Norditalienisches Messer - Sparring [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Norditalienisches Messer - Sparring



Jadetiger
06-03-2015, 13:34
Hi Leute,
endlich nach vielen vielen Jahren melde ich mich endlich mal mit eigenem Content hier.

Viele Leute haben mich gebeten, mal ein Video ins Netz zu stellen, wie denn eigentlich das Nortditalienische Messerfechten (coltello settentrionale), das ich unterrichte, in der Praxis aussieht.

Zur Erläuterung: Wir greifen aus Sicherheitsgründen im normalen Sparring nicht zum Kopf an. Als Übungswaffe verwenden wir den sogenannten "Fusto", also einen auf die gwünschte Messerlänge zurechtgeschnittenen Stock.

Treffererläuterung:
00:15 Aufwärtsschnitt zu den Pulsadern
00:47 Schnitt zum unteren Bizepsansatz
Beide Treffer sind sog. "Tagli mortali", also Attacken, nach denen der Gegner mit einer guten Wahrscheinlichkeit kampfunfähig ist.

0xHElHPaFo4

Willi von der Heide
06-03-2015, 13:45
:) Sieht toll aus !

Wenn ich das mit dem Duellsystem der " Rotationseuropäer " :D ( das einzige Duellsystem, daß ich kenne ) vergleiche ist das schon anders.

Danke fürs Einstellen :) Leider gibt es so etwas nicht in meiner Gegend. Und FMA ist dann wieder was anderes.

:)

Huangshan
06-03-2015, 14:04
Danke fürs posten.


Inwieweit ist die Verwandschaft mit der italienischen Fechtschule vorhanden?

BloodRage
06-03-2015, 14:08
Sehr schönes Video und danke für das posten.:)

Jadetiger
06-03-2015, 14:12
:) Sieht toll aus !

Wenn ich das mit dem Duellsystem der " Rotationseuropäer " :D ( das einzige Duellsystem, daß ich kenne ) vergleiche ist das schon anders.Was du kennst ist süditalienische Schule (vor allem apulisch-sizilanisch). Das hier ist ein norditalienischer Stil. Die Unterschiede sind, denke ich, recht deutlich.


Danke fürs Einstellen :) Leider gibt es so etwas nicht in meiner Gegend. Und FMA ist dann wieder was anderes.Ich reise auch an (*hint*)


Inwieweit ist die Verwandschaft mit der italienischen Fechtschule vorhanden?Zu 100%
Das ist norditalienisches Messerfechten.
Mein Hauptstil (coltello settentrionale) hat sich aus dem Langwaffenfechten heraus entwickelt und hat im 1. und 2. WK noch einiges an militärischer Messerhandhabung aufgenommen.
Man sieht in dem Video vor allem drei Kampfstellungen (guardie): Wir fechten beide die meiste Zeit in der "Guardia offensiva". Bei 00:27 wechsle ich (dunkles Shirt) in die "Guardia difensiva". Ab 00:38 sieht man bei mir die "Guardia difensiva alternativa". Diese Stellungsspiele sind typisch für das italienische Fechten.

BloodRage
06-03-2015, 14:14
Was du kennst ist süditalienische Schule (vor allem apulisch-sizilanisch). Das hier ist ein norditalienischer Stil. Die Unterschiede sind, denke ich, recht deutlich.

Der norditalienische Stil wirkt sehr fechterisch, oder täusche ich mich?:)

Jadetiger
06-03-2015, 14:26
Ganz richtig. Siehe mein letzter Post ;)

Huangshan
06-03-2015, 14:49
Danke für die Erläuterung!

Willi von der Heide
06-03-2015, 14:56
Was du kennst ist süditalienische Schule (vor allem apulisch-sizilanisch). Das hier ist ein norditalienischer Stil. Die Unterschiede sind, denke ich, recht deutlich.

Ich selber kenne die italienische Schule überhaupt nicht. Was ich meine kommt vom Balkan.

Da ist die Beinarbeit anders. Die Füße sind näher zusammen und es wird recht viel gesprungen. Ist das in der süditalienischen Schule auch so ?


Ich reise auch an (*hint*)

:) Danke für den Hinweis ! Wir müssen uns echt mal treffen.

Jadetiger
06-03-2015, 15:06
Ich selber kenne die italienische Schule überhaupt nicht. Was ich meine kommt vom Balkan.

Da ist die Beinarbeit anders. Die Füße sind näher zusammen und es wird recht viel gesprungen. Ist das in der süditalienischen Schule auch so ?Ach so ich dachte du spielst mit "Rotationseuropäer" auf die von Roberto Laura unterrichtete Scuola rotatu / rotierende Schule aus Sizilien an.
Zu Balkanstilen habe ich keinerlei Vergleichsmöglichkeit. Habe ich noch nie geshen.


Ich :) Danke für den Hinweis ! Wir müssen uns echt mal treffen.Trommel noch mindstens vier deiner Freunde zusammen und wir machen bei dir ein Seminar. So einfach ist das.

Willi von der Heide
06-03-2015, 15:10
Ach so ich dachte du spielst mit "Rotationseuropäer" auf die von Roberto Laura unterrichtete Scuola rotatu / rotierende Schule aus Sizilien an.
Zu Balkanstilen habe ich keinerlei Vergleichsmöglichkeit. Habe ich noch nie geshen.

Ich weiß halt nicht ob es da Querverbindungen gibt. Oder das übliche Spiel - 2 Arme / 2 Beine.

Die haben die Füße vielleicht max. 45 cm auseinander und bewegen sich weniger " rund ". Eher abgehackt.
Ich meine das mal auf einem Video gesehen zu haben wo sich der Roberto eher tänzerisch bewegt.

Und typisch ist halt das überraschende Anspringen des Gegners.


Trommel noch mindstens vier deiner Freunde zusammen und wir machen bei dir ein Seminar. So einfach ist das.

:yeaha:

Willi von der Heide
06-03-2015, 15:12
Das hier war das wohl:

watch?v=OURk-e79GO0

Daß meine ich mit " tänzerisch ".

Die Gypsys bewegten sich halt anders.

Jadetiger
06-03-2015, 16:07
Ja, das tänzerische und die Bewegungsausrichtung auf den Kreis ist typisch für die süditalienischen Stile. Norditalienisch ist minimalistisch, direkt und relativ schnörkellos. Effizienz ist das oberste Gebot. Instgesamt wird da auch mehr in Linien und Winkeln gedacht als in Kreisen.

Das Gypsy-Zeug würde mich wirklich sehr interessieren. Vielleicht kannst du mir ja davon mal was zeigen?

karate_Fan
06-03-2015, 16:16
Danke für das Teilen des Videos. Gefällt mir sehr gut, besonders das es recht fechterisch aussieht was ja bereits mehrmals erwähnt worden ist. :halbyeaha

Willi von der Heide
06-03-2015, 17:23
Ja, das tänzerische und die Bewegungsausrichtung auf den Kreis ist typisch für die süditalienischen Stile. Norditalienisch ist minimalistisch, direkt und relativ schnörkellos. Effizienz ist das oberste Gebot. Instgesamt wird da auch mehr in Linien und Winkeln gedacht als in Kreisen.

Das Gypsy-Zeug würde mich wirklich sehr interessieren. Vielleicht kannst du mir ja davon mal was zeigen?

Ich versuche mal das zu rekapitulieren ...

Die Cigani beginnen in einer Distanz von ca. 3 Metern Abstand mit dem Duell. Man endet dann in einer Distanz von ca. 60 cm. Man nähert sich auf max. 30 cm. Eine Distanz von unter 30 cm ist nicht bekannt. Da würde das Duell auch unterbrochen werden.

Die Bewegungen sind effizient weniger " verschnörkelt ". Charakteristisch sind halt die Sprünge - auch aus tiefen Positionen. Habe ich vorher noch nie irgendwo gesehen. Auch dieses öffnen der Flanke oder das zuwenden des Rückens - war mir alles unbekannt.

Kompliziert ist halt das ganze Regelwerk drumherum.

Dragonball
06-03-2015, 17:57
Danke für das einstellen!!!
Durfte Jadetiger ja beim Adventsfechten,und danach einen ganzen Tag als Seminar bei Stefan "Alte Kampfkunst" Dieke erleben.
Ergebniss:

1. Der Mann weiss was er tut
2. Er kann unterrichten und hat Humor
3. Das macht Riesenspass und ist höchst funktionell!

Willi, glaube du bist nicht so weit weg von mir. Lass hören, evtl. kann ich auch noch 1-2 Leute beisteuern.

Fechtgruss aus Köln! :)

Jadetiger
09-03-2015, 14:55
Danke für die Blumen!

Noch ein Zusatz zu den Unterschieden zwischen italienischem Messerkampf und den FMA:
Die wohl offensichtlich recht großen Unterschiede in der Bewegungskultur ergeben sich meiner Meinung nach hauptsächlich aus zwei großen Trainingsunterschieden: Das Italienische sieht den Stich als Primärangriff, Schnitte stehen nur an zweiter Stelle. Bei den FMA ist es meist umgekehrt. Die europäische Fechttradition (eigentlich egal welche Waffe und welcher Stil) kennt fast keine Endlosdrills (ich schreibe "fast", weil mir als Gegenbeispiel gerade die Übertragungsübungen aus dem Degen/Rappier/Smallsword einfallen), die ja ein Hauptwerkzeug der FMA-Didaktik darstellen. Daraus ergibt sich im Kampfverhalten automatisch, dass man mehr auf eine Einzelaktion im passenden Moment lauert. Durch den stärkeren Blick auf eingedrillte Bewegungsketten und das "immer weiter arbeiten" sehen die FMA oft "fließender" aus.

Was meint ihr dazu?

Hinweis:
Unter anderem werde ich übrigens dieses Jahr vom 19.-23.8. als Referent auf dem "Sommerlager Heisterberg" sein.

@Dragonball: Das könnte speziell für dich was sein: Norditalienischer Messerkampf, Münchner Rasierklinge, *ing *ung, FMA, Silat und Pocket Choy Lay Fut (Sanda) :)

Hier in München ist auch wieder ein zweitägiges Einführungsseminar in das norditalienische Messerfechten fest eingeplant. Das wird irgendwann im Sommer stattfinden. Einen festen Termin gibt es leider noch nicht.

OliverJ
09-03-2015, 20:04
Die meisten FMA-Messersachen, die man im Netz sieht, finden allerdings im Medio- oder Cortobereich statt, Largo sieht man eher seltener. Da sind die Gemeinsamkeiten schonmal größer ;)

Es ist wie ich auf dem letzten Adventsfechten gesagt habe: zeigt man den Einsatz der Linken Hand und Entwaffnungen mit dem Säbel, dann heißt es immer "das sieht aus wie FMA", aber wenn man sich Larga ansieht, dann schauts halt aus wie Fechten ;)

Das Bild in der breiten Masse von FMA ist geprägt durch Drills in Medio und vom Fechten in möglichst weiter Mensur bzw. Largo.

Nicht, dass es keine Unterschiede gäbe, zum größten Teil ist es aber die Wahrnehmung.

Althalus
10-03-2015, 07:33
Ich finds ja interessant, wie ähnlich das zu dem aussieht, was bei uns rauskommt, wenn wir Messer-Sparring machen - ohne "echtes" Messertraining, rein "frei Schnauze" auf Basis der Bologneser Methodik.

sehen die FMA oft "fließender" aus.
"Fluss" ist ein sehr subjektiver Begriff. Das italienische Ideal heißt "Sprezzatura" und bezieht sich vor allem auf die "Mühelosigkeit der Anstrengung".
Bei den FMA erscheint mir das oft mehr wie das Duracell-Häschen - egal wie anstrengend es ist, nur nicht aufhören. ;)
Sind halt unterschiedliche Zugänge.

Jadetiger
10-03-2015, 08:36
Es ist wie ich auf dem letzten Adventsfechten gesagt habe: zeigt man den Einsatz der Linken Hand und Entwaffnungen mit dem Säbel, dann heißt es immer "das sieht aus wie FMA", aber wenn man sich Larga ansieht, dann schauts halt aus wie Fechten ;) Stimmt; siehe DBMA. Die agieren ja viel aus der weiten Distanz heraus.


Das Bild in der breiten Masse von FMA ist geprägt durch Drills in Medio und vom Fechten in möglichst weiter Mensur bzw. Largo.Ja, aber so falsch finde ich das Bild nicht. Ich habe schon ein paar mal bei FMA-Trainings mitgemacht; auch mal ein halbes Jahr am Stück. Das Gewicht war jedesmal sehr stark auf Drills/Sinawalis und Eingängen aus der mittleren in die nahe Distanz. Im Fechten beginnt man meist in weiter Mensur und lernt dann, sich zu nähern und wie man einen sicheren Eingang zur Blöße findet. Sind halt unterschiedliche Schwerpunkte. Muss aber natürlich beides nicht schecht sein.

@Althalus
Bei euch kommt sowas auch im Sparring raus? Gibts da zufällig Videos? Ich hoffe aber, das auch bald mal live bei euch zu sehen :)

itto_ryu
10-03-2015, 09:08
Es kommt ja auch auf den FMA-Stil an. Balintawak und andere finden ja auch auf den Selbstschutz bezogen meistens in Nahdistanz statt. Die Dog Brothers haben die drei "klassischen Distanzen" dafür in 7 Segmente aufgeteilt und fangen quasi dort an, wo die Mensur so ausschaut, dass man erstmal einen Schritt reingehen muss, bevor man überhaupt Stockkontakt bekommen kann. Viele von den Dogs, mit denen ich bisher trainiert habe, schienen sich daher auch sehr wohl zu fühlen mit Broadsword/Säbel, auch wenn ihnen die eher statischen Positionen der Fechtgrundstellungen ungewohnt waren, aber im Fluß der Bewegungen kamen sie alle eigentlich sehr schnell, sehr gut zurecht. Persönlich finde ich finden sich da immer wieder Schnittmengen.


Ich finds ja interessant, wie ähnlich das zu dem aussieht, was bei uns rauskommt, wenn wir Messer-Sparring machen - ohne "echtes" Messertraining, rein "frei Schnauze" auf Basis der Bologneser Methodik.
Kommt mir bekannt vor. Mit schottischem Dirk oder auch persischem Khanjar und Kard arbeiten wir zwar von einem anderen Ansatz als die FMA oder italienische Messer-Systeme, die Ausgangslage ist unterschiedlich. Aber wenn man mal rein zum Spaß etwas Messerfechten im Duellmodus die Waffe entsprechend führt (z.B. bei den Sparrings mit den Dogs und anderen Escrima-Leuten), kommt man schnell zurecht, wenn man vom Broadsword/Säbel überträgt (oder im persischen Falle von den Duell-Kurzschwertern Quame/Quaddare). Kann mir gut vorstellen, dass dies bei den Bolognesern ähnlich ist.

OliverJ
10-03-2015, 13:10
Ja, aber so falsch finde ich das Bild nicht.
Nein, da hast du recht. Das meine ich ja. Das Bild ist was man mit dem Sil in Verbindung bringt.
Fechter arbeiten nunmal meist in eher weiter Mensur, während in den FMA häufiger in einer näheren gearbeitet wird. Sieht man sich jetzt die Arbeit in der jeweils anderen Mensur an, dann assoziiert man es eben mit dem jeweils anderen Stil. Auch wenn im Grunde beide Stile alles hergeben, werden, wie du schon schriebst, Schwerpunkte gesetzt und diese prägen dann dein Bild ;)

Was deine Erfahrungen betrifft, wie ich dir schohnmal sagte, FMA ist bei weitem nicht so homogen wie fechten. Es kommt deutlich mehr auf Trainer und Stil und dann auch auf die Einstellung der Trainingsgruppe an.
ICh kann behaupten, dass ich da Glück gehabt habe und lange genug dabei geblieben bin um mehr Zusammenhänge zu sehen. Bzw. sagte mein Trainer häufg zu fechterischen "Grundlagen" "ja, das haben wir auch, das kommt später" Und das kam es tatsächlich auch. Didaktisch war das ganze anders aufgebaut.

Jadetiger
10-03-2015, 14:57
Nein, da hast du recht. Das meine ich ja. Das Bild ist was man mit dem Sil in Verbindung bringt.
Fechter arbeiten nunmal meist in eher weiter Mensur, während in den FMA häufiger in einer näheren gearbeitet wird. Sieht man sich jetzt die Arbeit in der jeweils anderen Mensur an, dann assoziiert man es eben mit dem jeweils anderen Stil. Auch wenn im Grunde beide Stile alles hergeben, werden, wie du schon schriebst, Schwerpunkte gesetzt und diese prägen dann dein Bild ;)Exakt!


Didaktisch war das ganze anders aufgebaut.Genau das wollte ich auch sagen.