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Vollständige Version anzeigen : Verletzungen



honeyimhome
21-12-2014, 11:11
Hallo Mitlesende,

nach einigen Jahren noncompetativer Kampfkünste bin ich vor etwa einem Jahr zum BJJ gekommen. Mir gefällt der Sport sehr, allerdings fällt mir auch etwas negativ auf.
Ziemlich viele Leute, die in meinem Gym Grappling trainieren, haben immer wieder Verletzungen. Selbst einer meiner Trainer ist sehr häufig verletzt.
Besonders betroffen sind Knie und Ellenbogen aber auch Schultern und Rückenverletzungen sind keine Seltenheit.
Ich selber habe auch immer wieder was Kleines. Mal den Zeh am Schienbein meines Partners gebrochen, mal zwickt das Knie von der Verdrehung im De La Riva, mal schmerzen die Finger vom am Gi ziehen, mal der Nacken von irgendwelchen verdrehten Positionen.

Ich muss dazu sagen, dass es bei uns sehr selten der Fall ist, dass wir spielerisch also locker miteinander Rollen. Es wird eigtl. nur auf Submission gerollt.
Auch gibt es so gut wie nie angeleitetes Lockern oder Dehnen nach dem Rollen.

Mich würde interessieren wie ihr das handhabt. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie lange pausiert ihr bei einer kleineren Verletzung? Ich würde diesen Sport ungern aufgeben oder eines Tages aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr machen können, deshalb freue ich mich auf Hinweise und Tipps.

jkdberlin
21-12-2014, 11:41
individuelles Aufwärmen (auch mal früher kommen und selbstständig schon mal anfangen, Auswahl des richtigen passenden Trainingspartner, Ego in der Kabine lassen, unbedingt auch locker rollen und mit dem Trainingspartner und Trainer kommunizieren, wenn es zu hart ist...bei Verletzungen unbedingt auf Regeneration achten, nicht zu früh wieder auf der Matte sein!

Joe Cool
21-12-2014, 13:01
Direkt vor (und während!) dem Rollen mit dem jeweiligen Partner absprechen wie hart gerollt wird und nach dem Rollen selbstständig dehnen und lockern. Meistens ist die Stunde dann ja eh rum...

Leider sieht man das harte Rollen immer und überall. Auch erschreckend, wie Leute auf eigentlich vernünftigem Niveau keinerlei Bewusstsein für lockeres Rollen haben.
So kommt's, dass man dann auch überall ständig Verletzte hat...

Björn Friedrich
21-12-2014, 13:03
Da gibts irgendwo ein interessantes Interview mit einem Dr, der auch BJJ Blackbelt und Punktrichter ist. Er hat hunderte Fights geleitet und als Arzt hat er auch gesagt, das größte Risiko für die Knie sind die De La Riva Sachen, dort hat er die meisten Verletzungen erlebt. Aber das nur am Rande....

Man muss immer zwischen Schmerzen und Verletzungen unterscheiden. Das es mal irgendwo zwickt ist vollkommen normal, da BJJ ein Kontaktsport ist, das Leute sich dauernd verletzten ist leider zu oft auch schon der Normalfall geworden, sollte aber nicht so sein.

Natürlich kann immer was passieren, aber wenn zuviele Verletzungen passieren liegt das meistens an drei Dingen:


An einem selber, weil man zu verkrampft an die Sache rangeht

An den Trainingspartnern, weil sie zu verkrampft an die Sache rangehen

An dem Klima der Schule und dem was den Schülern vorgelebt wird.


Grundsätzlich sollte da Training und gerade das Rollen ein Miteinander sein, was nicht bedeutet das man nicht auch mal intensiver Rollen kann, aber sobald Wut, Agression, usw. aufkommt, dann ist die Gefahr einer Verletzung ziemlich groß.

Ich denke man sollte beim BJJ Menschen so behandeln wie man sie im täglichen Leben auch behandelt. Respektieren der Schmerzgrenze, Vorsicht und ein erwachsenes Verhalten sollten, einfach Standart sein.

Ich denke es muss Schulen geben die so extrem krass abgehen, für die Leute die sowas wollen, aber es sollte auch andere Möglichkeiten geben, für Menschen die einen vernüftigen Umgang mit ihrem eigenen Körper und ihren Mitmenschen wollen.

Darüber hinaus glaube ich das die technische Enwicklung im BJJ nie endet. Wer sich also innerhalb von 5 Jahren seinen Körper beim Grappling ruiniert, der wird nie die Möglichkeit haben, sein volles persönliches Potential zu nutzen.

BJJ sollte ne Lebensaufgabe sein und keine Droge die kurzfristig kickt und langfristig zerstört.....

Joe Cool
21-12-2014, 13:43
Hätte ich nicht besser sagen können.

It's a marathon, not a sprint.

honeyimhome
22-12-2014, 12:37
Hallo und vielen Dank für die Antworten. Ich wärme mich immer auf und dehne mich ebenso nach dem Training; ich bin nur sehr verwundert, dass der Großteil der Leute nach dem Sparring einfach duschen und nach hause geht.

Zitat Joe Cool: "Leider sieht man das harte Rollen immer und überall. Auch erschreckend, wie Leute auf eigentlich vernünftigem Niveau keinerlei Bewusstsein für lockeres Rollen haben."
Ich habe in meinem Verein bei über 50 Leuten vielleicht mit 3 - 4 jemals locker, spielend rollen können, bei allen anderen ist das Wort und Ziel Submission so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass lockeres Rollen gar nicht möglich ist. Auch nicht dann, wenn es die Aufgabe ist oder ich mit einem Purplebelt rolle.

Ich mag den Trainer, ich lerne sehr gute Sachen. Irgendwie versuche ich es immer wieder mit: "hey lass uns mal ganz locker rollen" woraus dann nichts wird und sehr oft erwische ich mich dabei wie ich dann auch härter zum rollen anfange.
Habt ihr diese Erfahrung vielleicht auch gemacht? Ihr geht locker ran werdet von jemandem der 20 Kilo mehr wiegt (aber sonst nicht wirklich etwas kann) gepinnt und damit endet das lockere Miteinander. Ich versuche dann zwar ruhig zu bleiben, mich zu bewegen und ohne unnötige Kraft zu arbeiten, aber manchmal merke ich wie sich die Anspannung meines Partners auf mich überträgt.

Ich vermisse irgendwie im BJJ diesen Gracieansatz des Kleineren und Schmäleren, der die anderen verknotet... Mir kommt es ehrlich gesagt so vor, als würden die meisten derzeit auf Kraft und Holzhackermethode setzen...

Addario
22-12-2014, 12:46
Ich vermisse irgendwie im BJJ diesen Gracieansatz des Kleineren und Schmäleren, der die anderen verknotet... Mir kommt es ehrlich gesagt so vor, als würden die meisten derzeit auf Kraft und Holzhackermethode setzen...

Das kommt meiner Erfahrung nach ganz auf den Trainer an und was für ein Ton von diesem angegeben wird. Wenn der Trainer sehr wettkampforientiert drauf ist und auch dementsprechend das Sparring betreibt, ist es ja ganz natürlich dass sich das auf die Teilnehmer auswirkt - das Klientel wird dann ja auch nur bei den Leuten bleiben, denen ein solch härteres Training gefällt.
Bei uns im Verein ist das ganz schön zu sehen, da gibt es mehrere Trainer - bei dem einen sehr hart und wettkampforientiert (wo ich dann auch seltenst anwesend bin) und bei dem anderen sehr technisch und locker. Da wird dann auch seitens des Trainers immer wieder drauf hingewiesen, locker zu rollen und auf Techniken zu achten, gerade für die höher-Graduierten. Und so klappt das Rollen im Team dann auch ganz gut, weil eben meist auch nur Leute anwesend sind, welche selbst nicht immer auf Teufel komm raus 100% rollen wollen.

TLDR: Wird glaube ich schwierig, das umzusetzen wenn der Trainer nicht mitmacht ;) Sonst einfach nen paar Leute raussuchen, gegen die das lockere Rollen klappt und dann versuchen so oft wie möglich mit denen zu sparren. So klappt das dann vielleicht auch mit der Verletztungsfreiheit.

Björn Friedrich
22-12-2014, 13:04
Anspannung die ansteckt.:-) Ja das sage ich zu manchen meiner Schüler auch. Es gibt Menschen die stecken mit Ihrer Verkrampftheit andere Schüler an, wenn sie nicht den Level haben das zu neutralisieren.

Das Ding ist, BJJ ist nicht gleich BJJ und jeder hat natürlich einen anderen Stil. Es gibt Lehrer und Stile die einfach schnell, explosiv und dynamisch sind und die tuen dann halt auch weh.:-)

Auf der anderen Seite gibt es langsame, kontrollierte Stile und die kann man besser dosieren, was das Schmerzlevel betrifft.;-)

Das ist jetzt nicht besser oder schlechter, sondern halt ne reine Geschmackssache.

Leading by Example ich glaube der Lehrer prägt mit seinem Unterricht den Geist einer Gruppe sehr stark und so entsteht dann eine gewisse Gruppendynamik hin zum härteren oder auch hin zum lockeren, je nachdem was man selber vorlebt......

Ich glaube das Problem beim BJJ ist, das viele Nicht-Athleten gar nicht erst zum BJJ gehen, weil sie extrem abgeschreckt werden. Ich meine ich kriege das von neuen Schülern oft erzählt, da knacken schon mal Rippen, oder auch mehr bei einem Probetraining und das ist halt für normale Menschen nicht akzeptabel und dann lassen sie es gleich bleiben und nur die härtesten bleiben beim BJJ.

Aber das ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Zumindest für mich. Natürlich muss es die Wettkampfschulen geben, aber es muss auch Schulen geben, in denen BJJ als ganzheitliche Kampfkunst so unterrichtet wird, das sie von jedem ausgeübt werden kann.

Natürlich braucht man für BJJ ne gewisse Grundfitness, aber trotzdem muss eine sichere und kontrollierte Unterrichtsatmosphäre gewährleistet sein, um Normalbürger fürs BJJ zu begeistern.......

RobertVox1977
15-05-2015, 11:43
Natürlich muss es die Wettkampfschulen geben, aber es muss auch Schulen geben, in denen BJJ als ganzheitliche Kampfkunst so unterrichtet wird, das sie von jedem ausgeübt werden kann.
Ich stimme dazu. Ich hoffe dass es sich ändern wird. BJJ wird immer populärer, Trainer werden älter und alle beginnen langsam zu verstehen mehr dass es solche Bedürfnisse gibt.
BTW. vielleicht komische frage aber wie kommunizieren sie dem Partner wenn er z. B. zu aggressiver rollt? Sagt ihr einfach "Ich werde mit dir nicht rollen weil du zu aggressiver rollst" und was wenn Trainer fragt was passiert ist?

1.2.3
15-05-2015, 11:57
....... Natürlich muss es die Wettkampfschulen geben, aber es muss auch Schulen geben, in denen BJJ als ganzheitliche Kampfkunst so unterrichtet wird, das sie von jedem ausgeübt werden kann.

Natürlich braucht man für BJJ ne gewisse Grundfitness, aber trotzdem muss eine sichere und kontrollierte Unterrichtsatmosphäre gewährleistet sein, um Normalbürger fürs BJJ zu begeistern.......

Das sehe ich genauso Björn, :halbyeaha
Es gibt so viele Arten des Rollens....man muss nicht immer "all out" gehen.

Positions Rollen, "Flow" Rollen, usw....
Dafür muss aber auch der Partner dementsprechend mitarbeiten, damit es sich nicht hochschaukelt! Miteinander Rollen und nicht gegeneinander Kämpfen.... So kann man im Training verletzungsfrei trainieren.

Björn Friedrich
15-05-2015, 12:04
Ich denke das ist halt die Aufgabe des Lehrers, er muss das passende Trainingsumfeld schaffen.

Ich sehe meine Schule eher als Ansammlung von Freunden, die miteinander trainieren und sich gegenseitig helfen, die Kunst besser zu beherrschen.

Ich glaube man muss das eigene Ego, der Kunst unterstellen, d.h. wird trainieren nicht, damit der Einzelne seine Fähigkeiten zur Schau stellen kann, sondern wir respektieren die Schönheit und Effizienz dieser Kunst und arbeiten zusammen daran, das wir alle diese Kunst immer besser beherrschen......

Für mich ist Jiu Jitsu eher ein spirituelles oder philosophisches Konzept, als ein Sport.......

Kniehkigg
15-05-2015, 14:18
versuche ich es immer wieder mit: "hey lass uns mal ganz locker rollen" woraus dann nichts wird und sehr oft erwische ich mich dabei wie ich dann auch härter zum rollen anfange.
Habt ihr diese Erfahrung vielleicht auch gemacht? Ihr geht locker ran werdet von jemandem der 20 Kilo mehr wiegt (aber sonst nicht wirklich etwas kann) gepinnt und damit endet das lockere Miteinander. .
Ist auch meine Erfahrung. Selten klappt es mal, dass mein Rollingpartner beim sparring auch locker bleibt und auf Technik setzt wenn er merkt dass ich locker bin.Oft ists anders (auch wenn's durchaus auch positive Ausnahmen gibt). Da wird auf Kraft und Gewicht gesetzt und mit Zähne fletschen der Choke versucht :p
Es ist ganz natürlich wenn sich diese Spannung auch auf einen selbst überträgt. Denke im fortgeschrittenen Modus kann man das trotzdem abpuffern, aber bis dahin erwische ich mich auch oft dabei wie ich wieder zu verkrampft bin.
Das Problem dabei ist eben dass man dabei viel weniger Fortschritt macht als wenn man easy miteinander spielt und auch die Gelegenheit hat auszuprobieren.
Das Ganze zeigt sich ja schon bei den drills. Wie kooperativ mache ich die Partnerübung etc.
Darf man fragen wo du grob trainierst?

Filzstift
15-05-2015, 14:28
Ich kenn das. Wir wechseln beim rollen jede runde den Partner, daher versuch ich mit den beiden härtesten hunden immer zu Anfang, wenn ich noch frisch und aufmerksam bin zu rollen. Unser Trainer ist auch oft genug irgendwo kaputt (nicht zwingend vombtraining) und hat daher vor einiger Zeit einen befreundeten sporttherapeuten herbestellt der alle nacheinander einmal durchgecheckt hat wo verletzungsrisiken liegen und übungen gezeigt mit denen man z.b. Die beweglichkeit verbessert (ich war da leider nicht in der Stadt:/).
Bei mir waren es bislang nur ein überdehnter ellbogen, ein verbogener Finger, ein paar mal was auf die ohren und eine angeknackte nase. Hoffentlich bleibts dabei.

MMAMatze
15-05-2015, 14:37
Da gibts irgendwo ein interessantes Interview mit einem Dr, der auch BJJ Blackbelt und Punktrichter ist. Er hat hunderte Fights geleitet und als Arzt hat er auch gesagt, das größte Risiko für die Knie sind die De La Riva Sachen, dort hat er die meisten Verletzungen erlebt. Aber das nur am Rande....
ja, ich habe auch immer ein schlechtes gefühl dabei wenn ich mich gegen die de la riva verteidigen muss. Gut für die Knie ist es bestimmt nicht. Aber wie sieht es mit dem aus der de la riva spielt? ist das auch schlecht für das Knie?

Allgemein habe ich die Erfahrung gemacht das die Leute öfter verletzt sind die "hart" rollen. Ich denke will man den sport etwas länger machen muss man sich daran gewöhnen beim Sparring einen Gang zurückzuschalten und technischer zu kämpfen!

cv almont
15-05-2015, 16:13
ja, ich habe auch immer ein schlechtes gefühl dabei wenn ich mich gegen die de la riva verteidigen muss. Gut für die Knie ist es bestimmt nicht. Aber wie sieht es mit dem aus der de la riva spielt? ist das auch schlecht für das Knie?

Allgemein habe ich die Erfahrung gemacht das die Leute öfter verletzt sind die "hart" rollen. Ich denke will man den sport etwas länger machen muss man sich daran gewöhnen beim Sparring einen Gang zurückzuschalten und technischer zu kämpfen!

Ich glaube er hat gemeint dass es für die gefährlich ist die de la Riva spielen

Björn Friedrich
15-05-2015, 19:37
genau:)

Paedde
21-05-2015, 13:25
Mich würde interessieren wie ihr das handhabt. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie lange pausiert ihr bei einer kleineren Verletzung? Ich würde diesen Sport ungern aufgeben oder eines Tages aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr machen können, deshalb freue ich mich auf Hinweise und Tipps.

Verletzungen passieren meiner Meinung nach meistens wenn Ego im Spiel ist. Wenn beide Partner auf Technik achten und kein Problem mit Tappen haben dann reduziert sich das eigentlich auf Freak Accidents (die jedoch leider trotzdem passieren können).

Wenn du dich regelmässig am gleichen Ort verletzt, finde heraus was die Ursache ist und passe dein Game an so das es nicht mehr passiert. Hatte dies eine Weile lang mit den Handgelenken wenn jemand die Mount escaped ist.

Die letzte grössere Verletzung hatte ich beim Munich Open als mein Gegner einen Guard Jump machte als ich im Rückwärtsgang war, er landete auf meinem Knie und ich hatte glücklicherweise nur eine leichte Zerrung beim Innenband. Musste trotzdem ein paar Wochen Reha machen und aufs Training verzichten.

Habe jedoch daraus gelernt, beim nächsten Turnier habe ich gleich am Anfang einen Guard Pull gemacht...