Vollständige Version anzeigen : WT! ist euch auch schon mal aufgefallen, dass..?
Puddingkuchen
08-03-2015, 15:52
Wenn man als Jugendlicher von einem anderem Jugendlichen stark gemobbt & auch körperlich angegriffen wird & dieser sich daraufhin in eine Wing Chun Schule anmeldet: wie bringt ihr ihm dann bei, dass er keine Angst mehr vor dem ''Täter'' haben braucht?
ist euch auch schon mal aufgefallen, dass die WC/WT etc Lehrer sich nicht so stark mit der Angst des Schülers befassen?
so nach dem Motto: ''wenn er auf dich zukommt , dann signalisierst du mit deinen Händen ''einfach'' STOP! Bleib stehen! ...und wenn er auf dich weiter zukommt und angreift, dann schlägst du ihn mit Handflächenstößen ins Gesicht.
Ist das nicht eigentlich etwas zu kompromisslos? Hat der Schüler dann nicht immer noch Angst wenn er den ''bösen'' Jugendlichen wieder antrifft?
Wie seht ihr das?
Wenn man als Jugendlicher von einem anderem Jugendlichen stark gemobbt & auch körperlich angegriffen wird & dieser sich daraufhin in eine Wing Chun Schule anmeldet: wie bringt ihr ihm dann bei, dass er keine Angst mehr vor dem ''Täter'' haben braucht?
ist euch auch schon mal aufgefallen, dass die WC/WT etc Lehrer sich nicht so stark mit der Angst des Schülers befassen?
so nach dem Motto: ''wenn er auf dich zukommt , dann signalisierst du mit deinen Händen ''einfach'' STOP! Bleib stehen! ...und wenn er auf dich weiter zukommt und angreift, dann schlägst du ihn mit Handflächenstößen ins Gesicht.
Ist das nicht eigentlich etwas zu kompromisslos? Hat der Schüler dann nicht immer noch Angst wenn er den ''bösen'' Jugendlichen wieder antrifft?
Wie seht ihr das?
Hallo Puddingkuchen,
meine Erfahrung aus vielen Jahren Jugend- und Kinderarbeit dazu:
Ich glaube, dass man einem Jugendlichen oder einem Kind nicht einfach durch ein paar Anweisungen, "Tricks" oder Techniken zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen kann. Ein Kind neu aufzubauen, damit es in Konfliktsituationen Größe und Selbstbewusstsein zeigt ist ein langer weg, der sehr professionelle und empathische Trainer benötigt. Das ist kein Job für jeden und dieses Know-How ist sicher nicht in ein paar Tagen zu erlangen. Man muss dazu gemacht sein.
Wenn man dann aber so ein Mensch ist, der dazu in der Lage ist Kinder, Jugendliche (und Erwachsene) auf die richtige Art und Weise zu erreichen, gilt es ein paar Dinge zu wissen.
1) Das funktioniert nicht in 2 Wochen oder in einem kurzen Kurs.
2) Man muss dem Menschen zeigen, nach welchen Regeln man sich selbst in unserer Gesellschaft zu verhalten hat und ihnen erklären, dass es Menschen gibt, die sich daran nicht halten.
3) Man muss Ihnen vorleben, durch eigenes Verhalten, wie bei Grenzüberschreitung reagiert werden muss.
4) Man muss sich auf den Menschen einlassen, ihm zu hören, sich um ihn kümmern, seine Ängste, Wünsche und Erfahrungen ernst nehmen.
5) Man muss ihn in kleinen Schritten an Konflikte heranführen, ihm Lösungsmöglichkeiten an die Hand geben, ihn fordern und häufig von Null anfangen.
6) Man muss Vertrauen gewinnen und zurück geben.
7) Man muss ihm ein sicheres Umfeld bieten, in dem er sich bewegen kann und in dem er Fehler machen darf, in dem ihn niemand auslacht und in dem er sich wohl fühlt.
Zusammengefasst: Man muss diese Menschen neu "erziehen", ihnen beibringen, wie man sich generell so verhält im Umgang mit Menschen. Man muss sie zur Interaktionen mit Menschen bewegen, ihnen Konflikte, Misserfolge und Erfolge bescheren.
Alles eine Sachen, die viel Hingabe und Erfahrung benötigt.
Doch, natürlich hat er das. Wenn nicht würde er wahrscheinlich gar nicht schlagen müssen weil der Aggressor einen Unterschied zu früher in seiner Körpersprache wahrnehmen würde.
Wer oft genug von derselben Person oder denselben Personen gemobt oder geschlagen wurde wird vermutlich die Angst ähnlich eingeprägt haben wie die Angst vor Spinnen, Zahnärzten oder Aufzügen. Das fordert was anderes als Blitz-Defense, um das schnell zu ändern. Ich mache dir gerne einen Spezial-Workshop dazu, wenn du eine kleine Gruppe Interessenten zusammen bekommst.
Kampfkunst ist halt kein Anti-Mobbing-Programm. Und sollte sich auch nicht dafür halten.
Puddingkuchen
08-03-2015, 16:43
Das fordert was anderes als Blitz-Defense, um das schnell zu ändern.
und nur mal so im allgemeinen: was wäre das ''andere''?
was könntest du da anbieten?
ist euch auch schon mal aufgefallen, dass die WC/WT etc Lehrer sich nicht so stark mit der Angst des Schülers befassen?
so nach dem Motto: ''wenn er auf dich zukommt , dann signalisierst du mit deinen Händen ''einfach'' STOP! Bleib stehen! ...und wenn er auf dich weiter zukommt und angreift, dann schlägst du ihn mit Handflächenstößen ins Gesicht.
...
Wie seht ihr das?
Da hast Du völlig recht.
Das reicht bei Weitem nicht!
Zu einem gutem WT-Training gehört ausgiebiges Situationstraining, zumindest wenn die Schule mit "Selbstverteidigung" wirbt.
Ich kenne das jetzt nur aus dem Erwachsenentraining (also wirklich ab 18).
Gutes Situationstraining ist nicht angenehm, denn es geht nicht um angenehme Situationen oder darum als taffer KK-Held mit Technik XY oder ChiSao-Gedöns daraus hervorzugehen.
Ein guter Trainer hat Erfahrungen und konfrontiert jeden Schüler einzeln mit einer realistischen Situation.
Zunächst löst der Schüler die Situation, oder er versucht es zumindest. Dannach wird die Situation ausgiebig besprochen, Verhaltenstipps werden gegeben.
Das alles erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl des Trainers, damit es dem Schüler nicht zu unangenehm wird.
Überwiegend ist das Verhalten, die Sprache und die Körpersprache gefragt - keine Stunts - nach denen man sich toll fühlt.
In vielen WT-Schulen, die mit SV werben, wird schlicht Wellnesstraining angeboten.
Das Selbstbewusstsein läßt sich einfacher durch erfolgreiche Übungen aller Art und hübschen Urkunden steigern - und alle sind glücklich.
Die Ausstrahlung reicht ja vielleicht schon...bis du bemerkst, was du wirklich umsetzen kannst...unter echtem Stress
Da muss man mehr können, als körperlich zu kämpfen - und das ist ja schon schwierig genug - bei echter Gegenwehr.
Gruß Kyra
dunyazad
09-03-2015, 05:22
...
dass die WC/WT etc Lehrer sich nicht so stark mit der Angst des Schülers befassen
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Ist das nicht eigentlich etwas zu kompromisslos? Hat der Schüler dann nicht immer noch Angst wenn er den ''bösen'' Jugendlichen wieder antrifft?
Wie seht ihr das?
DIE WC/WT etc. Lehrer ist nicht richtig.
Die Qualität im Kinder/Jugend Training ist überall unterschiedlich.
Von der Theorie her ist z.B. das Kids-WT in der EWTO so aufgebaut, dass auch der Umgang mit Ängsten geschult wird. Kommt immer auf die Größe der Gruppen an. Kids-WT geht vom 6 bis 12 Jahr.
Kompromissloses Zuschlagen wird in den Kinder und Jugendgruppen in der EWTO nicht unterrichtet. (Erwähne ich alles nur, weil vor Jugendlicher Kind kommt.)
Wird das Kind dann älter, ist es besser eine Jugendgruppe zu suchen. Direkt in die Erwachsenengruppe ist schlecht. In der Kindergruppe bleiben auch.
Bietet die WC/WT/VT Schule vor Ort keine vernünftigen Altersabstufungen ,sind Kinder und Jugendliche im örtlichen Judo/JJ/Karate-Verein oft besser aufgehoben.
derKünstler
09-03-2015, 12:34
Wichtig sind in solchen Fällen keine Techniken oder Anweisungen, sondern schlicht und ergreifend die innere Einstellung, sich ÜBERHAUPT wehren zu DÜRFEN.
Das hat mehr mit Erziehung und Vorbildfunktionen in der Kindheit zu tun als mit Fertigkeiten in irgendeiner Kampfkunst.
Dennoch kann dieses ständige "Stopp" bzw. "Nein" Sagen eine gewisse Umprogrammierung bewirken. Und zwar dann, wenn diese Worte bzw. der eigene starke Wille, Grenzen zu zeigen, auch Erfolg zeigt.
Aus dem Grund ist es extrem wichtig, solche Imhalte sehr sensibel und individuell angepasst zu üben, so dass der "Widerstand" des anderen immer stärker wird.
Da aber Kampfkunstschulen in der Regel einfach ihre Kampfkunst unterrichten und selbstverständlich kein psychologisches Coaching betreiben können, muss man genau schauen, wem die angebotenen Übungen in dieser Hinsicht etwas bringen (gibt es auch!) oder eben nicht. Derjenige braucht dann erstmal was ganz anderes.
Gruß
Ich finde leichtes oder spielerisches sparring kann da gut helfen. Viele haben ja ne sperre im kopf gewalt anzuwenden oder sich damit zu befassen. Da kann das ja helfen, da der, der die erfahrungen gemacht hat sich leichter zu wehren wissen wird.
...und "einfaches Training" um den Körper zu stärken, besser zu werden, zu kämpfen, zu sparren, "Zeit vergehen zu lassen" und so besser zu werden.
Eventuell auch Wettkampf (gerade bei Kindern) hilft enorm die eigenen Kräfte zu kennen und einzusetzen.
und nur mal so im allgemeinen: was wäre das ''andere''?
was könntest du da anbieten?
Ich würde die psychischen Barrieren ähnlich bearbeiten, wie ich es mache wenn Leute Phobien oder auch z.B. beim Fremdsprachenunterricht Sprechblokaden - also sich zu unsicher fühlen, um was in der Fremdsprache zu sagen, obwohl sie schon die intellektuelle Grundlage dafür erarbeitet haben.
Beides ist ähnlich insofern, dass es um Situationen/Stimuli, die Ängste in höherem oder minderem Grad auslösen. Der Körper hat sozusagen gelernt in einer bestimmten Situation Angst zu haben. Das vergisst der nicht, nur weil das Intellekt erdenken kann, dass diese oder jene Person, "nicht mehr so gefährlich sein kann". Da muss der Körper wieder umprogrammiert werden.
Was ich dann mache ist eine Kombination von Suggestionstechniken und psychomotorischen Techniken. Ich spreche also nicht von irgendwelchen langwierigen "Therapien". Im Gegenteil. Je schneller man ein positives Ergebnis erreicht je besser funktioniert es.
Iskrigare
04-05-2015, 13:12
Wenn man als Jugendlicher von einem anderem Jugendlichen stark gemobbt & auch körperlich angegriffen wird & dieser sich daraufhin in eine Wing Chun Schule anmeldet: wie bringt ihr ihm dann bei, dass er keine Angst mehr vor dem ''Täter'' haben braucht?
ist euch auch schon mal aufgefallen, dass die WC/WT etc Lehrer sich nicht so stark mit der Angst des Schülers befassen?
so nach dem Motto: ''wenn er auf dich zukommt , dann signalisierst du mit deinen Händen ''einfach'' STOP! Bleib stehen! ...und wenn er auf dich weiter zukommt und angreift, dann schlägst du ihn mit Handflächenstößen ins Gesicht.
Ist das nicht eigentlich etwas zu kompromisslos? Hat der Schüler dann nicht immer noch Angst wenn er den ''bösen'' Jugendlichen wieder antrifft?
Wie seht ihr das?
Hallo Puddingkuchen,
ich befasse mich intensiv mit genau dieser Fragestellung, da ich nicht nur ehemals Polizist und angehender Psychologe bin, sondern früher selbst betroffen war (mein Wachstumsschub kam spät ;) ) und mir umso mehr daran liegt, Jugendlichen in solchen Situationen umfassende Hilfe anzubieten.
Daher umfasst mein Angebot auch nicht nur Selbstverteidigung sondern fängt viel früher an. Allerdings Vorsicht, wer sich gleich als Therapeut sieht, dafür bedarf es einer langen Zusatzausbildung "nach" dem Studium der Psychologie und auch mein Weg dahin wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen.
Ansetzen muss man aber in so einem Fall auch als Laie ganz klar beim Abbau der Angst und Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls.
Dass das vielschichtig ist und man nicht jedes Problem aus der Welt schaffen kann, manchmal sogar am besten einen Neuanfang (Beispiel: Neue Schule) wagen sollte und das wesentlich mehr bedarf als Selbstverteidigungstraining und einige aufbauende Worte, ist klar, stellt den typischen Selbstverteidigungs-Lehrer allerdings auf eine harte Probe, zumindest wenn er das Thema ernst nimmt.
Da kann es nicht verkehrt sein, auch andere Hilfsstellen zu "kennen" und den Schüler für emotionale Betreuung an eben solche weiterzuverweisen.
Ich persönlich lerne aktuell mehr und mehr solcher Stellen kennen, seitdem ich mit dem Deutschen Kinderschutzbund in Verbindung getreten bin.
Ein solides Netzwerk zu haben, Empfehlungen geben zu können und sich auf das zu konzentrieren, was ein guter SV-Lehrer tut, nämlich wirksame Selbstverteidigung unterrichten, ist also das A und O.
Nicht alles kann man selbst machen, aber wissen, wen man nicht nur empfehlen kann, sondern wie man den Schüler dazu motiviert, sich weitere Hilfe zu suchen, ohne sich dafür zu schämen.
Auch die Eltern muss man dafür nicht immer ins Boot holen und dem Jugendlichen zeigen, dass er/sie auch davor keine Angst haben muss.
So viel Menschliche Kompetenz traue ich jedem guten SV-Lehrer zu! :)
Für weitere Fragen zum Thema, einfach PN.
Grüße aus Frankfurt
Manuel aka Iskrigare
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