Vollständige Version anzeigen : Degenfechten im Modernen Fünfkampf (Pentathlon)
Jadetiger
10-12-2014, 20:03
Hi,
ich habe gerade folgende "Filmchen" entdeckt:
Nw_W3w0sCDk
rESXSmmUdpA
Und siehe da: Da sind unglaublich spannende Gefechte dabei! Besonders bei den Männern gefällt mir auch der Stil der meinsten Fechter gut!
Warum mir das überhaupt interessant und diskussionswürdig erscheint:
Fünfkämpfer fechten nur auf einen einzigen Treffer und sind damit automatisch deutlich dichter am klassischen Fechten dran. Man kann sich eben einfach keinen Gegentreffer leisten!
Wie gefällt euch das? Hattet ihr schon Kontakt mit den Fünfkämpfern? Sind die vielleicht ansprechbarer/empfänglicher für einen Austausch mit einer HEMA-Gruppe?
Warum mir das überhaupt interessant und diskussionswürdig erscheint:
Fünfkämpfer fechten nur auf einen einzigen Treffer und sind damit automatisch deutlich dichter am klassischen Fechten dran. Man kann sich eben einfach keinen Gegentreffer leisten!
Ich denke da schimmert der militärische Hintergrund des modernen Fünfkampf noch durch.
Der moderne Fünfkampf umfasst nämlich genau die Disziplinen die ein Offizier nach dem damaligen Verständnis, als die Sportart geschaffen wurde, idealerweise beherrschen sollte.
Willi von der Heide
10-12-2014, 21:58
Ich denke da schimmert der militärische Hintergrund des modernen Fünfkampf noch durch.
Der moderne Fünfkampf umfasst nämlich genau die Disziplinen die ein Offizier nach dem damaligen Verständnis, als die Sportart geschaffen wurde, idealerweise beherrschen sollte.
Schade, daß das heutige Sportfechten zu dem wurde was es ist.
Gibt es eigentlich Gruppen, die die alte Fechtschule noch betreiben ? Die HEMA-Leute, ja weiß ich. Aber gibt es Fechter, die z.Bsp. in einem Kreis fechten und nicht auf einer Bahn mit elektr. Westen und sowas ?
Dragonball
11-12-2014, 00:09
@Willi
Ist die Frage ernst gemeint??? :mad:
Dragonball
11-12-2014, 00:40
Hallo Jadetiger,
trotz der vorgerückten Stunde noch ein kurzes Statement.
Die Fünfkämpfer sind vom Gedankengang evtl. näher am "klassischen" Fechten als Sportfechter, was aber auch kein Kunststück ist. Ich darf deine eigenen Worte vom Adventsfechten benutzen: EMA nicht HEMA. Klassisches Fechten ist eine noch immer bestehende europäische Kampfkunst.
Vom gesehenen Fechten an sich kann ich folgendes sagen: Keine korrekte,ausballancierte Fechtstellung, Gewicht oft auf dem vorderen Bein, Beinarbeit eher ähnlich wie beim Boxen (rumgehüpfe etc.).
Rumpf extrem weit vorgebeugt, Prinzip: das Gesicht möglichst nahe an die gegnerische Klinge bringen.:rolleyes:
Im Infight: wildes rumgestochere, anstatt die Mensur nach einem misslungenem Angriff schnellstmöglich wieder herzustellen.
Der hintere Arm wird als Gleichgewichtsfaktor, wie üblich, nicht genutzt. Ergebnis: wildes rumgestochere, weil ich aus dem Ausfall nicht mehr hochkomme.
Fazit:
Das Gefecht auf einen Treffer ist sicherlich zu begrüssen, da es eine andere Sichtweise eröffnet als das Sportfechten auf 5 oder 10 Treffer, je nach Waffe. Es fehlt meiner Ansicht nach, jedoch die Einsicht und das Erkennen der völlig anderen Herangehensweise des "echten" Fechtens:
1. Nicht getroffen zu werden
2. Und erst dann zu treffen.
Hier einmal ein Beispiel wie klassischer Degen aussehen kann, auch wenn mir persönlich dieser Stil etwas zu statisch ist:
https://www.youtube.com/watch?v=y3vuy9dgbX8&list=UUuwo7n0xH9k327O_GtVmraw
Auch schön anzusehen, auch wenn ich die Fechtstellung des Herren in schwarz nicht komentiren möchte:
https://www.youtube.com/watch?v=J_RqZHZns-E&list=UUVtQxL85Hf_sP4H9F5ojS3A
Hier noch ein Video von Maestro Nick Evangelista. Lehrer von Bill Lecki, von dem ich die Ehre hatte lernen zu dürfen.
https://www.youtube.com/watch?v=xpvsu1o4L58
@Willi: Ts...ts...ts...
Althalus
11-12-2014, 08:31
Rumpf extrem weit vorgebeugt, Prinzip: das Gesicht möglichst nahe an die gegnerische Klinge bringen.
Das an sich ist kein Fehler - finden wir bei Fabris im Rapier schon und zieht sich fort bis ins 18. Jhdt. Gesichtstreffer sind dabei lustigerweise eher selten, solange die Positur an sich stimmt.
Der hintere Arm wird als Gleichgewichtsfaktor, wie üblich, nicht genutzt. Ergebnis: wildes rumgestochere, weil ich aus dem Ausfall nicht mehr hochkomme.
Tjo, die Aussage würde ich persönlich als biomechanischen Unfug bezeichnen. ;)
Prinzipiell gibt es zwei verschiedene Ausfälle. Einmal den Fabris-artigen, bei dem die Linke nach vorne kommt, um aktiv zur Verteidigung beizutragen und andererseits den Capo-Ferro-artigen, bei dem die Linke nach hinten gestreckt wird, um dem Torso eine größere Vorwärtsbewegung zu ermöglichen. Defensive vs. Reichweite, wenn man so will. Irgendwann nach 1800 hat man dem zweiten den Vorzug gegeben.
Das "aus dem Ausfall nicht hochkommen" liegt eher daran, dass das Training im Sportfechten vor allem die Beine fokussiert. Das Problem ist, dass der Core-Bereich gerade bei der Rückwärtsbewegung enorm gefordert ist, weil er den Torso dabei stabilisieren muss - und da liegen bei vielen die Schwächen. Da muss man sich nur ansehen, wie die Oberkörper im Ausfall herumpendeln ...
Dragonball
11-12-2014, 10:29
Sooo... die Antwort aus Wien, bittscheen.
Mag sein, dass das mit dem nach hinten gestreckten Arm bei euch nicht klappt. eure Körper sind ja auch erstmal zum kraxeln in Schluchten und auf Bergen gedacht und erst in zweiter Linie zum Fechten. ;)
Der Fabris-artige Ausfall ist meines Erachtens dem historischen Fechten zuzuordnen, und wenn du den Arm aktiv zur Verteidigung einsetzt hast du natürlich Recht. Dann macht er weit hinten auch wenig Sinn.
Im klassischen Fechten, aus dem das olympische Gehampel ja entstanden ist wird der hintere Arm selten verwendet. Beim Florett mach ich das ab und an ganz gerne, man muss sich halt mit dem Partner vorher darauf einigen. Im olympischen Fechten könnte der Arm vorne gehalten evtl. sogar eine Verwarnung wegen verdecken einer gültigen Trefferfläche (Florett) nach sich ziehen.
Biomechanik hin oder her, der nach hinten gestreckte Arm ist ein Gegengewicht zum nach vorne gestreckten Arm mit Waffe. Das ist eher Physik, oder?
Zum untrainierten Core-Bereich gebe ich dir absolut recht. Hier herrscht noch viel Unwissen über das Zusammenspiel der Muskeln im Körper. Kaum jemand weiss wie wichtig gerade dieser Bereich für unseren Körper ist. Nicht nur beim Fechten.
Grüße aus Köln!
Willi von der Heide
11-12-2014, 10:36
:o
Bin halt nicht so drin im Thema !
Für mich war HEMA immer: Schwertkampf bzw. andere Waffen im Mittelalter.
Modernes Sportfechten = auf einer Bahn, mit elektr. Westen usw.
Ich habe halt nicht so die Feinunterscheidung gemacht ... :o:(
Soweit ich weiß, ist das Sportfechten doch aus der franz. und ital. Schule entstanden. Ich fragte mich halt spontan, ob es das noch gibt.
P.S.:
Man sollte sich nur zu Themen äußern von denen man was versteht ! ;)
Althalus
11-12-2014, 10:47
Biomechanik hin oder her, der nach hinten gestreckte Arm ist ein Gegengewicht zum nach vorne gestreckten Arm mit Waffe. Das ist eher Physik, oder?
Genau DIE widerspricht dir da aber. ;)
Der Arm kann rein mechanisch nicht als Gegengewicht zu Torso, Arm und Waffe ausreichen.
Was er aber kann ist, eine Verwringung der oberen Torsomuskeln zu erzeugen, die wiederum den Vorwärts-Impuls des Körpers besser ausgleichen kann. Du verlängerst damit den Hebel, den die Muskeln haben, die den Torso stützen. Ergo kannst du deinen Waffenarm weiter strecken ohne vorn über zu kippen.
Das ist das, was du wahrscheinlich als "Gegengewicht" meinst. ;)
Das Problem ist, dass er dir nicht beim Rückzug helfen kann - da muss der Core-Bereich zuerst stabilisieren und die Hüftstrecker die Bewegung einleiten, die dann von den Beinen explosiv gepowered wird.
Womit wir aber auch dabei wären, dass ein korrekter Ausfall immer eine Torsodrehung (natürlich eine kleine!) beinhaltet. Wie oft siehst du das heute?
Für mich war HEMA immer: Schwertkampf bzw. andere Waffen im Mittelalter.
Ui, da hat aber einer was verschlafen. ;-)
Mittlerweile gibt´s wohl genauso viele Gruppen, die z.B. Militärsäbel aus dem 19. Jhdt machen, wie MA-Waffen. Rapier, Smallsword, usw. gehören ja auch nicht ins MA.
Rumpf extrem weit vorgebeugtMeyer empfiehlt das auch.
Der Gedanke ist, das eigene Gesicht hinter die eigene Klinge zu bringen... :)
Willi von der Heide
11-12-2014, 11:17
Ui, da hat aber einer was verschlafen. ;-)
Mittlerweile gibt´s wohl genauso viele Gruppen, die z.B. Militärsäbel aus dem 19. Jhdt machen, wie MA-Waffen. Rapier, Smallsword, usw. gehören ja auch nicht ins MA.
:o :o :o :o
Schuster bleib bei deinen Leisten !
Ich muß mich mal genauer mit der Materie beschäftigen ! ;) ;) ;)
Dragonball
11-12-2014, 11:41
@ Willi
Das Sportfechten ist eher aus der ungarischen Schule entstanden, wobei diese anfangs starke italienische Einflüsse hatte. Die Ungarn waren die ersten, die die extreme Flexibilität der Klingen nutzten und mit ihren peitschenartigen Hieben die damals führende Nation, Italien, wegfegte. Die Italiener fochten noch mehr oder weniger nach klassischen Prinzipien und waren auf das Gewedel mit der Klinge nicht vorbereitet.
Hier die Links zu den mir bekannten Gruppen in Deutschland. Ist halt ein kleines Feld hier. Meine Wenigkeit gehört auch dazu, obwohl grad aus beruflichen Gründen innaktiv.
Klassisches Fechten Soest - Home (http://klassisches-fechten-soest.de/)
https://fechtenpassau.wordpress.com/
Jadetiger
11-12-2014, 12:18
@ Willi
Das Sportfechten ist eher aus der ungarischen Schule entstanden, wobei diese anfangs starke italienische Einflüsse hatte. Die Ungarn waren die ersten, die die extreme Flexibilität der Klingen nutzten und mit ihren peitschenartigen Hieben die damals führende Nation, Italien, wegfegte. Die Italiener fochten noch mehr oder weniger nach klassischen Prinzipien und waren auf das Gewedel mit der Klinge nicht vorbereitet.Oh, das ist jetzt aber seeehr verallgemeinernd. Ich würde nicht sagen, dass es jemanden gab, der das "Gewedel" mit der Klinge (ich nehme an du beziehst dich auf das Florett) erfunden hat. Alles, was man im Sportfechten heute sieht, wird so gemacht, weil es unter extrem großem Leistungsdruck und im Rahmen der gegebenen Regeln funktioniert.
Wer nie Sportfechten trainiert hat, kann das vielleicht nicht verstehen, aber: Einem Sportfechter ist primär wichtig, im Rahmen seines Reglements einen gültigen Treffer zu setzen. Was wie wann mit Echtwaffen gefährlich wäre, ist völlig egal. Wenn eine Technik auf der Planche (und nur da) Erflog hat, ist alles andere egal.
Das ist ein bischen so, als würde man olympisches Speerwerfen anschauen und sagen "der exponiert beim Wurf seinen Oberkörper viel zu viel. Da würde ihn der Feind sofort abstechen".
Mr. Leckis Hass auf alles, was mit Sportfechten zu tun hat, durfte ich bereits aus erster Hand erfahren. Meiner Meinung wird hier schlicht und ergreifend das Mindset der Sportfechter nicht verstanden.
Hier die Links zu den mir bekannten Gruppen in Deutschland. Ist halt ein kleines Feld hier. Meine Wenigkeit gehört auch dazu, obwohl grad aus beruflichen Gründen innaktiv.
Klassisches Fechten Soest - Home (http://klassisches-fechten-soest.de/)
https://fechtenpassau.wordpress.com/Was für Gruppen meinst du hier? Klassisches Fechten auf Stoß?
Hallo Jadetiger,
trotz der vorgerückten Stunde noch ein kurzes Statement.
Die Fünfkämpfer sind vom Gedankengang evtl. näher am "klassischen" Fechten als Sportfechter, was aber auch kein Kunststück ist. Ich darf deine eigenen Worte vom Adventsfechten benutzen: EMA nicht HEMA. Klassisches Fechten ist eine noch immer bestehende europäische Kampfkunst.Eingeschränkt ja. Es gibt nur noch sehr sehr wenige wirklich durchgehende Lehrerlinien (Bill Lecki dürfte wohl der einzige Vertreter in Deutschland sein). Die allermeisten Gruppen, die sich mit klassischem Fechten beschäftigen, betreiben ihren Fechtstil auf Grundlage historischer Quellen, womit es nach meinem Verständnis wieder HEMA ist.
Vom gesehenen Fechten an sich kann ich folgendes sagen: Keine korrekte,ausballancierte Fechtstellung, Gewicht oft auf dem vorderen Bein, Beinarbeit eher ähnlich wie beim Boxen (rumgehüpfe etc.).
Rumpf extrem weit vorgebeugt, Prinzip: das Gesicht möglichst nahe an die gegnerische Klinge bringen.:rolleyes:
Im Infight: wildes rumgestochere, anstatt die Mensur nach einem misslungenem Angriff schnellstmöglich wieder herzustellen.
Der hintere Arm wird als Gleichgewichtsfaktor, wie üblich, nicht genutzt. Ergebnis: wildes rumgestochere, weil ich aus dem Ausfall nicht mehr hochkomme.Das klingt mir alles ein bischen zu sehr nach "wir könnten das alles viel besser". Auch wenn ich dir zustimme, dass viele Bewegungen nicht schön sind, darf nicht vergessen werden, dass praktisch alle Teilnehmer einer Sportfechter-Weltmeisterschaft ein Fitness-, Trainings-, und Erfahrungsniveau haben, dass ungefähr 1000x höher ist als alles, was die Allermeisten hier jemals erreichen werden. Viele dieser Leute bewegen sich so, wie es für sie im Rahmen der gegebenen Regeln funktioniert.
Noch ein kurzes Wort zur "hüfenden" Beinarbeit. Ich verwende das im Messer auch hin und wieder. Warum? Weil es einfach brutal schnell ist! Wenn man sich keine Sorgen über unsicheren Boden, herumliegende Steine etc. oder über mögliche Ringertechniken machen muss, ist so eine Beinarbeit wirklich wirklich gut!
Althalus
11-12-2014, 12:38
Warum? Weil es einfach brutal schnell ist!
Und: Wenn die Waffe, in die ich potentiell reinspringe, nicht steif und spitz ist und ich mich dran aufspieße, bevor ich den Gegner überhaupt erreiche. ;)
Mit dem Messer ist man eh mehr bei den waffenlosen Bewegungen, bei einem Meter Stahl muss sich deutlich mehr verändern - solange es nicht einfach eine biegsame Autoantenne ist.
Dragonball
11-12-2014, 12:49
Hallo Jadetiger,
was du zum Sportfechten und zum Thema im Rahmen der gegebenen Regeln sagst absolut deiner Meinung. Wollte auch nichts anderes Sagen. Die Frage ging aber in Richtung klassisches Fechten, deshalb zog ich Parallelen.
Der Vergleich mit den Speerwerfern passt perfekt.
Bill ist sicher eine polarisierende Persönlichkeit. :rolleyes: Nichtsdestotrotz ein wandelndes Lexikon. Und die ungebrochene Linie, die ich gar nicht SO wichtig finde, ist über Nick Evangelista schon gegeben.
Das merkwürdige im Sportfechten, zumindest was meinen Sportfechtverein angeht, ist ja, dass die Lektionen immer klassisch, in enger, mittlerer oder langer Mensur gegeben werden. Die Klinge in Opposition. Hier wird also klassisches Fechten unterrichtet. Geht es auf die Planche steht man mehrere Meter auseinander und rennt dann aufeinander zu. Von der Seite kommen Hinweise wie "Ohne Eisen", soll heissen ohne die gegnerische Klinge zu berühren. Mir völlig unverständlich. Ich persönlich hab an beidem Spass, klassisch und sportliches Fechten. Es sind halt, wie du schon sagtest völlig unterschiedliche Dinge.
Ich meine bei den beiden Gruppen Fechten mit den Waffen Florett, Degen und Säbel.
Und natürlich ist es SEHR vereinfacht zu sagen, die Ungarn habens erfunden, aber im Grunde stimmts schon. Sehr schön nachzulesen im Buch von Zoltan Ozoray Schenker von 1961. "Säbelfechten"
Dragonball
11-12-2014, 12:50
Das mit der biegsamen Autoantenne ist angekommen! :mad:;)
Althalus
11-12-2014, 12:55
Das mit der biegsamen Autoantenne ist angekommen! :mad:;)
Na hoffentlich! :D
Huangshan
11-12-2014, 12:56
Militärischer Pentathlon:
https://www.youtube.com/watch?v=aQwwrIaIgJg
Olymp.
https://www.youtube.com/watch?v=QHsYKPlrAvU
Säbelkampf:
https://www.youtube.com/watch?v=nEv28s46Kvo
Florett,Säbel,Degen(Épée)
https://www.youtube.com/watch?v=c9-TD2jgtz8
Jadetiger
11-12-2014, 13:25
Und: Wenn die Waffe, in die ich potentiell reinspringe, nicht steif und spitz ist und ich mich dran aufspieße, bevor ich den Gegner überhaupt erreiche. ;) Yupp, stimmt :D
Mit dem Messer ist man eh mehr bei den waffenlosen Bewegungen, bei einem Meter Stahl muss sich deutlich mehr verändern - solange es nicht einfach eine biegsame Autoantenne ist.Messer ist ziemlich genau auf dem halben Weg zwischen Langwaffe und waffenlos. Deswegen sehe ich es auch so stark als ganz eigenes Thema (ok, bei mir wahrscheinlich verständlich...).
Insgesamt ist man im Messer deutlich freier in de Wahl der Bewegungen, als beim Langwaffenfechten. Darum macht es mir so viel Spaß macht :)
Das merkwürdige im Sportfechten, zumindest was meinen Sportfechtverein angeht, ist ja, dass die Lektionen immer klassisch, in enger, mittlerer oder langer Mensur gegeben werden. Die Klinge in Opposition. Hier wird also klassisches Fechten unterrichtet. Geht es auf die Planche steht man mehrere Meter auseinander und rennt dann aufeinander zu. Von der Seite kommen Hinweise wie "Ohne Eisen", soll heissen ohne die gegnerische Klinge zu berühren.Darüber würde ich mich gerne mal mit einem aktiven Sportfechter unterhalten. Es gibt dafür sicher einen Grund...
Ich meine bei den beiden Gruppen Fechten mit den Waffen Florett, Degen und Säbel.Na, dafür gibt es aber schon noch viele Gruppen mehr. Gerade im Säbel gibt es eine sehr schnell wachsende Fechtergemeinde. Komm doch mal zum ISS ;)
Dragonball
11-12-2014, 14:25
ISS ist eingeplant, wenn beruflich nichts dazwischenkommt.
Aber die meisten fechten ja mit dem schweren Säbel. Das Problem hatten wir ja schon beim Adventsfechten. :(
Meyer empfiehlt das auch.
Der Gedanke ist, das eigene Gesicht hinter die eigene Klinge zu bringen... :)
Meyer fechtet aber auch eher zum Spaß, Sport.
In allen Fechtquellen des 14./15. Jahrhunderts (also Fechtsysteme, die noch näher am Ernstkampf sind) finden wir stets eine zurückhaltende und reservierte Haltung. Ad hoc fiele mir jetzt nur eine Quelle ein, wo man vorn übergebeugt ist und das wäre das I.33. Aber selbst da ist man nie so krass nach vorn gebeugt, wie es später im Stoßfechten zu finden ist.
Wahrscheinlich macht es Sinn im Duell oder Sport, wenn vor allem auf Stoß gefochten, maximale Reichweite zu nutzen.
Aus militärischer Sicht, wäre mir das viel zu speziell und gefährlich und deckt sich jetzt auch nicht unbedingt mit den Quellen. Heißt nicht, dass man sich auch nicht mal nach vorn gelehnt hat. Aber die grundsätzliche Haltung ist es definitiv nicht. In den gezeigten Videos merkt man ja schon, dass dieses nach vorne beugen und stürzen doch eher reduziert auftritt im Gegensatz zum Olympischen Fechten. Von daher schon etwas näher an der echten Klopperei aber trotzdem noch viel zu künstlich (Bahnen) und unspannend in meinen Augen. Ich kann diesem Gehüpfe, außerhalb der damit einhergehenden Körperschule, einfach nichts abgewinnen. :)
Meyer fechtet aber auch eher zum Spaß, Sport.
Das ist, gerade bezogen auf sein Rapier, vollkommener Blödsinn.
Althalus
11-12-2014, 15:32
finden wir stets eine zurückhaltende und reservierte Haltung.
Äh, wo genau?
Die ganzen deutschen Quellen haben den Druck vorne, die italienischen genauso - der Oberkörper wird mehr nach vorn als nach hinten gebeugt. Zwar nicht so extrem wie bei Fabris, aber eben nicht hinten.
Im Stoßfechten wird die Haltung so argumentiert, dass damit der Weg zum Körper (und damit den Organen) für den Gegner weiter ist, während man den Kopf hinter der eigenen Waffe gedeckt hält.
Jadetiger
11-12-2014, 15:48
Wahrscheinlich macht es Sinn im Duell oder Sport, wenn vor allem auf Stoß gefochten, maximale Reichweite zu nutzen. Das ist sinnvoll in jeder beliebigen Auseinandersetzung Einer gegen Einen. Sobald man Einer gegen Viele ist, wie im Schwadronhauen, wird auch nicht mehr gelehnt.
Von daher schon etwas näher an der echten Klopperei aber trotzdem noch viel zu künstlich (Bahnen) und unspannend in meinen Augen.Dass Bahnen im reinen Stoßfechten einengend sind, ist IMO ein weitverbreiteter Mythos. Im reinen Stoßen macht ein Zirkeln ohnehin wenig Sinn. Wie eine meiner Quellen (ich suchs nachher raus) schreibt: "Das Zirkulieren ist eine spaßhafte Übung, aber nicht zielführend".
Das Passieren, Girieren, Voltieren, also die Winkelarbeit ist auch auf einer Planche möglich.
Auf dem Smallsword Symposium haben wir die Planches einfach doppelt so breit gewählt und damit waren dann wirklich alle glücklich.
ISS ist eingeplant, wenn beruflich nichts dazwischenkommt.
Aber die meisten fechten ja mit dem schweren Säbel. Das Problem hatten wir ja schon beim Adventsfechten. :(Das ist grundsätzlich richtig, weil sich die Allermeisten an den militärischen Dienstwaffen orientieren.
Ich empfehle dir, für die Unterrichtseinheiten einen Militärsäbel einzupacken.
In den "Free Bouts" ist das dann aber kaum ein Problem. John Sullins, ich und noch einige Leute mehr fechten auch ohne Weiteres mit nem leichten Säbel oder Sportsäbel. John Sullins unterrichtet auch mit Sportsäbel. Bring am besten zwei Sportsäbel mit, damit du deinem Gegner einen leihen kannst.
Äh, wo genau?
Die ganzen deutschen Quellen haben den Druck vorne, die italienischen genauso - der Oberkörper wird mehr nach vorn als nach hinten gebeugt. Zwar nicht so extrem wie bei Fabris, aber eben nicht hinten.Deswegen funktionieren diese Stile ja auch so schön gegen die französischen :devil:
Das ist sinnvoll in jeder beliebigen Auseinandersetzung Einer gegen Einen. Sobald man Einer gegen Viele ist, wie im Schwadronhauen, wird auch nicht mehr gelehnt.
Richtig, aber wir haben ja auch schon im militärischen Zweikampf keine so extreme Haltungen, bei dem ich den Kopf anbiete. Auch dieses wahnsinnige Hineinpreschen, was jede Folgeaktion verhindert, gibst nicht.
Meine Aussage:
ich finde, trotz des Treffersystems, ist es immer noch zu sehr Sportfechten und damit meilenweit von einem echten Waffenkampf entfernt.
Wie eine meiner Quellen (ich suchs nachher raus) schreibt: "Das Zirkulieren ist eine spaßhafte Übung, aber nicht zielführend".
Auf dem Smallsword Symposium haben wir die Planches einfach doppelt so breit gewählt und damit waren dann wirklich alle glücklich.
Absolut, wir sind ja nicht im Sandalenfilm. :D
Trotzdem wäre mir die Planche zu eng, da ist man ja nach einem Seitschritt schon wech! Eine Verdopplung z.B. ist doch ne gute Methode.
Die ganzen deutschen Quellen haben den Druck vorne, die italienischen genauso - der Oberkörper wird mehr nach vorn als nach hinten gebeugt. Zwar nicht so extrem wie bei Fabris, aber eben nicht hinten.
Als reservierte Haltung meine ich keine zurückgelehnte sondern grundsätzlich Kopf und Körper fast in einer Linie und die finden wir in allen alten deutschen Quellen (italienisch: Fiore und die Grassi). Das man dabei durchaus nach vorn kommt im Ausfall, klare Sache, aber kein konstantes übertriebenes nach vorn Beugen oder Preschen. Und diese Haltung findet man für gewöhnlich im militärischen Bereich ebenso.
Und das definiere ich für mich als normalen Waffenkampf mit gesunder Defensive, bei allen Situationen außerhalb des abgesprochenen Duells.
Hier wird doch immer übers Swordfish abgelästert, da finde ich, passt das Pentathlon bzw. Sportfechten generell doch noch viel weniger rein. :)
Das ist, gerade bezogen auf sein Rapier, vollkommener Blödsinn.
Deine Meinung.
Rapier hin oder her, im Langen Schwert kann ich vergleichen und da zeigt er eine komplett andere und vor allem übertriebene Haltung, als alle Quellen in dem fürs Langschwert relevanten Zeitraum und zieht diese Stellung quer durch alle seine Waffengattungen. Das ist für mich maßgeblich.
Darth Kreußler
11-12-2014, 19:12
Dass Bahnen im reinen Stoßfechten einengend sind, ist IMO ein weitverbreiteter Mythos. Im reinen Stoßen macht ein Zirkeln ohnehin wenig Sinn. Wie eine meiner Quellen (ich suchs nachher raus) schreibt: "Das Zirkulieren ist eine spaßhafte Übung, aber nicht zielführend".
Das Passieren, Girieren, Voltieren, also die Winkelarbeit ist auch auf einer Planche möglich.
Auf dem Smallsword Symposium haben wir die Planches einfach doppelt so breit gewählt und damit waren dann wirklich alle glücklich.
Die Quelle, die du suchst, verehrter Scholar, wäre der Venturini:
"Das Zirkulieren, oder Herumgehen in die(sic) Runde, ist wohl eine spaßhafte, aber keine zweckmäßige Bewegung". - Georg Venturini, Die Fechtkunst auf Stoß und Hieb, 1802
Die Winkelarbeit wäre auch auf der Planche durchaus möglich, entfällt aber zumindest beim Leistungssportfechten meist dadurch, dass ziemlich schnell beide an der seitlichen Begrenzung der Planche stehen.
Wenn ich mir noch ein Wort zur vorgelehnten Haltung elauben darf: Selbige ist in deutschen Quellen seit Kahns "Anfangsgründe der Fechtkunst" nicht wegzudiskutieren. Mit reinpreschen hat das allerdings nichts zu tun, es geht lediglich, wie schon erwähnt wurde darum, die untere Linie vom Gegner zu entfernen, so dass man sich hauptsächlich auf die obere konzentrieren kann. Der Kopf kommt dem Gegner näher, richtig, die Waffe allerdings auch, wodurch der scheinbare Nachteil wieder kompensiert wird. Diese Überlegungen stammen aus dem zivilen Bereich und waren sowohl fürs reglementierte Duell als auch für Selbstverteidigungssituationen gedacht, zumindest der hannoveraner Militärfechtmeister August Fehn aber wollte das auch in der Fechtausbildung der Armee fest verankert wissen.
Langer Rede kurzer Sinn: Die gelehnte Auslage gab es sowohl auf Stoß wie auch auf Hieb sehr lange in deutschen Quellen, allerdings funktioniert sie nunmal nur mit einem ausgeprägten Handschutz, sonst könnte man sich nicht erlauben, die Waffenhand so weit vorzustrecken. Aus genau dem Grund findet sich das Vorlehnen auch im Buckler wieder, mit dem man ja beim Angriff auch erstmal seine Waffenhand zu decken sucht, und beim Langschwert nicht.
Bronze Faust
11-12-2014, 22:26
Die meisten Sportfechter könnten einen richtigen Degen oder Säbel kaum bedienen. Rein vom Gewicht und natürlich vom Griff her auch nicht. Das lustigste ist, dass der Säbel welcher in der Realität die Schwerste Waffe ist im Sportfechten die leichteste ist.:D
Habe selber sportgefechtet. Das hat nichts mehr mit Hieb- und Stichwaffen zu tun. Sportgeräte bedienen und wenns piept sofort die Faust in eine Yes-Siegerpose bringen trifft es eher. Ich möchte da echt nicht mehr von Fechten sprechen. Schon gar nicht von traditionell. Es geht nur darum wer zuerst trifft. Das wars.
Das Mindset der Herren und Damen in Weiss ist voll auf Sport ausgerichtet. Die Techniken auf das Sportgerät abgestimmt. Schade aber ist so....
karate_Fan
12-12-2014, 10:11
Mister Trainer Wie kommst du darauf, das Meyer im Vergleich zu den früheren Quellen schon "sportliche" Komponente hat?
Woraus leitest du das ab?
Jadetiger
12-12-2014, 10:31
Das Mindset der Herren und Damen in Weiss ist voll auf Sport ausgerichtet. Die Techniken auf das Sportgerät abgestimmt. Schade aber ist so....Warum schade? Die spielen halt ihr Spiel.
Althalus
12-12-2014, 11:37
das Meyer im Vergleich zu den früheren Quellen schon "sportliche" Komponente hat?
Er hat grundsätzlich recht - vor allem im Langen Schwert ist Meyer mehr Federfechten als Schwertfechten (Flächenhiebe inklusive). Der Dussack ist z.B. eine reine Sportwaffe, die allerdings wiederum als Übungswaffe für das Rappier dient.
Nur ist Meyer halt sehr umfangreich - da ist viel Sport drin (Fechtschul) aber auch viel für den Ernst.
Er hat grundsätzlich recht - vor allem im Langen Schwert ist Meyer mehr Federfechten als Schwertfechten (Flächenhiebe inklusive). Der Dussack ist z.B. eine reine Sportwaffe, die allerdings wiederum als Übungswaffe für das Rappier dient. Der Dusack ist laut Meyer ausdrücklich basale Übungswaffe für alle einhändigen Waffen, und neben dem langen Schwert die verbreitetste Übungswaffe in deutschen Fechtschulen zu seiner Zeit. Er betont besonders, dass sich damit Anfänger die nötige Schnelligkeit antrainieren können, die ihnen auch im Rappier zugute kommt.
Sein Rappier ist - er schreibt das ausdrücklich - dazu gedacht, sich im Ernstfall wehren zu können, auch gegen "fremde Völker". Das geht auch schon deutlich daraus hervor, wenn er die Stiche in Gesichtstich, Gurgelstich, Herzstich und Gemechtstich einteilt, und besonderen Wert auf kräftige, durchdringende Stiche legt. Intention davon dürfte wohl klar sein. :cool:
Das alles natürlich vorausgesetzt, dass man Quellen ernst nimmt.
Althalus
12-12-2014, 12:00
Was ich nie so recht kapiert habe ist, wie der Dussack als Übungswaffe für das Rappier taugen soll, wenn ich mit dem Dussack nicht steche. Wenn ich mir das Ding ansehe, hat das deutlich mehr mit dem Säbelfechten gemein als mit dem Rappier (bzw. Seitschwert). Abgesehen von der deutlich unterschiedlichen Klingenlänge ...
Was ich nie so recht kapiert habe ist, wie der Dussack als Übungswaffe für das Rappier taugen soll, wenn ich mit dem Dussack nicht steche. Wenn ich mir das Ding ansehe, hat das deutlich mehr mit dem Säbelfechten gemein als mit dem Rappier (bzw. Seitschwert). Abgesehen von der deutlich unterschiedlichen Klingenlänge ...Ich hab in den letzten Wochen ziemlich viel mit dem Dusack nach Meyer hantiert. Tatsächlich tauchen da recht häufig zumindest passive Stiche auf, bspw. beim Sturtzhauw. Und wenn man dann das Rappier liest, sieht man die Anknüpfungsstellen zwischen beiden Waffen. Die Häue und ein Großteil der Huten bleiben sowieso fast gleich.
M.E.n. sind Meyers Waffen "Grundtypen" von Waffen: Das Langschwert für alle zweihändigen Klingen, der Dusack für alle einhändigen Hauklingen, das Rappier für stichlastigere Waffen. Ein- wie zweischneidige (deshalb wird mit dem Dusack auch mit der Rückschneide gehauen).
Wer alle drei Waffen beherrscht, der wird nach kurzer Eingewöhnung mit so ziemlich jeder Klingenwaffe sinnvoll fechten können, egal, ob sie nun eher hau- oder eher stichlastig, ein- oder zweischneidig, länger oder kürzer ist. Das dürfte auch die Intention gewesen sein.
Althalus
12-12-2014, 12:11
Diesbezüglich solltest du dich vielleicht mal mit Roman Vučajnk unterhalten, der vertritt eine sehr ähnliche Auffassung. Hat auch unlängst ein Seminar in Ö dazu gehalten. Die Meyeristen sind derzeit noch seltener als die Bologneser. :D
Hab sogar noch ne gewagtere Theorie: Der Katzbalger als Waffentyp, der eigens dazu konzipiert ist, in Form und Verwendung genau zwischen Rappier und Dusack zu liegen... :cool:
karate_Fan
12-12-2014, 12:25
Althalus Sehr interessant. Danke für die Infos. Von Meyer, weiß ich bisher nicht viel, muss mir demnächst mal eines der beiden deutschen Bücher zum Thema besorgen, das er aber sehr umfangreich ist, dachte ich mir schon.
Besonders spannend finde ich ja, das der Dusack primär als Übungswaffe konzepiert war.
Dachte eigentlich immer, der Dusack wäre eine osteuropäische Messer Variante.
Althalus Sehr interessant. Danke für die Infos. Von Meyer, weiß ich bisher nicht viel, muss mir demnächst mal eines der beiden deutschen Bücher zum Thema besorgen, das er aber sehr umfangreich ist, dachte ich mir schon.
Besonders spannend finde ich ja, das der Dusack primär als Übungswaffe konzepiert war.
Dachte eigentlich immer, der Dusack wäre eine osteuropäische Messer Variante.Tatsächlich gibts ein hölzernes Werkzeug, das in der Flachsverarbeitung verwendet wurde, und einem Meyer`schen Dussack verdächtig ähnlich sieht:
http://www.country-gallery.com/treen/scutch0520-1a.jpg
http://www.hroarr.com/wp-content/uploads/2012/11/Swedish-scutching-knife-1855.jpg
http://goto.glocalnet.net/linoull/Bild/Skaktetrae.JPG
Ziemlich naheliegend, sowas auf dem flachen Land für erste Fechtübungen zu verwenden.
Althalus
12-12-2014, 12:49
Es gibt auch den böhmischen Tezak, ein grob geschmiedetes Messer. Die eigentliche "Waffe" zum Dussack sollte aber die Dussägge sein.
Roger Norling hat sich da eine stumpfe machen lassen und ich hatte die schon in den Pfoten - sehr interessantes Gerät. Waren ziemlich verbreitet im 30jährigen Krieg, vor allem unter Fuhrleuten und Tross.
Dragonball
12-12-2014, 13:01
Wie genau sind wir eigentlich von Fünfkampf und Sport-Degenfechten zum Dussack gekommen? Man kann euch nicht mal ein Paar Stunden alleine lassen!:confused:
Naja, so weit ist der Weg ja nicht:
https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSgx_ItA2OOrLVANrA38fO0F5fwR_PCY hJVfRcKyl6_Wdg17HuC
:)
karate_Fan
12-12-2014, 13:06
Wie genau sind wir eigentlich von Fünfkampf und Sport-Degenfechten zum Dussack gekommen? Man kann euch nicht mal ein Paar Stunden alleine lassen!:confused:
Na über Meyer. Der Weg lässt sich doch recht einfach zurückverfolgen.:D
@Althalus und Terao Großes Danke für die weiterführenden Infos.
itto_ryu
12-12-2014, 13:09
Fechterisch ist der Dussack als Übungswaffe ja nicht so weit weg von anderen einhändigen, kürzeren Waffen (Jagdsäbel, "Hanger", Dusägge etc.), so dass er damit sicherlich für ein Vielzahl von ernsthaften Waffen nützlich gewesen ist. Evt. verhält es sich mit dem Dussack ähnlich wie mit dem Singlestick im englischen Raum, eine Übungswaffe für das einhändige Fechten, aber auch eine Waffe für sich genommen (wenn keine Klinge zur Hand) bzw. ein sportliches Übungsspiel, das auch im Ernstfall nützlich ist.
Hier ein paar Waffenbeispiele:
http://www.waffensammlung-beck.ch/_img/waffen/371_big.jpg
http://www.waffensammlung-beck.ch/_img/waffen/153_big.jpg
http://wallacelive.wallacecollection.org/eMuseumPlus?service=DynamicAsset&sp=SU5mxm4Yx%2FVbg9LVP7MZLDqo6z5lhONBxez%2FYx5EhVS CZjU0bcvvsnPxkoLiFJnF9QzRY98OZwV0U%0AukSTWISKe%2Fe rPDA44tH%2Bcddnp1J8JjAivOtb6UmC5NZB9DZfvgZw&sp=Simage%2Fjpeg
Im Grunde genommen eine Art von "half-basket-hilt cutlass/hanger". Da ist es zum einhändigen Hiebfechten auch mit längeren Klingen nicht so weit. Was das Lange Schwert nach Meyer, seinen Dussack und den Zusammenhang mit seinem Rappier anbelangt, eine Theorie: Hat er z.B. die Stichprinzipien des Langen Schwertes auch als Basisübung für die Stiche mit dem Rappier gedacht und die Hiebfechterei mit dem Dussack auch für die Hiebe mit dem Rappier? Also zusätzlich zur generellen Wehrertüchtigung, um mit jeder einhändig und beidhändig geführten Waffe klarzukommen? Die Einteilung von Meyer wie Terao es macht, finde ich dahingehend auch nachvollziehbar.
Finde ich jedenfalls gut, wenn sich mehr und mehr Leute mit dem "deutschen Seitschwert" und Joachim Meyers anderen Spielzeugen beschäftigen.
Was das Lange Schwert nach Meyer, seinen Dussack und den Zusammenhang mit seinem Rappier anbelangt, eine Theorie: Hat er z.B. die Stichprinzipien des Langen Schwertes auch als Basisübung für die Stiche mit dem Rappier gedacht und die Hiebfechterei mit dem Dussack auch für die Hiebe mit dem Rappier? Das ist ein sehr interessanter Punkt: Es gibt in Meyers Langschwert, ebenso wie in seinem Dusack, keine Stiche. Er schreibt selbst, dass diese bei "uns Teutschen" unter "ehrlichen Kriegsleuten" nicht üblich wären. Gleichzeitig legt er bei beiden Waffen oft großen Wert darauf, dass die Spitze nach dem Hau "dem Mann ins Gesicht stande". Und gleichzeitig taucht seine "Zornhut" und sein "Stier" im Rappier fast unverändert als "Oberhut zum Hau" und... "Oberhut zum Stoß" auf.
Offenbar war ihm nicht bewusst, dass der Stich mitnichten "von fremden Völkern" zu uns kam, sondern schon vorher in der Basis auch seiner eigenen Langschwert- und Dusackkunst angelegt war. In beiden Waffen lassen sich die Stiche aber mühelos rekonstruieren und wieder einfügen (zumal, wenn man die älteren Quellen kennt), ja, manche Stücke ergeben erst dann richtig Sinn. Sehr nützlich hierbei auch Meyers Anleitung im Rappier, wie man Stiche in Häue, und Häue in Stiche umwandelt.
Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum sich offenbar viele historische Fechter aus ideologischer Verbohrtheit diese ausführliche und nahezu beispiellos akribisch didaktisch strukturierte Quelle entgehen lassen.
Jadetiger
12-12-2014, 14:03
Wie genau sind wir eigentlich von Fünfkampf und Sport-Degenfechten zum Dussack gekommen? Man kann euch nicht mal ein Paar Stunden alleine lassen!:confused:
Och, das ist hier auf dem KKB völlig normal. Ich lehn mich einfach zurück, lese und genieße :kaffeetri
Fechterisch ist der Dussack als Übungswaffe ja nicht so weit weg von anderen einhändigen, kürzeren Waffen (Jagdsäbel, "Hanger", Dusägge etc.), [...]
Hier ein paar Waffenbeispiele:
http://www.waffensammlung-beck.ch/_img/waffen/371_big.jpg
Da mich das Bild ganz stark an etwas aus meiner Kindheit erinnert, fällt mir gerade die erstaunliche Wortähnlichkeit zwischen "Dussak" und "Tuzak-messer" auf. Die traditionelle Samuraiwaffe aus DSA :D
http://www.fremde-welten.net/datenbank/firearms/dsa/schwerter/tuzakmesser1.gif
Eskrima-Düsseldorf
12-12-2014, 14:55
Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum sich offenbar viele historische Fechter aus ideologischer Verbohrtheit diese ausführliche und nahezu beispiellos akribisch didaktisch strukturierte Quelle entgehen lassen.
Tun sie das? Also ich bin überhaupt erst von einem "Ochs"mitglied auf Meyer gestossen worden...
Huangshan
12-12-2014, 15:36
x
Dragonball
12-12-2014, 15:46
@Huangshan
Danke übrigens für das hochladen der Vids. Die meisten kannte ich schon, aber immer wieder schön anzusehen. :)
Jadetiger
12-12-2014, 16:05
Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum sich offenbar viele historische Fechter aus ideologischer Verbohrtheit diese ausführliche und nahezu beispiellos akribisch didaktisch strukturierte Quelle entgehen lassen.Hey, das ist exakt das, was ich immer übers Sportfechten sage! :D
Eine detailiertere und strukturiertere Didaktik als den Lehrplan der Olympiastützpunkte bzw. Fechtinternate kann man einfach nicht finden.
Althalus
13-12-2014, 08:49
Eine detailiertere und strukturiertere Didaktik als den Lehrplan der Olympiastützpunkte bzw. Fechtinternate kann man einfach nicht finden.
Das Problem ist, dass diese Didaktik auf dem militärischen Drill gründet, für Waffen, deren Möglichkeiten ganz bewusst extrem begrenzt wurden. Dafür ist sie im Laufe der Jahrzehnte optimiert worden und funktioniert hervorragend.
Mit einer anderen Fechtweise bedarf es aber auch einer anderen Didaktik. Meyers Didaktik ist z.B. im Vergleich zu anderen Deutschen grundlegend anders. Persönlich vermute ich, dass er die aus Italien mitgebracht hat, muss aber nicht sein (weil man einfach zuwenig über die Didaktik vor Meyer in D-land weiß). Der Zugang lautet "Universelle Prinzipien" - das ist eine Methode, die wir bei den Bolognesern schon im 15. Jhdt finden und wahrscheinlich schon früher.
Das bringt man wiederum mit Drill nicht rüber.
Womit wir wiederum ein neues Thema angerissen haben - Didaktik im HF. :D
Der Zugang lautet "Universelle Prinzipien" - das ist eine Methode, die wir bei den Bolognesern schon im 15. Jhdt finden und wahrscheinlich schon früher.
Das bringt man wiederum mit Drill nicht rüber. Versteh nicht, was Du damit meinst. Tatsächlich beschreibt Meyer sehr wohl "Drills" - namentlich beim Dusack mit seinen vier "Regeln", nach denen man die Häue, das Hauptstück des Fechtens, üben soll. Und auch die Bewegungen werden sorgfältig zerlegt, wobei die Huten Momentaufnahmen sind, die Anfangs-, Zwischen- und Endpositionen definieren und damit den vorgeschriebenen Weg jedes Haues eindeutig festlegen.
Ich fänd die HF Didaktik Diskussion ja spannend genug für einen eigenen Thread, sowohl was die historische als auch moderne Herangehensweise angeht.
Vielleicht mag ein Mod die Beiträge rausteilen oder ihr eröffnet einen neuen Thread?
Althalus
13-12-2014, 16:20
Tatsächlich beschreibt Meyer sehr wohl "Drills"
Nein. Was aber vor allem daran liegt, das das Wort "Drill" seit Jahren falsch verwendet wird.
Eine "Drillübung" ist eine militärische Übung die drei Grundregeln erfüllt. Sie muss
1. Möglichst einfach gehalten
2. Von vielen gleichzeitig ausführbar und
3. geistlos sein.
Das 3. ist gar nicht mal so abfällig gemeint, wie es klingt. Es basiert auf dem "Monkey see, Monkey do" Prinzip motorischen Lernens. Je weniger man nachdenken kann und muss, umso effizienter ist es.
Nicht umsonst sind die militärischen Fechtsysteme immer weiter vereinfacht worden, bis nur noch ein paar Hiebe und die dazugehörigen Paraden übrig blieben - das ist zeiteffizient zu drillen.
Die Japaner haben den Drill von der preußischen Armee übernommen - die typischen Reihenübungen, wie man sie aus dem Karate oder Kendô kennt, fußen darauf. Aber auch hier gelten die 3 Grundlagen für den Drill.
Was du bei Meyer hast (und bei einigen anderen Autoren) sind hingegen Perfektionsübungen. Wenn du die das Bild ins Gedächtnis rufst, wo der Schüler vor dem Diagramm steht (Dussack + Rappier), steht daneben der Lehrer. Der Schüler lernt anhand des Segnos Abfolgen von Hieben - und die sind bei Meyer teilweise alles andere als simpel.
Die Zahlen bilden eine Gedächtnisstütze für den Schüler, während er alleine übt. Zuerst weist ihn der Lehrer aber ein.
Und auch die Bewegungen werden sorgfältig zerlegt, wobei die Huten Momentaufnahmen sind, die Anfangs-, Zwischen- und Endpositionen definieren und damit den vorgeschriebenen Weg jedes Haues eindeutig festlegen.
Wie auch in der Bologneser Tradition. Wesentlich aber ist, dass Meyer ein LEHRBUCH verfasst hat - und damit steht er innerhalb der deutschen Fechtkunst als Novum dar. Das Problem ist, dass er damit zwar von Grund auf alles erklärt, aber nicht wirklich darstellt, wie sich die Unterrichtspraxis darstellte.
Das Problem ist, dass er damit zwar von Grund auf alles erklärt, aber nicht wirklich darstellt, wie sich die Unterrichtspraxis darstellte.Weswegen es mich auch wundert, warum Du so feinsinnig zwischen richtig und falsch verstandenem Drill differenzieren zu können glaubst.
Mal ehrlich, dieses momentan hochmodische Gefasel von "Bildern" und "Prinzipien" geht mir einfach nur noch auf den Senkel. Jeder Tennisschüler macht das, wenn ihm der Tennislehrer zeigt, wie man den Arm beim Slice und bei der Rückhand hält, und auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinweist.
karate_Fan
15-12-2014, 11:06
Edit Kommando Zurück. Habe was übersehen, und Post ist daher überflüssig.:o
Althalus
15-12-2014, 11:33
Weswegen es mich auch wundert, warum Du so feinsinnig zwischen richtig und falsch verstandenem Drill differenzieren zu können glaubst.
Das ist ganz einfach - dazu muss ich nur in einen X-beliebigen Verein einer X-beliebigen KK gehen. Ein wenig Ahnung von motorischem Lernen wär zusätzlich auch nicht schlecht.
In dem Moment, in dem eine komplexe Bewegungsfolge in Endlosschleife geübt wird, ist es ein "falscher Drill". Wird eine simple Bewegung so geübt, ist es ein "echter Drill". So einfach.
Das Problem beim "falschen Drill" ist, dass Fehler in einer Phase einer komplexen Bewegung sich auf eine andere auswirken können - und sehr schwer zu finden sind. Einfache Bewegungen erlauben gezielte Korrektur und dadurch das Vermeiden des Einschleifens von Fehlern.
Mal ehrlich, dieses momentan hochmodische Gefasel von "Bildern" und "Prinzipien" geht mir einfach nur noch auf den Senkel.
Das hat damit gar nix zu tun. Es geht einfach um die Anwendung von Trainingsmethoden - man kann jedes Werkzeug richtig oder falsch verwenden.
Prinzipien muss man eh ganz anders vermitteln -dazu eignet sich ein Drill so gar nicht.
In dem Moment, in dem eine komplexe Bewegungsfolge in Endlosschleife geübt wird, ist es ein "falscher Drill". Wird eine simple Bewegung so geübt, ist es ein "echter Drill". So einfach.Tja, was ist denn ne "einfache" oder ne "komplexe" Bewegungsfolge?
Althalus
15-12-2014, 11:56
Eine einfache Bewegungfolge ist z.B. ein einzelner Hau, mit oder ohne einen Schritt. Ebenso eine einfache Versatzung.
Solche einfachen Abläufe kann man innerhalb eines Drills auch aneinanderreihen, solange sie nicht verschmelzen.
Eine komplexe Bewegung ist etwas schwerer zu definieren. Im Allgemeinen zeichnet sie sich durch Änderungen der Bewegungsrichtung innerhalb des Ablaufes aus, erfordert eine Korrektur anhand eines äußeren Reizes oder einer andersweitigen Anpassung während der Bewegung.
Ums mal in Termini der Motorik zu sagen: Solange nur eine Afferenz nötig ist (Ist-Zustand erfassen), kann man es als Drill trainieren. Sobald eine Reafferenz nötig wird (Erfassung der Veränderung währen der Bewegung), ist es für einen Drill ungeeignet und muss anders trainiert werden.
I see. Ergibt Sinn. Danke!
Althalus
15-12-2014, 12:42
Ergibt Sinn. Danke!
Na schau, war die ganze Aufregung umsonst. ;) :beer:
Mich ärgert oft nur, dass im modernen Betrieb Dinge nicht beachtet werden, die eigentlich schon jahrhundertelang bekannt und in Gebrauch sind. Die Herrschaften vom Sportfechten haben auch keine mystischen Geheimnisse - sie arbeiten nur mit genau diesen Methoden und haben die noch dazu für ihre Bedürfnisse optimiert.
Zu Meyers Zeiten ist Unterricht noch deutlich individueller, da steht der Lehrer eben neben dem Schüler und korrigiert ihn unmittelbar, bevor er ihn dann allein üben lässt. Die einfachen Haue wird er wiederum auch als Drill für alle unterrichtet haben - und die Stücke in Paarübungen (falls die Stücke überhaupt unterrichtet wurden, so wie wir das heute verstehen würden).
Zu Meyers Zeiten ist Unterricht noch deutlich individueller, da steht der Lehrer eben neben dem Schüler und korrigiert ihn unmittelbar, bevor er ihn dann allein üben lässt. Eigentlich deutet ja schon die bloße Existenz eines didaktisch aufbereiteten Fechtbuches darauf hin, dass es zu Meyers Zeit bereits ein etabliertes, lehrerübergreifendes Curriculum gab. Das Buch wendet sich ja ausdrücklich an Fechter, die zwar schon eine Basis (bei wem auch immer sie sich die angeeignet haben mögen), aber im Moment keinen Lehrer vor Ort haben.
Die einfachen Haue wird er wiederum auch als Drill für alle unterrichtet habenJa. Und da legt er auch ziemliches Gewicht drauf.
(falls die Stücke überhaupt unterrichtet wurden, so wie wir das heute verstehen würden).Und da schweigt leider des Sängers Höflichkeit. Er selber sagt überhaupt nix dazu, ob und wie genau diese Stücke geübt werden. Oder ob es einfach nur Beispiele aus dem Raufalltag sind.
Interessant: Die Stücke werden immer komplexer, und an einer Stelle scheint ihm das selber bewusst zu werden; er bricht ab und kommt zurück zu allgemeineren Verhaltensanweisungen, weil es ohnehin schwer genug sei, abzuschätzen, was der andere tun wird.
Althalus
15-12-2014, 13:32
So, wie die Stücke meistens aufbereitet sind, ist mein Eindruck der, dass hier Situationen beschrieben werden, die eben im freien Üben oft vorkommen und wie man diese am Besten auflöst.
Das würde wiederum bedeuten, dass dem freien Üben deutlich mehr Raum zukam, als das in den meisten Vereinen heute der Fall ist - wobei man "freies Üben" nicht mit "Freikampf" verwechseln darf.
Für das "Wie" gibt´s natürlich eine Reihe von Möglichkeiten. Man kann z.B. nur den Angriff festlegen und Abwehr und Konter frei machen lassen. Oder man machts noch grober und legt nur fest, wer das Vor hat. Dann geht der Lehrer eben rum und korrigiert, bzw. zeigt bessere Lösungen.
Ist aber alles pure Spekulation.
Ich dachte ich schließe mal wieder am Ausgangspost an.
Durchaus interessant finde ich den Weg, den die Wahl der Waffen für den Fünfkampf genommen hat.
Zuerst einmal sollten Degen, Säbel und Bajonett zur freien Auswahl stehen.
Dann gab es in der zweiten Runde die Variante, um eine Spezialisierung der Teilnehmer auszuschließen, die Waffen zuzulosen.
Zum guten Schluß einigte man sich dann auf eine Waffe. Das Bajonett fiel als erstes raus (man stelle sich mal vor wie es heute um Sportfechten bestellt wäre, wenn im Fünfkampf noch Bajonettfechten drinne wäre), dass dann der Degen vor dem Säbel gewählt wurde wissen wir ja.
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