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Vollständige Version anzeigen : Unterschenkelamputierter wird deutscher Meister im Weitsprung



gasts
26-07-2014, 20:20
sportstudio | Leichtathletik-DM: Rehm sorgt für Sensation - Sport (http://www.zdfsport.de/die-leichtathletik-dm-in-ulm-am-samstag-34237240.html)

da steht die Frage im Raum, ob die Prothesen unzulässige Hilfsmittel sind

Terao
26-07-2014, 21:26
Ist aus meiner Sicht keine Frage. Schaut Euch doch mal die High-Tech-Sprungfeder an. Und die Entwicklung ist sicher noch nicht am Ende.

Trotzdem, natürlich, ne Riesenleistung. Aber halt eine andere.

Willi von der Heide
26-07-2014, 21:29
Trotzdem eine tolle Leistung :)

Und bei der Tour de France, werden wohl auch schon wieder sensationelle Zeiten gefahren ... :D;) Ja, Ja die jährliche Leistungsschau der Pharmaindustrie :):D;)

Klaus
27-07-2014, 11:05
Meiner Meinung nach sollte man das einfach als eigene Klasse führen und in normale Wettkämpfe integrieren, schlicht weil es was Anderes ist. Im einen Fall springt man mit dem Sprungbein ab und versucht daraus möglichst viel Kraft zu generieren, im anderen Fall wirft man seinen Körper in einen Federmechanismus und versucht die Federleistung zu nutzen. Je nachdem wie gut der Federmechanismus ist, hat man einen Vorteil oder Nachteil, aber ein gerechter Vergleich ist es nicht. Man könnte ausser Konkurrenz starten, so dass man den Vergleich hat, aber mit technisch überlegenen Hilfsmitteln den anderen nicht den Platz "oben" wegnimmt. Das Schlimmste was dann passiert wäre, dass man einem nicht Behinderten einen Platz im Endkampf wegnimmt, aber für die ersten Drei wäre das nicht schlimm solange es da keine 6 Leute gibt die das Niveau haben und mitmachen. Wäre ein Kompromiss ohne grosse Opfer.

Bero
27-07-2014, 12:16
da steht die Frage im Raum, ob die Prothesen unzulässige Hilfsmittel sind

Die Frage wurde ja ganz heiß diskutiert und auch wissenschaftlich untersucht, als Oscar Pistorius auf einen Startplatz bei den Olympischen Spielen klagte.

Offiziell wurde ein Vorteil vereint und darauf hingewiesen, dass andere Faktoren hier ausgleichend fungieren würden.

Es gab aber auch Untersuchungen die zu anderen Ergebnissen kamen, es kam auf die Art der Prothese und auf den jeweiligen sportlichen Wettbewerb an.

Ein Beispiel waren glaube ich Läufe über längere Distanzen, bei denen durch das weniger das Muskeln welche versorgt werden mussten (fehlende Unterschenkel), deutliche Vorteile entstehen würden.
Andere Wissenschaftler hielten allerdings entgegen, das der tatsächliche Effekt marginal wäre.

Bruce-Lee-08/15
27-07-2014, 12:34
Grundsätzlich begrüße ich es wenn auch Behinderte bei allen Sportarten mitmachen können. Ich bin jedoch der Meinung, dass er mit dem gesunden Fuß abspringen müsste und nicht mit der Karbon-Feder.

gasts
27-07-2014, 20:41
Ist aus meiner Sicht keine Frage. Schaut Euch doch mal die High-Tech-Sprungfeder an. Und die Entwicklung ist sicher noch nicht am Ende.

Ob es ein Vorteil ist, oder nur ein Ausgleich, ist eben noch nicht geklärt (Weitsprung liegt biomechanisch etwas anders als reiner Sprint) und wird jetzt untersucht.
So einfach scheint das mit der "High-Tech-Feder" übrigens auch nicht zu sein.
Die anderen Unterschenkelamputierten schaffen nicht mal 7.50m und Markus Rehm ist jetzt 8.24 m gesprungen.
Der hat in seiner Schadensklasse einfach keine Gegner mehr.

Rehm:-Will-Titel-fair-gewinnen (http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2206010/Rehm:-Will-Titel-fair-gewinnen%22)

Ju-Jutsu-Ka
28-07-2014, 07:51
Ich finde der Zweitplazierte Christian Reif hat das sehr schön gesagt, dass man doch bitte die Leistung würdigen soll.

Er könne nicht beurteilen ob das ein unzulässiger Vorteil wäre oder nicht und für Vorwürfe solle man doch das Gutachten abwarten.

Den Sportlern ist nichts vor zuwerfen, wohl aber den Offiziellen vom DLV

Die wissen seit 1 Jahr um die Problematik, sind aber erst vor ein paar Wochen auf die Idee gekommen, die Prothese untersuchen zu lassen.

Klaus
28-07-2014, 09:40
Die Idee mit dem gesunden Fuss abzuspringen finde ich gut, das negiert jeden Vorteil. Ansonsten ist das halt schwer zu würdigen. Ich denke dass eine Berechnung zeigen würde, dass die kinetische Energie eines im Anlauftempo mit der Prothese abstoppenden 70-Kilo-Manns deutlich grösser ist als was ein normaler Mensch mit seinem Unterschenkel generieren könnte. Bei entsprechend hoher Federrate hat er da also ein Katapult, und muss nur lernen den Impuls in den richtigen Sprungwinkel umzusetzen dass er weit und nicht hoch springt. Bei entsprechend guten Prothesen aus noch besseren Materialien hätten dann normale Menschen keine Chance mehr, was soll das dann noch ? Die Aussage dass der Vorteil "marginal" ist, ist ein Witz, wenn man sieht wie Pistorius erst stark zurückfällt, aber dann erheblich aufholt weil er weniger ermüdet und ein grösseres Höchsttempo erreicht. Er ist vielleicht derzeit marginal weil das Material einen grösseren Vorteil noch nicht zulässt, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Wann will man denn reagieren, wenn einer mit Prothese 9,15 springt ?

Der Kompromissvorschlag wäre, dass jeweils vor dem Wettkampf eingeholt wird ob die anderen Teilnehmer die Wertung akzeptieren. Tun sie das, ist der Prothesen-Träger in der Wertung, tun sie das nicht, startet er ausser Konkurrenz. Ich denke, nicht wenige Sportler würden das derzeit akzeptieren, weil 8,24m halt machbar ist. Wenn so einer stabil 8,70 überspringt wird das nachlassen.

Bero
28-07-2014, 10:43
Ich finde der Zweitplazierte Christian Reif hat das sehr schön gesagt, dass man doch bitte die Leistung würdigen soll.

Er könne nicht beurteilen ob das ein unzulässiger Vorteil wäre oder nicht und für Vorwürfe solle man doch das Gutachten abwarten.

Den Sportlern ist nichts vor zuwerfen, wohl aber den Offiziellen vom DLV

Die wissen seit 1 Jahr um die Problematik, sind aber erst vor ein paar Wochen auf die Idee gekommen, die Prothese untersuchen zu lassen.

Ich denke niemand der bei Verstand ist, würde die erbrachte Leistung nicht würdigen.

Er springt ja nicht nur wegen der Prothese so weit, der wird genau so intensiv trainieren wie alle anderen auch, wenn nicht sogar noch intensiver.

Ob die Prothese jetzt wirklich ein Vorteil ist, muss die Untersuchung zeigen aber ich glaube das wird sehr schwer abzuschätzen sein.
Den der menschliche Körper (Bzw. dessen Bewegungsablauf) ist mehr als die Summe seiner Teile.

So wird auch angemerkt, dass die Prothese vielleicht beim Absprung einen Vorteil generiert, allerdings das Anlaufen weniger effektiv sei, als mit zwei gesunden Beinen.

Interessant finde ich übrigens viel eher, wie schnell der Schritt von einer Behinderung=Nachteil zu einer Behinderung=Vorteil vollzogen wird.
Es geistern ja schon die ersten Horrortheorien umher, in denen sich gesunde Sportler Gliedmaßen amputieren lassen, um sich durch Prothesen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Klaus
29-07-2014, 13:41
Wenn ich mir das hier ansehe ist es noch kein Vorteil: https://www.youtube.com/watch?v=jP6vmqi7c7I

Um das zu klären braucht man aber ein kompliziertes mathematisches Modell, um festzulegen welche Art von Prothese erlaubt wird und welche nicht. Man müsste isoliert berechnen wie gross die Kraft ist die vom Unterschenkel eines normalen Athleten erzeugt wird, und müsste dann festlegen bis zu welchem Wirkungsgrad eine Prothese diese Kraft nicht deutlich übersteigt. Im Weitsprung mit nur einem Absprungvorgang aus vollem Lauf wird das eher zu einem Problem werden als im Laufen mit kontinuierlicher Energieerhaltung. Insbesondere müsste man Prothesen verbieten, die über eine komplexe Mechanik die Energie aus dem Stoppen perfekt in eine Sprungrichtung übersetzen. Bei einer Maximalleistung von 8,24 wird es noch nicht so weit sein, das ist nicht mal der deutsche Rekord.

Wenn man sich ansieht wie alt die deutschen Rekorde sind, sind Prothesen eher nicht das Problem der Leichtathletik.

Bero
30-07-2014, 15:00
Rehm startet nicht bei der EM:

Leichtathletik EM: Deutscher Weitspringer Rehm darf nicht nach Zürich - SPIEGEL ONLINE (http://www.spiegel.de/sport/sonst/leichtathletik-em-deutscher-weitspringer-rehm-darf-nicht-nach-zuerich-a-983597.html)

Klaus
31-07-2014, 13:40
Ich habe mir seinen Sprung angesehen, und der sieht schon "komisch" aus. Läuft relativ langsam und prallt wie von nem Sprungbrett nach vorne, weil seine Karbonprothese halt auch eins ist. Schwierig finde ich ein bischen dass er noch bei weitem nicht in einer Region springt die für "Normale" nicht locker zu schaffen wäre. Bei derzeitigem Niveau würde ich ihn einfach national mitspringen lassen, und international halt vorab klären ob man ihn annimmt. 8,24 ist ja keine Weite die deutsche Athleten sonst noch nie gesprungen sind. Wenn er international kein Startrecht bekommt, schickt man dahin eben die Leute die starten können, wobei die mit unter 8,20 eben auch nichts reissen werden. So ist allen geholfen.