Bajonett-Drill (Video) [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : Bajonett-Drill (Video)



itto_ryu
19-04-2015, 18:12
Ein schön gemachter Clip, wer sich allgemein für alte Feuerwaffen des 19. Jhds. interessiert, kann in diesem Kanal noch vieles finden:

SAu4YuiqN9o

Willi von der Heide
19-04-2015, 20:51
:yeaha: :yeaha: :yeaha:

Spitze !

Echt interessant !

karate_Fan
20-04-2015, 07:52
Danke fürs Teilen Itto. :verbeug::verbeug:

Wirklich interessant.

Jadetiger
20-04-2015, 08:49
Sehr interessant!
Mir fällt auf, dass das Gewehr in dem Drill auch für den unmittelbaren Nahkampf "richtig herum" (Abzug unten) gehalten wird. In diesem Punkt gab es ja bei den verschiedenen Armeen sehr unterschiedliche Ansichten. In dem Stil, den ich trainiere, hält man das Gewehr z.B. Abzug oben :D

Edit: Die Haltung "Abzug unten" stammt von August Fehn (1851). Siehe Post #12

Nagare
20-04-2015, 12:23
In dem Stil ,den ich trainiere, hält man das Gewehr z.B. Abzug oben

Jadetiger,
was ist denn die Idee davon?

Jadetiger
20-04-2015, 12:37
Ich versuch mich mal an einer Erklärung:
Ich trainiere bei Fechtboden Zimmermann (http://fechtboden.jimdo.com/) und dort orientiert dich das Bajonettfechten an dem ursprünglich von Eduard von Selmnitz konzipierten System.

Edit: Die Haltung "Abzug unten" stammt von August Fehn (1851). Siehe Post #12

Grund 1: Angriff
Charakteristisch für von Selmnitz sind die Fang- und Wurfstöße, bei denen das Gewehr mit der vorderen Hand losgelassen wird. Hält man das Gewehr "Abzug unten", fällt die Klingenspitze dabei schnell nach unten. Hält man das Gewehr "Abzug oben", legt es sich beim Stoß von selbst gut in die Horizontale.
Hier vielleicht zu erkennen:
http://u.jimdo.com/www64/o/s44691cf780133455/img/i76ebe142a78c5c17/1423406600/std/image.jpg

Grund 2: Parade
Da ein ordentliches Gewehr mit einem Arm nicht zu halten ist, fällt die Spitze nach einem Fang- oder Wurfstoß automatisch nach unten, woraus sich eine starke Verwenung verhangener Paraden ergibt. Hält man das Gewehr "Abzug oben", hat man dabei das Metall des Laufs vorn, was z.B. gegen Säbelhiebe besser ist.

Es gibt auf dem Gebiet aber auch noch andere Ideen. Ich habe mal von einem schwedischen System gehört, dass das Gewehr "flach" also auf die Seite gedreht hält. Dazu kann ich aber keine Quelle nennen.

itto_ryu
20-04-2015, 13:04
Im Wesentlichen basiert das Video wohl auch auf dem Bajonett-Drill nach Angelo (1853). Da hat sicherlich jeder seine eigenen Erfahrungen damals schon gemacht, z.B. Kelton (1862) zeigt den Fang- und Wurfstoß mit dem lauf nach oben:
http://www.thortrains.com/getright/drillbaykelton.htm

Mit Wurf- und Fangstoß kann man verdammt schnell sein, hier ein Video:
UClIpGnV7c0

Flach gedrehte Stiche beim Bajonettfechten kommen vornehmlich bei Messer- und Schwertbajonetten zum Einsatz, soweit ich es weiß:
http://etc.usf.edu/clipart/18500/18532/bayonethrust_18532_lg.gif
und auch aus taktischen Gründen wie hier zu sehen:
http://www.thortrains.com/getright/drillbayruss05.htm

Jadetiger
20-04-2015, 13:10
Sehr interessant!

@Itto-ryu
Weißt du, wie die Japaner das beim Jukendo handhaben?

itto_ryu
20-04-2015, 13:28
Meines Wissens nach nicht, weder damals noch heute (wobei dies in Anbetracht dessen, dass es einhändige (katate) Stöße beim Kendo gibt, verwundern mag).

Hier noch für alle Interessierten:
cffEmzxVGCk

AyORfiWHOPo

8y78wygm1Cw

BcZDS-bllPk

Jadetiger
20-04-2015, 14:45
Danke!
auch beim Jukendo ist die Haltung also klar erkennbar "Abzug unten".

OlafK
30-04-2015, 07:16
Nur zur Klarstellung Selmnitz stößt mit dem Lauf oben.
Selmnitz 1825 Seite 100: "Der Lauf ist während des Stoßes oberwärts gerichtet" (in der 1832 Ausgabe auch enthalten)
Allerdings ist der Lauf in der Grundstellung nach außen (rechts) gedreht da man mit dem Lauf und nicht mit dem Ladestock parieren soll.
Man muss bei Selmnitz allerdings beachten, das er hauptsächlich das Gefecht zwischen Reiter und Infanterist im Blick hatte, da das Gefecht Bajonett gegen Bajonett erst Mitte des 19. JH. an Bedeutung gewann.

Jukendo stößt tatsächlich mit dem Lauf oben und hat weder Wurf noch Fangstöße, soweit ich das in dem kurzen Workshop mitbekommen habe, den ich mal bei einer Düsseldorfer Budogala hatte. Es bleiben also immer beide Hände an ihrer Position am Gewehr.
Die Wurzeln werden auf die Französiche Militärmission zurückgeführt, wobei hauptsächlich das Footwork aus den Japanischen Kampfkünsten adaptiert wurde. Das heutige Jukendo ähnelt aber, bis auf das Footwork, mehr dem späten Preussischen System, was daran liegen könnte, das nach 1870/71 die Japaner mehr zu den Preussichen Beratern tendiert haben, da die Franzosen ja danach gerade nicht mehr als besonders militärisch erfolgreich galten.

Gute Erklärung zu Jukendo:
https://www.youtube.com/watch?v=dAk4hrfzoyg

Jadetiger
30-04-2015, 08:23
Nur zur Klarstellung Selmnitz stößt mit dem Lauf oben.
Selmnitz 1825 Seite 100: "Der Lauf ist während des Stoßes oberwärts gerichtet" (in der 1832 Ausgabe auch enthalten)? Habe ich da vielleicht meine Quellen falsch im Kopf? Ich kram so bald wie möglich nochmal nach.

EDIT: Olaf hat völlig recht. Ich hab meine Quellen verwechselt :o Die Haltung mit Lauf nach unten wird 1851 von August Fehn beschrieben:



[...] im Augenblick, wo der linke Fuß vorgesetzt wird, zieht man das Gewehr mit der rechten Hand in die Höhe, wirft es auswärts herumgedreht in die linke Hand, den Lauf nach unten, so dass es die linke Hand ziemlich im Schwerpunkt und die rechte Hand es dann im Dünnen der Kolbe umfaßt; [...]

gast
30-04-2015, 17:27
Schöner Post, Olaf, aber eine Sache:


...das er hauptsächlich das Gefecht zwischen Reiter und Infanterist im Blick hatte, da das Gefecht Bajonett gegen Bajonett erst Mitte des 19. JH. an Bedeutung gewann.

Inwiefern? Ehrlich gesagt, wäre mir das komplett neu, da ja auch selbst im Amerikanischen Bürgerkrieg das Bajonett Mann gegen Mann kaum zum Einsatz kam. Der Bajonett-Angriff ist ja eher dazu gedacht, den Gegner in die Flucht zu schlagen.
Oder bezieht sich das rein auf die Entwicklung fechterischer Handbücher?

OlafK
30-04-2015, 19:18
Ja ich bezog mich auf die Entwicklung der Fechterischen Ausbildung des Infanteristen am Gewehr.
Der Bajonett Drill für den Infanteristen vor dem Ende der Napoleonischen Kriege bestand bestenfalls aus dem Fällen des Gewehres und Ausschnellen der Waffe gegen einen Reiter oder Infanteristen.
Nahkämpfe wurden eher in Formation ausgetragen, wobei meistens eine Formation wich bevor es zum aufeinanderprall kam. Außerdem tendierten die Soldaten dazu ihre Muskete im Einzelgefecht lieber als zweihändige Keule zu schwingen anstelle mit dem spitzen Ende zuzustechen.
Das Bajonett diente also hauptsächlich dazu den Kavalleristen auf Distanz zu halten, wobei sich der Infanterist oft nur im Karee dazu sicher genug fühlte.

Der Umstand, das sich in den Feldzügen der Napoleonischen Kriege häufig versprengte Infanteriegruppen zahlenmäßig unterlegenden Kavallerie Einheiten ergeben haben, führen Selmnitz und andere Pioniere der Bajonettfechtkunst als Grund an den Infanteristen auch im Umgang mit seiner Blankwaffe zu auszubilden. Sie fokusieren aber Anfangs stark darauf dem Infanteristen mehr Vertrauen in seine Waffe gegen den Kavalleristen zu geben. Auch imText steht dann das die Spitze gegen die Brust des Reiters gerichtet sein soll oder der Wurfstoß mit Sprung nur gegen einen Reiter der sich entfernt sicher anzuwenden sei usw.

Erst im Laufe des 19.Jh., wo durch die verbesserte Waffentechnik das zerstreute Gefecht an Bedeutung gewinnt und die Wirkung der Kavallerie nachlässt, ändert sich der Fokus auf das Fechten Bajonett gegen Bajonett, was man auch an den Quellen verfolgen kann.

karate_Fan
18-08-2016, 10:25
Matt Easton hat jetzt auch ein kurzes Video zum Thema Bajonett hochgeladen.


https://www.youtube.com/watch?v=FNpblyhee_I

Sieht für mich interessant aus, auch wenn ich zur Qualität nichts sagen kann, da Bajonett Fechten ein Thema ist von dem ich absolut nichts weiß.

Denke aber schon, dass Mr Easton kompetent ist, so dürfte das Video wohl nicht schlecht sein.

Willi von der Heide
18-08-2016, 10:54
@karate fan

:) Danke für den Link ! Kannte ich gar nicht ! " Swords and Knives of Afghanistan in the victorian Era " ... muß ich mir gleich mal anschauen !

Hier noch ein Video ( du kennst es ja schon ) zum Bajonettdrill in der britischen Armee:

watch?v=a5VR4Ch__q8

Terao
18-08-2016, 11:50
Hängt es nicht mit der Art des Bajonetts zusammen, ob Abzug unten oder oben? Ich mein, bei sonem Nadelbajonett ist das ja wurst. Aber bei einem mit (einschneidiger, wie etwa das japanische) Klinge wird ja die Schneide, und damit auch der Abzug, tendenziell Richtung Gegner (also in Stoßhaltung unten) sein.

gast
18-08-2016, 15:02
edit

Huangshan
18-08-2016, 22:11
Hier :

1938 U.S. Army Training Film - Bayonet Training

https://www.youtube.com/watch?v=9ygwgX8H3S0

karate_Fan
19-08-2016, 09:34
@Willi Kein Problem. Auch an dich nochmal ein Danke für das Video auch wenn es mir schon bekannt ist. :)


Und ja der scholagladiatoria Kanal ist wirklich sehr cool. Gibt dort wirklich viele interessante Videos. Ist auch meiner Lieblings YT Kanäle in Sachen HEMA.

Lino
14-11-2016, 18:18
Sehr interessant!
Mir fällt auf, dass das Gewehr in dem Drill auch für den unmittelbaren Nahkampf "richtig herum" (Abzug unten) gehalten wird. In diesem Punkt gab es ja bei den verschiedenen Armeen sehr unterschiedliche Ansichten. In dem Stil, den ich trainiere, hält man das Gewehr z.B. Abzug oben :D

Edit: Die Haltung "Abzug unten" stammt von August Fehn (1851). Siehe Post #12

Welchen Vorteil soll das haben?

OliverJ
14-11-2016, 18:35
Welchen Vorteil soll das haben?
in der Zeit stecke das reglementierte Fechten mit dem Gewehr noch in den Kinderschuhen. Viele Fechtmeister der Armee waren unterschiedlicher Meinung aus unterschiedlichen Gründen.
Die einen möchten das Gewehr abzug nach unten gehalten haben, da sie der Meinung waren man solle den Lauf nicht beschädigen, die LAdestockseite würde zum parieren ausreichen. Den anderen war das egal, der Lauf war härter stabieler, was besonders für Batuten, also Schläge zur gegnerischen Waffe, von Vorteil war.
Außerdem kommt es noch drauf an was man denn nun für ein Gewehr hatte, manche Modelle liegen Abzug nach oben einfach besser in der Hand.

Je nachdem wie das Gewehr gehalten werden sollte würden auch die Bajonette oben, unten oder seitlich vom Lauf angebrach (zumindest wenn man sich bereits vom Spundbajonett weiterentwickelt hatte).

Bei modernen Gewehren dürfte sich die Frage aber erübrigen.