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Vollständige Version anzeigen : Stephen K. Hayes - Ninja 2: Die Wege zum Soshin



ErSunWukong
03-05-2014, 15:03
Falken Verlag (broschiert/1985)
Übersetzer: Johann Schmit
ISBN 3-8068-0763-9
159 Seiten

In diesem zweiten Band der vierteiligen Reihe beschäftigt sich Stephen Hayes zunächst mit der Überlieferungsgeschichte zum Ninjutsu oder Nin-Po speziell in den Iga-Gebirgen. Dazu referiert er kurz den allgemeinen Inhalt der zehn Bände von Fujibayashis Bansenshukai („10.000 Flüsse münden ins Meer“) aus dem späten 17. Jahrhundert. In diesem Buch sind die grundlegenden Dinge des Ninjutsu/Nin-Po in relativ verschlüsselter Form wiedergegeben. Auch hierbei liegt das Hauptgewicht vor allen Dingen nicht in der Vernichtung oder im Kampf, sondern in dem Versuch des Erreichens einer möglichst großen Harmonie im eigenen Umfeld – und in einem möglichst großen Kreis um einen herum – und Verwendung aller notwendigen Mittel. In diesem – wie in vielem anderen – folgt das Nin-Po den taoistischen und tibetisch-buddhistischen Ursprüngen aus denen es sich entwickelt hat. Wobei hier sogar streng genommen die moralische und geistige Ausbildung vor der abschließenden Kampfaus-bildung liegen sollte.

Hiernach gibt es eine kleine Übersicht über Fall- und Springschule, wobei mich das sehrstark an die Standard-Judofallschule erinnerte und den Lehrplan Sek I für Radschlagen und Flick-flacks. Interessanter sind da schon die verschiedenen gut beschriebenen und anwendungsori-entierten Darstellung zur bewaffneten und unbewaffneten Selbstverteidigung – wobei Hayes Wert darauf legt festzustellen, dass man diese Techniken situationsvariant und nicht starr trai-nieren sollte.

Im letzten Teil des Buches gibt es eine tiefergehende Einführung in das Kuji-In, wobei die grundlegende Mudra mit ihren Mantras und der Verkettung vor dem Hintergrund der dazuge-hörigen Mandalas betrachtet werden. Dies wird abgeschlossen mit einer Darstellung der Mudra-Kette von Anfang bis Ende. Hierzu ist allerdings anzumerken – was Hayes auch an allen anderen Stellen tut – dass diese Techniken nur mit einem Lehrer sinnvoll gelernt werden können und nicht einfach durch das Lesen eines Buches.

Wie im ersten Band ist auch hier Hayes ein wenig vorzuwerfen, dass er als ehemaliger – und vielleicht auch enttäuschter – Karateka die „Do“-Schulen der Kampfkünste als sehr starre und antiquierte Systeme beschreibt und wohl auch so verstanden hat. Dies kann man aus heutiger Sicht der meisten Systeme so eigentlich nicht unterschreiben und auch die Rigidität des Zen-Buddhismus wird hier ein wenig überzeichnet dargestellt. Aber dies dürfte – neben der Bio-graphie des Autoren – auch seine Quellen in der Zeit des Schreibens dieser Reihe liegen, in der ein Kampfkunstsystem wie das Nin-Po einem Kampfsportsystem, wie etwa Judo, diamet-ral gegenüber zu stehen schien. Aus heutiger Sicht muss man das etwas offener betrachten. Doch Hayes wollte die Ninja den Samurai – die damals stärker in Mode waren – positiv ge-genüberstellen, so dass er hier wohl ein wenig Propaganda für seine Sache betrieb. Was natür-lich auch seine Berechtigung hat. Trotzdem ist auch dieser zweite Band sicherlich eine durch-aus lohnende Ergänzung für jede ernsthafte Kampfkunstbibliothek.


K.-G. Beck-Ewerhardy