WT-Herb
19-05-2014, 15:01
Hallo Leute,
an dieser Stelle möchte ich ein Thema ansprechen, dass zuweilen mißverständlich diskutiert wird. Es geht um die Bedeutung der Systemprinzipien.
An vielen Stellen wurde darauf hingewiesen, dass im WT sich alles an den Prinzipien des Systems orientiert. Warum ist das so? Auch andere Derivate sprechen inzwischen von Prinzipien, obgleich sie sich doch an ihren Techniken orientieren.
Die Aussage, das System würde sich in Allem nach seinen Prinzipien richten, erscheint allerdings für jenen Menchen etwas diffus, der nicht weiß, was sich hinter den Prinzipien aufhält. Die Prinzipien in ihrer Ausformulierung liefern kein konkretes Handlungkonzept. Sie liefern eine Art Präampel des System. Alle Sätze zu den Prinzipien sind eingekleidet in ein Wenn. "ist dies...dann das", "wenn das...dann jenes". Auf diese Weise vermitteln sie nichts Konkretes, nichts, was ein "in sich geschlossenes Konzept" ist, kein konkretes Verständnis zu den Zusammenhängen des "Sichbewegens". Denn das Wie wird nicht mitgeliefert. <Wie wird sich bewegt? Wie wird nachgegeben? Wie wird vor gestoßen?>.....
Dem WT-Aktiven ist dies klar, da er über das Üben ein Muster erhält, welches ihm das Wie liefert. Die Formen mögen hierin eine gewisse Rolle spielen, aber selbst die Formen können falsch interpretiert werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man sie als Sammlung von konkreten Techniken versteht .
Die Formen liefern weder Techniken, noch konkrete Bewegung am beliebig angreifenden Gegner. Sie liefern etwas völlig Anderes. Aber das soll hier nicht diskutiert werden.
Was also meinen die Prinzipien? Da nichts im WT Selbstzweck ist, außer im Kampf den Gegner zu besiegen, sind auch die Prinzipien kein Selbstzweck. Auch sie dienen einem höherem Ziel, nämlich diesem, den Kampf zu gewinnen. Hinter den Prinzipien und dem konkreten Tun am Gegner steht einzig der Zweck, den Kampf zu gewinnen. Und ganz banal formuliert ist Kampf nichts anderes als funktionales Bewegen.
Am Anfang und Ende geht eben alles um die Funktion des Bewegens.
Wenn wir über die Prinzipien reden, dann sind sie der Leitfaden für die Funktionen des Bewegens. Jede Bewegung, jede Teilbewegung, jeder Millimeter einer Bewegung hat eine Funktion im Kampfgeschehen. Die Funktion der Bewegung ist der einzige Grund, warum wir uns überhaupt bewegen. Wäre die Funktion das Umrühren einer Suppe, dann sei das gesamte Bewegen des Körpers auf diese Funktion hin ausgerichtet. Der Stand, die Haltung der Schulter, das Greifen der Kelle, das Anwinkelnd des Ellenbogens über dem Topf, damit die Kelle hineinreicht u.s.w.....
Im Kampf erfüllt das Bewegen Funktionen mit dem Zweck, den Kampf zu gewinnen. Und einzig diese Funktionen bestimmt DIE FORM des Bewegens. Es ist nie umgekehrt.
Die Prinzipien des Systems ergeben eine Art Präampel für die Funktionen des Bewegens woraus letztendlich das Bewgungskonzept sich bildet.
Die Prinzipien erklären uns, welche Funktion wir benötigen. Und es sind stets mehrere Prinzipien, die es zu beachten gibt. Eine Funktion ist nie isoliert von anderen Funktionen. Das Bewegen muss so sein, dass die unterschiedlichen zeitgleich notwendigen Funktionen durch das Bewegen realisiert werden. Stehen, Kraft aufnehmen, Kontrollieren, Stoßen, Ziehen, Distanz herstellen/aufrecht erhalten... eine Fülle von Funktionen muss der KÖRPER IM GANZEN leisten. Er muss sich so bewegen, dass sein Bewegen die Funktionen in ihrer Kombination nicht nur "irgendwie" leistet, sondern so, dass er sie optimal unterstützt. Da jeder Moment im Kampf seine eigene Priorität besitzt, darf es im Kampf nie zum Stillstand kommen. Es folgt Funktion auf Funktion ohne Bruch des Sichbewegens, ohne Unterbrechnung der Körpereinheit, vom ersten Moment des Kampfes, bis zu seiner eindeutigen Entscheidung.
Wer WT trainieren will, muss sich in jeder Phase funktional bewegen. Das traditionelle WT vermittelt das aber nicht, weil es konkrete Techniken realisieren will. Es betrachtet das System von außen. Im traditionellen WT wird die Form der Technik geliefert. Im inneren, klassischen WT, wie wir es praktizieren, liefert die Form eine Innensicht des Sichbewegens als unspezifische Erfahrung zur Körpereinheit und "modelliert" die Wahrnehmung und Achtsamkeit. Der Prozess, der zur konkreten Technik führt, geht nicht von einer fertigen Technik aus, sondern von der Anforderung, die durch die Kampfsituation entsteht.. Die Technik entsteht zwangsläufig durch funktionales Bewegen auf der Grundlage der Systemprinzipien.
Die Systemprinzipien ergeben sich aus den Prämissen des Sichbewegens. Betrachtet man die Funktion einer Bewegung, ergibt erst die konkrete Situation die konkrete Form der Technik. Aus dieser Sicht KANN Formentraining kein Technikentraining sein. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Kampfsituation in der Form (der Technik) schon vorliegt. Das ist aber nie der Fall. Unser klassisches WT ist in seiner Bewegung rein funktional und nutzt ein weitaus größeres Spektrum der Beweglichkeit, als das traditionelle WT. Die tote Form des traditionellen WTs (tot deshalb, weil es nicht "lebendig" sich der Situation anpaßt, sondern seine Anpassung schon gestorben (fix und fertig) ist.) nutzt fertige Techniken und muss daher den Gegner entsprechen formen, um funktional zu sein. Dies allerdings widerspricht den Systemprinzipien, wie sie uns über YM überliefert sind. Insofern ist die Realisierung der Prinzipien auf ein lebendiges Sichbewegen angewiesen, das hinter den Prinzipien nicht fertige Techniken, sondern die Funktion erkennt. Im funktionalen Bewegen folgt die Form der Funktion. Im traditionellen WT folgt die Funktion der Form. Das klassische WT befreit sozusagen vom groben Raster vorgegebener Technik und stellt die Funktion in den Vordergrund.
Aus meiner Sicht ist dies die logische Konsequenz, Systemprinzipien lebendig zu realisieren. Und die Praxis gibt uns darin Recht.
Gruß, WT-Herb
an dieser Stelle möchte ich ein Thema ansprechen, dass zuweilen mißverständlich diskutiert wird. Es geht um die Bedeutung der Systemprinzipien.
An vielen Stellen wurde darauf hingewiesen, dass im WT sich alles an den Prinzipien des Systems orientiert. Warum ist das so? Auch andere Derivate sprechen inzwischen von Prinzipien, obgleich sie sich doch an ihren Techniken orientieren.
Die Aussage, das System würde sich in Allem nach seinen Prinzipien richten, erscheint allerdings für jenen Menchen etwas diffus, der nicht weiß, was sich hinter den Prinzipien aufhält. Die Prinzipien in ihrer Ausformulierung liefern kein konkretes Handlungkonzept. Sie liefern eine Art Präampel des System. Alle Sätze zu den Prinzipien sind eingekleidet in ein Wenn. "ist dies...dann das", "wenn das...dann jenes". Auf diese Weise vermitteln sie nichts Konkretes, nichts, was ein "in sich geschlossenes Konzept" ist, kein konkretes Verständnis zu den Zusammenhängen des "Sichbewegens". Denn das Wie wird nicht mitgeliefert. <Wie wird sich bewegt? Wie wird nachgegeben? Wie wird vor gestoßen?>.....
Dem WT-Aktiven ist dies klar, da er über das Üben ein Muster erhält, welches ihm das Wie liefert. Die Formen mögen hierin eine gewisse Rolle spielen, aber selbst die Formen können falsch interpretiert werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man sie als Sammlung von konkreten Techniken versteht .
Die Formen liefern weder Techniken, noch konkrete Bewegung am beliebig angreifenden Gegner. Sie liefern etwas völlig Anderes. Aber das soll hier nicht diskutiert werden.
Was also meinen die Prinzipien? Da nichts im WT Selbstzweck ist, außer im Kampf den Gegner zu besiegen, sind auch die Prinzipien kein Selbstzweck. Auch sie dienen einem höherem Ziel, nämlich diesem, den Kampf zu gewinnen. Hinter den Prinzipien und dem konkreten Tun am Gegner steht einzig der Zweck, den Kampf zu gewinnen. Und ganz banal formuliert ist Kampf nichts anderes als funktionales Bewegen.
Am Anfang und Ende geht eben alles um die Funktion des Bewegens.
Wenn wir über die Prinzipien reden, dann sind sie der Leitfaden für die Funktionen des Bewegens. Jede Bewegung, jede Teilbewegung, jeder Millimeter einer Bewegung hat eine Funktion im Kampfgeschehen. Die Funktion der Bewegung ist der einzige Grund, warum wir uns überhaupt bewegen. Wäre die Funktion das Umrühren einer Suppe, dann sei das gesamte Bewegen des Körpers auf diese Funktion hin ausgerichtet. Der Stand, die Haltung der Schulter, das Greifen der Kelle, das Anwinkelnd des Ellenbogens über dem Topf, damit die Kelle hineinreicht u.s.w.....
Im Kampf erfüllt das Bewegen Funktionen mit dem Zweck, den Kampf zu gewinnen. Und einzig diese Funktionen bestimmt DIE FORM des Bewegens. Es ist nie umgekehrt.
Die Prinzipien des Systems ergeben eine Art Präampel für die Funktionen des Bewegens woraus letztendlich das Bewgungskonzept sich bildet.
Die Prinzipien erklären uns, welche Funktion wir benötigen. Und es sind stets mehrere Prinzipien, die es zu beachten gibt. Eine Funktion ist nie isoliert von anderen Funktionen. Das Bewegen muss so sein, dass die unterschiedlichen zeitgleich notwendigen Funktionen durch das Bewegen realisiert werden. Stehen, Kraft aufnehmen, Kontrollieren, Stoßen, Ziehen, Distanz herstellen/aufrecht erhalten... eine Fülle von Funktionen muss der KÖRPER IM GANZEN leisten. Er muss sich so bewegen, dass sein Bewegen die Funktionen in ihrer Kombination nicht nur "irgendwie" leistet, sondern so, dass er sie optimal unterstützt. Da jeder Moment im Kampf seine eigene Priorität besitzt, darf es im Kampf nie zum Stillstand kommen. Es folgt Funktion auf Funktion ohne Bruch des Sichbewegens, ohne Unterbrechnung der Körpereinheit, vom ersten Moment des Kampfes, bis zu seiner eindeutigen Entscheidung.
Wer WT trainieren will, muss sich in jeder Phase funktional bewegen. Das traditionelle WT vermittelt das aber nicht, weil es konkrete Techniken realisieren will. Es betrachtet das System von außen. Im traditionellen WT wird die Form der Technik geliefert. Im inneren, klassischen WT, wie wir es praktizieren, liefert die Form eine Innensicht des Sichbewegens als unspezifische Erfahrung zur Körpereinheit und "modelliert" die Wahrnehmung und Achtsamkeit. Der Prozess, der zur konkreten Technik führt, geht nicht von einer fertigen Technik aus, sondern von der Anforderung, die durch die Kampfsituation entsteht.. Die Technik entsteht zwangsläufig durch funktionales Bewegen auf der Grundlage der Systemprinzipien.
Die Systemprinzipien ergeben sich aus den Prämissen des Sichbewegens. Betrachtet man die Funktion einer Bewegung, ergibt erst die konkrete Situation die konkrete Form der Technik. Aus dieser Sicht KANN Formentraining kein Technikentraining sein. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Kampfsituation in der Form (der Technik) schon vorliegt. Das ist aber nie der Fall. Unser klassisches WT ist in seiner Bewegung rein funktional und nutzt ein weitaus größeres Spektrum der Beweglichkeit, als das traditionelle WT. Die tote Form des traditionellen WTs (tot deshalb, weil es nicht "lebendig" sich der Situation anpaßt, sondern seine Anpassung schon gestorben (fix und fertig) ist.) nutzt fertige Techniken und muss daher den Gegner entsprechen formen, um funktional zu sein. Dies allerdings widerspricht den Systemprinzipien, wie sie uns über YM überliefert sind. Insofern ist die Realisierung der Prinzipien auf ein lebendiges Sichbewegen angewiesen, das hinter den Prinzipien nicht fertige Techniken, sondern die Funktion erkennt. Im funktionalen Bewegen folgt die Form der Funktion. Im traditionellen WT folgt die Funktion der Form. Das klassische WT befreit sozusagen vom groben Raster vorgegebener Technik und stellt die Funktion in den Vordergrund.
Aus meiner Sicht ist dies die logische Konsequenz, Systemprinzipien lebendig zu realisieren. Und die Praxis gibt uns darin Recht.
Gruß, WT-Herb