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Vollständige Version anzeigen : Sinn und Unsinn von Strength&Conditioning



jkdberlin
07-05-2015, 08:54
BAMMA Champion Rany Sadeeh Hat auf Facebook einen sehr interessanten Artikel geschrieben, den ich hier gerne mal zur Diskussion stellen möchte:


https://www.facebook.com/177634472352258/photos/a.192013877580984.41631.177634472352258/777070049075361/?type=1&theater

Sinn und Unsinn von Strength&Conditioning

Hi Leute!
Ich möchte ein Thema ansprechen, an dem kein Leistungssportler vorbeikommt: Kraft- und Konditionstraining (kurz S&C).

Ich selbst als Kampfsportler bin damit schon früh in Berührung gekommen, oft im Zusammenhang mit Zirkeltrainings hoher Intensität. Ich habe viel Zeit mit S&C-Training verbracht und mit der Reifung als Sportler sind mir an mir selbst viele Fehler aufgefallen, die ich heutzutage noch bei vielen Kämpfern in ihrer anfänglichen Karriere beobachten kann.

Man sich den Sinn und Unsinn dieses Trainings vor Augen halten.
Warum trainieren?

Wir wollen eine Verbesserung der Kraft, Koordination, Explosivität, Ausdauer, Stabilität der Gelenke, Mobilität, Atmung und Körperhaltung erlangen. Es sind ergänzende Maßnahmen um die Leistung des Athleten zu steigern und um ihn gesund zu halten. Dies wiederspricht dem, was die meisten Kämpfer und Trainer mit ihren Kämpfern machen.

Es geht zunächst nicht darum, sich kaputt zu machen und so den "größtmöglichen Reiz" zu setzen. Oft wird durch zu viel "High-Intensity-Trainings" versucht, den Athleten über sein Limit zu bringen. Ein Workout bei dem einem schwindelig wird und man sich vielleicht übergibt, ist dann ein "gutes Workout". Man fühlt sich tough, schließlich trainiert man gerade wie ein Elitesoldat.

Letztlich bringt solch ein Training eurem Prozess der Leistungssteigerung nicht viel, denn ihr verliert Zeit! Wenn ich so trainiere, kann ich mir die folgenden zwei bis drei Tage Training sparen, denn mein Körper ist so runtergebrochen, dass es ineffektiv ist.

Wir Sportler in Europa neigen immer dazu, jeden Fitnesstrend aus den USA zu übernehmen. Heute Crossfit, morgen Kettlebell, übermorgen etwas neues aus dem Reebok-Werbespot oder dem UFC Countdownvideo. Die Amis mögen es theatralisch. Ich weiß, es macht Spaß, aber es bringt euch weniger an eure Ziele als die Basis eines normalen Kraft- und Konditionstraining. Kampfsport an sich ist schon hart, warum noch zusätzlich seinem Körper schaden?

S&C ist nur eine Ergänzende Trainingsmaßnahme, die den geringsten Anteil eures Trainingsvolumens beanspruchen soll. Schließlich wollt ihr besser in eurer Sportart werden und keine Wettkämpfe im Zirkeltraining bestreiten.

Ich habe mal einen Freund und erfolgreichen Kämpfer aus England gefragt:"Warum machst du kein Krafttraining?"

Seine Antwort:"Ich trainiere in der Zeit lieber meine Technik. Die Amerikaner sind voll mit Streroiden und trainieren jeden Tag S&C, du wirst sie eh nicht in dem Bereich schlagen können."

In diesem Sinne: Ab ins Gym, Technik drillen!

euer Rany
Team Fitnessladen Hannover

Larks
07-05-2015, 09:39
Guter Ansatz, ich halte es auch nicht für sinnvoll, S&C so intensiv zu betreiben, dass es einem Zeit und Energie raubt, die man auf der Matte braucht.

Das hier halte ich für einen guten Artikel, der hier im Forum ja auch schon ein paar mal diskutiert wurde.

Ich würde aber nicht komplett auf Krafttraining verzichten wollen, sondern ein sehr minimalistisches Krafttraining mit Maximalkraftschwerpunkt durchführen, wie Pavel/Dan John es in "Easy Strength" oder Björn Friedrich heir im Forum beschrieben haben. Maximalkraft ist m.M.n. der einzige Faktor, der im Training nicht ausreichend beansprucht wird.

Aber auch Erfahrungen von Kämpfern, die komplett auf Krafttraining verzichten interessieren mich sehr, bitte mehr davon! :D

rolfk
07-05-2015, 09:41
Seine Antwort:"Ich trainiere in der Zeit lieber meine Technik. Die Amerikaner sind voll mit Streroiden und trainieren jeden Tag S&C, du wirst sie eh nicht in dem Bereich schlagen können

Würde ich definitiv auch so machen. Kraft und Konditionstraining sind zwar wichtig und sinnvoll , aber als Ergänzung des Haupttrainings und als Kampfsportler (insbesondere Wettkämpfer) wäre mein Hauptziel aber Technikverbesserung mit und ohne Sparring.

Im "normalem" Training wird die Kondition und die nötige Kraft, die ich in den Techniken brauche, schon mittrainiert. Mehr wie 2 x in der Woche würde ich S&C nicht machen.



Die Amerikaner sind voll mit Streroiden
Wohl nicht nur die Amis. Dürfte weltweit so sein. Was aber nicht diskutiert werden sollte, da OT

MMAMatze
07-05-2015, 09:55
Das kann ich genau so unterschreiben! Der Körper stellt sich auf das ein was er am meisten macht. bedeutet: wenn ich viel Ringen trainiere bekomme bildet der Körper die Muskeln die er zum Ringen benötigt stärker aus -> meine Kraft ausdauer beim Ringen steigt.

Das bedeutet aber nicht das ich gleichzeitig besser bei Intervallsprints bin. Meine Kraft/Ausdauer bei Intervallsprints steigt, wenn ich viel Intervallsprints mache.

Falls ich SC training mache sollten die übungen den Bewegungsabläufen meiner KK am nächsten kommen.

Das Problem ist aber das der Körper nur begrenzte Kapazitäten besitzt. Also warum seine Zeit mit SC "verschwenden"?
Ich mache gar kein SC... wenn ich Energieüberschuss habe ringe ich immer mit den schweren Jungs (100kg+). Dann habe ich am nächsten Tag auch ordentlich Muskelkater und habe nebenbei noch meine Technik verbessert!

die Chisau
07-05-2015, 10:03
Ich erinnere mich an eine Kenny Weldon DVD in der er erklärt, das Konditionstraining abseits der Boxtrainings ganz bewusst sehr gering zu halten, um ein Ausbrennen der Sportler über die Jahre zu vermeiden.
So machen seine Leute z.B nur 20 minütige Laufeinheiten.

Bare-knuckle
12-07-2015, 05:08
Seh ich ganz genau so. Lieber viel in Technik investieren, die in Fleisch und Blut übergeht, als in einen Körper zu setzen, dessen Standards früher oder später vergehen...

Lugasch
12-07-2015, 10:36
Zustimmung :)
Ich habe seit ein Paar Jahren auf Sportsport verzichtet und mache nur noch das, was mir hobbymäßig Spaß macht...also Kämpfen, Klettern und im Wald laufen - kein Sport mehr im Sinne von "höher, schneller, weiter". Ich merke, dass die Leistung sehr langsam aber stetig steigt, ohne dass ich es darauf abstelle und obwohl ich älter werde.
Wichtig ist mMn ausgewogen zu trainieren - so merke ich beim Klettern, dass es sinnvoll ist nach dem reinen Klettern Ausgleichsübungen zu machen, die wenig beanspruchte Muskeln fördern und fordern, die aber trotzdem dem Klettern zugute kommen. Jetzt versuche ich das bei dem Rest zu integrieren :)
Wenn also das eigentliche Training "rund" ist, braucht ein Hobbysportler keine SC-Ergänung.

Lugasch
12-07-2015, 10:37
Ich glaube Björn Friedrich hat da was Kluges zum Thema "functional training" geschrieben :)

Dietrich von Bern
12-07-2015, 19:20
Ich finde den Beitrag auch sehr gut.
Optimal ist IMO der Ansatz von Joel Jamieson, das Training als eins zu sehen. Also das KS-Training nicht immer nach Schema F sondern phasenweise passend zum Block zu variieren. Sein Buch ist wirklich gut.
Nichts zu machen ist IMO falsch!
Man baut sonst Dysbalancen auf und Verletzungen können die Folge sein.

Thiloy
13-07-2015, 06:41
Quasi der Marcello Garcia Style :-)

Ich empfand das BJJ Training gerade die Tage nach dem Sparring immer als echt ausgelauft und platt. Mittlerweile geht das abr und ich packe oft an den
Trainingsfreien Tagen Dehnübungen rein, oder mache Solodrills...

Fips
13-07-2015, 08:22
Der Punkt ist einfach, dass sich gutes Kraftraining nicht dadurch auszeichnet, dass man am Ende irgendwelcher high Rep Burpee - Clean -Jerk - Pull Up Zirkel ins Gym kotzt und sich drei Tage später immernoch kaputt fühlt, sondern dadurch, dass man kontinuierlich stärker wird. Hier sind meiner Meinung nach besonders die Trainer in der Pflicht, sich endlich auch mal im Bereich Krafttraining weiter zu bilden. Das ist ja schließlich keine Raketenwissenschaft. Aber solange nicht erkannt wird, dass es gerade für fortgeschrittene Athleten bestenfalls sinnlos, aber eher hinderlich ist, in jedem KS Training hunderte Liegestütze und sit ups zu machen, kommen wir da wohl nicht weiter.

Magni
13-07-2015, 10:37
Kann mal jemand einen link zu Bjoern Friedrichs Thread zu diesem thema angeben?Finde ihn in der masse gerade nicht.

Dietrich von Bern
13-07-2015, 11:52
Der Punkt ist einfach, dass sich gutes Kraftraining nicht dadurch auszeichnet, dass man am Ende irgendwelcher high Rep Burpee - Clean -Jerk - Pull Up Zirkel ins Gym kotzt und sich drei Tage später immernoch kaputt fühlt, sondern dadurch, dass man kontinuierlich stärker wird. Hier sind meiner Meinung nach besonders die Trainer in der Pflicht, sich endlich auch mal im Bereich Krafttraining weiter zu bilden. Das ist ja schließlich keine Raketenwissenschaft. Aber solange nicht erkannt wird, dass es gerade für fortgeschrittene Athleten bestenfalls sinnlos, aber eher hinderlich ist, in jedem KS Training hunderte Liegestütze und sit ups zu machen, kommen wir da wohl nicht weiter.

Alles richtig! :beer:

Das Problem ist nur, dass es sehr schwierig bis unmöglich ist, bei einer heterogenen Gruppe individuell passendes Krafttraining in die "Trainingsstunde" zu integrieren.

Von daher bin ich persönlich der Meinung, dass es besser ist, wenn man als KS-Trainer spezifisch bleibt - also so wenig wie möglich "allgemeine Turn-Übungen" macht.

Um das S&C (wenn nötig) sollten sich die Sportler dann (ggf. mit know-how / Unterstützung des Trainers) selber kümmern.

Ich finde auch die Aufwärmroutine in den meissten Clubs übertrieben lang und anstrengend.

Als Trainingsstunde optimal wäre:
kurz ausreichend aufwärmen (nicht mal annähernd bis zur Erschöpfung!)
ein paar Runden Technik drillen
ein paar Runden sparring
ggf. ein paar Runden Sack oder Pratze
Das ganze passend zum aktuellen Block.
Der Block gibt vor, wie intensiv das ganze wird.

S&C kann dann jeder zu einer anderen Zeit individuell organisieren.

Dietrich von Bern
14-07-2015, 11:50
Da es hier ja um Sinn oder Unsinn von ergänzendem Training geht...

Ich stelle immer wieder in verschiedenen Diskussionen fest, dass es Leute gibt, die meinen "DAS und nichts anderes" wäre das richtige Ergänzungstraining.
Auch immer wieder gerne mit Totschlagargumenten wie "XY fixes everything".

Ich kann nur jedem empfehlen sich entweder einen guten Trainer zu suchen, der einen richtig einschätzen und entsprechend beraten kann.

Oder man geht mit gesundem Menschenverstand an die Sache heran:

Stelle Dir die entscheidenden Fragen!
Schritt 1: Was ist für meinen Sport wirklich wichtig und was ist noch dazu langfristig gut für meine Gesundheit? (Ich will ja nicht nach einem Jahr kaputt sein!)
Schritt 2: Wo stehe ich?
Diese Frage kannst Du Dir beantworten, wenn Du Dich getestet hast.
Habe ich genetisch bedingte Stärken und Schwächen?
Wie fit bin ich im Vergleich zu internationalen Standards?
Quelle: SO kommst Du "in Form"... - Kampfkunst-Board (http://www.kampfkunst-board.info/forum/blog.php?b=427)

Kannix
14-07-2015, 17:36
Train hard, fight easy gilt nach wie vor.

Dietrich von Bern
14-07-2015, 17:41
Train hard, fight easy gilt nach wie vor.

Train smart, old fellow, oder so ähnlich ;):D

Fips
15-07-2015, 07:39
Train hard, fight easy gilt nach wie vor.
Sicher, dem habe ich auch nicht widersprochen. Es spricht ja auch nichts dagegen, am Sack, der Pratze oder im Sparring richtig Gas zu geben. Und schwere Squats und Deadlifts fallen wohl auch unter die "train hard" Kategorie. Ich sehe da also keinen Konflikt mit dem, was ich oben geschrieben habe.

Björn Friedrich
15-07-2015, 11:45
Die 10 Gebote des Funktionellen Trainings (http://fighterfitness.de/die_10_gebote_des_funktionellen_trainings/)

Dietrich von Bern
15-07-2015, 11:50
Train hard, fight easy gilt nach wie vor.

Dieser Satz kann genauso mißverstanden werden wie viele andere abgedroschene Phrasen auch.
Selbstverständlich muss man "hart" trainieren um ein guter Kämpfer zu werden.
Die Frage ist nur, was man unter "hart" versteht.
Für den einen sind das eben hunderte situps und Liegestütze, für nächsten ist es volle Kanne Sparring ohne Schienbeinschützer, andere meinen ständig in den Eimer spucken zu müssen.
Ich verstehe unter hart u. a., dass man einerseits immer dran bleibt und nicht bequem unter seinen Möglichkeiten bleibt und andererseits, dass man hin und wieder (nicht ständig!) mal durchs Feuer geht.
Alles zu seiner Zeit.
Deshalb sage ich lieber "train smart".

Dietrich von Bern
31-07-2015, 09:48
Könnte den einen oder anderen hier interessieren:
http://www.strengthcoach.com/StrengthCoachTop10.pdf

Problematisch ist das Überangebot.
Ich glaube, das es nicht völlig verkehrt ist, wenn man sich das eine oder andere von den besten Coaches abschaut.
Nur wer sind die besten?
Wenn man z. B. jetzt nicht KS sondern football machen würde, dann kommt so etwas heraus:
http://www.ultimatestrengthandconditioning.com/16-of-the-most-influential-strength-conditioning-coaches-you-dont-hear-about-on-the-internet/
Dann schaut man nach den besten Coaches im KS und stellt ernüchtert fest: ohne zu stoffen kann man nicht das machen, was die empfehlen...

NightFury
31-07-2015, 10:45
Könnte den einen oder anderen hier interessieren:
http://www.strengthcoach.com/StrengthCoachTop10.pdf

Problematisch ist das Überangebot.
Ich glaube, das es nicht völlig verkehrt ist, wenn man sich das eine oder andere von den besten Coaches abschaut.
Nur wer sind die besten?
Wenn man z. B. jetzt nicht KS sondern football machen würde, dann kommt so etwas heraus:
Strength and Conditioning Coach Influential List (http://www.ultimatestrengthandconditioning.com/16-of-the-most-influential-strength-conditioning-coaches-you-dont-hear-about-on-the-internet/)
Dann schaut man nach den besten Coaches im KS und stellt ernüchtert fest: ohne zu stoffen kann man nicht das machen, was die empfehlen...

Meinst du mit "Stoffen" das was ich gerade vermute? :ups: Wie bei den Radlern?

Dietrich von Bern
31-07-2015, 16:15
Meinst du mit "Stoffen" das was ich gerade vermute? :ups: Wie bei den Radlern?

Ja.
Mache ich nicht - also muss ich mir mein Programm selber stricken.

marq
04-08-2015, 12:53
Sports Scientists Prove That Weight Training Is key In Preventing & Rehabbing Injuries In Contact Sports | Bjj Eastern Europe (http://www.bjjee.com/health/sports-scientists-prove-that-weight-training-is-key-in-preventing-rehabbing-injuries-in-contact-sports/)

NightFury
04-08-2015, 14:54
Ja.
Mache ich nicht - also muss ich mir mein Programm selber stricken.

Da steh ich auch nicht drauf... Dann lieber etwas weniger intensiv :D -muss aber auch nicht mein Geld damit verdienen.

BlackTiger
04-08-2015, 17:42
Naja, ein Argument für unterstützendes S&C wäre zum Beispiel der Profi-Fussball. Das Spiel hat sich massiv verbessert, seit die Vereine professionelles Functional-Training in ihren Wochenplan integrieren. Getreu nach dem Motto: 'Kondition ist das Zugpferd vor den spielerischen Möglichkeiten.'
Ich denke, man sollte die Aspekte trainieren, die Defizite aufweisen. Ein technisch versierter Boxer mit schlechter Kondition ist in der 2. Runde nur noch n punching ball.

Dietrich von Bern
06-08-2015, 19:52
Noch was zu lesen:
Harsh's Worksheet (WIP) - /fit/ Wiki (http://4chanfit.wikia.com/wiki/Harsh%27s_Worksheet_%28WIP%29)
Das (...) Intro gefällt mir nicht so, aber sonst ganz gut :)

Teashi
10-08-2015, 18:27
Würde ich definitiv auch so machen. Kraft und Konditionstraining sind zwar wichtig und sinnvoll , aber als Ergänzung des Haupttrainings und als Kampfsportler (insbesondere Wettkämpfer) wäre mein Hauptziel aber Technikverbesserung mit und ohne Sparring.
Du hast nur so oft pro Woche Training. Wie willst du sonst Technik üben?
Ausdauer und Kraft braucht jeder.