieße das, dass DJKB-Karate und die Kampfkunst G. Funakoshis identisch (weil weitergeführt) seien. Natürlich stimmt das nicht. Die eigentlich „weitergeführte“ Geschichte des DJKB-Karate beginnt an der Stelle, an der sich ein Personenkreis mit der Gründung der JKA zuerst organisatorisch, dann mit der Einführung von JKA-Wettkämpfen ideologisch und schließlich mit der Veröffentlichung von M. Nakayamas „neuen“ (wie er sie selbst nennt) Lehrnormen technisch von der Person und Lehre G. Funakoshis abnabelt.

Wie G. Funakoshi selbst Karate sah skizziere ich hier:

Karate wie es G. Funakoshi sah (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=2045.0)

Auf die notwendige Differenzierung in der Funakoshi-Linie gehe ich u. a. hier ein wenig ein:

Shotokan - Quo Vadis? (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=1777.msg13872#msg13872)

Grüße,

Henning Wittwer

Vegeto
12-04-2014, 09:31
@Gawan, ich freue mich immer über so Beiträge, gerade was du am Ende geschrieben hast. Aber ein wenig kritische Gedanken bekommste dazu noch:


Man kann unter "authentischer Kampfkunst" alles verstehen, was in einem realen Kampf Aussicht auf Erfolg hat
[...]
Ich vermute von diesem Standpunkt aus gesehen ist praktisch kein Kampfsport und keine Kampfkunst, die heute von "normalen" Leuten betrieben wird, eine "authentische Kampfkunst".

Ich finde die zwei Aussagen passen nicht zusammen. Die meisten Auseinandersetzungen werden doch so beendet: der eine haut dem anderen eine rechte Gerade ins Gesicht. Möglicherweise kommt der nochmal zurück und bekommt einen mittel-tiefen Fußtritt und noch eine rechte Gerade. Der andere Kampfkunst-"Kram" sind doch Goodies die man höchstens mal braucht um sich auszutoben, oder man jemanden gegenüber hat der mal im Kickboxen oder im Judo war. Anyway, bevor ich abschweife - die paar Dinge die man heute wirklich braucht um Aussicht auf Erfolg zu haben bietet doch jede bekannte Kampfkunst.

Wenn, dann würde ich eher sagen fehlt heute der mentale kämpferische, kriegerische Aspekt


Auch wenn ich jetzt ein paar Jahre authentische Kampfkunst lerne — kämpfen kann ich nicht.
Du kannst aber eine Faust machen, eine rechte Gerade schlagen und nen Mae-Geri zwischen die Beine treten (Kin-Geri), oder? Wenn du nicht kämpfen kannst, dann weil in deinen Bewegungen kein Kampfgeist ist. In unserer heutigen Gesellschaft wird das Element der Auseinandersetzung verpönt und man versucht sogar Künsten deren Herz aus diesem Element besteht zu etwas ganz anderem umzubauen.Komische Dinge wie Soundkarate oder Body-Combat/Tae-Bo. Siehe auch den politischen Gegenwind zum MMA. Das Karate hat man ja fast schon erfolgreich zwangskastriert ...


Dass der DJKB behauptet, traditionelles Karate zu betreiben, finde ich etwas befremdlich. Traditionell ist doch eigentlich nur, was die JKA als Tradition festgelegt hat. Mit den echten berüchtigten Karate-Kämpfern aus alten Zeiten hat das nicht mehr viel zu tun.
Die JKA ist mittlerweile auch schon 60 Jahre alt, ich denke es geht in Ordnung etwas als traditionell zu bezeichnen was bestimmt 1 Million Menschen in mehreren Generationen gleichartig tun. Das was vorher war, die noch älteren Urspünge sind auch für mich noch interessanter. Aber nicht alle "Traditionen" der JKA sind deshalb schlecht oder unechtes Karate.


Aber irgendwie bin ich auch froh darüber. Ich habe keine Lust, mich an Schlägereien zu beteiligen und sehe für mich auch keine Notwendigkeit darin, eine „Kampfmaschine“ zu werden. Man mag es bedauern, wenn das Karate viel von seiner ursprünglichen Brutalität verloren hat und heute überwiegend kultiviert und gezähmt daherkommt.
Siehe oben... Wir können dankbar sein in einer Gesellschaft zu leben in der man so einfach Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen kann. Sieht also eher so aus als ob du die Brutalität verloren hast :)

panzerknacker
12-04-2014, 09:36
Ich frage mich schon immer bei den WingChunnern drüben, warum man Artikel und Editorials irgendwelcher Nachbarverbände herauspickt und dann ganz betroffen kommentieren muß?!
Das Gejammer DJKB, DKV, .... traditionell oder nicht hatten wir doch schon vor 20 Jahren....
Ist doch total langweilig und zielführend für´s eigene Training ist es auch nicht.
Schlußendlich macht doch eh jeder sein eigenes Karate, zu welchem Zweck auch immer, wer braucht da Tradition? Muß doch jetzt funktionieren....
Im Ernst Leute, 100 Jahre alter Kampfsport, das ist doch keine Tradition, zumal wenn jeder Hansfranz, sei er noch so toll, daraus seine eigenen, natürlich ultimativen Stil bastelt.
Mir ist das total lax, ob irgendwer vor 100 Jahren bei ´ner Kneipenschlägerei alle umgehauen hat, total albern.
Weiter oben schrieb einer, er geht zum Karate, weil es um die Ecke ist, Spaß macht und die Leute nett sind,- jo so sieht das aus, langt völlig, auf den Punkt gebracht.
Für die Mystiker hier, so sieht dann wohl Satori aus :D.
Gruß
F.

panzerknacker
12-04-2014, 09:55
@Gawan, ich freue mich immer über so Beiträge, gerade was du am Ende geschrieben hast. Aber ein wenig kritische Gedanken bekommste dazu noch:

schnipp, saving bandwidth
Siehe oben... Wir können dankbar sein in einer Gesellschaft zu leben in der man so einfach Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen kann. Sieht also eher so aus als ob du die Brutalität verloren hast :)

Meinst Du das ernst?
Da ist jemand, der in der Lage ist, sich und sein Verhältnis zu seinem Sport zu analysieren und Du schreibst was von Kampfgeist und Brutalität, was er verloren habe?
Du kennst den doch gar nicht, vielleicht ist der ein eisenharter Miethai, und kann sich nur nicht in der ominösen Kneipe prügeln, vielleicht ist er auch einfach nett, oder intelligent oder clever und besorgt sich ein paar handfeste Jungs?
Er beschreibt doch ganz genau, warum er zum Training geht und an Authenzität und Tradition weder glaubt noch interessiert ist.

Wie Du beschreibst, wie Auseinandersetzungen beendet werden, ist mir irgendwie in meiner jugendlichen Sturm- und Drangzeit auch nie untergekommen, naja keine Ahnung davon, ich hab mit Kampfsport angefangen, als ich aus dem Alter eher raus war, mit 21 oder so.
Gruß
F.

Vegeto
12-04-2014, 11:37
Meinst Du das ernst?
Da ist jemand, der in der Lage ist, sich und sein Verhältnis zu seinem Sport zu analysieren und Du schreibst was von Kampfgeist und Brutalität, was er verloren habe?
Ja sicher meine ich das ernst. Das ist sogar durchweg positiv gemeint. Ich finde es gut das jemand für sich entscheidet Auseinandersetzungen und Brutalität in seinem Leben nicht mehr haben zu wollen und das wir in einer Gesellschaft leben in der das möglich ist. Vermutlich hast du meinen Beitrag nicht so verstanden wie ich ihn gemeint habe.

Ich bin aber neugierig - wie wurden denn zu deiner Zeit die meisten Schlägereien beendet?

panzerknacker
12-04-2014, 18:53
Ja sicher meine ich das ernst. Das ist sogar durchweg positiv gemeint. Ich finde es gut das jemand für sich entscheidet Auseinandersetzungen und Brutalität in seinem Leben nicht mehr haben zu wollen und das wir in einer Gesellschaft leben in der das möglich ist. Vermutlich hast du meinen Beitrag nicht so verstanden wie ich ihn gemeint habe.

Ich bin aber neugierig - wie wurden denn zu deiner Zeit die meisten Schlägereien beendet?

ehrlich gesagt glaube ich nicht, daß Du seinen Beitrag verstanden hast :p

Deine Nummer mit der rechten Geraden ist mir glaube ich 2x geglückt, bei mir hat das nie einer geschafft, mich auszuknocken, ansonsten ging das normal über alle Distanzen und war eher wüst, bei mehr als ´nem 1vs1 ausschließlich wüst, unabhängig ob man das gewonnen oder verloren hat, war man genau so verbeult, wie der oder die anderen, also genau wie im richtigen Leben
beendet durch Flucht, Einschreiten Erwachsener oder irgendwelchen friedensbewegten (Un)-bekannten
scheint heute ja alles so ungewöhnlich, dafür aber stylisher zu sein
ich behaupte ´mal das hätte, wenn ich damals schon irgendeinen Kampfsport ausgeübt hätte nicht anders ausgesehen, möglicherweise hätte ich mich dann weniger gehauen? wer weiß das schon

Kurzer
12-04-2014, 21:24
Hallo,

das Schlüsselwort des Fazits ist das Verb „weiterbetreiben“, mit dem ausgedrückt wird, dass die dargestellte „Geschichte“, die im Artikel bei G. Funakoshi endet, (im DJKB) weitergeführt wird, und zwar im historisch „authentischen“ Sinn. Folgt man dieser Logik, hieße das, dass DJKB-Karate und die Kampfkunst G. Funakoshis identisch (weil weitergeführt) seien. Natürlich stimmt das nicht. Die eigentlich „weitergeführte“ Geschichte des DJKB-Karate beginnt an der Stelle, an der sich ein Personenkreis mit der Gründung der JKA zuerst organisatorisch, dann mit der Einführung von JKA-Wettkämpfen ideologisch und schließlich mit der Veröffentlichung von M. Nakayamas „neuen“ (wie er sie selbst nennt) Lehrnormen technisch von der Person und Lehre G. Funakoshis abnabelt.

Wie G. Funakoshi selbst Karate sah skizziere ich hier:

Karate wie es G. Funakoshi sah (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=2045.0)

Auf die notwendige Differenzierung in der Funakoshi-Linie gehe ich u. a. hier ein wenig ein:

Shotokan - Quo Vadis? (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=1777.msg13872#msg13872)

Grüße,

Henning Wittwer

Bei all diesem ständigen Hin und Her und Für und Wider stellt sich mir die Frage: "Bei wem und / oder wo kann man denn heute das authentische Shotokan Karate G. Funakoshis lernen?"

Auch finde ich es gelinde gesagt etwas gewagt, sagen wir z. B. einem Mikio Yahara oder einem Masahiko Tanaka fehlenden Kampfgeist zu uinterstellen.

"Spirit first, technique second" ist ja nun vielen Adepten dieser Klasse nicht ganz unbekannt.

Beziehe mich auf Beitrag 23 mit Anhang.

Gawan
14-04-2014, 00:36
@Vegeto und panzerknacker:
Danke für eure Antworten, ich glaube ich muss noch etwas erklären, was mein Interesse an „Authentizität“ angeht.

Ich finde es wunderbar und beachtlich, wenn Gibukai, den ich jetzt stellvertretend für Kampfkunstenthusiasten anführen will, sich mit der Herkunft und Geschichte seiner Kampfkunst intensiv (intensiver als das für Menschen möglich ist, die auch noch andere Interessen und Verpflichtungen haben) auseinandersetzt und sein Wissen ebenso enthusiastisch weiter gibt. Ich kann nur erahnen, wie viel Arbeit darin stecken mag, Originaltexte auszugraben, sie fachgerecht zu übersetzen und mit Kommentaren zu versehen und als Buch herauszugeben.

Es ist keineswegs so, dass ich kein Interesse an der Herkunft von Karate hätte, auch wenn dieses mir zum großen Teil fehlende Wissen tatsächlich bis jetzt keine Rolle dabei spielt, wie ich mich an DJKB-Shotokan-Karate erfreue bzw. davon profitiere. Ich bin ja noch Anfänger und werde sicherlich noch viele Jahre von Leuten lernen können, die mit dem historischen Karate nur über 100 Ecken verbunden sind. Bei Karateka, die schon seit 20 oder 40 Jahren lernen, sieht die Situation vielleicht ganz anders aus, da interessiert man sich möglicherweise wesentlich deutlich mehr für die Ursprünge (zumindest würde ich mir wünschen, dass es so wäre).

Taijiquan lerne ich „schon“ seit etwa fünf Jahren. Ich weiß, das ist nichts im Vergleich zu vielen hier, die schon fast ihr ganzes Leben lang eine Kampfkunst lernen. Aber immerhin, da würde ich mich als fortgeschrittenen Anfänger bezeichnen. :D
Also „kleiner Rahmen“ Chen-Stil (Xiaojia) Taijiquan ist die authentische Kampfkunst, die ich schon ein wenig länger lerne. Nur nebenbei — was Taijiquan angeht, ist allgemein das Interesse an und das Wissen über die Herkunft vielleicht noch geringer als bei Karate. Und was man als Soundkarate kennt, gibt es entsprechend im Taijiquan schon länger. :(

Warum bin ich kein Kämpfer? Nun, ich bin ein eher schüchterner Typ; meinen einzigen „Kampf“ hatte ich in der 1. Klasse, danach nichts mehr. Anscheinend bin ich einer der glücklichen Menschen, bei denen körperliche Gewalt oder Kämpfen keine wesentliche Rolle spielt, und lerne Kampfkunst, um diesen Mangel auszugleichen. :)

Was einen Kämpfer ausmacht, hat kanken wie ich finde sehr gut hier beschrieben: http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/tai-chi-kampfkunst-164313/#post3175300. Und das ist es, was normalerweise nicht in Kampfkunstschulen oder Sportvereinen unterrichtet wird (korrigiert mich, wenn das falsch ist!). Was nicht im sportlichen Wettkampf angewandt werden darf, wird wohl auch nicht vorrangig unterrichtet.

Ist Kampfgeist in meinen Bewegungen? Ich denke schon, auch wenn das sicherlich noch besser sein könnte. Ich finde im Karate ist es „natürlicher“ oder einfacher als im Taijiquan, Kampfgeist zu zeigen. Da kann ich (eigene Einschätzung) recht gut mithalten.

Gürteltier
17-04-2014, 15:54
Das ist wohl auch eines der wichtigsten Dinge die sich ein Neuling im Karate Bereich klar machen muss. Das der Begriff "traditionelles Karate" von verschiedensten Personen mit jeweils anderer Bedeutung verwendet wird.

Ja. Das ist bei uns im Karate traditionell so.

Wobei mir nicht klar ist, welche Hoffnungen auf höhere Effektivität oder tieferen Sinn sich an KKs aus einer Zeit knüpfen, in der Hörensagen und mangelnde Vergleichsmöglichkeiten viel elementarer Weltbilder geprägt haben.