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Vollständige Version anzeigen : Sportlandschaft und Inklusion



Indariel
06-08-2014, 09:21
Hallo ihr Lieben, ich führe im Rahmen eines Forschungsprojektes eine Studie zum Thema "Sportlandschaft und Inklusion" durch.

Ziel der Studie ist es herauszufinden welche Einstellung zum Thema Inklusion vom Menschen mit Behinderung in Sportvereinen vorherrscht.

Solltet ihr also in einem Sportverein Mitglied sein und knapp 5 - 10 Minuten Zeit zur Verfügung haben wäre ich euch sehr dankbar wenn ihr den Fragebogen ausfüllen könntet.

In diesem Sinne vielen Dank und beste Grüße!

Tobi

Link: https://www.soscisurvey.de/sportlandschaftundinklusion2014/

m.l.l.
06-08-2014, 09:51
Ausgefüllt.

Bimmel
06-08-2014, 09:53
Auch wenn ich der Sache sehr positiv gegenüber stehe ist es trotzdem sehr ermüdend wenn viele Fragen mehrmals vorkommen. Solltest du noch mal überarbeiten.

MFG

Indariel
06-08-2014, 10:04
Erstmal vielen Dank! :D

Hab mir fasst gedacht, dass der Bereich als anstregend empfunden wird. Hattest du das Gefühl, dass es von deiner Seite aus besser wäre diese Fragegruppe auf den Fragebogen verteilt zu stellen?

Saso
06-08-2014, 11:18
Ich habe den Fragebogen ausgefüllt, aber ich finde ihn eigentlich sinnlos. Es gibt so verschiedene Behinderungen, die kann man einfach nicht über einen Kamm scheren.

Indariel
07-08-2014, 09:51
Natürlich ist die spezifische Behinderung immer sehr heterogen, jedoch hat sich Deutschland durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet geeignete Maßnahmen zu treffen, welche die Teilnahme behinderter Menschen an Erholungs-, Freizeit– und Sportaktivitäten gleichberechtigt mit anderen Menschen ermöglichen (Art. 30 Abs. 5)

Hierbei wurde keine Unterscheidung darüber getroffen ob und wie das Bild der Behinderung aussehen soll.

Genauer wurde sogar festgehalten, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen, "um Menschen mit Behinderun*gen zu ermutigen, so umfassend wie möglich an breiten*sportlichen Aktivitäten auf allen Ebenen teilzunehmen, und ihre Teilnahme zu fördern" (Art. 30 Abs. 5 a)

Unter dieser Zielsetzung interessiert mich einfach die Meinungslage innerhalb der Vereine und wie die Selbsteinschätzung aussieht um dies zu realisieren.

Little Green Dragon
07-08-2014, 11:08
Hierbei wurde keine Unterscheidung darüber getroffen ob und wie das Bild der Behinderung aussehen soll.


Aber was ist denn bitte schön Breitensport (gehört KK/KS schon dazu oder nicht?)

Und natürlich macht es einen (großen) Unterschied was für eine Behinderung vorliegt ob man den Betroffenen sinnvoll integrieren kann oder nicht.

Mache ich 5000 Meter Waldläufe spielt es nur eine sehr unbedeutende Rolle ob jemand nur einen Arm hat oder mit einer Prothese läuft.

In der KK sieht das dann schon wieder komplett anders aus. Um bei dem Beispiel mit dem armlosen Behinderten zu bleiben: Viele Techniken sind eben darauf ausgelegt, dass man 2 gesunde Arme zur Verfügung hat. Das heißt logischerweise nicht, dass jemand mit Behinderung deswegen keine KK ausüben kann - aber wenn man in einer Gruppe von 20 Schülern jetzt einen mit so einer Behinderung hat kann man ja schlecht vom Rest der Gruppe erwarten, dass komplette Programm soweit runter zu strippen, dass nur noch Techniken geübt werden bei dem ein Arm ausreicht. Insofern ist es auch hier für die Trainer ungleich schwerer den Behinderten voll zu integrieren bzw. die Techniken ggf. entsprechend anzupassen.

Es ist immer zu begrüßen wenn sich jemand die Mühe macht und ein entsprechendes KK Programm auch für behinderte Menschen anbietet und/oder wenn es "gemischte" Gruppen gibt - die Vorstellung der UN Konvention das Menschen mit den verschiedensten körperlichen und geistigen Behinderungen fröhlich im regulären Trainingsbetrieb in der KK mitmischen sollen/können ist da wohl eher reines Wunschdenken und scheitert an der Realität.

Und bevor sich hier gleich jemand wieder beschwert:
Ich begrüße die Inklusion von behinderten und nicht-behinderten Menschen ausdrücklich. Nur muss man sich m.M. nach eben auch im klaren sein, dass es immer Bereiche geben wird in denen sich das in der Praxis nur schwer bis gar nicht umsetzen lässt (insbesondere ohne dass es für den Behinderten selbst vollkommen frustrierend wird).

Kann der Einarmige zum Boxtraining gehen und die entsprechende Technik lernen? Mit Sicherheit. Aber spätestens wenn es ans Sparring geht (sofern der Partner sich nicht einen Arm auf den Rücken bindet) wird der Behinderte erkennen, dass es ihm seine Behinderung eben nicht erlaubt "gleichberechtigt" an diesem Sport teilzuhaben und er wird gegenüber einem nicht Behinderten i.d.R. den kürzeren ziehen. Ob das auf Dauer Spaß macht?

Silberpfeil
07-08-2014, 12:23
Inklusion und (sportlicher) Wettbewerb widersprechen sich grundsätzlich.

Indariel
07-08-2014, 12:39
Aber was ist denn bitte schön Breitensport (gehört KK/KS schon dazu oder nicht?)

Breitensport ist das Gegenstück zum trainingsintensiven und auf Wettkämpfe ausgerichteten Leistungssport, dh. der Sport der von Peter Jedermann als Hobby, Freizeitaktivität und einfach so zum Spaß ausgeübt wird.


Und natürlich macht es einen (großen) Unterschied was für eine Behinderung vorliegt ob man den Betroffenen sinnvoll integrieren kann oder nicht.

Verneine ich auch nicht. Natürlich kann, es je nach Sportart, schwieriger sein jemanden z.B. mit fortgeschrittener, progressiver Muskeldystrophie zu inkludieren als jemand dem ein Arm fehlt o.Ä. aber schwieriger heißt erstmal nicht unmöglich.

Deshalb auch in meinem Fragebogen die Frage danach was am ehesten benötigt würde um die Inklusion im Sport zu realisieren. Dh. wenn du zwei Übungsleiter oder ein höheres Budget hättest könntest du vll. individueller trainieren, zusätzliche Angebote realisieren, Hilfsmittel anschaffen ohne dass irgendjemand hinten runter fällt o.Ä.

Ist nicht anders wie bei der Inklusion in der Schule. Einfach mal alle dort reinzustecken ohne etwas am System zu verändern wird nicht funktionieren und ist auch nicht realistisch.


Kann der Einarmige zum Boxtraining gehen und die entsprechende Technik lernen? Mit Sicherheit. Aber spätestens wenn es ans Sparring geht (sofern der Partner sich nicht einen Arm auf den Rücken bindet) wird der Behinderte erkennen, dass es ihm seine Behinderung eben nicht erlaubt "gleichberechtigt" an diesem Sport teilzuhaben und er wird gegenüber einem nicht Behinderten i.d.R. den kürzeren ziehen. Ob das auf Dauer Spaß macht?

Gibt zum einen ja auch genug Leute niemals wirklich Sparring machen oder Kämpfen werden und das ist imho vollkommen in Ordnung solange der Spaß am Sport da ist. Es geht in erster Linie ja nicht darum die Leute Fit für einen WK zu machen, sondern den Menschen zu ermöglichen eine Sportart die ihnen Freude macht auszuüben.

Die Intensität und den Ablauf des Sparrings bestimmen immerhin die Trainingspartner und der Trainer, dh. ist das mMn kein Problem. Du arbeitest ja idR auch nicht gegen wesentlich Leichtere oder Unerfahrenere mit der selben Intensität wie vll. gegen den relativ gleichwertigen Partner in der WK-Vorbereitung.

Denke im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und von Seiten der Trainingsgestaltung kann da sehr viel gehen ohne das es gleich in Frustration ausarten muss.

Little Green Dragon
07-08-2014, 12:51
Dh. wenn du zwei Übungsleiter oder ein höheres Budget hättest könntest du vll. individueller trainieren, zusätzliche Angebote realisieren, Hilfsmittel anschaffen ohne dass irgendjemand hinten runter fällt o.Ä.


Da würde ich eher mal dort ansetzen und zunächst die Betroffenen fragen auf welche Sportarten sie denn überhaupt Bock hätten. Was nützt es mir Zeit und Geld in die Hand zu nehmen, Trainer zu schulen, ein Konzept unter Berücksichtigung jeglicher möglichen Behinderungen zu entwerfen (der ohne Arm braucht was anderes als der ohne Bein, als der im Rollstuhl, als der Sehbehinderte...) - und dann am Ende kommt keiner weil niemand dazu Lust hat?

carstenm
07-08-2014, 13:03
Unter dieser Zielsetzung interessiert mich einfach die Meinungslage innerhalb der Vereine und wie die Selbsteinschätzung aussieht um dies zu realisieren.
Ich habe die Umfrage abgebrochen.

Ich teile die implizite Wertung der wiederholten Anwortmöglichkeit "ungenügend", anstelle von "existiert nicht" oder ähnlichem, nicht und kann daher viele Frage nicht beantworten.

Indariel
07-08-2014, 13:37
Inklusion und (sportlicher) Wettbewerb widersprechen sich grundsätzlich.

Das ist dann halt der große Crux mit dem Sport.

Sport ist an sich ein sehr exkludierendes System, da häufig auf Leistung ausgelegt (Siehe Leistungssport, der ja eh schon 99% der Bevölkerung ausschließt).

Ich werde vermutlich auch nie mehr Profifußballer oder Profiboxer, aber ich kann Boxen, Muay Thai, Grappling, etc. trainieren weil es mir Spaß macht und wenn ich irgendwann keinen Bock darauf kann ich auch problemlos zum Hobbyfußball oder irgendwas gehen.


Da würde ich eher mal dort ansetzen und zunächst die Betroffenen fragen auf welche Sportarten sie denn überhaupt Bock hätten. Was nützt es mir Zeit und Geld in die Hand zu nehmen, Trainer zu schulen, ein Konzept unter Berücksichtigung jeglicher möglichen Behinderungen zu entwerfen (der ohne Arm braucht was anderes als der ohne Bein, als der im Rollstuhl, als der Sehbehinderte...) - und dann am Ende kommt keiner weil niemand dazu Lust hat?

Es gibt eine große Diskrepanz zwischen der Teilhabe vom Menschen mit und ohne Behinderung in Sportvereinen (ca. 8% gegenüber 30%). Grundsätzlich kann aber mMn nicht generell davon ausgegangen werden, dass Menschen mit Behinderung einer geringeren Motivation Sport zu treiben besitzen. Das macht es wahrscheinlich, dass u.A. ein zu dünnes Netz an wohnortnahen und individuell gestalteten Angeboten für die geringe Partizipation verantwortlich ist.

Konzeptuell darauf hinzuarbeiten jede mögliche Behinderung abzudecken, halte ich für unrealistisch. Es ist immer auch eine Frage von Angebot und Bedarf. Eher sollte ich als Trainer befähigt werden mit den Leuten zu arbeiten die sich dafür interessieren. Daher auch die Möglichkeit haben mich, wenn gewünscht, weiterzubilden und individuell mit den Personen im Training zu arbeiten.

Aber am Ende hast du recht, dass es eine zweiseitige Sache ist und ich nicht nur Strukturen schaffen muss die die Teilhabe ermöglichen, sondern auch den Menschen mit Behinderung animieren, ermutigen und befähigen muss, so umfassend wie möglich auf allen Ebenen an breitensportlichen Aktivitäten selbstbestimmt teilzuhaben.


Ich habe die Umfrage abgebrochen.

Ich teile die implizite Wertung der wiederholten Anwortmöglichkeit "ungenügend", anstelle von "existiert nicht" oder ähnlichem, nicht und kann daher viele Frage nicht beantworten.

Ich denke es ist schwierig etwas zu bewerten ohne dem Ganzen eine Wertung zu geben. Ob ich jetzt sage etwas ist ungenügend, schlecht oder existiert nicht, am Ende bewerte ich trotzdem. Ich habe mich hierbei für eine Orientierung an der Notenskala entschieden, da ich diese als relativ klar von ihrem Aussagegehalt empfinde. Es sollte keine Wertung des Ist-Zustandes von meiner Seite aus impliziert werden.

Ich bin dir aber sehr dankbar für dein Feedback und verstehe deine Aussage und werde sie für die Zukunft noch einmal im Hinterkopf bewahren.

Mein eigener Verein würde beispielsweise im Bereich der Barrierefreiheit als maximal ungenügend dastehen, dass macht ihn aber erstmal nicht zu einem schlechteren Verein.

Little Green Dragon
07-08-2014, 14:15
Grundsätzlich kann aber mMn nicht generell davon ausgegangen werden, dass Menschen mit Behinderung einer geringeren Motivation Sport zu treiben besitzen. Das macht es wahrscheinlich, dass u.A. ein zu dünnes Netz an wohnortnahen und individuell gestalteten Angeboten für die geringe Partizipation verantwortlich ist.


Sicherlich richtig - ist halt eben die Frage ob der KK-Bereich hier wirklich von Interesse wäre, gemessen an dem wirklichen "Breitensport". Wir haben hier im KKB ja auch durchaus einige die sich im Unterforum "Barriefreies Budo" einbringen und auch Lehrgänge/Seminare etc. veranstalten und vereinzelt gibt es ja auch längerfristige Projekte bei denen versucht wird das unter einen Hut zu bringen.

Insgesamt hält sich die Aktivität dort allerdings (anders als jetzt z.B. in Foren für Behindertenfußball oder anderen Sportarten) doch relativ in Grenzen und so entsteht der (vielleicht falsche) Eindruck, dass hier auch das Interesse der Behinderten selbst in diesem Bereich nicht so wirklich groß ist.

Zusätzlich ist es im KK Bereich ja auch so, dass es zwar nach wie vor den "klassischen" Sportverein gibt bei dem etwas angeboten wird - viele Sachen laufen ja aber inzwischen weniger auf der Vereinsschiene sondern werden von den Anbietern "kommerziell" vermarktet. Und - ich glaube da brauchen wir uns alle nichts vormachen - hier kann man nur entsprechende dauerhafte Angebote erwarten, wenn mit der Kundschaft eben auch Geld zu verdienen ist oder zumindest kostendeckend gearbeitet werden kann, so dass die Bereitschaft hier etwas neues zu entwickeln/auszuprobieren wohl eher gering ausfällt.

carstenm
07-08-2014, 14:31
Ich denke es ist schwierig etwas zu bewerten ohne dem Ganzen eine Wertung zu geben. Ob ich jetzt sage etwas ist ungenügend, schlecht oder existiert nicht, am Ende bewerte ich trotzdem.
Ich habe mich hierbei für eine Orientierung an der Notenskala entschieden, da ich diese als relativ klar von ihrem Aussagegehalt empfinde. Es sollte keine Wertung des Ist-Zustandes von meiner Seite aus impliziert werden.
Ich meine es etwas anders:

Sowohl die schulische Notenskala als auch das "ungenügend" hier gehen von einem bestimmten Erwartungshorizont aus.
Der Erwartungshorizont der Umfrage besteht - so habe ich es verstanden - in einer grundsätzlichen Befürwortung von Inklusion allgemein und daraus resultierend einer bestmöglichen Umsetzung von Inklusion in Sportvereinen.
Wenn also Inklusion nicht umgesetzt wird, entsteht vor diesem Erwartungshorizont die "Note" ungenügend. Wie die schulisch Note auch ist sie wertend insofern sie mitteilt, daß der - von allen akzepierte - Erwartungshorizont nicht erreicht wurde.

Ich teile aber bereits die Prämisse nicht, habe also einen anderen Erwartungshorizont:
Als jemand, der hauptberuflich mit Menschen mit geistiger Behinderung arbeitet, als jemand, der die schulische Inklusion aus dieser Perspektive miterlebt sowie als jemand, der einen Verein leitet, befürworte ich den derzeit durchgesetzten Inklusionsprozeß weder in seiner Begründung, noch in seiner politischen Durchsetzung, noch in seiner fachlichen Umsetzung.

D.h. das nicht-Vorkommen von Inklusion ist - aus meiner Sicht - nicht als ungenügend zu werten. Sondern es geschieht eben einfach nicht.

Silberpfeil
07-08-2014, 15:31
Sport ist an sich ein sehr exkludierendes System, da häufig auf Leistung ausgelegt (Siehe Leistungssport, der ja eh schon 99% der Bevölkerung ausschließt).

Ich würde das "häufig" durch "fast immer" ersetzen. Leistungsorientierung ist kein ausschließliches Merkmal des Leistungssports. Auch der Breitensport kennt Leistungsgrenzen und arbeitet mit ihnen (z.B. bei Gürtelprüfungen). Das Für und Wider von Sonderkonditionen für bestimmte Gruppen (Ü40, etc...) von Sportlern bei solchen Prüfungen ist gerade im Breitensport andauernde Diskussion.

Aber es geht im KK/KS Bereich sogar noch viel grundsätzlicher: KK/KS sind Sportarten, die im Kern mindestens Partnerarbeit beim Training erfordern. Man kann KK/KS nicht allein trainieren. Es steckt schon im Namen drin: Es geht hier um "Zwei"kampf in irgendeiner Form. Der überlegene Trainingspartner hält sich beim Training soweit zurück, daß du nicht verschleißt um die Trainingsgruppe nicht zu sprengen. Aber nicht, weil du vielleicht gehandicappt bist.

Indariel
09-08-2014, 12:44
Ich teile aber bereits die Prämisse nicht, habe also einen anderen Erwartungshorizont:
Als jemand, der hauptberuflich mit Menschen mit geistiger Behinderung arbeitet, als jemand, der die schulische Inklusion aus dieser Perspektive miterlebt sowie als jemand, der einen Verein leitet, befürworte ich den derzeit durchgesetzten Inklusionsprozeß weder in seiner Begründung, noch in seiner politischen Durchsetzung, noch in seiner fachlichen Umsetzung.

D.h. das nicht-Vorkommen von Inklusion ist - aus meiner Sicht - nicht als ungenügend zu werten. Sondern es geschieht eben einfach nicht.

Arbeite auch schon immer seit meinem Zivildienst, zumindest Nebenberuflich, mit Menschen mit einer geistigen oder schwermehrfachen Behinderung zusammen. Davon das Gros im Bereich des betreuten Wohnens, als auch teilweise im Bereich Wohnen mit Assistenz.

Ich habe bei meinen Leuten immer die Erfahrung gemacht, dass der Wunsch nach mehr gesellschaftlicher Teilhabe und Akzeptanz ziemlich ausgeprägt ist. Etwas was man dann im Team zwar definitiv umsetzen würde, aber dann häufig an Umweltfaktoren oder am institutionellen Rahmen der Wohngruppe scheitert.

Dh. dass z.B. eine Person gerne Judo trainieren würde, die zwei Vereine um die Ecke aber gesagt haben, dass die Person für sie nicht tragbar wäre (Was ich so vollkommen akzeptieren kann) und der nächste Verein bei dem das i.O. geht oder der nächste Verein der Judo als Angebot für Menschen mit Behinderung hat zu weit weg ist. Es gibt dann zwar vll. andere Angebote, diese sind dann mMn aber nur ein ungenügendes Substitut (Z.B. Schwimmen oder Tischtennis statt Judo).

Dann hast du noch so Sachen wie ein gewisses Kontingent an externen Fahrdiensten im Quartal, dass aber nach 2 von 3 Monaten schon aufgebraucht ist und die Person dann nicht mehr zum Rollstuhlsport, etc. kann und du von der Besetzung der Gruppe (Einzeldienst, Dienst mit Aushilfe, etc.) nicht die Möglichkeit hast die Person dort hin zu fahren.

Ich empfinde so etwas sowohl für die Person, als auch für mich maximal frustrierend und begrüße somit die Idee der Inklusion erstmals. Was die tatsächliche Durchsetzung, gerade auch der schulischen Inklusion, angeht ist das Ganze mMn noch einmal ein anderes Thema und sollte definitiv sehr, sehr kritisch betrachtet werden. Bin hier auch der Meinung, dass einige Dinge so wie sie jetzt gedacht und umgesetzt werden sollen, nicht funktionieren werden und eher zu einer Verschlimmbesserung führen.


Ich würde das "häufig" durch "fast immer" ersetzen. Leistungsorientierung ist kein ausschließliches Merkmal des Leistungssports. Auch der Breitensport kennt Leistungsgrenzen und arbeitet mit ihnen (z.B. bei Gürtelprüfungen). Das Für und Wider von Sonderkonditionen für bestimmte Gruppen (Ü40, etc...) von Sportlern bei solchen Prüfungen ist gerade im Breitensport andauernde Diskussion.

Aber es geht im KK/KS Bereich sogar noch viel grundsätzlicher: KK/KS sind Sportarten, die im Kern mindestens Partnerarbeit beim Training erfordern. Man kann KK/KS nicht allein trainieren. Es steckt schon im Namen drin: Es geht hier um "Zwei"kampf in irgendeiner Form. Der überlegene Trainingspartner hält sich beim Training soweit zurück, daß du nicht verschleißt um die Trainingsgruppe nicht zu sprengen. Aber nicht, weil du vielleicht gehandicappt bist.

Natürlich kann ich auch im Breitensport einen gewissen Ehrgeiz entwickeln, dabei stehe ich aber mMn in erster Linie in Konkurrenz zu mir selber und nicht in Konkurrenz zu den anderen Mitgliedern. Natürlich wird hier auch verglichen und gemessen, aber nicht in einem solchen Maß wie beim leistungsorientierten Sport mit Wettkämpfen etc. Auch wenn ich hier Frustrationserfahrungen sammeln sollte, da z.B. andere z.B. Techniken oder Abläufe schneller lernen etc als ich, sollte hier immer noch der Spaß am Sport und der Bewegung im Vordergrund stehen. Ebenso finde ich es auch wichtig zu lernen mit dieser Frustration umgehen zu können (Egal ob ich jetzt in den 40er vll erst mit Judo Anfange oder irgendwie anders gehandicapped bin). Ich bin selber auch frustriert, wenn sich andere z.B. beim Krafttraining relativ schnell und stark entwickeln und ich immer noch auf dem selben Plateau hänge und nicht voran komme. Wenn ich diese Leistung (z.B. einer Gürtelprüfung) trotz aller Widrigkeiten iwann hinbekomme, ist dass vll sogar mehr wert wie wenn ich sie so oder so ohne Probleme packen kann.

Partnerarbeit in der KK oder den KS ist tatsächlich etwas elementares, aber mMn nichts was in feste Bahnen gesetzt sein muss. Als Trainer ist es wichtig zu sehen wo die Stärken und Schwächen, die Eigenheiten und Eigenschaften meiner Schüler sind (Groß, Klein, Dick, Dünn, Schnell, Langsam, Lange Arme, Kurze Beine, etc.) und damit zu arbeiten. Finde ein Handicap sticht hier nicht weiter hervor als jeder andere Nachteil im Sparring und kann individuell behandelt werden. Vll. bin ich ja seit Jahren Übergewichtig und Raucher oder so und habe dann nur für eine Runde Sparring richtig Luft oder ich bin erst 13/14 Jahre Alt und keine 50kg schwer oder ich mache vll mein drittes Sparring und hab noch keine Ahnung von Tuten und Blasen, etc. Bei all diesen Eigenschaften werde ich anders arbeiten als bei dem Partner der wie ich in der WK Vorbereitung steckt und etwa meine Erfahrung, meine Größe und mein Gewicht hat und mit dem ich mir über mehrere Runden Sparringschlachten mit 80% Intensität liefern kann ohne dass es irgendwie ausartet.

Dazu auch einfach mal so:

nhaZVMGhyg8

oder

hTpY-myIIRE

oder

q3kGCAfulcI

oder

M3i7DbPT2sw

Terao
09-08-2014, 13:29
Also, ehrlich gesagt, ich glaube weder, dass es sonderlich viele Behinderte gibt, die sich auch noch für den letzten Exoten in der immer kleinteiliger werdenden KK-Welt interessieren, noch glaube ich, dass jeder Kleinverein in der Lage ist, Barrierefreiheit und eine gute Integration ins Training zu gewährleisten. Ausgerechnet KK finde ich eine komische Stelle, um da anzusetzen.

Die großen Verbände hingegen, allen voran das Judo, sind da doch schon seit Jahrzehnten involviert. Und da lohnt es sich auch, zumindest in den großen Städten/Vereinen. Unsere Gruppe hingegen wäre mit schwerwiegenden Behinderungen, das sag ich ganz ehrlich, schlechterdings überfordert. Hilft niemandem, sich da was vorzumachen, am allerwenigsten den Behinderten (den potenziellen, faktisch hat noch nie einer reingeschaut).

Offengestanden, wäre ich behindert, würde ich mir auch lieber einen Sport suchen, in dem man Erfahrung damit hat, und der verbreitet genug ist, dass ich auch die Chance habe, in Wettkämpfen auf andere, gleichermaßen Behinderte zu treffen. Würde mir mehr bringen, als in irgendeinem Exoten der Exot zu sein. Das sind sie doch oft genug.

Hafis
09-08-2014, 14:00
... nur mal so nebenbei:
Markus Rehm darf auf Grund seiner Behinderung nicht an der Europameisterschaft im Weitsprung teilnehmen, obwohl ...

anscheinend ist die europäische Verordnung zur Inklusion doch nicht so gemeint, dass jeder überall mitmachen darf ...

gruß hafis

Indariel
09-08-2014, 14:01
Also, ehrlich gesagt, ich glaube weder, dass es sonderlich viele Behinderte gibt, die sich auch noch für den letzten Exoten in der immer kleinteiliger werdenden KK-Welt interessieren, noch glaube ich, dass jeder Kleinverein in der Lage ist, Barrierefreiheit und eine gute Integration ins Training zu gewährleisten. Ausgerechnet KK finde ich eine komische Stelle, um da anzusetzen.

Stimme ich voll und ganz zu, aber da auch KK und KS ein Teil der Sportwelt ist steht die Umfrage nun mal auch hier. Dreht sich ja nicht nur um Behinderung und KK/KS, sondern um Behinderung und Sport und da fällt einiges darunter.


Die großen Verbände hingegen, allen voran das Judo, sind da doch schon seit Jahrzehnten involviert. Und da lohnt es sich auch, zumindest in den großen Städten/Vereinen. Unsere Gruppe hingegen wäre mit schwerwiegenden Behinderungen, das sag ich ganz ehrlich, schlechterdings überfordert. Hilft niemandem, sich da was vorzumachen, am allerwenigsten den Behinderten (den potenziellen, faktisch hat noch nie einer reingeschaut).

Stimme ich auch zu.
Frustration auf allen Seiten bringt hier keinem etwas. Ebenso ist es auch in Ordnung wenn die Inklusion/Integration ins Training nicht gewährleistet werden kann. Interessant ist dann halt der Punkt warum das so ist. Dh. ist die Sportstätte nicht Barrierefrei, liegt es an den finanziellen Ressourcen oder der Anzahl der Trainer, der Stimmung in der Sportstätte, der leistungsintensiven Ausrichtung etc. etc.

Als großer Verein mit ein paar hundert Mitgliedern oder so, hast du ja auch komplett andere Möglichkeiten und Ressourcen zur Gestaltung des Trainings.


Offengestanden, wäre ich behindert, würde ich mir auch lieber einen Sport suchen, in dem man Erfahrung damit hat, und der verbreitet genug ist, dass ich auch die Chance habe, in Wettkämpfen auf andere, gleichermaßen Behinderte zu treffen. Würde mir mehr bringen, als in irgendeinem Exoten der Exot zu sein. Das sind sie doch oft genug.

Denke hier ist es eine Frage der eigenen Interessen und des Einzelfalles.

Vll. habe bin ich ja ein großer Fan von Bruce Lee und möchte deswegen unbedingt ins Kung Fu o.Ä. oder ich will Wettkampf und Herausforerung und möchte in einen Verein der mir das auch als Mensch mit Behinderung bietet (Gerade z.B. auch Paralympische oder Speciallympische Sportarten). Vielleicht such ich auch die Peer-Group Erfahrung, abseits von Wohnstätte und Werkstatt oder ich möchte vll. auch eben mal unter anderen Menschen sein wie mein übliches Umfeld.

Terao
09-08-2014, 14:17
ist die Sportstätte nicht Barrierefrei, liegt es an den finanziellen Ressourcen oder der Anzahl der Trainer, der Stimmung in der Sportstätte, der leistungsintensiven Ausrichtung etc. etc.Ich glaube, es ist tatsächlich die Erfahrung, die Trainer und Schüler damit haben, oder die sie sich zumindest auf Verbandsfortbildungen holen können, und die ein Verband einfach nicht bekommen kann, wenn sich da deutschlandweit nur alle 20 Jahre mal ein behinderter Interessent hinverirrt. Mit einem Querschnittsgelähmten oder Blinden muss man das Training nun mal anders aufziehen, jede einzelne Übung varrieren können etc. pp.. Für jedes Detail des Trainings muss da ne gute Lösung gefunden werden, während man die Restgruppe auch nicht vernachlässigt. Das ist schon sehr anspruchsvoll, da sollte man sich auch nix vormachen. Die Treppenstufen und so`n Kram sinds ganz bestimmt nicht, da lässt man sich halt von ein paar Kollegen hochtragen. Das haben wir schon im Studium so gemacht.


Denke hier ist es eine Frage der eigenen Interessen und des Einzelfalles.Klar, jeder Jeck ist anders. Faktisch ist es aber nun mal so, dass schwere Behinderung bei Leuten, die überhaupt ein Interesse an Sport haben, gar nicht so häufig ist. Wir haben da immer den 20Jährigen vor Augen, der halt blöderweise bei nem Motorradunfall ein Bein verloren hat. Die sind ziemlich selten. Viel häufiger ist der bettlägrige Dialysepatient 80+. Und der hat ganz sicher andere Probleme, als jetzt unbedingt Pekiti Tirsia Kali nach Mestre Bimba und sonst gar nichts lernen zu wollen.

Hafis
09-08-2014, 14:30
...
Klar, jeder Jeck ist anders. Faktisch ist es aber nun mal so, dass schwere Behinderung bei Leuten, die überhaupt ein Interesse an Sport haben, gar nicht so häufig ist. Wir haben da immer den 20Jährigen vor Augen, der halt blöderweise bei nem Motorradunfall ein Bein verloren hat. Die sind ziemlich selten. Viel häufiger ist der bettlägrige Dialysepatient 80+. Und der hat ganz sicher andere Probleme, als jetzt unbedingt Pekiti Tirsia Kali nach Mestre Bimba und sonst gar nichts lernen zu wollen.

... mit Verlaub: größeren Quark habe ich hier seit langem nicht zu lesen gekriegt ...

gruß hafis

Terao
09-08-2014, 14:31
... mit Verlaub: größeren Quark habe ich hier seit langem nicht zu lesen gekriegt ...

gruß hafisDann schau halt selber in die Statistik.

Hafis
09-08-2014, 14:33
Dann schau halt selber in die Statistik.
... in welche Statistik?

gruß hafis

Terao
09-08-2014, 14:36
... in welche Statistik?

gruß hafisIn die Statistiken zu Menschen mit Behinderung in Deutschland natürlich.
Such sie Dir jetzt nicht raus. Bist alt genug, "Blödsinn!" zu schreiben, also kannst Du das auch selbst.


Glaub, ich brauch mal ne Forumsauszeit. Ist ja furchtbar hier.

Silberpfeil
09-08-2014, 14:43
Natürlich kann ich auch im Breitensport einen gewissen Ehrgeiz entwickeln, dabei stehe ich aber mMn in erster Linie in Konkurrenz zu mir selber und nicht in Konkurrenz zu den anderen Mitgliedern. Natürlich wird hier auch verglichen und gemessen, aber nicht in einem solchen Maß wie beim leistungsorientierten Sport mit Wettkämpfen etc.

Da machst du dir was vor. Überleg mal ganz einfach, wie viel Zeit du während einer 08/15 Trainingsstunde in Konkurrenz zu anderen Mitgliedern verbringst und wie viel nicht. Ich kann jetzt nur fürs WTF-TKD sprechen aber grob geschätzt sind das in meinem Verein 70min:20min bei einer unspezifischen Trainingseinheit.


[...]Wenn ich diese Leistung (z.B. einer Gürtelprüfung) trotz aller Widrigkeiten iwann hinbekomme, ist dass vll sogar mehr wert wie wenn ich sie so oder so ohne Probleme packen kann.

Hmm? Das ist doch das klassische Rückzugsgefecht, welches Inklusion eigentlich unnötig werden lassen soll. Hier wird das Frustempfinden auf einmal wieder eingepreist und alles soll gut sein? Ja, was denn nun?


Partnerarbeit in der KK oder den KS ist tatsächlich etwas elementares, aber mMn nichts was in feste Bahnen gesetzt sein muss. Als Trainer ist es wichtig zu sehen wo die Stärken und Schwächen, die Eigenheiten und Eigenschaften meiner Schüler sind (Groß, Klein, Dick, Dünn, Schnell, Langsam, Lange Arme, Kurze Beine, etc.) und damit zu arbeiten. Finde ein Handicap sticht hier nicht weiter hervor als jeder andere Nachteil im Sparring und kann individuell behandelt werden.

Ah, ein Mißverständnis: Ich rede hier nicht von konditionellen Nachteilen, sondern von konstitutionellen Nachteilen. Du scheinst da keinen Unterschied zu machen. Dick, dünn, schnell, langsam... z.B. sind keine Faktoren, die imho einen inklusiv ausgerichteten Trainingsaufbau rechtfertigen würden.

Abgesehen davon ist das Arbeiten mit den Eigenschaften der Schüler lediglich das täglich Brot des Lehrenden und per se noch keine Inklusion.

Hafis
09-08-2014, 14:45
@ Terao
Blind, Taub, Asperger, Trisomie 21, Contergan ... oder was?

Sport treiben möchten sie vielleicht alle ...

gruß hafis

Indariel
09-08-2014, 15:31
... nur mal so nebenbei:
Markus Rehm darf auf Grund seiner Behinderung nicht an der Europameisterschaft im Weitsprung teilnehmen, obwohl ...

anscheinend ist die europäische Verordnung zur Inklusion doch nicht so gemeint, dass jeder überall mitmachen darf ...

gruß hafis

Prothesen im Leistungssport sind ja eh nochmal ein Thema für sich. Denke hier gerade z.B. an die diskussion um Oscar Pistorius



Ich glaube, es ist tatsächlich die Erfahrung, die Trainer und Schüler damit haben, oder die sie sich zumindest auf Verbandsfortbildungen holen können, und die ein Verband einfach nicht bekommen kann, wenn sich da deutschlandweit nur alle 20 Jahre mal ein behinderter Interessent hinverirrt. Mit einem Querschnittsgelähmten oder Blinden muss man das Training nun mal anders aufziehen, jede einzelne Übung varrieren können etc. pp.. Für jedes Detail des Trainings muss da ne gute Lösung gefunden werden, während man die Restgruppe auch nicht vernachlässigt. Das ist schon sehr anspruchsvoll, da sollte man sich auch nix vormachen. Die Treppenstufen und so`n Kram sinds ganz bestimmt nicht, da lässt man sich halt von ein paar Kollegen hochtragen. Das haben wir schon im Studium so gemacht.

Tendiere ich auch eher dazu, aber deswegen kann ich die Möglichkeit nicht im Rahmen der Befragung ausschließen. Denke hier sind persönliche Erfahrungen und persönlicher Kontakt, sowie Qualifizierung und Anzahl der Trainer wesentlich ausschlaggebender.


Klar, jeder Jeck ist anders. Faktisch ist es aber nun mal so, dass schwere Behinderung bei Leuten, die überhaupt ein Interesse an Sport haben, gar nicht so häufig ist. Wir haben da immer den 20Jährigen vor Augen, der halt blöderweise bei nem Motorradunfall ein Bein verloren hat. Die sind ziemlich selten. Viel häufiger ist der bettlägrige Dialysepatient 80+. Und der hat ganz sicher andere Probleme, als jetzt unbedingt Pekiti Tirsia Kali nach Mestre Bimba und sonst gar nichts lernen zu wollen.

Natürlich ist die Anzahl der Schwerbehinderten im Alter höher, da Altern praktisch 'behindert' macht. Denke hier aber, dass die Gruppe der Leute in 'sportfähigen' Alter, sagen wir so von 6 bis 55/60, auch nicht zu verachten ist. Denke du beziehst dich auf die Statistik des Statistischen Bundesamtes? Wenn ich mich recht erinnere, fast diese nur die Menschen mit einer Schwerbehinderung, dh. Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50.



Da machst du dir was vor. Überleg mal ganz einfach, wie viel Zeit du während einer 08/15 Trainingsstunde in Konkurrenz zu anderen Mitgliedern verbringst und wie viel nicht. Ich kann jetzt nur fürs WTF-TKD sprechen aber grob geschätzt sind das in meinem Verein 70min:20min bei einer unspezifischen Trainingseinheit.

Hab auch relativ lange WTF-TKD trainiert, habe hier aber selber andere Erfahrung gemacht. Auch beim Boxen, Thai oder Grappling hatte ich für mich, Abseits des Sparrings oder spezifischen Übungen mit WK-Charakter z.B. Wettläufe etc., eigentlich nie so das Gefühl in direkter Konkurrenz zu stehen. Gerade bei den üblichen Drills, am Sandsack oder an der Pratze arbeitest du ja gezielt mit dem Partner daran dich selbst zu verbessern.


Hmm? Das ist doch das klassische Rückzugsgefecht, welches Inklusion eigentlich unnötig werden lassen soll. Hier wird das Frustempfinden auf einmal wieder eingepreist und alles soll gut sein? Ja, was denn nun?

Ist nur meine persönliche Meinung, aber ich denke Frustration gehört in einem gewissen Umfang auch zum Leben dazu. Egal ob behindert oder nicht-behindert. Das sollte mich aber nicht von der gleichberechtigten Teilhabe abhalten und keinen Einfluss auf meine Gleichwertigkeit in der Gesellschaft und deren Akzeptanz von mirhaben.


Ah, ein Mißverständnis: Ich rede hier nicht von konditionellen Nachteilen, sondern von konstitutionellen Nachteilen. Du scheinst da keinen Unterschied zu machen. Dick, dünn, schnell, langsam... z.B. sind keine Faktoren, die imho einen inklusiv ausgerichteten Trainingsaufbau rechtfertigen würden.

Als Trainer muss ich realistisch gesehen mit dem arbeiten was ich vor mir habe. Egal ob das jetzt eine normale, bunt gemischte Breitensportgruppe, eine leistungsorientierte WK Truppe oder eben eine Gruppe mit Mitgliedern mit Behinderung ist. Denke hier ist die Bereitschaft und die Möglichkeit mit den Menschen individuell zu arbeiten und vielleicht auch gemeinsam zu experimentieren etwas grundlegendes. MMn noch grundlegender als die Utopie jetzt, sofort alle Vereine/Schulen/etc zwanghaft inklusiv ausrichten zu müssen.

Inklusion beschreibt die Vielfalt und das Vorhandensein von Unterschieden als Normalität und diese Wahrnehmung und die Möglichkeit in vollem Umfang an der Gesellschaft teilnehmen zu können geschieht mMn in ein langsamer Prozess der vll nie voll erreicht sein wird. Das heißt jedoch nicht, dass ich nicht versuchen kann vorhandene Strukturen zu erweitern und mehr Möglichkeiten des gemeinsamen Kontaktes und der gemeinsamen Teilhabe zu schaffen.

Terao
09-08-2014, 15:47
Wenn ich mich recht erinnere, fast diese nur die Menschen mit einer Schwerbehinderung, dh. Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50. Ach so. Denke, um die ginge es hier vornehmlich? Unter 50% dürften doch die meisten noch ohne weiteres im regulären Training mitschwimmen können. "Inklusion" als Begriff wird doch erst dann sinnvoll, wenn das halt nicht ohne weiteres geht.
Der Philipp Bayer aus dem Wing Chun etwa hat nur eine Hand. 50% laut Tabelle. Scheint den in seiner KK kein bißchen zu stören, der ist trotzdem ein hochanerkannter Lehrer geworden. Daher hat das auch mit Inklusion nichts zu tun. Im Grappeln säh`s vielleicht anders aus, aber das macht er ja nicht.

Hab übrigens gerade gesehen, dass ich auch mindestens 10% hab. :D
Hab mir meine KK allerdings auch u.a. danach gewählt, dass das nicht ins Gewicht fällt.

Silberpfeil
09-08-2014, 16:56
Inklusion beschreibt die Vielfalt und das Vorhandensein von Unterschieden als Normalität [..]

Dann nehmen wir die Formulierung doch mal zur Grundlage. Die gemeinsame Teilhabe ist eine ideologische Forderung, die genau dann zwangsläufig an der Realität zerbrechen muss, wenn diese Separation, Unterteilung ausdrücklich zum Ziel hat.

Sport definiert das Vorhandensein von Unterschieden gerade nicht als Normalität sondern als Grundlage einer Unterteilung in Sieger und Verlierer.

Aus dieser Unterteilung ziehen Sportler ihre Motivation und zwar unabhängig, ob es sich bei den Unterscheidungskriterien um Sozial- oder Sachnormen handelt. Auch der Einzelsportler, der nur "ganz still für sich" laufen will, ohne sich zu vergleichen, unterscheidet sich von Nichtläufern. Von denen kann keiner fordern, bei Fachgesprächen an der Lauftheke inklusiv behandelt zu werden. Ihnen fehlt halt die Expertise.


[..] und diese Wahrnehmung und die Möglichkeit in vollem Umfang an der Gesellschaft teilnehmen zu können geschieht mMn in ein langsamer Prozess der vll nie voll erreicht sein wird.

Meiner Meinung nach krankt der Inklusionsbegriff an diesem universellen Allgemeingültigkeitsanspruch. Der Begriff bügelt über alle Bereiche der Gesellschaft, auch die, die per definitionem bestimmten Eliten vorbehalten sind.

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die Gegenwart von Leistungsunterschieden und die Unterscheidung von Gruppen anhand solcher Unterschiede ist Programm. Ob die Unterscheidskriterien jeweils relevant sind, darüber kann man diskutieren. Aber nicht ihre grundlegende Existenz.

Auch jemand, der die Treppe nehmen kann, hat keinen Anspruch darauf, oben anzukommen.

Terao
09-08-2014, 17:11
und diese Wahrnehmung und die Möglichkeit in vollem Umfang an der Gesellschaft teilnehmen zu können geschieht mMn in ein langsamer Prozess der vll nie voll erreicht sein wird.Nicht erreicht werden kann, wo dem schlicht Sachhindernisse entgegenstehen. Ein Querschnittsgelähmter kann nun mal keine Kendo-Fußarbeit lernen. Der muss Kraft irgendwie anders entwickeln als aus den Füßen. Wie das gehen soll: Keine Ahnung. Ich kenn nur aus den Füßen. Kann da auch niemanden fragen, die haben alle nur aus den Füßen gelernt. Ich müsste Kendo quasi neu erfinden. Was ja auch wieder eben gerade keine Teilhabe wäre.

Little Green Dragon
09-08-2014, 19:44
Ich müsste Kendo quasi neu erfinden. Was ja auch wieder eben gerade keine Teilhabe wäre.

Und genau da liegt m.M. der Knackpunkt weswegen sich KK/KS eben nur bedingt als Inklusionsvorreiter eignet. Anders als bei den meisten Sportarten hat sich hier eben jemand bewusst Gedanken darüber gemacht, was man mit 2 gesunden Beinen und Armen machen kann und genau darauf dann das jeweilige System aufgebaut. Natürlich kann man die Systeme entsprechend anpassen um sie behindertengerecht zu gestalten - nur ist es eben dann nicht mehr KK XY sondern eine Adaption des jeweiligen Systems nach den Bedürfnissen von Behinderung AZ verändert wurde.

Nehmen wir den einarmigen MTler - Klasse das er das so macht und sich da nicht von seiner Behinderung aufhalten lässt - er wird aufgrund seiner Behinderung trotzdem immer so limitiert sein, dass er sich nie mit nicht behinderten wird ernsthaft messen können und das hat eben nichts mit Kondition o.ä. zu tun, sondern eben einfach daran, dass er nie wird wie ein nicht behinderter clinchen können und jeder der boxerisch ein bißchen was drauf hat würde ihn umhauen (außer er nimmt sich drastisch zurück und nutzt die nun mal existierende Schwäche der fehlenden zweiten Hand nicht aus).

Oder gehen wir in den SV Bereich: Fast alle Techniken sind auf die Kombination von Hand+Hand oder Hand+Bein ausgelegt, also Block mit Arm A Konter mit Arm B.

Nun habe ich eine Gruppe von 15 Leuten und einen Behinderten. Wenn man jetzt anfängt Techniken zu entwickeln ala "Wir tun jetzt alle mal so als hätten wir nur einen Arm..." - es weiß doch jeder (inkl. des Behinderten) warum das jetzt so und nicht klassisch bzw. anders gemacht wird. Ist das dann noch wirklich die gewünschte Inklusions oder nicht vielmehr ein fauler Kompromiss bei dem alle Beteiligten gute Miene zum bösen Spiel machen?

Terao
09-08-2014, 20:10
Nehmen wir den einarmigen MTler - Klasse das er das so macht und sich da nicht von seiner Behinderung aufhalten lässt - er wird aufgrund seiner Behinderung trotzdem immer so limitiert sein, dass er sich nie mit nicht behinderten wird ernsthaft messen können Jo. Im Fechten hingegen könnte er`s. Waffe in die verbleibende Hand und los gehts. Kann jede Übung mitmachen und auch im Kämpfen voll mithalten.
Im Kendo gehts auch mit nur einem Arm. Einarmiges Jodan machen auch manche mit zwei Armen. Es die ganze Zeit zu machen, erfordert zwar ein fast übermenschliches Handgelenk, aber der kann alles mitmachen.

Denke, da ist halt auch der Behinderte gefragt, sich was auszusuchen, was halt geht.

Indariel
09-08-2014, 20:20
Nicht erreicht werden kann, wo dem schlicht Sachhindernisse entgegenstehen. Ein Querschnittsgelähmter kann nun mal keine Kendo-Fußarbeit lernen. Der muss Kraft irgendwie anders entwickeln als aus den Füßen. Wie das gehen soll: Keine Ahnung. Ich kenn nur aus den Füßen. Kann da auch niemanden fragen, die haben alle nur aus den Füßen gelernt. Ich müsste Kendo quasi neu erfinden. Was ja auch wieder eben gerade keine Teilhabe wäre.

Dein Beispiel hat mich gerade an diesen Herren errinert :p:

Y7ddedh-vqo

Terao
09-08-2014, 20:24
Dein Beispiel hat mich gerade an diesen Herren errinert :p:

Y7ddedh-vqoDu siehst aber schon, dass der mit seinem Trainingspartner alleine in der Halle ist?

Inklusion? :rolleyes:

Indariel
09-08-2014, 20:59
Du siehst aber schon, dass der mit seinem Trainingspartner alleine in der Halle ist?

Inklusion? :rolleyes:

Glaube eher das liegt an der Stilistik des Videos. Ansonsten 5:15?
Gibt glaube auch ein Video von ihm während eines WKs.
Hauptsächlich hat mich aber dein Beispiel einfach an ihn erinnert ohne Groß als Argument dazustehen :D

Indariel
09-08-2014, 21:16
Sport definiert das Vorhandensein von Unterschieden gerade nicht als Normalität sondern als Grundlage einer Unterteilung in Sieger und Verlierer.

Glaube hier stellt das verwendete Sportverständnis den Casus Knaxus da.

Die European Sports Charter von 2001 definieren Sport z.B. wie folgt, "Sport means all forms of physical activity which, through casual or organised participation, aim at expressing or improving physical fitness and mental well-being, forming social relationships or obtaining results in competition at all levels."


Meiner Meinung nach krankt der Inklusionsbegriff an diesem universellen Allgemeingültigkeitsanspruch. Der Begriff bügelt über alle Bereiche der Gesellschaft, auch die, die per definitionem bestimmten Eliten vorbehalten sind.

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die Gegenwart von Leistungsunterschieden und die Unterscheidung von Gruppen anhand solcher Unterschiede ist Programm. Ob die Unterscheidskriterien jeweils relevant sind, darüber kann man diskutieren. Aber nicht ihre grundlegende Existenz.

Habe zuvor ja schon einmal den Leistungssport erwähnt, der schon von Natur aus ein maximal exkludierendes System ist. Wie viele Teile der Bevölkerung werden jemals z.B. Fussballprofis oder Kämpfen in der UFC etc? Das heißt aber nicht, dass es in einem System das zugänglicher ist als dieses nicht Sinn machen kann Inklusion anzustreben.

Der Breitensport definiert sich selbst ja schon idR als 'Sport für Alle', auch wenn es auch hier bestimmte Bedingungen gibt welche gewisse Personengruppe in der Teilhabe einschränken oder komplett ausschließen können. Deswegen aber die eigenen Strukturen nicht kritisch zu reflektieren und Zugangsmöglichkeiten von vorne herein auszuschließen halte ich für schwierig. Im Sport selber habe ich die höchste Form der Inklusion am ehesten noch in der Publikumsrolle, dh als Zuschauer, Fan und Sportinteressierter oder eben in etwas eingeschränkterer Form im Breitensport.

Glaube daher kaum das Inklusion beispielsweise die Teilhabe am Leistunssport für Alle fordert, sondern hier das Bestreben eher darin liegt Menschen mit Behinderung dort zu inkludieren wo dies 'möglicher' ist. Judo, Tischtennis oder Boccia sind hier z.B. sehr prägnante und erfolgreiche Beispiele.


Und genau da liegt m.M. der Knackpunkt weswegen sich KK/KS eben nur bedingt als Inklusionsvorreiter eignet. Anders als bei den meisten Sportarten hat sich hier eben jemand bewusst Gedanken darüber gemacht, was man mit 2 gesunden Beinen und Armen machen kann und genau darauf dann das jeweilige System aufgebaut. Natürlich kann man die Systeme entsprechend anpassen um sie behindertengerecht zu gestalten - nur ist es eben dann nicht mehr KK XY sondern eine Adaption des jeweiligen Systems nach den Bedürfnissen von Behinderung AZ verändert wurde.

Erinnert mich ein bisschen an die schon einige male gelaufene Diskussion wenn ich in KK/KS X auch noch Y dazu nehme oder wie in Z trainiere, ist es dann noch KK X?


Nehmen wir den einarmigen MTler - Klasse das er das so macht und sich da nicht von seiner Behinderung aufhalten lässt - er wird aufgrund seiner Behinderung trotzdem immer so limitiert sein, dass er sich nie mit nicht behinderten wird ernsthaft messen können und das hat eben nichts mit Kondition o.ä. zu tun, sondern eben einfach daran, dass er nie wird wie ein nicht behinderter clinchen können und jeder der boxerisch ein bißchen was drauf hat würde ihn umhauen (außer er nimmt sich drastisch zurück und nutzt die nun mal existierende Schwäche der fehlenden zweiten Hand nicht aus.

Hier ist halt die Frage ob dieses sich gleichwertig Messen unbedingt erreicht sein muss. Werde im Sparring vermutlich auch nie mit einen von den Jungs mithalten können der schon seit X Jahren trainiert und an die hundert Boxkämpfe hat. Trotzdem macht mir das Training und das Kämpfen Spaß und auch wenn ich vermutlich niemals irgendetwas Größeres im WK abräumen werde freue ich mich über meine eigenen Fortschritte und darüber das ich besser bin als gestern. Ich fühle mich trotz meiner Leistung akzeptiert und als Teil der Gruppe. Leistungssport exkludiert von Natur aus, aber das muss mich als Hobbysportler mMn auch in den KK/KS nicht zwanghaft stören.

Silberpfeil
09-08-2014, 22:55
"Sport means all forms of physical activity which, through casual or organised participation, aim at expressing or improving physical fitness and mental well-being, forming social relationships or obtaining results in competition at all levels."

Das eine schließt das andere ja nicht aus, oder ?


Der Breitensport definiert sich selbst ja schon idR als 'Sport für Alle', auch wenn es auch hier bestimmte Bedingungen gibt welche gewisse Personengruppe in der Teilhabe einschränken oder komplett ausschließen können. Deswegen aber die eigenen Strukturen nicht kritisch zu reflektieren und Zugangsmöglichkeiten von vorne herein auszuschließen halte ich für schwierig.

"Sport für alle" heißt doch aber nicht, dass er leistungsfern ist? Abgesehen davon, dass ich bei deinen Beispielen von Leistungssport eher an Profisport denken muss. Das ist aber ne ganz andere Dimension. Breitensport und Leistungssport sind auch nicht disjunkt. Der eine Begriff zielt auf die Klientel, der andere auf die Intensität der Ausübung, das ist nicht trennscharf.

Die Sportdisziplin definiert die Zugangsmöglichkeiten, nicht gerade modernes gesellschaftliches Wunschdenken.

Nehmen wir mal Markus Rehm. Alle Welt betont, dass man seine Leistung sehen soll, so weit gesprungen zu sein. Ich frag mich, ob man die Leistungen der anderen Finalteilnehmer deshalb übersehen soll?

Ich bin kein Regelfuchs der Leichtathletik, aber ich weiß um die Diversifizierung der Wettkamfpklassen des DBS (das sind nämlich die diesbezüglichen Experten) und das sagt mir schon, dass es nicht einfach damit getan ist, so zu tun, als sei eine Carbonfeder in irgendwelchen Toleranzen mit einem gesundem Unterschenkel zu vergleichen. Warum? Vielleicht schon allein deswegen, weil eine Carbonfeder austauschbar ist.

Inklusion macht es sich zu einfach Barrieren für bestimmte Gesellschaftsgruppen zu identifizieren und Umgehungen anzubieten, übersieht dabei jedoch, dass das Überwinden dieser Barrieren auch für normale Mitglieder der Gesellschaft nicht anstrengungslos ist. Mit anderen Worten, als ungerecht empfundene Barrieren werden oft auf Kosten neuer Ungerechtigkeiten abgebaut, nur diesmal mit umgekehrten Vorzeichen.

authomas
10-08-2014, 08:15
Hab den Fragebogen auch mal ausgefüllt, aber auch Schwierigkeiten gehabt, “wahrheitsgemäß“ zu Antwort. Wir fechten... viele Behinderungen (eine Hand, Bein prothese etc) wären kein Problem. Rollstuhl wäre ausgeschlossen wegen der Barrierefreiheit - der Umbau würde in die Millionen gehen. Einige geistige Behinderungen wären wohl nur mit Schulungen, andere nur mit mehr Personal, andere nur mit Einschränkungen (kein sparring für Leute mit mangelnder Kontrolle) möglich. Wie soll man nun da beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein behinderter Mensch mitmachen kann? Jede Antwort wäre gleich richtig oder falsch, solange nicht genauer gefragt wird. Das macht die Umfrage in weiten Teilen aussagelos.

carstenm
10-08-2014, 10:31
Ich bin den Fragebogen ein weiteres mal durchgegangen. - Ohne ihn letztendlich abzuschicken.

Die Probleme, die das Thema "aikidô und Behinderung", sei sie nun körperlich oder geistig, aufwirft, sind grundlegender und werden hier nicht berührt. Da die Antwortmöglichkeiten die Sinnhaftigkeit von Inklusion aber immer schon voraussetzen, lassen sie sich in meinem Kontext so nicht beantworten.

Indariel
10-08-2014, 11:12
Das eine schließt das andere ja nicht aus, oder ?

Nein tut es nicht und ich würde auch nicht so weit gehen, dass eine vom anderen völlig abzugrenzen oder auszuschließen. Es gehört halt dazu. Ich denke hier nur, dass es aber auch nicht als Bedingung hinter jeder Form der breitensportlich-organisierten Aktivität gesehen werden kann.


"Sport für alle" heißt doch aber nicht, dass er leistungsfern ist? Abgesehen davon, dass ich bei deinen Beispielen von Leistungssport eher an Profisport denken muss. Das ist aber ne ganz andere Dimension. Breitensport und Leistungssport sind auch nicht disjunkt. Der eine Begriff zielt auf die Klientel, der andere auf die Intensität der Ausübung, das ist nicht trennscharf.

Nein heißt es nicht, Leistungsorientierung ist ein essentieller Teil von Sport und wie gesagt Leistungssport ist von Natur aus ein maximal exkludierendes System. Klar geht Leistungssport auch im Hobby- und Amateurbereich, denke hier gerade z.B. an C und B Klasse Thaiboxer, etc. Der Profisport macht, dass ganze hier nur von der erbrachten Leistung her vll deutlicher. Aber ich denke auch das Leistung um der Leistungs Willen, Wettkampf um des Wettkampfs Willen auch ein Kann sein kann und kein Muss.

Ansonsten, habe ich nicht bei einer gewissen Intensität des Trainings automatisch ein verschobenes Klientel? Zu uns verirren sich idR selten Leute die nicht auch leistungsmäßig an ihre Grenzen gebracht werden wollen und wenn doch halten sie sich meistens nicht lange.


Nehmen wir mal Markus Rehm. Alle Welt betont, dass man seine Leistung sehen soll, so weit gesprungen zu sein. Ich frag mich, ob man die Leistungen der anderen Finalteilnehmer deshalb übersehen soll?

Das bezieht sich aber eher auf sinnvolle Einteilung von WK Klassen und die Vergleichbarkeit von Leistung im Sport? Denke dass der Sport der gezielt auf Leistung abzielt hier nochmal ein gesondertes, großes und diffiziles Fass, abseits der Teilhabe am gesellschaftlich-normalen Leben in Form von Hobby und Freizeitsport ist.


Inklusion macht es sich zu einfach Barrieren für bestimmte Gesellschaftsgruppen zu identifizieren und Umgehungen anzubieten, übersieht dabei jedoch, dass das Überwinden dieser Barrieren auch für normale Mitglieder der Gesellschaft nicht anstrengungslos ist. Mit anderen Worten, als ungerecht empfundene Barrieren werden oft auf Kosten neuer Ungerechtigkeiten abgebaut, nur diesmal mit umgekehrten Vorzeichen.

Es gibt Bereiche, die von Natur aus stark exklusiv sind und die niemals inklusiv sein werden, geschweige denn sein können. Das liegt in der Natur der Sache und diese Barrieren werden nie abgebaut werden. Das was du hier aber nennst hört sich für mich eher wie ein großes Problem in und durch die Umsetzung der Inklusion an, als ein Problem der Inklusion per se. Ungerechtigkeiten auf der Basis neuer Ungerechtigkeiten, Barrieren auf der Basis neuer Barrieren abzubauen, kann nicht das Ziel der Inklusion sein und geht der Idee mMn nach Quer.



Hab den Fragebogen auch mal ausgefüllt, aber auch Schwierigkeiten gehabt, “wahrheitsgemäß“ zu Antwort. Wir fechten... viele Behinderungen (eine Hand, Bein prothese etc) wären kein Problem. Rollstuhl wäre ausgeschlossen wegen der Barrierefreiheit - der Umbau würde in die Millionen gehen. Einige geistige Behinderungen wären wohl nur mit Schulungen, andere nur mit mehr Personal, andere nur mit Einschränkungen (kein sparring für Leute mit mangelnder Kontrolle) möglich. Wie soll man nun da beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein behinderter Mensch mitmachen kann? Jede Antwort wäre gleich richtig oder falsch, solange nicht genauer gefragt wird. Das macht die Umfrage in weiten Teilen aussagelos.

Erstmal Danke dafür!

Differenzierteres Arbeiten ist gerade auch bei quantitativen Arbeiten immer sehr sinnvoll, da die Aussagen wesentlich exakter sind. Denke hierbei z.B. an den Aufbau eine spezifische Behinderung (z.B. Progressive Muskeldystrophie Duchenne, Trisomie 21, etc) oder einen spezifischen Fall vorauszusetzen und vorzustellen und davon ausgehend dann zu arbeiten.

Wenn du dir die Fragen genauer ansiehst, geht es gezielt eher um die eigene Einschätzung und Wahrnehmung gegenüber der Problematik und wie die eigene Bereitschaft, die Bereitschaft der Trainingspartner, der Trainer und des Vereins von einem selbst eingeschätzt wird. Es geht weniger um die spezifische Behinderung und deren Voraussetzung und Möglichkeiten in der eigentlichen Sportart, als darum ob dem gegenüber überhaupt eine Möglichkeit eingeräumt wird.

Wenn du sagst, dass z.B. eine Hand, ein Bein etc. kein Problem ist und der Rollstuhl aber an der Barrierefreiheit scheitert, dann würde ich die Bereitschaft z.B. von dir und deinen Leuten eher als positive Grundeinstellung und Bereitschaft gegenüber der Problematik werten, die Barrierefreiheit die gesondert von der Bereitschaft abgefragt wird, aber eher als größeres Problem sehen.


Ich bin den Fragebogen ein weiteres mal durchgegangen. - Ohne ihn letztendlich abzuschicken.

Die Probleme, die das Thema "aikidô und Behinderung", sei sie nun körperlich oder geistig, aufwirft, sind grundlegender und werden hier nicht berührt. Da die Antwortmöglichkeiten die Sinnhaftigkeit von Inklusion aber immer schon voraussetzen, lassen sie sich in meinem Kontext so nicht beantworten.

Muss sagen, bin für deine Aussage sehr dankbar, da ein kritischer Blick immer wieder auch mal gegen die eigene Betriebsblindheit und das eigene Umfeld rennen kann. Wäre dir aber auch dankbar wenn du die Problematik genauer ausführen und eruieren könntest um das ganze Thema wie es sich für dich gestaltet etwas nachvollziehbarer und ersichtlicher machen zu können.

carstenm
10-08-2014, 16:53
Wäre dir aber auch dankbar wenn du die Problematik genauer ausführen und eruieren könntest um das ganze Thema wie es sich für dich gestaltet etwas nachvollziehbarer und ersichtlicher machen zu können.
1. Aus der Sicht des aikidô ist zu fragen, ob Inklusion tatsächlich ein sinnvolles Ziel ist.
Die Bewegungsmuster sind hochkomplex und schon für viele Normalbehinderte nicht zu erlernen. Das gleiche gilt für das Theoriegebäude. Viele normalbehindert Übende nehmen den theoretischen Hintergrund maximal in Form der geläufigen Klischees auf.

Es gibt Menschen, die aikidô vom Rollstuhl aus üben. Ich kenne Schwerhörige (dann mit Gleichgewichtsproblemen), Blinde und habe auch schon mit jemand geübt, der aufgrund von Poliomyelitis stark inseinen Bewegungen eingschränkt war.
Ich kenne zwei Gruppen, in denen Menschen mit geistiger Behinderung unter sich üben. Und eine Gruppe, in der ein Mensch mit ein sehr leichten geistigen Behinderung gemeinsam mit anderen übt.
In allen Fällen ist das, was erreicht werden kann von vornherein stark begrenzt. Im Falle der Menschen mit geistiger Behinderung führt das Üben nicht über die Präliminarien hinaus.

Aus Sicht des aikidô ist also zu klären, wie mit Übenden umzugehen ist, bei denen von vornherein deutlich ist, daß sie bestimmte Aspekte, die im Unterricht dieses budô als zentral gelten, aufgrund ihrer Behinderung nicht erlernen können können.
Bei Kindern erwartet z.B. unser Verein ein Mindestalter ab dem die motorische Entwicklung überhaupt so weit ist, daß mindestens die Vorübungen körperlich halbwegs leistbar sind. Andere Vereine unterrichten Menschen erst ab einem Alter, in dem sie in der Lage sind, auch die komplexeren Bewegungen üben zu können. Dort gibt es dann schlicht und einfach kein Kindertraining.

Die Frage ist also in meinem Kontext definitiv nicht die Barrierefreiheit und auch nicht die Kompetenz der Unterrichtenden. Es liegt in der Natur der Sache, den Unterricht den körperlichen und geistigen Voraussetzungen der Übenden anzupassen. Und wir haben z.B. alle schon mal vom Rollstuhl aus geübt, um das kennen zu lernen.

Die Frage ist aber, ob es gewollt ist, ein budô in dieser Form weiter zu geben.

2. Aus der Sicht von Menschen mit Behinderungen erlebe ich es als zuweilen tragisch, daß im Zuge des Inklusionsprozesses Möglichkeiten abgebaut werden, in denen Menschen mit Behinderung gemeinsam üben können. Allein in meinem Umfeld sind eine Reitgemeinschaft und ein Sportverein verloren gegangen, weil die Fördermittel entfallen sind aufgrund der Tatsache, daß hier Menschen mit (geistiger) Behinderung unter sich waren.

Statt dessen erlebe ich immer wieder daß unsere "Kunden" (so die aktuelle Sprachrregelung für vormalige "Bewohner") sich in Sportvereinen als defizitär erleben. Und zwar nicht aufgrund mangelnder Barrierefreiheit, Kompetenz der ÜL oder Diskriminierung. Im Gegenteil: Sie erleben, daß sie trotz alledem "anders" sind. Und auch wenn alle ganz freundlich gegen Leistungszwang anarbeiten: Wer Fußball spielt, will Tore schießen. Oder mindestens daran beteiligt sein, daß die eigenen Manschaft gewinnt. Auch Menschen mit geistiger Behinderung sind ja nicht blöd.
Sie erleben schlicht und einfach, daß sie bestimmte Dinge nicht tun können, die andere können. Und das macht auf Dauer keinen Spaß. Mehr noch: Es verunsichert und stellt die eigene Person in Frage.

Die Frage ist also ob Inklusion, so wie sie derzeit massiv umgesetzt wird, den Betroffenen Menschen gut tut.

3. Mir ist klar, daß deine Umfrage nicht dazu gedacht ist und es auch weder leisten kann noch will, diese Diskussionen zu führen.
Ich denke aber, daß Fragen und Antwortmöglichkeiten so gestaltet sein sollten, daß diese kritischen Aspekte nicht von vornherein ausgeschaltet werden.
Ich habe mal gelernt, daß man aussagekräftige Erhebungen so gestalten sollte, daß man auch das Gegenteil von dem herausbekommen kann, was man eigentlich gerne darstellen möchte.

Ein Hauptproblem des gegenwärtigen Inklusionsprozesses ist, daß es an keiner Stelle im System die Möglichkeit gibt, den Prozeß als solchen zu hinterfragen oder gar zu kritisieren.
Kostenträger gestalten die Verteilung von Förder- und Finanzmitteln entsprechend, der Gesetzgeber behandelt Genehmigungsverfahren entsprechend. Innerbetriebliche Abläufe sind entsprechend strukturiert.

Anders als bei anderen schlechten Gesetzen gibt es keine Instanz, die sich mit Kritik befassen würde.

Terao
10-08-2014, 17:28
...:halbyeaha
Super Post. Klar, einfühlsam, auf den Punkt.
Spiegelt exakt das wieder, was dabei mein Unbehagen ausmacht. Bloß konnte ich den Finger nicht drauf legen.

Indariel
12-08-2014, 14:46
:halbyeaha
Super Post. Klar, einfühlsam, auf den Punkt.

Der Aussage kann ich mich so anschließen!

@ carstenm

Das von dir beschriebene Beispiel zeigt sehr schön, wo beispielsweise Grenzen für Inklusion im Bereich des Breitensports auftreten können. Persönlich bin ich auch der Meinung, dass nicht jedes Angebot inklusiv gestaltet werden kann, empfinde aber den Breitensport von seiner Struktur und Auslegung her in erster Linie zugänglicher als andere Bereiche.

Der von dir genannte Abbau von Angebotsstrukturen u.Ä., hier am Beispiel der Reitgemeinschaft und des Sportvereins, empfinde ich persönlich auch als sehr tragisch und konträr zur Forderung der UN-BRK die in Artikel 30 Absatz 5 b fordert:

"sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben,
behinderungsspezifische Sport- und Erholungsaktivitäten zu organisieren, zu entwickeln und an solchen teilzunehmen, und zu diesem Zweck die Bereitstellung eines geeigneten Angebots an Anleitung, Training und Ressourcen auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen zu fördern"

weiterhin nimmt der Abbau den Menschen auch beispielsweise die Möglichkeit Peer-Group Erfahrungen etc zu sammeln (Z.B. in den Schulen für Hörgeschädigte) und ist etwas, dass sehr kritisch betrachtet werden muss.

Ich halte es hier aber auch wichtig zu erwähnen, dass eine Trennung zwischen der Idee der Inklusion und der Durchführung und Umsetzung unterschieden werden muss. Ein kritischer Blick auf die in Deutschland erfolgende Umsetzung der Inklusion ist, aus den von dir genannten Gründen heraus, etwas sehr essentielles.

Für deine Kritik bin ich dir wie schon zuvor erwähnt sehr dankbar, da so etwas Punkte aufzeigen kann, die man selber gerne mal aus seiner momentanen Lage heraus übersieht. Die Befragung findet momentan noch im Rahmen einer sehr ausgeweiteten Methodenübung statt, ich möchte die Thematik aber eigentlich sehr gerne im nächsten Semester zu meiner Abschlussarbeit ausbauen und werde dementsprechend auch die von dir genannten Punkte in die Planung miteinbeziehen.

carstenm
13-08-2014, 08:23
Moin Tobias,


Die Befragung findet momentan noch im Rahmen einer sehr ausgeweiteten Methodenübung statt ...Ah, ok. Wenn es deine Umfrage nicht in erster Linie auf die Inhalte abzielt, sondern sondern eigentlich die Methode im Vordergrund steht, dann noch ein Hinweis:

Du hebst in deinen Antworten hier immer wieder auf den sog. Breitensport ab:
... Grenzen für Inklusion im Bereich des Breitensports ... In der Einleitung für die Teilnehmer heißt es dagegen:
"Inklusion vom Menschen mit Behinderung in Sportvereinen ...
Sollten Sie in einem Sportverein Mitglied sein wären sie Teil der Zielgruppe dieser Studie."

D.h. die Zielgruppe ist nicht sauber definiert:

In sehr vielen Sportvereinen finden sich Sparten sowohl für Leistungs- als auch für Breitensport. (Das ist bei uns in allen der größeren Vereine der Fall.) In der Forumlierung der Befragung müßte entsprechend deutlich werden, an welche Mitglieder eines Vereins sich die Befragung richtet und an welche nicht.

Es gibt viele Sportvereine, die zwar ausdrücklich Breitensport anbieten, die aber aus einer fest definierten Gruppe heraus existieren: Der SV der "Siedlergemeinschaft-West", Der SV des "Betriebes XY". Der Frauen-SV, Gehörlosen SV, ... In jedem dieser Vereine (die es hier vor Ort konkret gibt) ist die verbindliche Mitgliedschaft in der zugrunde liegenden Gruppe Zulassungsvoraussetzung für die Vereinstmitgliedschaft. Das Thema Inklusion liegt also der Mitgliedschaft im SV bereits voraus: Wenn keine Inklusion in der zugrunde liegenden Gruppe möglich/gewünscht ist, dann sind die Antworten des SV-Mitgliedes ohne Aussagekraft.

Schließlich, und das ist vielleicht hier besonders relevant: Gerade KKe sind zwar in der Form eines e.V. organisiert, verstehen sich aber 1. nicht als Sport und 2. nicht als ein dem Breitensport äquivalentes Angebot.

Langer Rede, kurzer Sinn:
Wenn ich deine Abschlußarbeit betreuen würde, würde ich dich fragen, an wen genau sich deine Erhebung richten soll.
Ich vermute, daß es sinnvoller ist, die Umfrage nicht möglichst breit zu streuen, sondern eine bestimmte Anzahl konkreter Vereine, Gruppen ... auszuwählen um die Ergebnisse differenziert evaluieren zu können.


Ich halte es hier aber auch wichtig zu erwähnen, dass eine Trennung zwischen der Idee der Inklusion und der Durchführung und Umsetzung unterschieden werden muss.M.E. wird die CRPD von vielen, die mit MEnschen mit Behinderungen arbeiten mißverstanden: Die CRPD ist in erster Linie ein juristisches Konstrukt. Und in zweiter Hinsicht die Festschreibung einer Sozialutopie. Beides vor dem Hintergrund des US-amerikanischen Rechtsystems.

Man muß sich immer wieder deutlich vor Augen halten, daß die CRPD nicht den zu fördernden einzelnen Menschen im Blick hat, sondern abzielt auf das Rechtssystem innerhalb dessen dieser Mensch lebt.

Meiner Erfahrung nach ist der Paradigmenwechsel von Integration zu Inklusion den Allermeisten, die in diesem Themenfeld arbeiten, überhaupt nicht deutlich und es werden andauernd integrative Maßnahmen (in die Stadt eine eigene Wohnung ziehen, in einem Sportverein Mitglied sein, ...) mit inklusiven Aspekten (... einen Rechtsanspruch haben auf ..., Umbau finanzieller Strukturen, Abbau spezifischer Infrastruktur = Konversion, ...) verwechselt.
Nicht nur auf der Ebene der MA in der Assistenz, sondern auch von den Gesetzlichen Betreuern und zuweilen sogar auch in Leitungsfunktionen.

Will sagen: Die Umsetzung der CRPD in Deutschland entspricht sehr wohl der Idee der Inklusion, so wie sie in der Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist. Das Problem ist, daß das Paradigma der Konvention ein ganz grundlegend anderes ist, als das, nach dem wir bisher gearbeitet haben.

Terao
13-08-2014, 11:18
Die Frage ist also ob Inklusion, so wie sie derzeit massiv umgesetzt wird, den Betroffenen Menschen gut tut.DAS ist doch die eigentlich relevante Frage.
Wenn das Thema ausgebaut werden soll, wäre es doch der erste Schritt, zunächst mal die Behinderten selbst repräsentativ zu fragen, was sie für Erfahrungen gemacht haben, und was sie sich wünschen. Sonst bleibts halt beim gut Gemeinten.

Indariel
13-08-2014, 12:27
Du hebst in deinen Antworten hier immer wieder auf den sog. Breitensport ab: In der Einleitung für die Teilnehmer heißt es dagegen:
"Inklusion vom Menschen mit Behinderung in Sportvereinen ...
Sollten Sie in einem Sportverein Mitglied sein wären sie Teil der Zielgruppe dieser Studie."

D.h. die Zielgruppe ist nicht sauber definiert:


Der Rückbeziehung auf den Breitensport tritt relativ häufig auf, da er das Zwischenstück zwischen der Leistungsrolle (Leistungsträger, Wettkampfsportler, hoch selektiv) und Publikumsrolle (Fan, Zuschauer, kaum Zugangsbeschränkungen) im Bereich des Sports darstellt. Zwischen der Publikumsrolle und der Leistungsrolle findet sich der Bereich des Breitensports und Freizeitsports wieder. Dieser Bereich hat grundlegend offenere Zugangskriterien im Vergleich zur Leistungsrolle. Jedoch finden sich auch im Breitensport bestimmte Bedingungen welche bestimmte Personengruppen im Zugang einschränken oder von der aktiven Ausübung komplett ausschließen.

Deshalb im Verlauf des Fragebogens auch die Frage danach ob die Person das Angebot ihres Vereins eher im Bereich des Leistungssportes oder des Breitensportes verorten würde. Da hier dann z.B. eine Gegenüberstellung von Einschätzungen möglich ist.


Schließlich, und das ist vielleicht hier besonders relevant: Gerade KKe sind zwar in der Form eines e.V. organisiert, verstehen sich aber 1. nicht als Sport und 2. nicht als ein dem Breitensport äquivalentes Angebot.

Deshalb versuche ich meine Stichprobe relativ weit zu fächern. KK/KS stellen zwar einen Teil der Vereinslandschaft dar, sind aber nicht die einzige Form des Angebotes und durch ihre Art, Auslegung und Aufbau selbst vermutlich wesentlich selektiver als beispielsweise Tischtennis oder Boccia.


Langer Rede, kurzer Sinn:
Wenn ich deine Abschlußarbeit betreuen würde, würde ich dich fragen, an wen genau sich deine Erhebung richten soll.
Ich vermute, daß es sinnvoller ist, die Umfrage nicht möglichst breit zu streuen, sondern eine bestimmte Anzahl konkreter Vereine, Gruppen ... auszuwählen um die Ergebnisse differenziert evaluieren zu können.

Bei der gezielten Auswahl stellt sich dann jedoch die Frage ob eine qualitative Methode nicht die bessere Wahl ist und es sinnvoller wäre mit einem Experten- oder Leitfaden Interview zu arbeiten.

Persönlich fände ich im Rahmen der Befragung am aussagekräftigsten wenn auf Funktionsträger und Verantwortliche in den Sportvereinen zurückgegriffen werden könnte. Hierbei gestaltet sich jedoch der Zugriff auf entsprechende Personen nachvollziehbarerweise als schwierig. Jedoch würde dies einen tieferen Einblick in die Strukturen der Vereine ermöglichen (dh. Übersicht über angebotene Sportarten, Mitglieder- und Übungsleiterzahl, Anzahl hauptamtlicher Mitarbeiter, Anzahl Mitglieder mit Behinderung, breiten- oder leistungssportorientierung, vorkommende Behinderungen, Nachfragen nach Angeboten, Einschätzungen zum Bedarf im Einzugsgebiet, Probleme und Erfahrungen bei der Realisierung von Angeboten, Einschätzung der personellen und materiellen Vorraussetzungen, etc.)


Will sagen: Die Umsetzung der CRPD in Deutschland entspricht sehr wohl der Idee der Inklusion, so wie sie in der Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist. Das Problem ist, daß das Paradigma der Konvention ein ganz grundlegend anderes ist, als das, nach dem wir bisher gearbeitet haben.

Denke dieser Paradigmenwechsel wird durch Punkte wie die Veränderung der Rolle des Professionellen deutlich. Durch die UN-BRK ergeben sich neue Rollenanforderungen und Aufgabenbereiche, hierbei ruht mein Blick vor allem auf Punkten wie dem Begleitbedarf und der Entscheidungsbegleitung, soziale Vernetzung, Community Care etc. Die Begleitung von Menschen in deren Wohnung bricht hierbei die tradierte Betreuerrolle auf. Diese Art der Begleitung ändert die professionelle Tätigkeit mMn ziemlich grundlegend.

Indariel
14-08-2014, 14:02
Push für Fragebogen

Indariel
21-08-2014, 14:52
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