Vollständige Version anzeigen : Ott's Ringen
Hallo zusammen,
weiß nicht, ob das schon mal gepostet wurde, aber hier gibts einen wie ich finde sehr gut aufgearbeiteten Artikel von Jessica Finley über die Grundprinzipien von Ott's Ringen: Quickness, Strength and Skill: Principles of Medieval Wrestling in the Techniques of Master Ott | (http://chivalricfighting.wordpress.com/2012/08/30/quickness-strength-and-skill-principles-of-medieval-wrestling-in-the-techniques-of-master-ott/)
Beste Grüße
Period.
Ich hatte bisher immer Probleme mit Otts Schreibstil. Lignitzer erschließt sich uns irgendwie leichter
Von daher interessantes Lesematerial. :)
Zwerglein
13-05-2014, 22:06
Wie viel Zeit wird bei Euch ins Ringen investiert? Der Schwerpunkt der meisten Vereine ist ja doch eher Lange Schwert oder solcher Krams.
Wir machen ab und an Einheiten nur zum Kriegs/ Leibringen und ansonsten Übungen und Dolchtechniken vor jedem Training.
Macht immer tierisch Spaß. Gegen einen eigenständigen Kurs nur zum Ringen hätte ich echt nichts einzuwenden.
Sehr guter Artikel. :halbyeaha
Ich betreibe historisches Ringen in erster Linie akademisch und trainiere modernes Ringen praktisch ;)
Meine persönliche Erfahrung mit den HEMA-Gruppen geht in die Richtung, dass das Ausmaß des Ringens im Training vor allem vom Interesses des Instructors geprägt wird, und viele sind halt in erster Linie an Klingen interessiert... auch wenn in der jüngeren Generation inzwischen ein Umdenken stattzufinden scheint, da man seine Möglichkeiten im bewaffneten und speziell im gerüsteten Infight ohne Ringkenntnisse stark limitiert.
Bei den größeren Seminaren (z.B. Dreynevent) bemüht man sich seit den letzten 2-3 Jahren daher normalerweise, wenigstens einen Ring-relevanten Workshop hinzukriegen ;)
Beste Grüße
Period.
“know that all fencing comes from wrestling”
Interessante Aussage.
Drey Wunder
14-05-2014, 09:01
... Gegen einen eigenständigen Kurs nur zum Ringen hätte ich echt nichts einzuwenden.
... na dann lass uns mal einen Seminar für diese Jahr planen ;-)
Vielen Dank für den Link! Hab es bisher nur überflogen, widme mich dem Artikel demnächst aber genauer. :)
Interessante Aussage.
Naja, "... und wisse das alle höbischeit kompt von deme ringen" ;)
Interessant find ich die Aussage aber im Vergleich zu manchen japanischen Ansichten, wo es umgekehrt oft heißt, alles Waffenlose käme vom Waffen/Schwerttkampf.
... na dann lass uns mal einen Seminar für diese Jahr planen ;-)
Super Idee, ich wäre dabei! :-)
Bezüglich "alles fechten kommt aus dem Ringen".
Ergänzend dazu hatt irgendeiner der einschlägigen Autoren sinngemäß auch mal geschrieben, dass Mann Ringen nur richtig verstehen.lernt, wenn man auch mit Waffen zu kämpfen lernt.
Gehört also irgendwie wohl zusammen ;-)
itto_ryu
14-05-2014, 09:51
Außereuropäisch ist es in den persischen Quellen so, dass ein guter Kämpfer immer als ein guter Ringer bezeichnet wird. Der Ringkampf stellte schon in der Sassanidenperiode die essentielle Basis aller Kriegskunst dar, bis heute ist jegliche Art des Ringens im Iran heilig, ob olympisch, traditionell oder historisch. Die traditionellen Kraft- und Konditionsübungen zum Ringen sind z.B. heute noch Teil des Trainings im Zurkhaneh. Die Übungen beinhalten auch Anteile für den bewaffneten Kampf und so stehen Ringen und die Waffenausbildung in Persien in einem untrennbaren Verbund. Insofern sahen es die alten Perser wie auch die modernen Iraner so in der Art wie period.
Zwerglein
14-05-2014, 10:25
... na dann lass uns mal einen Seminar für diese Jahr planen ;-)
Mensch, "wir" sind ja auch überall. :fechtduel
Wir könnten ja auch auf die Einheiten langes Messer verzichten und dafür ringen. :o
Drey Wunder
14-05-2014, 11:01
Mensch, "wir" sind ja auch überall. :fechtduel
Wir könnten ja auch auf die Einheiten langes Messer verzichten und dafür ringen. :o
"Die Menschen sahen mich an, als wären meine Worte die reinste Häresie, als würde ich uns alle verdammen."
Andrew Gross - Die Rache des Kreuzfahrers
Mensch, "wir" sind ja auch überall. :fechtduel
Wir könnten ja auch auf die Einheiten langes Messer verzichten und dafür ringen. :o
Stimmt :) Prinzipiell ist es halt so, dass ein einmaliges Seminar kaum mehr machen kann, als die Augen für die Möglichkeiten des Ringens zu öffnen - sogar um die Grundprinzipien mitzugeben reichen zwei Stunden oder so einfach nicht aus, da kann ich wenn ich gründlich sein will grad mal ein bis zwei Techniken vermitteln und korrigieren ;)
Ich habe das schon gelegentlich anderweitig angesprochen, aber im Prinzip wäre es für so ziemlich jeden HEMA-Ausübenden von Vorteil, sich zumindest Einblick in ein modernes Standgrapplingsystem zu verschaffen. Modernes Ringen ist da in meinen Augen nicht immer die erste Wahl, weil die kaum Erfahrung mit erwachsenen Anfängern haben, sprich, es wird öfter mal zu fest draufgehauen nach dem Motto "Ein guter hälts aus und um einen schlechten ists nicht schade!" ;) Wenn man allerdings durch diese Schule durchkommt, hat man einen sehr entscheidenden Vorteil gegenüber anderen (auch konditionell und was Nehmerqualitäten anbelangt).
Im Judo dagegen gibts ein klar durchstrukturiertes Lehrkonzept (während im Ringen der Stoff oft an die letzten und kommenden Wettkämpfe angepasst wird), genügend erwachsene Anfänger beider Geschlechter sowie hinreichend ältere Semester höherer Grade, die zwar nicht mehr voll bolzen wollen / können, aber gern bereit sind, ihr Wissen weiterzugeben ;) Und lustigerweise haben die Judotechniken in vieler Hinsicht mehr Gemeinsamkeiten mit dem historischen Ringen - weniger die Griffe an der Kleidung, aber der traditionelle Morote Gari ist z.B. 1:1 der von Auerswald. Außerdem kostet Judo im Vergleich zu den Orchideen-artigeren KS wie BJJ oder FMA in der Regel fast nichts (50€ im Jahr vs 50€ im Monat) :)
Und wenn die Leute mit Vorkenntnissen zu Seminaren kommen, kann man auch deutlich mehr in die Tiefe gehen - stellt euch mal ein Seminar zum Langen Messer vor, wo der Ausbilder zuerst eine halbe Stunde erklären muss, an welchem Ende man das Ding anfasst ;)
Beste Grüße
Period.
itto_ryu
14-05-2014, 13:12
Gut geschrieben, period.
Althalus
14-05-2014, 13:28
Und wenn die Leute mit Vorkenntnissen zu Seminaren kommen, kann man auch deutlich mehr in die Tiefe gehen - stellt euch mal ein Seminar zum Langen Messer vor, wo der Ausbilder zuerst eine halbe Stunde erklären muss, an welchem Ende man das Ding anfasst
So ähnlich bin ichs eigentlich gewohnt, wenn ich mal wieder einen WS halte ... :D
Interessant find ich die Aussage aber im Vergleich zu manchen japanischen Ansichten, wo es umgekehrt oft heißt, alles Waffenlose käme vom Waffen/Schwerttkampf.
Ich hab mittlerweile mal das Experiment gewagt, die Prinzipien des Bologneser Fechtens waffenlos umzusetzen. Funktioniert tadellos, allerdings wirds halt ein eher schlagender Stil mit wenigen Griffen.
Ist mir aber auch Recht - ich mag das Gerangel eh nicht. ;)
Ich hatte bisher immer Probleme mit Otts Schreibstil. Lignitzer erschließt sich uns irgendwie leichter
Von daher interessantes Lesematerial. :)
wenn du dich etwas eingelesen hast in andere Meister, wie eben Lignitzer. Dann nimm dir nochmal die verschiedenen Ott Texte zur Hand. Dann dürfte das besser laufen und du wirst dich wahrscheinlich fragen, warum du das vorher nicht verstanden hast ;-)
Ott ist grade in der Basis etwas ausführlicher als einige andere, das Groß der Techniken ist ja nichts unübliches.
der traditionelle Morote Gari ist z.B. 1:1 der von Auerswald.
kommt ganz drauf an, was du unter einem traditionellen Morote Gari verstehst. Das Stück, was du wahrscheinlich meinst (s.29?) ist doch schon was anderes als die übliche Doppelhandsichel. Daher würde ich vielleicht nicht unbedingt 1:1 sagen ;)
Meiner Erfahrung nach ist es auch durchaus sagen wir "anders spaßig" ein Seminar zum historischen Ringen mit Judoka, Jujutsuka oder Ringern zu machen, als mit historische Fechtern (übliche Langschwertverdächtige). Da kann man schon ganz andere Sachen machen bzw. muss das Seminar auch ganz anders geplant werden.
Ist ja bald wieder soweit :)
kommt ganz drauf an, was du unter einem traditionellen Morote Gari verstehst. Das Stück, was du wahrscheinlich meinst (s.29?) ist doch schon was anderes als die übliche Doppelhandsichel. Daher würde ich vielleicht nicht unbedingt 1:1 sagen ;)
Ich meine die Technik von Auerswald, die er als "das einbrechen" bezeichnet (Seitenzahlen hat meiner nicht, müsste aber die 29. Technik sein, wenn ich richtig gezählt hab) entspricht in meinen Augen dem, was Robert van de Walle in seinem Werk Pick Ups - Morote Gari, Sukui-Nage, Ura-Nage, Kata-Guruma. (Judo Masterclass Techniques 1996) S. 28-29 als traditionellen Morote-Gari demonstriert. Der einzige Unterschied ist, dass Van de Walles Kopf deutlich tiefer ist, während der von Auerswald im Bild über dem seines Gegners liegt, und dass Van de Walle genau in der Kniekehle zu fassen scheint und von Auerswald eine Spur höher die Hose seines Gegners (nach Van de Walle zumindest in einem Judo-Gi die unsicherere Fassart). Das Ganze macht aber auf mich eher den Eindruck eines Darstellungsproblems - die Position bei Von Auerswald lässt sich zum Skizzieren halten, während es bei einem dynamischen Angriff dieser Art keine Möglichkeit dazu gäbe.
Beste Grüße
Period.
verstehe.
Auerswald lässt sich so eigentlich ziemlich gut "werfen". Grade mit aufrecht gehaltenem Kopf.
Wie schon angedeutet gibts zum Doubleleg viele Varianten und auch diese scheint zu funktionieren.
Danke für deine Erläuterung von Robert van de Walles traditioneller Variante.
Bleibt dann also doch bei nicht ganz 1:1 ;)
Ist gut ;) Wobei ich dem Herrn Auerswald seinen so hohen Kopf nicht ganz abkaufe - spätestens beim Absetzen gäbs Probleme, weil er sich aus der Position meines Erachtens kaum vom Gegner lösen kann. Bei den mir geläufigen stehenden Varianten des Double Leg geht der Kopf des Ausführenden erst dann wieder nach oben, wenn die Hände an den Beinen des Gegners Richtung Knöchel gleiten (während der fällt also) ;)
Beste Grüße
Period.
wenn du dich etwas eingelesen hast in andere Meister, wie eben Lignitzer. Dann nimm dir nochmal die verschiedenen Ott Texte zur Hand. Dann dürfte das besser laufen und du wirst dich wahrscheinlich fragen, warum du das vorher nicht verstanden hast ;-)
Ott ist grade in der Basis etwas ausführlicher als einige andere, das Groß der Techniken ist ja nichts unübliches.
Wird sicher irgendwann folgen, momentan schauen wir uns Auerswald an. Bilder sind doch hilfreich. :)
Im Judo dagegen gibts ein klar durchstrukturiertes Lehrkonzept (während im Ringen der Stoff oft an die letzten und kommenden Wettkämpfe angepasst wird), genügend erwachsene Anfänger beider Geschlechter sowie hinreichend ältere Semester höherer Grade, die zwar nicht mehr voll bolzen wollen / können, aber gern bereit sind, ihr Wissen weiterzugeben ;) Und lustigerweise haben die Judotechniken in vieler Hinsicht mehr Gemeinsamkeiten mit dem historischen Ringen - weniger die Griffe an der Kleidung, aber der traditionelle Morote Gari ist z.B. 1:1 der von Auerswald. Außerdem kostet Judo im Vergleich zu den Orchideen-artigeren KS wie BJJ oder FMA in der Regel fast nichts (50€ im Jahr vs 50€ im Monat) :)
Das kann ich so bestätigen und waren auch für mich die Gründe mit Judo anzufangen (naja und weil ich Lust auf Bodenkampf hatte, wobei da BJJ sehr klar die Nase vorn hat), kommt allerdings stark auf den Verein an wie gut das Training aufgebaut ist. :)
Ich hab mittlerweile aber den Eindruck, dass Auerswald ohne Kleidungsgriffe nur bedingt Sinn ergibt. Wenn der andere keinen entsprechend festen Griff an der eigenen Kleidung hat, ergeben sich manche der Situationen nur schwer.
Etwa "die schweche des Arms" funktioniert mit Kleidungsgriff tadellos, ohne schlüpft ein Trainingspartner sehr leicht raus. Auch der nachfolgende Teil ("Wenn du nu sihest, das er sich benget") erinnert, bis auf den fehlenden Beingriff, stark an Lignitzers 4. Ringen (http://www.hammaborg.de/de/transkriptionen/peter_von_danzig/07_ringen.php).
Nur bekommt man seine rechte Hand auf Lignitzers Art nicht vor die Brust geschoben wenn der andere einen festen (Kleidungs)Griff hat.
Ist gut ;) Wobei ich dem Herrn Auerswald seinen so hohen Kopf nicht ganz abkaufe - spätestens beim Absetzen gäbs Probleme, weil er sich aus der Position meines Erachtens kaum vom Gegner lösen kann. Bei den mir geläufigen stehenden Varianten des Double Leg geht der Kopf des Ausführenden erst dann wieder nach oben, wenn die Hände an den Beinen des Gegners Richtung Knöchel gleiten (während der fällt also) ;)
Beste Grüße
Period.
das liegt daran, dass der Auftakt schon anders ist, eben nciht wie beim "üblichen" DL.
Man zieht den Gegner im Grunde auf seine Schenkel bzw. setzt diese unter ihn, während man ihn herranzieht. Das ist dann die dargestellte Position. Das klappt super ohne mit Kopf und Rücken tief gehen zu müssen.
Von da aus kann ich ihn dann auf verschiedene Arten "ablegen" wobei dann hier der Kopf durchaus wieder gesenkt werden kann/muss (verkehrte Welt :D).
T. Stoeppler
14-05-2014, 16:43
Das ist übrigens ein sehr schöner Artikel von Jess.
Naja, "... und wisse das alle höbischeit kompt von deme ringen" ;)
Interessant find ich die Aussage aber im Vergleich zu manchen japanischen Ansichten, wo es umgekehrt oft heißt, alles Waffenlose käme vom Waffen/Schwerttkampf.
Hierzu kann man vielleicht sagen, dass das Ringen in der Form als Basistraining zu verstehen ist. Schult Aufmerksamkeit, Körpergefühl, Kraft, Schnelligkeit und deren Anwendung ganz ausgezeichnet. Wenn einem Fechter diese Attribute fehlen, ist das meist "nicht hübsch".
In nicht wenigen chinesischen und japanischen Stilen werden die Kernprinzipien des Waffenkampfes auf waffenlos übertragen - und damit wird gleichzeitig waffenlos der Umgang mit Waffen trainiert. Dadurch gibt es zwar viel Potential für Übungsartefakte, aber man schlägt idealerweise zwei Fliegen mit einer Klappe.
Hierzulande hatte man eigentlich immer genug Kriegswerkzeug und das Ringen war eben eher zum Spass und zum Training (bis auf die Ringtechniken, die man im Gefecht braucht).
In Liechtenauer´s Versen wird die Trainingsprogression grob erklärt:
1.Ringen
2.Stangenwaffen
3.Schwert/Messer
Gruss, Thomas
In Liechtenauer´s Versen wird die Trainingsprogression grob erklärt:
1.Ringen
2.Stangenwaffen
3.Schwert/Messer
Wo genau steht das denn so?
In Liechtenauer´s Versen wird die Trainingsprogression grob erklärt:
1.Ringen
2.Stangenwaffen
3.Schwert/Messer
Wobei im 3227a ja steht: das Fechten mit der Stange ist aus dem Schwert genomen
das liegt daran, dass der Auftakt schon anders ist, eben nciht wie beim "üblichen" DL.
Man zieht den Gegner im Grunde auf seine Schenkel bzw. setzt diese unter ihn, während man ihn herranzieht. Das ist dann die dargestellte Position. Das klappt super ohne mit Kopf und Rücken tief gehen zu müssen.
Von da aus kann ich ihn dann auf verschiedene Arten "ablegen" wobei dann hier der Kopf durchaus wieder gesenkt werden kann/muss (verkehrte Welt :D).
Interessant - so hab ich das noch nicht betrachtet. Stößt sich auf jeden Fall nicht mit dem Begleittext. Danke, ich werds mal ausprobieren :)
Beste Grüße
Period.
und nochmal hübsch mit Quellenangabe:
3227a 86r Ringen
Rischeit kunheit list vnd klugheit / etc dy gehören och czu deme Ringen / Vnd wisse das alle höbischeit kompt von deme ringe~ vnd alle fechte~ kome~ ursachlich vnd gru~tlich vom ringe~ / Czum erste~ das fechte~ mit dem lange~ messer / aus dem ku~pt das fechten mt dem sw°te
und nochmal für Messer:
3227a 82r Langes Messer
aus dem lãgen messer / ist / das swert genomen vnd funden
3227a 78r Stange
vnd das daz fechten mit der stange~ / ist / aus dem swerte genomen / Vnd als eyner ficht mit dem sw°te / zo fechte her och mit der stange
Also:
1. Ringen
2. Messer
3. Schwert
4. Stange
@Thomas: falls dus nicht nur durcheinander geworfen hast und noch was anderes im Kopf hast, immer her damit :-)
T. Stoeppler
14-05-2014, 20:14
@Oliver
@Dreiven
Ich meine diesbezüglich den Liechtenauer Vers
"Ringens gut (f/b)esser / glefney sper swert unde messer"
Das ist auch ganz normal, was das Training anbelangt. Man lernt erstmal die Grundfertigkeiten - Ringen. Dann das relativ unkomplizierte, aber körperlich fordernde Handling mit der Stangenwaffe der Wahl (Glefe, Speer) und dann die feineren Waffen.
Für eine kampfrelevante Ausbildung macht das auch Sinn, man fängt vielleicht mit der wichtigsten Waffe an und arbeitet dann die sekundären Waffen ab.
Jetzt kommt natürlich auch der Zeitgeist ins Spiel - Das Lange Schwert ist einfach schick, nicht umsonst steht das in der Liechtenauer Tradition technisch im Vordergrund. Wenn man die Schwerttechniken auf der Platte hat, sind die eher banalen Stangentechniken jetzt nicht mehr wirklich neu.
Ich halte die Reihenfolge, wie sie im Vers vorkommt, für den originalen Standard.
Gruss, Thomas
Ah danke Thomas,
ich hatte das immer mehr so verstanden, dass es im Vorwort mehr darum geht, was für den Krieg eben wichtig sei und was man so drauf haben sollte ;). Glefney meint ja hier etwa Lanze, daher hätte ich hier weniger eine Lernreihe vermutet, die aufeinander aufbaut.
Lässt sich aber natürlich so lesen bzw. ist das die Konsequenz aus dem was du schriebst.
Dass das lange Schwert natürlich nicht der Quell der Techniken ist, ist klar, die Waffe war ja eher "neu" ;)
In deinem Ersten Post schriebst du aber was von "Trainingsprogression" und da finde ich die andere Variante sinniger, wie du ja schon selber schriebst, war das Lange schwert eben die Schulwaffe zu der Zeit.
Das Zitat findet sich übrigens z.B. hier
3227a 18r
Kunst dy dich czyret vnd in krigen sere hofiret / Ringe~s gut fesser / glefney sper swert vnde messer
gibts aber auch in anderen Handschrieften, das Vorwort ist ja oft kopiert ;)
itto_ryu
14-05-2014, 21:40
Sehr interessant. Dieser Ansatz der Liechtenauer Lehre gefällt mir. Spannend auch wie kleine Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten feststellbar sind. In persischer Tradition begann man wohl mit dem Ringen und Kraft- und Konditionstraining, dann kam die Kombination Schwert und Schild. Die panzerknackenden Waffen wie Tabar (Axt) und Gorz (Streitkolben), Dolche und Messer (Khanjar/Kard) als auch Speere und Lanzen kamen darauf basierend hinzu. Wenn ich es richtig auf dem Schirm habe, dann sind ja die Bologneser in ihrer Tradition erstmal beim einhändigen Einzelschwert, worauf später die anderen Waffen basieren (und auf das "im Dreck suhlen" verzichten die feinen Herren ja eh, wie schon mehrfach erwähnt wurde ;)).
Ah genau die Textstellen die der Olli zitierte wollte ich auch anführen. War ich zu langsam ;-)
Man kann diese Reihenfolge Ringen-> Messer->Schwert->Stangen ja entweder als Lernreihenfolge deuten, oder als technische/chronologische Entwicklung deuten.
Die von Thomas zitierte Aufzählung Ringen-Stangen-Schwert im Vers hingegen habe ich immer als bloße Aufzählung ohne Reihenfolgencharakter gedeutet.
Wenn man das "fesser" wirklich als "besser" liest (ich hatte das immer als "fassen" gedeutet), gibt sich für mein dafürhalten jedoch sinngemäß folgende Aussage:
"Ringen ist gut. Besser (um im Krieg gut zu hoffieren, erste Zeile) sind aber Glene, Speer, Schwert und Messer."
Das würde die Betrachtungsweise stützen dass das (reine, waffenlose) Ringen als tolle schöne Übung gesehen wurde, aber fürs wirkliche Leben die Waffenkampfkünste doch den Schwerpunkt setzen.
karate_Fan
29-05-2014, 10:45
Der Artikel ist wirklich sehr informativ.
Wie viel Zeit wird bei Euch ins Ringen investiert? Der Schwerpunkt der meisten Vereine ist ja doch eher Lange Schwert oder solcher Krams.
Das ist wirklich eine gute Frage. Bei uns im Verein wird leider wenig bis gar keine Zeit ins Ringen investiert. Das ist einerseits nicht so schlimm, da es noch viele andere Aspekte des LS zu üben gibt, besonders wenn man noch so ein Anfänger ist, so wie ich. Für später, wäre es allerdings nicht uninteressant sich mit dem Ringen zu beschäftigen.
Die ringerischen Elemente sind in den Quellen zum Bloßfechten die ich kenne zwar im Vergleich zum Harnisch Fechten nicht so stark ausgeprägt, vereinzelt gerungen wird trotzdem.
Glaube bei den Tafeln von Thalhofer sind vereinzelt ringerische Elemente abgebildet, könnte mich aber auch irren.:gruebel:
Lange Rede kurzer Sinn, ich hoffe, ich kann mich eines Tages etwas näher mit dem Ringen beschäftigen um mein Verständnis für das Fechten zu erweitern. Momentan ist aber noch keine Zeit dafür, da es noch genug andere Dinge beim LS gibt die noch zu meistern habe, und das wird noch dauern.
Die ringerischen Elemente sind in den Quellen zum Bloßfechten die ich kenne zwar im Vergleich zum Harnisch Fechten nicht so stark ausgeprägt, vereinzelt gerungen wird trotzdem.
Glaube bei den Tafeln von Thalhofer sind vereinzelt ringerische Elemente abgebildet, könnte mich aber auch irren.:gruebel:
Lange Rede kurzer Sinn, ich hoffe, ich kann mich eines Tages etwas näher mit dem Ringen beschäftigen um mein Verständnis für das Fechten zu erweitern. Momentan ist aber noch keine Zeit dafür, da es noch genug andere Dinge beim LS gibt die noch zu meistern habe, und das wird noch dauern.
Vereinzelt ist gut - im 1467er Talhoffer finden sich alleine 29 Stücke "reines" Ringen, dazu kommt noch ein großer Teil des Dolchfechtens und die Mordaxt, die beide sehr nahe am Ringen angesiedelt sind - und natürlich die Stücke mit langem Schwert, die im Ringen enden (Hans Talhoffer/Württemberg - Wiktenauer - Insquequo omnes gratuiti sint (http://wiktenauer.com/wiki/Hans_Talhoffer/W%C3%BCrttemberg)) :)
Fürs Bloßfechten fallen mir durchaus auch einige sehr ringlastige Quellen ein, der Codex Wallerstein ist zum Beispiel voll davon, und da ist der ursprüngliche Part meines Wissens primär aufs Bloßfechten ausgelegt. (Codex Wallerstein (Cod.I.6.4º.2) - Wiktenauer - Insquequo omnes gratuiti sint (http://wiktenauer.com/wiki/Wallerstein)) ;)
Zum didaktischen Prinzip im historischen Fechten gibts natürlich verschiedene Ansätze - wies in den vergangenen Jahrzehnten gern gehandhabt wurde, kann man prinzipiell auch fast alles aus dem langen Schwert übertragen - aber andererseits gibt es auch gute Gründe, den Unterricht mit dem Ringen zu beginnen (siehe oben)... Natürlich besteht auch das Risiko, dass man wie ich beim Ringen hängen bleibt und sich dann weigert, Waffen in die Hand zu nehmen, die größer sind als ein Doch (na ja, und die eine oder andere Stangenwaffe ab und an ;))
So, wie ich die Sache sehe, ist das Kampfringen ein integraler Bestandteil der europäischen Fechttradition und man verliert wertvolle Anhaltspunkte, wenn man sich damit nicht oder nur zeitverzögert befasst.
Beste Grüße
Period.
karate_Fan
29-05-2014, 15:57
period Danke für die Infos. Dann hatte ich das wohl falsch in Erinnerung.
Ich denke ja, dass immer auch Stark auf den Lehrer ankommt, ob man sich stärker mit dem Ringen beschäftigt oder nicht. Ein Lehrer der vorher schon einen Ringer Background hat, wird das stärker in seine Lehre einbauen als jemand für den diese Materie ein komplettes Neuland ist.
Die traditionelle Methode, sich zuerst mit den Ringen zu beschäftigen hat schon was, dürfte sich aber nicht so leicht in die Tat umsetzen lassen, es sei denn alle HEMA Gruppen vernetzen sich mit guten Leuten die das Ringen perfekt beherrschen. Ob so etwas allerdings durchführbar wäre steht auf einen anderen Blatt.
Kein Ding ;) Wie schon anderswo geschrieben, ich würde einfach empfehlen, dass sich die HEMA Leute ein bisschen Stand-Grappling-Erfahrung holen - Judo ist üblicherweise am einfachsten zu finden, Sambo und Ringen sind auch super :) Das Problem ist halt, dass Ringen im Mittelalter sowas wie ein Volkssport war - was es heute noch in Russland oder im Iran ist -, es geht darum, sich richtig bewegen zu lernen, Angriffe vorbereiten und verketten zu können, und das lernt man normal nicht aus einem Fechtbuch... Auch nicht, wenn der Trainer höchstens einmal pro Woche ein paar Sachen vorzeigt, die jeder dann zehnmal übt ;)
Auf die Weise ist man weniger von der Ausrichtung seiner Schule abhängig, das Plus an Fitness und Fallschule sollte sich in jedem Fall bezahlt machen - und was genauso wichtig ist, mit etwas Glück wird die HEMA-Gemeinde so früher oder später sensibilisiert für das Problem der Vernachlässigung des historischen Ringens :)
Beste Grüße
Period.
jimmy-13
29-05-2014, 19:38
Tja, ich würde sagen das kann man nicht besser ausdrücken.
+1
itto_ryu
30-05-2014, 13:27
@period: :halbyeaha
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