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Vollständige Version anzeigen : Stephen K. Hayes Ninja 4 – Das Vermächtnis der Schattenkämpfer



ErSunWukong
03-05-2014, 13:58
Falkenverlag (broschiert/1986)
Übersetzer: Johann Schmit
ISBN 3-8068-0807-4
196 Seiten

Dies ist n un also der letzte Band aus der Ninja-Reihe von Stephen K. Hayes. Hierbei geht der Autor im ersten Kapitel erst einmal wieder auf die Geschichte der Ninjas in Japan ein, wobei einige inhaltliche Variabilitäten gegenüber den Vorgängerbänden nicht von der Hand zu wei-sen sind. Tatsächlich liegt aber sein Schwergewicht auf der Darstellung einiger wichtiger Fa-milien, die bisher auch noch keine Erwähnung gefunden hatten. Dabei fallen besonders zwei Dinge besonders auf:

1. Die ständige Betonung des Niedergangs aller japanischen Kampfkünste zu Kampf-sportarten seit dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts – mit Ausnahme des Ninjutsu.
2. Die Konzentration der Darstellung auf die Familie, mit der Hayes selbst verbunden ist und die er als die einzige authentische Ninjutsu-Tradition beschreibt. (Eine Feststel-lung, die Leute, die traditionelle Kampfkunstschulen suchen nur allzu oft hören. Und deren Bedeutung selbst wenn sie wahr ist nicht unumstritten ist in Expertenkreisen.)

In den folgenden zwei Kapiteln beschäftigt sich Hayes dann auf der Grundlage einer relativ offenen Interpretation der Fünf-Elemente-Lehre mit den Möglichkeiten, sich durch Anwen-dung der dahinter stehenden Prinzipien der elementaren Eigenschaften und ihrer Wechselzu-stände gut zu tarnen für die Infiltration und für das Entkommen – und auf die Anwendung der Prinzipien im bewaffneten und unbewaffneten Zweikampf. Wieder fällt er dabei über die Kata, Kumite, Kempo und Pockecks anderer Systeme her und spricht auch dem Randori in weiten Teilen die Existenzberechtigung in einer Kampfkunst ab, bevor er nach einer Darstellung des Kotsu, Nagare und Ritsudo (wobei man Letzteres wirklich nicht ohne Randori oder Pockecks trainieren kann) auf 49 Seiten Drillübungen darstellt, die eigentlich auch nur Formen der Partnerverteidigungsübungen sind – und die nach dem Mu- bzw. Wu Wei-Prinzip anderer japanischer und chinesischer Kampfsportarten, die dem Nagare verdächtig ähnlich sind, trainiert werden sollen. Überhaupt ist dieses Buch in diesem Aspekt überaus widersprüchlich.

Das nächste Kapitel gibt uns einen Einblick in das Wirken weiblicher Ninja – so genannter Kunoichi -, der durchaus interessant ist. Hierbei werden auch spezifische „Pockecks“ für Frauen bzw. eher klein gebaute Kämpfer dargestellt, die immerhin weitere 31 Seiten dieses Buches einnehmen.

Das letzte Kapitel ist sicherlich für viele Leserinnen und Leser das Interessanteste in diesem Buch, da es sich mit den Möglichkeiten einer gesteigerten Wahrnehmung beschäftigt und wie man diese gezielt trainieren kann. Einige der Wirkungen der hier gezeigten Übungen lassen sich dabei von Skeptikern vielleicht durch den Carpenter-Effekt erklären, aber nicht wirklich alle. Damit sind die Darstellung und die Übungen so, wie man es aus den meisten Kampf-kunstanleitungen einer spezifischen Schule kennt – dem Erfahrenen teils vertraut, teils un-praktisch und teils überraschend. Der eigentliche Effekt liegt in den dazugehörigen inneren Übungen, die hier natürlich nicht wirklich darstellbar sind.

Das Buch selbst schließt ab mit einem längeren Interview mit Hayes, in dem er seine Sicht des Ninjutsu noch einmal deutlich macht und auch seine eigene Autorität noch einmal zu festigen versucht. Was aufgrund der Situation in der Kampfsportwelt, in der alle paar Monate neue „authentische Schulen für dies und das auftauchen sicherlich verständlich ist. Genau vor dieser Tendenz warnt Hayes auch noch einmal ausdrücklich in Bezug auf Ninjutsu-Ryus.


K.-G. Beck-Ewerhardy