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Vollständige Version anzeigen : Dave Lowry Pinsel und Schwert – vom Geist der Kampfkünste



ErSunWukong
03-05-2014, 14:22
Schlatt-books (broschiert/2004)
Übersetzer: Hendrik Felber
ISBN 3-937745-14-9
172 Seiten
€ 17,-

Die Idee, dass Schwert und Pinsel etwas gemeinsam haben ist spätestens seit „Hero“ den meisten Freunden der asiatischen Kampfkunst vertraut. Und auch in „Tiger und Drache“ wird diese Idee angedeutet. Dave Lowry, der selbst ein erfahrener Kampfkünstler ist und sich schon seit langem mit verschiedenen Aspekten der japanischen Kultur und Philosophie be-schäftigt hat in diesem Buch die Beziehung zwischen der Kalligraphie und der Schwertkunst in vielen Einzelaspekten beleuchtet und gleichzeitig gezeigt, dass eigentlich jeder Do oder jeder Jutsu den gleichen Grundprinzipien folgt, wie er sie in diesem Buch niederlegt.

In zweiundvierzig kurzen Essays beschäftigt er sich mit der Etymologie von zur Kampfkunst gehörigen Kanjis und den Wandel ihrer Bedeutung vom Zeitpunkt ihrer Entstehung bis heute und entwirft damit ein Bild der Entwicklung vom feudalistisch geprägten Bushi zum moder-nen Bugeisha und somit auch den Wandel der Zielrichtungen der Kampfkünste, die sich im 20. Jahrhundert vollzogen zu haben scheint. Den Essays sind jeweils die entsprechenden Kan-jis in ihrer Druckform und in der von Herrn Lowry selbst gezeichneten Form vorangestellt, so dass man die in der Ableitung gegebene Beschreibung gut nachvollziehen kann.

Die Essays selber folgen erst auf eine ausgiebige Einleitung zu philosophischen und histori-schen Zusammenhängen und beinhalten oft sehr anschauliche Geschichten aus der japanischen Geschichte, die die durch die Kanjis bezeichneten Prinzipien verdeutlichen – und auch zeigen, wie diese Prinzipien letztendlich in allen Jutsu und Dô Anwendung finden

Philosophische folgen Lowrys Ausführungen eher Munemori als dem Hagakure, da er das Ruhige und Friedfertige des bugei betont gegenüber dem Kämpferischen und beinahe Prahle-rischen, das soviel in der Schrift des verhinderten Kampfmönchs ausmacht.

Stellenweise sind seine Ausführungen aber ein wenig idealisierend, z.B. in der historischen Begründung, warum Feuerwaffen im feudalistischen Japan nicht so eine rasante Entwicklung gemacht haben, wie im Westen, wo sie wesentlich später eingeführt wurden. Hier lässt er ein wenig Historizität vermissen, aber auch Geschichte ist ja keine allzu genaue Wissenschaft und für die Grundaussage des Buches ist dies auch eher unwichtig.

Wandel der Grundeinstellungen der bugeisha durch die Jahrhunderte und speziell im 20. Jahrhundert als sich aus den Jutsu die Dô entwickelten.

Im Anhang setzt sich der deutsche Übersetzer noch mit einigen der Ableitungen in etymologischer Form auseinander und widerspricht dem Autoren in einigen Bereichen, was das Buch im Endeffekt eigentlich noch interessanter macht, da es zum weiterführenden Studium anregt. Dabei ist dieses Buch eher etwas für den fortgeschrittenen Kampfkünstler oder Kulturinteressierten als für den Kampfsportler, aber für die genannten Gruppen ist es ein wahres Geschenk.


K.-G. Beck-Ewerhardy