aiki und Form [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : aiki und Form



carstenm
16-12-2014, 09:24
Moin

Dieser Roman hat ursprünglich begonnen, als eine kurze Antwort auf einen Post von Ki-wi in einem anderen thread. Da er inzwischen etwas angewachsen ist auch weil die Anfragen von Ki-wi mir zur Inspiration und Motivation geworden sind, eigene Gedanken weiter zu spinnen, habe ich mit dem Opus einen eigenen thread eröffnet.
Falls jemand weder vor Langeweile umkommt noch schlicht aufgrund begrenzter Lebensarbeitszeit daran gehindert wird, bis zum letzten Satz durchzuhalten: Eure Gedanken und Erfahrungen dazu?

Alsdann …


Die Formen bleiben vermutlich immer notwendig.Natürlich: Um aikidô in der Linie von Ueshiba Morihei zu üben, sind die Formen, wie sie uns geläufig sind, unverzichtbar. Denn genau über sie definiert sich ja aikidô zunächst einmal. Und das unabhängig davon, ob wir nun alle tatsächlich im strengen Sinne immer ganz genau das Gleiche üben, oder ob und warum es Unterschiede in den Details geben mag: Es sind diese Formen, die dieses, unser budô ausmachen und es äußerlich unterscheiden von anderen Künsten. Das ist aus meiner Sicht keine Frage.

In diesem Sinne ist es nicht nur "irgendwie so vielleicht in etwa möglicherweise eventuell" wichtig, diese Formen zu erhalten. Sondern es ist - je nachdem, wie gelassen man das betrachten kann - entweder unbedingt notwendig und eine wesentliche Aufgabe, sie zu bewahren. Oder, viel banaler gedacht, es ist schlicht und einfach selbstverständlich und setzt sich im täglichen Üben ohnehin um, wenn man das übt, was der eigene Lehrer und die eigene Traditionslinie vermitteln.

In der Linie, in der ich übe, sind diese Formen schlicht so selbstverständlich, daß der Begriff "kata" verwendet wird: kihon no kata. Das Wort kata impliziert im japanischen Sprachgebrauch, daß es sich um durch Überlieferung festgelegte Formen handelt. Also um diejenige Lehrtradition, die in einer Schule weitergegeben werden soll. Und der Begriff kihon bedeutet sprachlich nicht allein nur "Basis" oder "Grundlage", sondern meint auch "Norm". Das ist bei uns nicht nur am Anfang von Bedeutung oder nebenbei, sondern kihon no kata ist der Kern unseres Üben. Und soll entsprechend in allen Prüfungen gezeigt werden. Ein Prüfling zum 4. dan sollte daher bei uns in seiner Prüfung dieselben Formen zeigen, die er auch einem 4. kyu zeigt und dann in dessen Prüfung sehen möchte. Das Niveau mag, hoffentlich, anders sein. Die äußere Form aber identisch.


Nur, wenn man so weit ist, muss man Aiki nicht in irgendwas füllen - das kommt mir komisch vor, irgendwie eine akademische Herangehensweise.Die Formen sind fraglos unverzichtbar, um das aikidô von Ueshiba Morihei zu üben. Ebenso deutlich ist aber für mich, daß es aiki, so wie ich es inzwischen verstehe, nicht allein im aikidô gibt, sondern daß diese Methode genauso auch in anderen japanischen budô und in bestimmten chinesischen Künsten zu finden ist. Und naturgemäß benutzen diese anderen budô oder chinesischen Künste äußerlich betrachtet andere Formen als wir.

Es gibt japanische Schulen, in denen nicht allein das Phänomen, die Methode aiki zu finden ist, sondern die darüber hinaus auch ganz explizit den Begriff aiki dafür verwenden. Ebenso, wie wir es im aikidô tun. Der Name "aikidô" ist ja 1942 von Hirai Minoru u.a. im butokukai als ein Oberbegriff für diejenigen budô geschaffen worden, die mit aiki arbeiten. Und im japanischen Sprachgebrauch kann "aikidô" auch weiterhin in dieser Weise verwandt werden: Als ein Oberbegriff für unterschiedliche budô, die dadurch verbunden sind, daß aiki ihr wesentliches Konzept ist.
Dann gibt es ryû, in denen aiki zwar nicht der zentrale Aspekt ist. In denen es aber vermittelt wird und auch so benannt wird. Das ist z.B. der Fall in der KSR. Auch dort wird aiki gelehrt, benutzt und auch so benannt. Wenn es auch nicht die zentrale Methode ist.
Schließlich gibt es budô, die zwar nicht dieses Wort haben, wohl aber das identische Phänomen unterrichten und üben. Ein gutes Beispiel ist aus meiner Sicht die TSKSR. Und das nicht nur aufgrund der engen Beziehungen dieser Schule zum aikidô von Ueshiba Morihei.
Über chinesische Künste möchte ich hier nicht so viel schreiben, weil ich mich zum einen in dem Bereich nicht im selben Maße auskenne, wie es bei den japanischen budô - oder jedenfalls Ausschnitten daraus - der Fall ist. Und weil wir hier zudem im Japan-Forum sind. Nichtsdestotrotz findet sich auch dort das, was wir als aiki kennen und üben.

Verifizieren kann man diese Aussagen auf zwei Wegen:
Zum einen kann man ganz theoretisch einschlägige Texte anschauen und daraus Schlußfolgerungen ziehen.
Zum anderen kann man hingehen und praktische Erfahrungen machen und also die fraglichen Aspekte im wahrsten Sinne des Wortes am eigenen Leibe erleben.

Ich habe beide Wege ein gutes Stück weit beschritten und bin zu der Erfahrung gelangt, daß aiki nicht zwingend gebunden ist an die Formen, die wir im aikidô üben, sondern sich auch in anderen Formen ausdrücken kann, in anderen budô und KKen, sowie auch in Bewegungskünsten ganz allgemein.

Um eine solche Aussage aber überhaupt sinnvoll treffen zu können, muß natürlich zuvorderst geklärt worden sein, was unter "aiki" überhaupt zu verstehen ist.
Ich gehe inzwischen nicht mehr aus von einem Verständnis von aiki, das in erster Linie die Verbindung der Bewegungen von Angreifer und Verteidiger meint, die Verbindung mit der Energie des Angreifers oder ähnliche Aspekte in dieser Richtung. Für diese Dinge gibt es Begriffe wie z.B. ki awase - was immerhin denselben Wortstamm benutzt - oder - bei Endô sensei ganz zentral - ki musubi.
aiki ist aus meiner derzeitigen Sicht dagegen zunächst etwas, das im Übenden selbst geschieht. Und zwar auf körperlicher, energetischer und geistiger Ebene. Gerade die gegenseitige Durchdringung dieser drei unterschiedlichen Ebenen ist aus meiner Sicht ein wesentliches Merkmal von aiki. aiki manifestiert sich physisch, energetisch und spirituell. Darum kann das Üben eines solchen budô sowohl effektive Kampfkunst sein, wie auch Weg zu gesundem Leben und Weg zu spiritueller Erleuchtung.

In dem Buch: "The Secret Teachings of Aikido" liegen zentrale Texte von Ueshiba Morihei in der Übersetzung von John Stevens vor. Darin gibt es viele Abschnitte, in denen Ueshiba sein Verständnis von aiki ausführlich erläutert. Ich meine, man kann aus diesen Texten eine gute Vorstellung davon gewinnen, was Ueshiba unter aiki verstanden hat.
Diese Aussagen über aiki weisen allesamt in eine Gedankenwelt, die ihren Ursprung nicht allein im shintô hat, sondern ganz wesentlich auch im Daoismus und dort u.a. auch in der sog. inneren Alchemie. Das wird noch deutlicher wenn man die Neuübersetzung etliche Worte von Ueshiba durch Chris Li anschaut, in denen das Vorverständnis von John Stevens naturgemäß keinen Einfluß hat. Es lohnt sich außerordentlich, die Aussagen von Ueshiba zu vergleichen mit entsprechenden daoisitischen Texten.

Als Einstieg dazu kann ich empfehlen die Veröffentlichungen von Golden Elixir Press und die Übersetzungen von Eva Wong. Sehr hilfreich, sind auch die Werke von Livia Kohn, so z.B. "Taoist Meditation and Longevity Techniques". Um die engen historischen Bezüge des Daoismus zu Japan aufzuzeigen, muß man sich ein bißchen auch durch andere, speziellere Veröffentlichungen wühlen. Aber auch dazu findet man dann erstaunlich viele Darstellungen. Ich jedenfalls war verblüfft, welch immensen Einfluß und welche Verbreitung daoistische Gedanken in Japan gefunden haben. Vor allem aber hat mich überrascht, herauszufinden, daß auch die Ômoto kyo eine Sekte ist, die auf daoistischen Ursprünge zurückgeht und deren höchste Gottheit eine daoistische ist.
Wenn man diese daoistischen Texte neben die von Ueshiba legt, dann erschließen sich scheinbar kryptische Aussagen auf einmal fast von selbst. Und viele, wenn nicht die meisten seiner Formulierungen dazu, was aiki sei, erweisen sich als mindestens indirekte Zitate dieser chinesischen Ursprünge. Ich meine daher, daß man auf der Ebene der Texte recht gut zeigen kann, was bei Ueshiba mit aiki gemeint ist. Und daß man auf dieser literarischen Ebene ebenfalls die Verwandtschaft seiner Vorstellung von aiki zu identischen Vorstellungen in anderen Künste schlüssig darlegen kann.

Natürlich ist diese Vorgehensweise zunächst einmal völlig "akademisch". Aus meiner Sicht ist aber genau das die adäquate Weise der Annäherung an historische Texte. Diese Vorgehensweise hat aber dann auch ganz praktische Konsequenzen. Sie ermöglicht ein wesentlich deutlicheres Verständnis davon, was aiki überhaupt ist und vor allem, wie man es üben kann. Denn diese Textvergleiche ermöglichen ein besseres Verständnis auch gerade der Dinge, die Ueshiba Morihei für sich allein geübt hat, abseits der Matte und ohne seine Schüler. Also der Übungen mit deren Hilfe er das entwickelt hat, was er unter aiki verstand und was dann in Verbindung mit den Formen insgesamt sein budô ausgemacht hat.
Viele Berichte über sein „sonderbares“ Üben und viele Filmaufnahmen die Dinge zeigen, die im heutigen aikidô in aller Regel nicht vorkommen, werden durch diesen Umweg auf einmal verstehbar. Zudem erlebt man die Verbundenheit des aikidô mit vielen anderen Künsten und entdeckt unmittelbare Parallelen in Übungsformen oder auch Techniken.


Technik ist ein Transportmittel um zu lernen und wenn man das Lernen will, das Ueshiba vermitteln wollte (Aikido), ... Es ist wichtig, sich deutlich zu machen, daß im Japanischen Denken, Fühlen und Handeln eine Trennung von Innen und Außen, uchi und soto grundlegend ist. Sie erscheint völlig natürlich und durchzieht alle Bereiche. Gesellschaftlich ohnehin. Aber auch individualpsychologisch.
Und eben auch auf Lehrinhalte bezogen. In vielen koryû sind die Lehrinhalte auch ganz explizit so benannt. D.h. es gibt soto kata, die manchmal auch Übende lernen können, die noch gar nicht vollgültige Mitglieder der ryû sind, und die auch öffentlich etwa bei embu gezeigt werden dürfen. Und es gib ura kata, die nicht offen gezeigt werden, die bestimmten Übenden vorbehalten sind. Und deren Gehalt durch persönliche Unterweisung weitergegeben wird. Zuweilen sieht die omote-Form äußerlich gar nicht anders aus, als die ura Form. Aber die Art, wie sie innerlich ausgeführt wird, unterscheidet sich fundamental.

Dem Sinne nach, gibt es auch im aikidô das identische Phänomen.
Ein kleines Beispiel ist vielleicht die Haltung hanmi:
hanmi stehen ist rein körperlich erstmal keine Kunst und ziemlich einfach, wenn klar ist, wie man Arme und Beine entsprechend plaziert.
hanmi stehen und darin "nach sechs Richtungen öffnen" (zit. Ueshiba Morihei), sieht von außen exakt gleich aus. Ist aber etwas ganz anderes.
hanmi stehen und darin "sich mit ki füllen" (zit. Ueshiba Morihei), sieht äußerlich immer noch ganz genauso aus. Ist aber noch einmal etwas anderes.

Interessant ist doch auch schlicht die Beobachtung, daß nicht nur Ueshiba selber immens viel Zeit mit Üben für sich alleine verbracht hat. Und dabei eben in vielfältiger Weise ganz andere Dinge geübt hat, als er sie dann auf der tatami seinen Schülern als die Formen seines budô gezeigt hat. Genauso haben doch auch viele andere große Lehrer neben den klassischen Formen anderes geübt, was ihrem aikidô zugute kommen sollte. Als Beispiel fällt mir Shirata ein, der ein System von Soloübungen entwickelt hat, das er auch weitergegeben hat. Tamura sensei war bekannt dafür, die acht Brokate zu üben und hat sie auch bei Lehrgängen üben lassen. Tada sensei hat ein eigenes System entwickelt. Watanabe hat etwas in der Art. usw. Andere Lehrer wie Shioda sensei, Nishio sensei oder auch Endô sensei haben bestimmte Übungen entwickelt und fest in ihren aikidô Unterricht integriert, so daß man sie im ersten Moment gar nicht als ein Proprium des jeweiligen Lehrers wahrnimmt, mit dem ganz bestimmte Fähigkeiten geschult werden sollen.

"Wenn man das lernen will, das Ueshiba vermitteln wollte", reicht es also nicht aus, die Bewegung oder eben Haltung einfach äußerlich nachzuahmen, sondern es geht ganz wesentlich darum, zu wissen und zu lernen, wie man sie ausführt. Und dieses Wie ist eben dasselbe aiki im aikidô wie auch in bestimmten anderen budô und bestimmten chinesischen Künsten.


... hält man sich doch an seinen Lehrplan? Alles andere kommt mir ebenfalls recht seltsam vor.Einen solchen "Lehrplan" hat es leider nie gegeben. Es gibt keinen verbindlichen Technik-Kanon wie in den koryû. Leider! Es gibt kein verbindliches Curriculum. Ja, nicht einmal die äußerlichen Formen sind tatsächlich identisch. Die allermeisten Schüler von Ueshiba äußern sich dahingehend, daß er nie wirklich systematisch unterrichtet habe. Sondern lediglich jeweils gezeigt habe, was ihn gerade beschäftigt hat. Kanon, Curriculum, festes kihon, ... all das waren die Themen der Schüler, die sich bemühen mußten, das irgendwie festzuhalten, was sie bei ihrem Lehrer erfahren haben.
In einem Nachbarthread wurde davon gesprochen, Ueshiba habe aus bestimmten Gründen bestimmte Formen aus dem daitô ryû ausgewählt. Ich habe aber so etwas noch an keiner anderen Stelle bisher gelesen oder auch nur gehört. Wenn ich in die Literatur schaue, sehe ich im Gegenteil, daß unterschiedliche Schüler von Ueshiba einen je unterschiedlichen Kanon von Techniken weitergegeben haben und auch das kihon sich an bestimmten Stellen unterscheidet. Ein aus meiner Sicht ganz markantes Beispiel ist es, daß für mindestens einen Stil eine von Ueshiba entwickelte bô kata verbindlich zum curriculum gehört, während viele andere aikidô nicht einmal wissen, daß es so etwas gibt.
Auch ist meine eigene Erfahrung aus dem Üben in dôjô unterschiedlicher Stile, daß man sich über sehr Vieles sehr gut verständigen kann und wunderbar miteinander üben kann. Sobald man aber das kihon waza in der Gestalt der sog. Prüfungsformen vergleicht, stellt man dann durchaus charakteristische Unterschiede fest.

Nach meiner Erfahrung kann man sich immer nur halten an das, was der eigene Lehrer vermittelt, kann es vergleichen mit dem, was dessen Lehrer unterrichtet. In meinem Fall ist dieser Lehrer meines Lehrers Schüler von Ueshiba gewesen und man kann ihn noch darauf hin befragen. In anderen Traditionslinien ist das allerdings nicht mehr so einfach möglich da viele Schüler Ueshibas, leider nicht mehr leben. Ich denke, es ist insgesamt ein ganz völllig Prozeß, daß die Verantwortung für die Überlieferung in den Generationen weiter gegeben wird. Und im Fall des aikidô, in dem es eben gerade kein verbindliches Curriculum gibt, keinen Technikkanon und auch kein allgemein gültiges kihon waza, ist diese Verantwortung besonders groß. Dieser Überlieferungsprozeß lebt letztlich von dem Vertrauen in den eigenen Lehrer.

Insgesamt können wir der Verantwortung gegenüber unserer Tradition meiner Meinung nach nur gerecht werden, wenn wir die unterschiedlichen Linien in ihrer Verschiedenheit akzeptieren und wir diese Vielfalt immer wieder zusammenbringen und uns gegenseitig nahe bringen. Ich denke, nicht eine Richtung hat das aikidô für sich alleine, sondern wir alle miteinander bilden es und geben es weiter an unsere Schüler in seiner ganzen Vielfalt. Ueshiba hat uns zwar keinen Lehrplan hinterlassen. Wohl aber so etwas wie einen Auftrag, der uns alle verbindet.

ebrenndouar
16-12-2014, 10:36
Vor allem aber hat mich überrascht, herauszufinden, daß auch die Ômoto kyo eine Sekte ist, die auf daoistischen Ursprünge zurückgeht und deren höchste Gottheit eine daoistische ist.

Das lässt sich wohl nicht in dieser Form vereinfachen.

Der Konjin Kult geht zurück auf auf das Japanische Onmyodo-System, das widerum beeinflusst sind von chinesischen wu xing und yin Yang Philosophien.
Im Onmyodo sind sowohl taoistische, buddhistische und auch shintoistische Einflüsse enthalten.
Onmyodo ist ein geomantisches System, was Elemente der Magie und des Aberglaubens enthält, so gelten Richtungen und Orte die mit dem Aufenthaltsort von Konjin in Verbindung gebracht werden, als unglücksbringend.

In die Oomoto Sekte kam dieser Einfluss über die konkokyo-Religion, die aus dem onmyodo entstand. Nao Deguchi, die Begründerin der Sekte wurde bekannt, da sie als Analphabetin die Worte Ushitora no konjins niederschrieb.
Ushitora no konjin ist nach Onisaburo Deguchi die zur Erde gefallene Sonnengöttin, Kunitokotachi no mikoto, was im Wiederspruch zur Doktrin des Staats-Shinto steht.
So gesehen müsste also auch Amaterasu eine daoistische Gottheit sein.
Ich denke, da wären die Japaner nicht ganz damit einverstanden.

Man kann natürlich darin ein taoistisches Thema entdecken (Himmel und Erde).

Was du über "Aiki" geschrieben hast, ist natürlich nicht grundsätzlich falsch. Durch Ueshibas religiös spirituelle Ausrichtung fand aber ein Paradigmenwechsel statt, der auch Aiki eine neue Ausrichtung und Dimension gab, die Leute wie Sokaku Takeda oder Sagawa nicht hatten.
Aiki war in den alten Kriegskünsten Japans einfach eine erlernbare Technik, die man auch zum Töten und Krieg-Führen benutzte. Eine rein pragmatische Angelegenheit also. Das Verständnis von Aiki war zudem sicher nicht einheitlich.
Die Inhalte und Aussgen der Oomoto-Religion, waren für Ueshiba Anlass, seine Gedanken zum Thema Kriegsführung und Budo vollständig zu verändern, so auch seine Vorstellungen zum Thema Aiki.
Aiki ist bei Ueshiba unmittelbar mit seiner Religiosität verknüpft, die man nicht einfach auf taostische Allchemie reduzieren kann, dazu ist die Sache zu komplex, da spielen auch buddhistische und andere Einflüsse hinein. Ueshiba war ja nun auch von Kindheit im esotherischen Shingon-Buddhismus erzogen worden, und auch die Omoto-kyo Religion hatte buddhistische Einflüsse.

Ueshibas Vorstellungen beeinflussten seine Technik und seine Vorstellung von Aiki, bzw. was der Sinn und Zweck seiner Kampfkunst nicht nur für jeden einzelnen war, sondern auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Entwicklung.
die Vorstellung von Aiki ist sowohl bei denen die es auf die Beziehung zwischen Angreifer und Verteidiger beschränken, als auch bei denen die als etwas "was im Körper passiert" erklären, viel zu begrenzt, denn es ist beides zugleich, aber es ist auch noch viel mehr.

ebrenndouar
16-12-2014, 10:54
Ushitora no konjin ist nach Onisaburo Deguchi die zur Erde gefallene Sonnengöttin, Kunitokotachi no mikoto

Korrektur:
Kunitokotachi no mikoto, auch Ushitora no konjin genannt, ist nach Onisaburo Deguchi die rechtmäßige Herrscherin der Erde, der die Sonnengöttin Amterasu nach ihrem Fall zur Erde untergeordnet ist.

Deguchi veröffentlichte dies 1917 in shin reikai.

(Converting Cultures: Religion, Ideology, and Transformations of Modernity, herausgegeben von Dennis Washburn, A. Kevin Reinhart)

carstenm
16-12-2014, 16:23
Ich denke, da wären die Japaner nicht ganz damit einverstanden.Es war interessanteweise ein Japaner, Kuroda Toshio, der die Debatte in den 80er Jahren maßgeblich angestoßen hat, indem er gezeigt hat, daß der scheinbar urjapanische Begriff shintô tatsächlich ein Lehnwort aus dem Chinesischen ist und ursprünglich die in Japan aus dem Daoismus übernommenen Praktiken meinte.
Neben anderen hat Mark Teeuwen diese Forschung aufgegriffen und weiter präzisiert. Danach spielt der Daoismus für die Entwicklung dessen, was wir heute als shintô kennen, eine zentrale Rolle.

Ich schrieb ja oben, wie überrascht ich war, als ich gelernt habe, wie fundamental der Einfluß des Daoismus in Japan war.

Was nun Ômoto kyo angeht, so findet man bei Greenhalgh: Aikido and Spirituality leider nur einen unpräzisen Hinweis darauf, daß Ushitora no konjin eine Gottheit sei, die ihren ursprünglichen Ort in der daoistischen Volksfrömmigkeit in China habe.
Als ich angefangen habe, daraufhin genauer zu schauen, habe ich interessanterweise in verschiedenen Veröffentlichungen der Ômoto kyo selber Hinweise auf die Verbingungen zu ganz konkreten daoistischen Gruppen gefunden. D.h. der enge Bezug des Ômoto kyo zum Daoismus wird von der Gruppe selber ganz offen benannt.
Und man findet dann eben auch darüberhinaus Belege für die Veortung von Ushitora in China. Sehr spannend das! In "Studien zur Geschichte des Denkens im Japan des 17. bis 19. Jahrhunderts: Chu-Hsi-konfuzianische Geist-Diskurse" von Klaus Kracht findet man recht genaue Einordnungen.

Ich habe es ja schon manchmal geschrieben: "Die Japaner" haben in aller Regel nicht nur kein Problem damit, die chinesischen Ursprünge bestimmter Konzepte oder auch praktischer Aspekte (Tee, Schrift, Kunst, ...) zu betonen. Sondern nicht selten wertet das, das jeweilige Phänomen geradezu auf.
Und zur Rezeption des Daoismus in Japan habe ich einige Texte von japanischen Autoren gelesen, die sehr bemüht waren, zu zeigen, daß überhaupt und vor allem wie tief und nachhaltig der Daoismus die japanische Geisteswelt, die japanische Gesundheitslehre, ästhetische Ideale, etc. geprägt habe.


Man kann natürlich darin ein taoistisches Thema entdecken ... Nach allem, was ich inzwischen gelesen habe, geht es um sehr viel mehr: Der Daoismus war in Japan ganz allgemein zutiefst prägend. Wenn Kuroda et al. tatsächlich Recht haben, ist das, was wir heute shintô nennen, ein Phänomen, das letztlich in der japanischen Rezeption des Daosimus wurzelt.
Und insbesondere die Ômoto kyo ist eine Sekte deren oberste Gottheit, d.h. diejenige, die Deguchi Nao ihre Inspirationen eingegeben hat, eine chinesische, daoistische Gottheit ist. Und die zudem enge organisatorische Kontakte zu daoistischen Gruppen in China hatte.

Wenn ich die Zeit hätte, könnte ich's schlüssig zeigen und belegen. Das Exposé gibts schon ...

Was ja insgesamt auch die Lücke schließt, die in HIPS noch offen geblieben war.

ebrenndouar
17-12-2014, 11:09
Ich habe es ja schon manchmal geschrieben: "Die Japaner" haben in aller Regel nicht nur kein Problem damit, die chinesischen Ursprünge bestimmter Konzepte oder auch praktischer Aspekte (Tee, Schrift, Kunst, ...) zu betonen. .

Was die Abstammung des Tenno von Amaterasu Omikami angeht, wäre ich vorsichtig "den Japanern" einreden zu wollen, diese sei chinesischen Ursprungs.
Wobei ich nicht genau weiß, welche Wichtigkeit heutige Japaner dieser Doktrin noch beimessen.


Und zur Rezeption des Daoismus in Japan habe ich einige Texte von japanischen Autoren gelesen, die sehr bemüht waren, zu zeigen, daß überhaupt und vor allem wie tief und nachhaltig der Daoismus die japanische Geisteswelt, die japanische Gesundheitslehre, ästhetische Ideale, etc. geprägt habe.

Daß " ob überhaupt" steht doch wohl nicht in Frage, und ist auch keine neue Erkenntnis?
In einem der ersten Aikidobücher die ich vor fast drei Jahrzehnten gelesen habe wurde schon der Einfluss des Daoismus auf die japanische Kultur und auch aufs Aikido insbesondere thematisiert.


Nach allem, was ich inzwischen gelesen habe, geht es um sehr viel mehr: Der Daoismus war in Japan ganz allgemein zutiefst prägend. Wenn Kuroda et al. tatsächlich Recht haben, ist das, was wir heute shintô nennen, ein Phänomen, das letztlich in der japanischen Rezeption des Daosimus wurzelt.


Naja, auch Zen wurzelt zu einem gewissen Anteil im Daoismus und ist in China entstanden.
Der japanische Buddhismus ist ebenfalls chinesischen Ursprungs. Das ist doch alles bekannt.
Solche Dinge gibt es doch überall auf der Welt.

ebrenndouar
18-12-2014, 10:41
Und insbesondere die Ômoto kyo ist eine Sekte deren oberste Gottheit, d.h. diejenige, die Deguchi Nao ihre Inspirationen eingegeben hat, eine chinesische, daoistische Gottheit ist. Und die zudem enge organisatorische Kontakte zu daoistischen Gruppen in China hatte.


Die Gottheit Konjin, die ursprünglich eine Unglückbringende war und besonders große Freude an Blutbädern hatte, hat sich ja in der Oomoto kyo zu einer Gottheit gewandelt, die der Menschheit einen Weg der Reinigung und Neuerschaffung der Welt wies.
Auch die Konkokyo Religion kannte dies Gottheit bereits unter dem Namen Tenchi Kane no kami.
Der Buddhismus übernahm die Gottheit Konjin ebenfalls schon sehr früh aus dem Daoismus.
Onisaburo Deguchi nannte sich später übrigens Hitsujisaru no Konjin.

Die Frage stellt sich also, ob man aus einem ursprünglich daoistischen Kontext überhaupt Rückschlüsse auf Inhalte ziehen kann. Wie sah der Daoismus zu der Zeit aus, in der diese Einflüsse auf die japanische Kultur zustande kamen; und welche Bereiche des Daoismus, der ja erst im Laufe der Zeit aus einer schamanisch-magischen Praxis unter dem Einfluss des Buddhismus eine sprituelle Weiterentwicklung erfuhr, wurden übernommen.

Was den Namen ushitora angeht, bezeichnet der Name entweder die Himmelsrichtung Nord-Ost oder die Stunden in der Zeit, in der die Dunkelheit vom Licht abgelöst wird.

Im Nichiren-Buddhisms gibt es ein 700 Jahre altes Ritual namens ushitora gongyo, dass in dieser Zeit, in der Stunde des Ochsen und des Tigers zelebriert wird.
Es symbolisiert die Wandlung vom gewöhnlichen sterblichen zu einem Buddha.
Buddha soll zu dieser Stunde seine Erleuchtung erlangt haben.
Es zieht sich durch alle Bereiche durch, die buddhistischen, shintoistischen und daoiostischen Einflüsse sind so stark verwoben dass man nicht mehr wirklich erkennen kann, was wo herkommt. Man kann natürlich historische Bezüge erkennen, aber ob die Bedeutung noch die Gleiche ist, lässt sich meiner Meinung nach nicht sagen, denn wie ich oben beschrieben habe, ist ein Bedeutungswandel deutlich zu erkennen.
Es können also interessante Parallelen festgestellt werden, aber es können überhaupt keine Schlussfolgerungen daraus gezogen werden, die irgendwelche Lücken schließen könnten, die die Geschichte und Entwicklung Ueshibas Kampfkunst betreffen, oder die schlüssig die Herkunft von daoistischen Prinzipien in seiner Kampfkunst erklären (welche ja überhaupt nicht in Zweifel gezogen werden), dazu sind die Enflüsse viel zu vielfältig.

ebrenndouar
18-12-2014, 14:45
Es war interessanteweise ein Japaner, Kuroda Toshio, der die Debatte in den 80er Jahren maßgeblich angestoßen hat, indem er gezeigt hat, daß der scheinbar urjapanische Begriff shintô tatsächlich ein Lehnwort aus dem Chinesischen ist und ursprünglich die in Japan aus dem Daoismus übernommenen Praktiken meinte.

Verwechselst du da nicht Daoismus mit Buddhismus?

The Age of Buddhism in Shinto History | Faithology (http://www.faithology.com/history/the-age-of-buddhism-in-shinto-history)


However, in 1981, a Japanese scholar named Kuroda Toshio
(1926-1993) published an extremely controversial article depicting Shinto from a vastly different perspective. Kuroda posits that the Shinto religion was originally rooted in Japanese Buddhism. This article has since become extremely influential in the West, forming a new basis for English-language studies on premodern Shinto, a discipline largely headed today by Mark Teeuwen and other Western Shinto scholars.


Oder hier:


Kuroda introduces his argument by focusing on the history of the
term itself. He states that until at least the Kamakura period,the word
Shinto was used not to refer to a “popular relieion” by that name, but
more or less as a synonym for kami. Moreover, he points out that during
the later Heian and Kamakura periods, the worship of these kami
functioned as a well-inteerated constituent of kenmitsu 顕密 Buddhism,
the orthodox system of exoteric and esoteric Buddhist schools that
dominated religious practice throughout the premodern period.


(Tracing Shinto in the History of Kami Worship
Editors,Introduction
Mark Teeuwen and Bernhard Scheid)

Ich denke, diese Verbindung von Shinto und Buddhismus ist Kurodas Kernthese.

carstenm
18-12-2014, 20:01
Shintō und jindō Zum Begriffsinhalt des „Weges der Kami“ (http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Grundbegriffe:Shinto/Jindo):
Eine weitere Inspiration, die zum Begriffswandel von jindō führt, geht von daoistischen Quellen aus, insbesondere dem Yijing, mit dem berühmten „Shinto“- (oder genauer shendao-)Zitat:

When we contemplate the shendao of heaven, we see how the four seasons proceed without error. The sages have laid down their teaching in accordance with this shendao, and all under heaven yield submission to them.

Ausgehend von dieser Textstelle, in der der „Göttliche Weg“ (shendao) als Synonym des daoistischen Weges auftritt, öffnet sich in Japan das Tor zu Spekulationen über den Weg der Kami und die kosmologischen Prinzipien des Daoismus. Diese sind aber eben nicht Teil des frühen jindō Begriffs. Daher weist Teeuwen die verbreitete Ansicht, das Nihon shoki hätte seinen Begriff dem Yijing entnommen, auch zurück. Für die Entwicklung des mittelalterlichen Shinto-Konzepts spielt der Daoismus hingegen eine außerordentlich wichtige Rolle.
Insgesamt ein spannender Prozeß ...

Bevor wir uns aber weiter Zitate um die Ohren schlagen, wäre es m.E. wichtig, sich vor Augen zu führen, daß diese Debatte nicht entscheidend ist für die Kernthese, Ueshibas Begriff von aiki stamme ganz wesentlich auch aus dem Daoismus.
Diese Theses läßt sich, soweit ich es sehe, eben unmittelbar sowohl aus den Parallelen zuwischen Ueshibas Texten und daoistischen Texten ableiten. Wie auch aus den Parallelen die sich bei bestimmten Übungsformen finden lassen. Und sie werden schließlich auch deutlich durch Zeugnisse seiner Schüler.

Weiter besteht auch eine enge Verbindung des Ômoto kyo sowohl zu daoistischen Gruppen, als auch zu daoistischen Inhalten. Die Hinwendung von Deguchi Onisaburo zum Daoismus wird in Textzeugnissen der Gruppe selbst benannt. Und sie läßt sich auch historisch aufzeigen.

Auch ist der immense Einfluß des Daoismus in Japan belegt. Und ja auch hier gar nicht strittig. Ueshiba selber hat, ebenso wie andere Japaner jener Zeit auch, anhand u.a. daoistischer Texte lesen und schreiben gelernt.

Die shintô Debatte ist da ja nur ein Tüpfelchen auf dem i. Ich finde inzwischen die These sehr plausibel, daß der Daoismus Eingang gefunden hat in das System, das wir heute als shintô kennen. Und wenn es denn so wäre, wäre das ein Puzzleteilchen, das das Gesamtbild wunderbar vervollkommnen würde. Aber Voraussetzung für die Einordnung der daoistischen Bezüge von Ueshibas aiki ist diese These doch nicht.

ebrenndouar
19-12-2014, 11:00
Auch ist der immense Einfluß des Daoismus in Japan belegt. Und ja auch hier gar nicht strittig. Ueshiba selber hat, ebenso wie andere Japaner jener Zeit auch, anhand u.a. daoistischer Texte lesen und schreiben gelernt.


Wie gesagt, wer da wen beeinflusst hat ist wohl außerordentlich kompliziert.
Es ist nämlich auch sehr gut belegt, welchen Einfluss der Buddhismus wiederum auf den Daoismus hatte, und zwar im wesentlichen auf die Richtungen oder Schulen, die die innere Alchemie praktizierten (so auch auf die Quan Zhen Dao Schule, auf die wiederum die heutigen Hauptströmungen des Daoismus zurückgehen , die auch nei dan gong praktizieren). Und das etwa in der gleichen Zeit, in der der Buddhismus auch in Japan Fuß fasste.
So kamen durch daoistische Einflüsse auch wieder die buddhistische Einflüsse hinein (die ohnehin schon vorhanden waren).

Vor dieser Zeit war der daoismus stark durch magische Praktiken geprägt, auch die Unsterblichkeitssuche stammt aus dieser Zeit.
Den Begriff der Unsterblichkeit finde ich übrigens bei Ueshiba nie.

Wenn also Ueshibas Aiki-Begriff zu einem wesentlichen Anteil aus dem Daoismus stammt, dieser wiederum zu einem wesentlichen Anteil buddhistisch beeinflusst ist, was ist dann mit dieser Aussage gewonnen?
Es ist und bleibt eine daoistisch-buddhistische Mischung, die aus vielfältigen Quellen unterschiedlicher Herkunft gespeist wurde.
Das die Japanische Kultur sehr stark von China aus beeinflusst wurde, steht ja gar nicht in Frage.

Ki-wi
19-12-2014, 11:16
Um mal in die Gegenwart zurückzukehren, wie vermittelt denn jemand wie Akuzawa Aiki? Spielt bei ihm Daosismus, bzw. Spiritualität überhaupt eine Rolle?

carstenm
19-12-2014, 11:37
Ich habe bisher nicht bei Akuzawa geübt. Ich könnte nur zu anderen Lehrern etwas sagen.

ebrenndouar
19-12-2014, 15:04
Um mal in die Gegenwart zurückzukehren, wie vermittelt denn jemand wie Akuzawa Aiki? Spielt bei ihm Daosismus, bzw. Spiritualität überhaupt eine Rolle?

Diese Frage solltest du in der Gegenwart realen Menschen stellen.

Ki-wi
19-12-2014, 15:44
Ihr seid nicht real? :ups:

carstenm
19-12-2014, 15:56
edit

carstenm
20-12-2014, 12:19
Um mal in die Gegenwart zurückzukehren, ...Das - aus meiner Sicht - Spannende ist ja gerade, daß ich überhaupt erst durch den Unterricht und vor allem durch die Aussagen gegenwärtiger Lehrer auf diese Dinge aufmerksam geworden bin.
Daß aikidô einen engen Bezug zum Daoismus hat, habe ich in deren Unterricht und in deren mündlicher Unterweisung erlebt. Und daraufhin dann angefangen, diese Bezüge auch historisch, religionswissenschaftlich usw. anzuschauen.

Mir selber jedenfalls ist die Richtung dieses Weges durchaus bedeutsam, d.h. daß da nicht zuerst ein theoretisches Konstrukt war, daß ich dann versucht habe, in der gelebten Praxis wieder zu entdecken. Sondern daß ich aus der Praxis heraus, in dem aikidô von Lehrern, die mir wichtig sind und in deren Aussagen über aikidô auf diese Zusammenhänge gestoßen bin.

Und ganz allgemein: Bei den Lehrern, die mir wichtig sind, ist Spiritualität ein zentraler Aspekt des Übens. Das war von Anfang an so und auch für mich persönlich wichtig beim Üben von aikidô.

ebrenndouar
21-12-2014, 15:39
im Fall des aikidô, in dem es eben gerade kein verbindliches Curriculum gibt, keinen Technikkanon und auch kein allgemein gültiges kihon waza

Ich frage mich, wie du darauf kommst.

Ich habe ja nun einige Lehrer im laufe der Zeit kennengelernt und ihren Unterricht genossen, darunter den 2. und den 3. Doshu und andere direkte Schüler Ueshibas, und auch Leute die lange Zeit in Iwama verbracht haben. Zudem übe ich nun lange genug direkt bei jemandem, der über 10 Jahre bei Ueshiba war.
Meine Erfahrung ist, dass du in über 30 Jahren nicht alles zu sehen bekommen wirst, was einer dieser Schüler Ueshibas in seiner Zeit des Lernens alles selbst mal geübt oder gesehen hat. Das hier oder dort ein paar zusätzliche Dinge im Programm sind, ist also überhaupt nicht verwunderlich.
Alle diese Lehrer haben jedoch die gleichen Grundlagen und den gleichen Technikkanon unterrichtet, ob Tamura, Tada, Noro, Chiba oder Asai oder Ueshibas Sohn oder Enkel, oder Saito aus Iwama.

Dann schau dir an was die Leute aus Kumano oder Osaka unterrichten. Die Grundtechniken sind überall die Gleichen.
Zudem gibt es doch nun wirklich keine Zweifel, welcher Technikkanon heute im "Aikikai Tokyo" unterrichtet wird.
Und jetzt erzähl mir bitte nicht, dein Lehrer, oder der Lehrer deines Lehrers würden was ganz anderes unterrichten.

carstenm
23-12-2014, 05:53
Der Gedanke eines festen Technikkanon im aikidô, ebenso wie auch der Gedanke eines allgemein identischen kihon waza widerspricht sowohl meinen persönlichen Erfahrungen, als auch meinen historischen Kenntnissen. Ich habe daher statt einer Erwiderung versucht, einige Fragen zu formulieren. Vielleicht wird mir aus deinen Antworten dann klarer, was du meinst oder was ich bisher nicht gesehen habe.

Kann man diesen Kanon konkret benennen?
Ich kenne bisher keine Liste oder Auftstellung, weder schriftlich noch mündlich tradiert, die man als einen von Ueshiba bewußt zusammengestellten Kanon der Techniken des aikidô verstehen könnte. Gibt es denn etwas in der Art?
Ich kenne dagegen Aussagen von Menschen, die bei Ueshiba geübt haben und die berichten, daß er nicht systematisch unterrichtet habe. Und daß er auch häufig gar keine klar identifizierbaren Techniken gezeigt habe. So daß die Schüler letzlich jeweils eigene Systematisierungen gefunden haben.

Welche Techniken beinhaltet dieser Kanon konkret?
Natürlich gibt es zwischen den verschiedenen aikidô-Richtungen eine Schnittmenge von Techniken, die sich ja z.B. auch in der Prüfungsordnung des aikikai hombu dôjô widerspiegelt. Das ist ja unbestritten. Es gibt ja aber darüberhinaus auch Unterschiede. Nicht alle Techniken sind ja in allen Richtungen gleichermaßen bedeutsam. Mir fallen spontan als Beispiele ein: ganseki otoshi, sumi otoshi, aiki otoshi, ude kime nage (hiji ate), shomen ate, ushiro kiri otoshi (ushiro ate), ude gaeshi, ude garami, tai atari. Es gibt bestimmt noch mehr. Welche davon gehören zum Kanon und welche nicht?

Wer entscheidet im Zweifelsfall, ob eine Technik zu diesem Kanon gehört, oder nicht?
Ausdrücklich nehmen weder der dôshu, noch die Prüfungskommission des hombu des aikikai eine Aufgabe dieser Art wahr. Zumal sie ja ohnehin nicht für andere Schulen des aikidô sprechen könnten. Wer dann definiert denn sonst diesen Kanon und klärt solche Fragen?

Und wie sind diejenigen Techniken einzuordnen, die nicht zu diesem Kanon gehören?
Drücken solche Techniken das aikidô von Ueshiba nicht in gleicher Weise aus, wie jene Techniken, die dem Kanon angehören? Bzw. kann man umschreiben, was die Techniken des Kanon gegenüber den anderen auszeichnet?

Wann ist dieser Kanon entstanden?
Sugino Yoshio z.B. hat Anfang der 30er Jahre von Ueshiba als einer der Ersten ganz offiziell die Erlaubnis erhalten, ein shibu des kobukan zu eröffnen. Shimizu sensei z.B. hat dreißig Jahre später bei Ueshiba geübt. Haben beide deiner Ansicht nach denselben Technikkanon gelernt? Und wenn das nicht der Fall ist, wie ist denn dann das aikidô einzuordnen, das aus solchen älteren Quellen, wie z.B. Sugino, Shirata, Murashige etc. entstanden ist?

Was die Gedanken zu kihon waza angeht, interessiert mich, in welchem Verhältnis nach deinem Verständnis die sog. Prüfungstechniken zu kihon waza stehen?
Bei den Lehrern, die du genannt hast, habe ich ja nicht geübt. Ich kenne aber die sog. Prüfungsformen aus aikidô - Richtungen, die diesen Lehrern zuzuordnen sind, aus eigenem Erleben, d.h. Üben. Und die sind eben durchaus unterschiedlich. Sind diese Prüfungsformen denn noch einmal zu unterscheiden von kihon waza?
Auch hier ist aus meiner Sicht die Aussage vieler Schüler von Ueshiba von Bedeutung, daß er nicht systematisch unterrichtet habe. Und vor allem, daß er nicht feste Formen gezeigt habe. So daß sich in unterschiedlichen aikidô-Richtungen dann unterschiedliche Nuancen herausgebildet haben.

Und auch hier wieder die Frage:
Wer entscheidet denn über die je einzelne aikidô-Richtung hinaus darüber, welches kihon waza gelten soll?

aikibunny
23-12-2014, 09:31
Danke Carsten, dass Du das mal auf Deutsch alls so zusammenfasst! Und Frohes Fest.

ebrenndouar
23-12-2014, 17:50
Und daß er auch häufig gar keine klar identifizierbaren Techniken gezeigt habe. So daß die Schüler letzlich jeweils eigene Systematisierungen gefunden haben.

Die sich seltsamerweise auffällig ähneln.

Gegen die These das keine identifizierbaren Techniken gezeigt wurden, spricht einiges, nicht nur die Erfahrungsberichte meines eigenen Lehrers und anderer uchideshi, was die Zeit nach dem Krieg angeht.
In der Vorkriegszeit wurde von Ueshiba noch daito-ryu gelehrt, welches aus einer Vielzahl von Techniken besteht, was für manch einen vielleicht ziemlich unüberschaubar gewesen sein mag, zumal sich viele Techniken ähneln.
Admiral Takeshita hingegen, der akribisch Tagebuch geführt hat, hat jede einzelnen Technik in seinem Tagebuch festgehalten, und er konnte die genau Zahl der Techniken benennen, die er von Ueshiba gelernt hat.
Saito Sensei hat die Entwicklung einzelner Techniken von der Zeit der Entstehung von Budo, zu den Formen die er selbst gelernt hat aufgezeigt.
Es wird zwar eine Entwicklung in der Art der Ausführung deutlich, aber auch, dass die Grundformen sich nur unwesentlich von denen der Vorkriegszeit unterschieden.

Nach dem Krieg hat sich tatsächlich ein Technikkanon herausgebildet, der bestimmte Techniken in allen Stilrichtungen eine ähnliche Bedeutung zumisst.
Man braucht sich doch nur ansehen, welche Techniken von Doshu und anderen Hombu Lehrern hauptsächlich (ich behaupte mal zu 95 Prozent) vorgeführt, und auf Seminaren unterrichtet werden.

Was die Frage nach Kihon und Prüfungstechnik angeht:
Beides kann, aber muss nicht identisch sein.

carstenm
25-12-2014, 12:06
Noch einmal ein Zitat zum Zusammenhang von aiki und Form:

"Aiki (und nicht Aikido) ist der Ursprung aller Kampfkünste. Das wollte der Begründer des Aikido ausdrücken, als er seine Kunst Takemusuaiki nannte. Stellen wir ganz klar heraus, dass dieser Ursprüngliche Aspekt des Aiki nicht bedeuten soll, daß Aikido die Beste aller Kampfkünste sei, sondern dass es nur einen Weg zum Aiki bedeutet.

Nur die Integration des Aiki in das Aikido kann die Anwendung der zahlreichen Facetten dieser Kunst möglich machen."

Tamura Nobuyoshi: Aikido - Etikette und Weitergabe, Wien 2000, S. 66

ebrenndouar
26-12-2014, 13:48
Klar ist aber auch, ohne den entsprechenden Weg (der eben nicht beliebig ist) kein Takemusuaiki.

Hier noch ein Zitat von O Sensei aus demselben Buch:

"Iriminage, das sieht sehr einfach aus, aber versuchen sie zu verstehen was ich alles durchmachen musste, um es zu erschaffen..."

Eine Technik, die für ihn eine der wichtigsten war, und die heute zum Hauptbestandteil des Technikkanons jedweder Richtung des Aikido gehört.
Warum wohl?

carstenm
27-12-2014, 19:45
Hier noch ein Zitat von O Sensei aus demselben Buch:
"Iriminage, das sieht sehr einfach aus, aber versuchen sie zu verstehen was ich alles durchmachen musste, um es zu erschaffen..."
Das Zitat stammt von Seite 139 des Buches von Tamura sensei.


Gegen die These das keine identifizierbaren Techniken gezeigt wurden, spricht einiges, nicht nur die Erfahrungsberichte meines eigenen Lehrers und anderer uchideshi, was die Zeit nach dem Krieg angeht.

Dazu liest man eine Seite zuvor:

"O Sensei hatte nicht die Pädagogik eines Schulmeisters. Es schien mir auch, dass seine Lehre dem traditionellen Fortschreiten der klassischen, japanischen Budo-Schulen nicht folgte.
...
Wir sahen bloß einen Hochgraduierten in alle Richtungen fallen, aber die wirklichen Bewegungen von O Sensei waren uns entgangen. Wir hatten nicht einmal die Zeit, festzustellen, in welcher Richtung wir uns zu bewegen hatten, als er bereits bei der nächsten Technik war.
...
Er lehrte weder Ukemi noch die Schritte. Es ist klar, dass er keinerlei Erklärungen über Taisabaki oder über die Techniken gab, und er verschwand wie der Wind am Ende des Trainings." (Tamura Nobuyoshi: Etikette und Weitergabe, Seite 138)

Oder etwas weiter unten, S. 139:

"Oder auch stellte er sich in Hanmi-Position, eine Hand über den Kopf gehoben und rief aus: - Das ist Aikido!"

Wie sind denn solche Äußerungen deiner Meinung nach zu verstehen?

carstenm
27-12-2014, 22:28
Und noch in einem anderen Punkt fand ich Tamura sensei immer schon interessant:

Denn gerade er ist ja nun jemand, der qi gong nicht nur für sich, privat geübt hat. Sondern er ja die Acht Brokate sogar manchmal auch im Rahmen seiner aikidô Seminare unterrichtet. Dieses qi gong ist geradezu ein Kernstück daoistischer Körperübungen. Und die Tradition führt es daher auf zwei der daositischen Patriarchen zurück.
In Diskussionen mit französischen aikidôka ist gerade Tamura sensei entsprechend immer wieder als jemand benannt worden, der derartige Aspekte in sein aikidô integriert hat.

Auf S. 66 von Etikette und Weitergabe schreibt er denn auch: "Vergleichen sie und sehen sie, was sie in ihr Aikidotraining integrieren können, aber achten sie sehr darauf, daß es nicht darum geht, andere Künste nachzuahmen oder eine Mischung zu bilden!"

ebrenndouar
27-12-2014, 22:30
Wie sind denn solche Äußerungen deiner Meinung nach zu verstehen?

Die Äußerungen passen genau zu dem, was ich seit Jahren immer wieder aus Augenzeugenberichten zu hören bekomme.
Es ist aber daraus überhaupt nicht abzuleiten dass keine konkreten Techniken unterrichtet wurden, sondern lediglich, dass man höllisch aufpassen musste um alles mitzubekommen, weil es einfach sehr sehr schnell ging und oft eine Technik nur ein einziges Mal, und sofort danach eine andere gezeigt wurde.
Auch heute noch wird dies immer wieder angeführt, um zu zeigen, wie wichtig richtiges Sehen und das komplette Erfassen der Situation ist.
Wenn wir schon bei Tamuras Buch sind, können wir auch auf S. 139 weitermachen, wo zu lesen ist, "... um uns zu zeigen, wie man das Handgelenk bei Ikkyo zu fassen hat, oder um uns auf die verschiedenen Fußstellungen in Hanmi-Positionen hinzuweisen..."
Also ein Hinweis auf konkrete, technische Unterweisungen, ganz bestimmte Techniken betreffend, was meine eigenen Informationen bestätigt.

Stell dir einfach einen Mathe-Professor vor, der einmal ganz vernünftig unterrichtet und den Studenten Grundlagen beibringt, und kurz darauf mit Rätseln und superschwierigen Aufgaben die Leute fast um den Verstand bringt, die gerade noch meinten etwas verstanden zu haben.

Vieles was O Sensei gemacht hat, war verwirrend, aber im großen und ganzen ist das Bild heute recht klar. Das Problem war einfach, dass keiner annähernd das Niveau hatte um alles zu verstehen.
Jeder Anfänger, dem nicht Schritt für Schritt alles genau gezeigt wird, hat heute genau die gleichen Probleme.

Was dass Qi-Gong der acht Brokate angeht, so habe ich gehört dass Tamura es kennengelernt hat als er schon viele Jahre in Frankreich unterrichtet hat, und er es nützlich fand.
Ich habe die acht Brokate irgendwann Ende der 80er kennengelernt und angefangen zu üben.
Einige dieser Übungen sind mir auf Lehrgängen bei verschiedenen Lehrern begegnet, die aber sicher nichts mit Daoismus im speziellen im Sinn hatten.

carstenm
29-12-2014, 11:43
Wenn wir schon bei Tamuras Buch sind, können wir auch auf S. 139 weitermachen, wo zu lesen ist, ...Natürlich. Aber für die, die das Buch nicht kennen, wäre es hilfreich, zu wissen, daß Tamura sensei beschreibt, daß solche Situationen nicht während des allgemeinen Unterrichts stattgefunden haben. Sondern gewissermaßen "im Vorbeigehen". Und er bezeichnet sie ausrücklich als kuden:

"Es geschah, dass O Sensei, wenn ihn die Lust überkam ... während wir außerhalb der planmäßigen Unterrichtsstunden trainierten, kurz stehenblieb, um uns zu zeigen, wie man das Handgelenk bei Ikkyo zu fassen hat, oder um uns auf die verschiedenen Fußstellungen in Hanmi-Positionen hinzuweisen, bevor er seinen Beschäftigungen weiter nachging. Später verstand ich, dass es sich um 'Kuden', die mündliche Überlieferung handelte."


Auch heute noch wird dies immer wieder angeführt, um zu zeigen, wie wichtig richtiges Sehen und das komplette Erfassen der Situation ist.Genau das schreibt ja auch Tamura sensei.

Aber es wird ja auch ebenso deutlich, daß bei einer solchen Art der Vorführung nicht alle dasselbe sehen, wenn er zwischen seiner Beschreibung des Unterrichtes und seinen Aussagen über kuden berichtet:
"Dagegen gibt es bei den Trainierenden immer welche, die gerne behilflich sind und erklären; sie blieben als nach dem Unterricht und erklärten uns die Handbewegungen oder die Feinheiten der Platzwechsel. ... Indem wir diese Erklärungen beim nächsten Mal mit der Arbeit von O Sensei verglichen, nahmen wir nach und nach viele Unterschiede wahr."

Insgesamt jedenfalls zeigen diese Aussagen von Tamura sensei nicht etwas, was ich als das Unterrichten von kihon waza, oder kihon no kata beschreiben würde. Ich lese dort nicht, daß Ueshiba, klare, eindeutige Formen (oben hatte ich "feste Formen" im Sinne von kata geschrieben) unterrichtet habe.
Daß er selbst das, was er gezeigt hat, so verstanden hat, das mag wohl sein.
Ich sehe aber nicht, wie man aus der Darstellung von Tamura sensei dahin kommen kann, autoritative Formen oder auch einen festen Kanon abzuleiten.
Mir wird u.a. daraus im Gegenteil deutlich, wie es zu der Formenvielfalt und auch die unterschiedlichen Ausführungen der einzelnen Formen, die wir heute erleben, kommen konnte.


Stell dir einfach einen Mathe-Professor vor, der einmal ganz vernünftig unterrichtet und den Studenten Grundlagen beibringt, ...Berichte, daß Ueshiba in solcher Weise unterrichtet habe, sind mir eben nur von Saito sensei bekannt. Andere Schüler erzählen dagegen, daß es genau diese Art des Unterrichts bei Ueshiba nicht gegeben habe. Auch die Beschreibungen in dem Buch von Tamura sensei legen das m.E. nahe.


Vieles was O Sensei gemacht hat, war verwirrend, aber im großen und ganzen ist das Bild heute recht klar.Daß das Bild "im großen und ganzen ... recht klar" ist, bestreite ich doch gar nicht. Ich übe ja schließlich auch nicht einfach irgendwas irgendwie, mal so mal anders mal noch ganz anders.
Sondern ich habe ja immer wieder schon beschrieben, daß ich den Unterricht von aikidô von Beginn an als sehr strikt und klar kennengelernt habe, was die Formen angeht. Sehr präzise bis ins Detail. Und sehr konstant durch die Jahre hin.

Aber ich erlebe eben auch einen immensen Reichtum in der Überlieferung. Ich habe ja schon mal geschrieben, daß ich im vergangenen Jahr jemand kennengelernt habe, der Schüler sowohl von Konishi sensei, als auch von Sugino Yoshio sensei war. Wenn dieser Mensch erzählt oder zeigt, was seine Lehrer von Ueshiba gelernt haben, dann ist das anders, als wenn ein Freund zeigt und erzählt, was sein Lehrer, Shimizu sensei, von Ueshiba gelernt hat. Und wieder anders ist es, wenn ein Schüler von Yamaguchi sensei zeigt erzählt, was der von Ueshiba gelernt hat.
Ein Lehrer der hier und auch andernorts nur sehr wenig auftaucht, ist Osawa sensei. Und doch ist er vielleicht einer der einflußreichsten.


Das Problem war einfach, dass keiner annähernd das Niveau hatte um alles zu verstehen.
Jeder Anfänger, dem nicht Schritt für Schritt alles genau gezeigt wird, hat heute genau die gleichen Probleme.
Worüber genau sind wir also uneins?


Was dass Qi-Gong der acht Brokate angeht, so habe ich gehört dass Tamura es kennengelernt hat als er schon viele Jahre in Frankreich unterrichtet hat, und er es nützlich fand.Ja, so habe ich es auch erzählt bekommen.


Einige dieser Übungen sind mir auf Lehrgängen bei verschiedenen Lehrern begegnet, die aber sicher nichts mit Daoismus im speziellen im Sinn hatten.Ich denke, das ist ein ganz typisches Phänomen: Ich habe im Laufe der Jahre sehr häufig erlebt, daß im Rahmen des aiki taiso oder auch als sog. "Atemübungen" Dinge gezeigt wurden, von denen ich heute weiß, daß das definierte Formen von qi gong waren. Dessen waren sich aber die Unterrichtenden nicht nur nicht bewußt. Sie konnten zudem auch nur die äußere Form, d.h. die Bewegung anleiten. Was eigetnlich in diesen Formen geübt werden sollte, wurde nicht unterrichtet. Und war bei denen, die ich danach gefragt habe und nach dem, was ich heute weiß, nicht bewußt.

aikibunny
29-12-2014, 19:31
Berichte, daß Ueshiba in solcher Weise unterrichtet habe, sind mir eben nur von Saito sensei bekannt. Andere Schüler erzählen dagegen, daß es genau diese Art des Unterrichts bei Ueshiba nicht gegeben habe. Auch die Beschreibungen in dem Buch von Tamura sensei legen das m.E. nahe.



Also nur so als ergänzende Idee, obwohl mir Deine ganze Richtung ja liegt: Es gibt doch schon zwei weitere bedeutsame Traditionen, die Ueshiba hier eine große Systematik unterstellen, oder? Einerseits die ganze Kobayashi Hirokazu Linie, andererseits die von Abe Seiseki (geschildert einst im aikiweb via Shaun Ravens). Aber bei den beiden geht es, äh, auch ganz stark um "innere" Anwendungen. Und sie sind beide nicht aus dem Hombu Dojo. Die Schüler von dort erzählen doch immer, es habe keine Systematik gegeben, oder? Nun ja. Vielleicht nicht für sie.

Ich bleib da einfach immer bei Ellis Amdurs Theorie hängen, dass er halt unterschiedlichen Leuten jeweils das Zeug gezeigt hat, dass er in Bezug auf diese Person gerade ausprobieren wollte. Aber eben auch nur denen, mit denen er überhaupt intensiv gearbeitet hat, und wer das war, werden wir wohl nie sicher erfahren. Ich find das eigentlich einen sympathischen, kreativen und spontanen Ansatz.

Aber ich will Euer weihnachtliches Zwiegespräch nicht stören. :D

ebrenndouar
29-12-2014, 21:42
Insgesamt jedenfalls zeigen diese Aussagen von Tamura sensei nicht etwas, was ich als das Unterrichten von kihon waza, oder kihon no kata beschreiben würde. Ich lese dort nicht, daß Ueshiba, klare, eindeutige Formen (oben hatte ich "feste Formen" im Sinne von kata geschrieben) unterrichtet habe.

Du liest das dort nicht, also kann es nicht sein?
Du kannst aus ein paar Sätzen aus einem Buch keine solchen Schlüsse ziehen.

Erst gestern hatten wir auf der Matte dieses Thema, und es wurde ausführlich erläutert wie O Sensei z.B.Nikyo ausführte, und worin genau die Unterschiede zur Technik des 2. Doshu liegen.

Du kannst ja gerne weiter ignorieren, dass es in Deutschland jemanden gibt der da eindeutig Auskunft erteilen kann und wirklich konkret sagen kann: "so hat O Sensei uns Nikyo gezeigt", und der nicht der Freund von jemandem ist, der einen Lehrer hatte, der mal bei einem Schüler Ueshibas gelernt hat.
Weitere Unterhaltungen werden dann aber ein bisschen sinnlos.


Mir wird u.a. daraus im Gegenteil deutlich, wie es zu der Formenvielfalt und auch die unterschiedlichen Ausführungen der einzelnen Formen, die wir heute erleben, kommen konnte.

Das mehrere Schüler ein und desselben Lehrers gesehenes unterschiedlich interpretieren, ist überhaupt nichts ungewöhnliches, sondern auch heute in fast jedem Dojo zu erleben. Daraus abzuleiten dass der Lehrer jedem etwas anderes gezeigt hätte, ist doch völliger Unsinn.



Ich bleib da einfach immer bei Ellis Amdurs Theorie hängen, dass er halt unterschiedlichen Leuten jeweils das Zeug gezeigt hat, dass er in Bezug auf diese Person gerade ausprobieren wollte.

Eine abenteuerliche Theorie, je mehr ich darüber nachdenke.



Ind wer das war, werden wir wohl nie sicher erfahren

Wieso, es ist doch bekannt wer die uchi deshis waren?
Uchi deshi bei Ueshiba zu sein, hieß nicht nur im Dojo zu übernachten, dass sollte klar sein wenn man sich darüber unterhält,sondern 24 Stunden Verfügbarkeit und Unterweisung.
Was heutzutage unter dem Begriff Uchi-deshi-Programm oder ähnlichem läuft, wenn jemand irgendwo zu Besuch ist und 4 Wochen im Dojo schläft, ist absolut nicht vergleichbar, auch nicht wenn er die Matte fegt und den Abwasch macht. Es ist nicht mal ein schlechter Abklatsch.

FireFlea
30-12-2014, 08:28
Eine abenteuerliche Theorie, je mehr ich darüber nachdenke.


Wie ist hier das Bojutsu zu sehen, das ja nur an Hikitsuchi weitergergeben wurde?

aikibunny
30-12-2014, 10:09
Eine abenteuerliche Theorie, je mehr ich darüber nachdenke.


Naja, abenteuerlich war vieles an dem alten Herren, das beschreibt es ja dann ganz gut. Ich finde die Theorie erklärt die vorgefundene Situation stimmig, ohne ihm Inkompetenz zu bescheinigen und/oder einer großen Zahl seiner Schüler Lügen (oder heftige Realitätsstörungen) unterstellen zu müssen, während dem anderen ein brilliantes Erinnerungsvermögen und völlige Aufrichtigkeit unterstellt wird. Komischerweise meist der eigenen Linie.



Wieso, es ist doch bekannt wer die uchi deshis waren?


Ich habe gar nicht von den uchideshi geschrieben. Wir werden nie erfahren, mit wem er wirklich wie intensiv gearbeitet hat weil er ja (Achtung Ironie)
- genau ein Viertel jeden Monats in Osaka war
- die voll totale Mehrheit seiner Zeit in Iwama
- ständig viel und regelmäßig am Hombu Dojo wo er mit wahnsinnig vielen Leuten den ganzen Tag intensiv gearbeitet hat
- ganz häufig bei den Sunadomaris
- richtig oft bei Hikitsuchi
und das mit über siebzig. Irgendjemand erinnert sich nicht richtig, aber wer? Ich glaube kaum, dass das nochmal unparteiisch gelöst wird, aber spannend wärs. Vielleicht gibt es ja im Hombu Dojo noch irgendwo im Archiv seine Dienstreiseanträge nach Landesreisekostengesetz...

ebrenndouar
30-12-2014, 13:06
Ich habe gar nicht von den uchideshi geschrieben. Wir werden nie erfahren, mit wem er wirklich wie intensiv gearbeitet hat


Warum willst du das denn so genau wissen?
Und natürlich hat er mit den uchideshi intensiv gearbeitet, mit wem sonst?

carstenm
30-12-2014, 13:15
Du liest das dort nicht, also kann es nicht sein?
Du kannst aus ein paar Sätzen aus einem Buch keine solchen Schlüsse ziehen.Ich schreibe hier lediglich, daß ich "ein paar Sätze aus einem Buch", die du in Ausschnitten zitierst, um damit deine Meinung zu untermauern, anders verstehe als du. Zumal, wenn ich sie ihrem gesamten Kontext lese.

Schließen kann ich aus den Sätzen von Tamura sensei lediglich auf seine Sicht der Situation damals, gefärbt durch seine Erinnerung.
Und wenn er schreibt, daß Ueshiba "nicht die Pädagogik eines Schulmeisters" hatte und daß es Tamura sensei schien, "dass seine Lehre dem traditionellen Fortschreiten der klassischen, japanischen Budo-Schulen nicht folgte", dann ist das umso interessanter, wenn man es in Beziehung setzt zu dem Kapitel über die "Lehrmethode" zu Beginn seines Buches. Dort hatte er in der Tat ein sehr systematisches und klares Unterrichten beschrieben. - Das er selber aber nach seiner Darstellung so bei Ueshiba nicht erlebt hat.

Wie immer man das Einordnen mag und wie immer man dazu stehen mag. Das ist zunächst einmal die Darstellung von Tamura sensei, dessen, was er mit Ueshiba osensei erlebt hat.


... es wurde ausführlich erläutert wie O Sensei z.B.Nikyo ausführte, und worin genau die Unterschiede zur Technik des 2. Doshu liegen.Das heißt, es gibt doch grundsätzliche Unterschiede in der Ausführung?


Du kannst ja gerne weiter ignorieren, dass es in Deutschland jemanden gibt der da eindeutig Auskunft erteilen kann und wirklich konkret sagen kann: "so hat O Sensei uns Nikyo gezeigt", ...Das ignoriere ich ganz und gar nicht. Und ich bestreite es auch nicht.

Ich weiß aber eben auch, daß andere Schüler von Ueshiba genau dasselbe mit genau derselben Überzeugung sagen. - Und dann ganz konkret eine andere Ausführung einer bestimmten Technik zeigen.

(Inwiefern ist es denn wichtig, "daß es in Deutschland jemanden gibt ..."? Diesen Hinweis kann ich nicht einordnen: Der Wohnort spielt doch in diesem Zusammen eigentlich gar keine Rolle? Oder was übersehe ich da? Von den beiden Lehrern, die ich selber kenne, die noch bei Ueshiba geübt haben, lebt einer in Japan und einer in Schweden. Wirkt sich das irgendwie darauf aus, wenn sie sagen: "So hat O Sensei das und das gezeigt ..."? Und insgesamt gibt's doch Schüler von Ueshiba außer in Japan in den verschiedensten Ländern der Welt?)


... und der nicht der Freund von jemandem ist, der einen Lehrer hatte, der mal bei einem Schüler Ueshibas gelernt hat.
Weitere Unterhaltungen werden dann aber ein bisschen sinnlos.Ich habe ja schon ab und an mal geschrieben, daß es aus meiner Sicht wenig hilfreich ist, den Vorgang der Überlieferung wie er sich nach der Gruppe der direkten Schüler Ueshbias fortsetzt, in's Lächerliche zu ziehen.
Letzlich entwertest du durch solche Verhöhnungen auch dich selber in der Rolle als jemand, der das weitergibt, was er durch seinen Lehrer über Ueshiba und über aikidô gelernt und bei seinem Lehrer erlebt hat.

Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird es niemand mehr geben, der sich aus eigener Erfahrung an Ueshiba osensei erinnern kann. Dann werden es die Schüler der zweiten Generation sein, also Menschen, wie du oder mein Lehrer oder eben jemand, wie dieser mein Freund, über den du dich hier lustig machst (und der übrigens einiges länger übt, als du. Und auch schon bei Shimizu sensei geübt hat, bevor du mit aikidô begonnen hast).
Ihr, du, mein Lehrer, dieser Freund werdet dann diejenigen sein, auf die wir als eure Schüler und dann schon dritte Generation uns verlassen müssen. Weil ihr noch direkte Schüler von Ueshiba unmittelbar erlebt habt.
Vielleicht schreibt oder sagt ja irgendwo von dir selber auch gerade irgendjemand: "Ich haben einen Freund" oder auch "Mein Lehrer, der übt bei Asai sensei. Und der sagt und unterrichtet folgendermaßen: ..."

Ich versuche jedenfalls sehr aufmerksam zu sein, wenn ich mit Menschen zusammen bin, die Ueshiba noch erlebt haben. Sei das nun in deren Unterricht auf der Matte. Oder sei es im persönlichen Gespräch. Ich versuche zu hören, was sie von ihm erzählen oder technisch vermitteln. Oder auch einfach welches Gefühl von ihm sie weitergeben.

Ich denke, diejenigen, die wie wir und auch viele andere das Glück haben, noch direkte Schüler von Ueshiba erleben zu können, sollten nicht versuchen, diese Eindrücke jeder für sich selber zu horten und im schlimmsten Falle noch gegeneinander auszuspielen.
Sondern ich denke, wir haben die Aufgabe, für die, die danach kommen, dieses Bild als Ganzes zu bewahren. Auch, wenn es nicht bruchlos und nicht immer völlig stringent ist. Gerade diese Vielfalt scheint mir ein großer Reichtum zu sein. Und entsprechendes meine ich selbst bei koryû zu sehen. Wenn auch mit ungleich geringerer Amplitude oder Spanne oder wie immer man das ausdrücken möchte.
It's not a bug - it's a feature. Denke ich.


Das mehrere Schüler ein und desselben Lehrers gesehenes unterschiedlich interpretieren, ist überhaupt nichts ungewöhnliches, sondern auch heute in fast jedem Dojo zu erleben. Daraus abzuleiten dass der Lehrer jedem etwas anderes gezeigt hätte, ist doch völliger Unsinn.Das ist auch nicht der Gedankengang. Beide Phänomene sind vielmehr unabhängig voneinander zu betrachten. Und ich meine, für beides gibt es tragfähige Beispiele.


Eine abenteuerliche Theorie, je mehr ich darüber nachdenke.Oh? Ich finde sie aus ganz unterschiedlichen Gründen völlig plausibel. Zumal wir ja oben in der Darstellung von Tamura sensei in der er kurz über kuden spricht, genau das auch schon wiederfinden.
Es ist ja nun mal eine Vielfalt von Überlieferungssträngen zu beobachten. U.a. diese Theorie, wenn auch nicht sie allein, erklärt, wie diese Vielfalt entstanden ist. Und daß und wie in jedem dieser Stränge Essentielles enthalten ist.


Was heutzutage ... läuft,
...ist nicht mal ein schlechter Abklatsch.Hm, ich glaube, alle die hier schreiben, wissen ganz gut, worum es geht. Mir ist nicht klar, wogegen sich deine Äußerungen hier wenden. Es klingt ehrlich gesagt, irgendwie verbittert oder so.

Aber in der Sache: Ich kenne zwei Menschen, beide Japaner, einer etwa so alt wie ich, einer noch deutlich jünger, die, einer über viele Jahre, der andere nicht so lange, als uchi deshi im klassischen Sinne gelebt haben. Ich könnte und wollte das ganz sicher nicht. Diese Aufgabe der Individualität wäre mir so nicht möglich.
Ich meine aber tatsächlich, daß da etwas abzuspüren ist, das noch einmal anders ist, als selbst bei Schülern, die diesem Lehrer auch sehr nahe standen. Eine andere Qualität von Verbindung mit dem, was dieser Lehrer weitergibt. Obwohl sie ganz und gar keine Kopie geworden sind. Überhaupt nicht.

ebrenndouar
30-12-2014, 13:48
Wie ist hier das Bojutsu zu sehen, das ja nur an Hikitsuchi weitergergeben wurde?

Das sind im Grunde die gleichen Bewegungen, die Ueshiba auch mit dem Jo gemacht hat. Er hat einfach mit verschieden langen Bo (und auch mit Lanzen) trainiert. Der Jo ist ja auch nur ein Bo (yonshaku-Bo).
Später wurde halt vorwiegend mit diesem trainiert.

ebrenndouar
30-12-2014, 16:02
(Inwiefern ist es denn wichtig, "daß es in Deutschland jemanden gibt ..."? Diesen Hinweis kann ich nicht einordnen: Der Wohnort spielt doch in diesem Zusammen eigentlich gar keine Rolle? Oder was übersehe ich da? Von den beiden Lehrern, die ich selber kenne, die noch bei Ueshiba geübt haben, lebt einer in Japan und einer in Schweden. Wirkt sich das irgendwie darauf aus, wenn sie sagen: "So hat O Sensei das und das gezeigt ..."? Und insgesamt gibt's doch Schüler von Ueshiba außer in Japan in den verschiedensten Lândern der Welt?)


Lebst du in Japan oder in Deutschland?
Wenn dir die Bedeutung dieser Tatsache, auch hinsichtlich deiner eigenen Möglichkeiten etwas aus erster Hand zu erfahren nicht klar ist, kann ich dir nicht helfen.

aikibunny
30-12-2014, 16:40
Warum willst du das denn so genau wissen?
Und natürlich hat er mit den uchideshi intensiv gearbeitet, mit wem sonst?

Mit den von mir angeführten anderen Leuten, die das von sich behaupten, s.o. :rolleyes:

Aber die Diskussion erscheint mir sinnlos, da offenbar von vornherein ausgeschlossen ist, dass Asai Katsuaki sich genauso gut oder genauso schlecht erinnern (oder gar irren) könnte wie die anderen Ueshiba Schüler.

Oder wie Kisshomaru Ueshiba, der gesagt haben soll, sein Vater habe nach dem Krieg keine uchideshi gehabt. :D Dann wäre Asai ja gar keiner, ohje. Aber da er sich an den Ausspruch nicht erinnern wird, ist ja wieder alles ok.

Abenteuerliche Theorie, je mehr ich darüber nachdenke.

Inushishi
30-12-2014, 16:57
Osensei had this certain thing he did where, when he showed you something, you got the clear impression that he was saying between the lines: "Right here, I'm teaching you the real thing. These other guys, they really can't get it, so I just show them what I can to keep them occupied. But I'm teaching you the real goods." Ellis, I honestly believe that he said that to me and meant it. I also believe that every other deshi of Osensei experienced the same thing. I'm the only one, though, that thinks that's funny.
Ellis Amdur, Terry Dobson zitierend.
AikiWeb Aikido Forums - View Single Post - Saito sensei's method (http://www.aikiweb.com/forums/showpost.php?p=327487&postcount=20)

ebrenndouar
30-12-2014, 17:13
Oder wie Kisshomaru Ueshiba, der gesagt haben soll, sein Vater habe nach dem Krieg keine uchideshi gehabt.

Gesagt haben soll. Ah ja.

Und Asai Sensei war kein uchi deshi, er wohnte 30 m vom Dojo entfernt.

carstenm
30-12-2014, 18:06
Lebst du in Japan oder in Deutschland?
Wenn dir die Bedeutung dieser Tatsache, auch hinsichtlich deiner eigenen Möglichkeiten etwas aus erster Hand zu erfahren nicht klar ist, kann ich dir nicht helfen.Ich verstehe wirklich nicht, wie du das meinst:

All jene aus meinem Umfeld, die sich an Asai sensei orientieren, erleben ihn "nur" auf Seminaren, ebenso wie ich Endô sensei "nur" auf Seminaren erlebe. Obwohl der eine in Düsseldorf wohnt und der andere in Japan.
Allerdings hat es gar nicht wenige Jahre gegeben, in denen ich deutlich häufiger bei Endô sensei war, als andere bei Asai sensei. Obwohl der eine in Düsseldorf wohnt und der andere in Japan.
Deswegen sehe ich nicht, inwiefern der Wohnort des Lehrers von Bedeutung sein mag.

ebrenndouar
30-12-2014, 22:39
Ich verstehe wirklich nicht, wie du das meinst:


Ich weiss nicht, ob ich das glauben soll.

ebrenndouar
04-01-2015, 19:50
Erst mal ein frohes neues Jahr.

Zu dem folgenden Punkt scheinen mir doch ein paar Missverständnisse vorzuliegen, deshalb möchte ich da noch drauf eingehen.



Deswegen sehe ich nicht, inwiefern der Wohnort des Lehrers von Bedeutung sein mag.

Das ist eine wie ich finde etwas wackelige Argumentation.
Der Begriff "deshi", der im japanischen Budo für "Schüler" verwendet wird, definiert sich sicherlich nicht dadurch, dass man sich an jemandem "orientiert".
Gelegentliche Seminar- oder Kursteilnehmer sind keine deshi im klassischen Sinne.

Man unterscheidet je nach Engagement uchi-deshi, soto-deshi, kayoi-deshi.
Allen gemein ist es jedoch, täglich im Dojo des Lehrers zu üben.
Jemand der dies nicht tut oder über einen längeren Zeitraum getan hat, ist kein deshi im klassischen Sinn.
(u.a. Peter Goldbury: Morihei’s Prewar Budo: Transmission, Inheritance, Emulation 3)

Darüber können auch formal eingegangene Beziehungen nicht hinwegtäuschen, wenn die oben genannten Bedingungen nicht erfüllt sind, der Wohnort also so weit von dem des Lehrers entfernt ist, dass nur ein gelegentliches Üben möglich ist.
Der Begriff einer Mentor-Protegé-Beziehung erscheint mir in diesem Zusammenhang eher sinnvoll, diese wäre aber in der Tat etwas anders zu sehen.

Der Wohnort des Lehrers ist also von entscheidender Bedeutung.
Das dies für uchi-deshi im besonderen Maße zutrifft, sollte doch so schwer nicht zu verstehen sein.
Kayoi-deshi, die täglich von ihrem Wohnort zum Dojo des Lehrers kommen, sollten dies mit vertretbarem Aufwand erreichen können.
Für gewöhnlich wird man, wenn man einen Lehrer gefunden hat bei dem man nicht nur ab und zu mal üben möchte, sondern bei dem man wirklich deshi, also ein "engagierter Schüler" sein möchte, den Wohnort wechseln.
Dies kann relativ große Veränderungen der Lebensumstände mit sich bringen.
Je jünger man ist, desto einfacher ist es für gewöhnlich.

Das man also nicht sieht, welche Bedeutung der Wohnort des Lehrers hat, ist mir etwas schleierhaft.
Die traditionelle Weitergabe von Wissen erfolgt nun mal im Budo traditionell auf diese sehr direkte Art und Weise. Gut, über "Freunde" vielleicht auch, wenn diese Möglichkeiten nicht vorhanden sind. Man sollte aber doch klar unterscheiden können.

Captain Kürbis
05-01-2015, 09:13
Frohes Neues euch allen!

@Ebrenndouar: ich glaube die Frage von Carstenm bezüglich des Wohnorts hast du falsch verstanden. Er bezog sich ja auf dein Argument hier:


Du kannst ja gerne weiter ignorieren, dass es in Deutschland jemanden gibt der da eindeutig Auskunft erteilen kann und wirklich konkret sagen kann: "so hat O Sensei uns Nikyo gezeigt", und der nicht der Freund von jemandem ist, der einen Lehrer hatte, der mal bei einem Schüler Ueshibas gelernt hat.

Wenn ich die Diskussion hier richtig verfolge ist deine Aussage:

"Asai war doch dabei, der lebt in Deutschland, geh hin und frag nach"

Carstenm's Aussage:

"Ich kenne mehrere Lehrer nicht aus Deutschland die noch unter O'Sensei lernten und die machen es halt anders als Asai und waren auch dabei, daher spielt der Wohnort für mein Argument keine große Rolle"

und AikiBunnys Aussage

"Errinnerungen von verschiedenen Menschen über ein und die selbe Geschichte verblassen und verändern sich halt über Jahrzehnte"
[Der "Vermutung" würde ich mich im übrigen anschließen]

Oder irre ich mich da nun?

ebrenndouar
05-01-2015, 09:46
geh hin und frag nach




Es braucht schon ein bisschen mehr Engagement, wenn man wirklich von jemandem lernen will.

Captain Kürbis
05-01-2015, 09:50
come on, ich habe lediglich versucht das Missverständnis das hier mMn vorherrscht aufzulösen, da muss man jetzt nicht darauf rumreiten, dass es mit nachfragen nicht getan ist....:rolleyes:

ebrenndouar
05-01-2015, 10:46
Ich habe lediglich darauf hinweisen wollen, dass du meine Aussage falsch verstanden hast.

Meiner Ansicht nach besteht das Missverständnis bereits an anderer Stelle.

Captain Kürbis
05-01-2015, 12:32
lass dir doch bitte nicht alles aus der Nase ziehen, wo besteht denn das Missverständnis deiner Meinung nach? Es bringt die Diskussion ja nicht vorran sich über sowas auszuschweigen

ebrenndouar
05-01-2015, 13:22
Was nützt es das Gleiche noch einmal zu schreiben? Was verstehst du nicht?

Captain Kürbis
05-01-2015, 13:42
Naja guck mal eine Diskussion im Internet bassiert ja darauf dass man sich ggf. nochmal wiederholt oder aber neue Worte findet um ein Missverständnis aus dem Weg zu räumen. Das was ich als das Missverständnis hier ansehe (zumindest im Bezug auf die Frage des Wohnorts) konterst du mit deiner Aussage.


Ich habe lediglich darauf hinweisen wollen, dass du meine Aussage falsch verstanden hast.

Meiner Ansicht nach besteht das Missverständnis bereits an anderer Stelle.

Dann ich so: naja erklär doch mal wo das dann liegt.
Dann du so


Was nützt es das Gleiche noch einmal zu schreiben? Was verstehst du nicht?

Was ich aber (deiner Meinung nach) falsch verstehe, weiß ich ja gar nicht da ich mein Verständnis ja schon schrieb. Nur du weißt was ich deiner Meinung nach falsch verstehe also korrigiere meine Aussage doch bitte und trage etwas dazu bei dass ich verstehen kann was du meinst. Dazu gehört es manchmal eben auch Sachen nochmal umzuformulieren so zum besseren Verständnis und so ;)

ebrenndouar
05-01-2015, 14:55
naja erklär doch mal wo das dann liegt.


Na gut, ich versuchs noch mal.

Die Chance aus spärlichen Informationen wie Aussagen die man in Büchern, Interviews oder anderen Quellen findet, ein Bild zu zeichnen, ist ungleich kleiner, als wenn man sich zu jemandem begibt, der als Zeitzeuge dabei war.
Natürlich ist es nicht damit getan ein paar Fragen zu stellen. Es geht darum einen umfassenden Eindruck zu gewinnen, Aussagen zu verstehen, einordnen zu können u.s.w.. Dazu muss man in einer bestimmten Art mal eine Luft Atmen, in der sich Informationen verdichtet haben, die auch nicht immer offensichtlich sind.
Es reicht halt nicht, Aussagen aus Büchern zu vergleichen, die vordergründig widersprüchlich sind, in Wirklichkeit aber wunderbar zusammenpassen.

Es geht nicht darum dass ein Mensch alles weiß, sich an alles erinnert, oder auf einen heiligen Stuhl erhoben wird. Manches wird einem erst nach Jahren klar, wie etwas gemeint war, wenn man jemanden ein Jahrzehnt oder mehr kennt.
So funktioniert das meiner Ansicht nach im Budo, man lernt nicht aus Büchern.

Captain Kürbis
06-01-2015, 08:53
Da sind wir uns ja dann einig. Aber dennoch ändert das ja nichts an dem vorher gebrachten Argument, dass es keine einheitliche Unterichtsmethode an Techniken gab, sondern bekräftigt ja nur die These, dass es unheimlich schwer, bis unmöglich nachzuvollziehen ist wie es damals ablief. Denn auch wenn man Jahrzehnte lang bei einem Lehrer übt, so hat man dann ja nur seine Sicht auf die damaligen Geschehnisse und seine Interpretation (mag diese noch so schlüssig sein; Thema Erinnerungen), dass ändert ja aber nichts daran, dass andere Menschen die damals dabei waren sich öffentlich anders äußern bzw. Dinge anders zeigen. Das Einzige was einem gelingen kann ist diese öffentlichen Aussagen (aus Büchern, Lehrgängen, etc) der anderen in die Logik des eigenen Lehrers einzubetten, was ja aber nach deiner Logik (denn man hat ja nicht Jahrzehnte bei dem anderen Lerher trainiert und damit nicht genug Einblick in die Inhalte der Aussagen) zu nichts führt.

ebrenndouar
06-01-2015, 09:32
Da sind wir uns ja dann einig. Aber dennoch ändert das ja nichts an dem vorher gebrachten Argument, dass es keine einheitliche Unterichtsmethode an Techniken gab, sondern bekräftigt ja nur die These, dass es unheimlich schwer, bis unmöglich nachzuvollziehen ist wie es damals ablief.

Nein, wieso denn?
Das Bild ist doch relativ klar, und wie ich bereits sagte, passen die verschiedenen Aussagen recht gut zusammen.
Ueshiba zeigte eine oder zwei Techniken und verschwand recht schnell, oder er hielt einen längeren Vortrag, bei dem sich die meisten Schüler langweilten.
Das er keine für ein geschultes Auge klar erkennbare Techniken gezeigt hätte, ist reine Spekulation, Aussagen die so etwas belegen würden, gibt es nicht.

Kobayashi Yasuao z.B. berichtet nur, dass es keine Erläuterungen gab: "He would show the form (the Kata), and that would be it."
In diesem Sinne sind auch die Aussagen von Tamura und anderen zu verstehen. Die Techniken die Ueshiba zeigte, waren klar definiert (Kata).
Auch heute noch ist diese Unterrichtsmethode bei verschiedenen japanischen Lehrern völlig normal, es wird eine Technik ein- zweimal gezeigt, dann wird geübt.
Ueshiba selbst lernte bei Takeda auf dieselbe Art und Weise, warum sollte er es großartig anders machen?

Zuweilen gab es für einzelne Schüler Erläuterungen zu technischen Details (kuden), vorwiegend für die uchi-deshi.
Diese bekamen auch zuweilen Techniken gezeigt, die andere Schüler nicht zu sehen bekamen.

Auch das ist ein geradezu klassiches Element in der traditionellen Weitergabe eines Budo.

Im Ausprobieren mit anderen, und durch die Erläuterungen anderer Lehrer ergibt sich dann bei den einzelnen Schülern ein Bild, wie die Technik funktioniert.

Das jeder so seine eigenen Erklärungsmuster dafür findet, wie er später weitergibt was er sich so erarbeitet hat, ist völlig normal.
Das Lernen funktioniert im Budo über Kata, erarbeiten muss man sich die Inhalte selbst.

Was soll daran unklar oder nicht nachvollziehbar sein?

Captain Kürbis
07-01-2015, 08:48
Ok, so weit kann ich dir folgen. Wärest du damit einverstanden zu sagen, dass es auf der "oberflächlichen" (damit meine ich die Ebene die einem als erstes ins Auge springt) in jeder Richtung die "gleichen" Techniken (ein zwei Abweichungen ggf.) gibt?
Wenn ja würde ich gerne zu der Anfangsfrage von CarstenM zurück kommen, nämlich wie das Verhältnis von Aiki zu Form ist. Wenn Aiki durch die Form geübt werden soll, die Form aber (nicht die technik an sich sondern ihre konkrete Ausführung) bei ganz vielen Schülern O'Senseis deutlich varriieren befinden wir uns da nicht nach wie vor in dem schon diskutierten Dillemma? Nämlich das zwar alle irgendwie einer traditionslinie folgen, aber sich an das was gezeigt wurde anders erinnern und mit der Zeit eigene Erfahrungen machten was das entwickeln von Aiki durch Form angeht?

ebrenndouar
07-01-2015, 09:37
Wenn Aiki durch die Form geübt werden soll, die Form aber (nicht die technik an sich sondern ihre konkrete Ausführung) bei ganz vielen Schülern O'Senseis deutlich varriieren befinden wir uns da nicht nach wie vor in dem schon diskutierten Dillemma?

Ich hätte ja gerne mal ein Beispiel für dieses "deutliche variieren", welches über didaktische Methoden oder eine persönliche Ausprägung ("Handschrift") hinausgeht.

Und:
Wenn zwei Leute zwei verschiedene Variationen zeigen, heißt das ja noch nicht, dass sie die jeweils andere nicht kennen (oder nicht gelernt haben), und nicht zeigen könnten.

Captain Kürbis
07-01-2015, 10:06
nur um das nochmal zu verdeutlichen, mein Argument zielt in die Richtung, dass ich sage: wenn Aiki und Form so deutlich an einander gebunden wären, müsste es eine Unterscheidung zwischen der Entwicklung von Aiki bei verschiedener formeller Ausführung geben.

Also ganz konkretes Beispiel: Ikkyo aus Aihamni

Wie ich es gelernt habe
1) Eingang: Nage macht Tenkan und lässt sein Zentrum fallen; destabilisiert Uke damit leicht

2) Nimmt die Energie des Ukes mit; bevor Uke aus der Wendung zurück in einen stabilen Stand kommen kann ist die gegriffene Hand gehoben

3) mit einem Schritt nach vorne kommt die zweite Hand zum Ellenbogen und Nage tritt in Ukes Zentrum

Wie ich es dort wo ich trainiere derzeit sehe
1) Eingang: Nage macht Tenkan, bleibt aber auf einer Ebene; Uke schickt weiter Energie in Richtung Nage

2) Nage nimmt die Energie des Ukes mit der sich weiterhin auch nach der Wendung auf Nage zu bewegt; Nage schneidet mit der gegriffenen Hand durch eine Hüftbewegung (aber ohne Schritt nach Forne!) mit der Handkante am eigenen Ohr vorbei in einer kreisförmigen Bewegung

3) zweite Hand kommt bevor Uke in Ikkyo Position knieht beim schneiden mit hinzu. Erst wenn Uke knieht kommt der Schrit nach vorne

Techniken sind beides Ikkyo (und ich würde nicht sagen dass das eine besser odr schlechter als das andere ist; hat mMn beides was für und gegen sich) aber die Form der Techniken unterscheidet sich in ihren Feinheiten doch deutlich. Man merkt ja schon das ich mit Form die tatsächlich konkrete ausgestaltete technische Form meine und nicht die abstrakte übergeordnete Technik.

ebrenndouar
07-01-2015, 11:41
Man merkt ja schon das ich mit Form die tatsächlich konkrete ausgestaltete technische Form meine und nicht die abstrakte übergeordnete Technik.

Ja, ist beides ikkyo omote waza, aber die Unterschiede sind bis auf den Schritt nicht so wesentlich, wobei dass für mich aber auch keine unterschiedliche Form, sondern nur unterschiedliche Übungsansätze, bzw. didaktische Formen sind.

Von der Übungsweise ist beides nicht kihon gotai, sondern jutai oder vielleicht schon ki no nagare.

es gibt ja unterschiedliche Übungsebenen, bei denen auch unterschiedliche Aspekte von aiki vermittelt oder geübt werden.

Grundlagen der körperlichen Struktur, die für eine bestimmte Ausprägung von aiki notwendig ist, werden eher auf der kihon oder gotai Ebene geübt.
Wenn die Übungsweise so ist, dass man mit der "Energie" des uke arbeitet, geht es eher um Sachen wie timing, blending, ma-ai (die ebenfalls Aspekte von aiki sind), oder ganz banal erst mal um das Erlernen einer Grundbewegung, über die notwendige Bewegungsmuster und Prinzipien (tai-sabaki) verinnerlicht werden können.

So wie auch der Ansatz, dass uke Energie oder ki Richtung nage schickt, nun nicht so entscheidend oder sogar ein technisches Element wäre, denn nage muss lernen, sein ki oder aiki so auszubilden, dass uke nicht anders kann als mit dieser Bewegung mitzugehen.
Dass uke seine Energie "schickt", ist nur ein Hilfsmittel damit überhaupt erst mal Bewegung zustande kommt, solange nage noch nicht in der Lage ist, uke wirklich mit seinem ki zu bewegen.
Aus diesem Grund fängt man ja z.B. in der Iwama-ryu mit kihon gotai an, weil alles was im Anfangsstadium an fließenden Bewegungen gemacht würde, noch kein "echtes" aiki sein kann.
Früher wurde da tatsächlich bis zum sandan nur statisches kihon geübt.
Es gibt aber auch andere Übungskonzepte, über die man aber am Ende zum gleichen Ergebnis kommen kann.
wichtig ist, dass ein Lernprozess in Gang kommt, der sowohl die körperlichen als auch die mentalen Aspekte von Aiki umfasst.

Nur ohne ausreichendes Kihon-training geht es nicht, und auch die von dir beschriebenen "Formen" sind auch erst mal leer, bis sie irgendwann mit Leben gefüllt und "echte" Techniken werden, bei denen es nicht mehr auf diese didaktischen unterschiede ankommt.

Captain Kürbis
07-01-2015, 13:07
Ja, ist beides ikkyo omote waza, aber die Unterschiede sind bis auf den Schritt nicht so wesentlich, wobei dass für mich aber auch keine unterschiedliche Form, sondern nur unterschiedliche Übungsansätze, bzw. didaktische Formen sind.

Aha...woran macht sich denn Form fest wenn nicht an der Äußerlichkeit? Da sind zwei Menschen die machen Ähnliches was aber dennoch in vielen sehr wichtigen Bereichen grund verschieden ist. Also machen sie nicht das gleiche auch wenn sie ggf das gleiche üben. Sie machen halt eine andere Form als der nächste mit dem selben Ziel, so würde ich das zumindest sehen. Ansonsten würde ich dich darum bitten den Begriff der Form zu definieren.



Aus diesem Grund fängt man ja z.B. in der Iwama-ryu mit kihon gotai an, weil alles was im Anfangsstadium an fließenden Bewegungen gemacht würde, noch kein "echtes" aiki sein kann.
Früher wurde da tatsächlich bis zum sandan nur statisches kihon geübt.

Hier sagst du es ja selber. Die Iwama-ryu Menschen trainieren Dinge von der Form her vollkommen anders als es Asai oder Tamura oder Yamaguchi machen/gemacht haben. Dennoch haben alle das gemeinsame Ziel über ihre Form Aiki zu entwickeln. Die Form aber ist verschieden (in der Form drückt sich [zumindest in meiner Definition] selbstverständlich auch Didaktik aus).

ebrenndouar
07-01-2015, 13:28
Da sind zwei Menschen die machen Ähnliches was aber dennoch in vielen sehr wichtigen Bereichen grund verschieden ist.

Dann frage ich dich, was daran "grundverschieden" ist.


Die Iwama-ryu Menschen trainieren Dinge von der Form her vollkommen anders als es Asai oder Tamura oder Yamaguchi machen/gemacht haben.

Nur auf bestimmten Trainingsebenen.
Die Grundformen sind/waren die gleichen.
Und "vollkommen" anders, was soll das sein? Es wie Schreibschrift, der eine zieht einen Strich hier etwas in die Länge, der andere macht einen Kringel dort größer.
Es sind die gleichen Buchstaben, jederzeit zu erkennen für jeden der lesen kann.

Captain Kürbis
07-01-2015, 15:06
Na komm jetzt machst du dir das aber doch recht einfach.

Mein Argument ist: Es wird bei allen mit dem selben Ziel trainiert, nämlich um Aiki zu entwickeln ABER es wird eben in anderer Form trainiert sprich der Weg zum Ziel ist ein anderer.

Du sagst das ist keine andere Form, die machen halt alle das gleiche (auch wenn sie sich anders bewegen, eine andere Didaktik haben, andere Prüfungsanforderungen die auch inhaltlicher Natur sind, andere Art haben wie Uke sich verhält oder wie Nage sich verhält, etc...) und ich finde das etwas einfach. In dem Moment negierst du nämlich alle Unterschiede die es gibt und tust so als ob das alles gleich wäre. Ich betone statt dessen das es alles unterschiedlich ist obwohl es ein gemeinsames Ziel hat.

Wie gesagt ich zitiere mich mal selber:


Wärest du damit einverstanden zu sagen, dass es auf der "oberflächlichen" (damit meine ich die Ebene die einem als erstes ins Auge springt) in jeder Richtung die "gleichen" Techniken (ein zwei Abweichungen ggf.) gibt?

und passend dazu in einem anderen Post


Techniken sind beides Ikkyo (und ich würde nicht sagen dass das eine besser odr schlechter als das andere ist; hat mMn beides was für und gegen sich) aber die Form der Techniken unterscheidet sich in ihren Feinheiten doch deutlich. Man merkt ja schon das ich mit Form die tatsächlich konkrete ausgestaltete technische Form meine und nicht die abstrakte übergeordnete Technik.

Zu Beginn dieses Themas hast Du noch darauf bestanden das es einen wichtigen Zusammenhang zwischen Aiki und Form gibt, jetzt kommt es mir aber so vor als würdest du mit Form eben nur das meinen was irgendwie als Aikido zu erkennen ist und dabei vollkommen die Augen davor verschließen dass das eigentlich Interresannte die Differenz zwischen all dem Gleichen ist.

Oder mal anders gesagt: Wo siehst du die Gemeinsamkeit zwischen Real Aikido und Ki-Aikido? Klar auf einer sehr oberflächlichen Ebene machen die die selben Techniken, sind beide duetlich als Handschrift Aikido zu erkennen, aber man muss nicht lange hinsehen um zu erkennen das die eigentlich was vollkommen anderes machen. Zwar gleiche Techniken aber ganz andere Form eben ;)

ebrenndouar
07-01-2015, 16:05
Ich betone statt dessen das es alles unterschiedlich ist obwohl es ein gemeinsames Ziel hat.


Worin bestehen denn deiner Ansicht nach diese grundlegenden Unterschiede?

Captain Kürbis
07-01-2015, 16:15
Worin bestehen denn deiner Ansicht nach diese grundlegenden Unterschiede?


und wieder ich aus dem post davor


(auch wenn sie sich anders bewegen, eine andere Didaktik haben, andere Prüfungsanforderungen die auch inhaltlicher Natur sind, andere Art haben wie Uke sich verhält oder wie Nage sich verhält, etc...)

....

Zwar gleiche Techniken aber ganz andere Form eben ;)

Inushishi
07-01-2015, 16:26
Kann es sein das ihr beide das Wort "Form" benutzt, der eine aber waza bzw. die Äußerung der Technik meint und der andere strikt Kata, bzw Kihôn-gata also das didaktische drumherum?

Captain Kürbis
07-01-2015, 16:36
edit:

Ich habe mehrfach definiert was ich unter Form verstehe. Sollte ebrendouar da was anderes drunter verstehen hätte er es mit Sciherheit geäußert nachdem ich ihn in Post 54 (Heute von mir) darum bat. Ich verstehe auch nicht ganz was du mit Äußerung der Technik meinst...

ebrenndouar
07-01-2015, 16:59
Ich verstehe auch nicht ganz was du mit Äußerung der Technik meinst...

Ich denke er meint, was du mehrfach geäußert hast, nämlich das grundsätzlich unterschiedliche "Formen" geübt würden. Dies sind aber eben nicht Formen, sondern so etwas wie individuelle Ausprägungen.

Was ich unter Form verstehe ist die Basisform, auf die man diese zurückführen kann.
Was die "Iwama-ryu Menschen" im Kihon-gotai üben, ist im Prinzip die grundsätzlichste Grundform, wie sie von Ueshiba unterrichtet wurde.

Die ist überhaupt nicht völlig anders als das, was Asai, Tamura oder Tada grundsätzlich als Baisform zeigen würden.
Da die Übungsmethode bei Asai eben oft anders ist, (ki no nagare) sehen die Ausführungen halt oft etwas anders aus.
Die (statischen) Grundformen werden aber ebenfalls sehr intensiv geübt.

Ich habe aber auch schon mehrmals gefragt, worin du die grundlegenden Unterschiede siehst?

Captain Kürbis
07-01-2015, 17:29
na gucke mal, das ist doch mal eine Antwort, auch wenn die Frage ja schon ne ganze Zeit zurück liegt;)

Was ich unter "grundlegenden Unterschieden" verstehe habe ich bereits mehrmals erklärt. Zuletzt ganz dezidiert in meinem vorletzten Post.

Aber um mal bei deiner Form definition einzuhaken: Das bedeutet ja dass jeder der Aikido macht automatisch die gleiche Form macht, unabhängig davon wie er die Techniken ausführt, mit welcher Idee also Inhalt usw.
Das heißt ja eigentlich um nicht die selbe Form zu machen müsste einer Krav Maga machen. Entschuldige aber da würde ich nicht mitgehen, das ist mir zu viel Gleichmacherei. Wie ich ja schon mal schrieb betonst du halt eher die Gemeinsamkeiten (und zwar das die alle den gleichen Nullpunkt haben auf den sie sich beziehen und zwar O'Sensei) und ich eher die Differenz in der konkreten Ausführung. Im Prinzip sagst du "eigentlich machen die alle das selbe" und ich "eigentlich machen die alle was anderes, aber mit dem selben Ziel". Natürlich hast du Recht das die alle irgendwie Ikkyo machen (habe ich ja auch schon mal gesagt dass die alle die gleichen Techniken im groben zeigen) aber die machen den halt alle anders, mit ner anderen Idee und so weiter: die machen halt nicht das Gleiche, die machen nur Ähnliches das aber doch grun verschieden ist (wenn man sich die Feinheiten anschaut; z.B. ist die Idee was Uke Verhalten angeht von meinem jetzigen Trainer ganz anders als von dem Dojo aus dem ich komme was an Ausführung der Technik und INhalt usw. unheimlich viel ändert).

ebrenndouar
07-01-2015, 21:07
Ich glaube, du hast mich gründlich missverstanden.

Was die Erklärung deiner grundlegenden Unterschiede angeht, so bin ich bisher nicht zufrieden.

Captain Kürbis
08-01-2015, 09:01
na dann lös doch das Missverständnis mal auf. Ich hab dich doch schon öfter darum gebeten dir nicht immer alles aus der Nase ziehen zu lassen.

Was die Unterschiede angeht gilt übrigens das Gleiche, sag mir doch einfach womit du nicht zufrieden bist bzw. wo du das Problem siehst. Ob du es glaubst oder nicht ich kann nicht in deinen Kopf rein schauen, du musst deine flinken Fingerchen schon bemühen um dich auszudrücken ;)

ebrenndouar
08-01-2015, 09:12
na dann lös doch das Missverständnis mal auf.


Ich habe dir jetzt eigentlich eine ganze Menge Input gegeben.
Vielleicht solltest du dich bemühen noch mal alles in Ruhe lesen.

Ansonsten hast du bisher nur äußerliche Unterschiede genannt, wie man eine Technik auf verschiedene Weise ausführen kann.
Was daran fundamental ist, hast du nicht erklärt.
Wie, und auf welcher Ebene wirken sich diese Unterschiede deiner Ansicht nach aus, was verändert es wenn man eine Technik auf diese oder eine andere Weise macht?
Das solltest du erklären können, wenn du von grundsätzlichen oder fundamentalen Unterschieden sprichst.

Captain Kürbis
08-01-2015, 10:10
Ich habe dir jetzt eigentlich eine ganze Menge Input gegeben.
Vielleicht solltest du dich bemühen noch mal alles in Ruhe lesen.
.

Na na na so kommen wir nicht weiter. Ich könnte den Ball einfach zurück spielen und sagen "lies nochmal genau mein Lieber, dann siehst du auch welche inhatlichen Unterschiede ich meine". Das wäre aber einfach arrogant und wenig zielführend.

Und überhaupt würde ich dich doch etwas darum bitten auf deine Wortwahl und Attitüde (die du zumindest nach Außen spiegelst) zu achten. Durch so Sätze wie "ich habe dir Input gegeben" und "vielleicht bemühst du dich nochmal in Ruhe" vermittelst du nämlich eine ziemliche von oben herab Haltung die nicht auf eine gleichberechtigte Diskussion zwischen zwei freundlich zueinander stehen Individuen schließen lässt. Aber das nur zum Umgangston.



Ansonsten hast du bisher nur äußerliche Unterschiede genannt, wie man eine Technik auf verschiedene Weise ausführen kann.
Was daran fundamental ist, hast du nicht erklärt.
Wie, und auf welcher Ebene wirken sich diese Unterschiede deiner Ansicht nach aus, was verändert es wenn man eine Technik auf diese oder eine andere Weise macht?
Das solltest du erklären können, wenn du von grundsätzlichen oder fundamentalen Unterschieden sprichst.

Da ich aber nicht das Ping-Pong Spiel mit dir spielen möchte ("das habe ich schon geschrieben, lies es nochmal nach"; "nein; "doch"; "ohhh") schreibe ich es dir nochmal wo ich die Unterschiede sehe.

da wo ich herkomme hat Uke die Intension wirklich anzugreifen. Richtig zu schlagen, richtig zu packen etc. spricht nicht einfach alles mit sich machen zu lassen. Nage soll sich so bewegen dass er Uke kontrolliert und ihm die Chance zu einem zweiten Angriff nimmt. Daher ist der Eingang sehr wichtig, die Bewegungen sind oft relativ kruz und die Ebenen werden in der Fürhung gewechselt etc.

da wo ich gerad trainiere haben beide die Intension sich gmeinsam zu bewegen und zu üben. Uke blockiert niemals sondern schickt dauerhaft Energie. Die Übung besteht eher darin den dauerhaften Ernegiefluss mit zunehmen und aufrecht zu erhalten. Die Bewegungen sollen sich für beide gut anfühlen. Daher sind die Bewegungen von Nage oftmals größer und haben mehr Schnörkel, Uke rollt auch viel mehr als das er fällt (selbst aus z.b. Kote-gaeshi wird oft gerollt)

Man sieht ja deutlich dass inhaltliche Gedanken und Ausführung sich gegenseitig bedingen. Mit dem Gedanken des festen und entschlossenen Angriffs könnte man nicht führen wie in Beispiel 2. Es sind gleiche Techniken aber der Inahlt und die Form (die sich ja gegenseitig bedingen und wo nicht klar ist was zu erst da war, wahrscheinlich haben die sich in nem dialektischen Prozess gleichzeitig entwickelt) sind Grund verschieden, machen also für das Üben, die Gedankenwelt der Übenden, den Körper (auch das Verhältnis zu Körper dem eigenen wie dem fremden), den Einsatz von Aiki usw. einen elementaren Unterschied.
Aber: Beide üben Aiki auf ihre Art und Weise (keins von beidem ist beser oder schlechter), haben also das gemeinsame Ziel AIki zu entwickeln.

ebrenndouar
08-01-2015, 10:28
Mit dem Gedanken des festen und entschlossenen Angriffs könnte man nicht führen wie in Beispiel 2.


Warum denn nicht?
Das ist doch nur abhängig davon, wie weit man so ist. Ein Anfänger wird es noch nicht können.
Das ist das Problem, ich weiß nicht auf welchem Level du dich bewegst, von daher sind solche Diskussionen immer etwas schwierig.

Im übrigen hast du zwei Ausführungen mit dem gleichen Eingang (Tenkan) beschrieben, die Ausganssituation ist also identisch.
Punkt zwei (Nage nimmt die Energie des Ukes mit) hast du ebenfalls bei beiden Ausführungsvarianten beschrieben. Also bei beiden Varianten gehst du davon aus, dass Energie vorhanden ist, du "mitnehmen", also führen kannst.
Ich sehe da keine fundamental unterschiedlichen Herangehensweisen.


Beide üben Aiki auf ihre Art und Weise (keins von beidem ist beser oder schlechter), haben also das gemeinsame Ziel AIki zu entwickeln.

Das ist ebenfalls ein schwieriger Punkt, da die Definitionen von "Aiki" sich unterscheiden können.
Was du z.B. unter Aiki verstehst, ist mir nicht ganz klar.

Captain Kürbis
08-01-2015, 11:15
Warum denn nicht?
Das ist doch nur abhängig davon, wie weit man so ist. Ein Anfänger wird es noch nicht können.
Das ist das Problem, ich weiß nicht auf welchem Level du dich bewegst, von daher sind solche Diskussionen immer etwas schwierig.

Im übrigen hast du zwei Ausführungen mit dem gleichen Eingang (Tenkan) beschrieben, die Ausganssituation ist also identisch.
Punkt zwei (Nage nimmt die Energie des Ukes mit) hast du ebenfalls bei beiden Ausführungsvarianten beschrieben. Also bei beiden Varianten gehst du davon aus, dass Energie vorhanden ist, du "mitnehmen", also führen kannst.
Ich sehe da keine fundamental unterschiedlichen Herangehensweisen.


Ich denke doch das ich sehr deutlich heraus gestellt habe wo da inhaltliche Unterschiede liegen (Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc.). Und ja, sie üben, wie ich schon mehrfach schrieb, alle eine ähnliche Technik, aber eben in ihren Besonderheiten usw. unterscheiden die sich halt deutlich.
Wie gesagt, es ist alles Aikido, aber es ist nicht alles das Gleiche, auch wenn es gleiche Ziele haben mag. Wie deine Argumentation oben auch deutlich zeigt komme ich wieder zu dem von mir bereits geschriebenen zurück. Du betonst halt sehr stark das alles aus einem bestimmten Nullpunkt kommt, also die Gemeinsamkeiten die die Menschen in ihrem Üben aufweisen, ich hingegen lege den Fokus halt auf die Unterschiede.
Aber ich würde dich gerne etwas anderes mit ähnlicher Richtung fragen. Wie müsste sich denn jemand Verhalten damit du anerkennst, dass er zwar Aikido macht aber eine andere Form? Kann es das überhaupt geben so lange man die allgemeine Handschrift des Aikidos (was auch immer das sein soll) wieder erkennt?

ebrenndouar
08-01-2015, 11:54
Du betonst halt sehr stark das alles aus einem bestimmten Nullpunkt kommt, also die Gemeinsamkeiten die die Menschen in ihrem Üben aufweisen, ich hingegen lege den Fokus halt auf die Unterschiede.


Das ist deine Interpretation, die aber ein bisschen vorschnell ist.
Die Unterschiede die du beschreibst (Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc.)", gibt es immer, denn die Menschen sind unterschiedlich, und jeder fängt an einem anderen Punkt an zu üben.
Sogar innerhalb des selben Dojo können die Menschen diese unterschiedlichen Haltungen in ihren Bewegungen ausdrücken, auch wenn sie meinen, alle das zu üben, was ihnen vom Lehrer gezeigt wurde. Von der Form her tun sie das ja auch.

Das ist aber im Grunde nichts anderes als das was du beschreibst, die Eingangsbewegung und die weitere Ausführung unterscheiden sich ja nun nicht wirklich gravierend, die Hauptunterschiede scheinen ja für dich auch nicht technischer Art zu sein, sondern in der Haltung der Übenden zu liegen.
Ob da nun einer am Ohr vorbeischneidet und er andere die Hand etwas tiefer hält, spielt da doch wohl eher einer geringe Rolle.



Wie müsste sich denn jemand Verhalten damit du anerkennst, dass er zwar Aikido macht aber eine andere Form? Kann es das überhaupt geben so lange man die allgemeine Handschrift des Aikidos (was auch immer das sein soll) wieder erkennt?

Es gibt bei einigen Techniken schon gravierendere Unterschiede von der späteren Form von der Ursprungsform des Daito-ryu, z.B. Ippon-dori in der kogusoku-Form unterscheidet sich deutlich vom Ikkyo, wie er später unterrichtet wurde.

Es sind auch tatsächlich Unterschiede zwischen den Formen von Schülern (oder deren Nachfolgern) verschiedener Perioden zu sehen. Es gab also Veränderungen, die aber nicht willkürlich sind wie es manchmal versucht wird darzustellen (heute so, morgen so, in Osaka so, in Tokyo wieder anders), sondern bestimmte Entwicklungsperioden kennzeichnen. Dazu kommt, dass der 2. Doshu bestimmte Veränderungen in der Systematik vorgenommen hat, was sich auch auf die Formen ausgewirkt hat (insbesondere bei den osae-waza, bei den Wurftechniken weniger).
Die "Altersformen" von O senseis Irimi-nage und des 2. Doshu unterscheiden sich tatsächlich kaum, wobei das natürlich keine kihon-Form ist, sondern eine freie Bewegung, die aus einem langen Aikido-Leben resultiert. Wer also solche Bewegungen versucht direkt nachzuahmen ohne über die Grundbewegungen zu gehen und zu lernen, wird scheitern.


Kann es das überhaupt geben so lange man die allgemeine Handschrift des Aikidos (was auch immer das sein soll) wieder erkennt?

Eine "allgemeine Handschrift" kann es nicht geben, die ist immer persönlich.
Es gibt aber allgemein gültige "Druckbuchstaben", die jeder lernen muss bevor er an das Erlernen der Schreibschrift drangeht.

Captain Kürbis
08-01-2015, 14:30
Das ist deine Interpretation, die aber ein bisschen vorschnell ist.
Die Unterschiede die du beschreibst (Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc.)", gibt es immer, denn die Menschen sind unterschiedlich, und jeder fängt an einem anderen Punkt an zu üben.
Sogar innerhalb des selben Dojo können die Menschen diese unterschiedlichen Haltungen in ihren Bewegungen ausdrücken, auch wenn sie meinen, alle das zu üben, was ihnen vom Lehrer gezeigt wurde. Von der Form her tun sie das ja auch.


OK, also weil alle Menschen individuell sind ist es keiner mehr ;) Du versuchst da ein wenig viel über einen Kamm zu schehren mMn. Natürlich bewegt sich jeder Mensch individuell, kommt aus seiner eigenen kleinen Welt etc. aber wir reden nicht über Menschen sondern über das Aikido eines bestimmten Lehrers das eben einer gewissen Logik folgt. Daher geht dein Argument in diesem Fall so nicht auf. Es geht eben um strukturelle bzw. um objektive (also außerhalb des Subjektes liegende) Form, nicht um individuelle.

Und ich bitte dich doch darum nicht beliebig deine Argumentation zu wechseln. In einem deiner letzten Posts hast du mir noch vorgeworfen:


Ansonsten hast du bisher nur äußerliche Unterschiede genannt, wie man eine Technik auf verschiedene Weise ausführen kann.
Was daran fundamental ist, hast du nicht erklärt.

(Hervorh. von mir)

um nun, da ich nicht nur Äußere Unterschiede aufzeigte plus die Verknüpfung von Form und Inhalt versucht habe zu beschreiben, mir vorzuwerfen:


die Hauptunterschiede scheinen ja für dich auch nicht technischer Art zu sein, sondern in der Haltung der Übenden zu liegen.


(Hervorh. von mir)

Wie gesagt, es ist beides gleichzeitig (das habe ich gemeint als ich von einem Prozess sprach).




Eine "allgemeine Handschrift" kann es nicht geben, die ist immer persönlich.
Es gibt aber allgemein gültige "Druckbuchstaben", die jeder lernen muss bevor er an das Erlernen der Schreibschrift drangeht.

Siehst du und auch da würde ich wiedersprechen. Alle lernen zwar Durckbuchstaben die jeder andere als solche erkennen kann, aber sie sind halt doch nicht die selben. Denn wenn es stimmt was du sagst, dass es egal ist wie man die Technik körperlich nun ausführt (dein Post vor meinem, dein beispiel ist am Ohr entlang schneiden oder nicht) dann gibt es eben auch keinen Zusammenhang zwichen tatsächlicher konkreter Bewegung (Form) und der Entwicklung von Aiki.

Und letztendlich noch etwas: Du sagst zwar mein Urteil sei vorschnell (obwohl du ja kein Gegenargument bringst sondern es nur behauptest) aber gibst mir impliziet recht wenn du auf meine Frage nach unterschiedlichen Formen innerhalb des Aikido schreibst:


Es gibt bei einigen Techniken schon gravierendere Unterschiede von der späteren Form von der Ursprungsform des Daito-ryu, z.B. Ippon-dori in der kogusoku-Form unterscheidet sich deutlich vom Ikkyo, wie er später unterrichtet wurde.


(Hervorh. von mir)

Es scheint so, folge ich deiner Argumentation, als ob es eben innerhalb des Aikidos zwar mal Änderungen gab, aber um einen wirklichen Unterschied in der Form zu erkennen muss ich Aikido mit zwar verwandten aber an sich anderen Kampfkünsten vergleichen. Innerhalb des Aikidos gibt es die Formunterschiede anscheinend deiner Meinung nach nicht und das weil


Es gibt aber allgemein gültige "Druckbuchstaben", die jeder lernen muss bevor er an das Erlernen der Schreibschrift drangeht

Also alle den gleichen Nullpunkt haben

ebrenndouar
08-01-2015, 14:48
OK, also weil alle Menschen individuell sind ist es keiner mehr

Was für ein Unsinn.

Und natürlich reden wir über Menschen, denn "Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc." hat was mit Individuen, und nichts mit "außerhalb des Subjektes" liegender Form zu tun.
die innere Haltung kann sich zwar in der Form ausdrücken, lässt sich aber nicht von außen drüber stülpen.



Denn wenn es stimmt was du sagst, dass es egal ist wie man die Technik körperlich nun ausführt

Habe ich so nicht gesagt, dass ist wieder eine Interpretation von dir. Ich habe versucht dir zu verdeutlichen, dass die von dir beschriebenen "Formen", die ja in Wirklichkeit "Haltungen" sind wie du sagst, eben nicht diese von dir behaupteten fundamentalen Unterschiede aufweisen.

Ich glaube die Diskussion ist an einem Punkt angelangt, wo es nichts bringt weiterzumachen. Ich bin dann mal weg.

Captain Kürbis
08-01-2015, 15:07
Jetzt geh doch nicht weg, es wird doch gerade erst interresant! Ich glaube wir bewegen uns auf einen ziemlich spannenden Punkt zu.

Ich antworte dennoch mal n der Hoffnung, dass bei dir die Neugierde siegt wenn du siehst das ich wieder postete und du drauf klickst ;)


Was für ein Unsinn.

Und natürlich reden wir über Menschen, denn "Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc." hat was mit Individuen, und nichts mit "außerhalb des Subjektes" liegender Form zu tun.
die innere Haltung kann sich zwar in der Form ausdrücken, lässt sich aber nicht von außen drüber stülpen.



Du verstehst mich da leider gänzlich falsch. Wie ich bereits schrieb geht es ja um das Bewusstsein etc. innerhalb einer gewissen Logik bzw. Struktur. Ich habe ja auch in meinen Ausführungen zwei Logiken gegenüber gestellt. Die eine Logik geht halt (also bei meinen Beispielen jetzt) von einem widerständigen Uke unsw. aus die andere nicht (wie sich das jetzt im individuellen Subjekt ausprägt ist eine ganz andere Frage). Wenn du versuchst die Logik des Übens nur ans Subjekt zu koppeln lässt du ja außer acht das jeder Lehrer seine spezifische Logik des Übens hat in denen sich seine Schüler bewegen müssen und wollen, denn über diese Logik (ein wichtiger Teil davon ist die konkrete Form) wird das Erlernen von Aiki ja erst möglich.
Wenn du jetzt sagst die Logik ließe sich nicht von Außen überstülpen so sage ich: "ja, stimmt". Aber ich fange auch nicht bei einem Lehrer an zu trainieren wenn mir bei dem nichts gefällt, sprich die Logik nicht zusagt. Die Menschen suchen sich automatisch jemanden bei dem sie sich wohlfühlen da muss nichts von Außen übergestülpt werden, die Menschen stülpen von ganz allein.

Also das als kleiner Ausflug in die soziologische Perspektive auf Aikido ;)




Habe ich so nicht gesagt, dass ist wieder eine Interpretation von dir. Ich habe versucht dir zu verdeutlichen, dass die von dir beschriebenen "Formen", die ja in Wirklichkeit "Haltungen" sind wie du sagst, eben nicht diese von dir behaupteten fundamentalen Unterschiede aufweisen.

Ich glaube die Diskussion ist an einem Punkt angelangt, wo es nichts bringt weiterzumachen. Ich bin dann mal weg.

Also erst mal sind sie keine Haltungen, wo du das jetzt her nimmst ist mir leider schleierhaft. Und überhaupt, bis auf das du immer wieder sagst das die techniken alle den selben Ursprung haben ist dein Argument leider ziemlich schwach auf der Brust. Du müsstest eher mal darstellen warum die ganzen von mir aufgezählten Unterschiede nichtig sind oder aber warum meine Ansicht, dass dein Argumetn nur darauf zielt das alle den gleichen Ursprung haben, falsch ist.

ebrenndouar
08-01-2015, 15:49
Also erst mal sind sie keine Haltungen, wo du das jetzt her nimmst ist mir leider schleierhaft.

Jetzt willst du mich wohl auf den Arm nehmen, willst du wirklich das wir weitermachen?

Du schriebst, die wesentlichen Punkte um die es geht, als ich dich fragte wo du denn die fundamentalen Unterschiede siehst, sind diese (schon mehrfach zitiert):

"Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc."

Wenn es denn um in der Form begründete, strukturelle Unterschiede geht, musst du mal erläutern wo du die siehst.
Die "Formen" die du beschreibst, lassen sich sowohl mit der einen, als auch mit der anderen "geistigen Haltung" üben.
Auch die "Logik des Übens" lässt keine Rückschluss darauf zu, dass die Technik jeweils in der von dir beschriebenen Art und Weise geübt werden kann. Schau dir deine Beschreibung noch einmal unter diesem Aspekt an.

Es kann natürlich anders aussehen wenn Uke versucht festzuhalten, und nage das nicht hinkriegt, ihn trotzdem zu bewegen. Aber das ist doch wohl nicht eine andere Form, das ist eher krampf.

Form ist eine ganz klar definierte Bewegung, eine Kata.
Die von dir beschriebenen Varianten weisen geringfügige Unterschiede auf, die man noch als unterschiedliche persönliche Ausprägung interpretieren kann, die aber jeweils auf unterschiedliche Weise, mit einer unterschiedlichen mentalen Ausrichtung oder Einstellung geübt werden können.
Wenn nicht, musst du mir erklären warum das nicht geht, und wo die genannten Strukturellen Unterschiede in der Form zu finden sind.
Gibt es eine unterschiedliche körpermechanik, sind es Unterschiede in der Körperausrichtung, wesentliche Unterschiede der Fußstellung, die sich strukturell auswirken können, eine besondere Form der Atmung, oder oder oder.
Der einzige strukturelle Unterschied der mir auffällt, ist der unterschiedliche Zeitpunkt des Vorwärtsschritts, der sich auf die Art der Kraftübertragung auswirkt. Auf solche Dinge bist du aber bisher nicht eingegangen.
Wie wirkt sich so etwas deiner Ansicht nach auf die geistige Haltung aus?
Das sind so Fragen, die ich gern beantwortet hätte.
Ich bin gespannt, ob dazu etwas kommt, bisher weichst du nämlich aus und bleibst schwammig in deiner Erläuterung.
du wechselst nach Belieben die Ebene zwischen struktureller Form, Logik des Übens und soziologischen Perspektiven.

Captain Kürbis
08-01-2015, 18:05
Jetzt willst du mich wohl auf den Arm nehmen, willst du wirklich das wir weitermachen?

Öhm ja, ich finde das eigentlich ganz spannend, aber fühl dich zu nichts gezwungen, vor allem nicht wenn es dich anfängt zu erzürnen oder zu nerven, dann ist auch kein Austausch möglich ;)



Du schriebst, die wesentlichen Punkte um die es geht, als ich dich fragte wo du denn die fundamentalen Unterschiede siehst, sind diese (schon mehrfach zitiert):

"Bewusstsein von Uke und Nage zu sich selbst, zu dem anderen, zu ihrem Körper und dem des anderen; Geistige Haltung während des Ausführung, etc."

Wenn es denn um in der Form begründete, strukturelle Unterschiede geht, musst du mal erläutern wo du die siehst.

Form ist eine ganz klar definierte Bewegung, eine Kata.
Die von dir beschriebenen Varianten weisen geringfügige Unterschiede auf, die man noch als unterschiedliche persönliche Ausprägung interpretieren kann, die aber jeweils auf unterschiedliche Weise, mit einer unterschiedlichen mentalen Ausrichtung oder Einstellung geübt werden können.
Wenn nicht, musst du mir erklären warum das nicht geht, und wo die genannten Strukturellen Unterschiede in der Form zu finden sind.

Ich versuch das mal auseinander zu klamüstern und dir verständlich zu machen was ich meine. Also ich habe versucht darzustellen dass die wesentlichen Unterschiede mMn. sowohl technischer also formeller Natur sind, als auch geistiger. Das ist ja das was ich mit Prozess meinte, es ist nicht trennbar beides ist inneinander verwoben. Erst durch das intensive Lernen einer bestimmten Logik, und da gebe ich dir ja recht, wird es möglich von dieser zu abstrahieren also sich von der Form zu lösen. Das ist aber das letztliche Ziel. In der konkreten Logik geht es erst einmal darum dem Schüler das zu vermitteln was der Lehrer als elementar und grundlegend ansieht.
Sowohl die geistige Haltung als auch die körperliche aber auch die Mechanik der Technik ist eine vollkommen andere wenn ich die Logik wechsle sprich wenn Uke anders angreift (jetzt von der ernsthafttigkeit) verändert sich die Technik bzw. kann es sogar soweit gehen dass die Technik bei bestimmten Uke Verhalten nicht mehr in einer bestimmten Logik ausführbar ist.

Beispiel:
Dort wo ich übe soll Uke, wie schon mehrfach beschrieben, dauerhaft Energie schicken. Daher braucht Nage bei Aihamni Ikkyo nach dem Tenkan keinen Schritt zu machen sondern kann rein mit Hüftbewegung Ikkyo ausführen. Setzt aber vorraus das Uke nach dem Tenkan auch weiterhin Bewegungsenergie zum Nage schickt. Passiert das nicht (wie es zB in der Logik bei Tissier (?) der Fall ist in dem der Uke wieder in Hamni Position geht um einen festen Stand einzunehmen) ist die Technik so nicht durchführbar und es heißt dann "so können wir das, was wir üben wollen, nicht üben, denn das ist für uns kein Anrgiff" (tatsächlich ein Satz den ich schon öfter in diesem Zusammenhang so hörte).
Das heißt aber auch dass das was geübt werden soll eine bestimmte Logik vorraussetzt und es auf Ebene der Buchstaben eben nicht unerheblich ist wie sie geschrieben werden, sondern das schreiben nur gelernt werden kann wenn ich die ersten X Jahre eine bestimmte Logik des Alphabeths verinnerliche (wie viel X ist sei nun mal dahin gestellt aber ich würde mal von mindestens 10 tendentiell mehr ausgehen und dann kann man anfangen sich zu lösen wie lange das dauert...keine Ahnung). Natürlich hast du recht wenn du sagst irgendwann geht das dann alles, klar irgendwann soll man sich ja von der Form und der Logik frei machen bzw. sich anfangen davon frei zu machen. Das ist aber das Ziel.

Daher meine ich es ist ein elementarer Unterschied ob ich den Schritt mache oder nicht da mit diesem so gering erscheinden Anderssein eine unheimliche Fülle an Dingen einher geht.
Ich hoffe du verstehst etwas besser was ich meine, natürlich sind das alles nur Beispiele und es wid in keinster Weise eine Anspruch an Vollständigkeit erhoben. :)
Und im Ende läuft es genau darauf hinnaus was du beschreibst:



Gibt es eine unterschiedliche körpermechanik, sind es Unterschiede in der Körperausrichtung, wesentliche Unterschiede der Fußstellung, die sich strukturell auswirken können, eine besondere Form der Atmung, oder oder oder.

Durch das von mir oben beschrieben ändert sich eben a) die Mechanik der Technik (alleine das Timing ist ein komplett anderes) b) insgesamt die Bewegung des Körpers (ich möchte hier nur auf den gegriffenen Arm hinweisen; das habe ich aber schon an anderer Stelle erörtert) c) Fußstellung bzw. Körperhaltungen sind auch wesentlich anders (in den beiden von mir erörterten Beispielen geht es sogar soweit das bei der Art mit Schritt das Zentrum des Nages auch in der Ausgangsposition deutlich sträker nach Forne gerichtet ist um so deutlicher eintreten zu können beim Schritt) d) Atmung (muss ich mal drauf achten sage ich dir nach dem nächsten Training ;)

Ich hoffe es ist deutlicher geworden.



Ich bin gespannt, ob dazu etwas kommt, bisher weichst du nämlich aus und bleibst schwammig in deiner Erläuterung.
du wechselst nach Belieben die Ebene zwischen struktureller Form, Logik des Übens und soziologischen Perspektiven.

Dazu möchte ich noch sagen, dass ich immer das Gefühl hatte sehr nah am konkreten Beispiel zu argumentieren, immerhin ist das nicht das erste Mal das ich versuch es an einer konkreten Technik deutlich zu machen. Ich würde dich doch darum bitten das nächste mal gleich so konkrete Fragen zu stellen, dann können wir uns nämlich das nächste Mal etwaige Missverständnisse ersparen;)
Und zur Ebene, naja, es geht ja schon die ganze Zeit um die Form die in die Logik/Struktur eingebettet ist (das kann man gar nicht nicht soziologisch verstehen;)) die ja das lernen von Aiki ermöglichen soll. Tut mir leid wenn das bei dir nicht richtig ankam! Mein Ausflug in die Soziologie sollte auch nur dein Argument entkräften dass es ja ganz einfach um die übenden Menschen gehen würde; das Thema ist ja Form und Aiki und nicht Mensch und Aiki ;)

Schönen Abend dir!

ebrenndouar
09-01-2015, 10:11
Dort wo ich übe soll Uke, wie schon mehrfach beschrieben, dauerhaft Energie schicken. Daher braucht Nage bei Aihamni Ikkyo nach dem Tenkan keinen Schritt zu machen sondern kann rein mit Hüftbewegung Ikkyo ausführen. Setzt aber vorraus das Uke nach dem Tenkan auch weiterhin Bewegungsenergie zum Nage schickt. Passiert das nicht (wie es zB in der Logik bei Tissier (?) der Fall ist in dem der Uke wieder in Hamni Position geht um einen festen Stand einzunehmen) ist die Technik so nicht durchführbar und es heißt dann "so können wir das, was wir üben wollen, nicht üben, denn das ist für uns kein Anrgiff" (tatsächlich ein Satz den ich schon öfter in diesem Zusammenhang so hörte).

Es kann in keiner "Logik", wie du dich ausdrückst, Sinn und Zweck der Übung sein das Uke wieder einen festen, stabilen Stand einnimmt. Dann hätte man sich die Eingangsbewegung nämlich sparen können weil man keinen Vorteil gewonnen hat, denn Uke kann aus dieser Position problemlos wieder angreifen.
Es geht also darum dauerhafte Kontrolle zu erlangen, die im ersten Moment der Kontaktaufnahme beginnt oder hergestellt wird.
Dies kann durch weiterführen Ukes in einer für ihn instabilen Bewegung, oder durch eine Kontrolle, bei der uke quasi in einer Position "festgehalten" wird, erreicht werden. Sowohl in der Bewegung als auch in der (scheinbaren) Statik wird er permanent durch nage kontrolliert.
Eine Technik anzuwenden wäre aus einer "stabilen" Position ohne freiwillige Aufgabe dieser Stabilität seitens Uke nicht möglich.

In beiden Fällen ist es also nicht Uke der die Position in der er sich befindet bestimmt, sondern nage.
Beides ist die Folge von Aiki, was man als Anfänger noch nicht hat, also quasi "simulieren" muss.
Wie "entwickelt" sich nun Aiki in der jeweiligen Übungsweise?
Da es unterschiedliche Aspekte von Aiki gibt, sind diese auch in den jeweiligen Übungsmethoden angelegt, und daher muss man auch auf unterschiedliche Arten üben.
Deswegen gibt es ja go no keiko, Ju no keiko und ki no nagare.

Das dies oder jenes keine Angriff sei, mit dem man dies oder jenes nicht üben kann, stimmt nur bedingt, weil man zum Üben auch bestimmte "Verabredungen" gibt, aber oft ist das, gerade bei fortgeschrittenen Aikidoka, eine Ausrede.
Ob quasi-statisch oder nicht, kann also nicht der Grund dafür sein, ob beim Ikkyo ein Vorwärtsschritt gemacht wird oder nicht, den beide Bewegungsarten sind eigentlich unabhängig vom Verhalten des Uke möglich. Wenn ich ihn unter Kontrolle habe, kann ich entscheiden was ich tue.

Diese von Didaktik oder Logik abhängigen Formen machen für eine bestimmte Übungsmethode Sinn, sind aber Übungskonstrukte, welche die eigentliche Technik auf eine bestimmte Ebene herunterbrechen, auf der man je nach Entwicklungsstand üben kann.
Daher können sich diese auch mit fortschreitender Erkenntnis eines Schülers ändern und dem Stand entsprechend angepasst werden.

Also könnte man sagen, die eigentliche Form bietet verschiedene Möglichkeiten, wie man mit ihr umgehen kann und wie man sie an die jeweilige Übungsmethode anpasst, was aber nicht wirklich unterschiedliche Formen sind, weil sie sich an die Gegebenheiten und den Entwicklungsstand des Übenden anpassen.
Davon unterscheiden muss man wieder die persönliche "Handschrift" die sich ausgehend von einer dieser didaktischen Übungsmethoden entwickelt.

So, was ist nun mit der eigentlichen Form, ist sie so abstrakt dass sie eigentlich gar nicht vorhanden ist?
Nein, denn die grundlegende Form findet man im kihon gotai, das ist der Ausgangspunkt, zu dem man immer zurückkehren kann. Hier werden auch die grundsätzlichen Strukturen entwickelt, da die Grundtechniken meiner Ansicht nach auf bestimmten "body-Patterns" beruhen, die auch die Grundelemente der Techniken und Übungen in chinesischen Kampfkünsten sind.
Dies ist meiner Ansicht nach auch der Grund für eine bestimmte Auswahl an Techniken, die Ueshiba für die Entwicklung seiner Kampfkunst vorgenommen hat.

Captain Kürbis
15-01-2015, 09:45
Hi, sorry das ich mit meiner Antwort so lange habe auf mich warten lassen, aber die Zeit war knapp um im Internet zu diskutieren ;)


Es kann in keiner "Logik", wie du dich ausdrückst, Sinn und Zweck der Übung sein das Uke wieder einen festen, stabilen Stand einnimmt.

Naja, Sinn und Zweck der Übung nicht, dennoch eben Intention (so habe ich das schon mehrfach von Menschen gehört die sich an Tissie oder Endo orrientieren). Wenn Uke halt einfach nach dem Tenkan stehen bleibt und sich zurück nimmt um wieder einen festen Stand zu suchen (und den auch findet) dann muss man halt mehr nach vorne kommen als Nage (wenn der Berg nicht zum Profeten kommt und so ;))



Dann hätte man sich die Eingangsbewegung nämlich sparen können weil man keinen Vorteil gewonnen hat, denn Uke kann aus dieser Position problemlos wieder angreifen.
Es geht also darum dauerhafte Kontrolle zu erlangen, die im ersten Moment der Kontaktaufnahme beginnt oder hergestellt wird.
Dies kann durch weiterführen Ukes in einer für ihn instabilen Bewegung, oder durch eine Kontrolle, bei der uke quasi in einer Position "festgehalten" wird, erreicht werden. Sowohl in der Bewegung als auch in der (scheinbaren) Statik wird er permanent durch nage kontrolliert.


Ja das sehe ich genau so, aber das kann man halt nicht von Anfang an, muss man halt üben und das dauert. Das ist aj der Sinn der verschiedenen Formen, genau das zu üben, die Kontrolle zu haben etc und sich am Ende von den Formen zu befreien.


Ob quasi-statisch oder nicht, kann also nicht der Grund dafür sein, ob beim Ikkyo ein Vorwärtsschritt gemacht wird oder nicht, den beide Bewegungsarten sind eigentlich unabhängig vom Verhalten des Uke möglich. Wenn ich ihn unter Kontrolle habe, kann ich entscheiden was ich tue.



Ja absolut richtig, aber du redest von etwas was erst nach Jahren des Übens erreicht wird, also quasi dem Ziel. Ich spreche vom Weg dahin und der geht halt über verschiedene Formen. Als Beispiel: Ich habe mal mit jemanden aus einem Endo Dojo trainiert. Die Person konnte ihre Technik nicht ausführen (bzw. war heillos überfordert) weil ich mich eben nicht auf meinen sicheren Stand nach dem EIngang zurück gezogen habe, sondern kontinuierlich angriff. Die hatte halt das "sich befreien" noch nicht verinnerlicht, ist ja auch ok das ist ja auch sau schwer (ich würde jetzt von mir auch nicht behaupten das immer total toll und problemlos hinzubekommen).




Also könnte man sagen, die eigentliche Form bietet verschiedene Möglichkeiten, wie man mit ihr umgehen kann und wie man sie an die jeweilige Übungsmethode anpasst, was aber nicht wirklich unterschiedliche Formen sind, weil sie sich an die Gegebenheiten und den Entwicklungsstand des Übenden anpassen.


Ok, aber dann sind wir wieder bei dem Punkt von neulich. Was ist denn dann Form? Ich würde Form nach konkreten Ausführungen und Inhalt definieren. Die konkrete Ausführung und der Inahlt (also die Idee von Uke und Nage) sind halt bei Endo andere als bei Asai. Für dich scheint es mir so als ob du halt die Form eben nur als das Abstrkte siehs, also das gemeinsame (die machen halt alle irgendwie Ikkyo). Hier beschreibst du das ja deine Ansicht ganz gut:



Nein, denn die grundlegende Form findet man im kihon gotai, das ist der Ausgangspunkt, zu dem man immer zurückkehren kann. Hier werden auch die grundsätzlichen Strukturen entwickelt, da die Grundtechniken meiner Ansicht nach auf bestimmten "body-Patterns" beruhen, die auch die Grundelemente der Techniken und Übungen in chinesischen Kampfkünsten sind.


Der Ausgngspunkt...tja, ich würde mal sagen dass das worauf sich jeder Übende zurück ziehen kann immer das ist was er verinnerlicht hat und das sind eben die Grundformen die er lernte. Nur lernte ein Asai Schüler eben andere konkrete Ausführungen der Grundformen als ein Tissier Schüler und der wieder andere als ein Nakajima Schüler usw.
Ich glaube unser Dissenz ist im übrigen gar nicht so grß. Er bricht sich lediglich daran was als Form deffiniert wird und ich habe das Gefühl dass deine Ansicht nach eben (wie ich shcon oft schrieb) das Gemeinsame bzw. Abstrakte das Entscheidende ist während ich eben das Konkrete was sich eben deutlich unterscheidet in den Blick nehme. Wie gesagt das Ziel ist bei allen zwar ähnlich und ich würde mir auch nicht anmaßen zu sagen dass das Eine oder das Andere besser geeignet sei dieses Ziel zu erreichen.

ebrenndouar
15-01-2015, 10:46
Naja, Sinn und Zweck der Übung nicht, dennoch eben Intention (so habe ich das schon mehrfach von Menschen gehört die sich an Tissie oder Endo orrientieren).

Naja, es ist doch die Intention eines jeden normal agierenden Menschen mit gesundem Gleichgewichtsempfinden, dass er sich wieder stabil hinstellt, wenn der Vorgang, der ihn destabilisiert hat, beendet ist. Warum sollte das charakteristisch für Menschen mit bestimmter Orientierung sein? Wenn ich losgelassen werde, stehe ich sofort auf oder positioniere mich neu, das ist doch hoffentlich normal.


Ja das sehe ich genau so, aber das kann man halt nicht von Anfang an, muss man halt üben und das dauert.

Ja nun, aber etwas nicht von Anfang an zu können ist doch kein Argument dafür es nicht alsbald wie möglich richtig machen zu müssen (und nicht erst am Ende eines langen Weges).


Ja absolut richtig, aber du redest von etwas was erst nach Jahren des Übens erreicht wird, also quasi dem Ziel. Ich spreche vom Weg dahin und der geht halt über verschiedene Formen. Als Beispiel: Ich habe mal mit jemanden aus einem Endo Dojo trainiert. Die Person konnte ihre Technik nicht ausführen (bzw. war heillos überfordert) weil ich mich eben nicht auf meinen sicheren Stand nach dem EIngang zurück gezogen habe, sondern kontinuierlich angriff.

du redest nicht von einer Form, sondern von einem bestimmten Verhalten. Dieses ist nicht abhängig von einer bestimmten Form, das habe ich schon mehrfach versucht zu erklären. Wenn du ein dynamisches Gleichgewicht erreichen willst, musst du dich anders verhalten. Beispiel Fahrradfahren: Du kannst nicht gut das Gleichgewicht halten wenn du mit dem Fahrrad stehenbleibst, ohne ein Bein auf die Erde zu setzen, sonst fällst du um. Ist das nun eine andere "Form" des Fahradfahrens, wenn man öfter mal anhält?
Genauso kann ein Uke, der keine Bewegunsimpulse erhält, kein dynamisches Gleichgewicht aufrecht erhalten, wenn die Bewegung aufhört. Wenn Nage ihm keinen Impuls gibt der ihn weiter bewegt oder kontrolliert, stellt er sich stabil hin. Das hat etwas mit dem Verhalten zu tun, nicht mit der Form.
Es gibt leider Menschen die sich selbst alleine werfen, aber mit solchen Leuten kann man kein Aikido üben, nur so tun als ob.

Du verwechselst bestimmte Übungsparameter, bzw. bestimmte Verabredungen die getroffen werden, mit "Form".


Nur lernte ein Asai Schüler eben andere konkrete Ausführungen der Grundformen als ein Tissier Schüler und der wieder andere als ein Nakajima Schüler usw.

Im Grunde genommen Nein.
Er lernt vielleicht andere Verhaltensweisen, weil zum Üben eine anderes didaktisches System verwendet wird. Die Grundformen sind genau die selben.
Das Problem ist, wenn Leute dass dann für ihren "Stil" oder ihre "Form" halten, denn dann kommen sie meist aus diesen Verhaltensweisen nicht heraus und sind aufgeschmissen, wenn sie mit etwas konfrontiert werden was sie nicht kennen.
Da passiert es dann das solche Sachen kommen wie: "du greifst falsch an", und ähnliches.
Die Schlussfolgerung man könne nicht zusammen üben, weil man verschiedene Formen üben würde, ist dann auch nicht mehr weit, aber Grundfalsch.

ebrenndouar
16-04-2015, 11:40
Kann man diesen Kanon konkret benennen?
Ich kenne bisher keine Liste oder Auftstellung, weder schriftlich noch mündlich tradiert, die man als einen von Ueshiba bewußt zusammengestellten Kanon der Techniken des aikidô verstehen könnte. Gibt es denn etwas in der Art?

Zu diesem Thema habe ich einen interessanten Artikel von Ellis Amdur wiedergefunden, der ja im Grunde genommen die gleiche These vertritt wie ich.


One final stumbling block remains, however, and this is the seemingly arbitrary nature of aikido waza: how does one avoid the pitfall of it remaining mere collusion. This question is tied to another: why, out of the total corpus of Daito-ryu waza, were so few techniques selected out for training? This cannot merely be laid at the feet of Ueshiba Kisshomaru. I don’t care what branch of aikido you observe: the Shodokan of Tomiki Kenji, Shinei Taido of Inoue Noriaki, the Yoshinkan of Shioda Gozo, the prewar aikido of Shirata Rinjiro or Iwata Ikkusai, or the present-day Aikikai of Ueshiba Moriteru, they are all doing the same techniques. To be sure, one or another faction may have retained this or that waza from Daito-ryu that was their group’s specialty, but in no case are those techniques central. Just about everyone has the same essential 12 — 20 waza. The limited nature of aikido practice goes right back to Ueshiba Morihei, who, as some may recall, limited many practices to ikkyo alone. I believe that Ueshiba selected specific techniques (and their variations) that encased the core principals that lay within a certain set of Daito-ryu techniques (Ikkajo, for example). There are two ways to regard this:

1. Daito-ryu partisans, particularly those who practice the full range of “human origami” kata, regard aikido, therefore, as a watered-down version of Daito-ryu, a few basic techniques abstracted from a magnificent and full compendium of jujutsu kata
2. Another perspective would be that Ueshiba himself was a kind of “home-brewer,” that he distilled out the essential frame within Daito-ryu techniques to cover all major configurations of two figures in (standing or kneeling) combat, which he regarded as more than sufficient to train the aiki-body as he viewed it.

If you, as an aikido practitioner, accept the latter definition, then you have more than enough techniques, which can be regarded as two-person exercises, for the development of internal strength.

Quelle: A Consideration of Aikido Practice within the Context of Internal Training (Revised) by Ellis Amdur (http://members.aikidojournal.com/public/a-consideration-of-aikido-practice-within-the-context-of-internal-training-by-ellis-amdur-2/)