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Vollständige Version anzeigen : Artikel zum "Pferdestand"



T. Stoeppler
08-03-2015, 09:49
...von Helmut Barthel - wie immer etwas speziell geschrieben.

http://www.tantientschüan.de/tan/sache004.html

Gruss, Thomas

fei li
09-03-2015, 07:42
Also wenn der werte Herr so spricht und unterrichtet wie er schreibt, dann kann man seine Schüler nur bemitleiden… :D

Fällt mir dieses Zitat von Albert Einstein dazu ein:
"Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht gut genug verstanden."

gast
09-03-2015, 09:50
Also wenn der werte Herr so spricht und unterrichtet wie er schreibt, dann kann man seine Schüler nur bemitleiden… :D

Fällt mir dieses Zitat von Albert Einstein dazu ein:
"Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht gut genug verstanden." Oder will es einfach nicht erklären....

fei li
09-03-2015, 10:06
Dann schreibt man aber in der Regel keine öffentlich zugänglichen Artikel…

Nite
09-03-2015, 10:22
Dann schreibt man aber in der Regel keine öffentlich zugänglichen Artikel…
Bei den IMAs findet man das doch häufig dass viel geredet und geschrieben wird, das ganze möglichst blumig, ohne dass etwas handfestes erklärt wird

QiGong_Mulan
09-03-2015, 11:20
:vogel:



:D (sorry)

Klaus
09-03-2015, 14:14
Bei den IMAs findet man das doch häufig dass viel geredet und geschrieben wird, das ganze möglichst blumig, ohne dass etwas handfestes erklärt wird

Nö, sowas findet man üblicherweise in Foren oder auf Youtube, bei Leuten denen es um ihre eigene Präsentation geht. Praktisch gesehen geht es im Unterricht um ganz konkrete Abläufe und Tun. Wenn ich kilometerlange Abhandlungen sehe die nicht konkret Dinge aufzählen und bündig erklären, schalte ich auch immer ab, das schaffe ich nicht mehr.

Eine Übung die jedem sofort mit der Zeit diverse bekannte "IMA-Effekte" beschert, ginge so einfach zu beschreiben: man setze sich hin, sehe zur Seite, und spanne so langsam wie man irgend kann einen imaginären Bogen mit entspannten Armen bis am Ende beide Arme gestreckt sind. Dann entspannt man den Bogen vor dem Körper ebenfalls so langsam wie möglich, so dass man am Ende nach vorne sieht und die Hände vor dem Körper hat. Man stellt sich nichts vor, man spannt sich nicht an, einfach nur machen. Die Bewegung sollte mindestens eine Minute brauchen, nicht mehr als fünf.

Die langwierigen Ausführungen passieren, wenn dann ein "Fragensteller" ankommt mit "aber warum ...".

gast
09-03-2015, 17:21
Dann schreibt man aber in der Regel keine öffentlich zugänglichen Artikel…


Na ja, zum Fische fangen braucht man auch Köder. Etwas unverständlich zu erklären kann eine Methode sein mehr Interesse zu wecken.

Alephthau
09-03-2015, 17:55
Na ja, zum Fische fangen braucht man auch Köder. Etwas unverständlich zu erklären kann eine Methode sein mehr Interesse zu wecken.

Also man kann dem Helmut Barthel nun wirklich keine groß angelegte, btw gar erfolgreiche, Werbekampagne nachsagen, so viele Fragezeichen wie das TTT regelmäßig verursacht, oder? :D

Gruß

Alef

gast
09-03-2015, 20:17
Also man kann dem Helmut Barthel nun wirklich keine groß angelegte, btw gar erfolgreiche, Werbekampagne nachsagen, so viele Fragezeichen wie das TTT regelmäßig verursacht, oder? :D

Gruß

Alef

Es sollte auch nur ein Erklärungsversuch gewesen sein. :ironie:

Jeder der Helmuth Barthel über irgendwelche Umwege kennt, weiss, dass dort nicht nur Papiertiger am Werk sind, die nicht verstehen was sie machen.

Deswegen meinte ich, dass er sich eben relativ bedeckt hält mit Erklärungen --- nicht etwa weil er es nicht erklären kann, sondern weil er ganz einfach nicht will.

Und dass eine "Werbekampagne" auch Erfolglos sein kann gibt es ja auch

MagetaDerLöwe
09-03-2015, 20:35
Vielleicht hält er es auch für gut und wichtig, möglichst komplizierte Texte zu schreiben;)

Eistee
10-03-2015, 00:09
Vielleicht zieht Tai Chi auch solche Leute an, die gern komplizierte Texte schreiben - und auch gar nicht anders können.
Virtuell anwesende sind natürlich ausgenommen. ;)

fei li
10-03-2015, 02:14
Deswegen meinte ich, dass er sich eben relativ bedeckt hält mit Erklärungen --- nicht etwa weil er es nicht erklären kann, sondern weil er ganz einfach nicht will.


Das sind mir ja die Allerliebsten: Nichts erklären wollen, aber trotzdem undurchdringliche Texte veröffentlichen… Ich bleibe bei meinem Einstein-zitat.

carstenm
10-03-2015, 09:37
... äh... muß ich mir Gedanken machen, wenn ich glaube, das zu verstehen?

Zumal ich denke, daß dort etwas beschrieben wird, das in meinem Üben auch von Bedeutung ist ...

Kräfte nicht durch Bildung eines Groundpath aus dem Boden generieren oder in den Boden ableiten.
Sondern durch Öffnen des Körpers in sechs Richtungen erzeuggen bzw. auflösen.

Wobei ich meine, daß sich beides ganz und gar nicht ausschließt.

... öhem ...

... oder?

:o

fei li
10-03-2015, 09:46
Wie einer meiner Lehrer immer so schön sagte: “Show me”

:D

(Wobei ich mich hiermit nicht auf den betreffenden Herren beziehe, sondern auf die Schreiberei im Allgemeinen, aber das ist ein anderes Thema…)

carstenm
10-03-2015, 10:10
“Show me”Achso, dann habe ich tatsächlich dich gar nicht verstanden. Ich dachte, es ginge um die sprachliche Verstehbarkeit des Textes ...

Daß das praktisch geht, habe ich inzwischen schon häufiger geshowed bekommen, so daß ich vor einiger Zeit angefangen habe, das selber zu üben, um es irgendwann auch mal showen zu können.

Allerdings hat auch da der Text Recht: "Das Aussteuerungsvermögen und die Übertragungsgewalt des eigenen Körpers allerdings wächst dann doch, wenn auch zu Beginn nicht spektakulär oder auch nur annähernd so schnell wie in konventionellen Zielsystemen, ..." ;)

fei li
10-03-2015, 10:17
Haben uns schon richtig verstanden, ich bezweifle nicht, daß so etwas möglich ist, mein Kommentar war ironischer Art:

Lange Rede und Erklärung schön und gut – Aber, kann derjenige es auch umsetzen? Das ist das Einzige was mich interessiert, wenn ich jemanden treffe (Sei es ein Lehrer oder ein Austausch mit anderen Kampfkünstlern).

“Walk the talk”

Abgesehen davon, krankt die interne Kampfkunst ja eh schon genügend an komplizierten Theorien und Erklärungen. Einfach und zielgerecht hilft da mehr…

T. Stoeppler
10-03-2015, 16:04
Ich würde mal das Können des Autors des Textes nicht in Abrede stellen - ich poste sowas schliesslich nicht aus Albernheit heraus. Die Idee - nämlich andere Tools als das konventionelle Aussteuern des Körpers zu benutzen ist eben der Knackpunkt. Ich z.B. habe sehr viel von (ehemailigen) TTT Praktikern gelernt und die Denkweise hat etwas für sich, besonders wenn man feststellt, dass man irgendwie immer in die gleichen Schleifen läuft.

Gruss, Thomas

gast
10-03-2015, 16:34
Also ich würd mich da Thomas' Meinung auch voll und ganz anschliessen.

Denn jeder der mal mit Helmuth Barthel oder TTT die Begegnung gemacht hat weiß, das sind keine Papierkrieger. Aber mit tiefergehenden Erklärungen hält er sich eben einfach sehr bedeckt. Auch ist ihre Ausdrucksweise oft erstmal recht befremdlich. Aber deswegen sollte man jemand nicht gleich vorverurteilen. Oft nimmt sich da einfach nur selbst die Möglichkeit zu lernen.

Es würde ja auch niemand sagen, nur weil man chinesisch spricht, dass die Chinesen nichts von Sprache verstehen nur weil sie sich auf Deutsch nicht gut ausdrücken können. So hat Helmuth eben seine eigene Sprache entwickelt. Entweder man macht sich die Mühe und lernt sie, oder man hält fairer Weise den Mund....

Auch wenn Helmut und TTT sonst nicht so ganz mein Fall ist, aber jeder der ihm sein Können abspricht ohne ihn jemals kennengelernt zu haben, der sollte sich vielleicht aus Fairness erstmal vor Ort ein Bild machen und dann was sagen.

Kigger
10-03-2015, 16:42
Ich würde gern mal auf das eigentliche Thema zurückkommen,das wohl sein sollte : die Kraft kommt aus dem Stand.
Da ist sicher was dran aber wer mal nen Hook-kick aus der Rückwärtsdrehung abbekommen hat weiss,dass auch eine Technik die während des Treffens nur nen sehr schlechten Stand hat ( auf einem Bein stehend,drehend...) reichlich Potential hat.
Bei geraden Techniken ist der Stand sehr wichtig,egal ob sidekick oder ne vordere Gerade,aber alles was eher kreisförmig daherkommt holt seine Energie mehr durch die Bewegung als den Stand.
Wobei auch hier natürlich gilt : ganz ohne guten Stand kommt auch nix raus....

Ich kann auch die Aussage,dass der Pferdestand in allen KK Bestandteil ist nicht so ganz unterstützen.Im Kickboxen ist das nicht der Fall und meiner Meinung nach bringt es mehr wenn man Techniken trainiert anstatt starr rumzustehen - dabei wird man kaum einen guten Stand bei nem Tritt bekommen.

fei li
11-03-2015, 02:15
Entweder man macht sich die Mühe und lernt sie, oder man hält fairer Weise den Mund....

Auch wenn Helmut und TTT sonst nicht so ganz mein Fall ist, aber jeder der ihm sein Können abspricht ohne ihn jemals kennengelernt zu haben, der sollte sich vielleicht aus Fairness erstmal vor Ort ein Bild machen und dann was sagen.

Nun ja – er schreibt so etwas ja im Internet ganz öffentlich zugänglich. So können das auch Leute von weit her lesen. Die Natur des Internets ist es auch, daß man damit rechnen muß, daß ALLES was man dort von sich gibt, analysiert, auseinandergenommen und kritisiert (manchmal auch gelobt) wird. Wenn man also verstanden werden will, schreibt man dementsprechend. Wenn nicht, dann frage ich mich warum man überhaupt Inhalte ins Netz stellt…

Ich persönlich würde jemanden der sich so kompliziert ausdrückt, nicht auf blossen Verdacht hin aufsuchen… (Ausser es wäre in der Reichweite eines Wochenendausfluges, was es bei mir nicht ist :) ).

gast
11-03-2015, 07:12
Erstensmal finde ich, dass wenn du den Text nicht verstanden hast, es noch lange nicht heissen muss, dass ihn alle nicht verstehen.

Es ist einfach immer wieder schade zu sehen, dass mann bei Diskussionen in Foren oft seinen eigenen Horizont für den der Welt hält, anstatt entweder ruhig zu sein, oder einfach anzumerken dass einem der Text zu kompliziert ist oder eben eine konstruktive Kritik gibt. Denn ich glaube Fei li, dass du dir gar nicht die Mühe gemacht hast den Text wirklich verstehen zu wollen, sondern einfach die ganze Sache mit deinem eigen Horizont als Maßstab sofort abgelehnt hast. Glaub mir, damit versperrst du Dir Zugang zu vielen Interessanten Dingen. Oder warum kommst du in's Forum?

@Topic
Auch wenn der Text wie Thomas ja schon anmerkte recht speziell geschrieben ist, so kann man da für sich schon ein paar interessante Anregungen herausholen.

Es geht um die Emanzipation vom Pferdestand, der in all seinen Variationen laut Artikel ganz einfach Synonym für einen festen Stand steht (fester Bodenkontakt), aus dem heraus Kraft aufgebaut wird.

Wenn ich Herrn Barthel richtig verstanden habe, ist es ihm ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass Kraft nicht nur aus diesem verwurzelten oder zeitweise kurzen Bodenkontakt heraus entwickelt werden kann. Kraft also nicht über Druck aufgebaut werden muss, welche sich auf den Bodenkontakt stützt und dann im ganzen Körper über die verschiedenen Bewegungsachsen weiter aufbaut wird ( "achsengelenkte Schwünge und aufprallgenerierte Ketten den statischen Fokus bzw. die Brücke optimaler Übertragungswirkung").

Herr Barthel versucht laut Text diese auf Gegendruck aufbauende Kraftübertragung abzubauen (so unbelastet und ungebrochen wie möglich von dem Streben nach Befestigung zu emanzipieren). Durch das auflösen der Druckpunkte im Körper werden Räume frei, die eine viel feinere und effizientere Kraftausteuerung ermöglichen und so dem Ziel der Inneren Kampfkünste sehr nahe kommen, dass eben nicht alles über Kraft (auf Gegendruck aufbauende Kraft) läuft, sondern dass Kraft im Körper viel effizienter und qualitativ besser generiert werden kann.

Wenn man in Geschichte gut aufgepasst hat, dann haben die Menschen früher auch gedacht die Erde wäre das Zentrum des Universums. Dann kam einer und sagte die Erde kreist auch nur um die Sonne und wurde als Häretiker abgestempelt. Vielleicht sollten wir aus der Geschichte lernen und neuen Ideen und Konzepten einfach ihren Raum lassen ohne sie immer gleich von unserem eigenen Horizont aus zu bewerten.

Klaus
11-03-2015, 10:56
Wie genau funktioniert denn dieses "ohne Gegenkraft", wenn nunmal der Körper a) beweglich ist und b) keine statische Komponente hat die es ihm erlaubt ohne Muskelkontraktion auch nur stehen zu bleiben ? An der Stelle werden funktionierende Details oder Funktionsweisen mit einer Kunstsprache so erklärt dass es der normalen deutschen Wortbedeutung komplett widerspricht. Ein Körper der keine Gegenkraft auch nur gegen die Schwerkraft aufbaut fällt in sich zusammen. "Nicht gegen die Schwerkraft arbeiten" funktioniert gegen die Schwerkraft überhaupt nicht, man fällt einfach wie ein Sack um. Man kann nur den Kraftaufwand minimieren, indem alles mögliche sinken gelassen wird (ich stehe eigentlich auch "krumm"). Mit zusätzlichen Kräften die in Berührungskontexten eigentlich eher gering sind kann man durchaus verschieden umgehen, auch mit Sinken o.ä. Auch in den IMAs gibt es sowas, wie Mehl werden, oder Luft. Aber Kraft wird da in der einen oder anderen Ausprägung immer verwendet, weil man ohne Muskelkontraktion nur in eine Richtung kommt, nach unten. Richte ich mich wieder auf wirken Muskelkontraktionen. Schlägt man, wirken Muskelkontraktionen. Und so weiter. Daher möchte ich mich mit solchen Kunstsprachen nicht wirklich beschäftigen, auch wenn die tatsächlichen Effekte da durchaus interessant sind. Ner 80jährigen Frau die Fähigkeit zu geben auch gegen starke Seitenkräfte stehen zu bleiben ist nicht so einfach, wenn das geht, toll. Nur die Erklärung gefällt mir nicht, wenn sie schlicht unlogisch oder im wortwörtlichen Sinne den Worten nicht entspricht.

gast
11-03-2015, 11:51
Zuersteinmal mag ich mir hier nicht anmassen verstanden zu haben, was Helmuth Bartel in seinem Text geschrieben hat. Sondern ich habe den Text ein paar Mal durchgelesen und versucht mit eigenen Worten mein Verständnis wiederzugeben. Denn so unverständlich finde ich den Text nicht geschrieben.

@Klaus:
Ich glaube du unterstellst dem Text (oder meinen Aussagen) jetzt Inhalte die eigentlich gar nicht so drinstehen.
Denn es geht nicht darum 'ohne Gegenkraft' im Sinne von überhaupt keine Kraft einzusetzen. Dass wie du geschrieben hast also keine Muskelkontraktion zustandekommen soll. Wenn das das Prinzip von TTT wäre, was ich nicht glaube, wäre es natürlich nur Hokuspokus.
Ich denke es geht unterm Strich um eine andere Form der Körperaussteuerung und des 'Krafteinsatzes', die nicht auf Druck/abdrücken/Gegendruck aufbaut, sondern dass im Körper selber neue Räume geschaffen werden, die eine viel effizientere Verwendung von Kraft zulassen und man dabei eben auch etwas anders mit dem Verhältnis eigener Körper zum Boden umgeht.

Dazu schaue dir bitte noch einmal folgende Aussagen gut an:
- Es geht um die Emanzipation vom Konzept des Pferdestands (festen Stand steht, fester Bodenkontakt)
- "sich so unbelastet und ungebrochen wie möglich von dem Streben nach Befestigung zu emanzipieren" ('wie möglich' und 'sich zu emanzipieren' bedeutet nicht eine vollkommene Auslöschung des Krafteinsatzes)
- "durch eine sich immer feiner und in der Stetigkeit auswachsende Druckverteilung in den Grenzen des eigenen Körpers dem Aufprall bzw. der Bodenfestigkeit zusehends entgegenzutreten" (entgegentreten ist nicht überhaupt keine Kraft mehr verwenden, sondern weist auf eine andere Form des Krafteinsatzes hin)
- "Schläge, Tritte, Würfe, Hebel, Halte-, Stoß- und Drucktechniken suchen über achsengelenkte Schwünge und aufprallgenerierte Ketten den statischen Fokus bzw. die Brücke optimaler Übertragungswirkung." (So soll es nicht gemacht werden. Die lebendig federnde Sache fällt für dabei auch darunter, weil es immer noch auf Gegendruck aufgebaute Kräfte sind)

Vielleicht kann man ja einfach mal darüber nachsinnen, was es heisst, durch eine feinere Form der Körperaussteuerung die Räume im Körper anders zu nutzen und so eine ganz andere Druckverteilung, d.h. eine viel subtilere und effektivere Form des "Krafteinsatzes" zu erwirken.

T. Stoeppler
11-03-2015, 16:22
Mal das ganze vereinfacht:

Normalerweise - das ist durch diverse Automatismen und posturale Reflexe bedingt - baut der Körper in Erwartung oder während einer Kollision eine brückenbogenähnliche Gegenspannung auf. Das ist ganz vernünftig. Da der Körper in funktionalen Ketten arbeitet, sind die im Idealfall sehr lang, von der Hand (Kontaktpunkt) bis zu den Füssen (Groundpath). Es gibt auch kürzere Ketten, vom Kontaktpunkt Hand z.B. zur Brustmitte als Teilkörperschwerpunkt.

In allen Fällen baut der Körper eine Schutzspannung auf. In dem Moment des Auftreffens geht aus Gründen der Statik Kraft eben in diese Stützstruktur und der Kollisionswinkel ändert sich ebenfalls. (im ungünstigsten Fall reagiert der Gegner auf genau diese Bewegung)

Diesen Automatismus kann man entweder ausnutzen und verstärken, oder ihn clever umgehen. In letzterem Fall muss der Körper viel aktiver steuern, um eine Kraft zu übertragen, die dann (wenns klappt) aber sehr linear und mit äusserst geringen Verlusten übertragen wird. Da kann man auch schonmal staunen, wie gut das klappen kann.

Gruss, Thomas

pilger
12-03-2015, 07:46
Vielleicht habe ich den Text ja total falsch verstanden...aber in meinen Augen könnte man ihn auch in drei (vier) Worte zusammenfassen:

"Innere Widerstände (KOMPLETT) auflösen"

Ich persönlich war vor einigen Jahren tatsächlich mal auf einem guten Weg dorthin. Durch viel Training des Stehens, aber ohne die Aufmerksamkeit zu stark auf die bekannten Brücken zu legen sondern dadurch immer mehr in den Körper hinein zu spüren und immer mehr Widerstände zu lösen lösen lösen.
Dazu sehr viel Formentraining und Partnerübungen. Und dann stellten sich tatsächlich teils wundersame Effekte ein.

Von daher kann ich, falls mein Verständnis des Textes so ist wie Herr Bartels es meinte, nachvollziehen dass er sich vom festen Stand emanzipieren will.

Das große ABER war bei mir aber folgendes: Ich hatte irgendwann gleichzeitig wieder Bock auf äußere und schneller erreichbare Power, denn der Weg des Lösens ist ein sehr langer. Und deshalb begann ich zusätzlich zum lösenden Training wieder verstärkt mit Kraftübungen. Und legte wieder mehr Schwerpunkt auf Attribute wie auch äußerlich durchtrainierter Body, machte hartes Schlagtraining und vieles mehr. Nicht dass das schlecht ist. Ich habe dadurch gute Power bekommen (und ganz nebenbei wird auch das Ego dummerweise in viel zu starker Weise dabei gepflegt) aber diese Skills die sich durch das Training des Lösens eingestellt hatten, verschwanden wieder zum allergrößten Teil. Natürlich bin ich nachwievor recht durchlässig. Nicht zu vergleichen zu früher. Aber eben nicht so sehr wie es nötig wäre um Skills die da waren, auch heute noch abrufen zu können.

Optimal ist es wenn man so viel Zeit hat, beides in ausreichendem Maße zu üben. Aber nach meiner Erfahrung sind das Minimum zwei Stunden täglich und mehr. Aber wer hat das schon. Hat man das nicht, kann man mit einem Mixtraining aus der herkömmlichen Art des Kraft generierens und des Lösens zwar ein gutes Körpergefühl und ordentlich Dampf bekommen aber es ist nicht vergleichbar mit den Effekten die sich bei dem langen Weg einstellen. Aber der erfordert viel viel Zeit, Konsequenz und Lösen gerade auch des Egos. Wer den Weg einmal ein Stück weit beschritten hat wird wissen was ich meine.

Mittlerweile beginne ich wieder, die Waage mehr Richtung des Lösens von Widerständen kippen zu lassen. Denn wenn man nur eine Stunde täglich Zeit für Training hat, kann man nicht powern und gleichzeitig so viel Lösen dass es für beides reicht. Dann kommt nur das heraus was bei mir derzeit noch übrig geblieben ist: eine ganz gute Struktur gepaart mit ganz guter Power.

Aber das was Herr Bartels in seinem Text (wie ich glaube) beschreibt, nämlich eine wirklich andere Art des Generierens der Kraft und entsprechend andere Ergebnisse als die jemanden ordentlich unter guter Struktur eine auf die Zwölf geben zu können (um es mal ganz primitiv auszudrücken), erfordert nach meiner persönlichen Erfahrung tatsächlich eine andere Art des Trainings. Mehr Intensität, mehr Zeit, weniger herkömmliches Training und die bedingungslose Bereitschaft, auch ein Stück weit Eitelkeiten loslassen zu können!

LG
Pilger

carstenm
12-03-2015, 08:17
Mal angenommen, ich hätte den Text halbwegs richtig verstanden, wenn ich schreibe: "Kräfte nicht (z.B. durch Bildung eines Groundpath) aus dem Boden generieren oder in den Boden ableiten.
Sondern statt dessen in der bzw. durch die Körperstruktur selber (z.B. durch Öffnen des Körpers in sechs Richtungen) zu erzeugen bzw. auflösen."

Dann wäre das etwas anderes als:
"Innere Widerstände auflösen".

Denn das ist Bestandteil der einen, wie auch der anderen Methode.

pilger
12-03-2015, 08:37
Mal angenommen, ich hätte den Text halbwegs richtig verstanden, wenn ich schreibe: "Kräfte nicht (z.B. durch Bildung eines Groundpath) aus dem Boden generieren oder in den Boden ableiten.
Sondern statt dessen in der bzw. durch die Körperstruktur selber (z.B. durch Öffnen des Körpers in sechs Richtungen) zu erzeugen bzw. auflösen."

Dann wäre das etwas anderes als:
"Innere Widerstände auflösen".

Denn das ist Bestandteil der einen, wie auch der anderen Methode.

Carsten,
ich meine vermutlich das Gleiche wie Du beschreibst.
Innere Widerstände auflösen beziehe ich auf Geist UND Körper. Widerstände also selbstverständlich gerade auch in Muskulatur usw. lösen. Und genau dadurch kann -zumindest nach meiner Erfahrung- sich der Körper wie von Dir beschrieben öffnen und Kraft in neuer erstaunlicher Weise generieren.

Und ja, es ist Bestandteil beider Methoden. Es kommt hier meines Erachtens auf die Waage an...was tue ich wie lange.
Habe ich täglich gaaanz viel Zeit zum Üben kann ich so viel lösen dass auch ein Krafttraing da zu 100% unschädlich ist. Ich bleibe komplett gelöst.
Habe ich aber weniger Zeit und übe lösen nur weniger weil ich ins nur ein stündige Training auch noch ordentlich Groundpath packen willund ab und an Kraftuübungen machen will, bin ich nicht mehr zu 100% geöffnet und gelöst, da dann einfach gewisse Spannungen im Körper entstehen. Da muss mehr Zeit da sein für Lösen um die Kraftübungen usw überhaupt keine Spannungen verursachen zu lassen. Sehr schwer zu beschreiben. Sind ja auch nur meine ganz persönlichen Erfahrungen. Vielleicht bei anderen ganz anders.
LG
Pilger

KaiChangKai
12-03-2015, 09:28
Also der Artikel von Herrn Bartels sorgt hier ja ganz schön für rauchende Köpfe und jede Menge Spekulationen die meines Erachtens gar nicht weiterführen und nur wenig hilfreich und verwirrend sind.
Also man sollte sich wirklich die Mühe machen den Artikel genauer zu analysieren und was der gute Herr da schreibt. Der Pferdestand ist doch ein bekanntes Phänomen in der Kampfkunst, ob im Karate, Kickboxen oder anderen Systemen komme ich doch ohne den Pferdestand nicht aus oder es geht doch nicht anders ohne einen festen Stand - einen vermeintlich effektiven Tritt oder wirksamen Schlag auszuführen:(
Ich will mich auch nicht anmaßen hier über Herrn Bartels zu urteilen wie er schreibt oder das TTT zu erklären, jedenfalls ist der Artikel ein sehr interessanter und neuer Denkanstoß und man sollte wirklich mal hinterfragen was jetzt genau gemeint ist, wenn man sich vom Pferdestand emanzipiert. Ich werde mir lieber die Mühe machen ein Probetraining zu besuchen, anstatt irgendwelche wilden und mystifizierten Mutmaßungen zu machen.:D

pilger
12-03-2015, 11:15
Prima, mit dem Probetraining. Vielleicht hören wir ja von Dir wie es war.

Ansonsten denke ich, dass ein Board natürlich genau dazu dient: zum Diskutieren. Auch und gerade über Artikel zur Kampfkunst.

Wie auch immer... Verschiedene Methoden des Übens erzeugen verschiedene Ergebnisse. Und ich persönlich habe selbst gemerkt wie groß die Ergebnisse der verschiedenen Methoden sein können.

Nix mystisch oder sonst was. Sondern ganz konkret. Zu merken wenn man mit fremden Menschen trainiert. Da gibts je nach Art und Intensität des eigenen Trainings und dem des Partners die unterschiedlichsten Situationen im "Sparring". Es gab Zeiten da konnte ich wesentlich muskulösere und massigere Typen mühelos ins Leere gleiten lassen bzw auf den Boden schicken. Und es gab Zeiten da kam nur Murks raus. Und eines weiß ich: immer wenn man nicht genug geübt hat zu lösen und zu lösen und zu lösen, kann man noch soviel Elemente wie sicherer Stand und Schläge usw trainieren...es blieb dann bei einfacher Power die man hat. Es führte aber nicht zu diesen mühelosen ungebrochenen Bewegungen bei denen man sich selbst hinterher fragte wieso der Partner (oder man selbst wenn der Partner das gut drauf hat) gerade so komisch und völlig desorientert abgehoben usw ist.
Das kommt erst wenn man in der speziellen Art übt.
Aber wie gesagt, alles persönliche Erfahrungen. Andere mögen es anders erlebt haben.
Aber gerade in letzter Zeit habe ich in Trainingssituationen mit anderen gemerkt, dass ich in dieser Hinsicht nicht mehr viel drauf habe. Power ist da, aber nicht mehr viel von den ehemals vorhandenen Skills. Und warum? Weil ich einen Teil des Trainings, genau den im Artikel erwähnten, aufgrund anderer Dinge vernachlässigt habe.
Grüße
Pilger

KaiChangKai
12-03-2015, 11:58
Du hast zwei interessante Punkte angesprochen, erstens was verstehst du genau unter lösen und kannst du das genauer formulieren und zweitens wäre es nett was du genau unter ungebrochene Bewegung verstehst? Und irgendwo ist da auch das Debakel, wenn du einen technischen Stand erreichst hast, wie du sagtest das du die Leute vorbeileiten konntest, warum kannst du das nicht mehr? Da stimmt ja irgendwas nicht, wenn ich was gelernt habe, bleibe ich auf den Stand und entwickel es weiter. Gruss an Pilger

pilger
12-03-2015, 12:46
Du hast zwei interessante Punkte angesprochen, erstens was verstehst du genau unter lösen und kannst du das genauer formulieren und zweitens wäre es nett was du genau unter ungebrochene Bewegung verstehst? Und irgendwo ist da auch das Debakel, wenn du einen technischen Stand erreichst hast, wie du sagtest das du die Leute vorbeileiten konntest, warum kannst du das nicht mehr? Da stimmt ja irgendwas nicht, wenn ich was gelernt habe, bleibe ich auf den Stand und entwickel es weiter. Gruss an Pilger

Also als erstes zu dem erreichten Stand. Den kann man nur dann halten oder gar weiter entwickeln, wenn man in der entsprechenden Weise weiter trainiert. Wie in allen Bereichen. Du bewältigst beim Skifahren jede schwarze Piste weil Du drei mal im Jahr zum Skilaufen gehst und dich da ran getastet hast. Dann gehst Du nur noch einmal im Jahr Skilaufen und fährst da nur auf den blauen, also einfachen Pisten. Glaubst Du im Ernst dass Du nach ein paar Jahren dann noch jede schwarze Piste nehmen könntest? Und so ist es doch mit allen Dingen die Übung brauchen. Weiß jeder der mal etwas richtig gut konnte und dann anfing viel weniger dafür zu üben. Nach ner Zeit ist der Stand des Könnens sehr viel geringer.

Ein anderer Punkt ist WARUM man das plötzlich weniger oder anders übt und dadurch Teile seines Könnens verliert. Nun, das sind in meinem Fall ganz persönliche Gründe und die haben hier am Board nichts verloren.
Klar verfüge ich noch über grundlegende Fähigkeiten, aber durch weniger Üben als früher und Schwerpunkte anders setzen, eben nur noch auf einem viel niedrigeren Level. Ist halt schwer, wenn man sich nicht kennt, nachzuvollziehen von welchem Level man eigentlich spricht ;) Was ich persönlich bei mir als niedrig erachte kann für einen anderen hoch sein oder auch umgekehrt. Da muss man sich schon spüren. Anders geht das einfach nicht.

Das Thema Lösen ist allgemeiner Sprachgebrauch im Bereich der IMA. Sorry, da mag ich jetzt nix definieren. Sowieso schwer mit Worten. Jemanden der wirklich gelöst und ohne Widerstände ist, erkennt man wenn man ihn fühlt.

Unter ungebrochene Bewegung verstehe ich, dass ich diese auszuführen in der Lage bin, ohne auch nur den Hauch mehr an Spannung zu verwenden als ich für genau diese Bewegung benötige. Dass der Körper dabei völlig durchlässig und geöffnet ist. Dadurch ist die Bewegung komplett aus einem Guss. Alles echt schwer zu beschreiben. Rafft man in meinen Augen erst dann, wenn man das mal erfahren hat. Entweder weil man entsprechend von jemand der es kann berührt bzw auf die Bretter geschickt wurde oder/und weil man es selbst mal so weit beherrschte dass man jemand anderen in die Leere oder auf die Bretter schickte, eben genau auf die Art. Das fühlt sich einfach komplett anders an als ein "normaler" Wurf. Es ist total mühelos. Kann es nicht besser beschreiben. Sorry.

Grüße
Pilger

Edit: Im gesamten Training steht für mich sowieso immer mehr die Gesundheit und das gesamte körperlich-geistige Wohlbefinden an erster Stelle. Und das ist prima :) Alles andere wird da ein Stück weit nebensächlicher.

LG
Pilger

gast
13-03-2015, 06:35
Ich möchte nocheinmal betonen, dass ich hier nicht das System von TTT erklären will und kann!!

Aber ich hatte mal das Glück H. Barthel in Aktion zu erleben, auch wenn ich ihn nicht körperlich direkt gespürt habe. Kenne auch einen ehemaligen Schüler von ihm ganz gut, der aber seine eigenen Wege gegangen ist.

Was ich jedenfalls ganz klar sagen kann ist, dass das TTT sich ganz sicher nicht wie viele Taiji Stile von der Kraft wegentwickeln will und nur wert auf lösen oder Entspannung legt. Höchsten würde ich interpretieren, dass Entspannung und lösen ein Mittel zum Zweck ist und nicht das Ziel per se. Denn die Geschwindigkeit und Kraft die ich bei H. Barthel gesehen habe ist etwas was man bestimmt nicht so schnell ein zweitesmal zu Gesicht bekommt.
Es geht also ganz sicher nicht darum Kraft abzubauen, sondern Kraft anders und effektiver einzusetzen. Dazu möchte ich noch einmal folgenden Satz aus dem Text zitieren, den ich im Text für sehr wesentlich halte:


"durch eine sich immer feiner und in der Stetigkeit auswachsende Druckverteilung in den Grenzen des eigenen Körpers dem Aufprall bzw. der Bodenfestigkeit zusehends entgegenzutreten"

Es geht also um eine andere Form der Kraftgenerierung. Was H. Barthel im Text mit 'feinere Druckverteilung in den Grenzen des Körpers' meint, verstehe ich so, dass neue, andere Räume im Körper geschaffen werden, die im Idealfall eine unmittelbare Kraftübertragung ohne "Reibungsverlust" (im Text ist von 'achsengelenkten' Schwüngen und 'aufprallgenerierten' Ketten' die Rede) zulassen. Darin lassen sich Kraft und Geschwindigkeit widerspruchslos vereinen.

Was ich an der Formulierung etwas kritisieren würde ist, dass auch das TTT im Moment der Wirkung der Kraft (z.B. der Moment, in dem sich bei einem Schlag die Kraft in den Körper des Gegenübers entlädt) zur bestmöglichen Entfaltung den kurzzeitigen Kontakt zum Boden braucht. Denn der Mensch kann kurzeitig die Schwerkraft ausser Kraft (ohne dabei zusammen zu sacken), aber für den Moment der besten Kraftentfaltung braucht man kurzzeitig Bodenkontakt. Denn nur der kurze Moment im Kontakt zur Erde gibt mir die Grundlage zur Entfaltung der Kraft --- die sich durch andere Druckverteilung im Körper eben viel effektiver, direkter und schneller auswirkt. Ich bin mir relativ Sicher, dass das nicht im Widerspruch zum Text stehen würde, es aber vielleicht ein Punkt ist, den man schnell missverstehen kann.

pilger
13-03-2015, 07:01
Hallo beniwitt,

danke für diesen prima Beitrag! Trägt einiges zum Verstehen bei.

Mich soll hier auch bitte keiner falsch verstehen. Ich bin kein Gegner sondern Befürworter von Kraft!
Dachte nur aus dem Text rausgelesen zu haben dass die etwas andere Art des Kraftgenerierens bei Herrn B sehr sehr viel mit Lösen von Spannungen und Widerständen im Körper zu tun hat. Aber auch egal. Man verzeihe mir meine kleinen Offtopic Eigenerfahrungen die ich oben schrieb.

Kann für mich nur eines festhalten: je mehr ich zum herkömmlichen Training (Formen, Schlagtraining, körperliche Kräftigung usw) das Lösen von Spannungen betreibe (was ja sowieso dazu gehört. Aber das Maß und Intensität machen hier sehr viel aus) umso besser öffnet sich der Körper und er erzeugt mühelos noch mehr bzw eine andere Art der Kraft. Spürbar. Und die lässt schnell wieder nach wenn man genau diesen Aspekt weniger übt.

Danke jedenfalls für den Thread, denn mich hat er inspiriert, wieder mehr Impulse in diese Richtung zu setzen.

Dankeschön :)

gast
13-03-2015, 08:20
@Pilger: Ich denk deine Erfahrungen sind sehr wichtig und man sollte auch seinem eigenen Gefühl vertrauen, den Mut zu haben eigene Wege zu gehen (aber natürlich auch offen sein für alles Mögliche um einen herum). Lernen ist immer ein Prozess in dem neue Erfahrungen dazu führen altes neu zu überdenken --- und manchmal auch loszulassen.

Was das "lösen" oder die Entspannung angeht finde ich vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrung, dass es vor allem im Taiji oft zu einem Selbstzweck wird.
Anstatt das "Lösen" und Entspannen als eine didaktische Methode zu sehen die zu einer besseren Kraftentfaltung und Geschwindigkeit führt, wird die Methode oft direkt zum heiligen Ziel erklärt. Das kann man bei Taiji natürlich nicht über einen Kamm scheren, aber es ist ein Phänomen dass man immer wieder sieht.

Ich denke es ist wichtig zu akzeptieren, dass auch die IMA nicht ohne Kraft auskommen. Es aber eben Möglichkeiten gibt Kraft und Geschwindigkeit durch andere Methoden zu entwickeln. Das zu erklären geht aber nur im direkten Kontakt und ist, wie ja auch H. Barthel schrieb, ein längerer Prozess und nicht mit einer plötzlichen Erleuchtung zu bewerkstelligen ---- Es hat also nichts mit Geheimniskrämerei und Konservatismus zu tun, sondern ist schlicht und einfach nicht möglich darüber zu schreiben, ohne auch Augen- und Körperkontakt zu haben.

pilger
13-03-2015, 08:53
@ beniwitt

Klasse Beitrag :thumbup:

KaiChangKai
13-03-2015, 10:13
BeniWitt:

Was ich an der Formulierung etwas kritisieren würde ist, dass auch das TTT im Moment der Wirkung der Kraft (z.B. der Moment, in dem sich bei einem Schlag die Kraft in den Körper des Gegenübers entlädt) zur bestmöglichen Entfaltung den kurzzeitigen Kontakt zum Boden braucht. Denn der Mensch kann kurzeitig die Schwerkraft ausser Kraft (ohne dabei zusammen zu sacken), aber für den Moment der besten Kraftentfaltung braucht man kurzzeitig Bodenkontakt. Denn nur der kurze Moment im Kontakt zur Erde gibt mir die Grundlage zur Entfaltung der Kraft --- die sich durch andere Druckverteilung im Körper eben viel effektiver, direkter und schneller auswirkt. Ich bin mir relativ Sicher, dass das nicht im Widerspruch zum Text stehen würde, es aber vielleicht ein Punkt ist, den man schnell missverstehen kann.[/QUOTE]


Hallo Benni, im Großen und Ganzen kann ich dir nur Recht geben, aber so wie ich den Text verstanden habe, verzichtet das TTT gänzlich auf den Pferdestand oder strebt das zumindest an. Auch ein kurzweiliger Bodenkontakt begünstigt wieder den Pferdestand und das TTT, entschuldige vielleicht befinde ich mich auf dem Holzweg, will sich ja gänzlich vom aufprallgestützten Stand emanzipieren. Es kursieren ja so einige Geschichten im Netz über das TTT von Herrn Bartels und dessen Effektivität und es soll sich völlig in der Wirksamkeit und des Lernens von vielen Kampfkunstsystemen unterscheiden.

gast
13-03-2015, 11:01
BeniWitt:
Hallo Benni, im Großen und Ganzen kann ich dir nur Recht geben, aber so wie ich den Text verstanden habe, verzichtet das TTT gänzlich auf den Pferdestand oder strebt das zumindest an. Auch ein kurzweiliger Bodenkontakt begünstigt wieder den Pferdestand und das TTT, entschuldige vielleicht befinde ich mich auf dem Holzweg, will sich ja gänzlich vom aufprallgestützten Stand emanzipieren. Es kursieren ja so einige Geschichten im Netz über das TTT von Herrn Bartels und dessen Effektivität und es soll sich völlig in der Wirksamkeit und des Lernens von vielen Kampfkunstsystemen unterscheiden.

Ich kann deine Argumentation völlig verstehen. Wenn ich H. Barthel nicht mal in Aktion gesehen hätte, hätte ich bestimmt viel mehr Probleme seine Texte zu verstehen. Etwas zu sehen und am besten körperlich zu spüren ist manchmal einfach unumgänglich.

Rein vom sehen her, so wie H. Barthel schlägt, kommt er eben auch nicht ohne Bodenkontakt aus. Ich denke was er kritisiert ist letztendlich einmal eine etwas klischeehafte Vorstellung vom festen verwurzelten Stand mit dem operiert wird. Da gibt es genügend Beispiele im Netz, wo ein Meister von 10 Leuten geschoben wird und steht wie ein Fels o.ä..
Die Sache mit dem federnden Schritt im Text geht dann wohl schon mehr in die Problematik der Feinsteuerung von Bewegung. Also die Druckverteilung im Körper.

Unterm Strich denke ich will H. Barthel mit seinem Text einfach auf andere Möglichkeiten der Kraftgenerierung hinweisen, also den gesamten Bewegungsapparat umerziehen und neu strukturieren. Die Sache mit dem Bodenkontakt sollte meiner Meinung nach nicht im Widerspruch dazu stehen. Meiner Erfahrung nach ist nur der Moment wo es wirklich zur Kraftentfaltung kommt, beim Schlag also nur der kurze Moment des Aufpralls der Faust auf den Körper, wichtig den Kontakt zum Boden zu haben. Das kann auch nur für den Bruchteil einer Sekunde sein. Aber letztendlich kommt die Kraft aus dem Boden. Den aus der Luft oder im freien Fall hat der Mensch rein physikalisch einfach keine Möglichkeit seine Kraft voll zur Entfaltung zu bringen. Das verdeutlicht auch die Geschichte vom Vogel auf der Hand von Yang Luchan, der nicht zum Flug ansetzen kann, weil Yang Luchan mit seiner Hand so nachgibt, dass der Vogel sich nicht abdrücken kann.

KaiChangKai
13-03-2015, 11:20
Das leuchtet mir ein und man kann nur vermuten, ob Herr Barthel nun ohne Bodenkontakt auskommt oder nicht, das kann ich auch nicht in Frage stellen ohne es selbst erlebt zu haben. Aber vielleicht baut das TTT gerade auf die Idee oder den Mythos von Yang Luchan auf, das man keinen Widerstand mehr spürt und ins Leere fällt und wenn jemand sowas kann, dann möchte ich nicht wissen was für eine Kraftübertragung sonst noch möglich ist. Grüsse BeniWitt

Kamenraida
13-03-2015, 16:03
@beniwitt: ich habe das System nur durch verschiedene Schüler von HB kennengelernt. Jedenfalls, ich bin mir da nicht ganz sicher, was die Notwendigkeit von Bodenkontakt angeht. Soweit ich es verstanden habe, versucht man im TTT eine durchgängige Achse zwischen Kontaktpunkt und Boden sofort durch „Umlagern“ (zb von Fuß zu Fuß oder auch in einem Fuß) aufzulösen – und so dem Gegenüber jede Form von Stütze oder auch nur Anhaltspunkt für Widerstand zu entziehen. Ist mitunter recht beeindruckend. Das it auch der Grund, warum die Übungen nie im festen Stand machen. (gibt natürlich noch mehr Gründe, aber das ist einer).

Das mit der Kraft hängt damit zusammen: Ich habe es so kennengelernt, dass man im Üben tatsächlich Kraft im herkömmlichen Sinne komplett bleiben lässt – im Unterschied zu so mancher Taichi-Richtung wissen die TTTler allerdings recht genau, wo sie damit hinwollen. Ist aber im Prinzip nicht weit vom Taichi-Gedanken entfernt. Kraft (im herkömmlichen Sinne) blockiert erstens die eigene kinetische Energie, die man übertragen möchte, und gibt zweitens dem Gegenüber wiederum Stütze. In den fortgeschrittenen Stadien scheint mir dieses „standlose“ und „stützenentziehende“ so verfeinert zu sein, dass es fast eher was geistiges ist, und daher teilsweise schon vor dem Kontakt wirksam wird.

Grundsätzlich finde ich den Aufsatz auch eher seltsam. Ich glaube, wenn man das System nicht mal direkt kennengelernt hat, bleibt der Text einfach nur schleierhaft. Andererseits: ist das nicht mit allen IMA-Texten so?

gast
13-03-2015, 19:22
Grundsätzlich finde ich den Aufsatz auch eher seltsam. Ich glaube, wenn man das System nicht mal direkt kennengelernt hat, bleibt der Text einfach nur schleierhaft. Andererseits: ist das nicht mit allen IMA-Texten so?

Der geschriebene Text ist nunmal nur ein Teil, wie der Mensch wahrnehmen und verstehen kann. Ich denke in den KK ist das konkrete spüren einfach unabdinglich, wie du ja auch sagtest.

Wie gesagt, ich habe H. Barthel nur einmal in Aktion gesehen. Ich empfand die Art und Weise wie er geschlagen hat kraftvoll, ansatzlos und sehr schnell --- und ich meine mich relativ klar erinnern zu können wie er schon auch mit dem Bodenkontakt arbeitet, aber eben nicht im Sinne eines festen Standes.
Wenn ich vom Kontakt mit dem Boden rede, den ich für Notwendig halte, ist das hauptsächlich für den Moment der Wirkung gemeint. Das kann bei einem Schlag auch nur ein Bruchteil einer Sekunde sein. Wenn natürlich jemand Kraft auf mich ausübt sieht das ganze mit dem Widerstand ein bisschen anders aus --- wie du ja schon deine Eindrücke beschrieben hattest. Ich denke es ist einfach schwer da etwas pauschal sagen.

Wenn ich nun speziell an Torsten K. denke, der wie er ja auch sagte seinen eigenen Weg auf Basis des TTT gegangen ist, dann würde ich im Vergleich zu H. Barthel sagen, dass er ganz extrem versucht die Kraft rauszunehmen und durch Entspannung zu lösen. Bei H.B. hatte ich den Eindruck schwingt aber schon noch mal eine andere Energie mit (schon sehr Kraftvoll, aber eben einfach anders)

Jedenfalls sind die Ansätze die H. Barthel im TTT entwickelt alles andere als blosse theoretische Konstrukte. Ich denke jeder der die Möglichkeit hat sollte sich das schon einmal anschauen. Ist bestimmt eine kleine Horizonterweiterung. Oder auch Torsten K., wenn er überhaupt noch unterrichtet (ist glaub ich nur noch am Golfen, oder;) )

Oliver 101
13-03-2015, 20:28
Eine der wenigen interessanten Diskussionen hier seit langer Zeit. Danke.

fei li
16-03-2015, 04:06
Grundsätzlich finde ich den Aufsatz auch eher seltsam. Ich glaube, wenn man das System nicht mal direkt kennengelernt hat, bleibt der Text einfach nur schleierhaft. Andererseits: ist das nicht mit allen IMA-Texten so?

Da hast du etwas sehr Wahres geschrieben!

Ich würde sogar sagen, daß es generell alle Kampfkünste betrifft. Wenn man keine Mindest-erfahrung mit derjenigen KK gemacht hat, wird man sich immer schwer tun ein Bewegungssytem nachzuempfinden…

Wenn ich daran denke was ich früher vor Youtube-zeiten an Kampfkunstbüchern und Magazinen verschlungen habe, über haste-nich-gesehen tolle Künste und Lehrer – wenn ich mir das jetzt im Internet live ansehen kann wie die Herrschaften sich wirklich bewegen, dann kann ich den Großteil davon in den Papierkorb werfen :D

KaiChangKai
17-03-2015, 23:42
:halbyeaha:halbyeaha:halbyeaha:halbyeaha weiter so....

vakuum
24-03-2015, 12:52
Wenn man konventionelles Boxen kennt, weiss man, dass Schläge, die man nicht hatte sehen können, in der Regel wirksamer sind als solche, wo man noch Anhaltspunkte beim 'Abfeuern' hatte (auch wenn dann die Deckung zu langsam war).
Hat also mit IMA noch mal nichts zu tun.

Nun ist es so, dass wer, der das TTT-Bewegen gut kann, einen so aussteuern kann, dass wesentlich mehr Schläge, Tritte etc. ankommen ohne bemerkt werden zu können. Und wenn dieses Schläge dann auch auf eine entspannte Körperpartie treffen, die nicht 'auf Abwehr' eingestellt ist, die Wirkung erheblich mächtiger ausfällt.
Zudem gibt es einen etwas gespenstischen Effekt: Zwar sieht man etwas kommen, aber so, dass man nicht dagegen etwas aufbauen kann, weil (das ist jetzt Theorie) die Bewegung einen Grad an Bruchreduktion hat, der es verhindert, irgendwo mit einer Abwehr 'einzuhaken'. Man ist da wie paralysiert.
Und eine solche Bewegung hat ihren Grund auch im Boden, aber gerade nicht mittels Abdrücken vom Boden (Pferdestand), sondern in einem sehr kurzfristigen Fallen des Körpers, so dass der Körper das 'Feeling' der reinen Gravitation bekommt und die weitere Bewegung dann auch in diesem - logischerweise bruchlosen - Modus ausführen kann.
Das ist jetzt stark vereinfacht, wissenschaftlich müsste man da zig weitere Parameter einführen (u.A. auch immer-noch-stattfindende leichte Kontraktionen).
Allerdings wird das dann im TTT (soweit ich weiss) eher unter 'Gesamttonus' verbucht, also eine Art Bewusstsein, dass nicht in einzelnen Muskelkontraktionsketten funktioniert, sondern einen 'wachen' Grundtonus bevorzugt, der frei im Körper quasi wie Wasser mal dort und mal da sich wirkungsvoll ausbuchten kann. Das geht dann auch über Muskeln und Faszien hinaus bis in die Integration von Organen, Fettmasse etc. - alles stets im Fallen organisiert, was heisst, dass die Gravitationskraft sich quasi nie 'im Boden entlädt', der Körper wie ein Stück Holz hart auf ihm steht, sondern so dass die Fallräume stets im Körper (und ggf. auch im ausgesteuerten Gegner) einander quasi 'organisch abwechseln'. Wie ein Perpetuum Mobile im Körper - einst von der Schwerkraft angetrieben und dann mittels feiner Ansteuerung in Bewegung gehalten.
Um wirklich weiterzukommen, braucht es Leute, die das drauf haben, ausser man ist ein verdammtes Genie. Wirklich schwierig wird es im Sparring, wo man quasi das eigene Schutzprogramm (also Sicherheitskontraktionen) dekonditionieren muss, um diese Art von Bewegung aufrecht halten zu können.
Denn sobald man sich verkrampft (und sei es auch nur mässig stark), geht alles Ungebrochenere nicht mehr.
Man muss also auch eine Deckungsarbeit einbeziehen, die sich von der herkömmlichen unterscheidet, wenn man es 'sportlich' einsetzen will.

Anzufügen bleibt noch, dass selbst in der Fussmuskulatur es schon Räume hat, den Fall ausnutzen zu können (man muss also nicht zB in die Knie absacken um die Gravitation in den Körper als kinetische Energie zu kriegen, was sowieso einen Bruch erzeugen würde).
Diese Art von Fussarbeit unterscheidet sich ganz gravierend von herkömmlichen Schritttechniken. Ein Fallen von unter den Füssen her, so komisch das jetzt auch klingen mag, ist die Art wie man es umschreiben könnte. Also ein Vektor, der senkrecht weg vom Fuss runter in den Boden führt und nicht wie im Pferdestand ein Vektor, der vom Boden in die Achsen der Glieder weiterführt.

Hoffe das macht die Sache etwas klarer, aber bitte fragt mich nicht weiter, denn mein Niveau ist theoretisch höher als praktisch.
Gemäss meiner Erfahrung muss man das mit Könnern trainieren und zwar regelmässig und auch im Alltag (man muss also zB in der Nähe wohnen). Wenn man nicht bereit ist, das als wesentlichen Teil seines Lebens machen zu wollen, sind Fortschritte nur minimal, unverlässlich und kaum kampfrelevant. Es zu mischen mit herkömmlichen Techniken ist schwierig, weil man extrem schnell 'umschalten' können muss, wenn beide Techniken einsetzbar sein sollten.

junger Tiger
01-09-2017, 21:57
Habe gerade diesen älteren Threat hier gelesen und finde die Idee gut, den Pferdestand als einen symbolischen Begriff zu verwenden, um statische Bewegungen zu beschreiben. Ein Stand ist ja auch irgendwo immer Bewegung.

Die Idee, die Schwerkraft im Körper zu nutzen, kann ich nachvollziehen und ergibt sich meiner Meinung nach aus dem Anspurch von "sink & relax". Allerdings merke ich, dass ich automatisch "Brüche" erzeuge, weil ich nach dem Sinken wieder hochkommen und dann z. B. einen Schritt mache. Wenn ich die Beiträge korrekt verstanden habe, soll die Wirkung der Schwerkraft im eigenen Körper nicht verloren gehen, sondern durch ein ständiges Umlagern im Körper kreisen. Ist das korrekt? Es bedarf eines Anfangsimpulses, was z. B. das Sinken sein könnten. Dann hat man das "absackende" Gefühl und kann die nach unten wirkende Kraft z. B. wieder hochsteigen lassen und einen Schlag ausführen. Aber wie soll es ständig am laufen gehalten werden, wenn man eigentlich immer wieder neu sinken muss oder habe ich da einen Denkfehler?

Und wenn ich an Sparring denke, fällt es mir sehr schwer, zu glauben, solche Sachen umsetzen zu können. Klar! Liegt an meinem Kenntnisstand, aber man ist ja ständig in (äußerer) Bewegung, man hat keinen wirklcihen Ruhepunkt, den man für as Sinken bräuchte. Oder ist genau das, was der Autor kritisiert? Diese Suche nach einem Punkt, wo man sagen kann: Jetzt kann ich gut sinken?

Circle Defense
01-09-2017, 22:51
Wenn ich die Beiträge korrekt verstanden habe, soll die Wirkung der Schwerkraft im eigenen Körper nicht verloren gehen, sondern durch ein ständiges Umlagern im Körper kreisen. Ist das korrekt? Es bedarf eines Anfangsimpulses, was z. B. das Sinken sein könnten. Dann hat man das "absackende" Gefühl und kann die nach unten wirkende Kraft z. B. wieder hochsteigen lassen und einen Schlag ausführen. Aber wie soll es ständig am laufen gehalten werden, wenn man eigentlich immer wieder neu sinken muss oder habe ich da einen Denkfehler?


Ohne den Thread gelesen zu haben: das klingt ganz nach An Jin, der Fähigkeit, die Energie ständig im Fluß zu halten und nicht abreißen zu lassen. Kampfkünste, die diese Fähigkeit zu kultivieren versuchen, sind zB Bagua Zhang und Pigua Zhang.

Nassem
02-09-2017, 12:23
Ohne den Thread gelesen zu haben: das klingt ganz nach An Jin, der Fähigkeit, die Energie ständig im Fluß zu halten und nicht abreißen zu lassen. Kampfkünste, die diese Fähigkeit zu kultivieren versuchen, sind zB Bagua Zhang und Pigua Zhang.

ohne überheblich wirken zu wollen.... woher hast diese Interpretation von An Jin?

Circle Defense
02-09-2017, 13:08
ohne überheblich wirken zu wollen.... woher hast diese Interpretation von An Jin?

Gelesen. Wie würdest du An Jin definieren?

Nassem
02-09-2017, 15:01
Als :nicht sichtbar :)

Circle Defense
02-09-2017, 15:40
Das ist die wörtliche Übersetzung von An. Verbindest du damit auch Techniken, Prinzipien?

Nassem
02-09-2017, 16:16
Ich würde anjin keines falls Technik definieren, mehr als ein Niveau. In diesem Kontext gibt es dann Ming Jin ,an Jin und hua Jin (sichtbar , nicht sichtbar , mysteriös?) wie weit ich was wie interpretier ist dann wahrscheinlich von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich. Weiter würde ich auch behaupten das diese drei Umschreibungen unabhängig von den Stielen sind :)

Circle Defense
02-09-2017, 16:31
Bleibt also alles An, vielleicht sogar Hua. :)

Nassem
02-09-2017, 16:37
Wie meinst du das ?

Circle Defense
02-09-2017, 21:04
Ich meinte damit, dass die Begriffe "An" und "Hua" mysteriös bleiben.

Alpensahne
07-09-2017, 18:35
mein ehemaliges Hung Gar Training ist zwar schon lang her;
die verlinkte Erklärung find ich aber sehr peinlich; zeugt von nicht alzuviel Ahnung.
mein früherer Hung Gar Großmeister muste zum Anfang ein halbes Jahr
nur Horce stance üben , bis ein Räucherstäbchen runtergebrannt war sonst nix.

pilger
08-09-2017, 13:21
mein ehemaliges Hung Gar Training ist zwar schon lang her;
die verlinkte Erklärung find ich aber sehr peinlich; zeugt von nicht alzuviel Ahnung.
mein früherer Hung Gar Großmeister muste zum Anfang ein halbes Jahr
nur Horce stance üben , bis ein Räucherstäbchen runtergebrannt war sonst nix.Und deshalb ist es automatisch richtig, weil dein Lehrer das so machen musste?

Für mich hat das lange stupide Halten des Pferdestandes zu Beginn, ohne irgendwelche Erklärung bekommen zu haben, drei Gründe:

1. (Angeblich) Kraft und Struktur entwickeln...allerdings für mich fragwürdig, da es dafür in meinen Augen weitaus effektivere und sinnvollere Stände bzw Methoden gibt.
2. Testen ob ein Schüler es wirklich ernst meint und gewillt ist, Kampfkunst zu erlernen, ob er den nötigen Biss hat.
3. Den Schüler durch das lange Stehen in diesem Stand gefügig machen, das zu tun was der Lehrer verlangt.

Wem's gefällt... ;)

Gesendet von meinem HUAWEI VNS-L31 mit Tapatalk

Alpensahne
08-09-2017, 13:40
mein früherer Hung Gar Großmeister war Bucksam Kong
dessen Lehrer war Lum Cho;
wobei man die damalige Zeit berücksichtigen muß,
obs tatsächlich Sinn macht ??

Eskrima-Düsseldorf
08-09-2017, 14:01
mein früherer Hung Gar Großmeister war Bucksam Kong
dessen Lehrer war Lum Cho;
wobei man die damalige Zeit berücksichtigen muß,
obs tatsächlich Sinn macht ??

Ich erzähle meinen Schülern auch immer irgendwelche Horrorgeschichten wie hart ich früher trainiert hätte wenn die nach dem Training jammern :D

Klaus
08-09-2017, 14:09
Teilweise ist das tatsächlich so, kann aber dadurch erklärt werden dass die a) deutlich kleiner sind als der Durchschnittseuropäer, und b) schon als Kinder anfangen "irgendwas" zu trainieren. Ich kenne auch Deutsche die sowas drauf haben, und die sind auch athletisch im Sport dadurch überlegen. Dass es "nichts" bringt stimmt also nicht. Es ist eine Basisübung die Kraft bringt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn jemand der sowas jahrelang jeden Tag gemacht hat in einem Turnier mit 2 Grundschlägen Verbandsligaspieler im Squash schlägt, dann heisst das schon was. Man muss das nur *richtig* machen, und sinnvoll aufbauen, und nicht bei Null anfangen und mit ner Stunde halten total übertreiben. Das kann kein Mensch von Natur aus.

junger Tiger
11-11-2017, 18:17
Daraus ergibt sich für mich die Frage: Wozu braucht es diese extra trainierte Kraft, wenn der Anspruch besteht, so mühelos wie möglich zu arbeiten. Ich denke, das ist auch der Kritikpunkt in besagtem Artikel von Herrn Barthel.

1. Pferdestand = Symbol für eine feste Körper-Boden-Verbindung
2. Pferdestand = Übung / Bewegung / Haltung zur Kräftigung des Körpers

Durch die Ausrichtung des Körpers gegen den Boden, wird er für einen kurzen oder längeren Moment starr. Was oftmals als wichtige Grundlage verstanden wird, scheint aber auch ein Nachteil zu sein. Der stabile Stand gegen den Boden ermöglicht das Ausführen sicherer Bewegungen. Das Fundament ist fest und so kann man mit sicherem Gleichgewicht z. B. schlagen und auch Kollisionsenergie verkraften. Aber man wird starr und ist damit nicht mehr in der Lage, eine innere Druckverlagerung vorzunehmen - erst nachdem die Starre wieder gelöst wurde. So deute ich das zumindest.

Deshalb raten auch einige im Taiji das Sinken von unter den Füßen herzudenken, so dass man ab den Fußsohlen aufwärts in den Bewegungen frei bleibt und keine starren Momente im Körper erzeugt.

Aber das ist nur meine Interpretation.

Klaus
11-11-2017, 22:07
Weil Fajin in einer nennenswerten Größenordnung nicht "mühelos" ist. Das Mühelose ist a) ein Nebeneffekt der Stimulation, und b) eine weitere Möglichkeit. Ich habe noch keinen getroffen der "mühelos" einen toten Lederball fester werfen konnte als Leute die das nebenbei irgendwie mit Krafttraining geübt haben, oder "mühelos" einen Holzbalken von hinten gegen den Schädel nehmen konnten. Mit "Mühe" geht sowas. Mühelos kann man laufen, ringen, oder dergleichen, aber keine 80 Kilo heben. Ein bischen Mühe braucht es. Kraft "anders" zu erzeugen heisst nicht dass da gar keine Kraft anfällt. Ich war als Hänfling später deutlich stärker als die erheblich kräftiger aussehenden und schwereren Spieler in meinem Verein, aber mit 10 Kilo guter Muskulatur mehr wäre das noch deutlich stärker gewesen. Gegen trainierte sehr schwere sehr starke Leute wird es dünn.

Klaus
12-11-2017, 10:23
Oder um es anders auszudrücken, Taijiquan, und auch die eine oder andere IMA sonst, ist der Wechsel bzw. die Verbindung von Rou (soft) und Gan (energetic). Und nicht die zwischen Rou, noch mehr Rou, und total volle Kanne Rou ohne alles (Fleisch fällt vom Knochen ab wie vom perfekt gegarten Hühnchen).

mantis.wilm
20-11-2017, 12:14
Ich kenne diese ganzen offenen Fragen und Missverständnisse auch gut genug und würde mich da auf Klaus‘ Seite schlagen.
Die ganze ‚Aufwandlosigkeit‘ ist eine eigene Methode (eigentlich noch viel mehr, und da es eine Bewußtseinsübung ist, die nur anteilig ‚körperlich‘ ist, hat sie diverse Implikationen, die dann als Mythen durch’s Netz schwirren).
Es spricht mMn überhaupt nichts dagegen, parallel technisch korrektes Krafttraining, externe Übungen etc. zu machen, so lange man das IB rein hält und den Prinzipien folgt. Pseudolocker
rumzumachen und letztendlich auf seine 90 KG Kampfgewicht zu vertrauen ist nicht die Pointe.
Aber noch was anderes bzgl. Trainingsmethoden: Man muss auch mal hinterfragen, ob denn der historische Wissensstand nicht hier und da schlicht überholt ist. Zum Thema Pferdestand: Ich mache
schon lange kein Kung Fu mehr, aber ich habe schmerzhaft in Erinnerung, wie zu Prüfungen 5 Min. tiefer Stand angesagt waren…eine Qual. Heute mache ich regelmäßig schwere Squats
mit einem mindestens genauso die Muskelketten stärkenden Effekt und ein paar Min. tiefster Pferdestand sind kein Thema. Gut geplantes, progressives, technisch sauberes Muskeltraining
kann da eine Menge Zeit und Langeweile sparen – ist halt nicht ‚traditionell‘…

junger Tiger
20-11-2017, 14:24
@ mantis.wilm

Das sind gute Impulse. Danke dir.

Ich sehe es in Bezug auf die Aufwandslosigkeit so, dass es nicht darum geht, zu kollabieren - salopp gesagt, sondern dass nach Möglichkeit starre Punkte in der Bewegung vermieden werden sollen. Diese starren Puntke entstehen durch das Bemühen nach einem sicheren / stabilen Stand. Wer gut schlagen will, so gilt allgemein, dass er erst "richtig", also fest stehen muss, damit er schlagen kann und auch in der Lage ist, mögliche Kollisionsenergie, die "zurückokmmt", kompensieren zu können. So wie beim Schießen mit einem Gewehr. Der Rückstoß muss aufgenommen werden können, sonst fliegt man weg, nachdem man abgedrückt hat.

Und genau das sollte es in der Bewegung nicht geben, weshalb aber auch Bewegungen wie Schläge, Tritte usw. anders verstanden werden sollten als in typischer Weise im Sinne des Aufbaus bestimmter Wege einer Kraft von einem Punkt A (Schulter, Hüfte, Fuß oder alles zusammen) zu einem Punkt B, wo die Kraft entladen wird. Also kein Aufladen und späteres Entladen von Kraft, was naturgemäß stabile Punkte braucht, sondern beständige Bewegung, die sich ungebremst jederzeit entfaltet und nicht erst "vorbereitet" werden muss.

Ich mache selber noch hin und wieder Krafttraining wie den Pferdestand. Tut einfach gut, sich auch mal etwas zu bemühen, aber meine Bewegungen organisiere ich gänzlich anders. Da suche ich nicht nach festen Momenten, quasi um einen Sockel zu haben, nur um auf diesem Kraft übertragen zu können. Ich bemühe mich um absolute Aufwandslosigkeit, so dass ein Impuls durch den gesamten Körper gehen kann, ohne auf ein Hindernis zu stoßen. Das macht die Bewegungen für andere unvorhersehbar und unvorherspürbar - und die Wirkungen der Bewegungen, wenn denn ein Gegner dazwischen kommt, sind enorm - obwohl es sich für mich nahezu mühelos anfühlt.

Eistee
20-11-2017, 17:01
Für mich hat das lange stupide Halten des Pferdestandes zu Beginn, ohne irgendwelche Erklärung bekommen zu haben, drei Gründe:

1. (Angeblich) Kraft und Struktur entwickeln...allerdings für mich fragwürdig, da es dafür in meinen Augen weitaus effektivere und sinnvollere Stände bzw Methoden gibt.
2. Testen ob ein Schüler es wirklich ernst meint und gewillt ist, Kampfkunst zu erlernen, ob er den nötigen Biss hat.
3. Den Schüler durch das lange Stehen in diesem Stand gefügig machen, das zu tun was der Lehrer verlangt.

Wem's gefällt... ;)
Ich denke, Pferdestellung, also dieses (https://shaolin.org/images-3/general-5/horse-stance03.jpg), ist einfach die Kung-Fu-Variante der "Stehenden Säule", das heißt diesem (http://taichibasics.com/wp-content/uploads/2014/12/CZL-zhan-zhong.jpg), also nichts weniger als der grundlegenden Übung des Qigong.
Bei der "Stehenden Säule" sind die Beine schulterbreit auseinander. Dadurch ist es mittel anstrengend, man kann noch entspannen. Es baut auch Kraft und Muskeln auf, aber allgemein wirkt es eher innerlich und erzeugt Qi.
Sind die Beine wie in der Pferdestellung weiter als schulterbreit auseinander, wird es noch anstrengender, belastender für die Knie und sportlicher. Die Verwurzelung wird noch intensiver gestärkt, Muskeln werden schneller entwickelt.
Aber im Grunde ist es dieselbe Sache. Daher kann ich Unverständnis und Kritik nicht so recht nachvollziehen, wenn jemand die "Stehende Säule" schon kennt und sie auch als nützliche Übung akzeptiert.

Solche Übungen sind an sich sehr gut. Wenn zu autoritärere Sportlehrer sie für ihre Machtspielchen mißbrauchen, ist das natürlich fatal. Das darf man aber nicht auf die positive Übung selbst schieben.

Mühelos kann man laufen, ringen, oder dergleichen, aber keine 80 Kilo heben.
Ich mußte kürzlich einen schweren Metalldeckel zu einem Abwasserschacht anheben. Mit Körperkraft war das kaum zu machen, da erinnerte ich mich an die Tai Chi-Prinzipien, entspannte, suchte nach einer Stellung, in der mein Körper die richtige "Struktur" dafür hatte, und - schwups -, gelang das Anheben "mühelos".
Auch das sollte man doch eigentlich kennen, wenn man schon lange Tai Chi macht.

kanken
20-11-2017, 17:39
Es geht ja eben nicht um „Halten“ ;)

Diese Position:

http://yiquan.me/image/P1_06.jpg

ist mittlerweile eine meiner Lieblingspositionen. Auch nach 30 - 40 Minuten erschöpft sich da nix.

Tiefer Pferdestand ist ein schönes Beispiel für missverstandene Übungen, leider.

Grüße

Kanken

pilger
21-11-2017, 07:18
Eistee,

bitte lies nochmal meinen Eingangssatz...“Für mich hat das lange stupide Halten...“

Denn das ist ja das Problem. Geht nicht ums stupide Halten, aber viele Lehrer bringen es als solches bei! Und DANN hat es für mich einen der erwähnten Gründe...

Einen vierten Grund gibt es vielleicht auch noch...der Lehrer weiß es selbst nicht besser.

Bringt dir jemand Stehen bei, sollte es sich nämlich um “dynamisches“ Stehen handeln. Da wird im Körper ganz schön viel agiert. Eben kein stupides Stehen.
Und nur an letzteres ging meine Kritik, an das leider oft vermittelte stupide Stehen.

LG Pilger

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Klaus
21-11-2017, 09:32
Ich mußte kürzlich einen schweren Metalldeckel zu einem Abwasserschacht anheben. Mit Körperkraft war das kaum zu machen, da erinnerte ich mich an die Tai Chi-Prinzipien, entspannte, suchte nach einer Stellung, in der mein Körper die richtige "Struktur" dafür hatte, und - schwups -, gelang das Anheben "mühelos".
Auch das sollte man doch eigentlich kennen, wenn man schon lange Tai Chi macht.

Dann lass mal ein 6jähriges Kind so einen Deckel heben. Struktur kann so ein Kind haben, Kraft nicht. Warum geht es dann nicht ? Oder ne 45 Kilo schwere Frau die keine Leistungssportlerin ist.

Man kann mit mieser Körperorganisation oder fehlender Struktur(kraft) Dinge trotz ausreichender Kraft nicht bewältigen. Aber ab einem gewissen Punkt braucht es dann auch die Kraft. Sonst könnte man leicht ein Perpetuum Mobile bauen, man hebt 100 Kilo schwere Gewichte auf einen Generator, die Gewichtskraft treibt den Generator an und erzeugt Strom, und unten hebt die wieder jemand mühelos auf 1,50m Höhe. Die Differenz aus der Energie die der Generator erzeugt gegenüber der aufgewendeten Energie zum Anheben müsste sich über die Zeit ja schön läppern. Die Frage ist, warum geht sowas nicht ?

Pansapiens
21-11-2017, 09:49
Es geht ja eben nicht um „Halten“ ;)

Diese Position:



ist mittlerweile eine meiner Lieblingspositionen. Auch nach 30 - 40 Minuten erschöpft sich da nix.

am Stück?

kanken
21-11-2017, 10:01
Ja, am Stück. Ich breche auch nicht ab wegen Erschöpfung, sondern weil ich dann andere Dinge üben will. Ich stand auch schon so 1 Stunde ohne Erschöpfung mit einer bestimmten „Fragestellung“.
Positionen sind Labore um bestimmte Dinge zu verstehen, zu üben und einzuschleifen, dafür muss man aber weg von Kraftübungen und hin zu „Movement in No-Movement and No-Movement in Movement“.

Es geht eben um Entpannung und wie ich die in solchen Positionen erreiche, was ich damit machen kann und wie ich es kämpferisch umsetze.

Grüße

Kanken

kanken
21-11-2017, 10:38
Als Ergänzung evtl. noch:

Es geht bei solchen Übungen darum „die Sehnen“ zu kräftigen, allerdings sind das nicht die Sehnen in unserem westlich/anatomischen Verständnis.
Sehne steht hier für eine Idee von Kraft und kann nicht ohne diesen Kontext betrachtet werden. Knochen und Sehnen gehören zusammen.

Man muss wissen wie Jin entsteht. Wie eine Idee zu Energie/Kraft führt, die sich wiederum über das muskuloskeletale System entladen kann.

Meine Vorstellungskraft ermöglicht es mir dies durch Achtsamkeit zu erreichen und damit zu arbeiten. Man kann dann die Kräfte erforschen und harmonisieren, um zu verstehen wie man sie einsetzen kann.

Beim Stehen trainiert man sowohl die Vorstellungskraft, als auch die Achtsamkeit, als auch die Sehnen und Knochen. Vor allem trainiert man aber auch wie man dies verschieden konkret im Kampf einzusetzen hat, dafür muss ich aber auch die konkreten Anwendungen kennen.

Ich harmonisiere meinen Geist mit meinem Körper und nutze die daraus entstehende Kraft, wenn man es mal plump ausdrücken möchte.
Man muss weg von Gymnastik und Kraftübungen, hin zu einer „ganzheitlicheren“ Betrachtungsweise.

Grüße

Kanken